Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße

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Ihr Zaubereiministerium bleibt stark und entschlossen. (Der Zaubereiminister kurz vor seiner Ermordung; Harry Potter)

Deswegen sei es wichtig, dass Regierung und Unionsfraktion Zuversicht und Handlungsfähigkeit ausstrahlten.

Merkel warnt vor Rückschlag in Coronakrise Der Spiegel vom 16. Juni 2020 - ein Jahr vor Abwahl der Regierung

Einleitung[Bearbeiten]

Vor gut 30 Jahren kam Manfred in Begleitung des legendären, kurz vor Erreichen des Rentenalters hinter seiner Bar in San Sebastian tot umgefallenen, “Linsenhein”, nach Gomera. Gemeinsam hatte sie Capitano Claudio an Bord seiner Yacht “Triana” hergebracht. Hoch oben im Cedro wollten sie eine alte Finca zum “Wirtshaus im Cedro” umbauen, aber bald trennten sich ihre Wege. Manfred behauptete, der Hein hätte ihn auf der Baustelle ohne Bezahlung schuften lassen wollen; Hein hingegen meinte, der Manfred hätte hauptberuflich nur (auf Heins Kosten) gesoffen, und die einzige Arbeit, die er dort geleistet habe, sei der gelegentliche Transport einer Kiste Bier gewesen, die er dann auch noch zum größten Teil selbst ausgesoffen hätte. Wie dem auch gewesen sein mochte: Dass Manfred jegliche Form von “Arbeit” von ganzem Herzen verabscheute wurde spätestens klar, als er sich im Hafen von Valle Gran Rey hauptberuflich vor die “Cofradia de los Pescadores” begab und das Volk mit philosophischen Weisheiten in Erstaunen versetzte. Er besaß keinerlei Papiere. Keinen Pass, keinen Ausweis, keinen Führerschein. Brauchte er alles nicht. Er hatte auch kein Geld. Er schlief im Hafen unter umgekippten Booten oder den Stufen der Treppe zum Strand. “Appartement? Brauche ich nicht. Außerdem würde das Geld kosten, und ich müsste dann dafür arbeiten. Bin ich blöd? Schlaf ich doch lieber auf der Straße. Es wird ja nie richtig kalt auf Gomera”. “Mein Vorbild ist der griechische Philosoph Diogenes”, predigte er. “Der hauste in einem leeren Fass, und dessen Lehre war es, dass richtig glücklich nur der sein kann, der sich erstens von überflüssigen Bedürfnissen freimacht und zweitens unabhängig von äußeren Zwängen ist. Diogenes sagt: „Es ist göttlich, nichts zu bedürfen, und gottähnlich, nur wenig nötig zu haben.“ Unter dem Namen “Hannimanni” wurde er im Laufe der Jahre weit über Gomeras Grenzen hinaus bekannt. Touristen ließen sich mit ihm fotografieren, Frauen machten ihm schöne Augen, und immer wieder bot man ihm Arbeit oder Unterkunft an. Hannimanni lehnte das alles dankend ab. Er hielt es streng mit Diogenes und blieb auf der Straße. Allerdings hatte seine Bedürfnislosigkeit Grenzen. Es ist nicht überliefert, ob auch Diogenes unter Durst litt. Wahrscheinlich nicht, denn als ihn Kaiser Alexander der Große einmal besuchte und ihn fragte, ob er irgendeinen Wunsch hätte, da antwortete Diogenes: “Ja. Geh mir aus der Sonne”. So bedürfnislos war unser Hannimanni dann leider doch nicht. Er litt unter einem schier unlöschbaren Durst. Es setzte alle Welt in Erstaunen, wie viel Bier in einen österreichischen Philosophen täglich hineinpasste. Und die Touristen wurden auch nicht müde, ihm regelmäßig die Kehle zu befeuchten, damit er weiter von Diogenes erzählen konnte. “Wer mir gibt, den liebe ich. Wer nix gibt, den verachte ich. Und wer mir etwas nehmen will, den beiße ich”, zitierte er sein Vorbild. “Stell dir vor, ich hätte abends 100 Euro in der Tasche und würde nachts sterben. Ich würde doch niemals die ewige Ruhe finden”, erzählte er einmal. Und das war kein Spruch. Hannimanni musste sich nie Sorgen machen, nachts überfallen und ausgeraubt zu werden. Bei ihm gab es einfach nichts zu holen. So schlief er jede Nacht ruhig und friedlich, hatte keine Sorgen und belächelte nur all die Emsigen und Fleißigen und Erfolgreichen, die sich unruhig in ihren Federbetten wälzten, weil der DAX mal wieder im Keller war oder die Hypothekenzinsen wieder stiegen. Um 5 Uhr früh machte die Cofradia auf. Dann saß Hannimanni dort bereits vor der Tür und wartete darauf, dass ihm jemand einen ersten Flaschenkaffee ausgab. Den ganzen Tag über philosophierte er dann den Touristen was vor, woraufhin er so viele mildtätige Spenden erhielt, dass er meist schon vor Einbruch der Nacht sternhagelvoll war. Dann wurde er laut. Dann mandelte er sich auf und pöbelte rum, und der Wirt musste ihn rausschmeißen, weil er ihm sonst alle Gäste vergrault hätte. “Hannimanni” zuckte nur mit den Schultern. Setzte er sich halt vor den “Rincon del Marinero” und hielt dort Hof. Eine zeitlang jedenfalls. Dann flog er auch dort raus. Und als er eines Tages in allen Kneipen Hausverbot hatte, da suchte er sich eine alte Matratze und wohnte fortan auf dem Parkplatz. Und weil es dort kein kaltes Bier gab, stieg er auf billigen Wein um. Den spendeten ihm die Touris, und wenn er davon zwei bis drei Flaschen intus hatte, dann fiel er auf seiner Matratze einfach um und schlief ein. Da er inzwischen in keiner Kneipe mehr aufs Klo durfte, pinkelte er in die zuvor geleerten Weinflaschen und stellte sie dann dekorativ neben sein “Bett”, wobei er diese Flaschen dann sorgfältig von den anderen getrennt hielt, nachdem er eines Nachts im Duhn mal die falsche Flasche an den Hals gesetzt hatte. Seine festen Fäkalien entsorgte er in Plastiktüten aus dem Supermarkt, die er ebenfalls um sein Lager herum stapelte. Das Zeug anschließend zum Müllcontainer zu bringen war ihm zu viel “Äktschen”. Nach einer gewissen Zeit erhob er sich dann gar nicht mehr von seinem Lager. Angeblich hatte Diogenes mit fortschreitendem Alter das auch nicht mehr getan. Aber wahrscheinlich hatte Diogenes auch nicht diesen stechenden Duft eines mexikanischen Waldesels verströmt, mit dem Hannimanni bald selbst seine besten Freunde auf Distanz hielt. Nun ist er weg, der Hannimanni. Liebevoll verabschiedet von der Sozialfürsorge unseres Ayuntamientos. Ob es dem österreichischen Konsulat gelingt, ihn eines Tages wieder dauerhaft in seiner verschneite Heimat anzusiedeln, ist ungewiss. Vielen auf unserer Bananeninsel aber wird er fehlen. Schließlich war er einer der letzten Protagonisten jener Zeit, in der Gomera noch den zweifelhaften Ruf einer “Insel der Beknackten” hatte.

https://vallebote.de/nachruf-2492/

--Methodios (Diskussion) 07:17, 20. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Johannes der Almosengeber

Kloster Maria Schutz (Sankt Andrä)

--Methodios (Diskussion) 21:53, 23. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Christian Herwartz[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Christian Herwartz

w:Diskussion:Exerzitien auf der Straße#Kandidatur auf WP:KLA im November 2019 (abgebrochen)

w:Wikipedia Diskussion:Hauptseite/Schon gewusst/Diskussionsarchiv/2019/November#Vorschlag: Christian Herwartz (29. Oktober) (erl.)

--Methodios (Diskussion) 21:27, 31. Mai 2020 (CEST)[Beantworten]

Corona-Krise:

ungleiche Gesellschaften sind ungesunde Gesellschaften

Zusammenhang zwischen sozialer Einkommensungleichheit und gesellschaftlichen Problemen (wie Kriminalität, Gewalt, Fettleibigkeit, Drogenmissbrauch, Bildungsstand, Lebenserwartung u. a.)

je ungleicher Einkommen und Vermögen verteilt sind, desto heftiger leiden die Menschen in betroffenen Gesellschaften (quer durch alle Schichten)

  • Depression
  • Drogenabhängigkeit
  • hohen Suizidraten
  • Risikofaktoren in der jetzigen Pandemie
    • Übergewicht
    • Atemwegserkrankungen

mit Kate Pickett: The spirit level. Allen Lane, London 2009, ISBN 978-1-84614-039-6.

  • Gleichheit ist Glück. Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind. Tolkemitt bei Zweitausendeins, Hamburg 2009, ISBN 978-3-942048-09-5.
    • Es schwankt das Fundament des Glücks, Rezension von Wolfgang Kersting in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, 24. Februar 2010: Und ihr Befund ist einleuchtend: Ein Gleichheitszuwachs kommt der Gesamtgesellschaft zugute, er vermindert die Kosten der durch Armut erzeugten sozialen und gesundheitlichen Probleme. Diese Probleme – soziale Desintegration, psychische Erkrankungen, gesundheitliche Mängel und sinkende Lebenserwartung, wachsende Unbildung, Anstieg von Gewalt und Drogenkonsum, Überbelegung der Gefängnisse, mangelnde soziale Mobilität, fehlende Möglichkeit sozialen Aufstiegs, Zukunftsverlust und lebensethische Apathie – sind soziale Krankheitsherde; sie liefern die Kriterien, mit denen die Autoren die Bekömmlichkeit und Unbekömmlichkeit von Gesellschaften messen. Und sie sind allesamt, dies die diagnostische These, Auswirkungen der Ungleichheit, können also durch angemessene Umverteilungsmaßnahmen, durch Anheben des Durchschnittseinkommens erfolgreich bekämpft werden.
    • Ungleichheit macht krank, Rezension von Matthias Becker in der Frankfurter Rundschau, 27. Februar 2010

--Methodios (Diskussion) 21:24, 3. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Kapitalismus ist das Virus[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Kapitalismus ist das Virus

--Methodios (Diskussion) 08:45, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Der "Ungleichsstaat"[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Der "Ungleichsstaat"

  • Der Unrechtsstaat DDR war noch besser als der Ungleichsstaat BRD heute. (Amy 2012, nach der Finanzkrise)

--Methodios (Diskussion) 08:41, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Soziale Krise[Bearbeiten]

https://www.facebook.com/events/170057311683138

Livestream mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz: „Der neue Sozialstaat: Soziale Sicherheit und Respekt von Anfang an“ Am Montag, den 10. Mai um 19 Uhr, empfängt der Vorsitzende der SPD Dresden, Albrecht Pallas, den SPD-Kanzlerkandidaten, Olaf Scholz, und die Kinderbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion Susann Rüthrich zu einer Online-Diskussion im Zentralkino Dresden. Unter dem Titel „Der neue Sozialstaat: Soziale Sicherheit und Respekt von Anfang an“ wollen die drei SPD-Politiker:innen die Visionen der SPD für die Zukunft diskutieren. Es geht um einen neuen Sozialstaat, den sozialen Frieden, die soziale Marktwirtschaft, um Aufstieg und um gesellschaftlichen Zusammenhalt, kurz: Alles, was uns als Gesellschaft zusammen ausmacht.

--Methodios (Diskussion) 08:05, 4. Mai 2021 (CEST)[Beantworten]


https://www.facebook.com/events/170057311683138/?post_id=171296034892599&acontext=%7B%22source%22%3A%2229%22%2C%22ref_notif_type%22%3A%22admin_plan_mall_activity%22%2C%22action_history%22%3A%22null%22%7D&notif_id=1620207477909097&notif_t=admin_plan_mall_activity&ref=notif

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Fragen

--Methodios (Diskussion) 11:41, 5. Mai 2021 (CEST)[Beantworten]

naja, wieder mal viel Dampfplauderei und keine konkrete Verbesserung für die Millionen Menschen in Sicht - Wirtschaft und Politik wird weiterhin für Millionäre und Milliardäre gemacht, die ja jüngst sehr gewonnen haben, gerade im Corona-Jahr ... ich hatte hier in einem Beitrag zum Stream weiter unten gestern eine ganz konkrete Frage gestellt - die ist im Stream nicht beantwortet worden, aber hier finde ich sie auch nicht mehr:

Charles T. Webber (1825–1911): The Underground Railroad (1893).

Dresden hat den ehedem erheblichen städtischen Wohnungsbestand fast vollständig verkauft. Ich benötige ständig entweder reguläre Arbeitsplätze zu einem wenigstens durchschnittlichen Arbeitsentgelt (derzeit rund 3.500 Euro), damit die Menschen auf dem sog. "freien" Wohnungsmarkt bestehen oder wieder auftreten können - oder andernfalls Wohnungen zu 380 Euro in Dresden einschließlich Vermieter, die dann auch an Billig-/Niedriglöhner, Arbeitslose oder bereits Obdachlose vermieten und nicht nur an die Bestverdiener. Andernfalls werde ich weiterhin meine Verwandten, Bekannten und Freunde vor der "weißen Sklaverei" im Sonderarbeitsmarkt Ost in der Art der Underground Railroad in Sicherheit bringen müssen. Meine einzige Schwester hat sich aus Dresden herausheiraten lassen und wohnt seit Jahrzehnten in Kerry (Irland), ganz im Westen der EU, so weit weg wie möglich von den äußerst traurigen Zuständen hier in Ostdeutschland. Meine Cousinen leben oder arbeiten fast alle in der Schweiz. Verwandte, Bekannte und Freunde in Größenordnungen leben im Ausland. Deutschlands Wirtschaft und Politik haben kläglich versagt. Woher sollen die Menschen in Dresden Arbeit ohne Lohnraub oder wenigstens Wohnungen bekommen, die von der Sozialträgern auch bezahlt werden? Ich bin gespannt auf eine Lösung für viele Menschen hier in Dresden und dem Beitrittsgebiet - und zwar eine Lösung möglichst in ihrer Heimat oder wenigstens innerhalb der BRD.


https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=765471351026919&id=100011602571613&substory_index=1

--Methodios (Diskussion) 09:25, 9. Mai 2021 (CEST)[Beantworten]


„Corona zeigt uns die sozialen Ungleichheiten in Deutschland sehr deutlich auf. Wir müssen verhindern, dass aus der Corona-Krise eine soziale Krise wird. Wir müssen jetzt die richtigen Lehren ziehen und die Weichen stellen, damit der gesellschaftliche Zusammenhalt bestehen bleibt“, erklärt Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, auf einer Pressekonferenz in München.

Für eine einmalige Vermögensabgabe

„Die Bürgerinnen und Bürger haben große Solidarität gezeigt und auch finanzielle Einbußen erlitten. Der Staat hat hohe Schulden aufgenommen. Nun müssen die Kosten der Krise gerecht verteilt werden. Der Sozialverband VdK fordert deshalb eine einmalige Vermögensabgabe“, sagt Bentele. Nur Menschen und Betriebe mit großem Vermögen sollen herangezogen werden, und es soll ein Freibetrag von einer Million Euro gelten. Selbst bewohnte Immobilien blieben steuerfrei. „Nicht einmal ein Prozent der Bevölkerung wäre von der Vermögensabgabe betroffen. Doch der Effekt wäre enorm, wir sprechen von zusätzlichen Steuereinnahmen im Milliardenbereich“, so Bentele.

Die VdK-Präsidentin warnt: „Die Tilgung der Corona-Schulden darf nicht über kurz oder lang durch Leistungskürzungen im Sozialbereich erfolgen, wie es teilweise bereits gefordert wird. Das würde die soziale Ungleichheit weiter vorantreiben und den sozialen Frieden gefährden. Das schadet der Wirtschaft mehr als krisenbedingt vorübergehend steigende Sozialausgaben.“

Bentele sieht sich durch die Corona-Krise in einer weiteren VdK-Forderung bestärkt: „Mit einem solidarisch ausgestalteten Sozialversicherungssystem kommen wir alle besser durch die Krise. Das Kurzarbeitergeld federt gerade enorm viel ab. Selbstständigen fehlt zum Beispiel dieses Sicherheitsnetz. Deshalb fordert der VdK eine rasche Umgestaltung zu einer Sozialversicherung für alle. Auch das ist gelebte gesellschaftliche Solidarität.“

Soziale Krise durch Corona verhindern! VdK fordert sozial gerechte Maßnahmen in der Pandemie. Sozialverband VdK 2020

--Methodios (Diskussion) 08:14, 28. Okt. 2020 (CET)[Beantworten]

Wozu also das Ganze? Was Erdogan betrifft, liegt die Antwort auf der Hand: Ablenkung von der wirtschaftlich katastrophalen Lage im eigenen Land. Deren Ausmaß zeigt sich in der Kursentwicklung der heimischen Währung: 2015 mussten für einen Euro zwischen 2,8 und drei Türkische Lira gezahlt werden, mittlerweile steht der Euro-Lira-Kurs bei fast eins zu zehn. »Erdogan versucht auch, so neue finanzielle Hilfe aus dem Emirat Katar einzuwerben«, erklärte Dagdelen. Auch Macron will die Gunst der Stunde nutzen, um unter dem Motto »Bedrohung durch den Islam« von der sozialen Krise abzulenken und bei rechten Wählergruppen zu punkten.

Fußtritt für Macron. Boykottaufruf gegen Frankreich: Ankara stellt sich an Spitze des Protests islamischer Staaten und attackiert Paris, Von Raphaël Schmeller. Junge Welt vom 28. Oktober 2020

--Methodios (Diskussion) 08:06, 28. Okt. 2020 (CET)[Beantworten]

Bei der Anhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales am Montag ging es um viel. Für rund 385 000 Menschen, die aktuell Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten sowie für 3 894 008 Menschen, die Hartz IV beziehen, geht es um die Erhöhung der Gelder, die sie ab 2021 zur Existenzsicherung bekommen.

Etwa alle fünf Jahre werden die Regelsätze neu berechnet. Dazu wird eine Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) durchgeführt, die wiederum als Grundlage für die Anpassung dient. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht etwa für alleinstehende Erwachsene ab Januar 2021 eine Regelsatzerhöhung von 14 Euro vor. Um diesen Entwurf ging es in der Anhörung.

Die Positionen sind strittig. Erwerbslose Menschen, die Hartz IV beziehen, sollten nicht so viel bekommen, dass sie an diejenigen herankommen, die von einem niedrigen Erwerbseinkommen leben, sagte etwa Anna Robra von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Schließlich brauche es einen Abstand zum Lohn, um Anreize zum Arbeiten zu schaffen.

Vor allem aber ging es bei der Anhörung darum, dass verdeckt arme Menschen als Referenzgruppe für die Berechnung der Hartz-IV-Regelsätze herangezogen werden. In der EVS werden die Einkünfte der unteren 15 Prozent der Bevölkerung als statistische Grundlage genutzt. Darunter sind beispielsweise auch Menschen, die selber unter dem Existenzminimum leben und etwa mit Hartz IV ihr niedriges Erwerbseinkommen aufstocken müssten.

Sowohl die Linke hatte in einen Antrag gefordert, solche Rechentricks zu beenden und die Regelbedarfe sauber zu berechnen, wie auch die Grünen, die ihren Antrag mit »Regelbedarfsermittlung reformieren« betitelt hatten. »Die Entscheidung, wie das Verfahren ausgestaltet ist, ist nicht unsere,« stellte ein Vertreter vom Statistischen Bundesamt bei der Anhörung fest. In Zukunft solle es aber eine Haushaltsbuchapp geben, um die Erhebung der EVS zu vereinfachen und etwas schneller aufbereiten zu können.

Die Kritik an der Berechnung richte sich laut vielen Anwesenden aber sowieso nicht an das Statistische Bundesamt, sondern an die Ausgestaltung der Politik. Alexander Nöhring vom Zukunftsforum Familie bezweifelte etwa die sachgerechte Anwendung des Statistikmodells. Es sei ein Problem, dass die verdeckte Armut nicht ausgeklammert werde. Laut Robra vom BDA wäre es im Moment nicht möglich, den Umfang verdeckter Armut bei der Berechnung der Regelsätze zu berücksichtigen. Petra Zwickert von der Diakonie nannte hingegen gleich mehrere Möglichkeiten, die in Armut lebenden Menschen aus der Referenzgruppe herauszunehmen.

Auch Andreas Peichel vom ifo-Institutsagte: »Ich glaube es gibt noch eine ganze Reihe von Dingen, die man tun könnte, um das zu verbessern.« Die Datenlage zur Berechnung der Regelsätze sei grundsätzlich sehr schlecht. Ein Vertreter vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge stellte zudem fest: »Da kommen Fallzahlen zusammen, die statistisch nicht mehr tragbar sind.« So gebe es teils nur 14 Referenzfälle, also 14 Menschen, auf deren Angaben manche Ausgabenposten für die Hartz-IV-Sätze für Millionen Menschen festgelegt werden.

Aber auch die Streichung von Ausgabenposten aus den Regelsätzen wurde im Ausschuss von vielen Seiten kritisiert. »Die EVS- Berechnung ist nicht geeignet, um die Menschen aus Armut herauszuholen«, sagte die langjährige Hartz-IV-Kritikerin Inge Hannemann. »Sie streicht Kosten heraus, gerade auch bei Kindern, die in meinen Augen zumindest für eine sozio-kulturelle Teilhabe wichtig sind.« Zum Beispiel werde bei der Berechnung der Regelsätze davon ausgegangen, dass die Menschen ein Fahrrad hätten, was aber nicht immer der Fall sei. Sie habe berechnet, dass Hartz-IV-Betroffene für ein 100 Euro teures, gebrauchtes Fahrrad 76 Monate beziehungsweise sechs Jahre sparen müssen.

Nikola Schopp vom Zukunftsforum Familie sagte bezogen auf die Regelsätze: »Es reicht nicht, um Kinder und Jugendliche am Leben ihrer Altersgenossen teilhaben zu lassen.« So würden sich durch die herausgenommenen Ausgabenposten etwa Bildungsungleichheiten verschärfen. Auch Petra Zwickert von der Diakonie stellte fest: »Existenzielle Bedarfe werden immer weniger gedeckt.« Bezogen auf die angebliche Notwendigkeit eines Abstandes zwischen niedrigen Löhnen und Grundsicherung stellte sie fest, dass dahinter ein »fragwürdiges Menschenbild« vom arbeitsscheuen Leistungsbezieher stehe.

»Fragwürdiges Menschenbild«. Bei einer Ausschussanhörung wurde über die Hartz-IV-Regelsätze diskutiert Von Lisa Ecke, ND vom 02.11.2020

--Methodios (Diskussion) 18:05, 3. Nov. 2020 (CET)[Beantworten]


Sowas kommt von sowas. Es gibt keinen gerechtfertigten Krieg & auch keinen gerechten, keinen zum Schutz von Menschen- oder Völkerrechten. Krieg hat immer rein ökonomische Ursachen, es geht um Bodenschätze, Geld, Besitztümer oder strategische Zugänge. Menschen & ihre Existenzen, auch die Freiheit, spielen keine Rolle. Nun hat das Großkapital einen Krieg in der & um die Ukraine eröffnet & verdient sich beiderseitig dumm & dämlich an der Zerstörungsorgie, die die nahen Kippunkte der menschengemachten Klimakatastrophe zeitlich noch näher an das heute rückt. Vom Klima ist keine Rede mehr. "Freiheit geht vor Klima," war die Aussage von Habeck bei Beginn des Angriffskrieges. Eine Freiheit, die offenbar im Tod liegt. Vorher hieß es: "Wirtschaft geht vor Klima." Da waren die Optionen auch nicht anders. Nichts ist in den vergangenen Jahren besser geworden. Die großen katastrophalen Krisen haben gezeigt, daß diejenigen, die uns führen & für uns Verantwortung tragen, völlig untauglich sind, die Dinge im Sinne des Wohles der Mehrheit der Bürgerinnen & Bürger zu regeln. Nun herrscht Krieg hier in Europa, in unmittelbarer Nähe unseres wohlstandssatten Landes & nicht auf irgendwelchen fernen Kontinenten, jetzt ist die eigene Existenz bedroht & prompt schaffen es Wirtschaft, Politik & Medien, die Menschen zum Krieg aufzuhetzen. Das eine solche Kriegsbegeisterung in der Bundesrepublik Deutschland möglich sein könnte, hätte ich in meinen übelsten Distopien nicht ausdenken können. Doch bei Hartz IV hatte es auch schon funktioniert. Die Minderheit der Mittellosen wurde unter eine, die Existenz bedrohende, Armut erzeugende Sondergesetzgebung gestellt, um dem Großkapital billige Erwerbsarbeitskräfte zu beschaffen Die Bundesrepublik sollte wirtschaftliche Weltmacht werden, wenn es schon militärisch im 20. Jahrhundert damit nicht geklappt hat. So gelang es der Wirtschaft, der Politik & den Medien aus den Opfern eines massiven Erwerbsarbeitsplatzmangels Täterinnen & Täter zu machen, die vorsätzlich, da faul, bildungsfern, sozial inkompetent & egoistisch der Allgemeinheit auf der Tasche liegen würden, so die Verleumdung. Die Bevölkerung sah ihre Bürgerrechte durch diesen Anschlag auf das Grundgesetz & die Sozialstaatlichkeit nicht bedroht & zog mehrheitlich mit. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit & Kriegsbegeisterung gehören eng zusammen, bedingen einander & haben in der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches eine lange Tradition. Ob Sozialraub oder Aufrüstung, stets hat das Großkapital, haben die Lobbyistinnen & Lobbyisten der Konzerne das Sagen. Wir werden regiert von einem Heer von abhängigen, erpreßbaren Politikmarionetten in Bund & Ländern, deren Fäden eben dort enden, wo Profit vor Menschenleben geht, wo mit mehrerlei Maß gemessen wird, wo der Schutz der Menschenwürde von der jeweiligen Solvenz der Person abhängt. "Wes' Brot ich eß', des' Lied ich sing'." Die Verblendung der Mehrheiten gestattet Offenheit der Regierenden. (zitat): "Wir haben zu führen. Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch. Und für die, die diese Rolle nicht annehmen wollen, sage ich, dann sitzen Sie möglicherweise im falschen Moment am falschen Platz." So äußerte sich die fdP-Politikerin Agnes Strack-Zimmermann letzte Woche im ZDF in "Berlin direkt". Da sind die Ziele ganz deutlich & klar vorgegeben & dargestellt. Woher eine solche Aussage kommt, ist unten nachzulesen...

https://www.facebook.com/thomas.e.suckow

Rüdiger Birmann 8 Std. · Eine Hand wäscht die andere Marie-Agnes Strack-Zimmermann Aktuelle Vorsitzende des Ausschusses ist die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack- Zimmermann. Sie ist wohl die derzeit am lautesten hörbare Stimme, wenn es um Waffenlieferungen geht. Nahezu täglich meldet sie sich zu Wort und fordert mit Vehemenz die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine. Vor allem an Kanzler Scholz übte sie immer wieder scharfe Kritik, warf ihm eine zu zögerliche Haltung und mangelnde Führungsstärke vor. Sieht man sich die Vernetzungen von Frau Strack-Zimmermann an, wird schnell klar, warum sie sich so sehr für Waffenlieferungen einsetzt. Sie ist nahezu in jedem gewichtigen Verband und Think-Tank [Think Tank = Denkfabrik] der Rüstungsindustrie vertreten und dies nicht nur als einfaches Mitglied sondern als Vorstands- bzw. Präsidiumsmitglied, somit also in leitender Funktion, so beim...  Förderkreis Deutsches Heer FKH  Deutsche Atlantische Gesellschaft  Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik DWT  sowie im Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik Nehmen wir zur Verdeutlichung das Beispiel der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik. Hier arbeitet sie im Präsidium u.a. mit den Verantwortlichen folgender Rüstungskonzerne zusammen: Lockheed Martin, Thyssen-Krupp, Airbus, Daimler, Rheinmetall, Krauss-Maffei- Wegmann, Diehl und der französischen Thales-Gruppe. Somit ist sie bestens vernetzt mit der Rüstungslobby und so ist es nur verständlich, dass diese Frau beständig die Lieferung von Panzern usw. in die Ukraine fordert. Interessant ist zudem bei Strack-Zimmermann, dass sie von 2008 – 2014 erste Bürgermeisterin von Düsseldorf war, welches auch der Sitz von Rheinmetall, dem größten deutschen Rüstungskonzern ist. Als Bürgermeisterin hat man ja doch seine Berührungen mit den großen Firmen in der Stadt und Rheinmetall hat sich während ihrer Amtszeit als sehr großzügig erwiesen und der Düsseldorfer FDP mindestens 74.000 € an Spenden zukommen lassen. Von TZ Quellen:

  • Strack-Zimmermann:
  • Torsten Heuer

--Methodios (Diskussion) 15:02, 2. Mai 2022 (CEST)[Beantworten]

Lobbyist mit Nebenjob Bundesgesundheitsminister[Bearbeiten]

Früher mußte die Pharmalobby den Gesundheitsminister noch bestechen - heute ist sie selbst Gesundheitsminister.


