Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Christian Herwartz

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Soldat Gottes im Kiez (2008)[Bearbeiten]

DEUTSCHLANDFUNK Sendung:

Feature Dienstag, 01.04.2008

Redaktion: Karin Beindorff 19.15 - 20.00 Uhr

Soldat Gottes im Kiez

Über die Kommune der Arbeiterpriester in Kreuzberg

Von Peter Kessen

Deutschlandradio

Atmo: U-Boot Peilgeräusch

O-Ton:Herwartz und Pilger

Also, wenn ich nach meiner Funktion gefragt werde, steht bei mir Rentner, also, ich tu nix (leises Lachen). Ich denke, das ist auch was Wichtiges. Vorher war ich Arbeiter, das war auch schon nix für viele Menschen (Lachen). Und jetzt bin ich halt dann arbeitslos, das war auch nix für viele Menschen und das ist gut so!

Autor:

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Christian Herwartz, 65 Jahre alt, Arbeiterpriester, Mitbegründer der Jesuitenkommunität in Kreuzberg.

O-Ton: Herwartz Ich denke, das wichtigste, was ich hier tue, wo ich wohne, ist zu schlafen, loszulassen ... und nicht etwas selbst zu machen.

O-Ton: Reichwein

Er ist ein Prophet, schlicht und einfach.

Autor:

Andreas Reichwein, Mitbewohner, Jesuit.

O-Ton Reichwein:

Er sagt, das Christentum ist eine prophetische Religion, ähnlich wie auch das Judentum. Und er sagt, dass, wenn wir die Zeichen der Zeit heute richtig deuten, dann muss hier etwas Prophetisches exemplarisch gelebt werden.

Atmo/TrennMusikzäsur

Zitator (Autobiogr. Herwartz):

"In der Meditation sah ich einige Tage später einen Mann mit seiner Schnapsflasche, und ich wusste sofort: Jesus sitzt mir gegenüber".

Atmo

Ansage:

Soldat Gottes im Kiez

Über die Kommune der Arbeiterpriester in Kreuzberg

Ein Feature von Peter Kessen

O-Ton: Jesuitengespräch

Vorschlag! Uns fehlt vielleicht noch ein bisschen das Gesamtbild von dem, was sie tun hier im Haus! Was so genau abgeht, was sie getan haben und was in Zukunft so ansteht, das haben wir noch nicht so ganz ... Herwartz: Fragen! Fragen! (Lachen ... )

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Autor:

Ich bin in einer Kreuzberger Wohnung zu Besuch, in unmittelbarer Nachbarschaft eines Dealertreffpunkts und der Punkkneipe "Trinkteufel". Vier Jesuiten und eine ehemalige Anwältin der Roten Armee Fraktion sitzen zusammen und debattieren. Aus einer Wohnzimmerwand wachsen Skulpturen aus Pappmaschee: Das Europa Center mit dem Mercedesstern ragt in die Luft, darunter windet sich ein rubinroter Wal. So verbinden sich vor aller Augen die biblischen Geschichten von Jonas, dem Wal, und der Stadt, die nach Gottes Willen umkehren soll. Die radikale, unbequeme Tradition des Christentums hat die Geschichte dieser Kommunität der Jesuiten und linken Arbeiterpriester bestimmt. Die Wohn- und Lebensgemeinschaft finanzierte sich immer selbst, vor allem aus Lohn und Rente der Arbeiterpriester. Hier finden Hilfsbedürftige seit 29 Jahren eine offene Tür. 400 Menschen haben hier gelebt, aus beinah sechzig Nationen, im Alter von drei bis 85 Jahren.

O-Ton: Herwartz

C: Habt keine Angst vor der Wirklichkeit! Die Wirklichkeit ist anders, als was ihr seht! Atmo Autor: Christian Herwartz wurde 1943 in Kiel geboren, in einem bürgerlichen Elternhaus, als einer von fünf Brüdern O-Ton: Herwartz Na ja, nach dem Krieg, da war das mit den Schichten ja alles durcheinander, mein Vater war Lehrling auf dem Bau, nach dem Krieg, und dann ist er Bauingenieur geworden und hat so im Siedlungsbau mitgearbeitet. Autor: Die Worte eilen durch die eigene Biographie, fast meine ich eine Unwilligkeit zu spüren, sich das eigene Leben durch die Herkunft oder Epochenumbrüche bestimmen zu lassen. Christian Herwartz war 25 Jahre alt, damals, im stürmischen Jahr 1968. 4

O-Ton: Herwartz

Um die Zeit habe ich das Abitur nachgemacht ... , ich hab das zwar gemerkt, aber eigentlich habe ich aus der Zeit heraus gehandelt. eine Schülerzeitung gemacht, oder die Lehrer haben mich gesehen, als jemand der das umgesetzt, also das was in der Luft lag, was weltweit war. Ohne dass mir das so direkt bewusst gewesen ist.

Autor:

Maschinenbau wollte Herwart damals studieren, erzählt er mir, und Entwicklungshelfer werden

O-Ton: Herwartz

Und hab dann auf der Werft gearbeitet, und da ist mir in der Gießerei ein Kran gegen den Kopf gefahren und dadurch hab ich, bin ich vierzehn Tage krank gewesen. Und in den vierzehn Tagen habe ich ein Buch gelesen über Jesuiten und es war mir klar, ich hab da gar keine Nachforschungen mehr gemacht, es war klar, und dann hab ich Abitur nachgemacht, es hat noch sieben Jahre gedauert, aber eigentlich war die Entscheidung vor dem Eintritt schon gefällt.

Musikzäsur

Zitator:

"Die Armut als feste Mauer des Ordens soll man lieben und in ihrer Reinheit bewahren, soweit es mit der göttlichen Gnade möglich ist".

O-Ton: Herwartz

"Ich wusste nicht, was meine spezifischen Fähigkeiten und Wollen ist, ich wusste nur, dieses Weltweite, das war wichtig. ... Die alten Mönchsorden kamen nicht in Frage, die hatte ich mir angekuckt, das war Nichts und die neueren, die auf eine Frage zugeschnittenen Gemeinschaften, das war auch nicht meins. ... Ja, und dann hat's mir natürlich gefallen, das sie schon mal verboten worden sind. Das war so ein Kriterium, wo ich dachte, gut, dann kann was dran sein.

Musikzäsur

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Autor:

Die Jesuiten, eine katholische Ordensgemeinschaft 1534 von Ignatius Loyola gegründet, gilt als Avantgarde der Gegenreformation. Der Orden wurde immer wieder verfolgt und verboten. Heute gelten die Jesuiten als mächtige und einflussreiche Organisation, nicht nur in der katholischen Kirche. Anfang der 70er Jahre schloss sich der Jesuit Herwartz den linken Arbeiterpriestern an, um das Leben der Arbeiter zu teilen. Die weltweite Bewegung dieser sozial engagierten Priester entstand in den 20er Jahren in Frankreich. Das ursprüngliche Ziel lag zunächst in der Missionierung des linken und gottesfernen Proletariats , aber in den 50er Jahren begannen sich die Ordensmänner in den Fabriken zu verändern: Sie näherten sich den linken Parteien und Gewerkschaften an, weswegen der damals amtierende Papst Pius XII. die Bewegung im Jahr 1954 verbot. Durch die Reformen des 2.Vatikanischen Konzils wurde sein Verbot 1965 wieder aufgehoben.

O-Ton: Herwartz

Also die Anfrage war, dieser Graben, der in der Gesellschaft ist, zwischen Bürgerlichen und so genannten proletarischen oder subproletarischen Bereichen, dass der unmenschlich ist, und dass der dem Evangelium nicht entspricht. Und die alte Tradition der Kirche ist, sich in die Sklaverei verkaufen zu lassen, damit die Sklaven frei kommen, das war schon im ersten Jahrhundert. Und irgendwie in diesem Trend, der wirklich mit dem Evangelium konform ist, habe ich mich auch gesehen.

Autor:

Christian Herwartz fand in der neue Leitlinie der Jesuiten im Jahr 1975 die Grundlagen seines Engagements:

Musikzäsur

Zitator:

"Die Generalkongregation fällte die Grundentscheidung, "dass die Teilnahme am Kampf für Glauben und Gerechtigkeit das ist, was den Jesuiten in unserer Zeit ausmacht". ( ... )Die gewonnene Einsicht war simpel, da ein Glaube an Gott ohne

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Einsatz für Gerechtigkeit hohl ist und ebenso der Hunger nach Gerechtigkeit eine gläubige Perspektive sucht".

Autor:

1971 zog der Jesuit den Blaumann über: Herwartz wurde Umzugshelfer, dann schaffte er in einer Kokerei in Bottrop, gefolgt von einem Job als Pressführer in einer Aluminiumverarbeitung in Toulouse. Dort lernte er Dreher.

Musikzäsur

Autor:

1978 folgte der Umzug nach Berlin-Kreuzberg, 21 Jahre arbeitete Herwartz bei Siemens, als Dreher und Lagerist.

Atmo: Kreuzberg Hausbesetzer, Megaphon, Stimmen, Musik

O-Ton: Herwartz

"Wir haben im Orden gemerkt, dass wir eine Gemeinschaft gründen sollten, die näher an Menschen ist, die ausgegrenzt werden ( ..) also außerhalb der bürgerlichen Schicht. (...) Und es war so die Idee, weil ich vorher drei Jahre Gastarbeiter in Frankreich war, dass das vielleicht auch eine Begabung ist, mit Menschen, die aus dem Ausland kommen, zusammen zu arbeiten und zu leben. Und deshalb sind wir dann nach Berlin, damals war das noch eingeschlossen, nach West-Berlin, gekommen. Und haben hier eine Gemeinschaft von drei Jesuiten gegründet, und sind arbeiten gegangen an Orten, um Menschen zu begegnen, die etwas vom Unrecht in der Gesellschaft am eigenen Leibe kennen.

Atmo Herwartz und Stimmengewirr

Wir haben Dienstagabend immer unseren Kommunitätsabend, der so abläuft, dass wir um sechs Uhr essen hier und dann erzählen was wir in der Woche erlebt haben ... .

Autor:

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1978 kamen die Jesuiten nach Kreuzberg, neben Herwartz waren das noch Michael Walzer und Franz Keller. Sie unterstützten die bald beginnenden Hausbesetzungen und zogen zuerst in die Oppelner Straße. 1984 dann in die Naunynstraße. Heute leben hier in drei Wohnungen mit jeweils drei Zimmern 15 Menschen. Vor einem Jahr sind vier Frauen eingezogen. In einem Raum schlafen acht Männer in Stockbetten, dazu kommen noch drei Einzelzimmer.

O-Ton: Herwartz

Und in dem Prozess habe ich mal gezählt, mit wie viel Leuten ich in dem Schlafzimmer, in dem Schlafzimmer schon geschlafen habe, und habe festgestellt es sind aus sechzig Nationen. Und wer kriegt solche Geschenke, mit Menschen aus sechzig Nationen zusammen zu wohnen und nicht irgendwie distanziert in einem Wohnheim, sondern direkt in der Nähe.

Autor:

Manchmal herrscht in der Kommune drangvolle Enge, dann verwandelt sich das Wohnzimmer in ein Matratzenlager. Das schlichte Mobiliar strahlt nicht nur Patina aus, manche Schränke und Stühle scheinen mit ihren Rissen, Schrunden und verblichenen, ja abgesplitterten Farben schon mindestens von einem vergangenen Vierteljahrhundert zu erzählen. Die Toiletten glänzen nicht in Emaille Weiß, auch die fadenscheinigen Handtücher künden nicht von fanatischem Kampf um Sauberkeit. Die Mutter von Christian Herwartz schrieb in der Chronik der Gemeinschaft eher amüsiert als abgestoßen von Spinnen als Haustieren und ungeputzten Fenstern, durch die keiner hereinschauen könne. Eine andere Besucherin beschreibt, wie eine Tür zur Tischplatte umfunktioniert wurde. Die Armut dieser Gemeinschaft ergibt sich aus der Haushaltslage. Aus den Einnahmen, die hauptsächlich aus den Renten der beiden Jesuiten bestehen, müssen viele Mitbewohner ernährt werden. Seit einem knappen Jahr ist noch eine weitere Etage im Haus dazugekommen.

Ich sehe in dem verlebten Mobiliar auch einen antibürgerlichen Gestus: Eine Art Protest gegen die schöne Oberfläche, der das Nein zur allzu braven Wohlgeratenheit demonstriert. Laissez Faire ist allerdings nicht die Generallinie des Zusammenlebens. Für Neulinge gilt eine strikte Regel: Alkohol und Drogen sind verboten. Auch diese Probleme führten häufiger zu unangemeldeten Besuchen der Polizei:

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O-Ton: Herwartz

Oder dass eine Hausdurchsuchung, die brutal ist und die idiotisch ist, was wir öfters erlebt haben, ein Kompliment werden kann. Das war für mich eine Situation, dass wir Nachts um Vier geweckt wurden, von der Polizei, in einem größerem Schlafzimmer das existiert, und dieser Mensch, dem ich gesagt habe, wieso, was empfinden Sie, wenn das bei Ihnen in der Wohnung passiert. Der gesagt hat, das kann mir nicht passieren: Ich lebe in geordneten Verhältnissen. Und dann war das schwer zu verstehen, und zum Schluss hat er sich verraten. "Da sind so viele Namen am Briefkasten. Sie leben nicht in geordneten Verhältnissen."

Autor:

Ich spüre eine tiefe Abneigung gegen eine bestimmte Form bürgerlichen Lebens, gegen das Gemeine, Enge, Selbstsüchtige und Beschränkte, das sich mit eben jener Klassenlage auch verbinden kann. Christian Herwartz trägt bei all unseren Treffen die gleichen schwarzen Freizeitschuhe zum rustikalen Pullover. Als ob sich das Nein im Großen auch immer im Profanen zu materialisieren hätte!

Musikzäsur

Autor:

Einmal hatten sie einen, der fühlte sich ständig verfolgt. Der trug immer Plastiktüten mit seinen Habseligkeiten am Körper, auch nachts. Wenn er sich im Bett umdrehte, raschelte es. Dem konnte man die Tüten aber nicht wegnehmen, da wäre er durchgedreht. Christian Herwartz kam auf die Idee, die Plastiktüten gegen Leinentüten auszutauschen. Von da an war es ruhig. Der bedauernswerte Mann war jedoch nicht zu therapieren und zog später aus. Was aus ihm geworden ist, weiß man nicht. Jederzeit können Hilfesuchende Menschen vor der Tür stehen, wie zum Beispiel Sabine, eine aidskranke junge Frau, die dann monatelang in der Kommunität gelebt hat und hier gestorben ist.

O-Ton: Herwartz

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A: Was hier gelebt wird, ergibt sich ganz aus den Zusammenhängen, das eine aus dem anderen ... es gibt nicht von oben ein Pastoralplan C: Kein Plan!

Renate:

Wir haben noch nicht mal ein Abwaschplan ... (Lachen) noch nicht mal ein Abwaschplan

Autor:

Die Gemeinschaft bildet sich nicht durch die Alltäglichkeit gemeinsamer Gewohnheiten. Nur zwei feste Termine finden sich in jeder Woche: Beim so genannten Kommunitätsabend treffen sich die Bewohner, hier sprechen alle über ihre Woche und feiern das Abendmahl. Am Samstag sind zum Frühstück auch Freunde eingeladen. Medienvertreter sind dabei grundsätzlich ausgeschlossen, denn die Wohngemeinschaft will für Hilfesuchende ein sicherer Schutzraum bleiben. In der Woche zerfranst der Alltag, manche, die arbeiten, stehen in aller Frühe auf, während andere erst später aus dem Bett kommen. Im Wohnzimmer und in der Küche herrscht ständiges Kommen, Gehen, Lesen, Telefonieren, Internetzeln und Debattieren. Die unterschiedlichsten Mentalitäten und Bedürfnisse treffen hier aufeinander: die Aktivisten um Christian Herwartz, die in Kirchenkreisen, PolitTreffen, Demonstrationen und Mahnwachen auch bundesweit engagiert sind, die Widerhandelnden, und die Menschen, die erst einmal ihre Zeit brauchen, um zur Ruhe und zu eigenen Entscheidungen zu kommen.

Musikzäsur

O-Ton: Trobitzsch

Es war ein Sprung, das Ja. Bruch, das wäre jetzt nicht mein Begriff, weil die Geschichte davor, die war ganz wichtig für mich.

