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Benutzer:Cspannagel/forschungsprofil/aspekteprozessorientierung

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Diese Seite ist Teil von Christian Spannagels öffentlichem Lab Notebook. Jeder darf hier gerne ändern/ergänzen/kommentieren/Fragen stellen/…


Aspekte der Prozessorientierung

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Auf dieser Seite sammele ich Aspekte prozessorientierter Didaktik, weil ich einen Artikel darüber schreiben möchte. Wer weitere Ideen hat: Ich freue mich über jede Ergänzung/Verbesserung/Anregung/Frage/...!

Prozessorientierung in der Didaktik wird unterschiedlich verstanden. Sie lässt sich sehr gut fassen in der Abgrenzung zu anderen Begriffen:

  • "Prozess" im Gegensatz zu "Content"
  • "Prozess" im Gegensatz zu "Produkt"


"Prozess" im Gegensatz zu "Content"

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Dieser Aspekt wird schon relativ lange diskutiert (Parker & Rubin, 1966; Hatcher, 1968; Costa & Liebmann, 1997a,b,c).

Schüler sollen nicht nur Inhaltskonzepte eines Fachs erlernen (oft etwas vereinfachend als "Faktenwissen" bezeichnet), sondern auch Denk- und Arbeitsweisen. Dabei lassen sich drei Bereiche unterscheiden:

  • Schüler sollen allgemeine (d.h. fachunspezifische) Denk- und Arbeitsweisen erlernen.
  • Schüler sollen fachspezifische Prozesse erlernen.
  • Schüler sollen das Lernen lernen.

Allgemeine Denk- und Arbeitsweisen

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  • Skills und operations bei Costa und Liebmann (1997a): z.B. problem solving and problem posing, analyzing, generalizing, communicating, presenting, ...
  • Teaching Thinking Ansatz; Schüler sollen das „Denken“ lernen
  • Critical Thinking Ansatz
  • Wobei allerdings erwartet werden kann, dass die allgemeinen Denk- und Arbeitsweisen in verschiedenen Fächern auch eine unterschiedlich große Rolle spielen (vgl. Zendler, Spannagel, Klaudt, 2007; Spannagel & Zendler, 2008).
  • Prozesse auf unterschiedlichen Stufen; vgl. Blooms Taxonomie der Lernziele; z.B. verstehen, anwenden, analysieren, bewerten
    • Beispielhafte Anwendungen: Holmes (2003) im Bereich Statistik

Fachspezifische Prozesse

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  • Beispiele aus der Mathematik: rechnen, eine geometrische Figur konstruieren, mathematisch modellieren, beweisen … (vgl. auch die Prozess-Standards in den Bildungsstandards der KMK und der NCTM)
  • Beispiele aus der Informatik: programmieren, Komplexität abschätzen, informatisch modellieren, …

Lernprozesse

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  • gehört eigentlich ebenfalls zu allgemeinen Denk- und Arbeitsweisen; ist aber herausragender Spezialfall
  • Der Lernprozess des Schülers wird fokussiert
  • Schüler sollen das „Lernen lernen“; Meta-Lernen (Schroeder, 2002)
  • Selbstregulation im Lernprozess (Boekaerts, 1997, 1999)
  • metakognitive Strategien
  • Lernstrategien lernen (Mandl & Friedrich, 1992)
  • Teaching Students to Learn (Murray, 2000; McFarland, 2003)
  • Dieser Bereich hängt eng zusammen mit "Prozess" im Gegensatz zu "Produkt"
  • In der Hochschuldidaktik: "Die exzellente Lehre initiiert effiziente Lernprozesse durch die Berücksichtigung bedeutsamer didaktischer Merkmale des ganzheitlichen, aktiven und prozessorientierten Lernens, des reflektierten Erfahrungswissens, des forschenden und entdeckenden Lernens, des Modelllernens sowie der Teilnahme an professionellem Austausch (vgl. Standards für die Lehrerbildung des BIG Kreises in der Stiftung Lernen 2007)." (Gien & Böttger, 2008)