Pharma-Lobbyist mit Nebenjob Bundesgesundheitsminister. Vgl. Lobbypedia. Mit Einfluß auf die Presse, der er verbieten ließ, den genauen Kaufpreis seiner Luxusvilla zu nennen - mit Auswirkungen bis hin zum Onlinlexikon Wikipedia, weil in Orwellscher Manier die Presse rückwirkend geändert wurde (vgl. "1984").

https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Jens_Spahn&diff=205374449&oldid=205373560

4 Millionen Euro für eine Luxusvilla in Berlin-Dahlem bezahlt

Er lebt in einer Ehe mit seinem Ehemann Daniel Funke, der als Chef-Lobbyist für die Hubert Burda Media KG tätig ist, in Berlin. ... Im Juli 2020 kauften Spahn und sein Ehemann eine Villa für mehrere Millionen Euro in Berlin, unter anderem finanziert durch ein Darlehen der Sparkasse Westmünsterland. Spahn war zwischen 2009 und 2015 Mitglied des Verwaltungsrats der Sparkasse Westmünsterland.

Jens Spahn

--Methodios (Diskussion) 10:42, 21. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Ein Streik im öffentlichen Dienst – und damit auch im Gesundheitssystem – während einer Pandemie ist nicht leicht vermittelbar. Doch er könnte nötig werden, wenn an diesem Sonnabend keine Einigung zwischen der Gewerkschaft Verdi, dem Deutschen Beamtenbund, den kommunalen Arbeitgeberverbänden und dem Innenministerium zustande kommt. Verdi-Chef Frank Werneke sagte der Süddeutschen Zeitung (Freitagausgabe): »Vertretbar sind Streiks grundsätzlich in allen Bereichen, denn wir müssen die Interessen aller Beschäftigten durchsetzen.« Schuld an der Misere ist nicht zuletzt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). In seinem am Freitag durchgebrachten Gesetz zu Investitionen in Krankenhäuser wird – abgesehen von einer höchstens 1.000 Euro betragenden einmaligen Prämie – das Personal nicht bedacht. Statt dessen kommt Spahns Gesetz privaten, profitorientierten Trägern zugute, die sich so mit Steuergeldern subventionieren lassen. Der Minister setzt damit seinen gnadenlosen Lobbykurs fort. Er versuche, »in Mexiko, dem Kosovo und auf den Philippinen neue Pflegekräfte anzuwerben«, kritisierte Beamtenbund-Vorsitzender Ulrich Silberbach. Dadurch soll der Lohndruck auf die Beschäftigten aufrechterhalten werden. Doch wer – wie Spahn im Interview mit der Morgenpost 2018 – verbreitet, dass »Hartz IV nicht Armut« bedeute, der glaubt auch, dass die Pfleger längst im Luxus schwelgen müssen. Spahn, bei der Kandidatenkür für den CDU-Vorsitz Verbündeter des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, spekuliert vermutlich auf ein »hartes« Ministerium, um sich 2025 selbst als Kanzlerkandidat ins Spiel zu bringen. Kein ungeschickter Schachzug, denn ein Antritt im Coronajahr 2020 wäre wohl an seiner Inkompetenz gescheitert. Noch im März, als die Pandemie längst Europa erfasst hatte, nährte Spahns Haus Zweifel an der Wirksamkeit von Schutzmasken – es gab einfach zu wenige in der BRD. Ein hilfloser Versuch, Lagerbestände aufzubauen, endete in einer Klagewelle unbezahlter Produzenten. Das Tragen von Masken wurde schließlich doch propagiert, die Engpässe hielten allerdings bis in den Sommer an. Unverständnis und Unmut der Bevölkerung wegen unklarer Coronabestimmungen haben auch hier ihre Ursache. Vor seinem Eintritt in die Politik hatte Bankkaufmann Spahn 2006 laut Focus-Bericht mit befreundeten Lobbyisten eine GbR gegründet, der die Agentur »Politas« gehörte. Diese beriet Kunden aus dem Pharmasektor und warb mit besten Kontakten in den Bundestag: »Ganz gleich, ob es um eine Anhörung, ein Hintergrundgespräch oder um eine Plenardebatte geht. Wir sind für Sie dabei.« Im Kontrast zur Dreistigkeit, mit der Spahn das Gesundheitswesen in einen Ramschladen für Konzerne verwandelt, steht die Dünnhäutigkeit des Mannes bei Berichten in eigener Sache. So ging er zuletzt am Donnerstag mit einer einstweiligen Verfügung gegen junge Welt vor, um die Nennung der genau bezifferten Kaufsumme für die Luxusvilla im Berliner Nobelvorort Dahlem, die er mit seinem Ehemann Daniel Funke im Juli erworben hat, zu verbieten. Die Pressefreiheit hat Grenzen – eine davon am Zaun von Jens Spahns Grundstück. Am Sonnabend, wenn die Tarifverhandlungen laufen, wird in Berlin das Bündnis »Wer hat, der gibt« am Kurfürstendamm demonstrieren. Es ist zu hoffen, dass dessen Forderung – »die Reichen müssen für die Krise zahlen« – bis ins gar nicht weit entfernte Dahlem hörbar ist.

PRESSEFREIHEIT. Spahn demaskiert. Versager in der Coronapandemie, Mäzen der Großkonzerne: Gesundheitsminister geht gegen kritische Berichterstattung vor. Von Sebastian Carlens. Junge Welt vom 19. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 09:48, 21. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]


Als Peer Steinbrück wegen seiner Nebenverdienste unter Druck geriet, konnte Jens Spahn nicht an sich halten. Die stolzen Honorare für den SPD-Kanzlerkandidaten seien wohl „so ne Art Betreuungsgeld“ gewesen, twitterte der CDU-Gesundheitsexperte hämisch. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Spahn macht ebenfalls gern Nebengeschäfte. Der 32-jährige Politologe, der vielen in der CDU schon als kommender Gesundheitsminister gilt, verdiente über ein diskretes Firmenkonstrukt heimlich an intensiver Lobbyarbeit für die Gesundheitsindustrie. Mit seinen Freunden Markus Jasper und Max Müller gründete Spahn bereits im April 2006 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Der gehörte die Agentur Politas, die schwerpunktmäßig Klienten aus dem Medizin- und Pharmasektor berät. Jasper, 38, ist ein Vertrauter Spahns aus Jugendtagen bei der Jungen Union. Müller ist ein gut verdrahteter Lobbyist, der für den Pharma-Großhändler Celesio und für die Rhön-Kliniken tätig war. Das Geschäftsmodell des Abgeordneten Spahn ist so klug wie anrüchig: Als Politiker entwickelte er die neuesten Gesetze und Reformen im Gesundheitsbereich, während sein Kompagnon Müller die Kunden aus der Gesundheitsbranche in Echtzeit hätte informieren und beraten können. Einfluss und Insiderkenntnisse sind bares Geld für die Großkonzerne. Partner Jasper, Chef zweier Beratungsgesellschaften (Politas und die KPW – Gesellschaft für Kommunikation und Wirtschaft), hatte ebenfalls Zugang zu den Informationen: Er leitete bis 2006 das Bundestagsbüro des Abgeordneten Spahn. Danach arbeitete er in Teilzeit weiter und gleichzeitig als Lobbyist. Das Geschäft war einträglich: Im Jahr 2007 etwa schüttete die Politas nach FOCUS vorliegenden Steuerunterlagen über das Bankkonto mit der Nummer 6 603 017 413 der Berliner Sparkasse gut 32 000 Euro Gewinn an die Gesellschafter aus – auch Spahn kassierte. Politas wirbt noch heute auf seiner Website mit guten Kontakten in den Deutschen Bundestag: „Ganz gleich, ob es um eine Anhörung, ein Hintergrundgespräch oder um eine Plenardebatte geht. Wir sind für Sie dabei.“ Dass Volksvertreter Spahn sein Mandat als Gesundheitspolitiker profitabel für Beratungshonorare aus der Gesundheitsindustrie einsetzte, war ihm offenkundig bewusst, denn er verschleierte seine Beteiligung an der Lobbyfirma. Eine GbR muss ihre Geschäfte und Gesellschafter nicht veröffentlichen. Offiziell tauchte nur Jasper als Eigentümer der Agentur auf. Lediglich aus FOCUS vorliegenden Steuerunterlagen werden die Politas-Teilhaber klar: Treuhänder Jasper, Müller und eben auch Spahn. Auf Anfrage bestätigte der Politiker seine 25-Prozent-Beteiligung bis Mai 2010. Er habe seinem Freund Jasper bei der Finanzierung geholfen, so Spahn. „Aus Gründen der Praktikabilität haben wir uns für die treuhänderische Lösung entschieden.“ Für ihn steht fest: „Einen Interessenkonflikt hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben.“ Das ist schwer zu glauben. Seit 2005 kümmerte sich Spahn an wichtigen Stellen im Parlament um Gesundheitspolitik. Er entschied mit über Reformen, bei denen es zum Leidwesen der Gesundheitsbranche stets um Einsparungen in Milliardenhöhe ging. Im Mai 2010 verkaufte Spahn seine Politas-Anteile. Er habe den Eindruck eines möglichen Interessenkonflikts vermeiden wollen, lautet die Begründung. Spahn ist nicht der einzige Abgeordnete, der sein Mandat mit der Beratung ausgerechnet jener Branche verknüpft, die von seinen politischen Entscheidungen betroffen ist. Vor allem Gesundheitspolitiker tauchen oft in der Hitliste der Spitzenverdiener im Parlament auf – in keiner anderen Branche sind die Lobbyinteressen größer. Beispiel Rudolf Henke. Der Unionsabgeordnete aus Aachen war vor dem Mandat als Arzt tätig – und ist seinem Berufsstand noch immer eng verbunden. Henke macht sich in vielen Funktionen für Ärzteinteressen stark, unter anderem als Präsident der Ärztekammer Nordrhein, die ausdrücklich die „Wahrnehmung der beruflichen Belange der Ärzteschaft“ zu ihren Aufgaben zählt. Die Präsidentschaft firmiert offiziell als Ehrenamt – unbezahlt ist sie allerdings nicht. Mit 5780 Euro pro Monat wird Henke für sein zeitliches Engagement entschädigt, hinzukommen Erstattungen für Flüge oder Übernachtungen. Außerdem ist Henke Vorsitzender des Marburger Bundes – und zwar sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Für beide Jobs bekommt er jeweils mindestens 10 000 Euro pro Jahr. Auch die Allianz Krankenversicherung überweist ihm als Minimum 10 000 Euro jährlich dafür, dass er an den Sitzungen ihres Ärztebeirats teilnimmt. Insgesamt kommt der Multifunktionär so auf Nebeneinkünfte in Höhe von mindestens 100 000 Euro im Jahr – womit er über seinen Bundestagsdiäten liegt. Wie unabhängig kann jemand sein, der so viel nebenbei verdient? „Mein Ziel ist es, die ärztliche Erfahrung in unserem Gesundheitssystem in den parlamentarischen Prozess einzubringen“, rechtfertigt sich Henke. Martin Reyher von der Nichtregierungsorganisation Abgeordnetenwatch sieht das anders: „Das Abgeordnetengesetz verlangt, dass die Ausübung des Mandats im Mittelpunkt steht.“ Das ist bei dem SPD-Abgeordneten Ullrich Meßmer mehr als fraglich. Schafft es der Hesse doch, als Gewerkschaftssekretär in mindestens einem halben Dutzend Leitungs- und Aufsichtsgremien zu sitzen. Ein Zeit raubendes Engagement. Denn viele Bundestagsabgeordnete arbeiten nach eigenen Angaben bis zu 80 Stunden in der Woche. Dafür verdienen sie 7960 Euro im Monat, hinzu kommt eine Pauschale von 4029 Euro für Kosten wie Reisen. Von den 620 Parlamentariern bessern 30 ihr Einkommen als Berater auf, 29 arbeiten als Anwalt, 28 sitzen in Aufsichtsräten. 27 halten Vorträge und je 22 sitzen in Beiräten oder nehmen bezahlte Aufgaben in Verbänden, Stiftungen oder Gewerkschaften wahr. Ex-Minister wie Peer Steinbrück (SPD), Michael Glos (CSU) und Heinz Riesenhuber (CDU) führen die Hitliste der Nebenverdiener an. Auch andere frühere Minister versilbern ihre Kontakte. Wolfgang Tiefensee, heute wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD, einst Verkehrsminister in der Großen Koalition, sitzt für jährlich mindestens 10 000 Euro im Beirat der Berliner E&E Information Consultants. Die Firma berät Organisationen und Kunden wie die Deutsche Bahn, Siemens, Vattenfall und EADS. Hinzu kommen Vorträge für Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfer und Handelsgesellschaften. Auch die zweite Reihe verdient gut. Als einfaches Mitglied im Verkehrsausschuss fristet Peter Wichtel ein eher unauffälliges Dasein. Trotzdem gehört der CDU-Abgeordnete zu den Top-Verdienern. In der laufenden Legislaturperiode hat er mehr als 92 000 Euro nebenbei verdient – als Aufsichtsrat beim Flughafenbetreiber Fraport. Zugleich überweist die Fraport AG „ihrem“ Abgeordneten mindestens 3500 Euro monatlich für eine Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter. Im Parlament vertritt Wichtel mit Offenbach einen Wahlkreis, in dem es massiven Widerstand gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens gibt. Die Fraport AG steht auf der anderen Seite. Und Wichtel wohl irgendwo dazwischen. „Da sind die Probleme absehbar“, meint Timo Lange von LobbyControl, einer Initiative für mehr Transparenz in der Politik. „Es ist zu keinen Interessenkonflikten gekommen“, verteidigt sich Wichtel. Zudem beende er seine Tätigkeit für Fraport. Mehr als 30 Vorträge hat der Zahnarzt Rolf Koschorrek aus dem schleswig-holsteinischen Bad Bramstedt in der Legislaturperiode gehalten. In den meisten Fällen bekam der CDU-Abgeordnete zwischen 1000 und 7000 Euro. Allein von der Berliner Firma Cognomed, die auf ihrer Homepage stolz damit wirbt, „ein enges Beziehungsgeflecht zu den wichtigen Führungs- und Entscheidungsträgern“ zu unterhalten, erhielt er mindestens 14 000 Euro an Vortrags- und Beraterhonoraren. Er verdiente auch gut mit Aufsichtsratsmandaten, Beiratstätigkeiten und seit Anfang 2012 als Präsident des Bundesverbands Freier Berufe – allein dafür bekam er zwischen 3500 und 7000 Euro pro Monat. Insgesamt hat der Parlamentarier in der Legislaturperiode mindestens 183 000 Euro nebenbei erhalten. Die Quittung für die vielen Nebenjobs haben ihm seine Parteifreunde im Wahlkreis Steinburg/Dithmarschen-Süd inzwischen präsentiert. Als es darum ging, wer bei der nächsten Bundestagswahl für die CDU antreten dürfe, fiel Koschorrek krachend durch. Carsten Schneider, SPD-Jungstar, fängt gerade erst an: Im Sommer wurde er Sprecher des einflussreichen Seeheimer Kreises in der Bundestagsfraktion. Sein Wissen und seine Kontakte stellte der Erfurter Haushaltsexperte schon früher entgeltlich zur Verfügung. Er saß im Expertenrat der strategischen Unternehmungsberatung CNC – Communications & Network Consulting. Die international tätige Gesellschaft ließ sich sein Fachwissen im Jahr 2009 mindestens 10 000 Euro kosten. Es gibt aber auch Parlamentarier, die Unternehmen in Branchen beraten, für die sie nachweislich keine besondere Expertise aufweisen. Der ehemalige FDP-Chef Wolfgang Gerhardt etwa sitzt als bezahltes Mitglied im Beirat der Alten Leipziger Lebensversicherung und der Halleschen Krankenversicherung. Einen besonderen Bezug zur Gesundheitspolitik hatte Gerhardt nie. „Darum geht es auch gar nicht“, sagt der FDP-Politiker, „für Gesundheitspolitik haben die ihre eigenen Leute.“ Worum es dann geht? „Die Einordnung von Fachthemen in die Gesamtpolitik, Beitragshöhen, die wirtschaftliche Lage – das ist die Erörterungsebene eines Beirats.“ Ähnlich sieht das Michael Fuchs. Seit 2009 hat der CDU-Abgeordnete zahlreiche Vorträge gehalten, war als Berater tätig und sitzt derzeit in sieben Führungsgremien von Unternehmen. Insgesamt hat er mindestens 155 000 Euro verdient – in den Bereichen Versandhandel, Bohrtechnik und Verlagswesen, um nur einige zu nennen. Bei Rhodius Mineralquellen sitzt Fuchs seit vielen Jahren im Beirat. „Dazu muss man kein Experte im Getränkehandel sein. Es geht um Akquisition, Immobilien, Firmenerweiterungen. Das ist bei allen Unternehmen gleich“, sagt Fuchs. Er räumt ein, dass seine Tätigkeit in der Wirtschaft „erheblichen Einfluss“ auf seine politische Arbeit hat. Als Fraktionsvize ist er verantwortlich für Wirtschaft und Energie. Außerdem ist er Ehrenvorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand. „Die Firmen zeigen mir, ob unsere Vorhaben finanzierbar sind“, verteidigt sich Fuchs. LobbyControl-Experte Lange sieht das anders. „Es geht bei Beratungen und Vorträgen nicht nur um Geld. Es geht um Kontakte.“ Firmen und Branchenverbände halten sich offenbar Politiker warm, entweder weil sie Informationen brauchen oder weil sie sich besonderes Verständnis für ihre Anliegen erhoffen. Bleibt dies aus, kann das innige Verhältnis schnell wieder abkühlen. Wolfgang Gerhardt musste das am eigenen Leib erfahren: Für mehr als 7000 Euro im Jahr saß er bis April 2011 im Beirat des Bundesverbands privater Spielbanken. Als die Casino-Vertreter den Eindruck bekamen, die FDP bevorzuge die Automatenwirtschaft, wurde der Liberale Gerhardt aus dem Beirat der Spielbanken gewählt.

Im Nebenjob Abgeordneter. Wenige Bundestagsabgeordnete verdienen zusätzlich so viel wie SPD-Kanzlerkandidat PEER STEINBRÜCK. Interessante Geschäftsmodelle entwickeln manche trotzdem – ohne Sorge um Interessenskonflikte. Focus vom 9. September 2015. FOCUS Magazin | Nr. 48 (2012)

--Methodios (Diskussion) 10:07, 21. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

„Die große Überforderung: Wie lösen wir den Pflegenotstand?“, fragte Sandra Maischberger am Donnerstagabend. Zu Gast war unter anderem Gesundheitsminister Jens Spahn, der am liebsten über diese Frage debattieren wollte. Doch Armin Rieger, langjähriger Heimbetreiber, der öffentlich Missstände in der Pflege anprangert, machte Spahn zwischenzeitlich einen Strich durch die Rechnung. Rieger sprach den Gesundheitsminister auf seine einstige Beteiligung an der Lobbyfirma Politas an, die Kunden aus dem Medizin- und Pharmasektor beriet. Dass ein einstiger Lobbyist nun Gesundheitsminister sei, mache ihn skeptisch. Spahn reagierte auf diese Kritik pampig. Spahn rechtfertigte sich anschließend: „Es gab eine Beteiligung an einer Firma, das ist wahr, als Gesellschafter. Das ist acht, neun Jahre her. Wenn Herr Rieger meint, dass das heute für eine politische Debatte von Relevanz ist, dann lasse ich ihm das.“ FOCUS-Bericht machte Spahns Beteiligung 2012 öffentlich Er verwies darauf, dass das alles im Internet nachlesbar sei. Spahn weiter: „Aber ich fände es schade, wenn diese Zeit, wo wir eigentlich über die Situation der Pflegekräfte reden wollten – so hatte ich den Eindruck jedenfalls – dafür verloren ginge.“ Spahn hielt ab 2006 25 Prozent an der Lobbyfirma, die auch mit guten Kontakten in den Bundestag warb. Die Öffentlichkeit erfuhr davon bis zu einem FOCUS-Bericht 2012 zunächst nichts. Im Mai 2010 verkaufte Spahn seine Politas-Anteile. Er habe den Eindruck eines möglichen Interessenkonflikts vermeiden wollen, lautete die Begründung.

„Wollten doch über Pflege sprechen“. Spahn reagiert in ARD-Talk pampig, als er mit Pharma-Vergangenheit konfrontiert wird. Focus vom 19. April 2020.

--Methodios (Diskussion) 10:16, 21. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Berlin - Als DocMorris/Celesio vor fünf Jahren das Thema Apothekenketten vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gepeitscht hatten, kam auf Betreiben des Stuttgarter Pharmahändlers auch eine öffentliche Debatte in Gang. Im Juni 2008 meldete sich auch der heutige gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn (CDU), zu Wort: Gemeinsam mit dem FDP-Politiker Jorgo Chatzimarkakis machte sich Spahn im Handelsblatt für ein Lizenzsystem für Apotheken als Ersatz zum Fremdbesitzverbot stark. Dass diese Idee 1:1 einem Vorschlag aus der Stuttgarter Konzernzentrale entsprach, mag Zufall oder Einflüsterung gewesen sein – oder Geschäft. Wie der „Focus“ jetzt enthüllt, war Spahn damals zusammen mit seinem ehemaligen Bürochef Markus Jasper und dem damaligen Celesio-Lobbyisten Max Müller an einer Firma beteiligt, die wiederum Anteile an einer PR-Firma hielt. Im April 2006 hatten Spahn, Jasper und Müller die PR-Agentur Politas gegründet. Jasper habe sich selbstständig machen wollen und ihn um Unterstützung bei der Finanzierung des Stammkapitals gebeten, so der Politiker heute. Weil der Jugendfreund einen „schrittweisen“ Übergang wünschte, habe er danach weiter in Teilzeit für Spahn gearbeitet – allerdings im Wahlkreisbüro in Münster und damit unter räumlicher und inhaltlicher Trennung, wie Spahn beteuert. Sein eigenes Engagement hatte Spahn – „aus Gründen der Praktikabilität und nach ausführlicher rechtlicher Beratung“ – über eine Treuhänderkonstruktion geregelt. So wusste die Öffentlichkeit bis jetzt nichts davon, denn auch beim Bundestag wurde das Lobbyprojekt nicht gemeldet – da es sich nur um eine Minderheitsbeteiligung über 25 Prozent gehandelt habe und er ansonsten nicht für die Gesellschaft tätig gewesen sei, so Spahn. Mit der Ernennung zum gesundheitspolitischen Sprecher nach der Bundestagswahl 2009 habe er die Beteiligung ohnehin komplett beendet – um den Eindruck möglicher Interessenkonflikte zu vermeiden. Auch Jasper und Müller sind heute nach den offiziellen Unterlagen nicht mehr dabei: Jasper ist Geschäftsführer des CDU-Kreisverbandes Borken, dessen Vorsitzender Spahn ist. Müller war im Frühjahr von Celesio zu Rhön Klinikum gewechselt. „Einen Interessenkonflikt hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben“, versichert Spahn, der – anders als sein SPD-Pendant Professor Dr. Karl Lauterbach – sogar seine Aufsichtsratsmandate niederlegte. Zum damaligen Kundenkreis von Politas kann sich der Politiker nach eigenem Bekunden nicht äußern, da er ins operative Geschäft nicht eingebunden gewesen sei. Auch wenn also nichts dran sein sollte am Vorwurf, auf beiden Seiten des Schreibtisches aktiv zu sein – für Apotheker lohnt sich der Blick zurück ins Jahr 2008 trotzdem: Im Januar heuerte Müller – selbst ehemaliger CDU-Referent – bei Celesio an und eröffnete das Berliner Büro des Konzerns. Im Februar legte Spahn – neben anderen prominenten Gesundheitspolitikern – in Stuttgart einen Auftritt bei einer Podiumsdiskussion zum Thema hin. Ausrichter war Celesio. Im Juni dann der Gastbeitrag im Handelsblatt. Als Generalanwalt Yves Bot die Öffentlichkeit mit seinen Schlussanträgen überraschte, hörte man zum Thema nichts mehr von Spahn; 2009 erklärte er die Debatte für beendet. Nur sein alter Co-Autor Chatzimarkakis stänkerte noch am Tag vor der Urteilsverkündung gegen die Apotheker, den Generalanwalt und das EU-Gericht.

NEBENEINKÜNFTE. Focus: Spahns Lobbyfirma. APOTHEKE ADHOC, 26.11.2012.