Autor:

Renate Trobitzsch lebt seit anderthalb Jahren in der Kommunität, sie arbeitete vorher als Rechtsanwältin, hatte zehn Jahre Mandate für Inhaftierte der Rote Armee Fraktion und der Bewegung 2. Juni wahrgenommen. Auch RAF-Mitglieder, die des Mordes an Siegfried Buback angeklagt wurden, hat sie verteidigt. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit standen die nicht unumstrittenen Haftbedingungen.

O-Ton Trobitzsch:

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Ich war mit Herz und Seele in meinem Beruf. Und ich hab das nie bereut. Ich hab nur gemerkt, dass ich auf der Ebene nicht weiter kämpfen oder leben will. Ich kann das - aber ich wollte es nicht.

Autor:

Renate Trobitzsch hat ihren Besitz verschenkt, nur mit zwei Koffern ist sie in die Naunynstraße gezogen. Die Frau mit der Nickelbrille wirkt asketisch auf mich. Die Namen ihrer ehemaligen RAF-Mandanten will sie mir nicht nennen. Das sei nicht wichtig. Im Internet finden sich einzelne Hinweise, sie hat ein Buch über die Haftbedingungen geschrieben, eine Nachrichtenagentur hat sie zitiert. Ich finde aber keine Berichte aus der linksradikalen Szene, keine Worte von Genossen und Genossinnen. Sie erzählt mir von vielen Jahren in der radikalen Linken, in Wohngemeinschaften, im Anwaltskollektiv, in den verschiedensten Gruppen.

O-Ton: Trobitzsch

Meine Sehnsucht hat mich, denk ich, hingeführt. Also in Gemeinschaft zu leben, aus Funktionen möglichst raus zutreten, sondern ganz Mensch zu sein. Also ich nenn das immer Rund werden.

Musikzäsur

O-Ton: Trobitzsch

Dazu kommt, dass ich jetzt in einer Gemeinschaft lebe, wo die Spiritualität im Alltag auch spürbar ist und lebbar ist. Und das hab ich vorher noch nie so gehabt. Ich selber komme aus der Arbeiterklasse, bin auch aufgewachsen in einem typischen Arbeitermilieu. Glauben hat in meinem Leben, in meiner Kindheit, Jugend und frühem Erwachsenenalter keine Rolle gespielt. Also, Glauben im Sinne von Kirche, oder auf den Begriff Gott bezogen. Ich hab Respekt vor dem Glauben anderer gehabt, aber für mich war das keine Größe, in der ich gedacht habe.

Autor:

Nach den Jahren des politischen Kampfes hat sie etwas anderes gesucht, und dann an den Straßenexerzitien von Christian Herwartz teilgenommen. Diese Straßenexerzitien finden seit acht Jahren überall in Deutschland statt. Mehrere Tage

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lang besuchen die Teilnehmer auch gefährliche und ungemütliche Orte wie ein Cafe auf dem Straßenstrich oder eine Suppenküche für Obdachlose.

Zitator:

"Zur Einführung erläuterte ich meine Spiritualität der Störung: In unserem zielgerichteten Leben hat Gott, wenn er mit uns sprechen will, oft nur eine Chance, wenn er uns und unsere Pläne stören kann. Dann führte ich in die Suche nach dem persönlichen Namen Gottes ein und bereitete den nächsten Tag mit der Erzählung der Dornbuschgeschichte vor. Mose geht mit der Herde über die Grenze der Steppe in die Wüste. Er sieht einen brennenden Dornbusch und wird über dieses alltägliche Ereignis neugierig, weil der Dornbusch - wie die Liebe Gottes - brennt, aber nicht verbrennt. Mose geht los und bemerkt, dass er sich ... auf heiligem Boden befindet. Sofort muss er den alltäglichen Abstand zur Realität, seine Schuhe, ablegen, um die Sinne zu öffnen. Mose hört das Schreien seines Volkes und bekommt den Auftrag, dorthin zurückzukehren. Er soll an der Befreiung und Selbstfindung seines Volkes mitwirken."

Autor:

Bei den Straßenexerzitien hat Renate Trobitzsch die Bibelstelle über Lots Frau gelesen, die sich verbotenerweise umdreht und zur Salzsäule erstarrt ...

O-Ton: Trobitzsch

Ich kann Bibel nur so lesen, darin den liebenden Gott zu sehen, der lebensbejahend ist. Und dann ist es eine große Kraftquelle. Wir hatten jemand bei uns, der hat, glaub ich, ein Jahr nicht gesprochen. Das war aber nicht die Sprachschwierigkeiten, wegen Fremdsprache, sondern eine Verschlossenheit, dessen Gründe ich nicht kenne. So. Und es fing schon an kribbelig zu werden! Weil irgendwie muss da ja mal was passieren! Dann kam eine Frau zu uns, aus der Abschiebehaft für eine kurze Zeit, auch eine Afrikanerin, und darüber wurde dieses Eis gebrochen, die Person hat von dem Tag angefangen zu sprechen. Das war eine Freude.

O-Ton: Capita

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Ich komme aus Cabinda, Cabinda ist ... Kongo-Brazaville und Kongo Kinshasa, und ist eine kleine Land, und dieses kleine Land war früher eine portugiesische Protektorat von ...

Autor:

Batolomeua Capita erzählt auf meine Frage nach seinem Leben sofort die Geschichte seines Landes. Der 46 Jahre alte Angolaner wirkt gemütlich, geradezu bedächtig. Heute ist er erst am späten Vormittag aufgestanden, die Nacht, so erzählt er mir, hat er am Computer verbracht. Um eine Monographie über sein Heimatland zu schreiben. Capita kommt aus Cabinda, einer rohstoffreichen angolanischen Exklave im Kongo. Das Engagement für die Unabhängigkeit Cabindas von Angola habe sein Leben bestimmt. Als er im Kongo studierte, sei er von Angolanern gekidnappt worden:

O-Ton: Capita

Und ich war in Gefängnis dort, weil ich war die Kopf von diese Demonstration, ich habe viele Monate in Gefängnis, ... weil Angola hat mich genommen in Straße, hat gemacht eine Kidnapping und haben mir geschlossen in Botschaft. Und Uno und Botschaft von Amerika hat viel gemacht ... ..

Autor:

Schnell erscheint sein Leben als Odyssee, das Apartheid Regime Südafrika habe ihn in den frühen 80er Jahren zum Militäringenieur ausgebildet, um gegen Angola zu bekämpfen, doch Capita entschied sich gegen den bewaffneten Kampf:

O-Ton: Capita

Und diese Flüchtlinge in Kongo Kinshasa haben mir gesendet in Europa für diese Arbeit was ich mache, sprach über Cabinda und frage die europäische Regierung für eine gute Solution für Cabinda.

Autor:


In Portugal hatte er ersten Kontakt mit den Jesuiten aufgenommen, der Jesuitische Flüchtlingsdienst in Berlin schickte ihn dann zur Kommunität in Kreuzberg.

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O-Ton: Capita

Ja, das ist sehr, sehr freundlich hier, und ich habe eine große Hilfe von diese Haus, und für Schlafen, Essen. Gibt es auch eine Humanitarian. Warm! und ich habe diese große Hilfe von der Gemeinde in der Naunynstraße.

Autor:

Und auch Bartolemeu Capita hat seine eigene Zeit und seine Wünsche für die Zukunft fliegen hoch. Capita möchte die deutsche Regierungspolitik gegenüber Angola ändern! Aber einstweilen fehlt es ihm noch an deutschen Sprachkenntnissen.

Die Gemeinschaft in der Naunynstraße ist eben auch ein Ort der Möglichkeiten, hier findet sich Zeit für kleine Schritte auf dem Weg zu großen Zielen.

Musikzäsur

O-Ton Reichwein

Ich wollte nicht nur für Flüchtlinge arbeiten und selber im relativ großen Wohlstand leben mit einem gesicherten kirchlichen Hintergrund, so wie es in Charlottenburg der Fall war im Ignatiushaus der Jesuiten dort, sondern ich wollte selber auch ein wenig Ungesichertheit in meinem eigenen Leben spüren.

Autor:

Fast jungenhaft wirkt Andreas Reichwein auf mich, mit seiner offenen, manchmal auch unsicheren Freundlichkeit - trotz seiner 47 Lebensjahre und der Verantwortung, die sein früherer Beruf ihm abverlangte. Er arbeitete für den Jesuitenflüchtlingsdienst als Pfarrer im Berliner Abschiebegewahrsam Grünau. Heute lebt der Jesuit in der Kommunität, zurzeit arbeitslos, weil sein Arbeitgeber seinen Wunsch nach einer Halbtagsstelle nicht erfüllen wollte.

O-Ton: Reichwein

Zunächst mal möchte ich hier eine Zwischenzeit verbringen, vielleicht nur ein Jahr, es ist eine Zeit, wo ich gewissermaßen mal Arbeiterpriester auf Zeit sein möchte. Es schwebt mir vor eine Tätigkeit über eine Zeitarbeitsfirma, im Bereich, was auch immer Lagerarbeit, Transport, Einzelhandel ... .

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Autor:

Häufiger spüre ich in seinen Worten eine Atemlosigkeit, eine ungewöhnlich leidenschaftliche Suche. Denn wer riskiert heute schon seine sichere Stelle für ein kleines Zimmer in einer Wohngemeinschaft und die Perspektive auf Hilfsarbeit. Reichwein sieht in Christan Herwartz einen Propheten, der eine besondere Form der Mitmenschlichkeit lebt.

O-Ton: Herwartz

Ich denke, du musst die Armut sehen, die wir hier leben, nämlich die, nichts professionell zu tun, also, es ist ja wichtig, dass ein Arzt, ein Sozialarbeiter Dinge professionell tun, befähigen, und die Kommunität hier sucht eine Freundschaft, sucht Freundschaften, also, du kannst für deine Frau nicht Arzt sein, nicht professionell sein, das geht nicht. Und so können wir das auch nicht! Und wenn wir das tun, ist schon der Wurm drin! Dieselbe Gefahr besteht hier, wenn zu viele Menschen kommen, die nur "Für" machen wollen, dann ist es kaputt! Und die gibt es! Die gibt es auch unter uns! Partiell und ganz! ( ... ) Die für Dich was machen wollen, weil du so ein armer Tropf bist! Und religiös gesprochen, wenn du anfängst, für Gott zu helfen, für 'Gott was zu machen, für - dann stellst du dich über Gott!

O-Ton: Herwartz

Und aus diesem Prozess, aus diesem opfern, aus diesem Helfersyndrom auszusteigen, ist ein menschlich lebenslanger Prozess. Man tapst dort immer wieder rein. Und warum tapst man dort immer wieder rein, weil man sich für so großartig hält, wenn man sich aufopfert. Und diese Großartigkeit zu durchschauen, und zu merken, dass sie menschenverachtend ist. Das Schwierige ist ja immer man selbst, mit sich selbst zusammenzuleben, ist ja eine Katastrophe, oft genug. Durch welche Irrtäler man da durch geht.

Musikzäsur

O-Ton: Herwartz bei Demo

Ich habe es übernommen, euch zu begrüßen, ich bin Christian von der Gruppe Ordensleute gegen Ausgrenzung, wir stehen hier alle Vierteljahr, seit Beginn, seit

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dieses Gebäude beschickt worden ist. Und seitdem, vor 13 Jahren, stehen wir hier, und machen eine Mahnwache, weil wir sagen: Das ist Unrecht ... .

Autor:

Fast hundert Menschen stehen mit Christian Herwartz vor dem Abschiebegewahrsam der Polizei in Berlin Köpenick. Die Gruppe entrollt ein 15 Meter langes Transparent mit den Namen der Menschen, die an den deutschen Grenzen oder im Abschiebeverfahren umgekommen sind.

O-Ton: Herwartz und Frau

Josuiff, 41 Jahre, Suizid durch ertrinken ... Andere: Michael, Tod durch Erhängen

(Auto) C: Layamal Candi, Tod nach Brechmittelabgabe C ... Moldawierin, erfroren an der deutschen Ostgrenze ...

Autor:

Die Lebensbedingungen im Berliner Abschiebegewahrsam haben sich verbessert: Die Innengitter wurden abgebaut, Minderjährige und Schwangere sollen nicht mehr abgeschoben werden. Die Zahl der Einsitzenden sank um die Hälfte auf 70 Menschen. Hauptgrund: Viele Flüchtlinge stellen gar keinen Asylantrag mehr, seit sie nach neuem Gesetz auf der Ausländerbehörde von der Polizei festgenommen werden können. Die Zahl der Illegalen in Deutschland wird vom Jesuiten Flüchtlingsdienst auf bis zu eine Million Menschen geschätzt.

O-Ton: Herwartz

Wir sind Fundamentalisten, richtig, wir sind Fundamentalisten. Dieses Gefängnis ist in sich unrecht, jede Verbesserung darin, ändert nichts daran, dass dieses Gefängnis in sich Unrecht ist. Menschen, die gar nicht ... abgeschoben werden können, werden von den Politikern, oft mit Lügen, darin gehalten.

Autor:

Christian Herwartz sieht in den sogenannten Illegalen die neuen Arbeitsmigranten und fordert ein Bleiberecht für alle. Er sieht die Immigranten als Opfer des westlichen Kapitalismus.

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Musikzäsur

Autor:

Im Jahr 2004 erschien zum 25ten Geburtstag der Kommunität ein Buch über die Wohngemeinschaft: Mitbewohner, Freunde und Kritiker schreiben über den Alltag. Gastfreundschaft lautet der Titel.

O-Ton Herwartz:

Weil wir können die Bibel ja an manchen Punkten gar nicht mehr verstehen, weil es völlig selbstverständlich ist, die Gastfreundschaft in der sie gelebt haben, und das ist so ein Grundaxiom in der Bibel. Und erst recht vom Lot ... also lieber seine Tochter zum Missbrauch freizugeben als die Gäste nicht zu schonen, das ist doch ein unglaublicher Vorgang.

Autor:

Im 1. Buch Mose wird die Geschichte von Lot erzählt. Als einziger entgeht der Rechtschaffene der Vernichtung von Sodom und Gomorrha. Zwei männliche Engel kehren bei Lot ein, erregen aber das sexuelle Interesse der Sodomiten.

Zitator:

"Ach liebe Brüder, tut nicht so übel! Siehe, ich habe zwei Töchter, die wissen noch von keinem Manne; die will ich herausgeben unter euch, und tut mit ihnen, was euch gefällt. Aber diesen Männern tut nichts, denn darum sind sie unter den Schatten meines Daches gekommen."


O-Ton: Herwartz

Menschen gegen Menschen auszutauschen und ermorden zu lassen, ist etwas Undenkbares für uns. Und seitdem Abraham seinen Sohn nicht geopfert hat, ist völlig klar, dass Menschenopfer illegitim sind, egal, welcher. In der Geschichte von Lot, der in Bedrängnis ist, seine Gäste zu schützen, und in diesem Zusammenhang, seine Töchter anbietet, zu vergewaltigen, ist für mich die Grundaussage dieses hohen Wertes der Gastfreundschaft. Nicht unbedingt sein Handeln. ... . Und ich denke, ohne diese Gastfreundschaft ist christlicher Glaube nicht verständlich.

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Atmo: Herwartz liest die Messe

Der Vater und der Sohn und der heilige Geist ... Der Herr sei mit euch ...

Gemeinde:

Und mit deinem Geiste ... . ...

Autor:

In der Gemeinde St. Michael in Kreuzberg liest Herwartz die Messe

Atmo: Herwartz liest die Messe

Lasst uns bereit werden, und Gott bitten, dass er uns bereit macht Herr erbarme die ... Christus erbarme dich ... . Herr erbarme dich

Autor:

Wenn Herwartz die Messe liest, dann spricht er mit verschiedenen Stimmen, springt zwischen Pathos und alltäglicher Sprache wehrt sich gegen die Litanei des hohen Tons ... .

Atmo : Herwartz und Gemeinde

Sag mal, ich suche Gott, wo kann ich den finden hier in Berlin? Bist du diese Woche gefragt worden (Ne) Hast vielleicht Glück gehabt, oder auch nicht (Lachen) ...

Atmo: Messe/Gesang

Zieh die weiten Schuhe aus, heilig ist der Boden, sei ganz wach und sei ganz Ohr ... .Ich bin Jahwe, ich bin da, der dich liebt und kennt ... .