"Prozess" im Gegensatz zu "Produkt"

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  • Es werden nicht nur die Produkte der Schüler fokussiert/bewertet/..., sondern auch die Prozesse.
    • Bei einer falschen Lösung kann dem Lösungsprozess wertvolle Information entnommen werden (prozessorientiertes Feedback an den Schüler)
  • Modellierung von Prozessen
    • vgl. z.B. product- vs. process-oriented worked examples (van Gog, Paas, & van Merriënboer, 2004, 2006, 2008): Die Lehrperson modelliert nicht nur die Lösung, sondern auch den Prozess, wie man zu der Lösung kommt, also inkl. aller Überlegungen, Heuristiken, evtl. sogar Sackgassen, ...
    • Cognitive Apprenticeship und Prozessunterstützung (vgl. Spannagel & Kortenkamp, 2006)
  • Fehler als Lernchancen begreifen; veränderte Fehlerkultur; insbesondere in Lernsituationen (wurde auch hier und hier und hier diskutiert)
    • paradigmenwechsel, was den 'fehler' betrifft. 'falscher ansatz' als valider/ legitimer schritt im lernprozess. (Danke: Vogelwarte)
    • individuelles, semi-automatisches Assessment (vgl. Müller, Bescherer, Kortenkamp & Spannagel, 2006)
    • Prozess-Assessment (beispielsweise über Portfolios, Lerntagebücher, Weblogs u.ä.)
  • Benutzungsprozesse beim Umgang mit Computern (z.B. Spannagel, 2007; Spannagel & Kortenkamp, 2007)
    • Demonstration von Prozessen
    • Aufzeichnung, Wiedergabe und Analyse von Prozessen
    • Unterstützung von Lernprozessen (Lenkung, ...)

Abgrenzung "Prozess" und "Kompetenz"

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  • "Kompetenzen beschreiben Dispositionen zur Bewältigung bestimmter Anforderungen" (KMK, 2005, S. 16); durch die kompetenzorientierte Formulierung wird "das Lernen auf die Bewältigung von Anforderungen und nicht nur auf den Aufbau von zunächst ungenutztem Wissen ausgerichtet" (KMK, 2005, S. 16).
  • Zur Bewältigung bestimmter Anforderungen müssen Schülerinnen und Schüler bestimmte Prozesse durchführen und Wissen anwenden und übertragen. "Inhalte" spielen dabei im Sinne des IDEF0-Funktionsmodells im Kontext von Prozessen eine Rolle und sind dabei Input, Output, Kontrollinstanzen oder Mittel.
  • Kritik am Kompetenzbegriff:
    • Es gibt so viele Definitionen wie es Kompetenzforscher gibt, z.T. mit unterschiedlichen Schwerpunkten (Weinert: Problemlösen; Erpenbeck: Selbstorganisation)
    • inflationäre Verwendung ("Medieninkompetenzbeseitigungskompetenz")
    • Vorteil am Prozessbegriff: Hier ist Modelllernen besser begründbar als im Kompetenzumfeld

Weitere Aspekte (noch einordnen)

