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Benutzer:Methodios/Literatur 7

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Unternehmen Capricorn 2024

Am 20. Juli 1979 lief in den DDR-Kinos der Thriller Unternehmen Capricorn an - kaum ein Jahr, nachdem dieser Premiere in Westdeutschland hatte.

Die DDR ließ es sich Einiges an Devisen kosten, ihren Bürgern den parasitären, faulenden und sterbenden Kapitalismus auf der großen Leinwand in Farbe und in voller Lautstärke zu demonstrieren.

  • DEFINITION DES IMPERIALISMUS - Imperialismus als monopolistischer, parasitärer und sterbender Kapitalismus - "Der Imperialismus ist ein besonderes historisches Stadium des Kapitalismus. Diese Besonderheit ist eine dreifache: der Imperialismus ist: 1. monopolistischer Kapitalismus; 2. parasitärer oder faulender Kapitalismus; 3. sterbender Kapitalismus. Die Ablösung der freien Konkurrenz durch das Monopol ist der ökonomische Grundzug, das Wesen des Imperialismus." („Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus“, geschrieben im Oktober 1916, Lenin, Werke, Bd. 23, S. 102)
  • IMPERIALISMUS ALS STERBENDER KAPITALISMUS
    • Dialektik von Wachstum und Fäulnis - "Es wäre ein Fehler, zu glauben, daß diese Fäulnistendenz ein rasches Wachstum des Kapitalismus ausschließt (…)Im großen und ganzen wächst der Kapitalismus bedeutend schneller als früher, aber dieses Wachstum wird nicht nur im allgemeinen immer ungleichmäßiger, sondern die Ungleichmäßigkeit äußert sich auch im besonderen in der Fäulnis der kapitalkräftigsten Länder (England)." („Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, Frühjahr 1916, Lenin, Werke, Bd. 22, S. 305/306)
    • Sterbender, aber noch nicht gestorbener Kapitalismus - "Der Imperialismus gestaltet in Wirklichkeit den Kapitalismus nicht von Grund aus um, und er kann es auch nicht. (…) Der Imperialismus ist der im Ableben begriffene, aber noch nicht abgelebte, der sterbende, aber noch nicht gestorbene Kapitalismus. Nicht reine Monopole, sondern Monopole neben dem Austausch, dem Markt, der Konkurrenz, den Krisen – das ist überhaupt die wesentlichste Eigenart des Imperialismus." („Materialien zur Revision des Parteiprogramms“, 1917, Lenin, Werke, Bd. 24, S. 465)
  • Wir müssen mit einer möglichst genauen und vollständigen Definition des Imperialismus beginnen. Der Imperialismus ist ein besonderes historisches Stadium des Kapitalismus. Diese Besonderheit ist eine dreifache: der Imperialismus ist 1. monopolistischer Kapitalismus; 2. parasitärer oder faulender Kapitalismus; 3. sterbender Kapitalismus. ... Daß der Imperialismus parasitärer oder faulender Kapitalismus ist, zeigt sich vor allem in der Tendenz zur Fäulnis, die jedes Monopol auszeichnet, wenn Privateigentum an den Produktionsmitteln besteht. Der Unterschied zwischen der republikanisch-demokratischen und der monarchistisch-reaktionären imperialistischen Bourgeoisie verwischt sich gerade deshalb, weil die eine wie die andere bei lebendigem Leibe verfault (was eine erstaunlich rasche Entwicklung des Kapitalismus in einzelnen Industriezweigen, in einzelnen Ländern, in einzelnen Perioden keineswegs ausschließt). Zweitens zeigt sich der Fäulnisprozeß des Kapitalismus in der Entstehung einer gewaltigen Schicht von Rentiers, Kapitalisten, die vom „Kuponschneiden“ leben. ... Es ist begreiflich, warum der Imperialismus sterbender Kapitalismus ist, den Übergang zum Sozialismus bildet: das aus dem Kapitalismus hervorwachsende Monopol ist bereits das Sterben des Kapitalismus, der Beginn seines Übergangs in den Sozialismus. Die gewaltige Vergesellschaftung der Arbeit durch den Imperialismus (das, was seine Apologeten, die bürgerlichen Ökonomen, „Verflechtung“ nennen) hat dieselbe Bedeutung. - W.I. Lenin: Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus

(Oktober 1916). Geschrieben im Oktober 1916. Veröffentlicht im Dezember 1916 im Sbornik Sozial-Demokrata, Nr.2. Unterschrift: N. Lenin. Nach dem Text des Sbornik Sozial-Demokrata. Lenin, Werke, Bd.23, Berlin 1957, S.102-118. Kopiert mit Dank von der jetzt verschwundenen Webseite Marxistische Bibliothek. https://www.marxists.org/deutsch/archiv/lenin/1916/10/spaltung.html

Nach einer von der NASA fingierten Marsmission sollen die drei angeblichen "Marsonauten" als gefährliche Mitwisser beseitigt werden - aber am Ende des Thrillers erscheint Colonel Charles Brubaker (gespielt von James Brolin) völlig unerwartet ganz lebendig zu seinem eigenen Staatsbegräbnis. Bei der eigenen Beerdigung ist Anwesenheit eigentlich Pflicht.

Und natürlich war für den Satellitenstaat der Sowjetunion DDR eines glasklar: auch die Mondlandung durch Neil Armstrong und Buzz Aldrin am 21. Juli 1969 war fingiert - die beiden saßen mit ihrem Begleiter Michael Collins friedlich auf der Erde und die Bilder waren gefälscht - nichts als Fake News anno 1969. Als Anfang September 1969 die Schule wieder begann, tischte uns meine damalige Klassen- und Russischlehrerin Fräulein Grammerstorf sofort weisungsgemäß diese Mondlandungslüge auf und erklärte uns Schülern, daß der Große Bruder Sowjetunion, der größte Freund des deutschen Volkes, so etwas nicht nötig hätte, aber der parasitäre, faulende und sterbende Kapitalismus schon. Es könne nun nicht mehr lange dauern, bis er zusammenbricht, wenn er schon zu solchen Mondlügen greifen muß. Vorwärts zum XX. Jahrestag der DDR!


DDR XX
Tag der Republik, Friesack (Havelland) 1969
Transparente, Abgestellt am Tag der Republik 7. Oktober 1969 Subversiv dabei der Zusammenhang der Brecht/Dessau-Oper "Die Verurteilung des Lukullus" (Staatsoper Dresden) und dem Foto des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht
  • 20 Jahre DDR: Panorama berichtet 1969 über die Jubiläumsfeier und den Blick der BRD auf die DDR. 06.10.1969 21:45 Uhr - pubertäre Jubelchöre ... angestrengte amtlich verordnete Fröhlichkeit der Massen ... humorlose Wichtigmienen der Würdenträger ... volksdemokratisches Jubelfest ... Lernaktiv und Jugendweihe - wir sind in der ersten Reihe / alle diese guten Taten - sind auf unsern Zug geladen / und die Gaben reichen wir - Republik zum Festtag dir (Unterschriften für den Frieden, Lumpen für Anzüge, Knochen für Seife ...) - Lied Auf der Sonnenseite (1961) Stell die Sorgen in die Ecke, nimm dir deinen Hut - Geh in die Sonne, dann wird alles gut! / Und wenn dann mit der Sonne deine Laune untergeht - So freu dich auf den Abend, es wird nie zu spät! / Geh doch mal ins Kino,- da verfliegt die Wut - Koche mit Liebe, würze mit Bino / Hin und wieder tut ein DEFA-Lustspiel gut! ... Angst vor Apparatschiks https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/1969/-,panorama11192.html
  • PLAKAT "ICH BIN 20" HG.: KOMITEE ZUM 20. JAHRESTAG DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK GESTALTUNG: KRATZ DRUCK: OSTSEEDRUCK ROSTOCK 1969; OFFSET; 81,9 X 56,8 CM DHM, BESTAND ZEUGHAUS (P 70/69). Die Pionierjahre sind vorbei. Eine selbstbewußt wirkende junge Frau in weißem Pullover mit dem Abzeichen "DDR XX" verkündet, daß sie zwanzig geworden ist; ihr "Ich" steht zugleich für die Deutsche Demokratische Republik. Zehn Jahre nach dem zuvor gezeigten Plakat verkörpert nicht mehr die Staatsjugend die neue Gesellschaft. Im Selbstbewußtsein der Zwanzigjährigen zeigt sich auch das gestiegene Selbstbewußtsein der DDR. https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/lebensstationen/3_2.htm
  • 20. Jahrestag der DDR. Kupfermedaille im Schmucketui. Auszeichnung für die Erbauer des Stadtzentrums von Berlin, ausgegeben anlässlich des 20. Jahrestages der DDR 1969. Inventarnummer 1010862. https://www.ddr-museum.de/de/objects/1010862