O-Ton: Herwartz

Du wirst deine Frau, ich weiß nicht, ob du verheiratet bist, aber wenn du verheiratet bist, nicht aus einer Barmherzigkeit heraus lieben, sondern da ist etwas anderes. Und das mein ich mit Glauben, also, diesen darunter liegenden Glauben und die Liebe zu entdecken, die fiel tiefer liegt, als eine Moral. Und kirchlich, die Menschen erleb ich oft noch in diesen Fängen der Moral.

Atmo Herwartz Messe:

Ihr erinnert euch, dass Jahwe gesagt, zieh deine Schuhe aus, denn da, wo du bist, wo ich mit dir sprechen will, ist heiliger Boden: Und heute können wir diesen heiligen

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Boden hier ganz darstellen und alle Kinder in die Mitte bitten. Mensch, wo ihr seid, da ist was Besonderes!

Autor:

Worte wie heilige Gebote, fast prasseln sie auch die Zuhörenden. Die Sprache ist eine Waffe. Aber keine ungefährliche, gerade für den Sprechenden. Christian Herwartz schreibt mit Selbstzweifeln über sein Verhältnis zu Sprache und Identität. Schließlich wechselt ein Arbeiterpriester nicht nur die Kleidung, wenn er in anderen Welten lebt:

Zitator:

Über das Eintauchen in die unterschiedlichsten Kontexte begann ich nach meiner persönlichen Identität zu fragen. Welche war meine persönliche Sprache? Funktionierte ich nur noch in den verschiedenen Sprachspielen?

Autor:

Da spürt man die Angst vor der eigenen Rhetorik, vor der Brillanz der jesuitischen Rede, der Freude an Paradoxa und Wortgewittern, die den Redenden vielleicht auch mitreißen können. Gegen dieses Charisma, das Bewunderer schnell verzaubert und Eitelkeit wecken kann, scheint manchmal nur das Simple zu helfen.

O-Ton: Herwartz

Na, wenn man die Bibel liest, dann ist sie klassenkämpferisch, also Jesus warnt seine Jünger davor, so zu werden, wie die Herrschenden. Und Jesus kuckt immer wieder auf die, die nicht angekuckt werden sollen, ob es nun Prostituierte sind oder Kranke oder Blinde oder Aussätzige, die stellt er in den Mittelpunkt ... . Und eben die Augen geöffnet durch eine Entscheidung, zu wem ich stehen will, ob ich zum Menschsein stehen will oder zu meinen Privilegien.

Musikzäsur

Autor:

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In den 50er Jahren hatte der Papst die Bewegung der Arbeiterpriester verboten. Ganz im Zeichen des Antikommunismus des Kalten Krieges erregte die Annäherung an linke Parteien und Gewerkschaften den Zorn der Kirchenhierarchie.

O-Ton: Herwartz

Das kann ja nur von Leuten gesagt werden, die das Evangelium nicht kennen, oder nicht kennen wollen. Und im Nachhinein weiß ich ja, dass die Arbeitgeber dahinter gesteckt haben, die Druck gemacht haben, dass Anfang der 50er Jahre dieses Verbot ausgesprochen worden ist.

Autor:

Weltweit gibt es heute um die 1000 dieser Arbeiterpriester, die meisten in Frankreich. Mittlerweile haben sich die Arbeiterpriester auch den Laien und Frauen geöffnet, in Deutschland gibt es rund 50 dieser Arbeitergeschwister. Sie sind manchmal Betriebsräte und viele suchen Beschäftigung in neuen Arbeitsformen wie der Zeitarbeit. Christian Herwartz arbeitete 21 Jahre bei Siemens, im Lager und an der Drehbank.

Atmo: Drehbank

Autor:

Herwartz fertigte Einzelteile von ausgelaufenen Produktionen: Zum Beispiel Bremsen für Bergwerke und Ampelanlagen.

O-Ton: Herwartz

Es durfte überhaupt nicht bekannt werden, dass ich Priester bin, sonst hätte ich keine Arbeit gefunden ... im Inneren ist es mir nicht um priesterliches Handeln gegangen, sondern um dem Ruf Gottes zu folgen, auch nicht wissend, bis zu meiner Rente nicht wissend, warum.

Atmo: Werkhalle

Autor:

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2000 Beschäftigte arbeiten hier, Streiks bleiben selten, Herwartz wurde zum Vertrauensmann gewählt, er sitzt auch im Berliner Parlament der Gewerkschaften

O-Ton: Herwartz

Widerstand im Betrieb ist wichtig, da wo die Rechte von Kollegen, oder eigene Rechte beschnitten werden, und dem Kapital alles geopfert wird.

Atmo:Stimmen ... . Polizei: ... Das war's meine Herrn! ... 2. Zug: Räumen!

O-Ton: Herwartz

Also ich habe die Anzeige bekommen, weil ich vom Werk aus, eine Demonstration angeführt habe, auch ordnungsgemäß beendigt habe. .... Aber ein Polizist meinte, einen türkischen Kollegen zu treten, und dann kamen gleich auch noch mehr, so dass es 15 Verletzte waren. Ohne jeden Grund . Und auch der Leitende Polizist hat mir gesagt, ohne jeden Grund, er hat mir später gesagt, dass waren Leute von den Reps, also von den Republikanern, diese Polizisten, die hatten einfach ihren Rassismus ausgelebt. Ich habe eine Anzeige bekommen, wegen Polizistenbeleidigung. Die Beleidigung bestand darin, dass ich einer Polizistin gesagt habe, sie sollte diese verrückt gewordenen Kollegen nicht noch schützen. Das war eine Beleidigung für sie, damit ist sie durchgekommen. Ich bin verurteilt worden, und habe zehn Tage dafür im Gefängnis gesessen.

Atmo

O-Ton: Herwartz

Und das ist vielleicht einer der bewegendsten Minuten, in meinem ganzen gewerkschaftlichen Handeln, dass mich dieser Kollege, der da angegriffen worden ist, verabschiedet hat mit den Worten: Der Christian ist ein Löwe, der geht für uns Türken ins Gefängnis!

Atmo

O-Ton: Herwartz

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Also, das ist so, dass in Berlin, weiß ich nicht, ob das anderswo genauso ist, der Abstand zur Kirche von der Arbeiterschaft in der Regel sehr, sehr groß ist. In der Gewerkschaft ist das nur ein Lachen, wenn man von Kirche hört. Meine Kollegen, haben in der Regel in einem anderen Stadtteil gewohnt, ich habe einen kennen gelernt, der auch in Kreuzberg gewohnt hat, aber sonst haben sie mir gesagt: Solange du in Kreuzberg wohnst, da besuchen wir dich nicht. Und so auch dieser Kontakt in der Zeit der Nichtarbeit ganz spärlich war.

Autor:

Und so missionierten die Kreuzberger Jesuiten nicht nur die Arbeiterklasse, eine Heimat fanden sie auch in der radikalen Linken, bei den Protesten für ein so genanntes "Bleiberecht für Alle" und seit den späten 80ern im Engagement für die Inhaftierten der RAF.

Atmo

Zitator:

"Im Frühjahr 1989 versuchte eine Gruppe von 50 politischen Gefangenen ihre Haftsituation durch einen Hungerstreik zu verbessern."

O-Ton: Herwartz

Jesus hat nicht gesagt, weil die Gefangenen oder Hungernden bessere Menschen sind, deshalb bin ich in ihnen anwesend in einer besonderen Weise. Sondern er hat es einfach so gesagt, dass die Ausgrenzung die Chance ist, unser Verhältnis zu Gott zu finden, und ich deute das so, dass wir vor Gott eben nichts vorbringen können, weshalb wir so großartig sind, dass er sich mit uns beschäftigen soll. Sondern dass wir arm sind. Und da sind diese Menschen, die in der Gesellschaft beiseite geschoben werden, eine dicke Erinnerung da dran, was es bedeutet arm zu sein.

Zitator:

"In den Weihnachtstagen entwarfen wir einen Brief an alle 50 Gegangenen. Mir wurde klar, diese Menschen standen nun vor der Tür unserer Herberge, und sie suchten Einlass, ähnlich wie Maria und Josef vor 2000 Jahren in Bethlehem." (Lukas 2,7)

22

O-Ton: Herwartz

Es gibt zwei Sachen, einmal dass Gott sich einen Mörder aussucht, um das Volk aus Israel zu befreien, nämlich Mose.

Autor:

Im 2. Buch Mose heißt es, dass Mose, im göttlichen Auftrag, die Anhänger des "Goldenen Kalbes" vernichtet. Dreitausend Menschen werden getötet. Im vierten Buch greift Mose die Midianiter an. Abgeschlachtet werden alle Männer, männlichen Kinder und Frauen ohne Jungfernhaut. Die Jungfrauen dürfen als Sklavinnen dienen.

O-Ton Herwartz:

Also für Gott ist diese moralisierende Sichtweise nicht entscheidend und wenn man sich ihm nähert, dann hofft man auch davon befreit zu werden. Das Zweite ist für mich: Die Leute von der RAF sind keine besseren Menschen. Richtig. Aber sie haben etwas ganz ähnliches wie ich, sie wollen Missstände also nicht stehen lassen und sich damit abfinden. Und sie haben es auf ihre Weise versucht.

Autor:

In unserem ersten Gespräch erzählte Christian Herwartz von seinem Vater, dem Bauingenieur. Im Buch der Gastfreundschaft hat er seine Vergangenheit genauer beschrieben und schreibt von sich selbst in der 3. Person.

Zitator:

"Der Vater war nach einer Zeit auf dem Bau wieder Kapitän bei der Bundesmarine. Er selbst ging dann für zwei Jahre zur technischen Truppe und wurde Reserveoffizier. Berufsziel war Maschinenbauingenieur in der Entwicklungshilfe."

Autor:

Der Jesuit Christian Herwartz war einmal Bundeswehroffizier.

O-Ton: Herwartz

23

Ich bin für zwei Jahre gegangen ... und damit konnte ich die Offiziersausbildung mitmachen. Und habe Menschen anvertraut gekriegt in den verschiedenen Dienstgraden und das war etwas, in meinem Minderwertigkeitskomplex, was mich weitergeführt hat. Und insofern war es ein starker Impuls, das Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Autor:

Sein Vater, Oskar Maria Herwartz, diente unterm Hakenkreuz als Kapitän des UBootes U 843, das in Südostasien Einsätze fuhr. Am 8. April 1945 wurde das Boot angegriffen und sank. 46 Besatzungsmitglieder starben, Kapitän Herwartz überlebte.

O-Ton Herwartz:

Mein Vater war kein Militarist, ganz bestimmt nicht. Klar, er hat Ideen gehabt, dass es notwenig ist, sich als Volk zu verteidigen ... Und in der Situation von Ost und West sind bestimmt Einflüsse dieses Kalten Krieges mit drin gewesen. Da war immer Respekt. Das war kein Problem. Ich denke, dass wir trotzdem bis zum Ende nicht über dieses Dritte Reich reden konnten.

Autor:

Im Wohnzimmer der Jesuitenkommune hängt ein Photo des Vaters

O-Ton: Herwartz

Mir hat mein Vater, durch sein Leben und seine Reflektion beigebracht, dass es Werte gibt, die man nicht verschleudern darf. Und dass es gut ist, in dieser Weise konservativ zu sein, und diese Erfahrung hab ich mitgenommen. Aber mir ist klarer geworden, auch durch meine eigene Erfahrung, das ist nicht mein Weg. Und auch meinem Vater ist es klarer geworden, nicht immer höher zu steigen im Militär. Irgendwann hat er abgelehnt, sich befördern zu lassen. Und war froh, dass er den Wechsel bekommen hat, um dann mit Menschen anders umzugehen.

Musikzäsur

O-Ton: Herwartz

24

Ich bitte Gott, aber auch uns selbst, dass wir das Leben, in diesem Teil von Deutschland an dem ehemaligen Geburtstag der DDR mehr achten lernen ... Und vielleicht können wir dazu singen, "Wo zwei oder drei zusammenstehen"

Atmo: Gesang

Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter Ihnen.

Absage:

Soldat Gottes im Kiez

Über die Kommune der Arbeiterpriester in Kreuzberg

Ein Feature von Peter Kessen

Sie hörten eine Produktion des Deutschlandfunks 2008

Es sprachen: Gregor Höppner und Bruno Winzen

Ton und Technik: Karl-Heinz Stevens und Petra Pelloth

Regie: Thomas Wolfertz

Redaktion: Karin Beindorff

Musikzäsur

https://assets.deutschlandfunk.de/FILE_227f790fcaa303409288ddf768dfa5d2/original.pdf

Respektvoller Zuhörer (2012)[Bearbeiten]

Respektvoller Zuhörer

Von Sabine Wollowski · 02.08.2012

Normalerweise finden Exerzitien hinter dicken Mauern statt. Der Jesuitenpater Christian Herwartz hat die Meditationspraxis auf die Straße geholt. Manche Menschen können dabei auf der Suche nach ihrem Ort sogar lang verdrängte Ereignisse in der eigenen Lebensgeschichte wiederentdecken.

„Also, wenn ich ins Hören komme, dann spüre ich ne Ebene von Gespräch, die ganz neu ist. Dann kann ich in ein Gespräch eintreten. Gespräch ist ja das Gebet. Also das Sprechen oder Kommunizieren mit den Grundwerten in meinem Leben – ob ich sie Gott nenne oder wie auch immer. Und wenn ich in dieses Grundgespräch eintreten kann, dann verändert sich was ganz Zentrales.“

Christian Herwartz sitzt mir in seiner Küche gegenüber und spricht über „sein“ Lebensthema. Ins Hören kommen oder auch: respektvoll hören. Dahinter steht für den 69-jährigen Jesuiten, geboren in Stralsund, mehr als nur dem anderen ein Ohr zu leihen. Es bedeutet, offen zu werden für die Wahrnehmung im Augenblick – ohne abzuschweifen, ohne zu bewerten und ohne zu urteilen.

Das sagt sich einfach, ist aber in der Realität gar nicht so leicht umzusetzen:

„Wir werden trainiert durch alles, durch Schule, durch Beruf, nicht im Jetzt zu leben. Wir leben immer wieder auf ein Ziel hin, oder noch in der Vergangenheit. In diesem Jetzt, wo wir grade sind, kommen wir ganz selten an.“

Im Jetzt ankommen, und respektvoll zu sehen und zu hören – dafür hat Christian Herwartz vor rund zehn Jahren eher zufällig eine ganz eigene Methode entwickelt. „Straßenexerzitien“ nennt er diese Übungen in Anlehnung an eine lange Tradition seines Ordens. Bei den Jesuiten sind Exerzitien geistige Übungen, um schweigend und betend Gott näher zu kommen.

Herwartz hat diese Übungen aus den gediegenen, ordenseigenen Häusern raus auf die Straße geholt, mitten in den bunten und lauten Berliner Bezirk Kreuzberg:

„Es war eine Frau, die wollte an einen stillen Ort gehen, weil sie so in der Stille ne Heilung gesucht hat. Und auf keinen Fall ans Kottbusser Tor, das ist ja ein lauter Ort. Und irgendwie ist sie innerlich hierher geführt worden und hat diesen Ort als ganz stillen Ort erlebt, als einen, wo sie bei sich bleiben konnte, und alles ist drumrum gewabert, hin und her gegangen, aber sie ist in eine tiefe innere Stille gekommen, das ist dieser Ort auch, aber das kann man nicht verschreiben. Das ist das Geschenk, das man bekommt, wenn man's sucht.“

Bei den Straßenexerzitien begeben sich Männer und Frauen acht Tage lang auf die Straße, um ihren Ort zu finden, an dem sie ins Hören kommen können – auf andere oder auf sich selbst, um vielleicht lang verdrängte Ereignisse in der eigenen Lebensgeschichte wieder zu entdecken.

