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Kurs:Reise in das romantische Dresden/Scharfenberger Kreis/Friedrich de La Motte Fouqué

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Kurs:Reise in das romantische Dresden/Scharfenberger Kreis/Friedrich de La Motte Fouqué/Briefe


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Friedrich Heinrich Karl Baron de la Motte Fouque, der Sproß einer alten ruhmreichen französischen Emigrantenfamilie, die nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes nach Deutschland geflüchtet war, der Enkel des bei Landshut (1760) nach tapferster Gegenwehr von den Österreichern gefangenen preußischen Generals Fouqu6, war am 12. Februar 1777 in einem der stillen Domherrnhäuser zu Brandenburg an der Havel geboren. Später auf dem Landgute Sacro bei Potsdam, dann in Lentzcke bei Fehrbellin, wo er 1788 die zärtlich geliebte Mutter verlor, unter dem Einflüsse des Romantikers August Ludwig Hülsen, seines Hauslehrers, erzogen, trat er 1794 als Kornett in das preußische zu Aschersleben garnisonierende Kürassierregiment Herzog von Weimar ein und nahm am Feldzuge gegen die Franzosen teil. Nach dem Baseler Frieden (1795) heimgekehrt, verheiratete er sich sehr jung, doch wurde die Ehe nach wenigen Jahren „von beiden Seiten mit ernster und milder Wehmut" wieder getrennt. Ein festerer Ehebund vereinte ihn am 9. Januar 1803 mit der in Berlin am 7. Oktober 1775 geb. Caroline Philippine, der Witwe des 1799 gestorbnen Leutnants und Ehrendomherrn Rochus von Rochow auf Jeserig und Neuhaus (im Zauche-Belziger Kreis), einer gebornen von Briest, der Tochter des letzten Sprossen dieser alten Familie Philipp Friedrich August Wilhelm von Briest, der am 7. Januar 1822 starb. Diese Caroline Philippine verw. von Rochow lebte bei ihrem Vater auf dessen Rittergute Nennhausen bei Rathenow. Fouqu6 quittierte den ' Militärdienst und siedelte als Carolinens Gatte gleichfalls nach Nennhausen über, wo ein stattliches Herrenhaus auch für ihn und seine zahlreichen Gäste Raum

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bot und der schöne von seinem Schwiegervater angelegte Park zu beschaulichem Lebensgenuß lockte. Hier wurde aus dem Offizier der Dichter.

Schon im Jahre 1802 war sich Fouque darüber in Zweifel, ob er nicht eigentlich zum Dichter berufen sei. Um Klarheit darüber zu gewinnen, ritt er nach Weimar, wo er sich mit Goethe auszusprechen gedachte; auch Schiller hat er dort und später (1803) in Lauchstädt gesprochen, aber der Kern seines Anliegens wurde

nicht berührt. Da knüpfte Hülsen, in Lentzcke Fouques Gast, das Band zwischen ihm und den Brüdern August Wilhelm und Friedrich Schlegel, die damals (1802) beide in Berlin weilten. August Wilhelm Schlegel sandte zu Fouques Hochzeit mit Caro-

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line ein glückwünschendes Sonett und war nebst Bernhardi, Chamisso, Kleist ein häufiger Gast in Nennhausen. Als dem jungen Paare am 13. September 1803 eine Tochter: Luise Marie Caroline Fouqu6 geboren war, zählten bei der am 23. Oktober 1803 gefeierten Taufe A. W. Schlegel und Bernhardi zu den Paten.

In den folgenden Jahren vertiefte Fouque nicht nur die Grundlagen seiner Dichtkunst durch ernste Studien, sondern auch seine religiösen Anschauungen, besonders durch eifrige Lektüre des schon von Novalis sehr hochgestellten Görlitzer Theosophen Jakob Böhme. Seine Ehe mit Caroline gestaltete sich, da diese, selbst Dichterin, ihn als Menschen und Künstler völlig verstand, zu einer fast ungetrübten Quelle des Glücks. Nicht nur die beiden Söhne aus Carolinens erster Ehe, Gustav und Theodor von Rochow, standen mit Fouqu6 in gutem Einvernehmen, sondern auch sein Schwiegervater, der Herr von Briest. Als dieser am 7. Januar 1822 starb, wurde Caroline Gutsherrin von Nennhausen. Eine interessante Aufzeichnung über die früheren und damaligen Verhältnisse des Dorfes, des Herrenhauses und seiner Insassen hat Fouque am 13. September 1827 unter dem Titel: „Überblick des Merkwürdigsten in der Geschichte des Rittersitzes und Dorfes Nennhausen** verfaßt und in den damals erneuerten Knopf des Kirchturms eingelegt. Diese Schrift ist vor kurzem wieder zum Vorschein gekommen und wird im Pfarrarchive verwahrt. Am 21. Juli 1831 starb Caroline Fouque. Damit ging Nennhausen auf ihren zweiten Sohn erster Ehe, Theodor von Rochow über, der den Beinamen von Briest erhielt. Er war später Generalleutnant und als preußischer Bundestagsgesandter in Frankfurt a. Main Bismarcks Vorgänger. Fouque behielt zunächst in Nennhausen einen Witwersitz, verlor ihn aber, als er im Jahre 1833 damit umging, mit der Gesellschafterin seiner Tochter Marie, dem Fräulein Albertine Tode, der Tochter eines schwedischen Militärarztes zu Berlin, eine dritte Ehe zu schließen. Er siedelte infolgedessen nach Halle über und heiratete dort am 25. April 1833. Aus dieser Ehe sind zwei

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Söhne hervorgegangen. Fouque hielt in Halle vor einem Kreise von Herren und Damen Vorlesungen. Übrigens aber gestalteten sich seine äußeren Verhältnisse dort nicht glücklich. Da berief ihn Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin und linderte seine materiellen Sorgen. Hier ist er am 21. Januar 1843 gestorben.

Als Fouque starb, war er fast vergessen. Seit er 1819 nach Kotzebues Ermordung seinen wohlgemeinten „Freundesruf an Deutschlands Jugend" hatte erklingen lassen, erschien er eben dieser Jugend, später auch den älteren als ein schwarzer Reaktionär, der sich eigensinnig der aufsteigenden Morgenröte des Liberalismus verschließe. In Wahrheit war er der geblieben, der er war, der treue Verfechter des Königtums und der romantischen Ideale des Zeitalters der Freiheitskriege: die Zeit war anders geworden, der alternde Recke wagte es vergebens, ihr zu trotzen. Mit Unrecht und zu seiner eignen Pein hat er sich gerade durch die Opposition, die er erfuhr, zu einer immer extremeren Betätigung seiner ritterlichen und religiösen Ideale drängen lassen, so daß ihn Eichendorff, einst sein glühender Verehrer, den „Don Quichote der Romantik" genannt hat. Ob Fouque diesen Spott verdiente, ist mir sehr zweifelhaft, er ist wohl eher zu beklagen, denn ihm war es immer ernst um das, was er vortrug.

