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Kurs:Modellierung und Numerische Methoden von Finanzderivaten/2 Binomialmethode

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2.1 Binomialbäume

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Wir betrachten einen sehr einfachen Finanzmarkt, in dem mit einem Bond, einer Aktie oder einer (europäischen) Call-Option nur zu den Zeitpunkten und gehandelt werden kann. Dabei werden folgende Annahmen gemacht:

  • Der Bond habe zur Zeit den Wert . Der risikofreie Zinssatz betrage für Guthaben und für Kredite; es werde kontinuierlich verzinst, d.h. .
  • Die Aktie habe zur Zeit den Wert . Zur Zeit gebe es zwei Möglichkeiten:
    • Der Kurs der Aktie betrage mit Wahrscheinlichkeit : ( steht für einen ”up”-Zustand) bzw.
    • Der Kurs betrage mit Wahrscheinlichkeit : ( steht für ”down”-Zustand). Es sei .
  • Die Call-Option habe den Ausübungspreis und die Verfallszeit .
  • Der Finanzmarkt sei arbitragefrei und erlaube Aktienleerverkäufe (sog. short selling). Das bedeutet, dass man Aktien noch nicht besitzen muss, sondern später liefern kann. Weiter fallen keine Transaktionskosten für Kauf/Verkauf von Wertpapieren an. Es erfolgen zwischenzeitlich keine Dividendenzahlungen.

Die vierte Voraussetzung impliziert . Gilt nämlich , so kann der Kauf von Bonds durch Aktienleerverkäufe finanziert und Arbitrage erzielt werden. Falls aber ist, so besteht eine Arbitrage-Möglichkeit durch den Kauf von Aktien, der durch Kredite finanziert wird.

Zur Zeit beträgt der Wert der Call-Option entweder oder . Wir wollen den Wert der Call-Option zur Zeit bestimmen. Dazu verwenden wir das Duplikationsprinzip. Wir sichern die Call-Option dadurch ab, dass wir Anteile des Bonds und Anteile der Aktie kaufen bzw. verkaufen. Wir suchen also ein zur Call-Option äquivalentes Portfolio, so dass gilt

bzw. .

Die unbekannten Größen bestimmen wir aus dieser Gleichung zum Zeitpunkt :

Als Lösung ergibt sich

Wegen folgt und , d. h. es muss zum Aktienkauf stets ein Kredit aufgenommen werden. Nunmehr können wir die Optionsprämie bestimmen:

(2.1) mit .

Aus der Ungleichungskette folgt .

Die Optionsprämie kann als diskontierter Erwartungswert bzgl. der Wahrscheinlichkeit interpretiert werden. Definieren wir nämlich den Erwartungswert einer Zufallsfunktion , die nur die beiden (diskreten) Zustände und mit Wahrscheinlichkeit bzw. annehmen kann, durch

so lautet die Formel (2.1) einfach

Der Optionspreis hängt nicht von der Wahrscheinlichkeit ab; dies ist verständlich, da wir alle Pfade im Binomialbaum betrachten. Wegen der Relation

können wir als die risikoneutrale Wahrscheinlichkeit interpretieren, da der erwartete Kurs des Basiswertes mit der Wahrscheinlichkeit des Up-Zustandes gleich dem Erlös aus dem risikofreien Bond ist.

Wir verallgemeinern nun diese Idee, indem wir einen -Perioden-Finanzmarkt betrachten. In jeder Periode der Länge kann sich der Aktienkurs mit der Wahrscheinlichkeit um den Faktor und mit Wahrscheinlichkeit um den Faktor ändern. Ein solches Preismodell heißt in der Literatur auch Ross-Rubinstein-Modell [2]. Seien also und die Verfallszeit. Dann ist der Wert der Aktie zur Zeit bei Up-Zuständen und Down-Zuständen.