Gemeinsam übernachten sie in einer sehr einfachen Unterkunft, ziehen tagsüber alleine los und kommen abends wieder zusammen, um in der Gruppe zu essen, Gottesdienst zu feiern und sich von ihren Erlebnissen zu erzählen:

„Sie sind, sagen wir mal vor einem Gefängnis gewesen oder auf einer Bank mit einem Obdachlosen, und beim Erzählen merken sie – vielleicht erst am zweiten, dritten Tag – ich habe Angst vor Obdachlosigkeit. Ich lebe in der Angst, ins Gefängnis zu kommen, Gesetzesüberschreitungen zu machen, und ich hab die Angst verloren.“

Bevor Herwartz das Hören in den Straßenexerzitien anderen vermitteln konnte, hat er selbst viele Male hören gelernt. Lange hieß das für ihn, seinem Wunsch treu zu bleiben, den er schon als Junge entdeckt hatte: Dem anderen, Fremden, auf Augenhöhe zu begegnen. Aber wie? Damals dachte er an Mission und schaute sich verschiedene Orden an. Doch die Distanz, die Ordensleute durch ihre Kleidung und ihren ganz eigenen Alltagsrhythmus signalisieren, hat ihn abgehalten.

Bis er die großen Freiräume bei den Jesuiten entdeckte: Keine Mönchstracht, kein Heimatkloster als Lebenszentrum und auch kein fixer Tagesablauf. Er ließ sich ein, studierte und zog dann nach Frankreich, um dort als Arbeiterpriester in die Fabrik zu gehen und mit den Kollegen Gemeinschaft zu leben.

Heute, knapp 40 Jahre später, sitzt er mir im ausgewaschenen roten T-Shirt und tätowierten Armen in seiner WG-Küche gegenüber. Seit seiner Rückkehr aus Frankreich lebt er hier mit wechselnden Mitbewohnern aus aller Welt radikal Gastfreundschaft: Die Tür steht offen für Menschen in Not und Menschen auf der Suche. Seine Offenheit und sein jahrelanges Training im respektvollen Hören sind inzwischen auch in seinem Orden hoch geschätzt. Zuletzt, als es 2010 darum ging, einen neuen Umgang mit Missbrauchsopfern zu finden.

Angeregt vom damaligen Schuldirektor in Berlin, hat Christian Herwartz beiden zugehört, Opfern und Tätern:

„Das Wichtige ist, den Opfern zuzuhören, und in dem Zuhören die Chance zu geben, dass sie nicht Opfer bleiben. Aber das gilt natürlich für die Täter genau so, dass sie aus dieser Erstarrung, den anderen zu missbrauchen, austreten können. Und da ist es ganz wichtig, dass ich nicht der Bessere bin, und dass ich mich nicht raushalte, dass ich mich nicht rausziehe aus dieser menschlichen Beziehung, die da ist. Die da ist zu den Opfern, aber auch zu den Tätern, und die mich nicht auf einer Seite festhält. Und die mir zeigt, dass ich beide Seiten in mir habe, diese Dinge weiter wirken zu lassen und darüber offen zu werden für das, was jetzt dran ist.“

https://www.deutschlandfunkkultur.de/respektvoller-zuhoerer-100.html

Der Heilige in der Kommune über dem Punkerlokal (2014)[Bearbeiten]

Jesuit Christian Herwartz

Der Heilige in der Kommune über dem Punkerlokal

Eine Bettlerin streckt in der Innenstadt von Frankfurt am Main einem Passanten ihre Hand entgegen.

Nichts besitzen, das ist das Ideal der Jesuiten.

Von Peter Kessen · 27.12.2014

Speckige Wände, abgewetzte Möbel: In der Jesuiten-Kommune in der Berliner Naunynstraße geht es nicht um Besitz oder Statussymbole, sondern um innere Einkehr in Armut. Christian Herwartz ist einer der Bewohner und das wenige, was er hat, teilt er mit anderen.

„Wir leben gar nicht in dem Niveau, was bürgerliche Menschen in Deutschland anstreben. Also, wir leben zu einfach. Und das ist aber die Voraussetzung um mit Menschen, die in der Gesellschaft am Rande leben, ob das nun Hartz IV, oder Flüchtlinge oder Strafentlassene sind, die leben so wie wir. Und diese Ähnlichkeit hat bewirkt, dass wir dafür offen waren.“

Von der Solidarität der Armut erzählt der Jesuit Christian Herwartz in einer kleinen Kammer neben dem Wohnzimmer seiner Kommune. Wie eine alte, niemals renovierte WG wirken die drei Zimmer, abgeschabte Möbel, fettiges Dunkel umrandet die Lichtschalter, verschlissen sind die Handtücher im Bad.

Das Mittagessen steht auf dem Tisch, Hühnerfrikassee. Herwartz setzt sich zu den Mitbewohnern an den großen Esstisch, drei Flüchtlinge aus Afrika, ein Mann aus dem Nahen Osten, eine Katholikin aus dem Schwarzwald und drei ältere Menschen aus Deutschland.

Schnell wechseln die Worte, erst einmal geht es um die Kräuter im Essen und Bob Dylan.

Am Tisch sitzt ein Mann, 65 Jahre alt, Tattoos zieren die Arme, Rock'n'Roll und Priscilla steht auf seiner Haut. Auf seiner Baseballmütze steht sein Name, Rock'n'Rolf. Vor vier Jahren beschloss er seinen Traum wahrzumachen, als Sänger in Berlin, nachdem er über Christian Herwartz gelesen hatte, wollte er nur hier leben, in der Jesuitenkommune über dem Punkerlokal Trinkteufel:

„Für mich, das sage ich wirklich in aller Offenheit, ist Christian mein Heiliger, ich bin nicht streng religiös, aber in Christian habe ich eine Person gefunden, die das vertritt. Es ist so einfach, man muss nur teilen können. Teilen, teilen, teilen. Und das passiert in der Naunynstrasse, ich glaube, dass ist die einsame Insel in Berlin. Hier wird geteilt, und ich teile auch – so gut ich kann.“

Ein Unfall führte ihn zu Gott

Am selben Nachmittag sitzt Christian Herwartz mit drei Mitbewohnern aus der WG in der S-Bahn zum Flughafen Berlin Schönefeld. Die Ordensleute gegen Ausgrenzung und ein Unterstützerkreis aus der katholischen und evangelischen Kirche halten vor dem Abschiebegewahrsam für sogenannte „Illegal Einreisende“ eine Mahnwache ab.

Christian Herwartz ist 71 Jahre alt, sein Vater war U-Boot Kapitän im Zweiten Weltkrieg. Als junger Mann absolviert er eine Offiziersausbildung bei der Bundeswehr, will Maschinenbau studieren. Ein Unfall bremst ihn. Auf dem Krankenbett liest er ein Buch über die Jesuiten und wird selber einer.

Lange ein linker Arbeiterpriester, arbeitet er 21 Jahre bei Siemens als Dreher und Lagerist. Ende der 70er-Jahre entsteht die Kommune mit ihren drei Wohnungen in der Naunynstraße. Wohl um die 500 Menschen haben hier bereits Schutz gefunden, darunter auch viele Flüchtlinge. Zum größten Teil finanziert von den Renten der Jesuiten.

Herwartz Augen leuchten, wenn er sich jemand anderem zuwendet, aber er spielt keine Kommunikation. Häufig scheint er abzuschalten, fast in sich zu verschwinden. Auf dem Weg zur Mahnwache zieht er sich in der S-Bahn um, sitzt hier im Unterhemd, auf seinen Armen leuchten zwei Tattoos, Geschichten aus der Bibel, über Emmaus und den brennenden Dornbusch. Geschichten von Erweckungserlebnissen, Gott da zu finden, wo man ihn nicht erwartet hatte. Das trage er auf dem Herzen und auf der Haut, erzählt er.

Helfen bedeutet, Grenzen niederzureißen

Gut 30 Menschen stehen im Halbkreis vor dem Flughafen in Schönefeld, hinter dem Zaun ist das Abschiebegewahrsam, in dem jetzt zumeist Asylbewerber leben. Herwartz und die anderen protestieren gegen das spitzfindige Verbot eines Gerichts direkt vor Ort zu protestieren, gegen Abschiebungen, sogenannte Flughafengefängnisse und Asylbedingungen.

Rock'n'Rolf greift zur Gitarre und spielt Bob Dylans Hymne von den Zeiten, die sich verändern. Und Veränderung, das bedeutet für Christian Herwartz ein radikales Bild von der Welt zu haben, einer Welt, in der sich Täter und Opfer klar gegenüberstehen.

„Es ist ja ganz offensichtlich, dass es Kriegsgebiete gibt, aus denen die Menschen fliehen müssen und in denen wir unseren Wohlstand verdienen. Und jetzt kommen die Menschen, die von diesen Waffen getroffen sind, oder deren Strukturen kaputtgegangen sind.“

Helfen bedeutet da für ihn, Grenzen niederzureißen. Als ob die Kreuzberger Kommune ein Vorbild für Deutschland sein könne. Darum steht er auch hier, vor dem zukünftigen Flughafen Berlins, der den Namen Willy Brandts trägt.

„Der Flughafen wird genannt nach Willy Brandt, der natürlich illegal nach Schweden eingereist ist, sonst hätte er sein Leben verloren. Der Flughafen heißt Willy Brandt, aber die, die wie Willy Brandt über die Grenze kommen wollen und zu uns, die werden ins Gefängnis gesteckt.“

https://www.deutschlandfunkkultur.de/jesuit-christian-herwartz-der-heilige-in-der-kommune-ueber-100.html

Flüchtlinge in Deutschland (2015)[Bearbeiten]

Flüchtlinge in Deutschland

Zwischen Hass, Hilfsbereitschaft und Kalkül

Die vielen Flüchtlinge, die derzeit Deutschland erreichen, erleben auf der einen Seite eine Willkommenskultur, die in Europa ihresgleichen sucht. Auf der anderen Seite schlagen ihnen aber auch Hass und Ablehnung entgegen. Im Küstenstädtchen Barth in Mecklenburg-Vorpommern nehmen die meisten Einwohner ihre neuen Nachbarn als Herausforderung an.

Von Günter Rohleder | 25.09.2015

Das Gemeinschaftshaus für Asylbewerber in Barth.

„X.y.z. Das ist nett. Super! Wir sind echt gut! Eine Barther Band. Bei Aufgabe fünf seht ihr ganz viele Buchstaben in einem Kasten. – Genau, ihr müsst sprechen, bitte auf Deutsch.“

Sie heißen Sarah, Mohamadou und Baschir, sie kommen aus Eritrea, Afghanistan und Syrien. 20 Frauen und Männer zwischen Anfang 20 und Ende 50 sitzen im Kreis um die Lehrerin, schreiben in ihre Hefte und üben erste Sätze auf Deutsch. Licht fällt durch die offene Tür und von schummrigen Deckenlampen in einen weiß getünchten Raum. Auf einem Sofa schläft ein Kind. Der Raum liegt im ersten Stock eines Fabrikgebäudes. Das Fabrikgebäude steht in Barth, ein 9.000-Einwohner-Städtchen an der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern. Zugewandt und mit freundlichen Gebärden stimmt Karoline Preisler, halblanges braunes Haar, lila Brille, die Lernenden auf deutsche Laute ein.

„Sie lesen und finden heraus, was falsch ist. Lesen Sie und suchen Sie den Fehler. Aufgabe D.“

„Und jetzt sehe ich's als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache, ich verbringe dort meine Zeit, ich mache aktive Nachbarschaftshilfe und nun sehe ich also von der Seite des Ehrenamtlers, dass es am Ende der Welt knallt und wir die Auswirkungen in Mecklenburg-Vorpommern spüren, in einer Stadt, die vor zwei Jahren drei gemeldete Ausländer hatte.“

Das Fabrikgebäude in Barth ist umgeben von eingefallenen Gewächshäusern und Plattenbausiedlungen. In einem nahe gelegenen Hochhaus sind die Flüchtlinge untergebracht, zurzeit ungefähr 200.

Die Idee, etwas in Barth zu verändern, entsteht

In ihrem Brotberuf ist Karoline Preisler Juristin. Im Juli 2011 kommt sie frisch aus Berlin nach Barth. Auf dem Weg in die Altstadt wird sie von einem Demonstrationszug der NPD überrascht. Die Polizei begleitet die Nazis, Anwohner schauen zu, niemand protestiert. Karoline Preisler kann es nicht fassen:

„Diese Duldungsstarre hat mich total schockiert.“

Sie kauft sich einen Filzstift, schreibt „NPD raus aus Mecklenburg-Vorpommern“ auf ein Blatt Papier und stellt sich damit an die Straße. Drei junge Nazis lösen sich aus ihrer Schar, gehen auf sie los, spucken sie an. Karoline Preisler bleibt an ihrem Platz. Als es zu regnen beginnt, kommt eine Frau aus einem Laden und bringt ihr einen Schirm. Jetzt sind sie schon zwei und so entsteht die Idee, in Barth Süd etwas zu verändern.

„Perspektivlosigkeit, Plattenbau, Stadtrand, demografischer Wandel, Wendeverlierer, Land der meisten Schulabbrecher bundesweit. Sie haben keine Lobby, es gibt hier Menschen in Barth Süd, die haben einfach niemanden, der sich für sie stark macht. Und da kam unser Konzept, eben einen Nachbarschaftstreff, ein Zentrum einzurichten mit regelmäßigen Treffen, mit kostenlosem Tee, Kaffee, mit einer Kleiderkammer, mit einem Impuls, Hilfe zur Selbsthilfe zu geben.“

Im Herbst 2013 bauen sie die Infrastruktur auf: Kleiderkammer, Möbellager, ein Raum für Beratungsgespräche, Nachhilfe und regelmäßige Treffen, alles auf Spendenbasis, alles umsonst. Es gibt keine Kasse und kein Konto.

„Und als dann ein halbes Jahr später Flüchtlinge nach Barth kamen, waren wir die Einzigen, die auf dieses Ereignis vorbereitet waren, wir hatten die fertige Struktur schon. Wir hatten uns bereits Menschen in Not zugewandt und jetzt kamen auf einmal ganz andere Menschen in Not dazu, aber zu einer fertigen Struktur, und haben Barth Süd belebt, die haben Impulse mitgebracht, das hat uns eigentlich vorangebracht.“

„Wenn ich mich selber engagiere und das vielleicht zum ersten Mal in meinem Leben tue und damit eine positive Erfahrung verbinde, dann entsteht daraus immer die Tendenz, dass die Leute damit weitermachen.“

Harald Welzer, Sozialpsychologe und Direktor der Stiftung Futur Zwei in Potsdam.

„Das ist sehr interessant, weil die Erfahrung von Wirksamkeit und Selbstwirksamkeit ist für Menschen unglaublich positiv. Und wie bei jeder positiven Erfahrung neigt man dann dazu, die wieder haben zu wollen, das heißt, die Leute bleiben in der Regel dabei. Das heißt, diese eine Erfahrung wird etwas für sie verändern, was ihr Engagement in Bezug auf die Gesellschaft betrifft.“

Ein nationales Sommermärchen

40 Freiwillige machen mit im Barther Nachbarschaftstreff, vor allem Frauen, ihr Einkommen beziehen sie meist aus Arbeitslosengeld oder Invalidenrenten. Den Flüchtlingen begegnen sie mit Neugier. Manche lernen Englisch oder Arabisch, um sich besser mit ihnen verständigen zu können.

Die Welle aus Solidarität und Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen, die im Sommer 2015 dann durch die gesamte Republik geht, ist für den Sozialpsychologen Harald Welzer ein Phänomen, verhalte sich die Mehrheit der Einheimischen doch ganz anders, als es Politik, Medien oder Wissenschaft vorhergesagt hätten. „Die individuelle Hilfsbereitschaft, die Gründung von Initiativen, der massenweise Zulauf zu den Initiativen, die Szenen an den Bahnhöfen, das ist für sich genommen unheimlich überraschend. Wenn man das jetzt mal quantifizieren würde, dann liegt man trotzdem bei irgendwie schätze ich, fünf Prozent der Bevölkerung oder so was. Insofern ist noch viel überraschender, dass wir die Umfragen haben, wo Sie mit dem Anwachsen des Problems steigende Befürwortungszahlen haben. Und das ist sozialpsychologisch ein ganz irres Phänomen, weil: Wir würden das Gegenteil erwarten.“

Doch wie tief wurzeln solche durch Umfragen herausgefundenen Solidaritätsbekundungen? Sind sie mehr als Stimmungsbilder?

Längst wird das Phänomen als nationales Sommermärchen erzählt und für den Politologen Herfried Münkler von der Berliner Humboldt-Universität ist das Märchen schon Realpolitik. Die Willkommensgesten der Bürger und die spontane Entscheidung von Kanzlerin Angela Merkel, das Dublin-Abkommen auszusetzen und Flüchtlinge aus Ungarn ohne weitere Formalitäten einreisen zu lassen, so Münkler, hätten das wirtschaftlich ohnehin übermächtige Deutschland in Europa nun auch als „Vormacht in humanitären Fragen“ etabliert.