Ich hatte im Sommer 1979 andere Probleme, als mich im DDR-Kino mit politisch-korrekten Filmen beflimmern zu lassen. Anfang September begann mein Volkshochschulkurs zum Abitur. Der Leiter der VHS Bernburg, Herr Prokop, hatte mich angenommen, er kannte meinen Vater und (leider) auch meinen Onkel. Und natürlich kannte er auch das Gesetz von 1978, nachdem alle Abiturienten eine "Delegierung" ihres Betriebes vorzulegen hatten. Nur "sozialistische Persönlichkeiten" wurden gefördert. Also sagte er noch: "Die Delegierung kannst du nachreichen". Für ihn war ich noch ein kleiner Schüler - ungeachtet dessen, was ich zu diesem Zeitpunkt bereits durchgemacht hatte.

Und das riß nicht ab. Mein VEB LMB (Landmaschinenbau Bernburg) warf mich raus, weil es zu Streitigkeiten über diese Delegierung kam. Ich wurde laut Arbeitsvertrag als Hilfsarbeiter in der Produktion eingestellt - und es bestand kein Interesse, mich zu qualifizieren, nicht zum Facharbeiter - und erst recht nicht zum Abiturienten. Die DDR war durch den innerdeutschen Handel das Hongkong vor der Haustür der EG und produzierte für volle Kaufhäuser in Westdeutschland, während im eigenen Land stetig steigender Mangel herrschte. Der Kaderleiter des VEB Getränkekombinates war von Anfang an ehrlich: "Ich könnte ihre Arme gebrauchen, aber nicht ihren Kopf." Das Amt für Arbeit hatte mich dort hingeschickt, weil Beifahrer zum Kästen-Schleppen gesucht wurden. Die Stelle war dann plötzlich innerbetrieblich besetzt. Ein paar Wochen später ist sie mir vom Amt wieder angeboten worden. Fehler vom Amt.