Sei zunächst . Dann berechnet sich der Optionspreis zur Zeit analog zum Ein-Perioden-Modell aus

wobei und gegeben sind durch

und und sind gegeben. Daher ergibt sich im Zwei-Perioden-Modell

Nun kann auf die Verallgemeinerung von Perioden geschlossen werden:

(2.2)

Unter Verwendung der Binomialkoeffizienten

und dem Erwartungswert einer Zufallsfunktion , die mit Wahrscheinlichkeit

den Wert annehmen kann, durch

(2.3)

so erhalten wir die Beziehung

Der Wert

ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Aktienkurs zur Zeit den Wert besitzt.

Wir können die Formel (2.3) auch anders interpretieren. Mit dem minimalen Index

können wir (2.3) schreiben als

Sei . Dann folgt aus der Definition von die Beziehung oder und daher

(2.4)
(2.5)

wobei die Verteilungsfunktion der Binomialverteilung ist:

Die Gleichung (2.5) kann als diskrete Black-Scholes-Formel interpretiert werden (s.u.).

2.2 Die Binomial-Optionspreis-Berechnung mit Mathematica

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Wir bestimmen den auf der Binomial-Methode beruhenden Optionspreis mit dem Formelmanipulationssystem Mathemtica und wählen als Beispiel für den Aktien-Basispreis . Wir nehmen an, dass der Aktienpreis in der kommenden Periode entweder um 10% steigt oder um 3% fällt; Der (feste) Zinssatz sei . Aus diesen Werten bestimmen wir die Wahrscheinlichkeiten und schließlich den Optionspreis der Aktie.

Solve[{55*p + 48.5*q == 50, p + q == 1/1.06}, {p, q}]
a = Simplify[Solve[{p*up + q*down == 1, p + q == 1/R}, {p, q}]]

Weiter bestimmen wir den (Zustands-) Optionspreis über Perioden:

Clear[statePrices]
statePrices[up_, down_, R_] := Solve[{p*up + q*down == 1, p + q == 1/R}, {p, q}]1
Clear[binomialCall]
binomialCall[s_, x_, n_] := Sum[p^j*q^(n - j)*Binomial[n, j]*Max[s*p^j*down^(n - j) - x, 0], {j, 0, n}]
statePrices[up, down, R];

Nun sind die Parameter der Binomial-Verteilung für ein -Perioden-Modell zu bestimmen. Dabei verwenden wir die asymptotische Beziehung und setzen für die entsprechenden Werte ein:

(2.6)
(2.7)
(2.8)

Die Beziehung für die Varianz folgt aus der Tatsache, dass in jeder Periode die Gleichung

gilt. Damit gelten für den Erwartungswert und für die Varianz (Volatilität) die beiden Gleichungen

Wir realisieren die Formeln in Mathematica und erhalten mit der Anweisungsfolge zunächst allgemeine Formeln, in die konkrete Werte eingesetzt werden: Somit sind folgende Anweisungen zu realisieren:

Clear[u, d, mu]
a = Solve[{(p*Log[u/d] + Log[d])*n == mu, n*p*(1 - p)*Log[u/d]^2 == var}/.p->1/2, {u, d}]
a4/.(mu->0.12, var->0.2^2, p->0.5, n->100)

Die Werte (d.h. var), liefern folgenden Plot:

p = 0.5; 
mu = 0.12;
var = 0.2^2;
n = 100;
aa = 
 ListPlot[
  Table[{u^j*d^(n - j), p^j*(1 - p)^(n - j)*Binomial[n, j]}, {j, 0, n}]/.a4, 
  Joined->True, PlotRange->A11]

Bemerkung:

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Das ist nicht die einzige Lösungsmenge, die gegen die Log-Normal-Verteilung konvergiert. Cox, Ross, Rubinstein [2] benutzen die Werte

Diese Werte lösen die Gleichungen zwar nicht exakt, sie konvergieren aber für gegen die exakten Werte.

2.3 Brownsche Bewegung und ein Aktienkursmodell

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Wir stellen zunächst einige Begriffe aus der Stochastik zusammen.