Karoline Preisler erzählt von einer jesidischen Familie aus Syrien, die nach einer langen Flucht schließlich nach Barth kommt.

„Fünf Menschen haben sich auf die Flucht gemacht, da sind sie auf der Straße beschossen worden. Sie sehen ihre erschossene Tochter auf der Straße liegen, sie dürfen das Kind nicht aufheben und nicht beerdigen. Die Mutter und eine weitere Tochter sind vergewaltigt worden, der Sohn hat zugeguckt, der Vater hat zugeguckt, dann sind sie in die Türkei geflüchtet über die grüne Grenze. Dort haben sie das letzte Geld, was sie hatten, aufgetrieben, haben einen LKW gefunden und sind hierhergekommen. Sie kommen nach Barth, sie sind seit zwei Tagen in Barth. Die Tafel ist für solche Menschen da. Sie gehen zur Tafel und das allererste was sie hören: ‚Ihr Ausländer kriegt alles vorn und hinten reingesteckt, kommt wieder, wenn alle Deutschen mit Essen versorgt wurden.‘“ „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“

Weltweit sind Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung, sozialer Verelendung. Millionen Menschen vegetieren in Lagern dahin, die meisten Lager befinden sich in armen Ländern, in Jordanien, im Libanon, im Sudan. Menschenzahlen, die im Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung um ein Vielfaches über denen liegen, die für Deutschland derzeit als zumutbar gehandelt werden. Und dann auf der Flucht nach Europa ertrinken Tausende im Mittelmeer.

Regelmäßig gibt es in Deutschland von Ressentiments und Hass getragene Großdemonstrationen gegen Menschen nichtdeutscher Herkunft oder muslimischen Glaubens und regelmäßig gibt es Angriffe auf Asylsuchende und Flüchtlingsheime. Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer forscht seit Jahrzehnten an der Universität Bielefeld zu Gewalt, die sich aus Diskriminierung, Ressentiments und Rassismus gegen bestimmte Menschengruppen speist. Heitmeyer nennt solche abwertenden und menschenverachtenden Einstellungsmuster „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“.

„Damit ist gemeint, dass Gruppen von Menschen unabhängig von ihrem individuellen Verhalten in die Abwertung und Diskriminierung durch große Teile der Bevölkerung hineingeraten. Dabei geht es nicht nur um Ausländer, um Migranten, um Muslime, sondern auch um Homosexuelle, Obdachlose, Behinderte, inzwischen auch Langzeitarbeitslose und natürlich auch die Juden.“

Die Gewalt gegen die Anderen als Gruppe entwickelt sich in einem bestimmten gesellschaftlichen Klima und sie sei auf Legitimation, das heißt, auf eine Begründung, angewiesen, unterstreicht Heitmeyer. Diese Legitimation fänden die Täter in den Einstellungsmustern der ganz normalen Bevölkerung.

„Insofern kann sich die ganz normale Bevölkerung nicht einfach verabschieden und sagen, wir haben mit den Rechtsextremen nichts zu tun. Faktisch auf der Handlungsebene ist dieses ja richtig, aber auf der anderen Seite sind wir Bürger dann mit verantwortlich dafür, dass so etwas passiert. Dies wird in der Gesellschaft gerne weggeschoben und auch in der Politik, da wird aufgeteilt. Auf der einen Seite die humane Gesellschaft und auf der anderen Seite sind es dann die Rechtsextremen. So schlicht ist die Welt nicht.“

In die Decke des Raums, in dem Karoline Preisler Flüchtlinge unterrichtet, wurde kürzlich ein Hakenkreuz gebrannt. Die Täter wurden nicht ermittelt.

1.500 der knapp 9.000 Einwohner von Barth sind Mitglieder in einer Gruppe des sozialen Netzwerks Facebook unter dem Namen: „Barther, die sagen, was sie denken – Wo seid Ihr?“ Fremdenfeindliche Pöbeleien, wie die der einheimischen Tafelkunden gegen eine syrische Familie vervielfachen sich hier. Die Rechtsanwältin Karoline Preisler erstattet Anzeige gegen die menschenverachtenden Hassbotschaften im Netz und schreibt dem Administrator.

Doch nicht die Gruppe wird gesperrt, sondern sie als Nutzerin. Karoline Preisler:

„Wenn ich dann das rechte Gepöbel sehe oder eine Facebook-Gruppe mit 1.500 Usern, die hasst, zu Gewalt aufruft und sich ausschließlich um Barth dreht. 1.500 Menschen hassen es, dass 200 geflüchtete Menschen bei uns Heimat gefunden haben. Und das auch nur vorübergehend, denn wöchentlich werden bei uns Menschen abgeschoben.“

Der Sozialpsychologe Harald Welzer räumt ein, dass gerade in kleineren Kommunen oder auf dem Land fremdenfeindliche Tendenzen von rechten Gruppen instrumentalisiert werden. Da sei Sensibilität geboten. Aber wenn man die Bundesrepublik als ganze betrachte, seien die Ausgrenzer deutlich in der Minderheit. Die Situation im Land sei eine völlig andere als noch vor 20 Jahren, zu Zeiten von pogromartigen Ausschreitungen gegen Asylsuchende etwa in Rostock-Lichtenhagen. Harald Welzer:

„Es ist keine Gesellschaft vorstellbar ohne Gruppen, die Ausgrenzungswünsche haben, die menschenfeindliche Vorstellungen hegen. Wir kennen solche Gesellschaften nicht. Die gab es noch nie. Und selbst in solchen Gesellschaften wie den skandinavischen, die nun diesen Volksheimcharakter haben der totalen Partizipation, haben Sie rechtsextreme Parteien. Sie haben sogar Anschläge und alles dies. Das ist nicht vermeidbar, weil es immer Personen in Gesellschaften gibt, die sich selber benachteiligt fühlen oder auch benachteiligt sind. Und die müssen irgendwo hin mit ihren Aggressionen und dann geht das in solche Richtungen. Für den Gegenwartszustand finde ich das für völlig überschaubar, was es an Ausgrenzungsorientierungen gibt, ich glaube, sie sind erheblich niedriger, als sie vor zwei Jahrzehnten gewesen sind und sie haben keine Gelegenheitsstruktur, weil die Bevölkerungsmehrheit vollkommen anders sich artikuliert.“

Der Soziologe warnt vor Opfer erster und zweiter Klasse

Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer kommt dagegen zu der Einschätzung: Je höher die soziale Ungleichheit, desto höher seien auch die Risiken für Ausgrenzung und Gewalt. Außerdem dürfe man mit den Begriffen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus nicht Opfer erster und zweiter Klasse etablieren, warnt Heitmeyer, sodass etwa Obdachlose und Langzeitarbeitslose aus der Wahrnehmung fallen. Steht das Syndrom der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit doch im Kern für eine Ideologie der Ungleichwertigkeit, die sich zum Beispiel darin äußert, dass Menschen nach ökonomischen Kategorien bewertet werden. Wilhelm Heitmeyer:

„Das heißt: Menschengruppen werden in erster Linie nach Effizienz, Verwertbarkeit und Nützlichkeit eingestuft. Und da kann man sich natürlich denken, wer dort in den Fokus dieser Art von Abwertung von oben sozusagen gerät. Das sind Obdachlose, das sind Behinderte, das sind vor allem, vor allem Langzeitarbeitslose und natürlich niedrig qualifizierte Migranten und jetzt werden es sicherlich auch niedrig qualifizierte Flüchtlinge und Asylbewerber sein.“

Über Geflüchtete habe er keine aktuellen Daten, sagt Wilhelm Heitmeyer, aber im Jahre 2011 seien die Asylbewerber mit in die Langzeituntersuchung hineingenommen worden und die Abwertungsquote gegen diese sei damals sehr deutlich gewesen. Immer wieder ist in Politikerreden von Asylmissbrauch die Rede, etwa gegenüber Flüchtlingen, die aus sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ – wie etwa Serbien oder Mazedonien – kommen, oder von Einwanderung in das deutsche Sozialsystem. Sprache verrät viel über Einstellungen: „Vorrang für die Anständigen“ hieß ein Papier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit aus dem Jahre 2005. „Gegen Missbrauch, Abzocke und Selbstbedienung im Sozialstaat.“ Wilhelm Heitmeyer zitiert daraus:

„Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen – ihren Wirten – leben, übereinstimmend die Bezeichnung Parasiten.“ Zitat Ende. Dieses ist ein regierungsamtliches Dokument unter der Ägide des Wirtschaftsministers Clement. Ich möchte nicht wissen, durch wie viel Hände hochgebildeter Ministerialbeamten dieses Papier hindurch gegangen ist.“

Wilhelm Heitmeyer nennt das die Brutalisierung von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit durch staatliche Akteure. Das seien keine wild Gewordenen aus dem rechtsextremen Milieu, sondern da schimmere rohe Bürgerlichkeit auf, mit staatlicher Absicherung. Rohe Bürgerlichkeit, die hinter einer geschliffenen Fassade mit rabiatem Gedankengut operiere.

„Gehen Sie mal in die elitären Klubs. Sie werden Ihr blaues Wunder erleben.“

„Jeder Mensch ist eine Bereicherung“

Karoline Preisler in Barth sieht in den Neuankömmlingen erst einmal Menschen. Sie wirkt offen, ihnen zu begegnen und von ihnen zu lernen.

„Wir haben eine Chance bekommen und haben sie genutzt. Unser Nachbarschaftstreff schließt eine Lücke in unserem sozialen System, es geht um Ausgrenzung, um Verelendung in der Gesellschaft und gleichzeitig haben wir, als die Aufgabe der geflüchteten Menschen kam, geflüchtete Menschen kommen in ein Bundesland, wo seit 20 Jahren keine Flüchtlingspolitik betrieben wurde, nach Rostock Lichtenhagen. Jetzt kommt also eine Aufgabe und alle sind überrascht. Es gibt keine Struktur, sie kommen hierher. Und für uns war es nicht nur eine Aufgabe. Es war ein Geschenk, Es ist ein Geschenk, und zwar jeden Tag.“

Auch Christian Herwatz sieht das so. Jeder Mensch, auf den er sich einlasse, sei eine Bereicherung, sagt der Jesuit aus Berlin.

„Jeder Mensch ist eine Bereicherung. Und erst recht aus den verschiedenen Kulturen, das sind immer Bereicherungen. Ob ich sie annehmen kann oder ob es mir zuviel wird, da kann man ja drüber streiten. Aber es ist immer eine Bereicherung, ein Mensch.“

Seit über 30 Jahren lebt Christian Herwartz in einer offenen Wohngemeinschaft in Berlin-Kreuzberg, die Menschen in Notsituationen Obdach bietet. Häufig sind sie auf der Flucht. Er hat mit Menschen aus über 70 Ländern zusammengelebt. Es gehe ihm nicht darum zu helfen, sagt Herwartz.

„Wenn ich den Gedanken habe, ich müsste den anderen versorgen, bin ich schon auf'm absteigenden Ast. Es geht nicht um Helfen, überhaupt nicht, es geht darum, den anderen anzunehmen. Und dann zu merken, dass er aus Situationen kommt, die brutal sind, oft. Und die von den meisten als normal angesehen werden. Dass wir ein Wirtschaftswunderland sind und überall die Ressourcen ausnutzen, wird als normal angesehen. Aber das ist der Tod von Menschen. Da werden Menschen durch getötet. Und diese Normalität und uns als so großartig hinzustellen mit unserer Wirtschaft, das ist doch Tötungsdelikt. Aber das müsste man auch sagen dürfen und wenn man das hier sagen darf, dann ist eine ganz andere Basis, mit Menschen in Kontakt zu kommen.“

https://www.deutschlandfunk.de/fluechtlinge-in-deutschland-zwischen-hass-hilfsbereitschaft-100.html


Freigeistig, gebildet und streng hierarchisch (2015)[Bearbeiten]

Die Jesuiten

Freigeistig, gebildet und streng hierarchisch

Klöster und Orden sind beliebt. Gerade kirchenferne Menschen finden dort Stille und Zeit für sich selbst. Auch Papst Franziskus ist ein Ordensmann, nämlich Jesuit. Die legen Wert auf eine akademische Ausbildung, wollen Einfluss nehmen – und sie ecken deshalb an.

Von Burkhard Schäfers | 10.08.2015

Der katholische Ordensstifter der Jesuiten, Ignatius von Loyola auf einem reproduzierten Ölgemälde. Er wurde 1491 geboren und verstarb am 31.07.1556 in Rom.

Es beginnt schon bei der Ordensgründung im 16. Jahrhundert: Ignatius von Loyola, ein Adeliger aus dem Baskenland, wendet sich mit einigen Gefährten direkt an den Papst. Der soll sie dorthin schicken, wo er es für sinnvoll hält – als Elitetruppe, die den christlichen Glauben verbreitet. Auf eine Ordenstracht verzichten die Jesuiten, auch das sorgt für Aufsehen. Im Establishment der katholischen Kirche eckt Ordensgründer Ignatius an, sagt der Jesuit Patrick Zoll:

„Er ist schon innerkirchlich ein Mann, der provoziert. Ein Mann mit Ecken und Kanten, der mit einer langen Ordenstradition gebrochen hat. Auf einmal Ordensmänner, die kein Habit mehr tragen, die kein Chorgebet mehr beten. Und mit dem Anspruch, Elite zu sein – das hat provoziert. Er ist ein kantiger, ein ungemütlicher, ein teilweise auch verstörender Heiliger.“

Freigeist mit Zopf

Ignatius schreibt seinen Ordensleuten ein langes Studium vor: Theologie, Philosophie, wenn möglich weitere Fächer. Und so ist Bildung bis heute ein Schwerpunkt der Jesuiten: Sie haben Schulen, Universitäten, leiten Akademien und wissenschaftliche Einrichtungen. Ihr Engagement geht weit über die katholische Theologie hinaus: In Fragen von Medizin und Ethik, Kultur, im wirtschaftlichen Diskurs oder in der Debatte mit dem Islam. Patrick Zoll lehrt Sozialethik an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München. „Die Auseinandersetzung mit anderen Weltanschauungen, anderen Religionen, die Vermittlung von Orientierung in einem pluralen Kontext, wo man nicht mehr von einer einheitlichen, konfessionellen Kultur ausgehen kann. Dass da Philosophie – aber auch andere Wissenschaften – ein gutes Instrument sind. Dass Menschen lernen, ihre Vernunft in einem kritischen Sinne zu gebrauchen. Und vielleicht auch merken, dass Glaube und Vernunft kein Widerspruch sein muss.“

Patrick Zoll trägt längere Haare, zusammen gebunden zu einem Zopf. So offen und freigeistig die Jesuiten daherkommen, so widersprüchlich wirkt auf viele die straffe Hierarchie des Ordens. Gehorsam gilt als hohes Gut. Ordensobere werden nicht gewählt, sondern ernannt. In einer Gesellschaft, die Freiheit und Autonomie über fast alles stellt, klingt das wie aus der Zeit gefallen.

„Ich glaub das ist ein modernes Vorurteil, dass Bindung an etwas immer ein Widerspruch sei zur Freiheit. Wenn man sagt: Meine Freiheit besteht darin, zwischen verschiedenen Möglichkeiten wählen zu können, dann aber auch eine zu wählen, einen Lebensweg konsequent zu gehen – ich glaube, dass das Menschen Sinn gibt, sie frei macht. Hingegen wenn ich keine Kriterien hab und ständig überlegen muss, mache ich jetzt dies oder das – ich glaube nicht, dass das ein Ausdruck von Freiheit ist.“

Gefragte Experten

Wie andere Ordensleute versprechen die Jesuiten neben dem Gehorsam ein eheloses und bescheidenes Leben. Ideale, die heute vielen befremdlich erscheinen, sagt Professor Gert Pickel, der an der Universität Leipzig Religionssoziologie lehrt.

„In den 50er-Jahren war Gehorsam einer der wichtigsten Erziehungswerte überhaupt. Mittlerweile ist er einer der am wenigsten genannten Erziehungswerte. Jetzt ist es Individualität, Selbstentfaltung des Einzelnen. Und das korrespondiert nicht mehr so ganz mit dem Angebot, das Orden auch mit Armut, mit Rückzug anbieten. Das ist für viele junge Menschen eben nicht so attraktiv.“

Die Jesuiten leben weniger zurückgezogen – nicht in Klöstern, sondern in Kommunitäten, einer Art Wohngemeinschaften. Ihr Auftrag ist der Dialog zwischen Kirche und Welt. Sie versuchen, verschiedene Disziplinen zusammen zu bringen: Philosophie und Naturwissenschaft etwa oder Religion und Politik.