Nach drei, vier Wochen erfolgloser Arbeitssuche wurde ich vor die Abteilung Inneres beim Rat der Stadt ins Rathaus geladen und als "kriminell gefährdeter Bürger" erfaßt. Glück im Unglück: ich kannte den Stadtrat für Inneres bestens. Karl Radke war noch ein Jahr davor Stellvertretender Stadtbaudirektor und leitete persönlich die Baustelle Altersheim Krumbholzblick V - und ich war in der Zeit seine "rechte Hand", Mädchen für alles auf der Baustelle. Er gewährte mir deshalb sogar mehrere Audienzen in seinem Büro. Da waren wir allein und konnten Tacheles reden. "Das ist doch gar nicht deine Art, nicht zu arbeiten". - "Nö, aber die geben mir halt keine. Die wollen mich mit der Assi-Klatsche absammeln". Will heißen: Zwangsarbeitserziehung wegen asozialem Verhalten. Drei Jahre beim ersten, fünf Jahre im Wiederholungsfall. "Keiner wie du hat so viele Stunden gemacht." Stimmte - wenigstens real. Auf dem Papier sah das schon ganz anders aus. Ich war beim Dachdeckermeister Paul Schreiber (Fa. Robert Köbbel & Sohn) ordentlich angestellt, habe bei Brigadier Masurek (der wohnte zwei Haustüren von mir entfernt in der Halleschen Straße) für die Stadt geschurwerkt - und nicht zuletzt bei Karl Radke auf der Baustelle. Paul Schreiber arbeitete schon für den Krumbholzblick V, als ci bei ijm anfing, Karl Radke sowieso - und als der Termindruck aufkam, wurden auch "Masureks Muselmänner" als die städtischen Arbeitssklaven für alle Fälle in den Kampf geschickt. Ich arbeitet also bei drei Firmen auf derselben Baustelle. Da kamen real 16 bis 18 Stunden am Tag zusammen, auf drei Lohnzetteln verteilt bis zu 27 3/4 Stunden am Tag, weil sich die Muselmänner in der Hauptkampfphase doppelte Stunden schrieben, und die "Gruppe Radke" sowieso. Als "Mädchen für alles" schrieb ich schließlich selbst die Anwesenheitsstunden für die Muselmänner - und für die "Gruppe Radke". Karl Radke gab mir zum Monatsende immer noch vier, fünf Namen, die fiktiv gearbeitet hätten - und denen hohe Stunden geschrieben wurden. Darunter sein Schwiegersohn. Der hat die schwindelerregend hohe Summe sicher voll ausgezahlt bekommen, bei den anderen hat Karl Radke halbe/halbe gemacht: Unterschrift gegen den halben Betrag. Mir hat er vertraut, ich gehörte "zum Stall". Und weil ich zum Stall gehörte, hat er sich für mich verwendet. Er wußte, daß mein Vater im Landfilm gearbeitet hatte, um in die Kultur zu kommen. Und er rief bei beim Direktor des VEB Kreisfilmlichtspiele an, beim Genossen Zeidler. Ich war dann bei Zeidler im Büro, im Capitol Bernburg. Der stand direkt vor der Pensionierung. Es war schon Dezember 1979. Weil der Stadtrat für Inneres angerufen hatte, war plötzlich vieles möglich: erst mal LKW-Fahrerlaubnis und Filmvorführerschein - und auch die Delegierung zur Volkshochschule Abitur. Er schloß aber keine Verträge mit mir ab, sondern überließ dies seinem Nachfolger, der ab 1. Januar 1980 für den VEB Kreisfilmlichtspiele zuständig war, einem schneidigen dunkelroten Genossen. Dieser gab mir dann nur einen schwammigen Vertrag, wieder mal als "Mädchen für alles". Keinen Qualifizierungsvertrag, keine Delegierung zum Abitur an der Volkshochschule. Dort flog ich deswegen gleich noch im Januar raus - ich sollte mich wieder melden, wenn ich eine Delegierung in der Hand hatte. Die bekam ich bis zur Ausbürgerung achte Jahre darauf nicht. An meinem zweiten Arbeitstag erschien ich wie üblich 6 Uhr, da sagte mir eine Reinmachefrau, daß ich laut Tagesplan für die Spätschicht eingeteilt war - als Hilfsheizer. Als ich den Direktor zur Rede stellte, wurde der barsch und sagte, ohne die Zusage vom Genossen Zeidler hätte er mich überhaupt nicht angestellt. Ich könne ja auch wieder zu Abteilung Inneres gehen, wenn mir Hilfsheizer nicht anstehe. Er brauchte jetzt im Januar ein warmes Kino. Basta.