Wir bezeichnen mit einen Wahrscheinlichkeitsraum. bezeichnet hier im einfachsten Fall eine endliche (oder - etwas komplizierter - eine abzählbare) Menge, die Menge der Elementarereignisse, ist die Klasse aller Teilmengen von (d.h. die Klasse von Ereignissen), wird die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses genannt.

Bemerkung:

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(a) Die Klasse ist eine -Algebra, d.h.

  1. impliziert ,
  2. impliziert und .

(b) Die numerische, auf definierte Funktion ist

  1. positiv semidefinit, d.h. ,
  2. normalisiert, d.h. ,
  3. -additiv, d.h. für , paarweise disjunkt.

Im allgemeinen Fall, wo z. B. überabzählbar ist, gilt die Forderung, dass die Klasse eine -Algebra ist, ebenfalls. Zur Definition und für Beispiele informiere man sich in Grundlagenwerken der Stochastik, siehe z. B. [10], oder man vgl. die Aussagen im Kurs Stochastik.

Definition 2.1

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(1) Ein Wahrscheinlichkeitsraum ist ein Tripel , bestehend aus einer Menge , einer -Algebra und einem Wahrscheinlichkeitsmaß .
(2) Eine Funktion auf einem Wahrscheinlichkeitsraum heißt Zufallsvariable genau dann, wenn für alle Borelmengen gilt: .

Bemerkung:

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Die Menge aller Borelmengen ist die kleinste -Algebra, die alle offenen Mengen von enthält.

Definition 2.2

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Sei ein Wahrscheinlichkeitsraum. Die Zufallsvariablen heißen unabhängig, falls gilt

Wir gehen nun zu stetigen Zufallsvariablen über. Unter gewissen Voraussetzungen können Erwartungswert und Varianz mittels eines Riemann-Integrals berechnet werden.

Definition 2.3

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1. Sei ein Wahrscheinlichkeitsraum und eine Zufallsvariable. Dann ist der Erwartungswert definiert durch
(Das ist das Lebesgue-Integral der summierbaren Funktion bzgl. des Maßes .)
2. Die Varianz ist definiert durch
falls die entsprechenden Integrale existieren. Die Standardabweichung ist gegeben durch .
3. Die Kovarianz zweier Zufallsvariabler X, Y</math> ist definiert durch
falls und existieren.

Für unabhängige Zufallsvariable und gilt und insbesondere . Daher kann die Kovarianz als ein Maß für die Abhängigkeit von und betrachtet werden. Eine weitere Konsequenz aus der Unabhängigkeit von und ist die Additivität der Varianzen:

Die Integrale werden i. a. über ihre Darstellung der Zufallsvariablen mittels charakteristischer Funktionen definiert. Sind die Funktionen Riemann-integrabel, so erhalten wir folgende Darstellungen:

Definition 2.4

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Sei eine Zufallsvariable auf einem Wahrscheinlichkeitsraum .
1. Die Verteilungsfunktion von ist definiert durch
Die Dichtefunktion von (falls sie existiert) ist gegeben durch
oder .
2. Der Erwartungswert und die Varianz einer Zufallsvariablen , die eine Dichtefunktion besitzt, sind gegeben durch
falls die entsprechenden Integrale existieren.

Wir geben folgende Beispiele an:

(1) Betrachten und . Eine Zufallsvariable mit der Dichtefunktion

heißt normalverteilt oder -verteilt. Der Erwartungswert und die Varianz lauten und . Eine -verteilte Zufallsvariable nennen wir standardnormalverteilt. Für die Verteilungsfunktion einer standardnormalverteilten Zufallsvariable schreiben wir auch

Eine Zufallsvariable , deren Logarithmus normalverteilt ist, d. h. für die gilt, dass normalvertelit ist, heißt lognormalverteilt.