„Das führt sie sehr stark in die Welt hinein. Bis an die Universitäten, hinein in Diskurse, die gegenwartsbezogen sind. Und diese Diskurse geben ihnen die Möglichkeit zu partizipieren, in die Welt zu wirken. Aber das bedeutet, dass sie wesentlich stärker diesen Diskursen auch ausgeliefert sind. Zum Beispiel die Bedeutung, die Wirksamkeit von Religion auch thematisieren. Das ist natürlich eine gewisse Anfechtung, mit der man umzugehen hat.“

Contra-kulturelles Programm

Trotzdem sind die Jesuiten gefragte Experten. Sie bieten Seminare für Manager internationaler Konzerne an, etwa zu moderner Führungskultur oder zum ethischen Wirtschaften. Und sie beraten Spitzenpolitiker ebenso wie große Verbände.

Ordensleute gelten als besonders unabhängig, sagt Religionssoziologe Pickel – gerade im Vergleich zu sonstigen Beratungsunternehmen.

„Diese Unabhängigkeit kann sehr hilfreich sein. Weil es Positionen ermöglicht, die vielleicht auch mal konträrer sind. Und die Unabhängigkeit des Ordens ihnen die Chance gibt, als Berater auch mal Unangenehmes zu sagen, was ja nicht jeder Berater tut. Durch den Rückzugsort des Ordens hat man eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber Mechanismen in einer Gesellschaft, die wir in der Ökonomisierung, aber auch in diesem Bereich wiederfinden.“

Wie Jesuit Patrick Zoll: Als Sozialethiker versucht er, in politischen Debatten gewisse Gegenakzente zu setzen.

„Wir sehen es an der Griechenlandkrise, wir sehen es am Scheitern der EU, eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen zu organisieren. Dass man sagt: Das Gemeingut ist mehr als ein Aushandeln von individuellen Präferenzen und Interessen. Und dass das etwas ist, was fehlt in vielen politischen Diskursen – dass es eine Politik des Gemeinguts braucht.“

Die Jesuiten wollen aber nicht nur mit Worten in die Gesellschaft hineinwirken. Allein schon der Lebensentwurf widerspreche der kulturell vorherrschenden Norm, was erstrebenswert sei. Als Ordensmann Verzicht zu versprechen, sei eine Lebensform, die andere zum Nachdenken bringen könne, sagt der 37-Jährige.

„Nehmen wir das Stichwort Sexualität: Es muss ja eine Provokation sein, ein Leben zu leben und zu sagen, jegliche Befriedigung sexueller Bedürfnisse und Wünsche ist nicht gleichzusetzen mit einem erfüllten und glücklichen Leben. Ich glaube, das ist zeugnishaft in einer Kultur, die ja durchaus hypersexualisiert ist, als Sinnangebot und in gewisser Weise als ein contra-kulturelles Programm.“

Wie andere Ordensleute werden auch die Jesuiten in Mitteleuropa immer weniger und immer älter: Der Altersdurchschnitt in Deutschland liegt bei 65 Jahren, insgesamt leben hierzulande gut 350 Jesuiten. Orden könnten heute nicht mehr die ganze Gesellschaft prägen, sagt Patrick Zoll. Aber sie könnten kleine kreative Inseln sein – wo sich Glaube anders erfahren lässt als in den oft überalterten Kirchengemeinden. Wenn es die Jesuiten nicht mehr gäbe, was würde den Menschen fehlen?

„Ich glaube, wenn die Jesuiten verschwinden, wäre das nicht dramatisch. Aber ich glaube schon, dadurch, dass wir einen Schwerpunkt legen auf Bildung, auf Kultur, dass wir doch eine immer noch wichtige Funktion haben in einer Kultur Brückenbauer zu sein zwischen verschiedenen religiösen Ansichten – christlicher, nichtchristlicher Art, aber halt auch atheistischer und agnostischer Art – dass sie einen interessanten Gesprächspartner verlieren könnten.“

Weltweit gibt es knapp 17.000 Jesuiten. Dass der Orden mittelfristig aus dem Leben der katholischen Kirche verschwindet, ist unwahrscheinlich. Zwar drängten die Vorgänger von Papst Franziskus die Jesuiten eher an den Rand und bevorzugten andere religiöse Bewegungen. Der amtierende Papst aber ist selbst Jesuit.

https://www.deutschlandfunk.de/die-jesuiten-freigeistig-gebildet-und-streng-hierarchisch-100.html

101 Wege, nicht zu schreiben[Bearbeiten]

101 Wege, nicht zu schreiben

21. August 2016

Der Tipp kam von einer nichtschreibenden Freundin, die gern Deutschlandfunk hört und so auf die "101 Wege, nicht zu schreiben" kam.

Ich habe gerade die Textfassung des Features gelesen und es hat mir gut gefallen - es gibt aber auch die Hörfassung im Netz, für den, der lieber hört.


Autoren als Ratgeber

101 Wege, nicht zu schreiben

Terezia Mora, Schriftstellerin

Die Schriftstellerin Terézia Mora erzählt, wie es sich anfühlt, vor einem leeren Blatt zu sitzen.

Von Julian Doepp · 19.08.2016

„Ein Buch schreiben“ steht auf Platz zwei aller im Internet geteilten Ziele, nach „Gewicht verlieren"und gefolgt von „Nichts mehr aufschieben“. Nicht wenige Autoren haben den Fallstricken des Schreibens ganze Bücher gewidmet: Mutmach-Essays, Werkstatt-Autobiografien, dokumentierte Verzweiflung und gute

Inzwischen hat sich daraus fast ein eigenes Genre entwickelt – von Rilke über Hemingway bis zu Stephen King, von „Briefe an den jungen Dichter“ bis Selfpublishing. Welche praktischen, wirksamen Ratschläge sich überhaupt finden, soll ein Selbstversuch klären.

Zur Seite stehen die deutsche Buchpreisträgerin Terézia Mora, die ihre Poetik jüngst an der Frankfurter Universität vorgetragen hat, und der Creative-Writing erfahrene Autor Benjamin Lytal, den die New York Times als „meisterlich“ lobt. So ergibt sich aus Einblicken in den Alltag vor dem leeren Blatt und in die Strategien derer, die es geschafft haben, zugleich eine kleine Sozialstudie des Schriftstellerdaseins.

Produktion: DLF 2015

https://www.hoerspielundfeature.de/autoren-als-ratgeber-101-wege-nicht-zu-schreiben-100.html


22. August 2016

Schreiben im Restaurant wäre mir pure Geldverschwendung - ich werde da gleich an Zürich erinnert, der "Stadt der tausend Brunnen" - und keinen Meter neben den Brunnen sitzen Straßencafe-Besucher und lassen sich teuer Wasser servieren...Naja, c est la vie... aber nicht mein vie, vielleicht zu französich.


Und creatief freithing ist vielleicht etwas zu denglisch für mich.


Weil ich Notizen mache, werde ich wahrscheinlich nie zum Schreiben kommen. Und das Pflegen meines Wort-Schatzes läßt mir auch nicht wirklich Zeit zum Publiciren.


Und durch Xberg laufen und auf "das Unvorhergesehene" zu warten wie weiland die Theilnehmer von "Exercicien auf der Straße" vom "Schlauen Jungen" und Vordenker und vor allem Vor-Leber SJ Christian Herwartz - das muß ich mir auch nicht geben, ich habe einige Jahre in SO 36 gelebt... (und nicht im schicky micky Xbergmannstraße).


Nun ja, vielleicht habe ich auch einen Schimmer und bin deswegen literaturuntauglich. Vielleicht aber habe ich doch keinen Schimmer. Wer weiß. Ich weiß nur, daß ich nichts weiß.


Und dann kann ich noch nicht einmal meine Figur so entwickeln, wie ich gerne hätte - geschweige denn eine fremde...


Ich weiß auch noch nicht einmal, ob ich nun schlechte Sätze oder gute Sätze schreibe - wie kann da auf zehn schlechte jemals ein guter folgen?


Und vor allem anderen: mir fehlt der offene Sarg von Edith Sitwell! Nur angesichts des "Memento mori" ist man zu höchster Kunst fähig. Oder auch nicht. Wer weiß.


Vielleicht sollte ich ein Ritual erfinden, Schreibstunden nehmen oder geben oder wer weiß was...


Ist meiner nun schon der 102. Weg, nicht zu schreiben? Wer weiß, wer weiß...


Ich brauche einen Schreib-Rath. Am besten, einen Oberschreib-Rath. Wir sind schließlich in Deutschland.


MfG Walter

2 Mal editiert, zuletzt von Walter Hilton (23. August 2016)

https://forum2.42erautoren.de/forum/index.php?thread/25223-101-wege-nicht-zu-schreiben/

Nachruf auf Christian Herwartz: Der tätowierte Missionar (2022)[Bearbeiten]

Nachruf im Tagesspiegel: Christian Herwartz (SJ)

Veröffentlicht am 11. April 2022

Vor gut drei Wochen hat uns Jörg besucht. Viele Jahre war er Pfarrer der evangelischen Emmauskirche in Kreuzberg und mit Christian Herwartz immer wieder in diversen Anliegen verbunden. Jörg schreibt schon viele Jahre Nachrufe für den Tagesspiegel über ganz normale Berliner. Wir haben lang mit ihm gesprochen. Nun ist gestern – also im Tagesspiegel vom 10. April – eine sehr gekürzte Fassung erschienen und zwei Wochen später auch online –

Die vollständige Fassung des Nachrufs wird Anfang Mai in einem anderen Medium publiziert. Wir dürfen sie dann auf dem Blog übernehmen. Dieser ausführliche Nachruf wird dann unter dem Headerbild in der Spalte „Seiten“ abrufbar sein, aus presse- und medienrechtlichen Gründen nach der Erstveröffentlichung. Anhören kann man den Beitrag unter dem Titel „Christian Herwartz – ein Leben jenseits der Komfortzone“ beim Deutschlandfunk und zwar hier.

Am 9. Juni 2022 gab es im Rahmen der Morgenandacht einen Beitrag (4 Minuten) über unser offenes Samstagsfrühstück

https://naunynblog.wordpress.com/2022/04/11/nachruf-im-tagesspiegel-christian-herwartz-sj/


Nachruf auf Christian Herwartz: Der tätowierte Missionar

Ein Jesuit ist überall Jesuit, warum nicht auch an der Drehmaschine? Und manchmal stand die Polizei vor seiner Tür

13.04.2022, 15:34 Uhr

Als sich die 68er längst auf dem Weg durch die Institutionen befanden, stand Christian Herwartz hinter einer Werkbank und arbeitete im Akkord. In gewissem Sinne war auch er einer von ihnen, nur war sein Weg ein ziemlich anderer.

Sein Vater war U-Bootkapitän, später Offizier der Bundeswehr. Nach der Schule arbeitete Christian auf einer Werft in Kiel, absolvierte eine Offiziersausbildung bei der Bundeswehr und holte schließlich noch sein Abitur nach. Der Christenglaube war ihm vom Vater eingepflanzt worden, nun suchte er nach einer Gemeinschaft, in der er ihn leben und verbreiten konnte. Die Jesuiten entsprachen seinen Vorstellungen: Eine gebildete Gemeinschaft, die sich nicht hinter Klostermauern zurückzog, sondern mitreden wollte. Er trat dem Orden bei und studierte Theologie und Philosophie. Das war Ende der 60er, Anfang der 70er; die meisten Novizen verließen den Orden wieder. Zu revolutionär die Zeiten, um sie katholisch zu verbringen, da änderte auch das Zweite Vatikanische Konzil nicht viel, das die Kirche wie den Orden gründlich veränderte. Warum nicht das Revolutionäre mit dem Katholischen verbinden, dachte Christian Herwartz und wandte sich der „Theologie der Befreiung“ zu.

Er ging nach Frankreich, wo es die „Arbeiterpriester“ gab. Sie gingen in die Betriebe. Ein Jesuit ist überall Jesuit, warum nicht auch an der Drehmaschine? Der Orden war einverstanden; „Bruder Herwartz SJ“ leistete seinen Dienst unter Arbeitern in Toulouse. Er wurde Ausbilder an einer hochmodernen Maschine aus Deutschland – und Gewerkschafter, der mit den Kommunisten sympathisierte. Folglich wurde er gekündigt, ging noch nach Paris und schließlich zurück nach Deutschland, wo er 1976 zum Priester geweiht wurde.

Priester im Blaumann oder Kommunist unter der Soutane

Was keineswegs hieß, dass er Gemeindepfarrer wurde oder irgendeinen Job innerhalb der Kirche suchte. Er zog nach Berlin, um als Lagerarbeiter und Dreher zu arbeiten. Statt die komfortable Unterkunft der Jesuiten am Lietzensee, bezog er zunächst ein Wohnheim mit vielen ausländischen Arbeitern. Von seinem gewerkschaftlichen Engagement wussten viele, nur wenige wussten von seinem kirchlichen Amt. Linke Fundamentalisten misstrauten dem Priester im Blaumann. Manche Ordensbrüder hingegen sahen in ihm den Kommunisten unter der Soutane. Als es bei einer Protestaktion vorm Werkstor zur Sache ging, und Christian einen türkischen Kollegen gegen beleidigende Polizisten verteidigte, lautstark und heftig, gab es eine Anzeige. Die Geldstrafe bezahlte er nicht; es folgten zwei Wochen Gefängnis, und Christian, der sein Tun gern in größere Zusammenhänge stellte, fragte: „Warum sitzen so wenige Christen im Gefängnis, wo die Verfolgung für die ersten Christen doch eine Selbstverständlichkeit war?“

Ein Märtyrer war er bestimmt nicht, für ihn bot der Knast eher die Möglichkeit, eine fremde Welt kennen zu lernen. In den 80er Jahren suchte er die Nähe zu den Angehörigen der RAF-Gefangenen. Er kritisierte Haftbedingungen und Übergriffe auf vermeintliche Sympathisanten. Mit einem Jesuitenbruder, dessen Familie Morddrohungen der RAF bekam, lieferte er sich heftige Diskussionen.

Mit zwei anderen Jesuiten gründete er eine Wohngemeinschaft in der Naunynstraße, Kreuzberg, gleich überm „Trinkteufel“. Die Miete verdiente er mit seinem Fabrikjob. Im Orden funktioniert es grundsätzlich so, dass alle ihren Arbeitslohn in die Kasse geben, aus der jedem das Nötige bezahlt wird. Es gilt das Armutsgelübde. Jesuiten-WGs gab es viele, diese hier war einmalig. Es stand kein großer Plan dahinter, sondern die Auffassung, dass man, wenn jemand anklopft, Einlass gewährt. Hier wurde unten geklingelt, keine Gegensprechanlage, es surrte, oben öffnete sich die Wohnungstür. Nur herein! Tee oder Kaffee? Brauchst Du ein Bett? So glich die große Wohnung bald einem Wohnheim. Und Christian schlief mit sieben anderen in einem Zimmer.

Die Ankömmlinge durften erzählen, sie durften schweigen. Die meisten schwiegen erstmal, jedenfalls über sich. Ansonsten wurde viel geredet, laut gestritten, manchmal gesungen, geplant, verabredet. 70 Nationalitäten sind durch die WG gezogen, so hat Christian einmal überschlagen. Illegale, Halblegale, Abgedrehte, Suchende.


Die Polizei vor der Tür

Hin und wieder stand die Polizei vor der Tür und suchte nach Verdächtigen aus der Besetzerszene, später nach Leuten, die sich der Abschiebung entzogen. Man wusste ja, wie es hier zuging. Besucherinnen, Gäste schwärmen von der Offenheit und Freiheit, die in den abgewohnten Räumen herrschte. Es durfte nichts Wertvolles in der Wohnung sein, sonst hätte man ja aufpassen, kontrollieren müssen. Was geklaut wurde, war zu wertvoll oder einfach zu viel.

