Benutzer:Jeanpol/Vortrag2018/Vortrag-kurz

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Ein Menschenbild für das 21.Jh.[Bearbeiten]

Politische Strukturen orientieren sich an den Menschenbildern, die in einer Gesellschaft vorherrschen. Diese sind noch stark von Religion und Philosophie geprägt. Seit einigen Jahrzehnten haben die Gehirnforschung und die positive Psychologie neue Erkenntnisse über die Funktionsweise des Menschen gewonnen. Auf dieser Grundlage ist es möglich, ein neues, weltweit konsensfähiges Modell vorzuschlagen, auf das sich alle gesellschaftlichen Akteure beziehen können. Dies führt dazu, dass die tradierten Menschenrechte neu bestimmt und als Grundbedürfnisse reformuliert werden.

1. Lernen durch Lehren[Bearbeiten]

Zu Beginn der 80er Jahre war ich Französischlehrer in Eichstätt und ich kam auf die Idee, Lehraufgaben an meine Schüler zu delegieren. Damit sollte in erster Linie ihr Sprechanteil erhöht werden. Ferner würde das Verfahren die Motivation der Lernenden fördern, denn sie würden stärker beteiligt sein. Diese Ziele wurden erreicht. Insbesondere die Motivation der Lernenden wurde stark erhöht. Auf der Suche nach einer theoretischen Begründung dieses Motivationsanstieges, widmete ich mich der Bedürfnisforschung.

2. Die Grundbedürfnisse[Bearbeiten]

Maslow[Bearbeiten]

Sinn/Transzendenz

Selbstverwirklichung

Soziale Anerkennung

Soziale Beziehungen

Sicherheit

Physiologische Bedürfnisse




  • Physiologische Bedürfnisse: Schlafen, Essen, Bewegung, Sexualität
  • Bedürfnis nach Sicherheit: Physische Sicherheit (keine körperliche Bedrohung), Psychische Sicherheit (keine Demütigung, Arbeitsplatz, Wohnung)
  • Bedürfnis nach sozialer Einbindung: In einer Gruppe sein
  • Bedürfnis nach Anerkennung: Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein
  • Bedürfnis nach Selbstverwirklichung: Seine Potenziale realisieren
  • Bedürfnis nach Sinn: Warum lebe ich?

Exkurs[Bearbeiten]

Die Liebe als Fixierung auf eine Quelle der Bedürfnisbefriedigung

3. Informationsverarbeitung und Kontrolle als übergeordnetes Bedürfnis[Bearbeiten]

Alle Grundbedürfnisse entsprechen Kontrolldimensionen im Sinne der Lebenserhaltung (Kontrolle über das eigene Leben):

  • Physiologische Bedürfnisse (Erhaltung des Organismus – Kontrolle über den Körper damit er lebenstüchtig bleibt),
  • Sicherheit (ist gleichzusetzen mit Kontrolle über Umfeld und unmittelbaren Lebensraum),
  • Soziale Einbindung (Freunde helfen mir, das Umfeld „im Griff zu behalten“),
  • Soziale Anerkennung (signalisiert mir, dass ich lebenstüchtig bin),
  • Selbstverwirklichung (ich dehne mein Kontrollfeld aus, z.B. indem ich ein Instrument spiele und mir neues Wissen aneigne),
  • Sinn (ich gewinne Kontrolle über mein Leben und empfinde es als kohärent)

4. Exploratives Verhalten und Flow[Bearbeiten]

Um „mehr von der Welt“ zu haben, also mehr Felder zu „kontrollieren“, ist es günstig, wenn man sich explorativ verhält, also neue, unbekannte Bereiche betritt. Dadurch wird die „kognitive Landkarte“ ausgeweitet, das Selbstbewusstsein wird gestärkt und fördert wiederum das explorative Verhalten. Grundsätzlich lässt sich nur dann ein exploratives Verhalten aufbauen, wenn die damit verbundenen Handlungen einen Belohnungswert besitzen. In Untersuchungen über intrinsische Motivation wurde ein Phänomen herausgearbeitet, das eine große Erklärungskraft besitzt. Es handelt sich um den Flow-Effekt, wonach gewisse Aktivitäten ein hohes Potential an intrinsischer Befriedigung enthalten (Csikszentmihalyi 1999). Die Bedingungen, die zum Hervorbringen solcher Gefühle erfüllt werden müssen, sind folgende:

1. die Nähe zu kreativem Entdecken und Explorieren: etwas Neues entwerfen oder entdecken, einen unbekannten Ort oder Bereich erkunden

2. ein Problem lösen, Anforderungen bewältigen, Schwierigkeiten lösen

3. Erfahrungen machen, deren Ausgang offen ist und der vom Ausübenden bestimmt werden kann

4. Hinausgehen über das Erreichte und Bekannte, ein Gefühl der Selbstentgrenzung erleben

5. das Ausschöpfen der Fähigkeiten, persönliches Können.

6. klare Handlungsanforderungen und eindeutige Rückmeldungen über die Handlung

7. ein Gefühl der Kontrolle über die Handlung und die Umwelt

Beim Entstehen des Flow-Erlebnisses spielt also die Kontrolle eine entscheidende Rolle.

5. Instrumente zur kognitiven Kontrolle liefern[Bearbeiten]

  • Systeme im Spannungsfeld von Antinomien (Homöostase)



Kontrolle Unbestimmtheit
Ordnung Chaos
Klarheit Unschärfe
Einfachheit Komplexität
Integration Differenzierung
Gesellschaft Individuum
Zwang Freiheit
Konkretion Abstraktion
Linearität Nicht-Linearität
Zentralisierung Dezentralisierung

Der Mensch sehnt sich bewusst nach Ordnung, Klarheit, Einfachheit… Aber sehr schnell werden ihm solche Strukturen langweilig.

6. Dialektisches Denken[Bearbeiten]

Dialektisches Denken führt permanent zu einer Integration scheinbar widersprüchlicher Positionen, die sich auf einem (höheren) Niveau vereinen und weiterentwickeln.

7. Konzeptualisierung[Bearbeiten]

Unter Konzeptualisierung ist die Erstellung von kognitiven Schemata zu verstehen, die umfangreiche Informationen zu kompakten, handlungsmotivierenden Modellen bündeln

8. Denken und Glück aus Sicht der Philosophie[Bearbeiten]

In der griechischen Antike die Befriedigung von Bedürfnissen als Quelle des Glücks hervorgehoben, wobei unterschieden wird zwischen niedrigeren und höheren Genüssen. Die wertvolleren Freuden werden dem Bereich des Denkens zugeordnet.

9. Projekt als glückgenerierende Struktur[Bearbeiten]

Auf der Suche nach Aufgabenprofilen, die permanent Konzeptualisierung verlangen, hohe Potenziale zur Befriedigung der Grundbedürfnisse enthalten und gleichzeitig Flow-Gefühle dauerhaft induzieren stößt man rasch auf die Projektstruktur.

10. Die Globalisierung und die Ausdehnung der Konzeptualisierungsräume[Bearbeiten]

Die Digitalisierung und die Globalisierung haben neue Räume eröffnet.

11. Konzeptualisierung als Grundbedürfnis und Menschenrecht[Bearbeiten]

Die Glücksforschung führt zu der Erkenntnis, dass das menschliche Glück von der Befriedigung der von Maslow aufgelisteten Grundbedürfnisse abhängt. Allerdings wird bei Maslow das Denken (Informationsverarbeitung und Konzeptualisierung) nicht aufgeführt.

Neue Menschenrechte[Bearbeiten]

Die „Erklärung der Menschenrechte“ wurde 1948 verfasst und unterlag anderen Prämissen als heute. Die Terminologie ist philosophisch und religiös geprägt. Dies ist an den unscharfen Begriffen zu erkennen.

- Würde
- Brüderlichkeit
- Gleichheit
- Gerechtigkeit

Meine Vorschläge hierzu:[Bearbeiten]

(Unter jedem Abschnitt stehen die Nummern der Artikel aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die sich inhaltlich an den jeweiligen Text anbinden lassen):

Präambel:Glück[Bearbeiten]

Ziel aller Maßnahmen weltweit ist die Schaffung von Strukturen (wirtschaftlichen, politischen, ethischen), die für ein Mehr an Entfaltung für die Natur und an Glück für alle Lebewesen sorgen. Die nachfolgenden Artikel bilden dazu Voraussetzungen.

Allg. Erklärung der Menschenrecht: entfällt

Artikel 1: Denken[Bearbeiten]

Zentrales Grundbedürfnis des Menschen ist das Denken (Informationsverarbeitung und Konzeptualisierung). Es müssen Bedingungen geschaffen werden, damit alle Menschen Zugang zu Informationen und zur Möglichkeit der Konzeptualisierung erhalten. Denken setzt die Realisierung der Artikel 2 bis 6 voraus.

Allg. Erklärung: Artikel 18, 19, 26, 27

Artikel 2: Gesundheit[Bearbeiten]

Alle Maßnahmen sollen weltweit getroffen werden, damit Lebewesen ihre physiologischen Bedürfnisse (z.B. Schlaf, Hunger, Sexualität) befriedigen können. Mit der Natur als Reservoir wird sorgfältig und schonend umgegangen.

Allg. Erklärung: Artikel 24, 25

Artikel 3: Sicherheit[Bearbeiten]

Es wird weltweit angestrebt, Strukturen zu schaffen, die für ein Maximum an Sicherheit für alle Lebewesen sorgen. Mit der Natur wird auch in diesem Zusammenhang schonend umgegangen.

Allg. Erklärung: Artikel 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 14, 15, 17, 22, 28

Artikel 4: Soziale Einbindung[Bearbeiten]

Es wird weltweit dafür gesorgt, dass Lebewesen sich in einem sozial stützenden Umfeld bewegen können. Es sollen Strukturen geschaffen werden, die Selbstverwirklichung sozial unterstützen.

Allg. Erklärung: Artikel 1, 16, 20, 22, 25, 26, 27

Artikel 5: Selbstverwirklichung und Partizipation[Bearbeiten]

Es ist weltweit dafür zu sorgen, dass Lebewesen alle ihre Potenziale zur Entfaltung bringen können. Dabei ist schonend mit der Natur umzugehen. Die Entfaltung des Einzelnen kann nur im Rahmen der ihn umgebenden Strukturen erfolgen. Es muss die Möglichkeit bestehen, Einfluss auf diese Strukturen zu nehmen, also teilzunehmen. Die Gesellschaft ist darauf angewiesen, dass möglichst viele ihre intellektuellen, emotionalen und materiellen Ressourcen dafür zur Verfügung stellen.

Allg. Erklärung: Artikel 12, 13, 17, 18, 19, 20, 21, 23, 24, 25, 26, 27

Artikel 6: Sinn[Bearbeiten]

Es wird weltweit dafür gesorgt, dass Lebewesen ihr Leben als sinnvoll und befriedigend empfinden können.

Allg. Erklärung: entfällt

Ein Vorteil dieser Neuformulierung der Menschenrechte besteht in ihrer Operationalisierbarkeit. Während „die Menschenwürde“ oder die „Freiheit“ wegen ihrer Abstraktheit schwer direkt einklagbar sind, lässt sich das „Recht auf gute Denkbedingungen“ leichter konkretisieren.

Operationalisierbarkeit am Beispiel des Begriffs "Würde"[Bearbeiten]

Definition Wikipedia: Menschenwürde

Definition Martin: Die Würde des Menschen ist eine Funktion seiner Möglichkeiten, die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.

12. Bürgerbeteiligung als Konzeptualisierungs- und Glücksfeld[Bearbeiten]

Um die neudefinierten Menschenrechte in die Realität umzusetzen, müssen alle Menschen sich gesellschaftlich betätigen. Dabei können sie sie alle ihre Grundbedürfnisse, insbesondere das Bedürfnis nach Konzeptualisierung und nach Sinn befriedigen. Insofern ist Bürgerbeteiligung eine Glücksquelle.

13. Gemeinwohlmatrix[Bearbeiten]

Dokumente[Bearbeiten]

Was braucht der Mensch, um glücklich zu sein?

Google-Scholar (Jean-Pol Martin)

Lernen durch Lehren: Youtube Videos

Wikipedia-Article „Learning by teaching“

Zugriffe auf „Learning by teaching“

Wir brauchen neue Menschenrechte (Artikel im Donaukurier)

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (1948)