(2) Wir betrachten den Kurs einer Aktie in einem zeit-diskreten Finanzmarkt. Damit kann der Aktienkurs um einen konstanten Faktor mit Wahrscheinlichkeit steigen (”up”) und mit Wahrscheinlichkeit fallen (”down”). Die Zufallsvariable beschreibe die Anzahl der ”up”-Zustände in einem -Perioden-Finanzmarkt. Dann ist der Wertebereich von die Menge , und die Wahrscheinlichkeit, dass der Aktienkurs -mal steigt, beträgt

Wir sagen, dass binomialverteilt oder -verteilt ist. Der Aktienkurs lautet dann (in den gleichen Notationen, wie im 1. Teil angegeben)

Die Verteilungsfunktion ist dann gegeben durch

Ersetzen wir in der Definition der Verteilungsfunktion das Integral durch eine Summe, so erkennen wir, dass die Dichtefunktion gerade ist. Damit sind der Erwartungswert und die Varianz gegeben durch

Damit können wir die diskrete Formel (2.5) zur Berechnung der Optionsprämie in der folgenden Form schreiben:

wobei bzw. jetzt - bzw. -verteilte Zufallsvariablen sind.

Stochastische Prozesse und Brownsche Bewegung. Der zeitstetige Aktienkurs ist eine Zufallsvariable, d.h. wir sollten eigentlich schreiben, wobei ein Element des zugrundeliegenden Wahrscheinlichkeitsraumes ist. Man lässt jedoch i. a. das Argument weg. Die Funktion ist eine Zufallsvariable für festes . Welche Regularität besitzt nun für festes ? Die Klärung dieses Zusammenhangs führt auf den Begriff des stochastischen Prozesses.

Definition 2.5

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Ein (stetiger) stochastischer Prozess , ist eine Familie von Zufallsvariablen , wobei stetig ist für (fast alle) .
Wir schreiben , d.h. ist eine Zufallsvariable.

Ein stochastischer Prozess ist also eine funktionenwertige Zufallsvariable. Ein spezieller stochastischer Prozess ist durch die sog. Brownsche Bewegung gegeben:
Sei eine Folge von unabhängigen Zufallsvariablen, die mit jeweils mit Wahrscheinlichkeit die Werte oder annehmen und es sei weiter

, wobei

ist. Dann gilt für alle für Erwartungswert und Varianz und wegen (2.9)

Man kann zeigen, dass für (und damit für , so dass gilt) konvergiert. Den Grenzwert nennen wir die Brownsche Bewegung .

Satz 2.1 (Wiener)

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Es gibt einen stetigen stochastischen Prozess mit den folgenden Eigenschaften:
  1. Für alle gilt: ist -verteilt.
  2. Für alle gilt: W_t - W_s</math> und sind unabhängig.

Der stochastische Prozess aus Satz 2.1 wird Wiener Prozess oder Brownsche Bewegung genannt. Aus Satz 2.1, (2) folgt unmittelbar, dass -verteilt ist und dass gilt

(2.10)

Der Beweis von Satz 2.1 ist aufwändig.

Ein Aktienkursmodell. Mit Hilfe des Wiener-Prozesses können wir ein Modell für die Entwicklung von Aktienkursen angeben. Wir betrachten zunächst einen Bond mit dem risikofreien Zinssatz . Dann gilt oder

Das legt den folgenden Ansatz für den Aktienkurs nahe:

Da in einem arbitragefreien Markt die Anlage einer Aktie die gleiche Rendite wie ein Bond bringen soll, ersetzen wir durch . ein solches Verhalten kann dem (längerfristigen) Verlauf von Aktienkursen entnommen werden. Er verändert sich mit dem Driftterm und wird durch zufällige Schwankungen überlagert.

Für den Zufall nehmen wir an, dass er ohne Tendenz ist, d.h. der Erwartungswert der (zufälligen) Schwankungen sei Null; er hänge jedoch von der Zeit ab. Das wird durch den Ansatz

erfüllt. Man definiert üblicherweise , das impliziert

(2.11)

Der Aktienkurs ist dann gegeben durch

(2.12)

Man nennt eine geometrische Brownsche Bewegung; ist lognormalverteilt. Bei der Analyse der Black-Scholes-Formel kommen wir auf die Beziehungen zurück.