Christian verstand sich als Missionar, das ganz bestimmt, aber allergisch reagierte er, wenn man ihn für einen Sozialpastor hielt. Schon mit der Zuschreibung als Helfer erhebe man sich über den anderen. Er wollte Mitmensch sein, und durch das Zusammenleben und gemeinsame Aktionen zu Einsichten verhelfen. Er erfand die „Exerzitien auf der Straße“, entlieh Regieanweisungen aus der Bibel, ohne Schuhe, ohne Geld in die Stadt hinaus und abends besprechen, was geschehen war.

Als am jesuitischen Canisiuskolleg die Missbrauchsfälle aufgeklärt wurden, hätte er sich abwenden können. Er war ja in Kreuzberg gewesen. Aber die Täter aus dem Orden hat auch er gekannt. Jetzt stand er den Aufklärern zur Seite und befragte auch sich selbst: Was hätte ich tun können? Wie steht es um die Machtfrage in der Wohngemeinschaft? Wenn es um Gewalt ging, habe ich richtig reagiert?


Vor Jahren schon erhielt er die Diagnose Parkinson, eine schleichende Krankheit, mit den Einschränkungen konnte er lange Zeit relativ gut leben. Und er lernte, Hilflosigkeit zuzulassen, die schwerste geistliche Übung. Die WG übernahm eine Nachfolgerin, Christian zog sich in die Betreuung des Ordens zurück, zu denen, die ihn einst misstrauisch beobachteten und denen er oft mit gehöriger Arroganz begegnet war. Schwer fiel es ihm, plötzlich allein in einem Zimmer zu schlafen, diese Stille! Wäre er auf der Straße und ohne Papiere gestorben, man hätte ihn womöglich für einen Obdachlosen gehalten: langer weißer Bart, tätowiert am ganzen Körper. Über die Tattoos wäre man ihm vielleicht auf die Spur gekommen, lauter religiöse Motive. Offenbar ein frommer Mann.

[Wir schreiben regelmäßig über nicht-prominente Berliner, die in jüngster Zeit verstorben sind. Wenn Sie vom Ableben eines Menschen erfahren, über den wir einen Nachruf schreiben sollten, melden Sie sich bitte bei uns: nachrufe@tagesspiegel.de. Wie die Nachrufe entstehen, erfahren Sie hier.]

Jörg Machel


https://www.tagesspiegel.de/berlin/der-tatowierte-missionar-8019334.html


An eurer Seite! An eurer Seite! Christian Herwartz - ein Leben jenseits der Komfortzone[Bearbeiten]

An eurer Seite! Christian Herwartz - ein Leben jenseits der Komfortzone

Deutschlandfunk 01.05.2022 - 08:35

Über die Sendung:

Christian Herwartz war Arbeiterpriester, nah an den Menschen, ihren Sorgen und Nöten. Er war auch Lagerarbeiter und Dreher, an der Werkbank und im Arbeiterwohnheim. Eine Erfahrung zog sich durch sein bewegtes Leben: Gott begegnet überall.

Im Februar ist Herwartz in Berlin gestorben. Pfarrer Jörg Machel über Leben eines außergewöhnlichen Mannes.


Sendung nachhören


Jesus war Schreiner wie auch sein Vater, viele seiner Weggefährten waren Fischer. Die ersten Christen würde man heute wohl eine Graswurzelbewegung nennen. Das religiöse Establishment misstraute ihnen. Seit die Kirche auf die Seite der Macht gewechselt ist, hat sie den Kontakt zur Arbeiterschaft verloren. So sah das mein Onkel. Der war ein sehr selbstbewusster VW-Arbeiter. Und mit der Kirche hatte er schon früh gebrochen. Die paktiert mit denen da oben, nicht mit uns. Meinte mein Onkel.

Christian Herwartz hätte meinen Onkel verstanden. Ja, so hat er die Kirche auch erlebt, egal ob katholisch oder evangelisch, weit weg von der Welt der Arbeiterklasse. Der Begriff klingt heute altmodisch. Aber in den sechziger, siebziger Jahren gab es noch die Rede vom „Klassenbewusstsein“. Da stand mein Onkel am Band. Und Christian Herwartz wurde Arbeiter-Priester. Missionar im Sinne dessen, was mein Onkel befürchtete, war Christian nicht. Seine Mission war es, verstehen zu wollen. Christian Herwartz wollte das Leben der Menschen teilen, im Betrieb und auf der Straße.

Sein Vater war U-Bootkapitän, später Offizier der Bundeswehr. Seine Kindheit war durch ständige Umzüge geprägt. In keiner Schule war er lange genug, um sich einzuleben, immer neue Klassenkameraden, neue Lehrer, neue Lernstoffe. Nur schnell raus aus der Schule. Das Maschinenbaupraktikum in Kiel gefiel ihm. Unter den Werftarbeitern fühlte sich Christian wohl. Von dort wechselte er zur Bundeswehr. Dann aber entschied er sich, das Abitur nachzuholen, auf dem Collegium Marianum in Neuss. Christian entdeckte seine Liebe – die Gemeinschaft der Jesuiten. Denen trat er bei, studierte Theologie und Philosophie und wurde Priester.

Die Achtundsechziger brachten eine Aufbruchszeit, auch bei den Jesuiten. Das Zweite Vatikanum ließ Hoffnungen keimen. Er ging nach Frankreich, dort gab es die Bewegung der Arbeiterpriester. Sie entstand in der Zeit der Resistance, als Priester sich solidarisch und unerkannt an die Seite der Zwangsarbeiter stellten. Eine Konsequenz für Christian war es, den Kriegsdienst nun doch noch zu verweigern. Er ließ sich von der Theologie der Befreiung inspirieren: der Ansatz, die Menschen nicht zu belehren, sondern ihnen zuzuhören, war genau das, was er wollte. Wie gestaltet sich euer Leben? Woran liegt es, dass euch die gute Botschaft von Jesus Christus nicht erreicht? Welche Fragen, welche Sorgen bewegen euch? Was kann ich von euch lernen?

Und Christian hat gelernt. Zunächst an der Werkbank. Er wurde in Frankreich Dreher, später sogar Ausbilder an einer hochmodernen Maschine aus Deutschland. Doch er war auch Gewerkschafter, sympathisierte mit den französischen Kommunisten. Die vertraten für Christian die Interessen der Arbeiterschaft am konsequentesten.

Die Zeit in Frankreich hat Christian Herwartz geprägt und blieb ihm immer präsent. Nach seiner Priesterweihe 1976 zog er nach Berlin, begann dort als Lagerarbeiter und Dreher. Er wohnte nicht in der komfortablen Unterkunft der Jesuiten am Lietzensee, sondern im Arbeiterwohnheim, zusammen mit vielen ausländischen Arbeitnehmern. Man kannte Christian im Betrieb als engagierten Gewerkschafter, nur wenige wussten, dass er ein Studierter war. Einige, die es wussten, misstrauten ihm. Für sie war er nicht als ein „Priester“, der sich im Blaumann versteckt. Manche Ordensbrüder hingegen sahen in ihm einen „Kommunisten“ unter der Soutane.

Als es bei einer Protestaktion vor den Werkstoren mal wieder zur Sache ging, die Polizei sich einem türkischen Kollegen gegenüber fremdenfeindlich äußerte: da ging Christian dazwischen. Wahrscheinlich auch mit Leidenschaft und Lautstärke. Es gab eine Anzeige, Christian Herwartz wurde verurteilt zu einer Geldstrafe. Er zahlte nicht. Das Angebot der Gewerkschaft, die Schuld zu übernehmen, nahm er nicht an. Es folgten zwei Wochen Gefängnis. Christian lachte, als er sich von den türkischen Freunden vor dem Gefängnistor verabschiedete. Sie verliehen ihm am Eingang des Tores den Titel „Löwe der Gerechtigkeit“.

Hier gehörte er jetzt hin, zu den Ausgestoßenen, den Knackis. Christian Herwartz deshalb für einen Menschen zu halten, der das Martyrium suchte, wäre allerdings falsch. Er fand nur, dass man sich bei Anfeindungen nicht wegducken sollte. Und dass ihm sein Weg in den Knast eine Möglichkeit bot: eine fremde Welt kennenzulernen, die er sonst nur aus Erzählungen oder durch Besuche kannte.

In den achtziger Jahren suchte Christian Herwartz die Nähe zu den Angehörigen der RAF-Gefangenen. Mit ihnen diskutierte er die Haftbedingungen und setzte sich für eine menschliche Behandlung ein. Er erfuhr von Übergriffen auf vermeintliche Sympathisanten. Und sah doch eigentlich nur Familienangehörige, die den Terror zwar verurteilten, ihre Lieben aber nicht im Stich lassen wollten. Auch mit diesem Engagement machte er sich nicht nur Freunde innerhalb seines Ordens. Es gab da ja auch solche, die aus Familien kamen, die unter Morddrohung der RAF standen.

In Berlin-Kreuzberg kannte man Christian Herwartz durch seine Wohngemeinschaft über dem „Trinkteufel“ in der Naunynstraße. Viele Kreuzberger saßen irgendwann schon mal an dem großen Tisch zum Samstagsfrühstück. Da kann kommen wer mag, meist sind es ein gutes Dutzend, gelegentlich doppelt so viele. Und tatsächlich treffen sich dort Hinz und Kunz, von der Professorin bis zum Freigänger aus Tegel. Unten ist eine Klingel. Eine Gegensprechanlage gibt es nicht. Man klingelt, es surrt – komm rein, setz dich, Tee oder Kaffee? Das war´s, du bist da, du bist willkommen. Es gilt als unanständig zu fragen woher und wohin und warum. Du kannst erzählen und du darfst schweigen. Die meisten schweigen, jedenfalls über sich. Ansonsten wird viel geredet, laut gestritten, manchmal gesungen, geplant und verabredet. Wer keine Bleibe hat, kann nach einem Bett fragen. Ist eines frei, kannst du bleiben, wenn nicht, wir rücken zusammen, wird schon gehen. Siebzig Nationalitäten sind im Laufe der Jahre durch die WG gezogen, so hat Christian einmal überschlagen. Illegale, Halblegale, Untergetauchte, Abgedrehte. Eine Zeitlang stand häufig die Polizei vor der Tür und suchte nach Verdächtigen aus der Besetzerszene. Später nach Leuten, die sich der Abschiebung entziehen wollten. Man wusste ja, wie es hier zuging. Das hat nachgelassen in den letzten Jahren.

Wenn die Besucherinnen und Besucher von dieser speziellen Atmosphäre erzählen: sie schwärmen von der Offenheit und Freiheit, die in diesen abgewohnten Räumen herrscht. Das ist keine Sozialeinrichtung. Hier wird nicht von oben herab geholfen. Hier wird einfach nur gelebt. So als wäre die Menschheit eine Familie, in der jede und jeder ein Recht hat, dazuzugehören. Es darf nichts Wertvolles in der Wohnung sein, sonst müsste man ja aufpassen, kontrollieren. Das will Christian nicht. Was geklaut wird, war zu wertvoll oder einfach zu viel. Geradezu allergisch reagierte Christian, wenn man ihn zu einem Sozialpastor stempeln wollte. Schon mit der Zuschreibung als Helfer erhebt man sich über den anderen. Er wollte zusammenleben, Mitmensch sein, nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Etwas Urchristliches aber brachte er mit: das Bewusstsein, dass es sich bei jeder Begegnung mit einem Menschen um das Geschenk einer Begegnung mit Gott handelt. Mit jedem Hungernden, Dürstenden, Nackten, Wohnungslosen, der an deine Tür klopft, meldet sich Christus bei dir und gibt dir die Chance, sein Gastgeber zu sein.

Bei einem Samstagsfrühstück begann man die Knastjahre zusammenzuzählen, die zufällig am Tisch versammelt sind und kam auf sechzig Jahre. Es folgte eine intensive Diskussion was für Einzel-, Doppel- und Vierbettzellen spricht.

Wenn Christian von solchen Begegnungen erzählte, dann spürte man: das war kein Trick, um zu guten Taten zu ermuntern oder Bescheidenheit zu signalisieren. Sondern eine Erfahrung, die sich immer wieder bestätigt: Gott begegnet überall, auf der Straße, in der Wohngemeinschaft, im Betrieb, im Mitmenschen, jeden Tag.

Aus dieser Erfahrung heraus hat Christian Herwartz sein Konzept der „Exerzitien auf der Straße“ entwickelt und damit den geistlichen Übungen seines Ordens eine neue Gestalt gegeben. Dazu lud er Menschen ein, sich für einige Tage aus ihren gewohnten Bezügen zu befreien und das unkalkulierbare Leben der Straße zu führen. Als Quartier bot sich im Sommer eine unterbelegte Notunterkunft für Obdachlose an. Dort begann er die Übungen. Er las die Geschichte vom brennenden Dornbusch, in dem Mose eine Gotteserscheinung sah.

So läuft das, erklärte er. Schaut hin, wo es für euch brennt und dann zieht die Schuhe aus, das ist heiliger Boden, und nehmt wahr, was passiert. Die zweite Regieanweisung entlehnte er dem Lukasevangelium. Dort schickt Jesus die Jünger hinaus in die Welt. Zieht ohne Geld los, es gibt keine Sicherheit, nehmt keine Tasche mit, bittet wenn ihr etwas braucht, habt keinen Stock dabei, macht euch wehrlos, zieht die Schuhe aus, so dass ihr den Boden spürt, auf dem ihr geht und grüßt die Leute nicht, das heißt, versucht es ohne die eingeübten Konventionen. Du musst nicht alles befolgen, schau, was dich herausfordert und: lass dich überraschen!

Am Abend kommen die Straßenpilger zusammen und werten aus, was sie erlebt haben. Es ist erstaunlich, was diese kleine Übung in Achtsamkeit bei den meisten bewirkt. Gern lud er Leute aus seiner WG dazu ein. Fachleute in Straßenangelegenheiten. Ein Priester beispielsweise erzählte, wie er sich bei der Armenspeisung versorgte. Es gab Tüten mit einer Stulle, einem Saft und einem Schokoriegel. Der allerdings war seit zwei Jahren abgelaufen und so ließ er ihn unbemerkt verschwinden. Als sein Tischnachbar bemerkte, dass in der Tüte des Kollegen keine Süßigkeit war, teilte er seinen Riegel und war etwas enttäuscht, dass der die Gabe ablehnte. Der Mann von der Straße, der diesen Bericht hörte, schaltete sich ein und bemerkte etwas sarkastisch: weißt du eigentlich, dass du dem Mann die Kommunion verweigert hast?

Die Aufdeckung der Missbrauchsfälle am Canisiuskolleg erschüttert ihn, wie alle Brüder der Berliner Ordensgemeinschaft. Er hätte sich abwenden können. Euer Problem, ich gehörte nie dazu. Ich war extern, ich war in Kreuzberg. Doch so einfach machte er es sich nicht. Es ging bei all dem ja nicht allein um fehlgeleitete Sexualität, es ging um Machtmissbrauch. Und den gibt es überall. Die Anfrage traf also auch ihn. Die Frage der Gewalt und Gewaltvermeidung war immer wieder Thema, wenn sich die WG über dem ‚Trinkteufel‘ zusammenfand. Hat er da immer richtig reagiert? Hat er zu stark agiert oder zu wenig? Das trieb ihn um. In dieser Zeit schätzte er den engen Austausch mit Brüdern aus dem Orden, um sich abzugleichen. Und man schätzte ihn als Stimme von außen, um den Prozess im Orden voranzubringen.

Vor Jahren schon traf Christian die Diagnose Parkinson. Eine schleichende Krankheit, lange konnte er mit den Einschränkungen relativ gut leben. Auch sie: nur ein Aspekt der Lebenswirklichkeit. Es geht eben nicht darum, sich als Helfer zu betätigen. Hilflosigkeit zuzulassen, das ist die schwerste geistliche Übung. Christian legte die WG in der Naunynstraße in die Hände seiner Nachfolgerin und zog sich in die Betreuung des Jesuitenordens zurück. Ging zu denen, die sein Tun über Jahre mit einigem Misstrauen beobachtet hatten und denen er oft mit gehöriger Arroganz begegnet war. Auch das eine durchaus geistliche Übung, für beide Seiten.

Wäre er auf der Straße und ohne Papiere gestorben, man hätte wohl zunächst in der Obdachlosenszene recherchiert. Alter Mann, langer weißer Bart, tätowiert am ganzen Körper. Über die Tattoos wäre man ihm dann vielleicht auf die Spur gekommen, lauter religiöse Motive. Offenbar ein frommer Mann, der da gestorben ist.