Nicht in diese unerquickliche Epoche, sondern in die beste Zeit seines Lebens versetzen uns die Briefe, die wir durch diese Blätter einleiten. Damals (1812 — 1818) stand Fouques Ruhm im Zenit. Betrachten wir nunmehr, worauf er sich gründete. Gleich seine erste noch anonym erschienene Veröffentlichung in Friedrich Schlegels Europa (1803, II, 2, S. 82 f.) zeigt ihn auf dem Gebiete tätig, auf dem er seinen schönsten Lorbeer pflücken sollte: in der Erneuerung der altdeutschen und der altnordischen Sagendichtung. Klopstock, der auf die Entwicklung Fouques überhaupt einen

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großen Einfluß ausgeübt hat, war ihm auf diesem Gebiete vorangegangen. Aber die Schüler Klopstocks hatten mit ihrem hohlen und wüsten „Bardengebrüll" alles verdorben. Da nahm Fouque das, was an der Klopstockschen Richtung gesund und gut war, mit neuem Geiste und besserem Verständnis für das Wesen der Poesie wieder auf. Die erste seiner von Schlegel herausgegebnen Dichtungen ist die dramatische Szene: „Der gehörnte Siegfried in der Schmiede." Es folgten eine Reihe von Schauspielen, kleineren Romanen und Romanzen, die er unter dem Pseudonym Pellegrin veröffentlichte. Aber der erste große Wurf Fouques war doch das 1808 bei Hitzig in Berlin erschienene Heldenspiel: Sigurd der Schlangentöter, die erste bedeutende Frucht seiner jahrelangen Beschäftigung mit dem Nibelungenliede und der nordischen Sage, wie sie ihm, der zu diesem Zwecke Isländisch, Dänisch und Schwedisch gelernt hatte, in der Nornagest- und Wolsungensage und im ersten Teile der Edda — den zweiten Teil, die Gespräche zwischen Sigurd und Brynhild, lernte, er erst viel später kennen — entgegentraten. Eine tiefempfundene, Zweck und Ziel der ganzen Dichtung kennzeichnende Zueignung an Fichte ist dem Sigurd vorangeschickt :

Aus deutschen Wälderu mahnend stieg der Klang

Uralten Heldenliedes, halb verweht,

Ja meist geahnt nur mit der Schatten Säuseln,

Der Wiese Duften zu den Enkeln auf,

Anschwellend in manch liebevoller Brust

Verwandte Regung, Sehnen nach den Taten,

Den Liedern auch der alt ehrbaren Zeit.

Ach, hättet ihr die edlen Väter drum

Und nur die Väter ganz allein befragt,

Uns würde längst, statt frühen Morgenrots,

Des Tag^s warmer Sonnenschein umleuchten,

Rings um uns ragen ein gewaltiges Volk.


Weit leuchtend flog des tapfem Siegfrieds Klinge

Von Land zu Laod, so daß die Mähr von ihm

In unterscbiednen Lichtern blickt und lockt,

Nachdem sie Rheins gewalt'ger Heldenstrom,

Nachdem sie neubesä'tes Ackerland,

Nachdem sie Fels rückstrahlt* und Nordlands Berge.


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Ein ernst gediegnes Wort, an Warnung reich,

Ward sie im frommen Nibelungen Lied;

Ein kecker Scherz, doch innig liebevoll

Im hörnern Seifried, wie das Volk ihn kennt;

Ein Nordlicht, rätselhaft, hoch, deutsam, fern

Strahlt sie durch Nächte des Norwegschen Himmels.

So fand sie der, der dies Gedicht begann.

Und von dem mächtgen Zauberstrahl durchblitzt

Sang er der Sage Runen worte nach.


Du aber, desseu Name diesen Spruch

Ziert und beschirmt vor schwach* und falschen Augen —

(Denn solche leuchtest du hinweg von dir

In ihres Traums gewohnte, trübe Nacht)

Wem bot ich lieber das Gedicht, als dem,

Der in der tapfern Brust die goldne Zeit,

Die fernersehnte Deutschlands, wahrt und reift,

Und gern die Wurzel schaut des edlen Baums,

Des Frucht er mit gewaltiger Rede treibt. 1)

Du wußtest mein Beginnen, gönntest mir

Die Lust und Ehre dirs zu weih'n. Hab Dank.


Die Dichtung, die vorläufig mit Sigurds Ermordung und Brynhildens Feuertod abschloß, erntete reichen Beifall. Jean Paul fand, Fouque „kleide die Elefantengerippe der Götterlehre aus Norden in lebendiges Fleisch, und die Kolossen schreiten und blicken", Friedrich Schlegel erblickte „in diesem vom Geiste Odins beseelten und durchdrungenen Werke die nordische Dichtkunst in ihrer ganzen Herrlichkeit und Schöne", ähnlich urteilte Chamisso; bei den Frauen und bei der Jugend aber erregte Sigurds reine Heldengestalt geradezu einen Sturm der Begeisterung, dem Theodor Körner in schwungvollen Versen, die geistvolle Rahel in Briefen Ausdruck verlieh: „Lange, lange nicht hat mir etwas so gefallen! So schön kam es mir vor, so fest, so eigen, so echt, so still ersonnen, frisch mit Gesundheit ausgeführt; so wenig Überflüssiges gesagt darin: zusammenhängend und neu, von einem neuen Men-


1) Anspielung auf Fichtes im Winter 1807/ 1808 in Berlin gehaltne Reden ,,An die deutsche Nation".


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sehen glücklich gefertigt. Seine Runen kamen mir bis in den innersten Sinn ..."

Bis zum Mai 1809 waren auch der zweite und der dritte Teil der Trilogie, deren ersten „Sigurd" bildet, vollendet. Der zweite Teil heißt „Sigurds Rache** (Vorspiel und 6 Abentheuern), der dritte „Aslauga" (Vorspiel und 3 Abentheuern). Die ganze Trilogie ist unter dem Titel „Der Held des Nordens" in 3 Bänden 1810 bei Hitzig in Berlin erschienen.

Später bezeichnete Fouqu6 selbst ihren Inhalt als „Sigurds Leben, Tod, Rache und Geschlecht".

Sie ist nicht in allen ihren Teilen gleichwertig, aber die gewaltige Handlung ist doch mit einer großartigen dichterischen Gestaltungskraft durchgeführt. Und so wenig die Fouquesche Sigurdstrilogie auch heute noch gelesen wird, so sehr müßte sie doch eigentlich als die bedeutendste Vorarbeit, die Richard Wagner gehabt und benutzt hat, unser Interesse erregen. Nicht nur im alliterierenden Versbau, sondern auch im ganzen Rhythmus der Sprache und in der Eigenart malerischer Beiwörter erscheint der große Tondichter der Nibelungentrilogie als Fouques Schüler. Wagner ist wohl durch seinen Oheim Adolf Wagner, der mit Fouqu6 eng befreundet war, früh auf diese Dichtungen aufmerksam geworden. Aber auch ganz abgesehen von diesen Beziehungen — an und für sich verdient die Fouquesche Sigurdstrilogie wieder bekannt zu werden: der bevorstehende hundertste Jahrestag ihrer Geburt wäre wohl dazu angetan, daß jemand den Versuch machte, eine verkürzte Bearbeitung davon oder einzelne Szenen daraus wieder auf die Bühne zu bringen. Das herrliche Vorspiel, das in den unlösbaren Gegensatz zwischen Heldenwagemut und Mutterangst ausklingt, dürfte nicht übergangen werden:

Sigurd.

Den Burgwall hinab

Wandelt, erwacht in den Wald

Singend der Siegmunds Sohn.

Schiffe schwanken bereits am Strand,

Lustig rauschen Wellen und Luft,

Weit fort winket die Welt.


Hiordisa.

Zur Kammer zurück,

Schleierumhüllt, schluchzend schleicht

Matt die Mutter, im Grämen stumm.

Sieh, den säugt ich, zog auf ihn, —

Fort nun fleucht er. Die Segel

Rolln mir den Vorhang zu.


Sehr schön und zart ist die zweite Abentheure „Sigurds des Schlangentöters, worin der Held Brynhilden gewinnt, um bald


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wieder von ihr Abschied zu nehmen. Niemand hat die herbe, keusche Schönheit dieser Dichtung treffender gezeichnet als Jean Paul 1): „Obgleich nichts schwerer zu malen ist, wenn man nicht Homer und Shakespeare ist, als Tapferkeit — denn ein paar Tausend Erlegte oder Keckwörter reichen kaum die Schatten und Farbenkörner zum Gemälde — , so hat doch der Verfasser im Sigurd einen der größten, edelsten, liebenswürdigsten Helden aufgestellt; schon im Vorspiel, gleichsam in der Vorhalle, erscheint er unter einem Siegesbogen. Seine Treue, Milde, Liebe, sein gerechter Sinn mit seiner freien Tapferkeit, seine Lebenslustigkeit und Frische bei der Aussicht des abgekürzten Lebens (gleich dem Achilles) schlingen einen Bund, der ihn auch zum Helden jedes Leseherzens erhebt. Der erste Abschied von der noch kaum geliebten und gekannten Brynhildis schlägt durch seine und ihre Ahnung und Weissagung und durch die einfachen einsylbigen Herzenslaute gleichsam nur vernommene Schläge des Herzens an jeden an, der eines hat."