--Methodios (Diskussion) 10:26, 21. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Jens Spahns Kauf einer Luxus-Villa in Berlin löste bundesweit Diskussionen aus — auch darüber, ob der Vorgang von politischem Interesse oder Privatsache des Gesundheitsministers sei. „Verboten ist das nicht“, schrieb unter anderem das konservative Politik-Magazin Cicero, „es überschreitet jedoch die Grenzen des guten Geschmacks.“ Politische Symbole würden auch vor dem Privatleben nicht halt machen. Die Augsburger Allgemeine kommentierte: „Ob ein Mandatsträger in einem WG-Zimmer oder einem Schloss lebt, hat rein gar nichts damit zu tun, wie gut er seine Aufgabe erledigt.“ Nachdem Business Insider vergangene Woche berichtet hatte, dass Spahn ein Haus für mehrere Millionen Euro gekauft hat, meldete sich auch sein Anwalt zu Wort. In einem Schreiben erklärte der Jurist, dass die Berichterstattung unwahr und unzulässig sei. Der Kaufpreis sei nicht korrekt. Der Anwalt des Ministers forderte Business Insider auf, den Artikel über die private Angelegenheit von Spahn wieder zu löschen. Daraufhin veröffentlichte Business Insider als Beleg die exakte Summe aus dem Kaufvertrag, den Spahn und sein Ehemann am 21. Juli 2020 beim Notar unterschrieben haben. Einige Stunden später meldete sich Spahns Anwalt erneut. Nur aufgrund eines „Kommunikationsversehens“ sei der Jurist davon ausgegangen, dass der Kaufpreis nicht korrekt gewesen sei, schrieb er. „Insoweit halten wir nicht mehr daran fest, dass die entsprechende Behauptung wahrheitswidrig sei.“ Unabhängig davon würden die Informationen zum Hauskauf die Öffentlichkeit nichts angehen, so der Anwalt. Aus diesem Grund beantwortet Spahn offenbar auch keine Fragen zur Finanzierung der Villa. Einige Details lassen sich aber im Kaufvertrag ablesen. Unter anderem, dass Spahn zwei Drittel der Kaufsumme schultert und sein Ehemann ein Drittel. Aus den Grundakten geht zudem hervor, dass das Paar mindestens zwei Kredite für den Hauskauf aufgenommen hat. Entsprechende Grundschulden wurden in das Grundbuch eingetragen. Dazu zählt ein hohes Darlehen von der Sparkasse Westmünsterland, mit der Spahn eine besondere Beziehung hat. Der gelernte Bankkaufmann wurde unweit der Hauptstelle in Ahaus geboren. Zwischen 2009 und 2015 saß er als Bundestagsabgeordneter im Verwaltungsrat der Sparkasse. Während im Bankwesen sogenannte Organkredit – also Darlehen an eigene Vorstände oder Aufsichtsräte – aufgrund möglicher Interessenkonflikte besonders geprüft werden, gibt es eine solche Regelung für ehemalige Verwaltungsratsmitglieder nicht. Auf Anfrage äußerte sich Spahn nicht zu den Konditionen des Sparkassen-Kredits. Ein Sprecher der Sparkasse Westmünsterland erklärte, dass es für ehemalige Verwaltungsratsmitglieder keine Sonderregelung für Kredite gebe. Anmerkung der Redaktion: Das Landgericht Hamburg hat nach einem Antrag von Jens Spahn und Daniel Funke entschieden, dass die Berichterstattung über den Villen-Kauf grundsätzlich rechtmäßig sei. Das Gericht entschied in einer Einstweiligen Verfügung aber, dass die genaue Nennung von Kaufpreis, Darlehen und Grundschuld die Rechte der Betroffenen verletze. Daher hat Business Insider die entsprechenden genauen Summen einstweilen aus dem Text entfernt.

Spahn finanzierte Villen-Kauf zum Teil mit einem Sparkassen-Kredit — zuvor saß er jahrelang im Verwaltungsrat der Bank Von Jan C. Wehmeyer. businessinsider vom 06 Sep 2020.

--Methodios (Diskussion) 10:51, 21. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Fallbeispiel: Politas. Wie der Focus November 2012 berichtete, war Jens Spahn neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter an einer Lobby-Agentur beteiligt. Zusammen mit seinem Freund und damaligen Büroleiter Markus Jasper und dem befreundeten Lobbyisten Max Müller gründete Spahn im Jahre 2006 eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR), welche die Beratungsagentur Politas verwaltet. Vorteil einer GbR ist, dass weder Angaben über die Geschäftstätigkeiten noch über die Gesellschafter gemacht werden müssen. Daher war lediglich Jasper als Eigentümer eingetragen. Da es sich im Falle Spahns um eine Minderheitenbeteiligung von 25% handelte, war er nicht verpflichtet, seine Beteiligung dem Bundestag zu melden.[4] Firmenbeteiligungen müssen erst bei „mehr als 25 Prozent der Stimmrechte“ offengelegt werden. Laut Informationen, die dem Focus vorliegen, erwirtschaftete Politas im Jahre 2007 32.000 Euro Gewinn. Wie üblich wurden diese anschließend an die drei Gesellschafter ausgeschüttet.[1] In den Jahren 2008 und 2009 wurden nach Spahns Angaben keine Gewinne ausgeschüttet.[5] Laut Focus gehörten zu dem Kundenkreis von Politas hauptsächlich Unternehmen aus der Medizin- und Pharmaindustrie.[1] Spahn betont dagegen in einer Stellungnahme, dass seinerzeit Kunden aus unterschiedlichen Branchen in landes-, bundes- und europapolitischen Fragestellungen beraten wurden. Genauere Angaben macht er allerdings nicht.[4] Im August 2010 verkaufte Spahn schließlich seine Anteil an der GbR. Hierbei folgte Jaspers ihm und verkaufte sein Anteile an der Gesellschaft im Oktober 2010.[4] Den Verkauf begründete der CDU-Politiker damit, „er habe den Eindruck eines möglichen Interessenkonfliktes vermeiden wollen.“[1] Der Fall zeigt, dass die Regelungen für Finanzbeteiligungen von Abgeordneten verbessert werden müssen. Zudem wirft die Geschichte ein Schlaglicht auf die Gefahr von Interessenkonflikten auch bei den Abgeordneten-Mitarbeitern. Die Abgeordneten müssen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeitenden nicht nebenbei als Lobbyisten arbeiten. Spahns Aussage, er habe nur seinem Büroleiter und Freund beim Weg in die Selbständigkeit helfen wollen, beschönigt die Problematik. Personelle Verflechtungen. Die personellen Verflechtungen hinter Politas sind von besonderem Interesse, da zwischen den jeweiligen Personen enge Verbindungen bestehen: Max Müller ist ein „gut verdrahteter Lobbyist“.[1] Neben seiner Tätigkeit für Politas ab 2006, war Müller ab 2008 für den Pharmakonzern Celesio (heute McKesson Europe) tätig. Anfang diesen Jahres wechselte er zu den Röhn-Kliniken,[1] welche er bereits Ende des Jahres 2012 wieder verließ.[6] Zwischen 2002 und 2008 war Müller Geschäftsführer der KPW-Gesellschaft für Kommunikation in Politik und Wirtschaft und pflegte unter anderem für „DocMorris die politischen und gesellschaftlichen Kontakte“.[7] Seine gute Vernetzung in die Gesundheitsbranche zeigt sich auch in seiner weiteren Karriere. Von 2013 an war Müller Vorstandsmitglied des Apothekenkonzerns DocMorris, bis er im April 2020 zur Bayer AG wechselte.[8] Spätestens seit 2008 war auch Jasper für die KPW tätig. Darüber hinaus ist er ein Jugendfreund von Spahn. Jens Spahn begründete seine Anteilsinhabe mit der „Finanzierungshilfe seines Freundes“,[1] um ihm einen Einstieg in die Selbstständigkeit zu gewähren. Bis zur Firmengründung 2006 leitete Jaspers das Abgeordnetenbüro von Spahn in Berlin. Anschließend blieb er in Teilzeit bei Spahn beschäftigt und arbeitete im münsterländischen Wahlkreisbüro des CDU Politikers weiter. In einer Stellungnahme verweist Spahn daher auf die räumliche Trennung der Beiden.[4] Derzeit ist Jasper Angestellter des CDU-Landesverbands in NRW im Kreis Borken.

Jens spahn in der Lobbypedia

Übernahme der Positionen des Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" vom 30. November 2012 haben Jens Spahn (CDU) und Johannes Singhammer (CSU) ein Positionspapier der CDU/CSU gegen die von den Grünen gewünschte Bürgerversicherung vom Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) abgeschrieben.[9] So seien beispielsweise von den Unionsexperten wort- und spiegelstrichgleich die PKV-Passage zum "schönen Namen ,Bürgerversicherung'" übernommen worden, hinter der sich das Gegenteil verberge: "ausnahmslose Zwangsmitgliedschaft, mehr staatliche Bevormundung und Bürokratie, beschränkter Leistungskatalog für alle, weniger Selbstbestimmung, weniger Wettbewerb, keine Nachhaltigkeit". Auch in ihrer optischen Gestaltung seien PKV- und Unionspapier gleich. Jens Spahn war bis März 2015 Vorsitzender des "Beirats Gesundheit" der Gesellschaft zum Studium strukturpolitischer Fragen, die zur Vorbereitung von Gesetzesinitiativen Unternehmen und Verbände mit Abgeordneten und Vertretern der Bundesregierung zusammenbringt. Mitglied der Gesellschaft ist u.a. der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV). Die Beiräte bilden das Forum, in dem der Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen Politikern (Parlamentarier und Parlamentarische Staatssekretäre), Vertretern von Verbänden, Unternehmen und Beratungsgesellschaften sowie diesen nahestehenden Professoren stattfindet. Auf der Tagesordnung stehen nach Angaben der Gesellschaft sowohl strukturelle Themen der laufenden Gesetzgebung als auch strukturelle Trends, bei denen ein Regelungsbedarf absehbar ist. Die Tagungen der Beiräte finden in den Mittagspausen der Sitzungen des Deutschen Bundestages statt. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass Mitglieder der Bundesregierung und Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen am Meinungsaustausch teilnehmen können.

Jens spahn in der Lobbypedia

Beteiligung an einem Steuer-Start-Up. In seiner Zeit als Finanzstaatssekretär und Finanztechnologie-Beauftragter der Bundesregierung investierte Spahn privat in ein Unternehmen, mit dessen Branche er auch amtlich befasst war. Spahn erwarb für 15.000 Euro einen Anteil von 1,25 Prozent an der Pareton GmbH, einem 2014 von Matthias Raisch gegründeten Start-up. Pareton entwickelt die Steuer-Software Taxbutler, die Kunden bei der Erstellung der Steuererklärung helfen soll.[10] Für die Investition in das Start-up hatte Spahn 3.000 Euro staatlichen Zuschuss bekommen.[11] Im Interview erklärte er, er halte die Software für eine "pfiffige Idee".[12] Die SPD warf Spahn für seine Investition Instinktlosigkeit vor und forderte ihn auf, die Einnahmen durch all seine Unternehmensbeiteiligungen offen zu legen. Die Grünen sahen in dem Fall einen nicht hinnehmbaren Interessenskonflikt. Es sei nicht akzeptabel, dass ein Finanzstaatssekretär ein finanzielles Eigeninteresse daran habe, ein komplexes Steuersystem zu erhalten, welches eine Steuersoftware benötigt. Transparency International forderte die Verschärfung bestehender Regeln: Das Bundesministergesetz sehe bisher keine Regelungen zu Unternehmensbeteiligungen von Regierungsmitgliedern vor. Spahn selbst wies die Vorwürfe zunächst von sich und erkärte: "Ich sehe dahin kein Problem." [13][14] Wenige Tage später gab Spahn bekannt, sich der Kritik zu beugen, seine Anteile zu verkaufen und den staatlichen Zuschuss zurückzuzahlen.[11] Pareton-Gründer Matthias Raisch erklärte der Wirtschaftswoche, seine Firma habe von der öffentlichen Debatte stark profitiert und sprach von einem "Riesenzuwachs [...] durch die Berichterstattung". [15]

  1. "Im Nebenjob Abgeordneter", Focus vom 26.11.2012; Ausgabe: 48; Seite: 28-32
  2. Webseite Jens Spahn - Lebenslauf abgerufen am 26.02.2018
  3. Bundestag: Gesundheitspolitische Sprecher gewählt, jens-spahn.de - Lebenslauf Jens Spahn - MdB, 2017, abgerufen am 19.03.18
  4. Stellungnahme von Jens Spahn zur Focus-Berichterstattung; ging LobbyControl am 28.11.12 zu
  5. Auskunft des Büros von Jens Spahn an LobbyControl, 28.11.2012
  6. Max Müller verlässt Klinikbetreiber Rhoen PRReport vom 08.11.2012
  7. politikszene Nr. 168, politik-kommunikation.de vom 15.01.2008, abgerufen am 28.11.12
  8. "Max Müller verlässt Docmorris und geht zu Bayer" DAZ online vom 28.01.2020, aufgerufen am 14. April 2020
  9. Leipziger Volkszeitung vom 30. November 2012
  10. Spahn investierte in Steuer-Software n-tv.de vom 24.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  11. Spahn gibt Investment in Start-up auf Süddeutsche vom 29.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  12. Finanz-Staatssekretär beteiligte sich an Steuerfirma bild.de vom 24.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  13. „Nicht nur grotesk, sondern auch bedenklich“ Handelsblatt vom 25.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  14. Spahn verteidigt Beteiligung an Start-up Zeit vom 25.08.2017, abgerufen am 23.03.2018
  15. „Riesenzuwachs dank Berichterstattung“ Wirtschaftswoche vom 09.09.2017, abgerufen am 23.03.2018
  16. Bundesvorstand, mit-bund.de, abgerufen am 22.03.2018
  17. Parlamentskreis Mittelstand, cducsu.de, abgerufen am 22.03.2018
  18. Mitglieder, ludwig-erhard.de, abgerufen am 22.03.2018
  19. Biografie Deutscher Bundestag, bundestag.de, abgerufen am 24.05.2017
  20. Deutscher Bundestag, bundestag.de, abgerufen am 24.05.2017

Jens spahn in der Lobbypedia

--Methodios (Diskussion) 10:59, 21. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Focus enthüllte Ende November, dass der Gesundheitsexperte der CDU im Bundestag, Jens Spahn, jahrelang indirekt Anteile an der Lobby-Agentur Politas hielt. Spahn schickte uns damals eine Stellungnahme zu dem Focus-Artikel zu. Aber die Stellungnahme ließ wichtige Fragen offen. Wir haben Spahn eine Reihe von Nachfragen geschickt – aber bis heute keine Antwort erhalten. Morgen will Spahn in seinem Wahlkreis über das schlechte Image von Abgeordneten diskutieren. Eine Gelegenheit, um vor der eigenen Haustür zu kehren. Spahns Stellungnahme ließ vieles offen. Gemeinsam mit dem befreundeten Lobbyisten Max Müller und dem Leiter seines Abgeordnetenbüros, Markus Jasper, gründete Jens Spahn 2006 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), der wiederum die Agentur Politas gehörte. Spahn musste die Beteiligung nicht beim Bundestag anzeigen, weil nach den geltenden Transparenzregeln erst Firmenbeteiligung von „mehr als 25 Prozent der Stimmrechte“ offen gelegt werden müssen. Spahn hielt exakt 25 Prozent und blieb damit genau unter der Veröffentlichungsschwelle. Wir haben über Spahns Verteidigung in diesem Fall berichtet, die uns nicht wirklich überzeugt. Vor allem sind wichtige Fragen offen, etwa nach den Kunden von Politas. Laut Focus beriet diese schwerpunktmäßig Kunden aus dem Pharma- und Medizinsektor. Spahn dagegen schrieb in einer Stellungnahme, dass Kunden aus unterschiedlichen Branchen in landes-, bundes- und europapolitischen Fragestellungen beraten wurden. Aber Namen nannte er nicht. Seine Stellungnahme hatte weitere auffällige Lücken. So ging sie auf Spahns Beziehung zu dem Lobbyisten Max Müller gar nicht ein, auch nicht auf die KPW-Gesellschaft für Kommunikation und Wirtschaft mbH. Denn neben Politas hatten zumindest Max Müller und Markus Jasper Verbindungen zu einer zweiten Lobbyagentur, der KPW. Diese wurde bereits 2002 gegründet, dem Jahr, als Spahn erstmals in den Bundestag einzog. Max Müller war bis Anfang 2008 Geschäftsführer, bevor er Cheflobbyist für den Pharmagroßhändler Celesio wurde. Im Oktober 2008 wurde laut Handelsregister Spahns Mitarbeiter Markus Jasper Geschäftsführer. Unsere Nachfragen blieben ohne Antwort. Wir haben Jens Spahn zu Politas und der KPW-Gesellschaft für Kommunikation und Wirtschaft mbH Nachfragen geschickt – ohne Antwort. Es ist schon bemerkenswert, dass die Union sich bei Peer Steinbrück weit aus dem Fenster gelehnt hat, aber die eigenen Abgeordneten bei kritischen Nachfragen schnell dicht machen (siehe auch den Fall Michael Fuchs). Morgen kann man Spahn in Ahaus dazu befragen. Immerhin bietet Spahn jetzt mit zwei Veranstaltungen selbst eine Plattform an, um nachzuhaken. Er lädt seine „Follower bei Facebook, Twitter und andere Interessierte“ ein, über das schlechte Image von Politikern zu diskutieren. Die Veranstaltungen finden morgen, 25. Januar, um 17 Uhr in Ahaus und am 01. März 2013 um 15 Uhr im Deutschen Bundestag statt (Details und Anmeldung hier). Aktualisierung, 25. Jan: Die Veranstaltung heute fällt mangels Teilnehmer/-innen aus. Aber die Veranstaltung in Berlin soll es wohl geben. Die Veranstaltungen stehen unter dem Motto: „Unfähig und faul? – Warum haben Politiker so ein schlechtes Image?“ Wir glauben gar nicht, dass Politiker per se faul oder unfähig sind. Tatsächlich halten wir ein Mandat als Bundestagsabgeordneter für einen durchaus anstrengenden Job. Aber gegen das schlechte Image hätten wir ein paar Anregungen:

  • Auf mehr Distanz zu Lobbyisten achten
  • Sich auf keine Nebentätigkeiten einlassen, die zu Interessenkonflikten mit dem Mandat führen
  • Fragen zu den eigenen Nebentätigkeiten offen beantworten
  • Generell für mehr Transparenz und Schranken bei Politiker-Nebentätigkeiten sorgen

Nach Ahaus werden wir es morgen leider nicht schaffen. Wir würden uns aber freuen, wenn andere die Verbindungen Spahns zu Lobby-Agenturen dort ansprechen würden und uns von Spahns Antworten berichten würden. Hier ein paar der Fragen an Spahn, die uns interessieren würden:

  • Waren Sie (Jens Spahn) bereits zur Zeit der Gründung von KPW-Gesellschaft für Kommunikation und Wirtschaft mbH (KPW) Ende 2002 mit Max Müller befreundet?
  • Waren Sie selbst in irgendeiner Form an der KPW beteiligt?
  • Haben Sie selbst jemals Geld von der KPW oder Max Müller erhalten (direkt oder indirekt)?
  • Wann begann Markus Jasper Ihres Wissens nach bei KPW zu arbeiten?
  • Für welche Kunden hat Politas gearbeitet? Hat Politas jemals Geld von DocMorris oder Celesio erhalten? Wenn ja, wann, wieviel und wofür? Hat Politas jemals Geld von KPW erhalten? Wenn ja, wann, wieviel und wofür?
  • In welcher Form hatten Sie Kontakt mit Max Müller während der Debatte über die Liberalisierung des Apothekenmarktes, bevor Müller zu Celesio wechselte?
  • Wie änderte sich der Kontakt, nachdem Müller Cheflobbyist von Celesio wurde?

Befragen könnte man Spahn auch zu seiner Aufsichtsratstätigkeit bei der mosaiques diagnostics and therapeutics AG in Hannover. In seiner Stellungnahme zu dem Focus-Artikel verweist Spahn darauf, dass er seine Beteiligung an Politas 2010 beendet habe, nachdem er gesundheitspolitischer Sprecher wurde. Allerdings war er noch bis zum 30.11.2012 Aufsichtsrat bei mosaiques diagnostics and therapeutics. Er hat also keineswegs 2010 alle Nebentätigkeiten beendet, die mit Gesundheitspolitik zu tun hatten. Der Ausstieg am 30.11.2012 wirft die Frage auf, ob erst der Focus-Artikel vom 26.11.2012 Spahn auf die Sprünge half.

Ein Abgeordneter mit Lobbyagentur – Jens Spahn antwortet nicht lobbycontrol vom 24. Januar 2013 von Ulrich Müller.

--Methodios (Diskussion) 11:23, 21. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Ein Lobbyist der Apothekerschaft soll sich jahrelang geheime Unterlagen aus dem Gesundheitsministerium beschafft haben. Dabei habe er nach Medienberichten mit einem Mitarbeiter einer für das Ministerium tätigen EDV-Firma zusammengearbeitet und für die Übermittlung von E-Mails, Gesetzesentwürfen etc. Geld bezahlt. Hier ein paar erste Einschätzungen zu dem Fall sowie die aktuelle Liste externer Mitarbeiter in Ministerien. Aktualisierung 13.12. Allmählich wird klarer, wer die Beteiligten an dem Skandal sind: der beschuldigte Lobbyist aus der Apothekerschaft ist nach Medienberichten Thomas B., der bis Sommer 2011 Pressesprecher der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) war. Inzwischen ist er Geschäftsführer der Kommunikationsagentur Neuspree. Diese sitzt in dem gleichen Gebäude wie die Firma El Pato, die das Internet-Portal „Apotheke Adhoc“ betreibt, in dem vertrauliche Dokumente aus dem Gesundheitsministerium auftauchten. ABDA arbeitete wohl auch nach dem Ausstieg von Thomas B. mit „Apotheke Adhoc“ zusammen. Weitere Informationen siehe unter anderem taz und Rheinische Post (oder auch die Printausgabe der SZ). Es bleiben aber weiter wichtige Fragen offen:

  • Die Verantwortung des Apothekerverbands ABDA. Er versucht sich selbst von der Spionage zu distanzieren. Aber natürlich hat der Verband eine Verantwortung für das Verhalten seiner Mitarbeiter, aber auch von externen Kooperationspartnern. Er muss jetzt schnell offenlegen, wie die Insiderinformationen aus dem Gesundheitsministerium innerhalb des Verbandes genutzt wurden und warum niemand im Verband die Brisanz der Informationen erkannt oder hinterfragt hat. Auch die Beteiligung von Thomas B. an der eigenen Lobbyarbeit und die Geschäftsverbindungen nach seinem Abschied vom Verband müssen auf den Tisch.
  • Die Auswirkungen der Spionage auf die offizielle Politik. Gesundheitsminister Bahr hat gesagt, es habe keine Beeinflussung gegeben. Wir halten diese Einschätzung für fragwürdig. Auf welcher Analyse beruht sie? Der strategische Nutzen der beschafften Insider-Informationen für die Apothekerlobby liegt auf der Hand. Ihre Lobbyarbeit hat vermutlich davon profitiert haben – ohne dass dies dem Gesundheitsministerium bewusst gewesen sein muss. Hier ist dringend eine genauere Untersuchung notwendig. Welche Kontakte gab es in den letzten Jahren zwischen Gesundheitsministerium und Apothekerlobby? An welchen Stellen wurden Gesetzesentwürfe oder andere politische Vorhaben nochmal verändert?

Schranken für den Fluss von Insiderinformationen. Der Fall beleuchtet die Wichtigkeit von Insiderinformationen für Lobbyisten. In diesem konkreten Fall ist nach bisherigem Informationsstand tatsächlich kriminell vorgegangen worden. Aber darüber hinaus gibt es einen großen Graubereich, wie Lobbyisten an Insiderinformationen kommen. Hier wird nicht gegen geltendes Recht verstoßen, aber aus demokratietheoretischer Sicht handelt es sich dennoch um problematische Praktiken: wenn etwa ehemalige Politiker als Lobbyisten angeworben werden oder wenn Ministerien das Schreiben von Gesetzen an Anwaltskanzleien delegieren, die selbst wiederum Rechtsberatung oder Lobbydienste für Unternehmen anbieten. Deshalb brauchen wir über die staatsanwaltschaftliche Verfolgung dieses besonderen Einzelfalls hinaus klare Schranken, die für mehr Distanz zwischen Politik und Lobbyisten sorgen. Dazu gehören Karenzzeiten für ehemalige Regierungsmitglieder und ein Ende des Gesetzesoutsourcing durch Ministerien.

Aktuelle Informationen zu externen Mitarbeitern in Ministerien. Ein weiteres Problemfeld sind die sogenannten „externen Mitarbeiter“ in den Ministerien. Dabei handelt es sich um Vertreter von Unternehmen oder Verbänden, die zweitweise in Bundesministerien tätig sind. Dieses hochproblematische Wechselspiel wurde 2008 durch eine Verwaltungsvorschriften stark eingeschränkt. Hier ein paar aktuelle Informationen dazu:

  • die aktuelle Liste externer Mitarbeiter in den Ministerien (Zusammenfassung von LobbyControl auf Basis des leider nicht öffentlichen Berichts der Bundesregierung über das 1. Halbjahr 2012)
  • In der Liste nicht erfasst sind Vertreter der gesetzlichen Krankenkassen im Gesundheitsministerium. Der Bericht der Bundesregierung über externe Mitarbeiter erfasst öffentlich-rechtliche Körperschaften wie die gesetzlichen Krankenkassen nicht. Die gesetzlichen Krankenkassen haben wegen ihres öffentlichen Auftrags eine Sonderstellung: das Sozialgesetzbuch gibt sogar eine gesetzliche Basis für die beratende Mitwirkung im Gesundheitsministerium. Trotzdem wäre es sinnvoll, ihre Mitwirkung zumindest transparent zu machen.
  • Bereits 2006 gab es einen Eklat, weil ein Vertreter der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) als externer Mitarbeiter im Gesundheitsministerium vertrauliche Unterlagen kopierte, die später in den Medien auftauchten. Mehr dazu in dem DAK-Artikel in unserer Lobbypedia

Weitere Informationen in der Lobbypedia:

  • Portal über exerne Mitarbeiter in Ministerien (inkl. eine Übersicht der bisherigen Fälle im Gesundheitsministerium)
  • Informationen zum Gesetzesoutsourcing

Ergänzungen und Aktualisierungen. Mehr zu unseren Forderungen für eine striktere Lobbyregulierung in unserem Positionspapier (pdf). Zu den wichtigen Grundbausteinen gehört auch ein verpflichtendes Lobbyregister, das in Deutschland lange überfällig ist.

Wir möchten auch nochmal auf den problematischen Fall des CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn hinweisen. Er war zeitweise an einer Lobbyagentur eine Mitarbeiters beteiligt. Eine inakzeptable Konstruktion, bei der es auch um die Frage von Insiderinformationen und Interessenkonflikten geht. Wir haben Herrn Spahn dazu vor fast zwei Wochen auch eine Reihe von Fragen gestellt, auf die wir bis heute keine Antwort erhalten haben.

Lobby-Spionage im Gesundheitsministerium Lobbycontrol vom 12. Dezember 2012. von Ulrich Müller.