Für den Erwartungswert und die Varianz von gelten nun folgende Aussagen:

Lemma 2.1

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Sei eine geometrische Brownsche Bewegung. Dann gilt
(2.13)
(2.14)

Beweis:

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Wir verwenden die Eigenschaft, dass für eine normalverteilte Zufallsgröße gilt, dass logarithmisch normalverteilt (-normalverteilt) ist. Da -verteilt ist, folgt

also

und

q.e.d.

Der Aktienkurs ist nach Gleichung (2.14) ein Produkt aus dem mittleren Kurs und einer zufälligen Schwankung um diesen mittleren Kurs. Die Formeln (2.14) benötigen wir für die Betrachtungen der Binomialmethode im nächsten Abschnitt.

2.4 Der Algorithmus der Binomialmethode

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Wir sind nun in der Lage, einen ersten numerischen Algorithmus vorzustellen, um den Preis einer europäischen oder einer amerikanischen Option approximativ zu bestimmen:
Wir zerlegen das Zeitintervall in Zeitschritte der Länge und suchen Approximationen von zu den Zeitpunkten . Wir treffen folgende Annahmen:

Der Kurs nimmt nach Ablauf der Zeit entweder mit Wahrscheinlichkeit den Wert (”up”) oder mit Wahrscheinlichkeit den Wert (”down”) an.
Die erwartete Rendite im Zeitraum entspricht dem risikolosen Zinssatz, d. h. wir setzen in (2.14):
(2.15)
Für den Optionspreis gelte analog
(2.16)
Für den Kauf oder Verkauf von Wertpapieren fallen keine Transaktionskosten an, es erfolgen keine Dividendenzahlungen.

Die Parameter sind (zunächst) unbekannt.

Die Grundidee der Binomialmethode ist es, die Erwartungswerte und Varianzen des (zeit-)kontinuierlichen und des (zeit-)diskreten Modells gleichzusetzen. Für das diskrete Modell gilt

(2.17)
(2.18)
(2.19)

Ersetzen wir in (2.15) durch die Approximation und verwenden wir (2.19), so erhalten wir

Die erste Gleichung ist äquivalent zu

(2.20)

Wir setzen diese Beziehung in die zweite Gleichung ein und erhalten

oder die dazu äquivalente Gleichung

(2.21)

Damit haben wir mit (2.20) und (2.21) zwei Gleichungen für die drei Unbekannten . Wir wählen zusätzlich dazu eine Symmetriebeziehung für einen Kursanstieg bzw. einen Kursabfall:

(2.22)

Die Wahl von wäre auch möglich. Damit ist noch das nichtlineare Gleichungssystem (2.20) bis (2.22) zu lösen:

wobei für gilt

Die Binomialmethode wird nun in drei Schritten realisiert:
Sei der Aktienkurs zur Zeit und seien für und die möglichen Aktienkurse zur Zeit .

1. Schritt: Initialisierung des Binomialbaumes. Berechne (für den Fall europäischer oder amerikanischer Optionen) :
2. Schritt: Berechne die Optionswerte . Für ist durch die Endbedingung bekannt. Zu berechnen ist folglich für :
Bei amerikanischen Optionen ist hier zu überprüfen, ob ein vorzeitiger Kauf/Verkauf günstiger ist.

Den dritten Schritt der Berechnung der Optionspreise nehmen wir wie folgt vor:
Wir können (2.20) mit Hilfe der Definition von auch in der Form

schreiben. Ersetzen wir in (2.16) den zeit-kontinuierlichen Optionspreis durch den zeitdiskreten, d. h. , so folgt für den Aktienkurs die Gleichung

3. Schritt: (Rückwärtsiteration)
Für alle und für bestimme man im Falle europäischer Optionen
und im Falle amerikanischer Optionen

Der Wert ist eine Approximation der Optionsprämie .

Die angegebenen Schritte können mittels Mathematica realisiert werden. Wie bei dem nachfolgenden Matlab-Programm wählen wir den Basiswert , die Zinsrate , die Volatilität , die Periodendauer und greifen z. B. auf ein Fünf-Perioden-Modell zurück.

Wir realisieren die payoff-Funktion

in Mathematica durch die Funktionen

Clear[payoffCall, payoffPut];
payoffCall[s_] := Max[s - X, 0];
payoffPut[s_] := Max[X - s, 0];

in den benötigten Varianten für Call- und Put-Option. Das geschieht durch jeweiliges Vertauschen der beiden Summanden. Wir bilden weiter den Binomialbaum und berechnen mit Hilfe einer Prozedur die Optionswerte.

Clear[r, n, S0, h1, up, down, p]
{* up=1.1; down=0.95; *}
r = 0.04;
sigma = 0.3; 
n = 4; 
S0 = 5; 
h1 = 1/2*(Exp[-r/(n + 1)] + Exp[(r + sigma^2)/(n + 1)]);
up = h1 + Sqrt[h1^2 - 1];
down = 1/up;
p0 = (Exp[r/(n + 1)] - down)/(up - down);
Print["up = ", up]
Print["down = ", down]
stock = Table[5*up^(j - 1)*down^(i - j), {i, 1, 5}, {j, 1, i}];
MatrixForm[stock]

solution = Solve[{p*(1 + r) + q*(1 + r) == 1, up*p + down*q == 1}{p, q}]

Die Zinsrate gilt für jede Periode (was hier mit zusammenfällt!). Der gesamte Baum für die errechneten Werte und hat dann folgende Gestalt:

n = 4;
p = solution1, 1, 2;
q = solution1, 2, 2;
statePrices = Table[p^(j - 1)*q^(i - j), {i, 1, n + 1}, {j, 1, i}];
MatrixForm[statePrices]

mit dem (aktuellen, d. h. dem gegenwärtigen) Optionspreis für von

X = 6;
statePricesn + 1 . payoffPut /@ stockn + 1
statePricesn + 1 . Map[payoffPut, stockn + 1];
{* --> alternativer Befehl *}

Ein anderer Weg zur Berechnung des Optionspreises ist die Konstruktion eines intermediären Binomial-Baumes, wo auch Dividenden-Ausschüttungen, Änderungen von Zinssätzen oder Volatilitäten usw. eingebaut werden können, durch eine Prozedur, die sog. Europäische Optionen berücksichtigt.

N V(5,0) CPU-Zeit [sec]
10 1.096558 < 0.001
100 1.092326 0.06
500 1.094202 1.52
1000 1.094364 5.78
2000 1.094361 24.8

Die Übereinstimmung mit dem weiter unten durch eine MATLAB-Prozedur berechneten Put-Wert ist (bei Beachtung der jeweiligen Unterteilungszahl in Perioden) gegeben.

Als weiteres Beispiel ist ein Programm (in Matlab) zur Berechnung einer europäischen Put-Option mit angegeben. Mit Hilfe der (weiter unten betrachteten) Black-Scholes-Gleichung erhält man als ”exakte” Lösung ; für die Binomialmethode sind für verschiedene Zerlegungen N die zeit-diskreten Lösungen in der Tabelle oben angegeben.

Bemerkung:

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1. In Abschnitt 2.1 wurde begründet, dass die Arbitrage-Freiheit des Marktes die Ungleichungskette nach sich zieht. Diese Ungleichungekette ist erfüllt, falls ist, denn es gilt

Die letzte Ungleichung ist für alls erfüllt, was in praktischen Fällen zutreffend ist.

2. Eine alternative Binomialmethode erhalten wir durch Lösung der Gleichungen (2.20), (2.21) und . Dieses Vorgehen liefert (Man versuche, den Beweis selbständig zu führen!)

In diesem Fall können die Parameter nicht beliebig sein, da sonst möglich ist. Dies wird verhindert, wenn wir den Zeitschritt klein genug wählen, nämlich

Hier findet sich ein Stabilitätsproblem der Numerik wieder, das wir aber momentan nicht näher beleuchten wollen.

