Kurs:Buch und Schrift im Mittelalter/Papyrus, Wachstäfelchen und Pergament
2. Papyrus, Wachstäfelchen und Pergament: Beschreibstoff
[Bearbeiten]Geschrieben wurde im Mittelalter auf verschiedenen Stoffen, etwa Papyrus, Wachs, aber auch Papier aus Kleidungsstoffen. Während heutzutage Holz verwendet wird, um Papier herzustellen und dieses dann meist wieder recyclet wird, hatte man auch im Mittelalter verschiedene Arten, Beschreibstoffe herzustellen. Wie die Herstellung funktionierte und welche Vor- und Nachteile die Herstellung mit sich brachte, erfahrt ihr hier.
Papyrus
[Bearbeiten]Papyrus gehört zu den ältesten Beschreibstoffe. Hauptsächlich bekannt aus der Antike, fand Papyrus auch im Mittelalter noch große Beliebtheit. Papyrus besteht aus den Stängeln der Papyrusstaude. Um Papyrus als Beschreibstoff verwenden zu können, musste man das Mark der Stängel in dünne Streifen schneiden. Weiter wurden sie nebeneinandergelegt und mit einer weiteren, dazu querverlaufenden, Schicht abgedeckt. Diese netzartige Struktur wurde gepresst, wodurch aus den Fasern des Papyrus Pflanzensaft austritt, welcher die Schichten miteinander verklebt.[1] Das fertige Papyrusblatt wird Charta genannt, das kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Bogen“.
Diese Papyrusblätter konnten nach Belieben zusammengeklebt werden, dadurch entstanden Rollen, welche in der Forschung auch Rotulus oder Charta transversa genannt werden.
Da es sich bei Papyrus um organische Bestandteile handelt, zerfallen diese unter dem Einfluss von Feuchtigkeit dementsprechend schnell. Deswegen finden wir heutzutage nur noch sehr wenige Überreste von Papyrus in Museen und Archiven.
Wachstäfelchen
[Bearbeiten]Wachstäfelchen sind vor allem aus der Antike bekannt, spielen aber auch im Mittelalter, unter anderem in der Schule, für Konzeptschriften und der Geschäftsschriftlichkeit, eine größere Rolle. Bei Wachstafeln handelt es sich um umrahmte Holzbretter, die mit einem Gemisch aus Bienenwachs und Ruß begossen werden. Nachdem das Wachsgemisch abgekühlt ist, kann man mit Griffeln darein schreiben.[2]
Der wohl aufregendste Fund an mittelalterlichen Wachstäfelchen spielte sich in Lübeck ab: Im Jahr 1866 wurden hier bei Siellegungsarbeiten die Kloake der Ratsschule bei St. Jakobi untersucht. In der Kloake befanden sich über 50 Wachstäfelchen, die noch lesbar waren. Die Inschriften auf den Wachstäfelchen ermöglichten es, sie in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zu datierten.[3]
Pergament
[Bearbeiten]Pergament ist wahrscheinlich der bekannteste Beschreibstoff aus dem Mittelalter. Hergestellt hat man Pergament aus Tierhäuten, meistens der von Schafen, Ziegen oder Kälbern. Die Haut wurde zuerst drei bis sechs Wochen in starker Kalklauge gebeizt, wodurch Haare, Oberhaut und restliche Fleischteile leichter entfernt werden konnten. Für die Entfernung unerwünschter Bestandteile wurden meistens Schabmesser genutzt, wie man es in der Zeichnung rechts sehen kann. Nachdem die Haut mit dem Messer bearbeitet wurde, blieb die sogenannte Lederhaut übrig. Die Lederhaut wird erneut in Wasser eingelegt und mit fettlösenden Stoffen eingerieben, welche die letzten Fettreste entfernen. Hierfür hat man Asche oder gelöschtem Kalk verwendet. Danach wird sie zum Trocknen auf einen Rahmen gespannt. Meistens wurde sie danach noch mit einem Bimsstein und Kreide behandelt, um sie aufnahmefähiger für Tinte zu machen.[4]
Pergament war sehr wertvoll und bei weitem nicht so verbreitet, wie unser Papier heutzutage. Schaut man sich die Maße von mittelalterlichen Büchern an, wird man schnell feststellen, dass diese um einiges größer waren, als wir es von normalen Taschenbüchern kennen. Bei einer Überlieferung (sprich: Abschrift) des Sachsenspiegels, einem bekannten Rechtsbuch aus dem Mittelalter, bemisst die Blattgröße 398 x 299 mm![5] Bei einem ganzen Buch kann man sich dann nur ausmalen, wie viele Häute von Tieren dafür genutzt werden mussten.
Ein weiterer Vorteil von Pergament war, dass man es neu beschriften konnte. Hierfür kratzte man die Tinte mit einem Bimsstein oder Messer weg. Mehrfach beschriebene Pergamentblätter nennt man in der Forschung Palimpsest. Dies wurde vor allem im Frühmittelalter häufig gemacht, da man zu der Zeit keinen stetigen Zugriff auf Tierhäute hatte. Dies änderte sich jedoch ebenfalls mit der Stadt- und Marktentwicklung ab dem hohen Mittelalter.
Büttenpapier
[Bearbeiten]Die erste Papiermühle in Deutschland entstand im Jahr 1390 in Nürnberg. Jedoch stellte man Papier im Mittelalter nicht aus Holzfasern her, wie unser heutiges Papier hergestellt wird. Das Papier im Mittelalter wurde aus Lumpen, sprich meistens alten Kleidern, hergestellt und Büttenpapier genannt.[6] Aus dieser Verwendung von Lumpen entstand ein eigener Beruf: die Lumpensammler.
Die Lumpen wurden zerrissen, in Wasser eingeweicht und angefault. Anschließend, angetrieben von dem Mühlrad, in einzelne Fasern zerlegt und geschöpft.
Die Arbeit in Papiermühlen war nicht nur körperlich sehr anstrengend und durch das Verfaulen der Fasern gefährlich, sondern auch für die Umwelt sehr belastend: Es gab noch keine Kanalisation und das Schmutzwasser wurde in die (fließenden) Gewässer zurückgeleitet.
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Die Nürnberger Papiermühle auf einer Darstellung aus der Schedelschen Weltchronik
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Die gesamte Zeichnung (am besten ranzoomen), die Papiermühle befindet sich in der Ecke unten rechts
Quiz
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Nachweise
[Bearbeiten]- ↑ Vgl. Irmgard Fees: Schriftträger: Papyrus, Pergament, Papier, Wachs, in: Mathias Kluge, Handschriften des Mittelalters, S. 10-13.
- ↑ Vgl. ebd., S.25.
- ↑ Doris Mührenberg: Zur Aussagekraft einiger Wachstäfelchen, in: Mitteilungen der DGAMN: Historisches Ereignis und archäologischer Befund (Bd. 16), 2005.
- ↑ Vgl. Handschriften des Mittelalters, S. 13-19.
- ↑ Eike von Repgow, Sachsenspiegel, Berlin, Staatsbibl., Hdschr. 392, online über: https://www.handschriftencensus.de/8776.
- ↑ Vgl. Handschriften des Mittelalters, S.21.