--Methodios (Diskussion) 11:47, 21. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Jens Spahn, Gesundheitsexperte der CDU, hielt jahrelang indirekt Anteile an der Lobby-Agentur Politas. Spahn gründete 2006 mit einem befreundeten Lobbyisten und dem Leiter seines Abgeordnetenbüros eine GbR, der wiederum Politas gehörte. Laut Focus beriet diese schwerpunktmäßig Kunden aus dem Pharma- und Medizinsektor. Spahns Beteiligung an dieser Konstruktion blieb für die Öffentlichkeit undurchsichtig. Er erhielt so parallel zu seiner Tätigkeit im Gesundheitsausschuss Geld aus der Lobby- und Beratungsarbeit eines engen Mitarbeiters. Intransparente Beteiligung mit brisanten Nebeneinkünfte. Jens_Spahn_CDU_MdB_Pressebild, Fotograf: Stephan BaumannJens Spahn (32) ist Politologe und der Gesundheitsexperte der CDU. Wie der Focus in der aktuellen Ausgabe berichtet, war er neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter an einer Lobby-Agentur beteiligt. Zusammen mit seinem Freund und Büroleiter Markus Jasper und dem befreundeten Lobbyisten Max Müller gründete Spahn im Jahre 2006 eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR), welche die Beratungsagentur Politas verwaltet. Vorteil einer GbR ist es, dass sowohl die beteiligten Gesellschafter als auch die Geschäfte nicht veröffentlicht werden müssen. In den offiziellen Angaben von Politas taucht Spahn daher nicht auf, obwohl er bis 2010 zu 25 % an der Agentur beteiligt war. Wie es das Firmenkonstrukt zulässt, wurde lediglich Jasper als Eigentümer von Politas genannt. Spahn musste die Beteiligung auch nicht beim Bundestag anzeigen, weil nach den geltenden Transparenzregeln erst Firmenbeteiligung von „mehr als 25 Prozent der Stimmrechte“ offen gelegt werden müssen. Spahn hielt genau 25 Prozent und blieb damit genau unter der Veröffentlichungsschwelle. Wenn er heute sagt, er habe sich an die Veröffentlichungsregeln gehalten, heißt das im Klartext: Ich war nicht transparent, aber die Lücken in den Regeln haben es mir auch leicht gemacht. Dabei hat Spahn aus dieser Beteiligung auch Nebeneinkünfte erzielt: Laut Informationen des Focus erwirtschaftete Politas im Jahre 2007 Gewinne im Wert von 32 000 Euro. Diese wurden anschließend an das Gesellschafter-Trio ausgeschüttet. In den Jahren 2008 und 2009 wurden nach Spahns Angaben keine Gewinne ausgeschüttet. Fragwürdige Verteidigung von Jens Spahn. Jens Spahn streitet selbst ab, dass sich aus dieser Beteiligung Interessenkonflikte für ihn ergeben hätten. Er wäre nicht in das Tagesgeschäft der Agentur eingebunden gewesen. Nach seiner Wahl zum gesundheitspolitischen Sprecher habe er 2010 die Beteiligung beendet. Außerdem betont er, dass seinerzeit Kunden aus unterschiedlichen Branchen in landes-, bundes- und europapolitischen Fragestellungen beraten wurden. Diese Argumentation ist jedoch nicht überzeugend. Der Interessenkonflikt besteht bereits in dem Moment, in dem er Gewinne aus einer Firma erhält, die im gleichen Politikfeld Lobbyarbeit macht, in dem er als Politiker tätig ist. Und Spahn war bereits seit 2002 Mitglied im Gesundheitsausschuss und von 2005 bis 2009 Obmann der CDU im Gesundheitsausschuss. In dieser Zeit war er auch an wichtigen gesundheitspolitischen Debatten beteiligt, etwa der Liberalisierung des Apothekenmarkts. Sein Geschäftspartner und Freund Max Müller war in dieser Zeit laut Medienberichten u.a. für die Versandapotheke DocMorris und den Pharmagroßhändler Celesio tätig. Und da soll es keinen Interessenkonflikt gegeben haben? Eine zweite Argumentation von Spahn betont die Trennung der Lobbyarbeit seines ehemaligen Büroleiters (bis 2006) und Mitarbeiters (bis Aug. 2010) Markus Jaspers von der politischen Arbeit für Spahn. Die Rollen seien nach außen klar unterschieden worden und auch räumlich getrennt gewesen. Aber weder Geldflüsse noch Informationsflüsse oder politischer Zugang zu Spahn sind durch eine räumliche Trennung aus der Welt. Viele offene Fragen. Die uns vorliegende Stellungnahme von Spahn zum Focus-Bericht geht nicht auf seine Beziehung zu Max Müller ein, ebensowenig auf die KPW-Gesellschaft für Kommunikation und Wirtschaft mbH. Diese wurde bereits 2002 gegründet, Müller war bis Anfang 2008 Geschäftsführer, bevor er Cheflobbyist für Celesio wurde. Im Oktober 2008 wurde laut Handelsregister Spahns Mitarbeiter Markus Jasper Geschäftsführer. Inzwischen ist die Firma aufgelöst. Da sind noch viele Fragen offen, etwa in welchem Verhältnis Politas und KPW standen. Eine der zentralen Fragen ist auch, welche Kunden Politas und KPW genau hatten und in welcher Relation diese zu Spahns politischer Tätigkeit standen. Hier zeigt sich einmal mehr, wie hilfreich ein verpflichtendes Lobbyregister wäre, in das Lobbyisten ihre Kunden, die Lobbybudgets und die Namen der für die Kunden agierenden Lobbyisten eintragen müssten. Dann wären die Verbindungen von Politas und KPW zum Team von Jens Spahn bereits 2006 öffentlich geworden. Was sind die Konsequenzen? Schon jetzt zeigt der Fall, dass die Regelungen für Finanzbeteiligungen von Abgeordneten verbessert werden müssen. Zudem wirft die Geschichte ein Schlaglicht auf die Gefahr von Interessenkonfliken auch bei den Abgeordneten-Mitarbeitern. Die Abgeordneten müssen dafür sorgen, dass ihre Mitarbeitenden nicht nebenbei als Lobbyisten arbeiten. Spahns Aussage, er habe nur seinem Büroleiter und Freund beim Weg in die Selbständigkeit helfen wollen, beschönigt die Problematik. Spahn schließt seine Stellungnahme mit den Worten: "Abschließend möchte ich sagen, dass ich mir bewusst bin, dass sich schon allein die finanzielle Unterstützung der Selbständigkeit eines Mitarbeiters gerade in dem sensiblen Bereich der Kommunikationsberatung für Spekulationen eignet. Bei der Zusage im Jahr 2006, einen Freund zu unterstützen, habe ich mir über mögliche Folgen und die öffentliche Wirkung nicht ausreichend Gedanken gemacht. Heute würde ich anders handeln." Das ist zu einfach, sich jetzt zerknirscht zu geben, ohne weitere Konsequenzen zu ziehen oder alle Informationen zu seiner Beteiligung an Politas, seinen Beziehungen zu Max Müller und der KPW-Gesellschaft für Kommunikation und Wirtschaft mbH auf den Tisch zu legen. Auch Michael Glos (CSU) in Erklärungsnot. Erst vergangene Woche berichtete der Stern über das Firmengeflecht der Qatar Germany Forum GmbH. Ex-Wirtschaftsminister Michael Glos ist Vorsitzender des Beirats. Mittels des Familienunternehmens Glos‘ wird auch sein Leiter des Abgeordnetenbüros Georg Fuchs, in dem Forum beschäftigt. Weitere Informationen im Lobbypedia Artikel über Michael Glos.

CDU-Gesundheitsexperte: brisante Nebeneinkünfte lobbycontrol vom 29. November 2012.

--Methodios (Diskussion) 11:54, 21. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Aufwärtsverteilung des Einkommens[Bearbeiten]

Wer hat der gibt[Bearbeiten]

Wir fordern…

Die Corona-Gesundheitskrise ist in vollem Gange und der finanzielle und soziale Notstand wird sich weiter verschärfen. Wo kann gespart werden und wo gibt es Geld zu holen? Das werden die umkämpften Fragen der nächsten Zeit sein. Die 45 reichsten Haushalte besitzen mehr als die ärmere Hälfte der Bevölkerung Deutschlands. Wir finden: Es ist der Zeitpunkt gekommen, die Hyperreichen in die Pflicht zu nehmen!

Niemand erarbeitet sich hart seine Milliarden. Reichtum wird sich angeeignet, er entsteht erst durch die Arbeit anderer, durch Erbe oder durch Spekulation. Um die Folgen der Krise zu meistern, dürfen die Reichen nicht weiter in der goldenen Hängematte liegen. Es muss der Gesellschaft das zurückgegeben werden, was ihr ohnehin zusteht. All jene zur Kasse zu bitten, die die wirklich wichtige Arbeit machen und die Gesellschaft durch die Krise tragen, ist keine Option!

Reichtum konsequent besteuern!

  • Einmalige Vermögensabgabe zur Deckung der Kosten der Corona-Krise.
  • Wiedereinführung der Vermögenssteuer mit hohem Steuersatz und einem ausreichenden Freibetrag als Umverteilungsinstrument (Millionärssteuer).
  • Erhöhung des Spitzensteuersatzes der Einkommenssteuer für besonders hohe Einkommen (Reichensteuer).
  • Einheitliche Besteuerung von Unternehmen in der EU und die Einführung eines EU-weiten Mindessatz für Unternehmenssteuern. Den Steuerwettlauf nach unten stoppen und Steueroasen abschaffen!
  • Effektive Besteuerung großer Erbschaften und Schenkungen, insbesondere von Betriebsvermögen.

Keine Krisenabwicklung auf unsere Kosten.

  • Aktionär*innen dürfen nicht von staatlichen Corona-Hilfen für Unternehmen profitieren. Zuschüsse und Kredite müssen an klare Kriterien gekoppelt sein: ein Verbot von Dividendenzahlungen und Steuerflucht, Kündigungsverbote und Ausgaben für Klima- und Umweltschutz.
  • Öffentliche Investitionen in kommunale Infrastruktur wie Wohnungen, Bildung, Mobilität sowie in Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft, anstelle von Kürzungen von Sozialleistungen und Schließungen sozialer und anderer gemeinwohlorientierter öffentlicher Einrichtungen. Eine Abkehr von der Ideologie der „schwarzen Null“ ist dafür unabdingbar.
  • Anheben des Mindestlohns auf ein armutsfestes Niveau, mehr Geld für systemrelevante Berufe und sichere Arbeitsplätze für alle anstelle von Lohnkürzungen, Aufweichungen des Kündigungsschutzes und Anheben des Renteneintrittsalters.
  • Beyond Profit: Für einen sozial-ökologischen Wandel der Wirtschaft!

Gesellschaftliche Aneignung (Entprivatisierung) der öffentlichen Infrastruktur, insbesondere der Gesundheitsversorgung: Institutionen zur Sicherung der lebensnotwendigen Grundversorgung dürfen nicht profitorientiert wirtschaften. Das gilt nicht nur für Krankenhäuser, sondern auch z.B. für Wohnungs- und Energieversorgungsunternehmen.

  • Öffentliche Investitionen in eine zukunftsfähige, soziale und ökologische Wirtschaft und ein Stopp von Subventionen von langfristig gesellschaftsschädigende Branchen.
  • Unterstützung von Betrieben mit öffentlichen Mitteln muss an eine demokratische Kontrolle eben dieser geknüpft sein und die Betriebe müssen auf lange Sicht der Öffentlichkeit dienen.


https://werhatdergibt.org/

--Methodios (Diskussion) 07:51, 29. Apr. 2021 (CEST)[Beantworten]


Wir sind ein Bündnis aus verschiedenen linken Gruppen und Einzelpersonen. Tief überzeugt davon, dass Reichtum und Macht in der Gesellschaft unnötiger Weise falsch verteilt sind, was viel vermeidbares Leid produziert. Der Reichtum der Reichen basiert auf der Ausbeutung anderer. Eine Welt, in der niemand Angst haben muss, dass (Grund-)Bedürfnisse nicht befriedigt werden können, ist möglich.

https://werhatdergibt.org/ueber-uns/

--Methodios (Diskussion) 09:00, 29. Apr. 2021 (CEST)[Beantworten]

„Es herrscht Klassenkrieg“, sagte vor ein paar Jahren der Milliardär Warren Buffett in den New York Times – und er fuhr fort: „aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen“. Zumindest die nackten Zahlen geben Buffett recht:

Die Ungleichheit war weltweit und in Deutschland nie höher als aktuell. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt die große Lücke zwischen Arm und Reich in Deutschland auf:

  • Die oberen zehn Prozent der Bevölkerung besitzen etwa zwei Drittel des gesamten Vermögens in Deutschland.
  • Allein das reichste Prozent kommt auf einen Anteil von 35 Prozent des Vermögens
  • Die untere Hälfte der Gesellschaft teilt sich lediglich 1,4 Prozent des Vermögens.

Die DIW-Studie geht auch darauf ein, dass die Ungleichheit nicht alle Gruppen der Gesellschaft gleichermaßen trifft:

  • 69 Prozent der Millionär*innen in Deutschland ist männlich.
  • Nur 14 Prozent der Millionär*innen hat einen Migrationshintergrund.
  • 94 Prozent der Millionär*innen in Deutschland lebt in Westdeutschland.

Eine ähnliche Tendenz gibt es bei der Einkommensungleichheit, wie der Welt-Ungleichheitsbericht aus dem Jahr 2018 deutlich macht:

  • Der Anteil des Einkommens der oberen zehn Prozent am Gesamteinkommen liegt in Deutschland bei 40 Prozent.
  • Der Anteil der unteren Hälfte der Gesellschaft am Jahres-Gesamteinkommen beträgt gerade einmal 17 Prozent.
  • Anders gesagt: Bestünde die gesamte Gesellschaft aus zehn Menschen, dürfte sich der reichste Mensch vier Stücke vom Kuchen nehmen, während sich die fünf Ärmsten nicht einmal zwei Stücke teilen müssten.

Berechnungen von Oxfam machen darauf aufmerksam, dass die Tendenz im globalen Maßstab noch krasser ist:

  • Dem reichsten ein Prozent der Weltbevölkerung gehören 45 Prozent des globalen Vermögens
  • Die gesamte ärmere Hälfte der Menschheit muss sich mit nicht einmal einem Prozent des Gesamtvermögens begnügen
  • Allen Milliardär*innen der Welt haben gemeinsam mehr Vermögen als die unteren 60 Prozent der Weltbevölkerung
  • Anders gesagt: Gut 2.000 Menschen haben gemeinsam mehr Vermögen als 4,5 Milliarden Menschen.

Quellen

  • (1) Facundo Alvaredo, Lucas Chancel, Thomas Piketty, Emmanuel Saez und Gabirel Zucman (Hg.) 2018: Der World Inequality Report 2018.

https://wir2018.wid.world/files/download/wir2018-full-report-deutsch.pdf

https://www.zeit.de/wirtschaft/2020-07/vermoegensverteilung-deutschland-diw-studie-ungleichheit

https://werhatdergibt.org/faktencheck/

--Methodios (Diskussion) 09:00, 29. Apr. 2021 (CEST)[Beantworten]

An die Bundesregierung

Reichtum umverteilen durch progressive Steuerpolitik – Weitere Spaltung der Gesellschaft verhindern

Die Aussage der Bundeskanzlerin im Dezember letzten Jahres, nach der sie eine Vermögensabgabe von Spitzenverdiener:innen und Wohlhabenden zur Finanzierung der Milliardenkosten für den Kampf gegen die COVID-19 Pandemie strikt ablehne, hat uns bestürzt.

In Deutschland besitzen die 45 reichsten Haushalte mehr als die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Gemessen am Gini-Koeffizienten, einem Maß für die Vermögensungleichheit, hat sich die ohnehin schon sehr große sozioökonomische Ungleichheit in der Krise weiter verschärft (von 0,816 im Jahre 2019 auf 0,83 im Jahre 2020). Hyperreiche sind noch wohlhabender geworden, während die finanzielle und soziale Not von finanzschwachen Gruppen sich voraussichtlich weiter vergrößern wird.

Durch Corona-Hilfen für Unternehmen, die gestiegene Arbeitslosenquote und Steuerausfälle steigen die Staatsausgaben um hunderte Milliardenbeträge, während gleichzeitig die Einnahmen sinken – die Staats-verschuldung nimmt zu. Eine Rückkehr zur Schuldenbremse sowie eine Tilgung der Corona-bedingten Staatsschulden bis 2042 lehnen wir ab. Unter keinen Umständen dürfen in den kommenden Jahren Geringverdienende – nicht selten jene, die die Gesellschaft durch die Krise tragen – unter Spardruck leiden.

Unseres Erachtens wird es höchste Zeit, dass die Bundesregierung die Vermögenden in die Pflicht nimmt, anstatt sich der Schuldenbremse zu unterwerfen und öffentliche und soziale Ausgaben zu kürzen. Wir fordern eine progressive Steuerpolitik, die eine langfristige Umverteilung des Reichtums von oben nach unten sichert. Konkret kann dies gelingen durch:

  • die Wiedereinführung einer effektiven Vermögensteuer mit einem hohen Steuersatz und einem ausreichenden Freibetrag,
  • eine effektive Besteuerung großer Erbschaften und Schenkungen, insbesondere von Betriebsvermögen,
  • die Bekämpfung der Steuervermeidung multinationaler Konzerne, durch eine EU-weite Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung und die Einführung eines ausreichenden Mindeststeuersatzes,
  • die Anhebung des Spitzensteuersatzes der Einkommenssteuer für besonders hohe Einkommen,
  • eine einmalige Vermögensabgabe zur Deckung der Kosten der Coronakrise. Argentinien hat es vorgemacht.
  • Vor dem Hintergrund der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft sowie den sozial-ökologischen Herausforderungen der Gegenwart fordern wir Sie dazu auf, das Steuersystem umfassend zu reformieren!

Mit freundlichen Grüßen

Krisen- und Umverteilungsbündnis „Wer hat, der gibt“ Erstunterzeichnende:

  • Prof. Dr. Christoph Butterwegge, Armuts- und Reichtumsforscher
  • Dr. Eva von Redecker, Philosophin und Autorin, Universität Verona
  • Apl. Prof. Dr. Alex Demirović, Sozialwissenschaftler, Goethe Universität Frankfurt
  • Prof. Dr. Gabriele Winker, Sozialwissenschaftlerin
  • Dr. Ulrich Schneider, Paritätischer Gesamtverband
  • Amina Magda Albrecht, Autorin und politische Referentin
  • Andreas Kemper, Soziologe und Publizist
  • Maren Kroymann, Schauspielerin und Satirikerin
  • Prof. em. Dr. Heinz-J. Bontrup, Universität Siegen, Sprecher der Arbeitsgruppe *Alternative Wirtschaftspolitik
  • Christoph Hein, Autor Berlin
  • Jendrik Sigwart, Sänger, ESC Kandidat
  • Ismail Küpeli, Politikwissenschaftler und Autor
  • Prof. Dr. Frank Deppe, Politikwissenschaftler
  • Prof. Dr. Vassilis S. Tsianos, FH Kiel
  • Inge Hannemann, Autorin und Aktivistin
  • Prof. Dr. Uta Ruppert, Politikwissenschaftlerin, Goethe Universität Frankfurt
  • Dr. Frieder Vogelmann, Goethe-Universität Frankfurt, Vertretungsprofessor für soziologische Theorie
  • Prof. Dr. Klaus Dörre, FSU Jena
  • Prof. Dr. Bernd Belina, Goethe-Universität Frankfurt
  • Prof. Dr. Sebastian Schipper
  • Prof. Dr. Daniel Loick, Philosoph
  • Prof. Dr. Stephan Lessenich, Soziologe, LMU München
  • Kerem Schamberger, Kommunikationswissenschaftler und Aktivist
  • Max Uthoff, Kabarettist, München
  • Anny Hartmann, Diplom-Volkswirtin und politische Kabarettistin
  • Şeyda Kurt, Autorin
  • Prof. Dr. Fritz Helmedag, Volkswirt, Technische Universität Chemnitz
  • Prof. Dr. Neuhäuser, Philosoph, Technische Universität Dortmund
  • Wolfgang M. Schmitt, YouTuber und Podcaster
  • Annette Humpe
  • Sharon Dodua Otoo, Autorin
  • Fatma Aydemir, Schriftstellerin & Journalistin, Berlin
  • Hengameh Yaghoobifarah, Journalist_in und Schriftsteller_in, Berlin
  • Prof. Dr. Eva Boesenberg, Humboldt-Universität zu Berlin
  • Dr. Carolin Wiedemann, Soziologin und Journalistin, Berlin
  • Yossi Bartal, Autor und Aktivist
  • Prof. Dr. Ulrich Klüh, Makroökonom, Hochschule Darmstadt
  • Dr. Reyhan Şahin aka Lady Bitch Ray, Sozialwissenschaftlerin, Autorin, Musikerin, Aktivistin
  • Dr. Mithu Sanyal, Schriftstellerin und Kulturwissenschaftlerin
  • Dr. Antje Schrupp, Politikwissenschaftlerin und Journalistin
  • Francis Seeck, Geschlechterforscher*in und Antidiskriminierungstrainer*in, Hochschule Neubrandenburg, Vertretungsprofessor*in
  • Julia Schramm, Politikerin und Publizistin
  • Prof. Dr. habil. Arne Heise, Universität Hamburg
  • Rebecca Maskos, Psychologin und freie Journalistin mit Schwerpunkt Behindertenpolitik
  • Dr. Thomas Sablowski, Politikwissenschaftler, Frankfurt/M.
  • Dîlan Karacadağ, Medienschaffende
  • Dr. Claudia Czingon, Soziologin und Redakteurin
  • Dr. Nikolai Huke, Sozialwissenschaftler
  • Moshtari Hilal, Künstlerin
  • Prof. Dr. Joseph Vogl Literatur- und Kulturwissenschaftler
  • Felicia Ewert, Politikwissenschaftlerin, Autorin und politische Referentin
  • Michael Klundt, Hochschule Magdeburg Stendal
  • Prof. Dr. Dr. Helge Peukert, Universität Siegen
  • Gerd Pohl, Sozialwissenschaftler
  • Ole Plogstedt, Koch und Kampagnen-Botschafter Oxfam
  • Stephanie Kuhnen, Autorin und LSBTTIQ*-Aktivistin
  • Arne Semsrott, Autor
  • Dr. Meron Mendel, Bildungsstätte Anne Frank, Direktor
  • Marina Weisband, Beteiligungspädagogin
  • Dr. Matthias Quent, IDZ Jena
  • Prof. Dr. Olaf Asbach, Universität Hamburg
  • Prof. Dr. Michael Schneider, Schriftsteller und Mitglied im Wissenschaftlichen *Beirat von Attac-Deutschland
  • Prof. Dr. Kai-Uwe Schnapp, Politikwissenschaftler, Universität Hamburg
  • Refpolk, Künstler
  • Prof. Dr. Juliane A. Lischka, Journalistik und Kommunikationswissenschaftin, Universität Hamburg
  • Sebastian Hotz, El Hotzo
  • Florian Kessler, Lektor
  • Sophya Frohberg, Kuratorin und Forscherin
  • Prof. Dr. Katharina Zimmermann, Soziologin, Universität Hamburg
  • Dr. Axel Troost (Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik)
  • Prof. Dr. Hilke Brockmann, Soziologin, Jacobs University Bremen
  • Prof. Dr. Achim Kemmerling, Gerhard Haniel Professor of Public Policy and International Development, Erfurt Universität
  • Prof. Dr. Thomas Rixen, Politikwissenschaftler, Freie Universität Berlin
  • Dr. Wolfgang Neef, TU Berlin
  • Prof. Dr. Philipp Genschel, Politikwissenschaftler, Florenz
  • Dr. Hanna Lierse, Universität Bremen
  • Ferat Kocak, Aktivist
  • Senthuran Varatharajah, Schriftsteller
  • Prof. Dr. Tilman Lutz, Sozialarbeiter, HAW Hamburg
  • Kurt Glockzin, Schauspieler
  • Prof. Dr. Heike Solga, Berlin
  • Prof. Dr. Annette Eschenbach, Bodenkundlerin, Universität Hamburg
  • Christine Prayon, Kabarettistin und Schauspielerin
  • Dr. Lasse Wichert, Literaturwissenschaftler
  • Akzent one, Musiker/Rap
  • Dr. Ana Cárdenas Tomažič, Soziologin, LMU München
  • Dr. Katharina Hoppe, Soziologin, Goethe-Universität Frankfurt
  • Sandro Witt, Landesleiter DGB Thüringen & stellvertretender Vorsitzender des DGB Hessen – Thüringen
  • Prof. Dr. Andreas Nölke, Politikwissenschaftler, Goethe Universität Frankfurt
  • Raul Zelik, Autor
  • Marcus Staiger, Journalist
  • Dr. Max Czollek, Autor
  • Romin Khan, Referent Migrationspolitik, ver.di
  • Dr. Gabriele Sterkel, Politikwissenschaftlerin und Gewerkschaftssekretärin ver.di
  • Mario Sixtus, Filmemacher und Autor
  • Dr. Sebastian Diessner, Politökonom, Europäisches Hochschulinstitut
  • Prof. em. Dr. Hans-Martin Gutmann, Schriftsteller und Jazzmusiker
  • Volker Lösch, Regisseur, Berlin
  • Prof. Dr. Philipp Staab, Soziologe, Humboldt Universität zu Berlin
  • Jörn Sturm, Geschäftsführer Hinz&Kunzt gGmbH
  • Dr. Juri Haas, Grundschullehrer und Gewerkschafter (GEW)
  • Spezial-K, Künstler
  • LowerClassJane, Autorin
  • Volker H. Schmidt, Professor für Soziologie, National University of Singapore.
  • Prof. i.R. Dr. Susanne Schunter-Kleemann, Bremen
  • Prof. Dr. Walter Otto Ötsch, Cusanus Hochschule für Gesellschaftsgestaltung, Bernkastel-Kues
  • Ralf Krämer
  • Prof. Dr. Gerd Grözinger, Ökonom, Berlin
  • Neonschwarz, Band
  • Prof. (em) Dr. Timm Kunstreich, Hamburg
  • PD Dr. Stefanie Graefe, Soziologin
  • Prof. Dr. Michael Hartmann, Soziologe
  • Prof. Dr. Gerhard Bosch, Soziologe, Senior Professor Universität Duisburg-Essen
  • Prof. Dr. Andreas Fisahn, Jurist – öffentliches Recht
  • apl. Prof. Dr. Niko Paech, Universität Siegen, Plurale Ökonomik
  • Anastassija Kostan
  • Prof. Dr. Hauke Brunkhorst, Soziologe, Europa-Universität Flensburg
  • Prof. Dr. Ulrich Brand, Politikwissenschaftler, Universität Wien
  • Patrick Kühl, Steuerberater und Dipl.-Finanzwirt
  • Prof. Dr. Mechthild Schrooten, VWL, Sprecherin der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik („Memogruppe“)
  • Prof. Dr. Sabine Stövesand, University of Applied Sciences Hamburg
  • Oxfam Deutschland e.V.
  • Attac Deutschland
  • Konzeptwerk Neue Ökonomie e.V.
  • WEED – Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung e.V.
  • NaturFreunde Deutschland
  • BUNDjugend
  • Förderverein gewerkschaftliche Arbeitslosenarbeit e.V.
  • Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V., Köln
  • Fridays For Future Greifswald
  • FridaysForFuture Leipzig
  • FridaysforFuture Erfurt
  • Friday for Future Berlin-Mitte
  • FridaysForFuture Weimar
  • FridaysforFuture Marburg
  • Alternativer Wohlfahrtsverband SOAL
  • Verband Kinder- und Jugendarbeit Hamburg (VKJH)
  • Interessenvertretung der Offenen Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und ihren Familien Hamburg (IVOA)
  • Kollektiv edition assemblage, Münster
  • Autonomes Feministisches Kollektiv Hannover
  • Mädchenmannschaft e.V.
  • Sanktionsfrei e.V.

https://werhatdergibt.org/offenerbrief/?fbclid=IwAR30Z_9299JQu28j4e0JL3ptPyvz4jrAL_BVu_kr29i82RXfAKNbXTNDOl0

--Methodios (Diskussion) 07:42, 29. Apr. 2021 (CEST)[Beantworten]


Trickle-down-Theorie[Bearbeiten]

w:de:Trickle-down-Theorie


USA[Bearbeiten]

Wie viele der am stärksten betroffenen Opfer des Virus gingen die Vereinigten Staaten in die COVID-19-Pandemie ein, die von bereits bestehenden Bedingungen heimgesucht wurde. Eine ausgefranste öffentliche Gesundheitsinfrastruktur, unzureichende medizinische Versorgung, ein arbeitgeberbasiertes Krankenversicherungssystem, das im Moment pervers ungeeignet ist - diese und andere Probleme tragen sicherlich zur Zahl der Todesopfer bei . Bei der Bekämpfung der Ursachen und Folgen dieser Pandemie - und ihrer grausam ungleichmäßigen Auswirkungen - ist der Elefant im Raum jedoch eine extreme Einkommensungleichheit. Wie groß ist dieser Elefant? Atemberaubende 50 Billionen Dollar . So viel hat die Aufwärtsumverteilung des Einkommens die amerikanischen Arbeiter in den letzten Jahrzehnten gekostet.