Der zweite Teil der Trilogie gefällt mir weniger. Aber der dritte, Aslauga, erklingt wieder in menschlich rührenden Tönen. Anknüpfend an den Wechselgesang „Regner und Kraka" in Denis Übersetzungen aus Saxo Grammatikus spinnt der Dichter von Sigurd und Brynhildis mehr als einen Faden zur Gegenwart. Ein Schwager der Brynhild, Heimer, einst König des Heymdaler Volks, rettet Aslauga, die kleine Tochter Sigurds und der Brynhild vor den Nachstellungen der Verwandten. Als fahrender Spielmann schweift er umher, das Kind in seiner Zither bergend. So kommt er bei sinkender Nacht an ein einsames, verfallnes Gehöft auf Spagnarheide am Vorgebirge Lindisnes. Drin haust ein unwirtliches Paar: Ake und seine Frau Grima. Der Mann ist nicht zu Haus, aber die Frau nimmt den Alten auf und bettet ihn mit seiner Zither in die Scheuer. Sie ahnt in der schweren Zither einen großen Schatz und vermag den heimgekehrten Mann — eine bäuerliche Macbeth — den schlafenden Gast zu ermorden. Das blondlockige Kind ziehen sie sich als Magd groß. Nun hütet Aslauga die Schafe und Ziegen auf Spagnarheide. Da landet eines Tags der Dänenkönig Ragnar an der einsamen Küste. Vor ihm enthüllt Aslauga ihr langes Goldhaar, er wirbt um sie, und sie

1) Heidelberger Jahrbücher, II. Jahrgang, lo. Heft, S. 52.

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kehrt mit ihm als Königin heim. Aber Ragnars Gefolge hält es für einen Schimpf, daß ihm die ahnenlose Hirtin zur Herrin gesetzt ist.

Als Ragnar nach Jahren einmal am Hof des Schwedenkönigs weilt, dringt sein Gefolge in ihn, Krake — so war der Bauernname Aslaugas — zu verstoßen und die schöne schwedische Ingeborg zu freien. Er gibt schließlich nach und verpfändet sein Wort, aber schon bei der Heimkehr packt ihn die Reue; und doch glaubt er die Gattin, die Mutter seiner Kinder um ihrer niederen Herkunft willen verstoßen zu müssen. Da enthüllt ihm Aslauga ihre hohe Abkunft, und freudig bewegt will er lieber den Krieg mit den Schweden bestehen, als die teure Gattin von sich lassen. So wird Aslauga die Stammmutter eines blühenden nordischen Königsgeschlechts. Aber nicht nur auf dieses deutet der Schlußchor hin; es klingt uns auch wie eine prophetische Ankündigung Richard Wagners und des Triumphzugs seiner Nibelungentrilogie, wenn die Skalden sagen:

Wer zu singen weiß, der sieht auch weit,

Wohl ferne Zeit erschließt sich ihm gern,

Da hör' ich Lieder von Sigurds Minn' und Sieg,

Lieder von Aslaugas Liebreiz;

Leicht in vielen Sprachen spielend,

Deutlich und wahr im ehrbar'n deutschen Wort.

Ergreifend wirkt auch die das Ganze der Trilogie abschließende, im Mai 1809 unter dem Eindrucke der Erhebung Österreichs gedichtete Widmung an Fichte:

„Des Frühlings Lieblichkeit, dem Grab entkeimt,

Neuherrlich Leben aus verfallner Asche,

Kurz, Hoffnungslicht singt dieses letzte Lied.

Ja, letztes Lied, vielleicht nicht nur allein

Aus dieser Reih', vielleicht des Sängers letztes,

Denn Waffen klirr'n ringsum, des Kampfs Getos

Brüllt neuerdonnemd über deutsche Flur,

Und solch bekannter Ton dringt mir ans Herz.

Die früh im ernsten Krieg geführte Wehr,

Sie regt sich, wie der Barden Saitenspiel,

Wenn Geisterhand drob hingerauscht, von selbst,

Als dringe bis zu ihr der Frühling ein,

Und rufe sie zu jungem Leben auf

Nach langem, langem Winterschlaf."


Fouques Hoffnung, daß der König von Preußen sich Österreich anschließen werde, ging nicht in Erfüllung; so ward ihm zu-


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nächst das andere Los zuteil, von dem er in der Widmung an Fichte spricht:

Ein ländlich Leben in vergeßner Stille

Kann meiner harr'n, beschämend jeden Traum

Siegreicher Herrlichkeit und tapfern Tods.

Undine.

Die nächsten Jahre steht Fouque auf der Höhe seiner dichterischen Leistungsfähigkeit. Er begründet i811 die „Jahreszeiten, eine Vierteljahrsschrift für romantische Dichtungen", in deren erstem Frühlingsheft alsbald die Erzählung Undine erschien, die einzige der zahlreichen Novellen Fouques, die sich bis heute ihre Wirkung und ihre Volkstümlichkeit bewahrt hat. Sie ist durch die Naivität des Tons das Muster für zahlreiche Märchen derselben Art geworden und hat durch ihren poetischen Gehalt Musiker und Maler angelockt, sich an dem phantastischen Stoffe zu versuchen. Fouque selbst nennt als Quelle für seine Erzählung das Buch des Paracelsus de nymphis, sylphis, Pygmaeis etc. 1), das wiederum auf dem noch heute verbreiteten Volksglauben an Wassergeister beruht, die zeitweise in menschlicher Gestalt unter Menschen weilen. Fouques Undine erlebte bis 1881 vierundzwanzig Auflagen, sie wurde schon 1815 von seinem Leipziger Freunde Adolph Wagner 2), dem Onkel des Tondichters Richard Wagner, ins Italienische, später von anderen auch ins Englische und Französische übersetzt. 3) Als Zeugen der Wirkung, die Undine auf die Mitlebenden ausübte, möchte ich in erster Linie den eben genannten feinsinnigen Leipziger Poeten und Übersetzer Adolf Wagner anführen. Er schreibt am 23. November 1811 an Fouque: ,, Undine, wofür ich als Dankerstattung Ihnen nur das stille Entzücken mehrerer Männer und liebenswürdigen Frauen möchte schildern können, halte ich in Ton, Farbengebung und Zeichnung für unübertrefflich. Die Jahreszeit, welcher es gewidmet ist, wehet darin, und ein lebendiger Odem geht hindurch, der Naturkraft verwandt, welche Bäche und Flüsse auftaut und Blumen hervorlockt und Nachtigallen zu Gesang entzündet." 4) Weniger schwärmerisch, aber doch sehr freundlich äußert sich Goethe, obwohl er die Dichtungen der Romantiker größtenteils ablehnte, am 3. Oktober 1828 (2, 14) zu Eckermann: „Wollen Sie von Fouque eine gute Meinung bekommen, so lesen

1) Paracelsi Opera, Basel 1540, Tom. IX, p. 45 etc.

2) Goedekes Grundriß VI, 455 — 457, besonders 456, 18.

3) a. a. O., S. 119, 23.

4) Briefe an Fouque, S. 540.


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— 19 — Sie seine „Undine", die wirklich allerliebst ist."