Das hätte Christian gefallen, darüber hätte er herzhaft gelacht.

Es gilt das gesprochene Wort.

SENDUNG MIT

Pfarrer Jörg Machel

Jörg Machel (Jahrgang 1952), war über drei Jahrzehnte Gemeindepfarrer in Berlin-Kreuzberg, ist jetzt Pensionär und genießt es, dem nun mehr Raum zu geben, was vorher etwas kurz kam: mehr Zeit zu haben, um sich und andere fortzubilden, als Seelsorger begleitet er weiterhin Menschen in schönen und schwierigen Lebenslagen, als Mediator M.A. hilft er Menschen bei der Bearbeitung von Konflikten und natürlich als Autor für Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur.

E-Mail:

joerg@machel.berlin

https://rundfunk.evangelisch.de/kirche-im-radio/am-sonntagmorgen/eurer-seite-12548

vgl.

Besuch auf dem Domfriedhof bei Christian Herwartz (Juli 2022)[Bearbeiten]

Besuch auf dem Domfriedhof bei Christian Herwartz

Veröffentlicht am 20. Juli 2022

Gerade ist eine Freundin aus der Schweiz einige Tage zu Besuch in unserer WG. Sie hat das Requiem für Christian per Live-Stream miterlebt und wollte gern sein Grab besuchen. So haben wir uns nach dem Frühstück auf den Weg nach Reinickendorf zum Dom-Friedhof III der Hedwigsgemeinde in der Ollenhauer Strasse gemacht. Dort gibt es ein Gräberfeld für Jesuiten. Dort ist Christian in der obersten Reihe rechts bestattet worden. Inzwischen wurde das provisorische Holzkreuz durch eine Grabplatte mit Namen und Lebensdaten ersetzt.


Grab Christain Herwartz Juli 2022

Mehr zu Christian Herwartz auf diesem Blog

Wenn die Tür besonders weit offen steht – ein Beitrag im Rahmen der Morgenandacht vom Deutschlandfunk über Christian und unser Samstagsfrühstück

Leben in die Offenheit Gottes hinein (Interview)

Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=5rpanNnmY1I

  • 2.443 Aufrufe Premiere am 27.03.2021 KLADOW Der Jesuit P. Christian Herwartz hat als Arbeiterpriester gelebt und gearbeitet. In einer Kommunität, die offen für Gäste ist, lebte er über 30 Jahre in Berlin-Kreuzberg. Dort entstand auch der Weg der Straßenexerzitien, die die Straße und die Begegnung mit den Menschen dort als Übung der Aufmerksamkeit auf Gott hin erschlossen.
  • Ursprünglich war P. Herwartz im Rahmen der Fortbildung für Priester und Diakone im katholischen Bistum Magdeburg eingeladen - die Pandemielage verhinderte dies im Frühjahr 2020 ebenso wie im Frühjahr 2021. Dieser Film entstand im März 2021. In ihm teilt Christian Herwartz auf das bevorstehende Osterfest hin seine Erfahrungen mit den Straßenexerzitien.
  • Sein Gesprächspartner war Dr. Thomas Pogoda, Direktor der Fachakademie für Gemeindepastoral im Bistum Magdeburg.
    • In diesem Video sind lizenzfreie Elemente von www.pexels.com/de-de/ aufgenommen.
    • www.fagp.eu
    • Leben in die Offenheit Gottes hinein Veröffentlicht am 21. Februar 2022 Letztes Jahr war Christian zu Beginn der Fastenzeit in Magdeburg eingeladen über die Exerzitien auf der Straße, die Fastenzeit und Ostern zu sprechen. Da eine Fahrt nach Magdeburg wegen Corona nicht in Frage kam, sind die Mitarbeitenden des pastoralen Zentrums zu ihm nach Kladow gekommen und haben das Gespräch aufgezeichnet. Es ist bei youtube zu sehen und zwar hier


https://naunynblog.wordpress.com/2022/07/20/besuch-auf-dem-domfriedhof-bei-christian-herwartz/


Peter Kessen sagte am 24. Februar 2022 um 9:39 : Ich habe Christian Herwartz und die Wohngemeinschaft als Journalist kennenlernen dürfen, der für den Deutschlandfunk ein Feature produziert hat. Ich bin sehr traurig und tief beeindruckt von Christians Wirken und der WG. Mein Beileid an die Gemeinschaft und die Angehörigen !


Wolfgang Banse sagte am 21. Februar 2022 um 14:56 : „Deine Zeit steht in deinen Händen… “ Mit großer Betroffenheit habe ich zur Kenntnis genommen, dass Pater Christian Herwartz verstorben ist.Ich traure mit allen, die ihm nahe standen.E r hat sich um die Naunyn WG verdient gemacht, ebenso was den Einsatz für Menschen in besonderer Lebenslage betrifft.Als ehemaliger Bewohner, als Teilnehmer der Exerzitien, hier Bernhard Lichtenberg Haus , danke ich ihn für seinen brennenden Dornbusch Beitrag, hier Emmaus Jünger. Möge er bei Gott in Frieden ruhen.Mit stiller Trauer Wolfgang Banse, Potsdam-Babelsberg


Bernd Münster sagte am 21. Februar 2022 um 21:38 : Der gute gute Christian, wird uns immer begleiten!


BaJa sagte am 22. Februar 2022 um 8:00 : Ein Satz, den Christian einmal im Rahmen eines Alleinerziehendentreffs sagte, lautete: Die Kirche kann die Heirat verbieten, aber nicht die Liebe. Ich bin sehr betroffen, aber dankbar, Christian kennengelernt zu haben.


helmut böddeling sagte am 22. Februar 2022 um 20:36 : es musste mal kommen…aber jetzt ist der falsche moment.der liebe christian….ich habe viel von ihm gelernt.traurig!! helmut aus münster


pepenik sagte am 23. Februar 2022 um 7:37 : Christian war ein mutiger, liebenswerter, direkter, freundlicher, kräftiger Mensch. Es tat gut ihnen kennen gedruft zu haben.


Brigitte Couvrat sagte am 23. Februar 2022 um 8:51 : Ich bin so dankbar für Christian Leben und die Strassenexerzitien in Paris 2009, Strassbourg 2014, Berlin 2015. Traurig.


Wolfgang Banse sagte am 23. Februar 2022 um 13:49 : Lebe ich den Herrn, so lebe ich den Herrn, sterbe ich, so sterbe ich den Herrn.Gott hat es gefallen, Pater Christian Herwartz aus diesem Leben ab zu rufen.Gründer mit Franz Keller der Naunyn WG.Markenzeichen war sein roter Pullover.Er hat viel bewegt, sich eingesetzt auf vielfältiger Weise.Er hinterläßt eine große Lücke. Für seinen Einsatz hat er mit Franz Keller das Bundesverdienstkreuz überreicht bekommen.Ich trauere mit den Angehörigen, mit allen die sich mit Pater Christian Herwartz verbunden fühlen.Mit tiefer Trauer:Wolfgang Banse, ehemaliger Bewohner der Naunyn WG.


Eva-Maria Werner sagte am 24. Februar 2022 um 9:42 : Danke für Dein Zeugnis, Deine guten Fragen, Deine offenen Ohren, Deine Mitmenschlichkeit: Die Begegnung bei den Straßenexerzitien 2007 in Berlin und die darauf folgenden Interviewgespräche werden mir immer in Erinnerung bleiben! Ich bin traurig, dass Du gegangen bist, und dankbar für Dein Leben und die Impulse, die Du gesetzt hast und die bleiben werden.


Thomas sagte am 25. Februar 2022 um 9:09 : “ Einfach Ohne“

Mit Trauer und Dankbarkeit für das Leben von Christian schreibe ich diese Zeilen. Ich bin dankbar dass ich Christian in unterschiedlichen Kontexten kennen lernen durfte. Für eine Zeitung habe ich vor Jahren einen kurzen Aufsatz geschrieben über das was ich von ihm gelernt und an ihm gesehen habe. Ein Auszug daraus:

….Das Himmelreich in Berlin ist gleich einem kleinen Senfkorn, das in einer Wohngemeinschaft in Kreuzberg zu finden ist. Sie liegt hinter dem berüchtigten ‚Kotti‘, einem Platz wo Drogenabhängige und Junkies zu Hause sind- direkt über der Kneipe mit der Aufschrift „Trinkteufel- das Tor zur Hölle“. Dort oben in dieser Wohnung finde ich einen Menschen, der nach den Grundsätzen des Reiches Gottes lebt und wo ich spüre, dieser Platz ist ein Ort des Segens für viele und ein Vorgeschmack des Himmels. Dort lebt Christian, ein Jesuitenpater der sich schon seit Jahrzehnte für die Belange von Flüchtlingen und Menschen am Rand der Gesellschaft einsetzt. Er lebt in dieser Wohngemeinschaft die für alle und jeden offen ist. Sein Motto lautet: „Man kann von jedem Menschen etwas lernen“. Die Menschen kommen aus Vietnam, Pakistan, Kamerun, Afghanistan und vielen anderen Ländern. „Menschen aus über siebzig Nationen haben hier schon gewohnt und das bedeutet 70 mal neu Gastfreundschaft zu lernen“. Er fragt die Menschen, die zu ihm kommen und um einen Schlafplatz bitten, nicht ob sie einen legalen Aufenthaltsstatus haben oder ob sie ‚clean‘ sind. Er schaut nach, ob ein Bett frei ist. Sie dürfen so lange bleiben, wie sie wollen. Christian stellt diesen Ort als logische Folge seines Glaubens dar. „Ich lese in der Bibel, und dann kommt das dabei raus“, sagt er und „Und als Christ kann man die Tür nicht gut zuhalten!“ Das bewegt mich und ich fühle, dass hier Reich Gottes wächst und sichtbar wird. „ Einfach ohne“ großes Aufsehen wird dort von Christian und anderen Bewohnern der tätige Glaube der Bibel vorgelebt. Er ist ansteckend und vor allem für unsere heutige Zeit relevant und das braucht Berlin.“

https://naunynblog.wordpress.com/2022/02/21/leben-in-die-offenheit-gottes-hinein/

Klösterliches (2022)[Bearbeiten]

Klösterliches

Pfarrer Jörg Machel

Deutschlandfunk 09.06.2022 - 06:35

Die Sendung zum Nachlesen:

Klösterliche Lebenskonzepte haben ihren Reiz. Es gibt eine erstaunliche Vielfalt an Modellen, für die unterschiedlichsten Bedürfnisse.


Da sind die Benediktiner, die in gemeinschaftlicher Kontemplation in oft beeindruckendem Gemäuer ihre Gottsuche leben. Ein besonderes Konzept verfolgen die Kartäuser. Sie sehen sich in der Nachfolge der Eremiten, der Einsiedler. Obwohl sie zusammen ein Kloster bewohnen, verzichten sie auf ein wirkliches Gemeinschaftsleben. Jeder lebt in seinem eigenen abgegrenzten Bereich und nur zur Messe findet man zusammen. Für die Franziskaner hingegen ist die Gemeinschaft ganz wichtig. Im Zusammenleben der Brüder und Schwestern sammeln sie die nötige Kraft, um draußen in der Welt für andere da zu sein.

Eine ganz außergewöhnliche Lebensgemeinschaft habe ich in der Naunynstraße in Kreuzberg kennengelernt. Gegründet wurde sie von drei Jesuiten. Ihnen ging es nicht darum gleichgesinnte religiöse Menschen zu einem geistlichen Konvent zusammenzuführen. Ihr Anliegen war es, ganz in der Tradition Jesu: ihre Tür offen zu halten für alle, die bedürftig sind.

„Kommt und esst“, so könnte über der Eingangstür stehen. Kommt und esst und wenn ihr Quartier braucht, legt euch nieder, hier ist ein Ort, hier könnt ihr sein.

Als Gemeindepfarrer in Kreuzberg habe ich Christian Herwartz kennengelernt. Er gehörte zu den Gründern dieser Wohngemeinschaft. Er hatte mich eingeladen zu einem der offenen Samstagsfrühstücke. Da steht die Tür besonders weit offen. Das wissen die Leute im Kiez bis heute. Da versammelt man sich um den großen Tisch, man isst und trinkt, plaudert, streitet und plant.

So habe ich es erlebt. Die meisten, die kommen, bringen etwas mit und der Tisch füllt sich. Es gibt reichlich zu essen und zu trinken und es gibt Geschichten. Gute Geschichten von schönen Begegnungen, Grüße von Leuten, die mal da waren und nun wieder auf Achse sind. Ein Kurde aus dem Irak hat seine Anerkennung als Flüchtling bekommen. Der Hund von Klaus musste nicht getötet werden, er hat mit dem Amtstierarzt eine Vereinbarung getroffen, den Hund bei seinen Sauftouren nicht mehr in die Kneipe zu nehmen. Das gab immer Stress. Auch traurige Geschichten gibt es: von drohender Abschiebung, von Entmietungen wegen Eigenbedarf.

Kalle grüßt aus dem Knast. Er hat sich mal wieder eine Auszeit genommen. Immer wieder kommt er wegen Schwarzfahrens hinter Gitter. Regelmäßiges Essen und eine medizinische Versorgung tun ihm gut, da päppelt er sich auf.

Das Klientel in der Naunynstraße unterscheidet sich deutlich von anderen christlichen Gemeinschaften. Und doch gibt es Gemeinsamkeiten: das Armutsgelübde des Mönchtums, hier wird es notgedrungen praktiziert. Niemand hat Geld. Und wenn etwas geklaut wird – dann war es zuviel oder zu wertvoll. Man legt zusammen, irgendwie kommt man über die Runden. Selbst das Gebot der Enthaltsamkeit wird hier weitgehend gelebt. Einer der Mitbewohner sagt mir mit etwas gepresster Stimme: Wer will schon mit einem Penner ins Bett gehen. Ich frage, ob er sich wirklich so sieht? Jetzt eigentlich nicht mehr, antwortet er. Seit ich hier wohne habe ich tatsächlich ein anderes Selbstbild als damals auf der Straße. Aber das mit der Liebe ist noch weit weg, soweit bin ich noch lange nicht.

Die dritte Regel klösterlichen Lebens, der Gehorsam, der ist allerdings ein Problem. Hier gibt es keinen Abt, dem man gehorchen muss. Aber es gibt Regeln und die wollen beachtet werden. Daran muss man sich halten, wenn man dazugehören will. Aber die Toleranz für Abweichler ist groß. Zu groß manchmal, finden einige. Doch ohne solche Toleranz wäre die Grundregel verletzt – nämlich, dass die Tür besonders weit offen stehen soll.

Es gilt das gesprochene Wort.

SENDUNG MIT

Pfarrer Jörg Machel

Jörg Machel (Jahrgang 1952), war über drei Jahrzehnte Gemeindepfarrer in Berlin-Kreuzberg, ist jetzt Pensionär und genießt es, dem nun mehr Raum zu geben, was vorher etwas kurz kam: mehr Zeit zu haben, um sich und andere fortzubilden, als Seelsorger begleitet er weiterhin Menschen in schönen und schwierigen Lebenslagen, als Mediator M.A. hilft er Menschen bei der Bearbeitung von Konflikten und natürlich als Autor für Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur.

E-Mail:

joerg@machel.berlin

https://rundfunk.evangelisch.de/kirche-im-radio/morgenandacht/kloesterliches-12638


Wenn die Tür besonders weit offen steht … Veröffentlicht am 9. Juni 2022

Samstagsfrühstück: der Tisch ist gedeckt

Diese Woche ist das Rahmenthema der täglichen Morgenandacht im Deutschland-funk um 6.30 Uhr „Gemeinschaft“. Heute erzählt Jörg Machel, der über 30 Jahre Pfarrer in unserer Nachbarschaft war, von seinen Begegnungen bei unserem Samstagsfrühstück. Der Beitrag ist vier Minuten lang und kann hier gehört und gelesen werden.

Nachtrag: Heute gab es besonders viele Zugriffe auf das Weblog. Wir sind gespannt, ob am Samstag neue Frühstücksgäste kommen.

Zum Weiterlesen:

Nachruf auf Christian Herwartz von Jörg Machel: An eurer Seite: Ein Leben jenseits der Komfortzone

Mehr von den Samstagsfrühstückstreffen


https://naunynblog.wordpress.com/2022/06/09/wenn-die-tuer-besonders-weit-offen-steht/

Literatur[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten]