Kurs:Die Nisaner – Dresdens Ureinwohner/971

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vgl. den Artikel 971 in der deutschsprachigen Wikipedia

971 übergab gemäß einem Diplom Kaiser Otto der Große in Ravenna den Zehnten aus dem Gau Nisan an das Hochstift Meißen:

Otto schenkt der Kirche von Meissen unter Bischof Folchold mit Wissen und Zustimmung seines Sohnes des (Mit)Kaisers auf dessen und auf seiner Gemalin Adelheid Fürbitte den Zehnten alles Tributes von Honig, Pelz, Silber[1], Sklaven, Schweinen, Getreide und von der „uberchoufunga“[2] aus den Provinzen Dalaminza, Nisane, Diedesa, Milzsane und Lusiza, mit der Bestimmung dass diese Quote vor der Teilung zwischen dem Fiskus und dem Grafen an den Bischof abzuführen sei.[3]

Wie bei vielen Urkunden zugunsten kirchlicher Institutionen ist auch dieses Diplom unzuverlässig und damit kein Beweis für eine deutsche Herrschaft über Nisan. Die Monumenta Germaniae Historica führen aus:

Dazu kommt dass die zahlreichen Mängel und Fehler dieses Elaborates auch unter Annahme späterer Entstehung nicht in günstigem Licht erscheinen. […] In diesem eingeschränkten Sinne werden auch wir von einer Originalausfertigung reden dürfen, ohne uns zu verhehlen, dass bei einem solchen Vorgange das Diplom für sich allein allerdings keine volle Bürgschaft dafür darbietet, dass was Folchold hier niederschreiben liess auch genau der Willensäußerung der Kaiser entsprach.[4]

In diesem Zusammenhang fällt auch eine gefälschte Papsturkunde (angeblich von Papst Johannes XIII.) auf das Jahr 968 gefertigt. Tatsächlich entstammt diese Bestätigung der Gründung des Bistums Meißen und seiner Grenzen einem Transsumpt der Bischöfe Dietrich II. von Naumburg (auch: von Meißen) und Heinrich II. von Merseburg (auch: von Waren) zum Jahr 1250. Gleichzeitig mit dieser Urkunde wurden zwei weitere auf die Jahre 968 und 996 gefertigte Diplome transsummiert, welche ebenfalls diese Grenzbeschreibung ausführen.

Außer diesen fraglichen Gebiets- und Zehntansprüchen der Meißner Bischöfe gibt es keinerlei frühdeutsche Nachrichten über Nisan aus dem 10. Jahrhundert, die einzige zeitgenössische Erwähnung stammt aus der Chronik des Thietmar von Merseburg, welche von 1012 bis zu Thietmars Tod 1018 entstand. Hier findet sich der erste Eintrag zu 984.

Eine weitere Aktivität der Ottonen im Gau Nisan ist zu dieser Zeit nicht feststellbar. Die 929 gegründete Grenzburg Meißen ging bereits 936 infolge des Todes von König Heinrich I. wieder dauerhaft verloren. Ausschlaggebend waren nicht nur die Nachfolgestreitigkeiten unter den Ottonen, sondern auch, dass viele Slawen lediglich Heinrich I. ihre Loyalität geschworen hatten. Selbst Markgraf Gero vermochte es mit aller Macht nicht, diese Loyalität bis hin nach Meißen, geschweige denn nach Budissin (das Land um Bautzen) oder Nisan, durchzusetzen. Spätestens ab 984, wenn nicht schon lange davor, gehörte Nisan eindeutig zu Böhmen.


971: Ravenna: Angebliche Ausstellung der einzigen Urkunde mit der Erwähnung Nisans, bei welcher es sich um eine Originalausfertigung des 10. Jahrhunderts handeln könnte, wobei das Diplom für sich allein allerdings keine volle Bürgschaft dafür darbietet, dass was Folchold hier niederschreiben ließ auch genau der Willensäußerung der Kaiser entsprach[5]: Kaiser Otto der Große schenkt der Kirche von Meissen unter Bischof Folchold mit Wissen und Zustimmung seines Sohnes des (Mit)Kaisers auf dessen und auf seiner Gemalin Adelheid Fürbitte den Zehnten alles Tributes von Honig, Pelz, Silber, Sklaven, Schweinen, Getreide und von der „uberchoufunga“ [6] aus den Provinzen Dalaminza, Nisane, Diedesa, Milzsane und Lusiza[7]. Fritz Löffler lehnte die Originalität dieses Diploms vollständig ab.[8]



Der sächsische Königshof Nisana entstand spätestens im Zusammenhang mit der Errichtung der Markgrafschaft Meißen im Jahr 968 und dem Einsetzen des Markgrafen Wigbert auf der Burg Meißen. Eine urkundliche Erwähnung des Krongutes Nisana fand zwar erst durch das Aachener Tafelgüterverzeichnis im Jahr 1174 oder in den Jahren danach statt (Terminus ante quem ist das Jahr 1215), aber durch eine Urkunde von 971 übergab Kaiser Otto der Große der Kirche von Meissen unter Bischof Folchold ... den Zehnten alles Tributes von Honig, Pelz, Silber, Sklaven, Schweinen, Getreide und von der „uberchoufunga“ [9] aus den Provinzen Dalaminza, Nisane, Diedesa, Milzsane und Lusiza.[10]

Ohne einen funktionierenden Königshof in der Provinz nisane wäre die Abgabe des Zehnten von dort an die Meißner Kirche nicht möglich gewesen. Der Transport ist wahrscheinlich praktischerweise über die Wasserstraße der Elbe erfolgt. Nisana besaß einen natürlichen Hafen und wurde deshalb als Ort für den sächsischen Königshof ausgewählt. Voraussetzung war auch die Errichtung von Zehntscheunen in Nisana.

  1. Solutione argenti, eigentlich der Zehnte aus den Gewinnen des Geldwechsels.
  2. Vgl. Waitz VG. 8, 368
  3. RI II,1 n. 531, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0971-00-00_2_0_2_1_1_911_531 (Abgerufen am 31. Oktober 2018).
  4. DO I 406 Ravenna 971.
  5. DO I 406 Ravenna 971.
  6. Vgl. Waitz VG. 8, 368.
  7. RI II,1 n. 531, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0971-00-00_2_0_2_1_1_911_531 (Abgerufen am 6. Januar 2019).
  8. Die Brückenstadt, die Stadt am Strom, Dresden, von Teichen umgeben, entlehnte ihren Namen der alten slawischen Ansiedlung: Drezdany nannten sich die Bewohner der linkselbischen sumpfigen Niederung. Der Name der rechtselbischen Ansiedlung ist nicht überliefert. R. Michaelis vermutet in ihr den Namen Nisan oder Nisani, den der ganze Gau trug. Der ursprünglich slawische Gau Nisani erscheint erstmals 1013, und am Ende des 12. Jahrhunderts findet er sich unter Kaiser Barbarossa im Tafelgüterverzeichnis des Römischen Königs. Es umfasste die Elbtallandschaft von oberhalb Meißen bis etwa Pirna. 1227 ist der Name letztmals belegt. (Löffler 9. Auflage 1989, S. 20).
  9. Vgl. Waitz VG. 8, 368.
  10. 971: Ravenna: Angebliche Ausstellung der einzigen Urkunde mit der Erwähnung Nisans, bei welcher es sich um eine Originalausfertigung des 10. Jahrhunderts handeln könnte, wobei das Diplom für sich allein allerdings keine volle Bürgschaft dafür darbietet, dass was Folchold hier niederschreiben ließ auch genau der Willensäußerung der Kaiser entsprach Vgl.DO I 406 Ravenna 971.: Kaiser Otto der Große schenkt der Kirche von Meissen unter Bischof Folchold mit Wissen und Zustimmung seines Sohnes des (Mit)Kaisers auf dessen und auf seiner Gemalin Adelheid Fürbitte den Zehnten alles Tributes von Honig, Pelz, Silber, Sklaven, Schweinen, Getreide und von der „uberchoufunga“ (Vgl. Waitz VG. 8, 368.) aus den Provinzen Dalaminza, Nisane, Diedesa, Milzsane und Lusiza Vgl. RI II,1 n. 531, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0971-00-00_2_0_2_1_1_911_531 (Abgerufen am 6. Januar 2019). - Fritz Löffler lehnte die Originalität dieses Diploms vollständig ab. Vgl. Die Brückenstadt, die Stadt am Strom, Dresden, von Teichen umgeben, entlehnte ihren Namen der alten slawischen Ansiedlung: Drezdany nannten sich die Bewohner der linkselbischen sumpfigen Niederung. Der Name der rechtselbischen Ansiedlung ist nicht überliefert. R. Michaelis vermutet in ihr den Namen Nisan oder Nisani, den der ganze Gau trug. Der ursprünglich slawische Gau Nisani erscheint erstmals 1013, und am Ende des 12. Jahrhunderts findet er sich unter Kaiser Barbarossa im Tafelgüterverzeichnis des Römischen Königs. Es umfasste die Elbtallandschaft von oberhalb Meißen bis etwa Pirna. 1227 ist der Name letztmals belegt. (Löffler 9. Auflage 1989, S. 20).