Aber keinen der Zeitgenossen hat der Undinenstoff so gepackt wie den bekannten phantastischen Dichter und Komponisten E. T. A. HoflFmann, der überhaupt zu Fouques ausgesprochenen Bewunderern gehört. Schon „Sigurd der Schlangentöter" hatte Hoffmann so begeistert, daß er seitdem Fouque „in Ansehung des kindlichen Gemüths und des wahren poetischen Sinnes" dem gefeierten Apostel der blauen Blume, Novalis, an die Seite stellte und ihn pries als den, „der mit seltener Kraft die nordischen Riesenharfe ertönen ließ, der mit wahrhafter Weihe und Begeisterung den hohen Helden Sigurd in das Leben rief, daß sein Glanz all die matten Dämmerlichter der Zeit überstrahlte und von seinem mächtigen Tritt all die Harnische, die man sonst für die Helden selbst gehalten, hohl und körperlos umfielen ... er herrscht als unumschränkter Herr im Reich des Wunderbaren, dessen seltsame Gestalten und Erscheinungen willig seinem mächtigen Zauberrufe folgen . . ." 1)

Als Hoffmann im Juli 1812 auf der Altenburg bei Bamberg weilte, kam ihm der Gedanke, daß Fouques „Undine" einen vortrefflichen Stoff zu einer Oper gebe. Er schreibt an den mit ihm und Fouque gleichbefreundeten Berliner Hitzig: „In Gedanken komponiere ich jetzt nichts als die Undine . . . Sie kennen mich, wie sehr mich eine Idee ergreifen und begeistern kann."

Hitzig hat dem Dichter der Undine davon erzählt, und dieser erklärte sich bereit, selbst den Operntext zu dichten. Auf die Kunde davon schreibt Hoffmann an Hitzig: „Ihre Nachrichten von Fouque und Undine haben mir eine wahrhaft kindische Freude verursacht. Zu allen meinen Freunden bin ich gelaufen mit Ihrem Briefe in der Tasche, und in dem edelsten Rheinwein hat Freund Kunz 2) mir die Vereinigung mit Fouque zu einem Kunstprodukt zugetrunken." Am 14. November 1812 erhielt Hoffmann von Fouque den fertigen Opemtext und schrieb jubelnd in sein Tagebuch: „Die Undine erhalten; höchst vortreffliches Meisterwerk; sie den Freunden vorgelesen; höchst glückliche Stimmung!"

Aber die im Frühling 1813 bewirkte Übersiedlung Hoffmanns von Bamberg nach Dresden war der Fortführung seines Werkes nicht günstig: er sah sich hier mitten in das gewaltige Kriegs-

1) Hoffmann, Phantasiestücke in Callots Manier I (Hempel V), S. 153 f.

2) Hoffmanns Bamberger Verleger C. F. Kunz.

3) Briefe an Fouqu6, S. 123 f. Hempel XV, 566.


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theater gestellt: er hat die Kämpfe der Franzosen und der Verbündeten um die Elbübergänge am 8. und 9. Mai, die Dresdner Schlacht (25 — 27. August) und dann die Leiden der von den Ver- bündeten belagerten und von den Franzosen verteidigten Stadt bis zu ihrer Kapitulation am 17. November mit allen ihren furchtbaren Greuelszenen persönlich durchgekostet 1)

„Die Vision auf dem Schlachtfelde bei. Dresden 2) und das unter dem Donner der Kanonen verfaßte Gespräch „Der Dichter und der Komponist", das eine fast modern anmutende Theorie der Oper enthält, spiegeln die damaligen Erlebnisse Hoffmanns in drastischer Deutlichkeit wider. Trotzdem hat sein unermüdlicher Geist auch in diesen unruhigen Zeitläuften nicht gerastet: schon am 21. Dezember 1813 kann er an Hitzig schreiben: „Undine ist vollendet, und ich warte nur den günstigen Augenblick ab, sie würdig auf die Bühne zu bringen. Ich thue mir auf diese Oper etwas zu Gute und glaube, vorzüglich in der Undine selbst und dem prächtigen Kühleborn den Sinn des herrlichen Dichters getroffen zu haben." 3)

Der weitere Verlauf der Undinen-Angelegenheit bis zu der am 3. August 1816 erfolgten ersten Aufführung dieser romantischen Oper in Berlin ist aus den unten abgedruckten Briefen Fouques an Miltitz zu ersehen.4) Im Sommer 1817 ging die Partitur mit der ganzen Dekoration beim Brande des Berliner Nationaltheater zugrunde, aber ein anderes Exemplar der Oper kam 1895 in Wien zutage und ist 1906 von Hans Pfitzner bei C. F. Peters in Leipzig herausgegeben worden.

Der Lortzingschen Oper „Undine** vom Jahre 1845 sei hier nur im Vorbeigehen gedacht. Von den Vertretern der bildenden Kunst hat sich besonders Schinkel für die Oper „Undine" interessiert, er hat die Dekorationen entworfen 5) — ferner Moritz Retzsch (s. unten S. 47), von dem sich ein S. 21 reproduzierter Stich „Der Dichter und die Undinen** — der Dichter mit Fouques Kopf dargestellt — in der Dresdner Kupferstichsammlung findet; aber auch in Moritz von Schwinds Bildern zum Märchen „Von der schönen Melusine** wirken die Undinenmotive weiter.

1) Hoffmanns Werke (Hempel) XV, 573 f.

2) a. a. O , 373 f.

3) a. a. O., 576.

4) Vgl. unten S. 105 f., ferner aus den Briefen an Fouque, S. 125 f. und meinen Aufsatz „Friedrich de la Motte Fouqu6s Oper Undine** in der Leipziger Zeitung 1906, Nr. 298 (24. Dezember), S. 4445.

5) Lebensgeschichte, S, 345.


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Die Vierteljahrsschrift ,, Die Jahreszeiten", in deren Frühlingsheft 1811 die Erzählung „Undine** zuerst erschienen war, gedieh nicht über das Winterheft (1814) hinaus, das Fouques Erzählung „Sintram und seine Gefährten** enthält (s, unten S. 26 f.). Das Hauptwerk des Jahres 1812 ist Fouques „Zauberring", ein dreibändiger Roman (Nürnberg, bei Schrag 1813), den viele seiner Zeitgenossen als seine bedeutendste Dichtung ansahen. Fouque selbst hat sich


Der Dichter und die Undine. Kupferstich von M. Retzsch in der K. Kupferstichsammlung zu Dresden.

über die Entstehung dieses Werks in der „Lebensgeschichte**, S. 300 f. ausgesprochen. Mein Urteil über diese Dichtung ist unten S. 27 zu lesen. Im Jahre 1812 begann Fouque auch mit Wilhelm Neumann „Die Musen** herauszugeben. Gleich der erste Jahrgang bringt außer zahlreichen Dichtungen des Herausgebers wertvolle Beiträge von Philipp Buttmann, Varnhagen von Ense, Rühs, Adolf Wagner, Franz Hörn und Fichte („Über die Bestimmung des Gelehrten") u. a. Die Jahrgänge 1813 und 1814 wurden begreiflicherweise durch die Kriegsereignisse beeinträchtigt, da beide Herausgeber im Felde standen.


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Fouques Schicksal während dieser großen Zeit klingen auch in den Briefen an, aber um sie im Zusammenhange zu verstehen, müssen wir seine 1840 in Halle abgefaßte und herausgegebene „Lebensgeschichte" zu Hilfe nehmen. Als im Februar 1813 der Aufruf Friedrich Wilhelms III. zur Bildung freiwilliger Jägerbataillone ertönte, war Fouque, damals 36 Jahre alt, der erste, der sich beim Landrat seines Kreises meldete. Er erhielt den Auftrag, die etwa 70 aus dem Havellande zusammengeströmten freiwilligen Jäger dem Könige nach Breslau zuzuführen. In Potsdam am Sarge Friedrichs des Großen segnete der Hofprediger Eylert die kleine Schar ein und auf dem Marsche erklang zuerst das volkstümlichste aller Fouqueschen Lieder:

„Frisch auf zum fröhlichen Jagen". [Einschub]

In Meißen traf der unterdes zum Leutnant der reitenden Jäger ernannte Dichter mit Goethe zusammen, der seine Waffen mit dem Spruche gesegnet haben soll 1):

Zieht hin mit Gott, und alles Gute

Werd' Eurem frischen deutschen Mute.


An der Schlacht bei Groß-Görschen nahm er rühmlichen Anteil: ein Pferd wurde ihm unterm Leib erstochen, und noch in der Nacht machte er einen Adjutantenritt. Dabei stürzte er mit seinem sich überschlagenden Rappen in eiskaltes Wasser und legte dadurch den Grund zu den Brustkrämpfen, die ihn seitdem nie mehr ganz verließen. Wehmütig, aber doch in fester Zuversicht auf einen endlichen Sieg machte er den Rückzug an die Elbe mit und überschritt diese mit seinen Jägern bei Meißen. Bei Bautzen (22. Mai) führte er seine 60 Reiter in das Feuer ,,und es sähe in frischem Vorwärtstraben darnach aus, als wolle der Sieg uns krönen. Aber der Befehl kam zum Halt. Unlängst darauf auch der zum Abmarsch. Die Brandenburger Kürassiere und ihre Jäger halfen den Rückzug decken mit einer festen Mannhaftigkeit, welche kein uns nachgesandter Haubitzgranatenhagel zu stören vermogte."

Im Hauptquartiere hinter Schweidnitz erfährt Fouque die Kunde von dem zu Poischwitz (4. Juni) abgeschlossenen Waffenstillstände,

1) So wenigstens erzählt Friedrich Förster in der Pandora (Brief Nr. 30), Doch ist das von ihm genannte Datum: 17. April 1813 sicher falsch, da Goethe erst am 19. und 20. April in Meißen war, vgl. Loose, Mitteil, des Vereins für Geschichte Meißens und meine „Kursächs. Streifzüge", III, 55 u. 390.


[Einschub: Das bekannte und beliebte deutsche Jagdlied geht in Text und Melodie zurück auf das französische Jagdlied Pour aller a la chasse faut être matinaux (Wenn man gehen will auf Jagd, so muss man früh aufstehn). Der jagdbegeisterte Graf Sporck, welcher als Gründer des Hubertus-Ordens bekannt ist, reiste häufig zu seinem Jagdvergnügen nach Frankreich und lernte das dort weit verbreitete Lied kennen. An dessen Hofe zu Lissa (Böhmen) griff der deutsche Barockdichter Gottfried Benjamin Hancke (1695 bis 1750) das Stück auf und dichtete 1723 auf die bereits in Kärnten bekannte und heute geläufige Melodie den Text für das ursprünglich 11 Strophen umfassende Lied. https://www.deutschland-lese.de/streifzuege/lieder/volkslieder/auf-auf-zum-froehlichen-jagen/]

  • [„Frisch auf zum fröhlichen Jagen“ ist ein heute noch bekanntes Jagdlied, dessen Originaltext „Auf auf auf auf zum Jagen“ Text Gottfried Benjamin Hancke 1723 auf eine französische Melodie dichtete. Das Originallied hieß „Pour aller à la chasse, il faut être matinal“. Die „schmissige“ Melodie ist vielfach mit neuen Texten versehen worden, so z. B. in den Befreiungskriegen um 1813 von Friedrich de la Motte Fouqué, der die erste Zeile in „Frisch auf zum fröhlichen Jagen“ änderte. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde vor allem diese militärische Fassung vielfach gedruckt. Besonders populär wurden die Neutextungen durch Max von Schenkendorf „Erhebt euch von der Erde“ (1813) und „Wenn alle untreu werden“ (1814) aus den Befreiungskriegen. https://www.volksliederarchiv.de/lexikon/frisch-auf-zum-froehlichen-jagen/]


Frisch auf, zum fröhlichen Jagen

es ist nun an der Zeit

Es fangt schon an zu tagen

der Kampf ist nicht mehr weit

Auf! laßt die Faulen liegen

Laßt sie in ihrer Ruh!

Wir rücken mit Vergnügen

dem lieben König zu


Der König ´hat gesprochen:

Wo sind meine Jäger nun?

Da sind wir aufgebrochen

ein wackres Werk zu tun

Wir woll´n ein Heil erbauen

für all das deutsche Land

im frohen Gottvertrauen

mit rüstig starker Hand


Schlaft ruhig nun, ihr Lieben!

Am väterlichen Herd

derweil mit Feindeshieben

wir ringen , keck bewehrt

O Wonne, die zu schützen

die uns das Liebste sind

Hei, laßt Kanonen blitzen

ein frommer Mut gewinnt


Die meisten zieh´n einst wieder

zurück in Siegerreih´n

Dann tönen Jubellieder

das wird ´ne Freude sein

Wie glühn davon die Herzen

so froh und stark und weich

Wer fällt, der kann´s verschmerzen

der hat das Himmelreich


Ins Feld, ins Feld gezogen

zu Roß und auch zu Fuß

Gott ist uns wohlgewogen

Schickt manchen hohen Gruß

Ihr Jäger all zusammen

dringt lustig in den Feind

Die Freudenfeuer flammen

die Lebenssonne scheint


Text: Friedrich de La Motte-Fouqué (1813, „Kriegslied für die freiwilligen Jäger“)

Musik: a) auf die Melodie von: Auf auf zum fröhlichen Jagen –b) F. W. Grund


Geschichte dieses Liedes: Frisch auf zum fröhlichen Jagen

Liederthema: Soldatenlieder

Liederzeit: 1808 -1815 - Befreiungskriege (1813)

Anmerkungen zu "Frisch auf zum fröhlichen Jagen (Kriegslied)"

Der Text zuerst in: „Gedichte aus dem Manns-Alter“, Band 2.

Textvarianten 4.1 „Die mehrsten ziehn einst wiederzurück in Sieger Reih´n“

Gedicht von Friedrich de la Motte Fouqué, 1813 nach der alten Volksweise vom Jahre 1724 „Auf auf zum fröhlichen Jagen“ (vergl. letzteres Lied im Liederhort III S 310) Ein Lied gleichen Anfangs von Fr. Förster 1818 zur Gedächtnisfeier des Aufrufs der Freiwilligen beginnt:

Frisch auf zum fröhlichen Jagen

so rief der Hörner Klang

So rief in frohen Tagen

der muntre Jagdgesang

Verklungen sind die Lieder

die blanken Waffen ruhn

Wir aber fragen wieder

Wo sind die Jäger nun

"Frisch auf zum fröhlichen Jagen (Kriegslied)" in diesen Liederbüchern

in: Volkstümliche Lieder der Deutschen (1895) — Weltkriegs-Liedersammlung (1926)


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er ist zunächst darüber erschrocken, aber kein Geringerer beruhigt ihn als Gneisenau, der ihn bei dieser Gelegenheit dem greisen Blücher vorstellt als den „Kriegssänger unseres Heeres".

Während der Waffenruhe beginnt er daheim die Dichtung „Corona", deren Gesänge stets mit irgend einem Gebilde der ernst bedeutungsvollen Gegenwart begannen und schlossen, so daß die phantastischen Erscheinungen gleichsam davon umwoben und umhegt wurden, wie von eben so vielen Rahmen.

Im August ging's wieder ins Feld: seine Genossen waren insbesondere der Maler Philipp Veit, ein Stiefsohn Friedrich Schlegels, und der Dichter Max von Schenkendorf. In der unglücklichen Schlacht bei Dresden entging er mit Mühe dem Tode, aber dann war es ihm vergönnt unter Kleist von Nollendorf in den Rücken des Vandammeschen Korps einzubrechen und den Sieg von Kulm mitzuerfechten.

Aber der anstrengende Dienst als Jägeroffizier erschöpfte seine Kraft, so daß ihn seine Freunde und Vorgesetzten nach vielen schlimmen Anfällen des Brustkrampfs zwangen, im Städtchen Postelberg Erholung zu suchen, während die böhmische Armee langsam gegen Leipzig vorrückte. Die Ahnung, daß es dort zu einer großen Entscheidung komme, ließ ihn nicht länger rasten. Noch matt und bleich warf er sich auf sein Roß, ritt über das Erzgebirge und rastete am 17. Oktober in Altenburg.