3. Die beschriebene Binomialmethode basiert darauf, Erwartungswerte und Varianzen des zeit-kontinuierlichen und des zeit-diskreten Modells gleich zu setzen und weiter oder vorauszusetzen. Eine weitere Variante erhält man, indem nicht nur die Erwartungswerte und die Varianzen, sondern auch die dritten Momente, d. h. Ausdrücke , gleichgesetzt werden. Das führt auf die Gleichungen (2.20), (2.21) und auf

Die Lösung lautet dann

In diesem Falle gilt und für alle .

4. In dem Falle von Dividendenzahlungen auf den Basiswert (etwa zur Zeit ), fällt der Kurs sprunghaft um den Ausschüttungsbetrag. Dies kann modelliert werden, indem die Werte von im Binomialbaum zur Zeit entsprechend vermindert werden.

5. Die Binomialmethode kann zur Trinomialmethode erweitert werden, indem zu jedem Zeitpunkt drei Änderungsmöglichkeiten für den Kurs des Basiswertes mit Wahrscheinlichkeit mit zugelassen werden. Details findet man in [13].

% Binomialmethode fuer einen europäischen Put
% Input
K = 6; S0 = 5; r = 0.04; sigma = 0.3; T = 1; N = 99;
dt = T/(N+1);
beta = 0.5*(exp(-r*dt) + exp((r + sigma^2)*dt));
u = beta + sqrt(beta^2 - 1);
d = 1/u;
p = (exp(r*dt) - d)/(u - d);
% 1. Schritt
for j=1:N + 1
  S(j,N+1) = S0*u^(j - 1)*d^(N - j+1);
end
% 2. Schritt
for j=1:N + 1
  V(j,N+1) = max([K - S(j,N+1) 0]);
end
% 3. Schritt
e = exp(- r*dt);
for i=N - 1:1
  for j=1:i
    V(j,i) = e*(p*V(j + 1, i + 1) + (1 - p)*V(j, i + 1));
  end
end
% output
fprintf(’V(%f,0) = %f\n\n’, S0, V(1,1))

2.5 Ein Übergang vom Binomialbaum zur Black-Scholes-Formel

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In Abschnitt 2.1 wurde der Preis einer europäischen Call-Option zur Zeit aus einem -Perioden-Binomialbaum hergeleitet:

(2.24)

wobei und binomialverteilte Zufallsgrößen mit und sind. Weiter ist und

Wir wollen nun den Grenzwert von für untersuchen. Wir setzen dafür und . Weiter sei eine Zahl \sigma > 0 definiert durch

Der Grenzübergang beruht auf dem zentralen Grenzwertsatz, den wir in folgender Variante benutzen:

Satz 2.2

[Bearbeiten]
Sei eine Folge -verteilter Zufallsvariable auf einem Wahrscheinlichkeitsraum. Dann gilt

Wir beweisen, dass im zeit-kontinuierlichen Grenzfall der diskrete Optionspreis (2.24) gegen die zeit-kontinuierliche Black-Scholes-Formel konvergiert.

Satz 2.3

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Es gelte . Dann folgt
wobei der Grenzwert bei gerade entspricht und

Beweis:

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Es genügt zu zeigen, dass

Wir beweisen exemplarisch den zweiten Grenzwert. Wir zeigen zuerst, dass

(2.25)
(2.26)

Sowohl als auch hängen von ab; somit ist auch eine Funktion von . Durch Anwendung der Regel von l’Hospital auf folgt

Eine weitere Rechnung (- die etwas mühsam ist -) zeigt, dass

Wir schließen aus diesen beiden Beziehungen (2.25), denn

Um den zentralen Grenzwertsatz anwenden zu können, formulieren wir die Wahrscheinlichkeit für um:

Nach Definition von gilt

und es exisitiert eine Zahl , so dass

Damit ergibt sich

Wegen (2.25) und erhalten wir den Grenzwert für

woraus wegen

und damit die Behauptung folgt.

q.e.d.