Like many of the virus’s hardest hit victims, the United States went into the COVID-19 pandemic wracked by preexisting conditions. A fraying public health infrastructure, inadequate medical supplies, an employer-based health insurance system perversely unsuited to the moment—these and other afflictions are surely contributing to the death toll. But in addressing the causes and consequences of this pandemic—and its cruelly uneven impact—the elephant in the room is extreme income inequality. How big is this elephant? A staggering $50 trillion. That is how much the upward redistribution of income has cost American workers over the past several decades.

Dies ist keine Annäherung an die Rückseite der Serviette. Laut einem bahnbrechenden neuen Arbeitspapier von Carter C. Price und Kathryn Edwards von der RAND Corporation hatten die gerechteren Einkommensverteilungen der drei Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg (1945 bis 1974) lediglich ein stabiles Jahreseinkommen der Amerikaner unter dem 90. Perzentil wäre allein im Jahr 2018 um 2,5 Billionen USD höher gewesen. Das ist ein Betrag, der fast 12 Prozent des BIP entspricht - genug, um das Durchschnittseinkommen mehr als zu verdoppeln - genug, um jedem einzelnen arbeitenden Amerikaner in den unteren neun Dezilen zusätzliche 1.144 USD pro Monat zu zahlen. Jeden Monat. Jedes Jahr.

This is not some back-of-the-napkin approximation. According to a groundbreaking new working paper by Carter C. Price and Kathryn Edwards of the RAND Corporation, had the more equitable income distributions of the three decades following World War II (1945 through 1974) merely held steady, the aggregate annual income of Americans earning below the 90th percentile would have been $2.5 trillion higher in the year 2018 alone. That is an amount equal to nearly 12 percent of GDP—enough to more than double median income—enough to pay every single working American in the bottom nine deciles an additional $1,144 a month. Every month. Every single year.

Price und Edwards rechnen damit, dass die kumulative Registerkarte für unser vier Jahrzehnte langes Experiment zur radikalen Ungleichheit von 1975 bis 2018 auf über 47 Billionen US-Dollar angewachsen ist. Bei einem jüngsten Tempo von etwa 2,5 Billionen US-Dollar pro Jahr hat diese Zahl, wie wir schätzen, die Marke von 50 Billionen US-Dollar überschritten Das sind 50 Billionen US-Dollar, die in die Gehaltsschecks der arbeitenden Amerikaner geflossen wären, wenn die Ungleichheit konstant geblieben wäre - 50 Billionen US-Dollar, die eine weitaus größere und wohlhabendere Wirtschaft aufgebaut hätten - 50 Billionen US-Dollar, die es der überwiegenden Mehrheit der Amerikaner ermöglicht hätten, in diese Branche einzutreten Pandemie weitaus gesünder, belastbarer und finanziell sicherer.

Price and Edwards calculate that the cumulative tab for our four-decade-long experiment in radical inequality had grown to over $47 trillion from 1975 through 2018. At a recent pace of about $2.5 trillion a year, that number we estimate crossed the $50 trillion mark by early 2020. That’s $50 trillion that would have gone into the paychecks of working Americans had inequality held constant—$50 trillion that would have built a far larger and more prosperous economy—$50 trillion that would have enabled the vast majority of Americans to enter this pandemic far more healthy, resilient, and financially secure.

Wie der RAND-Bericht [dessen Forschung vom Fair Work Center finanziert wurde, dessen Mitautor David Rolf Vorstandsmitglied ist] zeigt, hat eine steigende Flut definitiv nicht alle Boote angehoben. Die meisten von ihnen wurden nicht einmal angehoben, da fast alle Vorteile des Wachstums in den letzten 45 Jahren von denjenigen an der Spitze erfasst wurden. Und da die amerikanische Wirtschaft radikal ungleich wächst, bremst sie das Wirtschaftswachstum selbst.

As the RAND report [whose research was funded by the Fair Work Center which co-author David Rolf is a board member of] demonstrates, a rising tide most definitely did not lift all boats. It didn’t even lift most of them, as nearly all of the benefits of growth these past 45 years were captured by those at the very top. And as the American economy grows radically unequal it is holding back economic growth itself.

Bild: Die Menschen nehmen am 17. Juli in New York an einer Veranstaltung "March on Billionaires" teil. Der Marsch forderte Gouverneur Andrew Cuomo auf, eine Steuer auf Milliardäre zu erlassen und Arbeitnehmer zu finanzieren, die von Arbeitslosen- und Bundeshilfeprogrammen ausgeschlossen sind. Spencer Platt

People participate in a "March on Billionaires" event on July 17 in New York City. The march called on Governor Andrew Cuomo to pass a tax on billionaires and to fund workers excluded from unemployment and federal aid programs. Spencer Platt

Auch Ungleichheit wird ungleich ausgeglichen. Niedriglohnarbeiter und ihre Familien, überproportional farbige Menschen, leiden unter weitaus höheren Raten von Asthma, Bluthochdruck, Diabetes und anderen COVID-19-Komorbiditäten. Es ist jedoch weitaus unwahrscheinlicher, dass sie krankenversichert sind, und es ist weitaus wahrscheinlicher, dass sie in „wesentlichen“ Branchen mit der höchsten Rate an Exposition und Übertragung von Coronaviren arbeiten. Kein Wunder also, so die CDC, dass COVID-19 "eine unverhältnismäßige Belastung durch Krankheit und Tod unter rassischen und ethnischen Minderheiten" verursacht. Aber stellen Sie sich vor, wie viel sicherer, gesünder und befähigter alle amerikanischen Arbeiter sein könnten, wenn diese 50 Billionen Dollar an Löhnen ausgezahlt worden wären, anstatt in Unternehmensgewinne und Offshore-Konten der Superreichen fließen zu müssen. Stellen Sie sich vor, wie viel reicher und widerstandsfähiger das amerikanische Volk wäre. Stellen Sie sich vor, wie viel mehr Leben gerettet worden wären, wenn unser Volk widerstandsfähiger gewesen wäre.

Even inequality is meted out unequally. Low-wage workers and their families, disproportionately people of color, suffer from far higher rates of asthma, hypertension, diabetes, and other COVID-19 comorbidities; yet they are also far less likely to have health insurance, and far more likely to work in “essential” industries with the highest rates of coronavirus exposure and transmission. It is no surprise then, according to the CDC, that COVID-19 inflicts “a disproportionate burden of illness and death among racial and ethnic minority groups.” But imagine how much safer, healthier, and empowered all American workers might be if that $50 trillion had been paid out in wages instead of being funneled into corporate profits and the offshore accounts of the super-rich. Imagine how much richer and more resilient the American people would be. Imagine how many more lives would have been saved had our people been more resilient.

Es ist leicht zu erkennen, wie solch ein tödliches Virus und die drakonischen Maßnahmen, die erforderlich sind, um es einzudämmen, eine wirtschaftliche Depression auslösen könnten. Aber schauen Sie dem Elefanten im Raum direkt in die Augen, und es ist unmöglich zu leugnen, auf welche Weise unsere extreme Ungleichheit - ein außergewöhnlich amerikanisches Leiden - das Virus tödlicher und seine wirtschaftlichen Folgen schlimmer gemacht hat als bei jedem anderen fortgeschrittenen Nation. Warum ist unsere Zahl der Todesopfer so hoch und unsere Arbeitslosenquote so erstaunlich weit von den Charts entfernt? Warum war unsere Nation so unvorbereitet und unsere Wirtschaft so zerbrechlich? Warum fehlte uns die Ausdauer und der Wille, das Virus wie die meisten anderen fortgeschrittenen Nationen einzudämmen? Der Grund starrt uns ins Gesicht: ein Ansturm zunehmender Ungleichheit, der Jahr für Jahr das Leben und den Lebensunterhalt der überwiegenden Mehrheit der Amerikaner mit Füßen getreten hat.

It is easy to see how such a deadly virus, and the draconian measures required to contain it, might spark an economic depression. But look straight into the eyes of the elephant in the room, and it is impossible to deny the many ways in which our extreme inequality—an exceptionally American affliction—has made the virus more deadly and its economic consequences more dire than in any other advanced nation. Why is our death toll so high and our unemployment rate so staggeringly off the charts? Why was our nation so unprepared, and our economy so fragile? Why have we lacked the stamina and the will to contain the virus like most other advanced nations? The reason is staring us in the face: a stampede of rising inequality that has been trampling the lives and livelihoods of the vast majority of Americans, year after year after year.

Natürlich ist Amerikas chronischer Fall extremer Ungleichheit eine alte Nachricht. Viele andere Studien haben diesen Trend dokumentiert, seine Auswirkungen aufgezeichnet und seine Ursachen analysiert. Aber wo andere das Bild in Bezug auf die Gesamtanteile des BIP, das Produktivitätswachstum oder andere kalte, harte Statistiken gezeichnet haben, bringt der RAND-Bericht das Ungleichheitspreisschild direkt nach Hause, indem er es in Dollar bezeichnet - nicht nur in der Summe von 50 Billionen Dollar, sondern auch in granularen demografischen Details. Sind Sie zum Beispiel ein typischer Schwarzer, der 35.000 Dollar pro Jahr verdient? Sie erhalten mindestens 26.000 USD pro Jahr wenigerals Sie hätten Einkommensverteilungen konstant gehalten. Sind Sie ein Vollzeitbeschäftigter mit Hochschulabschluss im besten Alter und verdienen 72.000 US-Dollar? Abhängig vom verwendeten Inflationsindex (PCE bzw. CPI) kostet Sie die zunehmende Ungleichheit zwischen 48.000 und 63.000 USD pro Jahr. Unabhängig von Ihrer Rasse, Ihrem Geschlecht, Ihrem Bildungsstand, Ihrer Urbanität oder Ihrem Einkommen zeigen die Daten, dass die unerbittliche Aufwärtsverteilung des Einkommens seit 1975 aus Ihrer Tasche kommt, wenn Sie unter dem 90. Perzentil verdienen.

Of course, America’s chronic case of extreme inequality is old news. Many other studies have documented this trend, chronicled its impact, and analyzed its causes. But where others have painted the picture in terms of aggregate shares of GDP, productivity growth, or other cold, hard statistics, the RAND report brings the inequality price tag directly home by denominating it in dollars—not just the aggregate $50 trillion figure, but in granular demographic detail. For example, are you a typical Black man earning $35,000 a year? You are being paid at least $26,000 a year less than you would have had income distributions held constant. Are you a college-educated, prime-aged, full-time worker earning $72,000? Depending on the inflation index used (PCE or CPI, respectively), rising inequality is costing you between $48,000 and $63,000 a year. But whatever your race, gender, educational attainment, urbanicity, or income, the data show, if you earn below the 90th percentile, the relentlessly upward redistribution of income since 1975 is coming out of your pocket.

Wie Price und Edwards erklären, wuchsen die Realeinkommen von 1947 bis 1974 über alle Einkommensniveaus hinweg nahe an der Rate des Pro-Kopf-Wirtschaftswachstums. Das bedeutet, dass drei Jahrzehnte lang die Einkommen derjenigen am unteren und mittleren Ende der Verteilung ungefähr so ​​schnell wuchsen wie am oberen Ende. Dies war die Ära, in der Amerika die größte und wohlhabendste Mittelschicht der Welt aufbaute, eine Ära, in der die Ungleichheit zwischen den Einkommensgruppen stetig abnahm (auch wenn schockierende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern und Rassen weitgehend bestehen blieben). Aber um 1975 ging diese außergewöhnliche Ära des weit verbreiteten Wohlstands zu Ende. Seitdem ist es den reichsten Amerikanern, insbesondere denjenigen in den oberen 1 Prozent und 0,1 Prozent, gelungen, einen immer größeren Anteil am Wirtschaftswachstum unserer Nation zu erzielen - in der Tat.

As Price and Edwards explain, from 1947 through 1974, real incomes grew close to the rate of per capita economic growth across all income levels. That means that for three decades, those at the bottom and middle of the distribution saw their incomes grow at about the same rate as those at the top. This was the era in which America built the world’s largest and most prosperous middle class, an era in which inequality between income groups steadily shrank (even as shocking inequalities between the sexes and races largely remained). But around 1975, this extraordinary era of broadly shared prosperity came to an end. Since then, the wealthiest Americans, particularly those in the top 1 percent and 0.1 percent, have managed to capture an ever-larger share of our nation’s economic growth—in fact, almost all of it—their real incomes skyrocketing as the vast majority of Americans saw little if any gains.

Was wäre, wenn der amerikanische Wohlstand weiterhin weit verbreitet gewesen wäre - wie viel mehr würde ein typischer Arbeiter heute verdienen? Sobald die Daten zusammengestellt sind, ist die Beantwortung dieser Fragen ziemlich einfach. Price und Edwards betrachten das real zu versteuernde Einkommen von 1975 bis 2018. Anschließend vergleichen sie die tatsächlichen Einkommensverteilungen im Jahr 2018 mit einem kontrafaktischen Ergebnis, bei dem davon ausgegangen wird, dass die Einkommen weiterhin mit dem Wachstum des Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukts (BIP) Schritt gehalten haben - ein Anstieg von 118% gegenüber dem 1975 Einkommenszahlen. Unabhängig davon, ob die Inflation anhand des konservativeren Preisindex für persönliche Konsumausgaben (PCE) oder des häufiger zitierten Verbraucherpreisindex für alle städtischen Verbraucher (CPI-U-RS) gemessen wird, sind die Ergebnisse bemerkenswert.

What if American prosperity had continued to be broadly shared—how much more would a typical worker be earning today? Once the data are compiled, answering these questions is fairly straightforward. Price and Edwards look at real taxable income from 1975 to 2018. They then compare actual income distributions in 2018 to a counterfactual that assumes incomes had continued to keep pace with growth in per capita Gross Domestic Product (GDP)—a 118% increase over the 1975 income numbers. Whether measuring inflation using the more conservative Personal Consumption Expenditures Price Index (PCE) or the more commonly cited Consumer Price Index for all Urban Consumers (CPI-U-RS), the results are striking.

Income Distribution for All Adults with Income, in 2018, Dollars (PCE)

  • Median + 1975 + 2018 + Counterfactual
  • 25% + 9k + 15k + 20k (-5k)
  • 50% + 26k + 36k + 57k (-21k)
  • 75% + 46k + 65k + 100k (-35k)
  • 90% + 65k + 112k + 142k (-30k)
  • 95% + 80k + 164k + 174k (-10k)
  • 99% + 162k + 491k + 353k (+138k)
  • Top 1% Mean + 252k + 1.160k + 549k (+611k)

Auf jeder Einkommensstufe bis zum 90. Perzentil erhalten die Lohnempfänger jetzt einen Bruchteil dessen, was sie bei konstanter Ungleichheit hätten. Bei einem mittleren individuellen Einkommen von 36.000 US-Dollar werden die Arbeitnehmer beispielsweise um 21.000 US-Dollar pro Jahr - 28.000 US-Dollar bei Verwendung des VPI - unterbesetzt, was einem zusätzlichen Betrag entspricht10,10 bis 13,50 USD pro Stunde. Laut Price und Edwards werden die Auswirkungen der zunehmenden Ungleichheit auf Arbeitnehmer mit niedrigem und mittlerem Einkommen tatsächlich unterschätzt, da ein Großteil der Gewinne am Ende der Verteilung größtenteils „auf eine Erhöhung der Arbeitszeit und nicht auf eine Erhöhung der Löhne zurückzuführen war. ” Um dies auszugleichen, wiederholen die Forscher zusammen mit den sich ändernden Mustern der Erwerbsbeteiligung ihre Analyse für Vollzeit- und Vollzeitbeschäftigte im besten Alter (25 bis 54 Jahre). Diese Ergebnisse sind noch deutlicher: "Im Gegensatz zu den Wachstumsmustern in den 1950er und 60er Jahren", schreiben Price und Edwards, "war die Mehrheit der Vollzeitbeschäftigten nicht am Wirtschaftswachstum der letzten vierzig Jahre beteiligt."

At every income level up to the 90th percentile, wage earners are now being paid a fraction of what they would have had inequality held constant. For example, at the median individual income of $36,000, workers are being shortchanged by $21,000 a year—$28,000 when using the CPI—an amount equivalent to an additional $10.10 to $13.50 an hour. But according to Price and Edwards, this actually understates the impact of rising inequality on low- and middle-income workers, because much of the gains at the bottom of the distribution were largely “driven by an increase in hours not an increase in wages.” To adjust for this, along with changing patterns of workforce participation, the researchers repeat their analysis for full-year, full-time, prime-aged workers (age 25 to 54). These results are even more stark: “Unlike the growth patterns in the 1950s and 60s,” write Price and Edwards, “the majority of full-time workers did not share in the economic growth of the last forty years.”

Income Distribution for Full Year, Full-Time, Prime-Aged Workers in 2018, Dollars (PCE)

  • Median + 1975 + 2018 + Counterfactual
  • 25% + 28k + 33k + 61k (-28k)
  • 50% + 42k + 50k + 92k (-42k)
  • 75% + 58k + 81k + 126k (-45k)
  • 90% + 77k + 133k + 168k (-35k)
  • 95% + 91k + 191k + 198k (-7k)
  • 99% + 257k + 761k + 560k (+201k)
  • Top 1% Mean + 289k + 1.384k + 630k (+754k)

Im Durchschnitt kostet eine extreme Ungleichheit den Vollzeitbeschäftigten mit mittlerem Einkommen etwa 42.000 USD pro Jahr. Bereinigt um die Inflation anhand des VPI sind die Zahlen sogar noch schlechter: Die Hälfte aller Vollzeitbeschäftigten (mit einem Durchschnittseinkommen von 50.000 USD pro Jahr oder darunter) verdient jetzt weniger als die HälfteWas sie über die Verteilung hinweg Einkommen gehabt hätten, hielt weiterhin mit dem Wirtschaftswachstum Schritt. Und das pro Arbeiter, nicht pro Haushalt. Sowohl beim 25. als auch beim 50. Perzentil verdienten Haushalte, die aus einem Ehepaar mit einem Vollzeitbeschäftigten bestanden, 2018 Tausende von Dollar weniger als ein vergleichbarer Haushalt im Jahr 1975 - und 50.000 bzw. 66.000 Dollar weniger, als wenn die Ungleichheit konstant geblieben wäre - eine Zwangslage Hinzu kommen die steigenden Kosten für die Aufrechterhaltung eines würdigen bürgerlichen Lebens. Laut Oren Cass, Exekutivdirektor des konservativen Think Tanks American Compass , benötigte der mittlere männliche Arbeiter 1985 30 Wochen Einkommen, um für Wohnen, Gesundheitswesen, Transport und Bildung für seine Familie zu bezahlen. Bis 2018 ist dieser „ Cost of Thriving Index”War auf 53 Wochen gestiegen (mehr Wochen als in einem tatsächlichen Jahr). Das Kontrafaktische zeigt jedoch ein noch schärferes Bild: 2018 war das kombinierte Einkommen von verheirateten Haushalten mit zwei Vollzeitbeschäftigten kaum höher als das Einkommen eines Einverdienerhaushalts, wenn die Ungleichheit konstant geblieben wäre. Familien mit zwei Einkommen arbeiten jetzt doppelt so viele Stunden, um einen schrumpfenden Anteil des Kuchens aufrechtzuerhalten, während sie Schwierigkeiten haben, die Kosten für Wohnen, Gesundheitswesen, Bildung, Kinderbetreuung und Transport zu bezahlen, die um das Zwei- bis Dreifache der Inflationsrate gestiegen sind.

On average, extreme inequality is costing the median income full-time worker about $42,000 a year. Adjusted for inflation using the CPI, the numbers are even worse: half of all full-time workers (those at or below the median income of $50,000 a year) now earn less than half what they would have had incomes across the distribution continued to keep pace with economic growth. And that’s per worker, not per household. At both the 25th and 50th percentiles, households comprised of a married couple with one full-time worker earned thousands of dollars less in 2018 dollars than a comparable household in 1975—and $50,000 and $66,000 less respectively than if inequality had held constant—a predicament compounded by the rising costs of maintaining a dignified middle-class life. According to Oren Cass, executive director of the conservative think tank American Compass, the median male worker needed 30 weeks of income in 1985 to pay for housing, healthcare, transportation, and education for his family. By 2018, that “Cost of Thriving Index” had increased to 53 weeks (more weeks than in an actual year). But the counterfactual reveals an even starker picture: In 2018, the combined income of married households with two full-time workers was barely more than what the income of a single-earner household would have earned had inequality held constant. Two-income families are now working twice the hours to maintain a shrinking share of the pie, while struggling to pay housing, healthcare, education, childcare, and transportations costs that have grown at two to three times the rate of inflation.

Diese dramatische Umverteilung des Einkommens der Mehrheit der Arbeitnehmer auf die obersten Arbeitnehmer ist so vollständig, dass die meisten Arbeitnehmer selbst beim 95. Perzentil immer noch weniger verdienen, als sie es für eine konstant gehaltene Ungleichheit gehalten hätten. Erst beim 99. Perzentil wachsen die Einkommen schneller als das Wirtschaftswachstum: bei 171 Prozent der Pro-Kopf-BIP-Rate. Aber auch das unterschätzt die Ungleichheit. „Der DurchschnittDas Einkommenswachstum für das oberste Prozent war wesentlich höher “, schreiben Price und Edwards,„ bei mehr als 300 Prozent der realen Pro-Kopf-BIP-Rate. “ Je höher Ihr Einkommen ist, desto größer sind Ihre prozentualen Gewinne. Infolgedessen hat sich der Anteil der oberen 1 Prozent am gesamten zu versteuernden Einkommen von 9 Prozent im Jahr 1975 auf 22 Prozent im Jahr 2018 mehr als verdoppelt, während bei den unteren 90 Prozent der Einkommensanteil von 67 Prozent auf 50 Prozent gesunken ist. Dies stellt eine direkte Übertragung des Einkommens - und im Laufe der Zeit des Wohlstands - von der überwiegenden Mehrheit der arbeitenden Amerikaner auf eine Handvoll ganz oben dar.

This dramatic redistribution of income from the majority of workers to those at the very top is so complete that even at the 95th percentile, most workers are still earning less than they would have had inequality held constant. It is only at the 99th percentile that we see incomes growing faster than economic growth: at 171 percent of the rate of per capita GDP. But even this understates the disparity. “The average income growth for the top one percent was substantially higher,” write Price and Edwards, “at more than 300 percent of the real per capita GDP rate.” The higher your income, the larger your percentage gains. As a result, the top 1 percent’s share of total taxable income has more than doubled, from 9 percent in 1975, to 22 percent in 2018, while the bottom 90 percent have seen their income share fall, from 67 percent to 50 percent. This represents a direct transfer of income—and over time, wealth—from the vast majority of working Americans to a handful at the very top.

Angesichts der sich ändernden demografischen Zusammensetzung der US-amerikanischen Belegschaft können diese Topline-Zahlen jedoch nur einen Teil der Geschichte erzählen. Die US-amerikanischen Arbeitskräfte sind jetzt besser ausgebildet und urbaner als 1975. Sie sind auch weit weniger weiß und männlich - weiße Männer fielen von über 60 Prozent der Arbeitskräfte im besten Alter im Jahr 1974 auf weniger als 45 Prozent bis 2018. Diese Änderungen sind wichtig, denn während es 1975 weitaus mehr Gleichheit zwischen den Einkommensverteilungen gab, gab es auch mehr Ungleichheit in ihnen - insbesondere in Bezug auf Geschlecht und Rasse.

But given the changing demographic composition of the U.S. workforce, these topline numbers can only tell part of the story. The U.S. workforce is now better educated and more urban than it was in 1975. It is also far less white and male—with white men falling from over 60 percent of the prime-aged workforce in 1974 to less than 45 percent by 2018. These changes are important, because while there was far more equality between the income distributions in 1975, there was also more inequality within them—notably in regard to gender and race.

Zum Beispiel betrug das Durchschnittseinkommen weißer Frauen 1975 nur 31 Prozent des Einkommens weißer Männer; Bis 2018 verdienten weiße Frauen 68 Prozent. Ebenso stieg das Durchschnittseinkommen der schwarzen Männer als Anteil am Einkommen ihrer weißen Kollegen von 74 Prozent im Jahr 1975 auf 80 Prozent im Jahr 2018. Die Einkommensunterschiede zwischen den Rassen und insbesondere zwischen Männern und Frauen haben sich seit 1975 deutlich verringert das ist eine gute Sache. Leider ist ein Großteil der Verengung, die wir sehen, eher ein Artefakt von vier Jahrzehnten pauschaler oder sinkender Löhne für weiße Männer mit niedrigem und mittlerem Einkommen als ein erheblicher Gewinn für Frauen und Nicht-Weiße.

For example, in 1975, the median income of white women was only 31 percent of that of white men; by 2018 white women were earning 68 percent as much. Likewise, the median income of Black men as a share of their white counterparts’ earnings rose from 74 percent in 1975, to 80 percent in 2018. Clearly, income disparities between races, and especially between men and women, have narrowed since 1975, and that is a good thing. But unfortunately, much of the narrowing we see is more an artifact of four decades of flat or declining wages for low- and middle-income white men than it is of substantial gains for women and nonwhites.