Am 18. Oktober früh ritt er von dort weg den blutigen Gefilden Leipzigs entgegen. »Ganze Züge von Verwundeten begegneten mir und gaben schon durch ihr Dasein, mitunter auch durch wenige rasch gewechselte Worte, soweit mir die Eil es verstattete, kund, ich komme noch zu rechter Zeit, um Anteil zu haben an den ernsten Wundern dieses Kampfes. Gegen Abend gelangte ich in den Kreis der von allen Seiten losgebrochnen und hoch immerdar unermüdet brüllenden Donner. Wohl mochte man sich versucht fühlen zu meinen, die Erde bebe unter diesen Wettern. In meiner mannigfachen Schlachtenerfahrung hatte ich dergleichen noch nie vernommen. Erfreut, in dem vielverschlungenen Todesreigen endlich Preußen aufzufinden, hielt ich mich einstweilen zu einer Schwadron brauner Husaren, wo man mich freundlich aufnahm. Schon begann die Abenddämmerung aufzusteigen, als ein Offizier von der Feindesseite her auf edlem Roß langsam gegen uns vorgeritten kam, in welchem wir alsbald einen Sachsen erkannten. Was konnte er wollen so allein.? Etwa Zweikampf mit einem von uns vor der Schwadron haltenden Offizieren? .... Er


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aber winkte mit dem weißen Tuch und rief uns entgegen, er führe uns einige Bataillone zu, übertretend zur Deutschen Sache. Morgen würden noch andere Scharen folgen."

„In der leuchtenden Frühe" des 19. Oktober gelangte Fouque herzlich begrüßt zu seinen Waffenbrüdern. Sie hielten unweit von Probstheida im Sattel und glaubten, die Schlacht erneuere sich. Der König kommt heran. Der Regimentskommandeur reitet vor mit der schuldigen Meldung. „Da sagte der König und sein Antlitz leuchtete im Glanz der Morgensonne, schöner noch im Glanz der edelsten Siegesfreude: ,Ich gratuliere zur gewonnenen Bataille' . . . Meine Freudentränen glühten und stürzten mir über die Wangen hinab, ohne daß ich sie hemmen konnte, wie ich so dahielt, Gewehr auf, in kriegerischer Haltung, regungslos. Es war ein Jubelzentrum meines Lebens."

Es kam die Zeit der Verfolgung der Franzosen. „Ernster und ernster doch immer ward mit jeglichem Tage die Siegesfahrt: unter unsern Schritten die wahrhaft zahllosen Leichname der erschöpft in den Tod gesunkenen Feinde, zwischen ihren gefallnen Rossen und zertrümmerten Geschützen, neben uns herwankend die Gespenster annoch lebender Flüchtlinge, waffenlos, wahnsinnig im herben Gefühl des absoluten Besiegtseins und des schmählich zerbrochenen Übermuts, verfolgt von Fluch und Bedrängung, mitunter gar von Mißhandlung der vor kurzem nur erst durch sie selbst mißhandelten wehrlosen Inwohner der deutschen Gaue."

Fouque hielt sich im Sattel, bis der Feind über den Rhein war, da aber war seine letzte Kraft erschöpft. Der Regimentsarzt erklärte amtlich: „Noch ein Bivouac, und Sie sind rettungslos verloren." Er wurde auf Urlaub zunächst nach Weimar geschickt. Unterwegs erhielt er seine Ernennung zum Rittmeister. Fouque selbst verspottete damals seine körperliche Schwäche mit dem Soldatenliede :

«Unser Rittmeister ist ein braver Mann,

Nur schade, daß er nicht mehr reiten kann."


In Weimar fand er Goethes Teilnahme und Anerkennung. 1) Dann kehrte er heim. Sein König sandte ihm aus dem Felde

1) Schon bei der Verfolgung der Franzosen durch Thüringen, war er nach Weimar hineingesprengt, um seinem „Dichterheros" seine Verehrung zu bezeigen. Über seinen Empfang berichtet er (Goethe und einer seiner Bewunderer, S. 22)« „Nun folgten ehrende Worte, vollkommen dichterisch anerkennende für mich und auch für meine seither verewigte Gattin . . . und am Schluß der holden Rede fügte

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"für bewiesene hohe Liebe gegen König und Vaterland** das Johanniterkreuz und den Rang als Major der Kavallerie. Kurz vor der Lützener (Groß-Görschener) Schlacht hatte Fouque — echt


Altar uod Kanzel in der Kirche zu Nennhausen mit Fouques Degen und der Weiheinschrift.

romantisch — sich gelobt, sein schönes Schwert, falls er es mit Siegesehren zurückbringe, der heimatlichen Kirche zu weihen. Er


er hinzu: Während meines letztern Bade- Aufenthalts in Karlsbad waren Sie Beide mit Ihren Dichtungen mir gar liebe Gefährten."

Zum dritten Male kam Fouque jetzt bei der Heimkehr vom Heere zu Goethe. Dessen Tagebuch (5, 86) verzeichnet am 1. Dezember 18 13: „Geh. R. R. von Müller. Hr. v. La Motte Fouquee" und am 3. Dezember: „Bey Mad. Schopenhauer. La Motte Fouque". Über die bei beiden Gelegenheiten und bei Fouques Abschiedsbesuch gehaltnen Gespräche s. Fouque a. a. O., S. 24 — 33 und Goethes Gespräche 3, 108. 11O. 116.


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tat es — und noch jetzt hängt die von ihm so geliebte Waffe 1) an der Altarwand der Kirche zu Nennhausen als eine teure Reliquie aus großer Zeit. 2)


In Nennhausen vollendete er das Gedicht „Corona" 3) und die Troubadoursage „Sängerliebe". Auch ein älterer Plan gewann in dieser Zeit in ihm festere Gestalt und formte sich zu der herrlichen Erzählung: ,,Sintram und seine Gefährten", die als Winterheft der „Jahreszeiten" (s. o.) am 5. Dezember 1814 vollendet wurde. Fouque selbst erzählt darüber in der „Nachschrift": ,,Vor einigen Jahren lag unter meinen Geburtstagsgeschenken ein schöner Kupferstich von Albrecht Dürer : ein geharnischter Ritter, ältlichen Angesichtes, zieht auf seinem hohen Roß, begleitet von seinem Hunde, durch ein furchtbares Tal, wo Steinrisse und Baumwurzeln sich zu abscheulichen Gestalten verzerren und giftige Pilze am Boden wuchern. Böses Gewürme kriecht dazwischen. Neben ihm reitet auf einem dürren Rösselein der Tod, von rückwärts streckt eine Teufelsgestalt den Krallenarm nach ihm her; Roß und Hund sehen wunderlich aus, wie von der entsetzlichen Umgebung angesteckt; der Ritter aber reitet ruhig seines Weges und trägt auf seiner Lanzenspitze einen bereits durchspießten Molch. Fern sieht eine Burg mit ihren reichen, freundlichen Zinnen herüber, davon die Abgeschiedenheit des Tales noch tiefer in die Seele dringt." Diese von Fouque zitierte Beschreibung des bekannten Dürerschen Stiches „Ritter, Tod und Teufel" stammt aus Schöber, Dürers Leben (1769), S. 37, Geber des Bildes war sein Freund Eduard Hitzig, der den Wunsch beigefügt hatte, Fouque möge ihm die rätselhaften Gestalten durch eine Romanze deuten. ,,Es war mir

1) s. Brief 19, S. 113.

2) Gustav Weisker, Fouques Degen zu Nennhausen in den Rathenower Blättern für Heimatskunde „Hie guet Brandenburg allewege", Bd. III, Nr. 12 u. 13.