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Literatur

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  • Boekaerts, M. (1997). Self-regulated learning: a new concept embraced by researchers, policy makers, educators, teachers, and students. Learning and Instruction, 7(2), 161–186.
  • Boekaerts, M. (1999). Self-regulated learning: where we are today. International Journal of Educational Research, 31, 445–457.
  • Costa, A.L., & Liebmann, R.M. (Eds.). (1997a). Envisioning process as content. Toward a renaissance curriculum. Thousand Oaks, CA: Corwin Press.
  • Costa, A.L., & Liebmann, R.M. (Eds.). (1997b). The process-centered school. Sustaining a renaissance community. Thousand Oaks, CA: Corwin Press.
  • Costa, A.L., & Liebmann, R.M. (Eds.). (1997c). Supporting the spirit of learning. When process is content. Thousand Oaks, CA: Corwin Press.
  • Gien, G. & Böttger, H. (2008). Kriterien einer exzellenten universitären Lehre. Forschung und Lehre, 11, 762-764.
  • Hatcher, T.E. (1968). Content Versus Methodology: A Critical Analysis. Peabody Journal of Education, 46(1), 14-17.
  • Holmes, P. (2003). Assessment: Neue Wege der Schülerbewertung unter Verwendung von realen Daten. Stochastik in der Schule, 23(2), 25-27.
  • KMK - Kultusministerkonferenz (2005). Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz. Erläuterungen zur Konzeption und Entwicklung. (PDF)
  • Mandl, H. & Friedrich, H. F. (Hrsg.) (1992). Lern- und Denkstrategien. Analyse und Interventionen. Göttingen: Hogrefe
  • McFarland, R.D. (2003). Teaching students to learn in the computer science and information systems curriculum: creating a distinction between content and methods. Journal of Computing Sciences in Colleges, 19(1), 235-245.
  • Müller, W., Bescherer, C., Kortenkamp, U. & Spannagel, C. (2006). Intelligent Computer-Aided Assessment in Math Classrooms: State-of-the-art and Perspectives. In Proceedings of the Joint Conference of the IFIP WG 3.1, 3.2 and 3.5 at Alesund, Norwegen, Juni 2006.
  • Murray, B. (2000). Teaching students how to learn. Monitor on Psychology, 31(6), June 2000.
  • Parker, J.C., & Rubin, L.J. (1966). Process as content. Curriculum Design and the application of knowledge. Chicago: Rand McNally & Company.
  • Schroeder, U. (2002). Meta-learning functionality in eLearning systems. In: Proceedings of the International Conference on Advances in Infrastructure for Electronic Business, Education, Science, and Medicine on the Internet 2002, L’Aquila, Italien, 2002.
  • Spannagel, C. (2007). Benutzungsprozesse beim Lernen und Lehren mit Computern. Hildesheim, Berlin: Franzbecker.
  • Spannagel, C. & Kortenkamp, U. (2006). Prozesse beim Lernen mit DGS: Aufzeichnung, Wiedergabe, Analyse. In T. Leuders, M. Ludwig & R. Oldenburg (Hrsg.), Experimentieren im Geometrieunterricht. Herbsttagung 2006 des GDM-Arbeitskreises Geometrie (S. 57-74). Hildesheim, Berlin: Franzbecker.
  • Spannagel, C. & Kortenkamp, U. (2007). CleverPHL - ein Werkzeug zum flexiblen Umgang mit Konstruktionsprozessen in DGS. In: Beiträge zum Mathematikunterricht 2007 (S. 165-168). Hildesheim, Berlin: Franzbecker.
  • Spannagel, C. & Zendler, A. (2008). Teaching Thinking in der Mathematik - Eine empirische Bestimmung zentraler Prozesse. Notes on Educational Informatics - Section A: Concepts and Techniques, 4(2), 33-46.
  • van Gog, T., Paas, F. & van Merriënboer, J.J.G. (2004). Process-oriented worked examples: improving transfer performance through enhanced understanding. Instructional Science, 32, 83–98.
  • van Gog, T., Paas, F. & van Merriënboer, J.J.G. (2006). Effects of process-oriented worked examples on troubleshooting transfer performance. Learning and Instruction, 16, 154-164.
  • van Gog, T., Paas, F., & Van Merriënboer, J.J.G. (2008). Effects of studying sequences of process-oriented and product-oriented worked examples on troubleshooting transfer efficiency. Learning and Instruction, 18, 211-222.
  • Zendler, A., Spannagel, C. & Klaudt, D. (2007). Zentrale Prozesse im Informatikunterricht: eine empirische Grundlegung. Notes on Educational Informatics - Section A: Concepts and Techniques 3(1), 1-19.