Median Income for Adults with Positive Earnings by Race-Gender (PCE)

  • Groups + 1975 + 2018 + Counterfactual
  • All Groups + 26k + 36k + 57k (-21k)
  • White Men + 38k + 44k + 83k (-39k)
  • White Women + 15k + 30k + 33k (-3k)
  • Black Men + 28k + 35k + 61k (-26k)
  • Black Woman + 15k + 30k + 33k (-3k)
  • Other Men + 32k + 48k + 70k (-22k)
  • Other Women + 19k + 32k + 41k (-9k)

Im Zeitalter von Trump wurde viel über die Beschwerden der weißen Männer gemacht, und angesichts ihres sinkenden oder stagnierenden Realeinkommens kann man verstehen, warum sich einige weiße Männer möglicherweise verletzt fühlen. Weiße, nicht städtische Männer ohne Hochschulabschluss weisen in jeder demografischen Kategorie das langsamste Lohnwachstum auf. Aber die Konkurrenz von Frauen oder Minderheiten für ihre Probleme verantwortlich zu machen, würde bedeuten, das Ziel völlig zu verfehlen. Tatsächlich verdienen weiße Männer bei allen Einkommensverteilungen immer noch mehr als weiße Frauen und wesentlich mehr als die meisten nicht weißen Männer und Frauen. Nur asiatisch-amerikanische Männer verdienen höher. Es gibt jedoch keine moralische oder praktische Rechtfertigung für das Fortbestehen von Einkommensunterschieden aufgrund von Rasse oder Geschlecht.

Much has been made about white male grievance in the age of Trump, and given their falling or stagnant real incomes, one can understand why some white men might feel aggrieved. White, non-urban, non-college educated men have the slowest wage growth in every demographic category. But to blame their woes on competition from women or minorities would be to completely miss the target. In fact, white men still earn more than white women at all income distributions, and substantially more than most non-white men and women. Only Asian-American men earn higher. Yet there is no moral or practical justification for the persistence of any income disparity based on race or gender.

Die Kontrafakten in der obigen Tabelle scheinen sehr ungleich zu sein, da sie aus den nicht zu rechtfertigenden Niveaus der Rassen- und Geschlechterungleichheit von 1975 extrapoliert werden. Sie gehen davon aus, dass die Ungleichheit sowohl zwischen als auch innerhalb der Einkommensverteilungen konstant bliebsie - dass Frauen und Nicht-Weiße die Einkommenslücke zu weißen Männern nicht verringert hatten. Dies kann aber sicherlich nicht unser Ziel sein. In einer Wirtschaft, die frei von Rasse und Geschlecht ist und die die Früchte des Wachstums über alle Einkommensverteilungen hinweg teilt, wäre das für alle Gruppen in dieser Tabelle am besten geeignete kontrafaktische Ergebnis das kontrafaktische Ergebnis für „Alle Gruppen“: ein Durchschnittseinkommen von 57.000 USD ein Jahr für alle Erwachsenen mit positivem Einkommen (92.000 USD für Vollzeitbeschäftigte im besten Alter). Dies wäre das Einkommen aller Arbeitnehmer im 50. Perzentil, unabhängig von Rasse oder Geschlecht, wenn die Ungleichheit zwischen Rasse und Geschlecht innerhalb der Verteilungen beseitigt und die Ungleichheit zwischen den Verteilungen nicht gewachsen wäre. Durch diese Maßnahme können wir sehen, dass Frauen und Nicht-Weiße in echten Dollars tatsächlich mehr verloren habenEinkommen zu zunehmender Ungleichheit als weiße Männer, weil sie von ihren benachteiligten Positionen im Jahr 1975 aus weit mehr potenziell zu gewinnen hatten. Das Pro-Kopf-BIP wuchs in den folgenden vier Jahrzehnten um 118 Prozent, sodass es viele neue Einkommen gab, die sich ausbreiten konnten. Dass die Mehrheit der weißen Männer von fast keinem dieser Zuwächse profitiert hat, liegt nicht daran, dass sie Einkommen an Frauen oder Minderheiten verloren haben. Das liegt daran, dass sie es an ihre überwiegend weißen männlichen Kollegen in den oberen 1 Prozent verloren haben, die fast das gesamte Einkommenswachstum für sich selbst erfasst haben. Laut dem Ökonomen Thomas Piketty machten Männer Mitte der 2010er Jahre 85 Prozent des Centile mit dem höchsten Einkommen aus - und obwohl er dies nicht spezifiziert, sind diese Männer überwiegend weiß .

The counterfactuals in the table above appear vastly unequal because they extrapolate from the indefensible 1975-levels of race and gender inequality; they assume that inequality remained constant both between income distributions and within them—that women and nonwhites had not narrowed the income gap with white men. But surely, this cannot be our goal. In an economy freed from race and gender bias, and that shares the fruits of growth broadly across all income distributions, the most appropriate counterfactual for all the groups in this table would be the aggregate counterfactual for “All Groups”: a median income of $57,000 a year for all adults with positive earnings ($92,000 for full-time prime-age workers). That would be the income for all workers at the 50th percentile, regardless of race or gender, had race and gender inequality within distributions been eliminated, and inequality between distributions not grown. By this measure we can see that in real dollars, women and nonwhites have actually lost more income to rising inequality than white men, because starting from their disadvantaged positions in 1975, they had far more to potentially gain. Per capita GDP grew by 118 percent over the following four decades, so there was plenty of new income to spread around. That the majority of white men have benefited from almost none of this growth isn’t because they have lost income to women or minorities; it’s because they’ve lost it to their largely white male counterparts in the top 1 percent who have captured nearly all of the income growth for themselves. According to economist Thomas Piketty, men accounted for 85 percent of the top income centile in the mid-2010s—and while he doesn’t specify, these men are overwhelmingly white.

Der mit Abstand größte Treiber für die zunehmende Ungleichheit in den letzten vierzig Jahren war daher der dramatische Anstieg der Ungleichheit zwischen weißen Männern .

Thus, by far the single largest driver of rising inequality these past forty years has been the dramatic rise in inequality between white men.

Die Daten zur Einkommensverteilung nach Bildungsabschlüssen sind insofern gleichermaßen aufschlussreich, als sie die Lüge über den Begriff einer „Qualifikationslücke“ nennen - eine dominante Erzählung, die argumentiert hat, dass die zunehmende Ungleichheit größtenteils darauf zurückzuführen ist, dass die Mehrheit der amerikanischen Arbeitnehmer nicht erworben hat die höheren Fähigkeiten, die notwendig sind, um in unserer modernen globalen Wirtschaft bestehen zu können. Wenn die Arbeiter besser ausgebildet wären, würden sie nach dieser Erzählung mehr Geld verdienen. Problem gelöst.

The data on income distribution by educational attainment is equally revealing, in that it calls the lie on the notion of a “skills gap”—a dominant narrative that has argued that rising inequality is largely a consequence of a majority of American workers failing to acquire the higher skills necessary to compete in our modern global economy. If workers were better educated, this narrative argues, they would earn more money. Problem solved.

Tatsächlich ist bei jeder Einkommensverteilung die Bildungsprämie seit 1975 gestiegen, wobei das Einkommen von Hochschulabsolventen schneller gestiegen ist als das ihrer weniger gebildeten Kollegen. Diese wachsende Kluft ist jedoch eher eine Folge sinkender Einkommen für Arbeitnehmer ohne Hochschulabschluss als für steigende Realeinkommen der meisten Arbeitnehmer mit einem Hochschulabschluss - denn nicht nur Arbeitnehmer ohne Hochschulabschluss haben keinen der Gewinne aus vier Jahrzehnten Wirtschaftswachstum erzielt. Unterhalb des 50. Perzentils haben sie tatsächlich einen Rückgang ihres Realeinkommens gesehen. Hochschulabsolventen geht es besser. Das mittlere Realeinkommen für Vollzeitbeschäftigte mit einem vierjährigen Abschluss ist von 55.000 USD pro Jahr im Jahr 1975 auf 72.000 USD im Jahr 2018 gestiegen. Dies liegt jedoch immer noch weit unter den 120.000 USD, die sie verdienen würden, wenn das Einkommen mit dem Pro-Kopf-BIP gestiegen wäre. Selbst beim 90. Perzentil verdient ein Vollzeitbeschäftigter mit Hochschulabschluss, der 191.000 US-Dollar pro Jahr verdient, weniger als 78 Prozent dessen, was die Ungleichheit konstant gehalten hätte.

Indeed, at every income distribution, the education premium has increased since 1975, with the income of college graduates rising faster than their less educated counterparts. But this growing gap is more a consequence of falling incomes for workers without a college degree than it is of rising real incomes for most workers with one—for not only have workers without a degree secured none of the gains from four decades of economic growth, below the 50th percentile they’ve actually seen their real incomes decline. College educated workers are doing better. The median real income for full-time workers with a four-year degree has grown from $55,000 a year in 1975 to $72,000 in 2018. But that still falls far short of the $120,000 they’d be earning had incomes grown with per capita GDP. Even at the 90th percentile, a college educated full-time worker making $191,000 a year is earning less than 78 percent what they would have had inequality held constant.

Die Realität ist, dass amerikanische Arbeiter noch nie so gut ausgebildet waren. 1975 hatten nur 67 Prozent der erwachsenen US-amerikanischen Belegschaft eine höhere Schulbildung oder besser, während nur 15 Prozent einen vierjährigen Hochschulabschluss erworben hatten. Bis 2018 hatten 91 Prozent der erwachsenen Arbeitnehmer die High School abgeschlossen, während sich der Anteil der Hochschulabsolventen an der Belegschaft auf 34 Prozent mehr als verdoppelt hatte. In rohen Zahlen ist die Zahl der erwachsenen Arbeitnehmer mit einer High-School-Ausbildung oder weniger seit 1975 zurückgegangen, während sich die Zahl der Arbeitnehmer mit einem vierjährigen Abschluss mehr als vervierfacht hat.

The reality is that American workers have never been more highly educated. In 1975, only 67 percent of the adult US workforce had a high school education or better, while just 15 percent had earned a four-year college degree. By 2018, 91 percent of adult workers had completed high school, while the percentage of college graduates in the workforce had more than doubled to 34 percent. In raw numbers, the population of adult workers with a high school education or less has fallen since 1975, while the number of workers with a four-year degree has more than quadrupled.

Number of Adults with Income (in Millions) by Level of Education

  • Education + 1975 + 2018 + % Change
  • Less than High School + 44,5 + 22,6 + -49%
  • High School + 51,4 + 68,7 + 34%
  • Some College + 21,1 + 67,2 + 218%
  • College + 19,5 + 83,4 + 328%

Es ist unmöglich zu behaupten, dass eine „Qualifikationslücke“ für die zunehmende Einkommensungleichheit verantwortlich ist, wenn die Rate des Bildungsabschlusses schneller steigt als die Wachstumsrate der Produktivität oder des Pro-Kopf-BIP. Ja, Arbeitnehmer mit Hochschulabschluss schneiden besser ab als Arbeitnehmer ohne Hochschulabschluss. Die Wirtschaft, die wir in den letzten 45 Jahren aufgebaut haben, war für einige ungleicher als für andere. Unterhalb des 90. Perzentils fallen sogar Hochschulabsolventen einem jahrzehntelangen Trend radikaler Ungleichheit zum Opfer, der ihnen die meisten Vorteile des Wirtschaftswachstums nimmt.

It is impossible to argue that a “skills gap” is responsible for rising income inequality when the rate of educational attainment is rising faster than the rate of growth in productivity or per capita GDP. Yes, workers with college degrees are doing better than those without; the economy we’ve built over the past 45 years has been more unequal to some than to others. But below the 90th percentile, even college graduates are falling victim to a decades-long trend of radical inequality that is robbing them of most of the benefits of economic growth.

Die eiserne Regel der Marktwirtschaft lautet, dass wir alle besser abschneiden, wenn wir alle besser abschneiden: Wenn Arbeitnehmer mehr Geld haben, haben Unternehmen mehr Kunden und stellen mehr Arbeitnehmer ein. 70 Prozent unserer Wirtschaft sind von den Konsumausgaben abhängig. Je schneller und breiter die Realeinkommen wachsen, desto stärker ist die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen, die amerikanische Unternehmen produzieren. Dies ist der tugendhafte Kreislauf, in dem Arbeiter und Unternehmen in den Jahrzehnten unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zusammen gediehen sind. Aber als die Löhne nach 1975 stagnierten, stagnierte auch die Nachfrage der Verbraucher. und als sich die Nachfrage verlangsamte, verlangsamte sich auch die Wirtschaft. In einem Bericht der OECD aus dem Jahr 2014 wurde geschätzt, dass die steigende Einkommensungleichheit das US-BIP-Wachstum um 9 Punkte beeinträchtigtein den letzten zwei Jahrzehnten - ein Defizit, das in den letzten sechs Jahren sicherlich zugenommen hat, als die Ungleichheit weiter zunahm. Das entspricht einem BIP von etwa 2 Billionen US-Dollar, das Jahr für Jahr durch politische Entscheidungen, die die Ertragskraft amerikanischer Arbeiter absichtlich einschränken, zunichte gemacht wird.

The iron rule of market economies is that we all do better when we all do better: when workers have more money, businesses have more customers, and hire more workers. Seventy percent of our economy is dependent on consumer spending; the faster and broader real incomes grow, the stronger the demand for the products and services American businesses produce. This is the virtuous cycle through which workers and businesses prospered together in the decades immediately following World War II. But as wages stagnated after 1975, so too did consumer demand; and as demand slowed, so did the economy. A 2014 report from the OECD estimated that rising income inequality knocked as much 9 points off U.S. GDP growth over the previous two decades—a deficit that has surely grown over the past six years as inequality continued to climb. That’s about $2 trillion worth of GDP that’s being frittered away, year after year, through policy choices that intentionally constrain the earning power of American workers.

COVID-19 hat vielleicht unsere aktuelle Krise ausgelöst, aber es war nicht die einzige Ursache. Selbst wenn unsere politischen Führer im Moment alles richtig gemacht hätten, wäre unsere Reaktion auf die Pandemie immer noch im Fußabdruck extremer Ungleichheit verankert gewesen: eine Umverteilung von Vermögen und Einkommen um 50 Billionen US-Dollar nach oben - 297.000 US-Dollar pro Haushalt -, die unsere Familien verlassen hat, Unsere Wirtschaft und unsere Demokratie sind weit weniger in der Lage, dieses Virus zu bekämpfen als in anderen fortgeschrittenen Ländern. Dies ist das Amerika, das über die COVID-19-Pandemie und die damit verbundene wirtschaftliche Katastrophe gestolpert ist: Ein Amerika mit einer Wirtschaft, die 2 Billionen Dollar kleiner ist und eine Belegschaft von 2,5 Billionen Dollar pro Jahr, die ärmer ist als sonst, wenn die Ungleichheit seit 1975 konstant gehalten würde Amerika, in dem 47 Prozent der Mieter kostenbelastet sind, in denen 40 Prozent der Haushalte keine 400-Dollar-Notfallkosten decken können, in denen die Hälfte der Amerikaner über 55 überhaupt keine Altersvorsorge hat . Dies ist ein Amerika, in dem 28 Millionen keine Krankenversicherung haben und in dem 44 Millionen unterversicherte Amerikaner sich die Selbstbehalte oder Zuzahlungen für die Nutzung ihrer Versicherung nicht leisten können. Dies ist ein Amerika, das sich inmitten einer tödlichen Pandemie rücksichtslos beeilte, seine Wirtschaft wieder zu öffnen, weil die Unternehmen zu zerbrechlich waren, um eine längere Schließung zu überleben, und die Arbeiter zu machtlos und verarmt waren, um dem Rückruf zur Arbeit zu trotzen.

COVID-19 may have triggered our current crisis, but it wasn’t its only cause. For even had our political leaders done everything right in the moment, our response to the pandemic would still have been mired in the footprint of extreme inequality: a $50 trillion upward redistribution of wealth and income—$297,000 per household—that has left our families, our economy, and our democracy far less capable of fighting this virus than in other advanced nations. This is the America that stumbled into the COVID-19 pandemic and the economic catastrophe it unleashed: An America with an economy $2 trillion smaller and a workforce $2.5 trillion a year poorer than they otherwise would be had inequality held constant since 1975. This is an America in which 47 percent of renters are cost burdened, in which 40 percent of households can’t cover a $400 emergency expense, in which half of Americans over age 55 have no retirement savings at all. This is an America in which 28 million have no health insurance, and in which 44 million underinsured Americans can’t afford the deductibles or copays to use the insurance they have. This is an America that recklessly rushed to reopen its economy in the midst of a deadly pandemic because businesses were too fragile to survive an extended closure and workers too powerless and impoverished to defy the call back to work.

Bild: Rechtecke, die dazu beitragen sollen, die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern, indem sie die soziale Distanzierung eines von der Stadt sanktionierten Obdachlosenlagers am 21. Mai im Civic Center von San Francisco fördern. Noah Berger

Rectangles designed to help prevent the spread of the coronavirus by encouraging social distancing line a city-sanctioned homeless encampment at San Francisco's Civic Center on May 21 Noah Berge

Es gibt einige, die die derzeitige Notlage der arbeitenden Amerikaner auf strukturelle Veränderungen in der zugrunde liegenden Wirtschaft zurückführen - auf die Automatisierung und insbesondere auf die Globalisierung. Nach dieser populären Darstellung waren die niedrigeren Löhne der letzten 40 Jahre der unglückliche, aber notwendige Preis, um amerikanische Unternehmen auf einem zunehmend abgehackten globalen Markt wettbewerbsfähig zu halten. Tatsächlich hat der im RAND-Bericht dokumentierte Vermögenstransfer von 50 Billionen US-Dollar jedoch ausschließlich innerhalb der amerikanischen Wirtschaft stattgefunden , nicht zwischen ihr und ihren Handelspartnern. Nein, diese Umverteilung von Einkommen, Vermögen und Macht nach oben war nicht unvermeidlich. Es war eine Entscheidung - ein direktes Ergebnis der Trickle-Down-Richtlinien, die wir seit 1975 eingeführt haben.

vgl. Trickle-down-Theorie

There are some who blame the current plight of working Americans on structural changes in the underlying economy—on automation, and especially on globalization. According to this popular narrative, the lower wages of the past 40 years were the unfortunate but necessary price of keeping American businesses competitive in an increasingly cutthroat global market. But in fact, the $50 trillion transfer of wealth the RAND report documents has occurred entirely within the American economy, not between it and its trading partners. No, this upward redistribution of income, wealth, and power wasn’t inevitable; it was a choice—a direct result of the trickle-down policies we chose to implement since 1975.

Wir haben beschlossen , die Steuern für Milliardäre zu senken und die Finanzindustrie zu liberalisieren. Wir haben es CEOs ermöglicht, die Aktienkurse durch Aktienrückkäufe zu manipulieren und sich großzügig mit dem Erlös zu belohnen. Wir haben es Riesenunternehmen ermöglicht, durch Fusionen und Übernahmen die enorme Monopolmacht anzusammeln, die erforderlich ist, um sowohl die berechneten Preise als auch die gezahlten Löhne zu diktieren. Wir haben uns dafür entschieden , den Mindestlohn, die Überstundenschwelle und die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer zu untergraben. Vier Jahrzehnte lang haben wir politische Führer gewählt, die die materiellen Interessen der Reichen und Mächtigen über die des amerikanischen Volkes stellen.

We chose to cut taxes on billionaires and to deregulate the financial industry. We chose to allow CEOs to manipulate share prices through stock buybacks, and to lavishly reward themselves with the proceeds. We chose to permit giant corporations, through mergers and acquisitions, to accumulate the vast monopoly power necessary to dictate both prices charged and wages paid. We chose to erode the minimum wage and the overtime threshold and the bargaining power of labor. For four decades, we chose to elect political leaders who put the material interests of the rich and powerful above those of the American people.

Andere Nationen leiden weniger unter COVID-19, weil sie bessere Entscheidungen getroffen haben, und die gute Nachricht ist, dass Amerika dies auch kann. Wirtschaft ist eine Wahl. Wir könnten uns dafür entscheiden, den föderalen Mindestlohn auf 15 oder 20 US-Dollar pro Stunde anzuheben und ihn an das Produktivitätswachstum wie in den Jahrzehnten vor 1975 zu binden. Wir könnten uns dafür entscheiden, die Arbeit neu zu bewerten, damit die Mehrheit der Amerikaner wieder anderthalb Stunden verdient Bezahlen Sie für jede Arbeitsstunde über 40 Stunden pro Woche. Wir könnten uns dafür entscheiden, allen Amerikanern eine erschwingliche, qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung und Bildung zu bieten und gleichzeitig unsere Sozialversicherungs- und Rentensysteme zu modernisieren, damit Vertrags- und Gig-Mitarbeiter nicht ausgelassen und zurückgelassen werden. Wir könnten uns dafür entscheiden, den Arbeitnehmern die Organisation zu erleichtern und die Rechte und Interessen derer zu verteidigen, die dies nicht können. Wir könnten uns dafür entscheiden, eine gerechtere, belastbarere, und wohlhabendes Amerika - ein Amerika, das seine Wirtschaft wächst, indem es absichtlich jeden Amerikaner in das Land einbezieht. Aber angesichts der radikalen Umverteilung von Reichtum und Macht durch unsere Nation in den letzten 40 Jahren wird es nicht einfach sein.

Other nations are suffering less from COVID-19 because they made better choices, and the good news is that America can, too. Economics is a choice. We could choose to raise the federal minimum wage to $15 or $20 an hour and peg it to productivity growth like in the decades before 1975. We could choose to revalue work so that the majority of Americans once again earn time-and-a-half pay for every hour worked over 40 hours a week. We could choose to provide affordable high-quality healthcare, childcare, and education to all Americans, while modernizing our social insurance and retirement systems so that contract and gig workers aren’t left out and left behind. We could choose to make it easier for workers to organize, and to defend the rights and interests of those who can’t. We could choose to build a more equitable, resilient, and prosperous America—an America that grows its economy by intentionally including every American in it. But given our nation’s radical redistribution of wealth and power these past 40 years, it won’t be easy.

Bild: Die Leute warten in einer langen Schlange, um am 15. Mai im Barclays Center in Brooklyn eine Spende für eine Lebensmittelbank zu erhalten. In der Sportarena wickelten sich Linien um den Block, als die New Yorker mit Arbeitslosigkeit und anderen finanziellen Belastungen zu kämpfen hatten, die durch den COVID-19-Ausbruch verursacht wurden. Stephanie Keith

People wait on a long line to receive a food bank donation at the Barclays Center on May 15 in Brooklyn. The sports arena saw lines wrap around the block as New Yorkers struggle with unemployment and other financial stresses brought on by the COVID-19 outbreak Stephanie Keith

Was amerikanische Arbeiter brauchen, sind mehrere gleichzeitige Experimente zum Wiederaufbau der Arbeitermacht, von der Anpassung bestehender Arbeitsgesetze über sektorale Verhandlungen bis hin zur Gründung ganz neuer Handelsverbände und breit angelegter gemeinnütziger Organisationen. Stellen Sie sich zum Beispiel eine AARP für alle arbeitenden Amerikaner vor, die sich unermüdlich dafür einsetzt, die Löhne zu erhöhen und die Kosten für das Gedeihen zu senken - eine Massenmitgliedschaftsorganisation, die so groß und mächtig ist, dass unsere politischen Führer es nicht wagen, wegzuschauen. Nur dann können wir durch die Abstimmung von Macht und Macht einen Weg frei machen, um die Gesetze und Richtlinien zu erlassen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass diese heruntergekommene Wirtschaft unsere Gesundheit, Sicherheit und unser Wohlergehen nie wieder gefährdet.

What American workers need are multiple simultaneous experiments in rebuilding worker power, from tweaking existing labor laws to sectoral bargaining to the creation of whole new trade associations and broad-based not-for-profit organizations. For example, imagine an AARP for all working Americans, relentlessly dedicated to both raising wages and reducing the cost of thriving—a mass membership organization so large and so powerful that our political leaders won’t dare to look the other way. Only then, by matching power with power, can we clear a path to enacting the laws and policies necessary to ensure that that trickle-down economics never threatens our health, safety, and welfare again.

Es gibt kaum Anhaltspunkte dafür, dass die derzeitige Regierung Interesse an der Bewältigung dieser Krise hat. Wir hoffen, dass eine Biden-Regierung historisch mutig wäre. Aber machen Sie keinen Fehler, dass sowohl unser politisches als auch unser wirtschaftliches System ohne Lösungen zusammenbrechen werden, die sich auf die enorme Größe des Problems skalieren lassen. Das zentrale Ziel der Wirtschaftspolitik unserer Nation muss nichts weniger als die Verdoppelung des Durchschnittseinkommens sein . Wir müssen die Ungleichheit zwischen den Verteilungen dramatisch verringern und gleichzeitig die Ungleichheiten zwischen Rasse und Geschlecht beseitigen. Dies ist der Standard, nach dem wir Führer beider Parteien halten sollten. Für weniger einzutreten wäre feige oder unehrlich oder beides.

There is little evidence that the current administration has any interest in dealing with this crisis. Our hope is that a Biden administration would be historically bold. But make no mistake that both our political and economic systems will collapse absent solutions that scale to the enormous size of the problem. The central goal of our nation’s economic policy must be nothing less than the doubling of median income. We must dramatically narrow inequality between distributions while eliminating racial and gender inequalities within them. This is the standard to which we should hold leaders from both parties. To advocate for anything less would be cowardly or dishonest or both.

The Top 1% of Americans Have Taken $50 Trillion From the Bottom 90%—And That's Made the U.S. Less Secure BY NICK HANAUER AND DAVID M. ROLF. Time vom 14. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 10:27, 18. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Beute-Kapitalismus[Bearbeiten]

w:de:Max Otte#Kapitalismuskritik

Bei einer Veranstaltung der globalisierungskritischen Nichtregierungsorganisation Attac kritisierte Otte im August 2017, die Politik habe vor der Kapitallobby kapituliert. Er beschrieb die herrschende Wirtschaftsordnung als „Beutekapitalismus“ zum Vorteil von Superreichen und forderte, Finanzeinkommen wie Arbeitseinkommen zu besteuern. Die herrschende Meinung vieler Wirtschaftswissenschaftler bezeichnete er als „Religion des Hyperkapitalismus“, die sich nur am Eigennutz orientiere.

Spekulations-Kapitalismus[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Spekulations-Kapitalismus

--Methodios (Diskussion) 08:46, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Sparkassen[Bearbeiten]

Den klagenden Ton hatte der ostdeutsche Sparkassenverband vorgegeben: Sparkassen könnten sich in der Corona-Zeit kaum vor Kundengeldern retten, profitierten von diesem Ansturm aber nicht. »Die Kunden haben uns im Krisenjahr 2020 mehr denn je ihr Geld anvertraut«, ließ Michael Ermrich, Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, im Februar in Interviews wissen. »Unseren Sparkassen fehlen jedoch Möglichkeiten, diese Gelder zu investieren beziehungsweise zinsbringend anzulegen.«

Trotz oder gerade wegen der Wirtschaftskrise sitzen die Bundesbürger auf einem Batzen von mehr als 7,1 Billionen Euro. Das ist so viel wie nie. Denn in der Pandemie legen viele Menschen im reichen Deutschland noch mehr auf die hohe Kante als sonst. Die Sparquote stieg laut Statistischem Bundesamt im Corona-Jahr von rund zehn auf 16,2 Prozent des Einkommens. Von 100 Euro werden also durchschnittlich 16 Euro und 20 Cent gespart. Das ist auch im internationalen Vergleich ein Rekordwert.