3) Die „Corona" schickte Fouque an Goethe mit einem Briefe, der aus Nennhausen vom 27, Oktober 1814 datiert ist. Am 3. November kam die Sendung bei Goethe an (Tagebuch 5, 137). Aber Goethe, der Fouqu6 noch beim Abschiedsbesuch im Dezember 1813 ermuntert hatte, ihm seine Dichtungen zu senden, antwortete nicht darauf. Fouque selbst fand dieses Schweigen erklärlich: ».Basirte ja doch sich der Mythos meines Gedichtes auf Christenthum und Ritterthum, zwei Grundanklänge, welche dem Meister . . . wie etwas Veraltetes, Verlebtes, ja vielleicht sogar — wenigstens vom Ritterthum gilt es gewiß — Barbarisches erschienen." Goethe schwieg, wie es scheint, auch auf alle folgenden Sendungen Fouques, er hat also dessen dichterische Produktion bis zur Corona in gewissem Sinne gutgeheißen, die spätere aber abgelehnt. Das Nähere bei Schüddekopf imd Walzel, Goethe und die Romantik, 5chriften der Goethe-Gesellschaft, 14. Band, S. 368 f.


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damals noch nicht beschieden und lange noch nicht; aber in mir trug ich fortdauernd das Bild herum, durch Frieden und Krieg, bis es sich mir jetzt ganz deutlich ausgesponnen und gestaltet hat, aber statt einer Romanze zu einem kleinen Roman." Diesen halte ich neben der Undine für das Beste, was Fouques erzählende


FR. BARON DE LA MOTTE FOUQUE

Königl. Preuß. Major und Ritter.

(Nach einer Zeichnung von Veit aus der Zeitschrift ,,Die Jahreszeiten".

Ein Cyclus rom. Dichtungen von Fouque. Berlin 1814).


Dichtkunst geschaffen hat. Der vielgenannte ,, Zauberring", der von den meisten Zeitgenossen Fouques und auch von vielen modernen Beurteilern in die erste Linie gerückt wird, ist trotz einzelner großer Schönheiten für unsern heutigen Geschmack kaum genießbar, weil die Vielheit der Schauplätze, die im Zickzack verlaufende Handlung, die Vielgestaltigkeit der einen Hauptperson, des Hug von Trautwangen u. a. leicht Verwirrung stiftet. Dagegen ist


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„Sintram", der die vom Dichter während des Kriegs selbsterlebten Todesschrecken widerspiegelt, durch die straffe Geschlossenheit der rasch und sicher fortschreitenden Handlung, durch die vollkommene Anschaulichkeit der Charaktere, durch die feine Motivierung, die das Unheimliche und Übernatürliche in die Sphäre des Begreiflichen, ja fast Natürlichen rückt, durch die tiefe ethische und religiöse Grundstimmung und endlich durch seine wundervolle, durchsichtige, knappe, echt epische Sprache in seiner Art ein Meisterstück. Und wie herrlich ist die Verknüpfung der Handlung mit dem Dürerschen Stiche, oder vielmehr ihre Geburt aus dem immer mehr vertieften und belebten Anschauen des Dürerschen Meisterwerks. Fouque zeigt hier ein Verständnis für die alte deutsche Malerei 1), das zu seiner Zeit keineswegs verbreitet war. Man vergleiche nur die bis dahin gegebnen Deutungen z. B. Schöbers, daß Dürer ,, damit die gemeine Beschaffenheit des Soldatenlebens anzeigen wollen 2) und Bartschens 3}, „daß der dargestellte Ritter Franz von Sikkingen sey" mit dem 27. Kapitel des „Sintram", und man wird die Innerlichkeit der Auffassung Fouques, die sich neben den modernsten Deutungen sehen lassen kann, bewundern.

Graf Friedrich Leo Stolberg schrieb am 3. März 1815 an Fouque 4): „Ihren Sintram hab ich verschlungen. So verschlangen ihn auch meine Frau, meine Töchter und meine Söhne. Danken Sie Gott für Ihre herrliche Gabe, das geflügelte Roß romantischer Poesie in so weiten, scheinbar exzentrischen Kreisen umherzutummeln, und doch immer den Gesichtspunkt des einen Notwendigen als Zentrum zu bewahren. Was Sie aus frommer Reinheit der Absicht tun, ist zugleich geeignet, Ihren schönen Dichtungen eine Einheit und Rundung zu geben, welche Seele der Poesie sind." Aber auch in unserer Zeit würde ein Neudruck des Sintram in den Wiesbadener Volksbüchern oder in der Reclam-

1) Vgl. sein Gedicht „An Cornelius in Rom" (Oktober 1811):

Gegrüßt mir aus der Ferne!

Wohl sieht mein Geist dich gerne

Auf Romas Hügeln hoch,

Die Vater Dürer nimmer

Geschaut, wie Südlands Schimmer

Ihn oft auch dahin zog.


Kühn trink aus römscher Quelle!

Dich läßt gesund die Welle,

Die du im Becher schwingst.

Du kehrst als fromm und bieder

Deutschmalend zu uns wieder,

So wie du von uns gingst.


2) a. a. O.

3) Bartsch, Peintre Graveur VII, Vienne 1808, S, 107.

4) Briefe an Fouque, S, 413.


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schen Bibliothek sehr angezeigt sein. Es ist auch heute noch ein ausgezeichneter Lesestoff für Junge und Alte. Das Problem der Versuchung des Menschen durch den Teufel ist hier in einer schlichteren, dem natürlichen sittlichen Empfinden des Menschen näher kommenden Weise gelöst als in der tiefsinnigeren Faustdichtung Goethes. —

Fouque während der "100 Tage"

Mitten in Fouques den Musen gewidmetes Stilleben dringt die Kunde, daß Napoleon Elba verlassen hat und in Frankreich der gelandet ist. Sein Herz drängt ihn zu neuem Kampf fürs Vaterland, aber die körperliche Schwäche hält ihn zurück. Endlich schlichtete den innern herben Kampf ein unwiderruflich fester Entschluß: „Kommt der Feind irgend mit Macht über den Rhein, so reite ich zum Heere, krank oder nicht, und reite und helfe mitringen, bis der Feind wiederum hinübergedrängt ist, oder die Unmacht mich vom Rosse wirft." Für diesen Fall bittet er Gneisenau, ihn unter seine Adjutanten aufzunehmen und dieser schreibt zurück: „Sollte eintreten, was Gott und deutsche Tapferkeit verhüten wolle, so werde ich gern Streu und Schüssel mit Ihnen teilen ,und Sie herzlich willkommen heißen. 1)

Um diese Zeit unternahm Fouque eine Reise nach Hamburg zu seinem Freunde Friedrich Perthes. Dort wurde ihm der ehrenvolle Antrag, er solle als „Hanseatenchef" 2) an die Spitze der militärischen Kontingente der drei Hansastädte Hamburg, Lübeck und Bremen treten. Aber seine Gesundheit war nicht fest genug dazu. Zu Windebuy bei Kiel besuchte er den ihm geistesverwandten Grafen Christian Stolberg; dann wandte er sich südwärts nach Bremen, wo er fast zugleich mit der Siegesbotschaft von Belle-Alliance eintraf und als Dichter und preußischer Offizier begeisterte Huldigungen erfuhr. 3) Noch in der ersten Hälfte des Juli kehrte er nach Nennhausen zurück. —

Fouque plant eine Reise nach Scharfenberg

Im folgenden Frühjahr, 1816, beschäftigt Fouque vor allem der Plan einer Reise nach Sachsen. Er will mit Weib und Kind auf Schloß Scharfenberg bei Meißen mit dem Bewohner dieses Schlosses, mit dem Freiherrn Carl Borromäus von Miltitz und dessen Familie, sowie mit einigen andern sächsischen Freunden: dem Dichter August Apel und dem Maler Moritz Retzsch ein längeres Zusammenleben genießen, teils um der Freundschaft willen, die ihn mit diesen Männern verbindet, teils auch um künstlerische An-

1) Vgl. Brief 34, S. 149.

2) Brief 35, S. 152.

3) a. a. O.