Weil Dienstag war, ging ich mal wieder zum Stadtrat für Inneres. Er hatte wie üblich stark getrunken. Was sonst. Auf der Baustelle brauchte er jeden Tag seine Granate, sein Rohr - nullsieben Liter Wodka, sieben mal Sto Gram. Die Biere wurden schon gar nicht mehr gezählt. Er wirkte angeschlagen, könne nicht mehr für mich tun. Und er erleichterte sich bei mir mit der Beichte, daß man ihm auf den Fersen war. Ihm, dem mächtigen Stadtrat für Inneres, Genossen der ersten Stunde. 1945 kamen drei Radke-Brüder aus dem Dreiländereck Deutschland, Polen und Rußland als Flüchtlinge nach Bernburg. Trinkfest und arbeitsscheu. Mit seinen Russischkenntnissen arbeitete sich Karl Radke beim Bernburger Stadtkommandanten hoch, war in der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft DSF hyperaktiv, war dort schließlich die graue Eminenz im Hintergrund, der eigentlich die Fäden in der Hand hatte. Dies spürte auch mein Vater, als der Mitte der 60er Jahre bei der Zwangsauflösung der Deutsch-Chinesischen Freundschaft stellvertretender Kreisvorsitzender der DSF wurde. Radke kannte meinen Vater aus dieser Zeit, wußte auch, daß man den 1969/1970 "abgesägt" hatte. Nun sägte man an seinem Stuhl. Und nun gehörte ich plötzlich zu seinen Vertrauten, zu seiner Familie. Die "Gruppe Radke" machte mit der Roten armee mehr Umsatz als alle anderen Bernburger zusammen. Sie verdiente sich eine goldene Nase dabei und bestach mit hohen Geldsummen die sozialistischen Behörden und Betriebe. Radke war die zentrale Figur in diesem Korruptionssumpf. Aber er hatte übertrieben, war zu übermütig geworden, dachte, das geht ewig so weiter, dachte, er konnte immer mehr Geld und Macht anhäufen. Aber er war plötzlich an den Falschen geraten, einen mit noch mehr korrupten Beziehungen. Und es konnte nur einen geben. Er hatte auch schon Morddrohungen erhalten. Karl Radke war sein Päckchen bei mir losgeworden. Wir sahen uns danach nie wieder. Noch im gleichen Jahr war der Stadtrat für Inneres urplötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Zwei Wochen später fand man seinen Wartburg 311 Kombi tief im Harz - und mittels Hunde ihn dann noch tiefer im Wald an einem Baum hängen.

Mein Stadtrat für Inneres konnte nichts mehr für mich tun - und ich nichts mehr für ihn. Im Gegenteil: ich mußte mich einem Verhör bei der Kriminalpolizei stellen, wurde aber wegen der Kürze meiner Zugehörigkeit zur "Gruppe Radke" als "kleines Licht" laufen gelassen. Karl Radke sollte über zwei Millionen Ostmark veruntreut haben - was in etwa der Summe des Altersheimes Krumbholzblick V entsprach. Die riesige Tafel "Hier entsteht das Altersheim Krumbholzblick VI" verschwand bald darauf spurlos. Das Krumbholz war da aber schon großflächig dafür gerodet worden. Das Eichenholz war noch von der "Gruppe Radke" gegen Devisen verkauft worden. Ich war zu diesem Zeitpunkt zum Glück schon nachweislich in der Hochschule für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft in Bernburg-Strenzfeld beschäftigt, hatte damit also auch nichts zu tun. Karl Radkes alte Freunde wanderten für Jahre in den Bau. Sie versicherten mir nach der Wende, daß damals alle Ungereimtheiten der Jahre vor 1979 auf Radke & Co. abgewälzt wurden. "Das wenigste, was uns zur Last gelegt wurde, stammte von uns. Die haben sich alle mit uns eine weiße Weste verschafft. Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen." Als der Bernburger Bürgermeister Kraft Wasem nach der Wende gleich wieder auf die Füße fiel und Geschäftsführer des Serumwerkes wurde, wo er seine Ex-SED-Spezies wieder versammelte, reichte es einem der Gruppe, der jahrelang als Sündenbock für Peanuts gesessen hatte und nun natürlich als älterer Langzeitarbeitsloser ohne jede Chance auf Beschäftigung war. Er zog dem Wende-Bonzen die Leiter unter den Füßen weg, als der an einem Baum mit der Motorsäge hantierte. Zu dem Zeitpunkt waren im Serumwerk neunzig Prozent Genossen beschäftig - zu DDR-Zeiten waren es nur zwanzig. Dafür hatte kein Mitglied der DDR-Verfolgten-Verbände in Bernburg noch Arbeit. Zu Ostgeldzeiten wurden die kleinen Leute zur Billiglohnarbeit gezwungen - nach Einführung der D-Mark wurden sie zur Arbeitslosigkeit gezwungen. Die Wendehälse dagegen waren wieder dicke da und kungelten mit den West-Glücksrittern, die sich am Zusammenbruch der DDR bereichern wollten. Schon im Oktober 1989 liefen die Holzmänner mit ihren Holzlatten durch die DDR-Großstädte wie Magdeburg oder Dresden, aber auch durch Bernburg, und nahmen schon mal Maß. Sie sollten sich mit ihrer Blase "Aufschwung Ost" tüchtig verspekulieren und wurden zehn Jahre später selber insolvnt.

Mein Oberheizer im Capitol war Alkoholiker und Analphabet. Der unterschrieb für den Kohlehandel mit drei Kreuzen - aber das Tonnengeld hat er sich eingestrichen, während ich reinschaufeln durfte. Sein Geld versoff er stets und ständig und bettelte dann immer um Vorschuß. So hatte ihn der Betrieb an der Angel. Als er ein paar Jahre später zu unzuverlässig für die Kreisfilmlichtspiele und entlassen wurde, ging er zur LPG Bernburg Nord. In seiner Schicht brannte im Herbst 1989 die ganze millionenteure Trocknung mit Inhalt wie Zunder. Er lief nur, sich in Sicherheit zu bringen. Die Anlage brannte bis auf die Grundmauern ab, in denen sich dann kurz nach Einführung der D-Mark für eine Weile die westdeutsche Teppich-Mafia einnistete.

Bezirksfilmdirektion

ROBINSON JR. (1976)

Eine italienische Filmkomödie

PRODUKTION: Vides Cinematografica, Rom, 1976

DREHBUCH: FRANCO CASTELLANO - GUISEPPE MOCCIA (= CASTELLANO & PIPOLO) - SERGIO

CORBUCCI unter Mitarbeit von PAOLO VILLAGIO

REGIE: SERGIO CORBUCCI

KAMERA: Marcello Gatti

SCHNITT: Amedeo Salfa

AUSSTATTUNG: Andrea Crisanti

KOSTÜME: Wayne

MUSIK: Guido & Maurizio De Angelis (= Oliver Onions)

Personen und ihre Darsteller:

Paolo Villagio (Robinson) - Zeudi Araya (Freitag) - Anna Nogara (Magda) - Percy Hogan (Mandingo)

Sendedaten:

12.04.1980 I. PR. Erstausstrahlung; Wiederholungen: 11.06.1983 I. PR.; 13.05.1989 I. PR.; 29.06.1991 DFF LK.

Inhalt:

Signore Robinson, seine Freunde nennen ihn Robi, managt die Mailänder Mode. Er lebt mit Gattin Magda exquisit, weil er sie alles machen lässt und zufrieden ist, wenn er nur aus einem Armbandtransistor seine Fußballreportagen hören kann. Eines Tages unternehmen sie eine Schiffsreise nach Übersee, und die dazugehörige Katastrophenübung nehmen sie alle mächtig ernst. Aber als es wirklich ernst wird, will er lieber schlafen und erwacht dafür am nächsten Morgen etliche Meter unter dem Meeresspiegel. Nach 22 Tagen, bekleidet nur mit dem Pyjama, landet er auf einem Strand, schreit nach dem Bademeister, der nicht erscheint, sucht die Polizei, den Flughafen (gottlob hat er im wasserdichten Bauchgürtel seine Dollar geschmuggelt!), rennt ins Land hinein, reißt vor Gorillas, Krokodilen und Schlangen aus, rennt am Strand entlang und entdeckt, dass er der einzige Mensch auf einer unbewohnten Südseeinsel ist. Robi entsinnt sich seiner Pfadfinder-Jugend und nimmt den Kampf mit den Tücken der Umwelt mutig auf. Und scheitert immer wieder kläglich. Mit der Kokusnuss, die sich nicht öffnen läßt, mit dem Bumerang, der zwar kein Wild, dafür aber beinahe ihn selbst tötet, mit dem Feuer, das sich nur an seinen Händen entzündet. Bei seinen Streifzügen durch die Insel entdeckt er die Ruinen von Robinson Crusoes Domizil und nimmt es in Besitz, er richtet sich häußlich ein. Eines Tages landet dann auch Freitag - eine bildhübsche Insulanerin, die ihn nach 2 Monaten Keuschheit zu den Ihren auf die Nachbarinsel schleppt und heiratet, weil er zu ungeschickt ist, sich selbst zu helfen. Robi fühlt sich ganz wohl. Es gefällt ihm nur nicht, dass er in aller Öffentlichkeit mit Freitag das "Zizi" vollziehen soll. Es geht einfach nicht. Und darum holt Freitag per Brieftaube Magda herbei, damit sie den verschwunden Gatten wieder in ihre Arme schließe. Robi, hin und hergerissen zwischen beiden Lebensformen, gibt sich schließlich wohl oder übel der Zivilisation gefangen.

Sonstiges:

Originaltitel: Robinson jr.

Weitere Informationen:

ROBINSON JR.: DDR-Kinostart 27.4.1979 - Länge: 103 Minuten - deutschsprachige Fassung: DEFA-Studio für Synchronisation mit den Sprechern:

Carl-Herman Risse - Helga Sasse - Ingeborg Nass - Holger Mahlich - Lothar Schellhorn.

Eine Fülle von Gags und Situationskomik ließen diesen Film zu einem Kassenmagneten im DDR Kino werden. Jedoch hinderte die ungemeine Popularität des Films das DDR Fernsehen nicht daran auch diesen italienischen Lachknüller schamlos zu kürzen. Während die Erstausstrahlung 1980 noch in ungekürzter Fassung über den Bildschirm ging, war er zur Wiederholung 1983 nur noch 95 Minuten lang, für eine dritte Wiederholung im Mai 1989 wurde nochmals ungehemmt die Schere angesetzt um dann nur noch 85 Minuten übrig zu lassen. Auf Anfrage bei der Filmredaktion des (noch) DDR-Fernsehens im Jahre 1990, was diese Kürzungen für einen Sinn gehabt hätten, wurde geantwortet, dass man sich "der Programmdisziplin hätte beugen müssen". Ab Juni 1991 wurden Robinsons Abenteuer im DFF wieder in ungekürzten 103 Minuten ausgestrahlt. ROBINSON JR. zählt bis heute zum ständigen Programm der deutschen Fernsehsender.

https://www.fernsehenderddr.de/index.php?script=dokumentationsblatt-detail&id1=30530


Der Film wurde später von den DEFA-Studios synchronisiert und war vor allem in der DDR sehr beliebt. Er wird bis heute, vor allem im Programm der ostdeutschen Fernsehsender, regelmäßig gezeigt. Die Synchronsprecher waren Roberto: Carl-Hermann Risse, Freitag: Helga Sasse und Magda: Ingeborg Naß.[1]

Nach dem Morandini-Dizionario dei film ist Robinson jr. als Parodie auf den Film Hingerissen von einem ungewöhnlichen Schicksal im azurblauen Meer im August von Lina Wertmüller zu verstehen. Robinson jr.