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sichten mit ihnen auszutauschen und durch das Leben auf einer wirklichen alten Burg ein Stück geträumter Romantik in Wirklichkeit umzusetzen. Dieser Scharfenberger Romantikerverein ist für die Geschichte dieser ganzen Geistesrichtung so wichtig und steht auch in unsern Briefen so im Mittelpunkt des Interesses, daß wir hier die Erzählung der Schicksale Fouqu^s unterbrechen und erst kurz den Werdegang seiner drei sächsischen Freunde Carl von Miltitz, August Apel und Moritz Retzsch darlegen. Auch eine kleine Topothesie des Schlosses Scharfenberg wird sich nötig machen.


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Fouques Tod

Wie wenig glücklich sich Fouques Lebensabend gestaltete, nachdem er Nennhausen verlassen und erst in Halle, zuletzt in Berlin seinen Wohnsitz aufgeschlagen hatte, ist schon oben S. 12 erzählt worden.

Hier mag nur noch eine bei ihm, der immer an Wunder und Ahnungen glaubte, doppelt interessante Notiz über die näheren Umstände seines Todes Platz finden, die wir seinem Freunde Hitzig verdanken. Dieser erzählt „Briefe an Fouque, S. 15 f. :

Fouques Tod erfolgte ganz unerwartet und war von einem höchst merkwürdigen Umstand begleitet Gesund hatte er am 21. Januar (1843) sein Haus verlassen und mehrere Besuche gemacht, als ihn, da er abends heimkehrte, auf der Treppe, noch ehe er sein Zimmer erreicht hatte, ein Schlagfluß traf, an dessen Folgen er am 23. früh verschied, ohne wieder zum Bewußtsein gekommen zu sein. Die letzten Worte, die er hienieder geschrieben, finden sich in seinem Tagebuch und sind unmittelbar vor seinem Ausgang eingezeichnet. Sie lauten wörtlich (die Originalhandschrift liegt uns vor) :

„Heil, ich fühl es, der Herr ist mir nah, doch nah auch der Tod mir,

Doch weit näher der Herr, Heil mir der seligen Näh!"


Das Grab des Dichters ist in Berlin auf dem Garnisonkirchhof an der Scharnhorststraße. —

Fouques Bedeutung


Fouque, einst der Liebling des deutschen Publikums, hat in den letzten Jahrzehnten seines Lebens weit mehr Anfeindung als Anerkennung gefunden. Das lag wohl teilweise an ihm selbst, vor allem aber an der veränderten Richtung der Zeit.

Aber auch heute wird er in der Literaturgeschichte gewohnheitsmäßig mit ein paar geringschätzigen Redensarten abgetan. Eine Ausnahme macht Max Koch, der in seiner Einleitung zu der Auswahl von Fouques Schriften im 146. Bd. I der Deutschen National-Literatur zuerst den Versuch gemacht hat, Fouques Bedeutung auf Grund einer ausgedehnten Lektüre seiner Dichtungen vorurteilsfrei zu würdigen. 1) Er verdient es trotz der Einseitigkeit seiner Begabung und trotz einzelner Schwächen seines Charakters als Mensch wie als Dichter. Dem Menschen Fouque gebührt unsere Anerkennung für die wahrhaft deutsche Gesinnung, die er, das Lied auf der Lippe und das

1) Vgl. auch Vogt und Koch, Geschichte der Deutschen Litteratur II 2. (Leipzig und Wien 1904), S. 356.


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Schwert in der Faust, mit Preisgabe von Leib und Leben im heiligen Kriege mannhaft vertrat, für seine in allen Lebensschicksalen bewährte Frömmigkeit, die, wenn auch hie und da etwas zur Schau getragen, doch ungeheuchelt und wurzelecht war, und durch die sein ganzes Leben durchziehende und verklärende Freundestreue.

Nicht viele Menschen würden imstande sein, nach so viel Abfall und Demütigung; die er zwischen 1820 und 1840 erduldete, eine über die anderen so mild urteilende, durch keinen Anfall galliger Polemik getrübte „Lebensgeschichte" zu schreiben, wie es Fouque 1840 getan hat. Und doch hat ihm gerade dieses Buch, das die jüngeren Zeitgenossen, weil es ältere Ideale vertrat, meist gar nicht verstanden, besonders viel Hohn und Spott eingetragen. In das vor mir benutzte Exemplar der K. öffentlichen Dresdner Bibliothek hat ein Leser sein Urteil mit folgenden Worten eingeschrieben:

Insania iuveriili; perversitate saeculi, verbositate seniü über laborat!

Fouques menschlicher Wert wird aber auch durch die Namen seiner Freunde erwiesen. Ein Mann, dem Chamisso eine lebenslängliche Freundschaft bewahrte, den Friedrich Perthes verehrte, den Wilibald Alexis noch 1842 als einen Patrioten würdigte, der neben Fichte, Schleiermacher, Arndt einen ehrenwerten Platz verdienet 1), dem Fichte selbst das brüderliche Du anbot, war gewiß kein eitler Narr. Den Dichter Fouque aber schmückt unverwelklicher Lorbeer, nicht nur wegen seiner „Undine", sondern auch

  • ) Was Wilibald Alexis 1841 in den Blättern für literariscbe Unterhaltung (Nr. 323 u. 324) in einer Rezension der 1841 in Halle erschienenen Ausgabe letzter Hand der Werke Fouques (XII Bände) von dem Dichter sagte, läßt uns ganz klar erkennen, worin eigentlich der Zwiespalt, in den Fouque mit seinen Zeitgenossen geriet, begründet war.

„Die Franzosenherrschaft war gebrochen, wir waren wieder frei, wenigstens deutsch. Ein Leben ruhiger Entwicklung lag vor uns, da brauchte es der alten Nordlandsrecken, der Lindwurmtödter nicht mehr, auch der Wunder nicht und der übernatürlichen Anstrengungen. Wir wollten natürliche Dinge und natürliche Menschen, mit denen sich gut Umgang pflegen läßt. Aber der Heldensänger war noch in der vorigen Exaltation, in dem heiligen Rausche, er sah nicht, was die Welt forderte, er zauberte in seinem germanischen Bildersaal fort und fort und führte gigantische Gestalten auf, die gar nicht mehr zu unserer Gesellschaft paßten. Auch das Christentum in der Art, wie er es fort und fort Wunder tun ließ, stimmte nicht zu der wiedererungenen Ordnung. Die schwärmerische Begeisterung unter den Protestanten, die nach einem Katholizismus hinsteuerte, welcher den Katholiken längst fremd geworden, machte allmählich der klaren Besonnenheit Platz. Wir wurden inne, das war recht gut für jene Zeit; zu rechter Zeit aber besannen wir uns, daß wir unsere Errungenschaft freier Forschung im religiösen Sinnentaumel drauf und dran gewesen aufzugeben."


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weil er als erster der deutschen Poeten die nordische Nibelungensage, dieses Riesenwerk schaffender Volkspoesie, mit kräftigen Armen umspannte, in eine trotz mancher Mängel auch große Schönheiten offenbarende Gestaltung zwang und dabei die Sprache und die Metren schuf, in denen dann Richard Wagner durch echt romantische Verbindung von Musik und Dichtung das gewaltige Problem sieghaft löste.

Wagner hat, wie uns Hans von Wolzogen erzählt 1), noch am letzten Abend seines Lebens in dem wasserumrauschten Palazzo Vendramin-Calergi zu Venedig den Manen des von ihm hochverehrten Dichters gehuldigt. Er las an diesem Abende den Seinen Fouques „Undine" vor.

„Lange noch sprechend hatte er sich in dieses phantastische Reich der Volkspoesie vertieft und war dann noch einmal, zum letztenmal, an das Klavier getreten, um die Schlußworte seines wehmütigen Rheintöchtergesanges anzustimmen:

„Traulich und treu ists nur in der Tiefe!" —

am andern Tage, den 13. Februar 1883, trat der Tod an den Meister heran. —

1) Hans von Wolzogen, Erinnerungen an Richard Wagner, Reclams Univ. Bibl. 2831, S. 5 f.


Das Herrenhaus in Ermlitz nach einer Originalphotographie (s. S. 45).

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