Das ohnehin sehr hohe Vertrauen in die Sparkassen sei 2020 nochmals um außergewöhnliche sechs Prozentpunkte gestiegen, berichtete Sparkassenpräsident Helmut Schleweis auf der virtuellen Jahrespressekonferenz vergangene Woche. »Eine Folge dieses enormen Vertrauenszuwachses ist, dass uns immer mehr Einlagen anvertraut werden.« Das Geldvermögen der Sparkassenkunden wuchs im Jahr 2020 um 100,2 Milliarden Euro – gegenüber dem Vorjahr ein Plus von sagenhaften 69,4 Prozent.

Doch die »liebevolle Umarmung« durch die werte Kundschaft komme die Institute teuer zu stehen, so Schleweis. Das viele Geld, mit dem die Europäische Zentralbank die Märkte überschwemme, senke den Preis für Geld, sprich für Kredite. Zwar führe die Niedrigzinspolitik auch dazu, das Sparkassen für die Einlagen ihrer Kunden geringere Zinsen zahlen müssen als früher. Aber unterm Strich bleibe weniger übrig.

Außerdem können die Sparkassen nur einen Teil der Kundengelder überhaupt wieder verleihen. So ist das Einlagenvolumen aktuell um rund 18 Prozent größer als die Summe der Kredite, die vergeben wurden. Im Ergebnis fiel der Zinsüberschuss, also die wichtigste Einnahmequelle der Sparkassen, in der Coronakrise um 3,3 Prozent oder 662 Millionen Euro geringer aus als im Vorjahr (insgesamt 19,6 Milliarden Euro). Ohne das »hervorragende« Baufinanzierungsgeschäft wäre der Rückgang noch deutlicher gewesen.

»Corona wird irgendwann gehen, die Niedrigst- oder sogar Negativzinsen aber bleiben«, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Die Rückgänge beim Zinsüberschuss würden deshalb auch in den kommenden Jahren anhalten. »Die Sparkassen müssen da gegensteuern.« Und sie tun dies: Stellen werden gestrichen, Sachkosten runtergefahren und Konditionen nach oben »angepasst«.

Letzteres trifft vor allem die Basis aller Bankgeschäfte, das Girokonto. Gebühren steigen, neue werden erhoben und das jüngste Zauberwort heißt – wie bei der Konkurrenz – »Verwahrentgelt« für höhere Einlagen. All das schlägt sich auch in den höheren Provisionen nieder, die immerhin um 2,4 Prozent auf 8,5 Milliarden Euro sogar insgesamt zulegten.

Provisionen, die Kunden für Dienstleistungen zahlen, würden die Sparkassen gerne noch mehr kassieren. Doch die Mittel bleiben größtenteils einfach auf den Girokonten stehen und werden nicht angelegt. Das ist ein Problem, das alle Banken umtreibt. Im Zinstief wüssten viele Anleger nicht, »wohin mit frei werdenden oder neuen Anlagemitteln«, schreibt Michael Stappel, Ökonom der genossenschaftlichen DZ-Bank. Inzwischen seien mehr als 28 Prozent des gesamten Geldvermögens – also rund zwei Billionen Euro – dauerhaft »zwischengeparkt«, vorwiegend in Form von sogenannten Sichteinlagen wie Girokonto oder Tagesgeld, die bei Bedarf rasch umgeschichtet werden können. In Aktien und Fonds, deren Verkauf für Banken lukrativ ist, investiert nur eine kleine Minderheit der Kundschaft.

Alles in allem sind die Sparkassen aber, von wenigen Ausnahmen abgesehen, überaus solide aufgestellt. Das betont auch Sparkassenpräsident Schleweis immer wieder. Zum Jahresende wiesen die Sparkassen ein Eigenkapital von 133,2 Milliarden Euro aus. Die regulatorischen Anforderungen der Aufsichtsbehörden werden damit deutlich übertroffen.

Insgesamt erzielten die 376 Sparkassen im vergangenen Jahr ein Ergebnis vor Steuern von 4,1 Milliarden Euro, das sind nur 145 Millionen Euro weniger als 2017. 2,7 Milliarden Euro wurden überdies den Vorsorgereserven zugeführt und 2,5 Milliarden an Steuern gezahlt. DSGV-Präsident Schleweis sprach von einem »sehr achtbaren Ergebnis« im Vergleich zur Konkurrenz. Die von den Sparkassen beklagte hohe Sparquote der Bundesbürger lässt sich denn auch anders deuten: Nach der Krise könnte das Pendel zurückschwingen und das viele Geld in einen Konsumboom fließen.

Zu viel Geld auf dem Konto. Die Sparkassen beklagen einen Ansturm der Sparer während der Coronakrise Von Hermannus Pfeiffer ND vom 14.03.2021

--Methodios (Diskussion) 10:52, 16. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]

Finanzbetrüger[Bearbeiten]

Wirecard

Liste von Unternehmenszusammenbrüchen und -skandalen

--Methodios (Diskussion) 15:20, 25. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

DAX-Unternehmen = besonders schwerer Fall der Untreue und gewerbsmäßiger Bandenbetrug

Bilanzskandal bei Finanzdienstleister. BKA fahndet öffentlich nach Wirecards Ex-Manager Marsalek. Seit dem Auffliegen der gefälschten Bilanz ist der Ex-Vertriebsvorstand von Wirecard auf der Flucht. Das Bundeskriminalamt vermutet ihn ihm Ausland. Tagesspiegel vom 12. August 2020

Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Wirecard seit 2015 Scheingewinne auswies - und ermittelt wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs. Der Schaden für die kreditgebenden Banken und Investoren könnte sich auf 3,2 Milliarden Euro summieren, das Unternehmen flog aus dem Leitindex Dax.

Wirecard: «Salami-Taktik» der Regierung im Finanzausschuss dpa vom 30. August 2020

--Methodios (Diskussion) 08:47, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]


Und der Bock als Gärtner: die Bafin[Bearbeiten]

Frankfurt am Main. Beschäftigte der Finanzaufsicht Bafin handelten in den Monaten vor der Wirecard-Pleite verstärkt mit Papieren des Zahlungsanbieters. Im ersten Halbjahr 2020 entfielen 2,4 Prozent aller gemeldeten privaten Finanzgeschäfte von Bafin-Mitarbeitern auf Geschäfte mit Wirecard-Aktien oder -Aktienderivaten, wie aus den Reuters am Donnerstag vorliegenden Antworten des Bundesfinanzministeriums auf einen Fragenkatalog der Grünen hervorgeht. Im Gesamtjahr 2018 lag der Anteil demnach nur bei 1,2 Prozent, 2019 bei 1,7 Prozent. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und die ihm unterstellte Finanzaufsicht Bafin stehen wegen des Wirecard-Skandals in der Kritik. Die Zunahme des Handels mit Wirecard-Papieren habe die Bafin mit den höheren Schwankungen des Aktienkurses durch die Medienberichterstattung und die Ad-hoc-Meldungen des Unternehmens erklärt, hieß es in der Antwort des Bundesfinanzministeriums. Inwieweit Bafin-Mitarbeiter dabei durch Leerverkäufe auf Kursverluste gewettet haben, lasse sich nicht feststellen. Dazu lägen keine Informationen vor. (Reuters/jW)

Bafin-Mitarbeiter handelten verstärkt mit Wirecard-Aktien Junge Welt vom 13. August 2020

--Methodios (Diskussion) 10:39, 14. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

  • Ihre Aufgabe besteht eigentlich darin, den Aktienmarkt und börsennotierte Unternehmen zu überwachen.
  • Doch Mitarbeiter der obersten deutschen Finanzaufsichtsbehörde Bafin haben ganz nebenbei private Geschäfte mit Wirecard-Aktien gemacht.
  • Die Bundesregierung will nun Aktiengeschäfte von Bafin-Mitarbeitern einschränken.

Im milliardenschweren Wirecard-Skandal kommen immer mehr brisante Neuigkeiten ans Tageslicht. Einem Bericht der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” (FAZ) zufolge gab es umstrittene Finanzgeschäfte von Bafin-Mitarbeitern im Zusammenhang mit der Aktie des insolventen Zahlungsdienstleisters. Demnach haben Bafin-Mitarbeiter in den 18 Monaten bis Ende Juni dieses Jahres mit keiner Aktie so viel gehandelt wie mit Wirecard-Papieren. Die Zeitung berichtet weiter, dass vor allem die für Marktüberwachung zuständige Bafin-Abteilung WA2 zu den Abteilungen der Behörde zählte, in denen besonders viele private Aktiengeschäfte getätigt worden sind. Laut “FAZ” gab es 2020 in der WA2-Abteilung 28 Fälle und im aktuellen Jahr 41. Die Marktüberwachung-Abteilung zockte am meisten. Brisant an den Fällen ist, dass gerade die Abteilung WA2 für die Marktüberwachung zuständig ist. Die wiederum beinhaltet die Verfolgung von Marktmanipulationen, die Überwachung der Ad-hoc-Publizitätspflicht von Unternehmen und von Leerverkaufsgeschäften. Genau diese Bereiche stehen im Fokus beim Wirecard-Skandal. Die Bundesregierung will nun laut dem Bericht die Regeln für private Aktiengeschäfte von Mitarbeitern der Finanzaufsichtsbehörde Bafin auf den Prüfstand stellen. Noch vor zwei Wochen hat das Bundesfinanzministerium das interne Kontrollsystem der Finanzaufsicht für Aktiengeschäfte von Mitarbeitern als “streng und angemessen” bezeichnet. Die politische Aufarbeitung des Wirecard-Skandals soll derweil jetzt ein Bundestags-Untersuchungsausschuss übernehmen. Nach AfD, FDP und Linke sprachen sich nun auch die Grünen dafür aus. FDP, Linke und Grüne haben zusammen die nötige Stimmenzahl für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und wollen gemeinsam abstimmen.

Bafin-Mitarbeiter zockten mit Wirecard-Aktien RND vom 2. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 11:05, 2. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

  • Nur ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss kann die Vorgänge rund um den inzwischen insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard umfassend aufklären.
  • Das haben die Grünen spät, aber gerade noch rechtzeitig eingesehen.
  • Der U-Ausschuss muss insbesondere das Verhältnis von Politik und Wirtschaft aufarbeiten, kommentiert Tim Szent-Ivanyi.

Berlin. Nun haben sich die Grünen also einen Ruck gegeben und ihr Herumlavieren aufgegeben: Zusammen mit den Linken und der FDP werden sie einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Wirecard-Skandals einsetzen. Am Ende stand eine einzige Frage: Können es die Grünen verantworten, dass eine parlamentarische Aufarbeitung des größten Betrugsfalls der Nachkriegsgeschichte in der deutschen Wirtschaft an ihnen scheitert? Die klare Antwort heißt – übrigens schon seit Wochen: keinesfalls. Nur ein Untersuchungsausschuss ist in der Lage, alle relevanten Dokumente einzusehen und die wichtigen Akteure zu befragen. Dabei geht es nicht nur um den Betrug bei Wirecard selbst. Es geht vielmehr um die Klärung grundsätzlicher Fragen im Verhältnis zwischen Politik und Wirtschaft: Wann und warum setzt sich die Regierung für einzelne Unternehmen ein? Wer bekommt Zugang zu Ministerien oder zum Kanzleramt? Warum können Ex-Politiker oder frühere Beamte ihre alten Kontakte nutzen, um als Türöffner zu fungieren? Das alles muss aufgearbeitet werden, weil nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die Politik neue Regeln dringend notwendig sind: mehr Transparenz und mehr Kontrolle. Dass die Grünen so lange gezögert haben, hängt offenbar mit der Sorge zusammen, gleich beide möglichen Koalitionspartner – SPD und Union – zu vergrätzen. Sicher, ein U-Ausschuss ist immer auch ein Instrument der politischen Auseinandersetzung, insbesondere kurz vor einer Wahl. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass zumindest die Fachpolitiker ein ernsthaftes Interesse an einer rückhaltlosen Aufklärung haben. Im Zweifel muss die Öffentlichkeit die ermittelten Fakten herausfiltern und die politischen Bewertungen der Parteien ignorieren. Dann kann der Ausschuss einen Beitrag dazu leisten, die Spielregeln beim Umgang mit der Wirtschaft zu reformieren und das Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland wiederherzustellen.

U-Ausschuss zum Wirecard-Skandal: Die späte Einsicht der Grünen, RND vom 1. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 11:09, 2. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

»Ich mache Profite, weil die Firmen betrügen«

Über die Ähnlichkeit von Shortsellern und Sozialarbeitern sowie krumme Geschäfte bei Wirecard und Grenke. Ein Gespräch mit Fraser Perring Interview: Simon Zeise. Junge Welt vom 31. Oktober 2020.

Wenn viel Geld im ­Umlauf ist, haben es Betrüger leichter. Das Bild »Allegorie der Tulipomanie« von Jan Brueghel dem Jüngeren (1640er Jahre) schmückt ­Fraser Perrings Website ­viceroyresearch.org

Fraser Perring wettet als Leerverkäufer auf sinkende Kurse von Unternehmen. Seine Veröffentlichung über Missstände bei Wirecard leitete den Zusammenbruch des Unternehmens ein. Nach seinen Vorwürfen gegen Grenke fiel der Aktienwert der Firma um mehr als die Hälfte. Firmengründer Wolfgang Grenke räumte den Chefposten.

Perring veröffentlicht seine Informationen auf viceroyresearch.org

Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bafin, hatte nicht bemerkt, dass der Finanzdienstleister Wirecard seine Bilanzen fälschte. Rund 1,9 Milliarden Euro hatte der Konzern ausgewiesen, die sich als Luftbuchungen herausstellten. Sie hatten der Financial Times bereits Jahre vor Auffliegen des Skandals einen Tip gegeben und auf sinkende Kurse von Wirecard gesetzt. Sind Leerverkäufer die besseren Finanzaufseher?

Hundertprozentig. Leerverkäufer müssen die Fakten checken, bevor sie ihre Vorwürfe veröffentlichen. Bevor wir die Öffentlichkeit suchten, ermutigten wir alle Kontrollinstanzen, den Betrugsvorwürfen bei Wirecard nachzugehen. Unsere Dokumente müssen sehr strenge Regeln durchlaufen. Liegen wir richtig, und können wir es beweisen? Wo ist die Quelle? Wir überprüften die Informationen aus öffentlich zugänglichen Dokumenten. Das bedeutet, dass die Aufsichtsbehörden geschlafen haben.

Wie kommen Sie an die Informationen über Betrug und wie Unternehmen ihre Bilanzen fälschen?

Üblicherweise durch Diskussionen mit anderen Leuten. So war es 2015. Jemand kam zu mir und sagte: »Hast du dir Wirecard angesehen?« Ich sagte: »Nein, ich habe bisher kaum von dem Unternehmen gehört.« Mein Informant sagte: »Die schrauben immer ihre Zahlen nach oben.« Und so versuchten wir so viele Informationen wie möglich über die Angebereien herauszufinden, die Wirecard in ihren Börsenberichten veröffentlichte. Das Unternehmen gab an, viele neue Verträge abgeschlossen zu haben. Aber wenn man genau hinsah, fielen die Geschäfte viel kleiner aus, als sie es vorgaben. Die meisten Betrügereien verlaufen nach einem stereotypen Muster von Übertreibungen. Sie seien besser als ihre Konkurrenten. Wirecard gab an, sogar während der Covid-19-Krise die Profite zu steigern, während alle anderen Bezahldienstleister sagten, dass ihre Umsätze zurückgegangen seien. Während des Shutdowns gingen weniger Menschen einkaufen, der Handel wurde aufs Internet verlagert, und kontaktlose Zahlungsmethoden, wie sie Wirecard anbot, wurden seltener genutzt. Doch die Pandemie schien das Unternehmen überhaupt nicht zu beeinflussen.

Sie sorgten nicht nur bei Wirecard dafür, dass der große Bluff aufflog. Derzeit wetten Sie auf sinkende Kurse beim deutschen Leasingunternehmen Grenke. Worum geht es?

Bei Grenke ist es dasselbe Problem: Deren Gewinnspannen lagen lange Zeit weit über denen der Konkurrenz. Wir haben alle Franchiseunternehmen von Grenke untersucht. Sie steigern Jahr für Jahr ihre Erträge, also brauchen sie Investitionsmöglichkeiten. Dasselbe bei Wirecard: Sie haben das Geschäft um das Fünffache ausgebaut. Wo ist das Bargeld hin? Das Schöne daran, ein Shortseller zu sein, ist, dass wir mit gesundem Menschenverstand handeln. Nehmen wir zwei Journalisten, beide verfügen über ähnliche Fähigkeiten, also wissen Sie, dass sie ungefähr dasselbe verdienen sollten. Aber plötzlich gibt es einen, der viel mehr als alle anderen verdient. Es ist keine komplizierte Wissenschaft. Man muss den zentralen Fragen nachgehen: Was geschieht hier? Wo ist die geheime Quelle?

Was läuft falsch auf dem deutschen Finanzmarkt?

Ich könnte zurückfragen, was läuft richtig in Deutschland? Es ist einfach. Ich habe viele deutsche Freunde. Es hat nichts mit Deutschland zu tun. Es ist ein Problem mit Betrug. Es ist absurd, zu denken, wir hätten Grenke ausgesucht. Der Grund ist, Grenke hat uns ausgesucht. Ich bin ein Leerverkäufer. Für mich macht es keinen Unterschied, in welchem Land der Welt die betreffende Firma sitzt. Wann immer eine Firma einen hohen Bargeldbestand hat und trotzdem den Eigenkapitalbestand erhöhen will, werde ich hellhörig. Es gibt diesen ganzen Abschaum und die betrügerischen Systeme, durch die kleine Geschäfte gekillt und ihnen Schulden aufgehalst werden. Dass es in Deutschland geschah, machte keinen Unterschied für mich. Das Gute ist doch, dass die deutschen Behörden aus dem Fall lernen und weiterentwickelt werden können. Die Mehrheit der Deutschen sind ehrliche Leute. Und dann gibt es da diese wenigen Betrüger. So wie in vielen anderen Ländern auch. Ich arbeite gerade an einer anderen deutschen Firma und an einem Unternehmen aus England. Also, hege ich Vorurteile gegenüber englischen Firmen? Nein, ich behandele sie alle gleich.

Also lagen die Finanzbehörden im Tiefschlaf?

Ausschlaggebend ist, dass Deutschland angewiesen auf Selbstregulierung ist. Die Behörden sehen im Fall Wirecard wirklich alt aus. Ich bin entsetzt, dass die Aufsichtsbehörde meine Menschenrechte verletzte und mich verklagte, weil ich richtig lag. Deutschland soll eines der am meisten entwickelten Länder der Welt sein. Für Ingenieure und Technologie mag das zutreffen, aber sie verfolgen Whistleblower – das ist es, was am Markt falsch läuft. Die Behörden hätten sagen müssen: Ihre Informationen sind relevant für uns, und danke dafür, dass Sie uns darauf aufmerksam gemacht haben.

Es ist sechs Wochen her, dass wir unsere Vorwürfe gegen Grenke öffentlich gemacht haben. Denken Sie wirklich, wir liegen falsch? Sie können alles überprüfen. Wir sind die einzigen Shortseller der Welt, die ihre Daten veröffentlichen. Sie können die lokalen Konten von Grenke überprüfen, die in den USA, Australien, Schweiz, Österreich, Singapur, Irland und Großbritannien vorhanden sind. So einfach ist unser Job, ein Unternehmen zu überprüfen. Warum ist kein Mitarbeiter der Finanzaufsicht zu den Banken gegangen und hat gesagt: Okay, wir haben ein paar Listen, auf denen steht, mit wem sie besser keine Geschäfte machen sollten. Das schließt Optionen auf Aktiengeschäfte ein, Betrug mit Kryptowährungen und andere faule Deals. Grenke machte also weiter, und wissen Sie, womit sich die Bafin herausredete? Genau wie bei Wirecard: Es habe sich zu dem Zeitpunkt, als wir sie verdächtigten, nicht um kriminelle Firmen gehandelt. Nennen Sie mir einen Kriminellen, der zu einer Bank geht und sagt: Hey, ich bin ein Betrüger und möchte bei Ihnen ein Konto eröffnen. Es ist absurd.

Fraser Perring wettet darauf, dass Unternehmen verlieren

Kanzlerin Angela Merkel ging bei einem Staatsbesuch in China für Wirecard auf Werbetour. Hatte Wirecard also Rückendeckung von ganz oben?

Ich ermutige alle deutschen Investoren, sich eine Firma anzuschauen, und wenn deren Geschäft besser als das aller anderen Unternehmen läuft, misstrauisch zu werden. Wenn es Apple ist, verstehe ich das. Ungefähr die halbe Welt benutzt Apple-Produkte. Also wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Apple die Bilanzen fälscht? Gering. Aber es gibt auch Firmen wie Grenke und Wirecard. Ich rief bei der Bafin an und sagte: Mein Name ist Fraser Perring, und ich möchte Ihnen helfen, die Geldwäscheuntersuchungen bei Wirecard zu verfolgen. Wissen Sie, was diese dummen Idioten gesagt haben? Wir sind nicht interessiert an Betrug, sondern an Ihnen, Mr. Perring! Wie absurd! Es ist, als ob man einen Bankraub der Polizei meldet und dafür von den Behörden angeklagt wird!

Wie sieht das Alltagsleben eines Shortsellers aus? Sie haben früher als Sozialarbeiter gearbeitet. Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Ihrem damaligen und Ihrem heutigen Beruf?

Oh ja, da gibt es viele Gemeinsamkeiten. Ich bin besser qualifiziert als die meisten Finanzanalysten. Denn ich habe gelebt. Viele spätere Finanzanalysten wachsen auf, gehen auf ein Eliteinternat, dann zur Universität, und Papi gibt ihnen schließlich einen Job bei einer Investmentbank. Sie haben keinerlei Lebenserfahrung. Nicht etwa wie Journalisten, die das Elend und das Schöne im Leben kennenlernen. Sie machen ihre Arbeit nicht, um reich zu werden. Ich war auch nicht als Sozialarbeiter tätig, um reich zu werden. Ich wollte die Welt verbessern. Aber ich machte oft die Erfahrung, dass die Behörden Kinder in Familien gaben, bei denen nicht geprüft wurde, ob sie eine kriminelle Vergangenheit hatten, und so wurden die Kinder oft in Familien misshandelt. Mir wurde gesagt, falls ich Bedenken hätte, sollte ich eine eigens eingerichtete Whistleblower-Hotline anrufen. Wir werden Sie beschützen. Haha. Sie gaben mir damals einen Einführungskurs für Wirecard. Ich wurde unter Druck gesetzt, als ich Kritik äußerte. So wie in diesen Familien bei Sozialarbeitern geht es auf den Finanzmärkten zu. Sie müssen die Familienverhältnisse der Upperclass untersuchen. Der Stiefvater ist der Vorstandschef eines Konzerns, die Mutter ist Geschäftsführerin einer anderen Firma. Wenn die Familie lange im Geschäft ist und bessere Ergebnisse als alle anderen erzielt, muss man sich fragen, wie sie das gemacht haben. Die Ironie ist: 99 Prozent unserer Recherchen beginnen wir mit einfachen Suchanfragen bei Google: »Wirecard-Einnahmen«, »Wirecard-Betrug« – so einfach ist es. Es ist wie bei Sozialarbeitern – man achtet auf die Details. Es kommt auf das Ausmaß der Recherche an. Ich ermutige jeden Investor, wenn er eine Aktie kauft, sollte er sich die Firmenkonten genau ansehen, und wenn er es nicht versteht, jemanden fragen, der sich damit auskennt – aber sicher nicht die Deutsche-Bank-Tochter DWS, die haben sogar noch Wirecard-Aktien gekauft, als der Laden zusammenbrach.

Sie sehen sich als Sozialarbeiter des Finanzmarkts. Aber wie steht es um die Familien der Mitarbeiter, die arbeitslos geworden sind, weil Sie gegen das Unternehmen gewettet haben?

Es ist nicht mein Fehler. Es sind die Typen, die betrogen haben. Sie können nicht denjenigen, der den Betrug aufgedeckt hat, dafür verantwortlich machen, dass die Arbeiter des Unternehmens ihren Job verlieren. Es ist absurd, mich dafür verantwortlich zu machen, weil ich meinen Job machte, die Behörden warnte und dafür verfolgt wurde. Ich möchte niemanden verletzen. Was ist mit all den Whistleblowern und früheren Angestellten, die versuchten, die Wahrheit ans Licht zu bringen? Wirecard hat sie fertiggemacht. Jeder, der ein Problem offen ansprach, bei Wirecard kündigte und bei einem anderen Unternehmen anfing, erhielt zwei oder drei Wochen später ein Schreiben des Vorstands, in dem stand: Wenn wir Sie beschäftigen, kriegen wir Ärger mit Wirecard.

Ganz selbstlos ist Ihre Arbeit allerdings nicht. Sie erzielen hohe Profite, wenn die Firmen pleite gehen …

Ich mache Profite, weil die Firmen betrügen. Ist das falsch? Jeder Analyst da draußen schrieb lange Berichte für seine Klienten, in denen er empfahl, Wirecard-Aktien zu kaufen: Commerzbank, Bank of America, Deutsche Bank. Gott, die Liste ist endlos. Sie sagten, Wirecard ist großartig, das Preisziel ist der Mond. Wieviel Geld haben die gemacht? Ich schätze mal, weitaus mehr als ich. Geben sie die Gebühren an ihre Kunden zurück?

Ich schätze nicht …

Exakt. Die Analysten müssten ihren Kunden nämlich mitteilen: Es tut uns leid, aber ihre Wirecard-Aktie steht nur noch bei 74 Cent. Nicht Euro, nein, Cent. Sie haben alles verloren. Die Leute, die mir wirklich leid tun und bei denen sich die Bafin nicht entschuldigt hat, sind diejenigen, die Wirecard-Aktien gekauft haben, nachdem die Bafin ein Leerverkaufsverbot für Wirecard verhängt und erklärt hatte: Keine Sorge, die Vorwürfe sind manipulativ, Wirecard ist eine großartige Firma, blablabla. Ich habe mit einer 78jährigen Frau gesprochen, die daraufhin 700.000 Euro in Wirecard investierte, weil sie glaubte, das Unternehmen sei sauber.

Was ist die Ursache des Problems? Ist nicht einfach viel zuviel Geld auf den Finanzmärkten vorhanden?

Wirecard schuf eine große Finanzblase, die Fraser Perring zum Platzen brachte

Ja, Geld ist Betrug. Die Zentralbanken werfen derzeit nur so mit Geld um sich. Sie reden von Inflation. Dazu wird es nicht kommen, denn es ist so viel Geld da draußen, dass die Hälfte davon gefälscht sein könnte. Aber unter diesen Umständen ist es schwerer, einen Konzern zu shorten. Denn die Leute geben einen Scheiß auf unsere Vorwürfe. Kürzlich habe ich auf Twitter gelesen, Grenke habe nur in Höhe von 300 oder 400 Millionen Euro die Bilanz gefälscht. Das sei nicht das Ende der Welt. Nur 300 bis 400 Millionen Euro? Das muss man sich vor Augen führen. Die Bafin antwortete mir auf meine Vorwürfe bei Wirecard, ich hätte zwar recht, aber es handle sich um Marktmanipulation. Wie kann das sein? Wenn viel Geld im Umlauf ist, haben es Betrüger einfacher.

Was Wirecard gemacht hat? Sie verkauften ihren kontaktlosen Bezahldienst an eine Nudelbar in Singapur. Ich meine, wollen die mich verarschen? Der Marktpreis von Wirecard belief sich zu dem Zeitpunkt auf 24 Milliarden Euro. Wirecard gab an, mit Uber zu kooperieren. Ich fragte bei Uber nach, und sie fragten: Wirecard, wer ist das? Jeder in Deutschland hätte meine Arbeit machen können. Schließlich sah die Sache ja ein wenig nach Betrug aus.

Ein wenig?

Jedenfalls machte ich die Nudelbar in Singapur ausfindig. Als Wirecard ankündigte, sie hätten einen exklusiven Vertrag in Singapur unterzeichnet, schnellte die Aktie um sechs Prozent in die Höhe. Der gesunde Menschenverstand sagt uns, Geld ist Betrug, aber trotzdem wollen sie es vermehren.

Wer steht als nächstes auf Ihrem Speiseplan? Welche Firma hat ihre Bilanzen aufgehübscht? Von besonderem Interesse ist natürlich der deutsche Markt.

Das kann ich Ihnen nicht sagen.

Ach, kommen Sie schon.

Damit Sie sich eine Vorstellung machen können: Die Auseinandersetzung mit Grenke hat uns bis jetzt Hunderttausende Euro gekostet. Wir nehmen das ganze Risiko auf uns, wenn wir unsere Vorwürfe öffentlich machen. Aber das kann auch jeder andere machen. Googeln sie: »ctp british columbia«, und sie finden heraus, dass jemand viel Geld gemacht hat – aber es waren nicht die Investoren. Finden Sie selbst heraus, was nicht stimmt. Stellen Sie sich vor das Geschäft und zählen Sie, wie viele Leute rein und rausgehen.

Warum gibt es keinen erfolgreichen Leerverkäufer in Deutschland, der Ihre Arbeit gemacht hat?

Offensichtlich können sie beim Schreiben für ein Kursziel von 24 Milliarden Euro mehr verdienen als beim Schreiben für ein Kursziel von null. Ich frage mich: Warum spricht man in Deutschland von Short-Attacken? Das setzt voraus, es handele sich um Opfer. Aber wer ist das Opfer, bei einer Firma, die betrügt? Und wer ist der Täter? Es ist nicht der Leerverkäufer. Habe ich Wolfgang Grenkes Freundin 100 Millionen Euro gegeben? Nein. Er war das. Habe ich der Grenke AG zahlreiche wertlose Franchiseunternehmen aufgehalst? Nein, sie waren das selbst. Die Manager lieben das Wort Attacke, weil es bedeutet, dass sie die Opfer sind. Sie sind es aber nicht. Sie sind die Täter. Ich ging nicht zu Wolfgang Grenke und sagte ihm, ich kenne ein paar Investoren, denen wir wertlose Franchiseunternehmen aufschwatzen können. Sie machten es allerdings 32mal.

Welche Folgen hatte die Auseinandersetzung für Sie?

Auf dem Höhepunkt des Wirecard-Skandals war ich mit 13 Millionen Euro im Minus. Die Firma ließ am Tag 1.300 Leute auf mich los. Jeder lachte über mich. Aber ich wusste, dass ich recht hatte. Die Behörden ermöglichten es. Sie beschützten die Firma. Es ist absurd, zu denken, die deutschen Behörden seien so blind, zu glauben, es handele sich um eine angelsächsische Attacke. Es hatte nichts damit zu tun, dass ich Engländer bin, es handelte sich um verdammten Betrug.

--Methodios (Diskussion) 08:02, 3. Nov. 2020 (CET)[Beantworten]

Nach der aufsichtsbehördlichen Schließung der Bremer Greensill-Bank Anfang des Monats zeigen sich deutliche Parallelen zum Skandal um den insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard. Einmal mehr offenbart sich die Untauglichkeit der hiesigen Regulierungsstrukturen, kriminelle Machenschaften im Reich der »Fintechs« – Technologieunternehmen, die in der Finanzwelt eine immer größere Rolle spielen – und Schattenbanken frühzeitig zu erkennen und zu unterbinden.

Dabei galt das kleine Geldhaus – wie auch der große Zahlungsdienstleister aus Bayern – bis zum Kollaps als Vorzeigeunternehmen. Die Aussicht, in Zeiten des EZB-Dauerzinstiefs mit Tages- und Festgeldanlagen Gewinne zu machen, hatte auch eine Reihe von Kommunen angelockt. Nicht nur die innerdeutsche Steueroase Monheim am Rhein, der nun Verluste von knapp 40 Millionen Euro drohen. Es könne sein, »dass der komplette Ausfall des angelegten Geldes droht«, musste der Bürgermeister der Stadt, Daniel Zimmermann, nach der Greensill-Pleite in einer E-Mail an den Stadtrat einräumen. Denn seit Oktober 2017 sind öffentliche Anleger nicht mehr durch die Einlagensicherung des Bankenverbands geschützt. Das staatliche Sicherungssystem wiederum deckt nur Einlagen bis 100.000 Euro.

Deshalb dürften Gebietskörperschaften, die mit Greensill-Einlagen die Kasse aufbessern wollten, am Ende in die Röhre gucken. Betroffen ist auch das Land Thüringen, das 50 Millionen Euro bei Greensill eingelegt hatte. Dem hessischen Eschborn drohen Verluste in Höhe von 35 Millionen, Osnabrück wird rund 14 Millionen abschreiben müssen. Wie die Welt am Sonntag unter Berufung auf Branchenkreise berichtete, könnten letztlich rund 50 deutsche Kommunen betroffen sein und insgesamt eine halbe Milliarde Euro verlieren.

Einen Teil der Verantwortung für das Debakel trägt einmal mehr die Aufsichtsbehörde Bafin. Wie schon im Fall Wirecard haben die Aufseher trotz schrillender Alarmglocken lange gezögert, bevor sie aktiv wurden. So hatte der Bankenverband laut dpa angegeben, die Bafin bereits Anfang 2020 auf Ungereimtheiten bei Greensill hingewiesen zu haben. Weitere Meldungen gab es demnach im vergangenen Sommer. Erst Anfang 2021 schickte die Behörde einen Sonderbeauftragten nach Bremen.

Mittlerweile hat die Bafin Strafanzeige wegen Bilanzfälschung gegen Greensill gestellt. Ein Sondergutachten der Prüfgesellschaft KPMG habe gezeigt, dass zahlreiche gebuchte Forderungen aus dem Geschäftsjahr 2019 nicht nachgewiesen werden können. Dabei war der entsprechende Jahresabschluss von der Stuttgarter Wirtschaftsprüfgesellschaft Ebner Stolz ohne Beanstandung abgesegnet worden. Wie bei Wirecard erweisen sich also auch im Fall Greensill die privaten Wirtschaftsprüfungsunternehmen als Teil des Problems. Die Bafin will nun laut Wirtschaftswoche gegen Ebner Stolz vorgehen. Es bestünden erhebliche Zweifel, dass die Prüfung korrekt abgelaufen ist.

Der Druck auf die Aufsichtsbehörden dürfte durch den Fall Greensill weiter zunehmen. Bei der Bafin hat das Köpferollen mit dem Ausscheiden des Präsidenten Felix Hufeld und der Vizepräsidentin Elisabeth Roegele aufgrund des kompletten Versagens beim Wirecard-Fall bereits vor Wochen begonnen.

Personelle Konsequenzen hat nun auch die Credit Suisse gezogen, die beim Verkauf der Lieferkettenfonds des mittlerweile insolventen britisch-australischen Greensill-Mutterkonzerns führend war. So mussten laut einer internen Mitteilung, die dpa vergangene Woche vorlag, bereits der Schweiz- und Europachef des Geldhauses, Michel Degen, und zwei weitere Mitarbeiter den Hut nehmen. Nach der Schließung der Bremer Greensill-Niederlassung hatte die Schweizer Bank mitgeteilt, vier Investmentfonds mit einem Volumen von insgesamt 8,4 Milliarden Euro zu schließen, für die Greensill Titel verbrieft und versichert hatte.

Eine kostspielige Abwicklung der Bremer Filiale ist derweil aufgrund mangelnder Bedeutung laut Bafin-Exekutivdirektor Thorsten Pötzsch nicht zu erwarten. Bei einem Institut von dem keine systemische Gefährdung ausgehe, »findet ein Marktaustritt ohne Anwendung der Abwicklungsinstrumente statt«, sagte er laut Handelsblatt (Wochenendausgabe). Dass es im Zuge der Coronakrise zu Abwicklungen kommt, wollte er allerdings nicht ausschließen. Die Situation sei angespannt. Man sei aber auf den Ernstfall vorbereitet.

Bankenpleite. Bafin wieder spät dran. Bilanzfälschung, dubiose Wirtschaftsprüfer, Aufsichtsversagen: Im Fall Greensill erinnert vieles an den Wirecard-Skandal Von Steffen Stierle. Junge Welt vom 16. März 2021

--Methodios (Diskussion) 11:19, 16. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]

Heuschreckenfutter[Bearbeiten]

Menschen als Spielbälle von Profitinteressen


Die Krise beim Kaufhauskonzern »Galeria Karstadt-Kaufhof« sorgt derzeit für Schlagzeilen. Um die SB-Warenhauskette Real dagegen ist es recht still geworden. Dabei rückt für die rund 34.000 Beschäftigten eine Deadline näher. Am (heutigen) Donnerstag soll die noch zum Metro-Konzern gehörende Kette in den Besitz des russischen Finanzinvestors SCP übergehen. Es dürfte der entscheidende Schritt Richtung Zerschlagung des Unternehmens sein. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) warnt vor einer »Existenzgefährdung für Tausende Menschen«, wie Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger gegenüber dpa sagte. »Mit dem Real-Verkauf werden die 34.000 Beschäftigten zum Spielball der Finanz- und Immobilieninvestoren SCP«, warnte die Gewerkschafterin.

Heuschreckenfutter. Von Metro verkauft. Warenhauskette Real steht trotz »zweiter Luft« offenbar vor Zerschlagung Junge Welt vom 25. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 10:18, 25. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Das Unternehmen betonte zwar kürzlich, alle Mitarbeiter würden mit ihren bestehenden Verträgen zu den bestehenden Konditionen übernommen. Der Finanzinvestor macht allerdings kein Hehl daraus, dass er die Zerschlagung plant. SCP hat bereits angekündigt, 141 der zuletzt noch rund 270 Real-Märkte an Kaufland und Edeka verkaufen zu wollen. Die Mitarbeiter sollen übernommen werden. Der zuletzt gewachsene Onlinemarktplatz real.de soll unter dem Dach der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) verschwinden. Die Schwarz-Gruppe mit einem weltweiten Umsatz von mehr als 100 Milliarden Euro ist bislang im E-Commerce nur schwach präsent.

--Methodios (Diskussion) 10:55, 25. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Was die restlichen mehr als 100 Real-Filialen angeht, so ist ihr Schicksal offen. Als mögliche Kaufinteressenten gelten u. a. Rewe und Globus. Auch eine Aufteilung einzelner Märkte in kleinere Flächen schließt der Finanzinvestor nicht aus. Rund 30 Märkte müssten allerdings voraussichtlich mangels Perspektiven geschlossen werden, hieß es bereits bei der Unterzeichnung des Kaufvertrages im Frühjahr. Die Coronakrise bescherte der SB-Warenhauskette noch einmal ein spätes Comeback. Im März und April stiegen Umsätze und Ergebnis deutlich. Real habe sich in der Krise als sehr attraktives Format erwiesen, sagte Metro-Chef Olaf Koch. Eine nachhaltige Perspektive sah der Manager für Real aber dennoch nicht.

Heuschreckenfutter. Von Metro verkauft. Warenhauskette Real steht trotz »zweiter Luft« offenbar vor Zerschlagung Junge Welt vom 25. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 10:57, 25. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Armut[Bearbeiten]

In seinem Testament hatte er verfügt, dass in jedem Jahr jeweils 1000 Mark aus seiner Familienstiftung an alte und kranke Schweriner Maurer und Zimmerleute ausgezahlt werden sollten. Wegen Rechtsstreitigkeiten wurde dieser Wunsch jedoch nie erfüllt. w:de:Georg Adolph Demmler#Wendung zur Sozialdemokratie

Arzt als Bundespräsident? „Wir müssen die Lobbyisten unserer von Armut betroffenen Patienten sein“

Der Sozialmediziner Prof. Dr. Gerhard Trabert versorgt wohnungslose Menschen und andere Personen, die in Armut leben. Jetzt kandidiert er als Bundespräsident. Was will er erreichen? Und sollten mehr Ärzte in die Politik?

Gehen der Beruf des Arztes und ein soziales Gewissen für Sie miteinander einher?

Prof. Trabert: Ja, das ist schon meine Identität. Ich habe soziale Arbeit studiert und als Sozialarbeiter im Krankenhaus gearbeitet, bevor ich Humanmedizin studiert habe. Ich sage immer: Ich bin Sozialarbeiter mit speziellen Qualifikationen in Medizin. Für mich gehört die psychosoziale Situation eines Menschen zu unseren medizinischen Aufgaben. Virchow hat schon gesagt: Medizin ist eine soziale Wissenschaft.

Sie sind direkt auf der Straße aktiv, um wohnungslose Menschen zu versorgen. Was hat Sie bewogen, für ein politisches Amt zu kandidieren?

Schon als ich meine Dissertation zu obdachlosen Menschen in der Gesundheitsversorgung geschrieben habe – übrigens wie Steinmeier –, habe ich gedacht, ich muss etwas verändern. Menschen, die von extremer Armut betroffen sind, sind oft sehr krank, finden aber den Weg zum Arzt oder zur Ärztin nicht. Beziehungsweise, sie sammeln dort negative Erfahrungen, werden weggeschickt oder schlecht behandelt. Einige schämen sich, weil sie im Setting „Sprechstundenzimmer“ nicht klarkommen.

In Indien, in einem Leprakrankenhaus, habe ich gelernt, dass man nicht wartet, bis der Patient zum Arzt kommt. Deshalb sage ich heute: Wenn wir die Menschen nicht erreichen, müssen wir eben dorthin gehen, wo sie leben. Auf die Straße, in die Tiefgarage, in den Wald.

Ich mache das jetzt seit 28 Jahren. Ich erlebe aber, dass das soziale Netz immer grobmaschiger wird. Ich will nicht die Tafel der Gesundheitsversorgung sein. Das ist eine originäre Aufgabe unseres Versorgungssystems. Diesen Punkt möchte ich mehr in die öffentliche Diskussion bringen. Daher jetzt der Schritt, mich auf dieser politischen Einflussebene zu engagieren.

Was würden Sie als Bundespräsident anders machen als Ihre Vorgänger, um sich für Menschen in Armut einzusetzen?

Ich würde den Austausch mit den Betroffenengruppen intensiver fördern – ob es nun chronisch kranke oder wohnungslose Menschen oder Alleinerziehende sind. Ich würde mehr über ihre Erfahrungen und ihre Kompetenzen wissen wollen. Und ich würde annehmen, was sie sagen, was verändert werden muss. Ich würde aber auch versuchen, alle paar Wochen mit dem Arztmobil unterwegs zu sein. Außerdem würde ich mir das Recht herausnehmen, im Sommer im Mittelmeer mit einer zivilen Seenotrettungsorganisation aktiv zu sein. Dafür würde ich dann vielleicht bei dem ein oder anderen Empfang fehlen.

Sieg Steinmeiers fast sicher

Am 13. Februar wird der Bundespräsident von der Bundesversammlung gewählt. Der Sieg von Frank-Walter Steinmeier (SPD) gilt als so gut wie sicher. Prof. Trabert wurde als parteiloser Kandidat seitens der Linken aufgestellt. Das CDU-Mitglied Max Otte, Vorsitzender der Werteunion, tritt als Kandidat der AfD an.

Welche Aspekte des Gesundheitssystems würden Sie verändern?

Selbst wenn ich Bundespräsident wäre, hätte ich die Möglichkeit der direkten Veränderung ja nicht. Aber ich gebe zu, ich bin ein Befürworter der Bürgerversicherung. Ich finde, wir haben eine Zwei- bis Dreiklassenmedizin. Viele Privatisierungen müssen zurückgefahren werden. Ich bin auch kein Freund der „Individuellen Gesundheitsleistungen“. Wenn wir Ärztinnen und Ärzte denken, dass eine Leistung wichtig ist, müssen wir noch mehr dafür kämpfen, dass sie in den Katalog der Krankenkassen aufgenommen wird. Ich würde auch darauf drängen, dass die sprechende Medizin besser honoriert wird. Wir müssen uns wieder mehr mit dem Patienten, der Patientin unterhalten.

Was muss sich ändern, damit Menschen ohne Versicherung wieder einen Zugang zur Medizin finden?

Man muss genau hinschauen, warum Menschen nicht versichert sind. Die Beratung unserer Ambulanz in Mainz schafft es, dass 40 % der Betroffenen wieder ein Versicherungsverhältnis bekommen. Ich habe das Gefühl, dass Krankenkassen, Sozial­ämter und Jobzentren nicht immer rechtskonform beraten oder manchmal nicht ausreichend informiert sind. Wenn jemand Beitragsschulden hat, sollte man nicht repressiv vorgehen, sondern proaktiv fördern. Man muss informieren über den Notlagentarif, den Basistarif und über Beitragssenkungen.

Ich glaube, dass soziale Ungleichheit und der Zusammenhang von Armut und Gesundheit auch in der Ausbildung von Medizinern eine größere Rolle spielen müssen. Armut macht krank, Krankheit macht arm. Das Robert Koch-Institut sagt: Wenn man das reichste mit dem ärmsten Viertel vergleicht, sterben arme Frauen 4,4 Jahre und arme Männer 8,6 Jahre früher. Das ist für mich ein Skandal in so einem reichen Land!

Die Charité hat vor zwei Jahren ihre onkologischen Patienten befragt, wovor sie am meisten Angst haben. Man dachte, es kommt am häufigsten die Antwort „vor dem Tod“. Die Antwort lautete aber „vor dem sozialen Abstieg“. Das überrascht, und zeigt, dass Menschen mit einer Krebserkrankung immer häufiger mit Verdienstverlusten konfrontiert sind. Krankheit ist mittlerweile der dritthäufigste Grund für eine Verschuldung in diesem reichen Land. Da muss sich was ändern.

Würde es helfen, wenn mehr Ärzte in die Politik gingen?

Ich glaube, es würde helfen, wenn wir Mediziner wieder nach unserem sozialen Bewusstsein handeln. Ich weiß, dass sehr viele – gerade niedergelassene Ärzte – engagiert sind und in ihren Praxen auch kostenlos Patienten behandeln. Aber wir müssen uns standespolitisch und politisch mehr vernetzen, um Entwicklungen zu skandalisieren und uns als Lobbyisten für unsere von Armut betroffenen Patienten einsetzen. Insofern: Ja, mit einem solchen Selbstverständnis wäre es hilfreich, wenn mehr Ärzte in die Politik gingen.

Die Linke hat Sie als Kandidaten für das soziale Gewissen aufgestellt. Ihre Zustimmung in der Bevölkerung liegt laut Umfragen aber nur bei 5 %. Heißt das, dass sich zu wenige Menschen für Fragen der sozialen Gerechtigkeit interessieren?

Ich denke, dass dies die Sensibilität vieler Bürger diesem Thema gegenüber nicht wirklich widerspiegelt. Ich bin viel zu unbekannt, da hat der amtierende Bundespräsident und langjährige Politiker Steinmeier natürlich einen großen Vorteil.

Bei politischen Entscheidungsträgern sehe ich oft eine große Distanz zu den Lebensrealitäten der von Armut betroffenen Menschen. Bei uns ist das Parlament noch vorrangig besetzt von Politikern aus der oberen Mittel- oder Oberschicht.

Insgesamt glaube ich schon, dass viele Menschen spüren, dass eine soziale Abwärtsspirale sehr schnell greifen kann. Wenn ich die Arbeit verliere und nach einer gewissen Zeit Arbeitslosengeld II bekomme, muss ich als Alleinstehender von 449 Euro im Monat leben. Ich glaube aber auch, dass das oft mit so viel Angst verbunden ist, dass man das Thema von sich wegschieben möchte.

Hat die Kandidatur in Ihren Augen schon etwas gebracht, um die Situation von Menschen in Armut zu verbessern?

Das wird die Bewährungsprobe sein. Es geht mir bei der Kandidatur nicht um meine Profilierung, sondern darum, dass etwas passiert. Zumindest habe ich den Eindruck, dass durch die vielen Medienberichte das Thema Armut stärker diskutiert wird. Das ist ja vielleicht schon ein kleiner Erfolg. Aber ein echter Erfolg ist es nur, wenn die Lebensbedingungen der von Einkommensarmut betroffenen Menschen sich verbessern.

Bekommen Sie von den Menschen auf der Straße Rückmeldung zu Ihrer Kandidatur?

Ja, gerade meine wohnungslosen Patienten sprechen mich an und sagen, dass sie das gut finden. Zum Teil höre ich aber auch: „Aber dann bist du gar nicht mehr hier. Wer fährt dann Arztmobil?“

Eine der schönsten Erfahrungen bei meinem Bundestagswahlkampf letztes Jahr als parteiloser Direktkandidat in Mainz: Viele wohnungslose Menschen haben mir gesagt, dass sie zum ersten Mal wählen gegangen sind. Das fand ich toll! Ich habe mich gefreut, dass sie ihre demokratischen Rechte wieder in Anspruch nehmen.

Ihnen wurde vorgeworfen, die Situation ausgegrenzter Menschen mit der Verfolgung der Juden in der NS-Zeit verglichen zu haben. Wie stehen Sie dazu?

Es hat mich sehr betroffen gemacht, wie ich fahrlässig oder bewusst fehlinterpretiert wurde. Ich habe nie einen Vergleich zwischen den Opfern des Nationalsozialismus und ausgegrenzten Menschen gemacht. Millionen Juden und Sinti und Roma, Menschen mit Behinderung, auch wohnungslose Menschen wurden ins KZ gebracht, ermordet oder zwangssterilisiert. Das ist mit nichts vergleichbar. Worum es mir ging: Der Nationalsozialismus ist nicht durch einen Putsch an die Macht gekommen. Er ist in einer Demokratie, der Weimarer Republik, entstanden. Und ein Element, das diese Entwicklung zumindest nicht verhindert hat, war das Wegschauen – das Wegschauen bei Stigmatisierung, Diskriminierung und Unrecht. Für mich ist es ein elementares Erbe, dass wir nie mehr wegschauen dürfen, wenn Menschen ausgegrenzt werden.

Was machen Sie nach der Wahl?

Ich fahre weiter Arztmobil und bin in unserer „Ambulanz ohne Grenzen“ aktiv. Für das nächste Projekt geht es wahrscheinlich Mitte März nach Afghanistan. Wir wollen eine Kooperation für die Gesundheitsversorgung eingehen. Es ist schwierig, aber auch diese Menschen darf man nicht im Stich lassen. Wir sondieren, wie wir vor Ort Unterstützung leisten können.

Dann habe ich noch ein anderes Projekt: Ein Baumhaus zu bauen. Ich habe eine Enkeltochter, ein Enkelsohn kommt auch bald. Und die sollen mal ein Baumhaus haben.

Medical-Tribune-Interview

07.02.2022

--Methodios (Diskussion) 17:41, 8. Feb. 2022 (CET)[Beantworten]


„Soziale Gerechtigkeit ist eine Bewährungsprobe für die Demokratie. Und der werden wir derzeit nicht gerecht“! Prof. Dr. Gerhard Trabert war zu Gast bei „Ausnahme&Zustand“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Dort sprach er unter anderem über seinen persönlichen Antrieb, als Sozialmediziner arbeiten, welche Erlebnisse er im Mittelmeer bei Seenotrettungsaktionen gemacht hat und wieso Krankheit der dritthäufigste Grund für eine Verschuldung ist!

Ausnahme&Zustand #38 mit Gerhard Trabert

Er fordert Respekt und Würde für sozial benachteiligte Menschen, versorgt als «Arzt der Armen» Obdachlose medizinisch in Mainz und arbeitet seit Jahrzehnten weltweit in Krisengebieten - als Mediziner in Bosnien, Rojava oder bei der Seenotrettung im Mittelmeer. Seine zentralen Themen soziale Gerechtigkeit, Flucht und Migration, Gesundheit und Wohnungslosigkeit verbindet Trabert mit vielfältigem Engagement. Er kritisiert die größer werdende Schere zwischen Arm und Reich. Erst kürzlich zeigte eine Oxfam-Studie die obszöne Bereicherung der Reichen durch die Corona-Krise und die Zunahme der Armut im globalen Maßstab. Wir wollen mit Gerhard Trabert über unteilbare Solidarität, eine solidarische Gesundheitspolitik und über die Perspektive sozialer Gerechtigkeit sprechen. Was kann seine Kandidatur als Bundespräsident bewirken? Warum tut er das alles?


Herr Thiel von der FAZ.NET - Frankfurter Allgemeine Zeitung hat mich einen Nachmittag lang im Arztmobil begleitet und gefragt, warum es überhaupt Obdachlosigkeit gibt in einem Sozialstaat, der Krankenversorgung und Wohnraum garantiert.

Wir sprachen darüber, dass ich meine Arbeit eigentlich überflüssig machen will. Und er zitiert mich:

„Was habe es mit Neid zu tun, fragt er, wenn man Um­verteilung fordere in einer Gesellschaft, in der 45 Haushalte so viel Geld hätten wie die untere Hälfte der Gesellschaft? Er will, dass Armut in jedem Ressort eine Rolle spielen müsse, natürlich auch im Gesundheitsministerium. Dort habe es dazu einmal eine Arbeitsgruppe gegeben, die wieder aufgelöst worden sei, obwohl man wisse, wie stark Armut und Krankheit zusammenhängen.“


PRÄSIDENTSCHAFTSKANDIDAT TRABERT:

Das Paradies auf Rädern

VON THOMAS THIEL-AKTUALISIERT AM 02.02.2022

Respekt für Sie: Gerhard Trabert versorgt einen Obdachlosen mit einem neuen Schlafsack.


Sein Dauereinsatz am Rand der Gesellschaft machte den Hochschullehrer Gerhard Trabert zum Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten. Mit seiner rollenden Praxis flickt er die Löcher des Sozialstaats. Eine Visite.


Herr K. hat noch einmal Glück gehabt. Erst hat er zu tief ins Glas geschaut und die Kontrolle verloren. Doch bevor er ins Unglück stolpern konnte, haben ihn zwei Freunde vom anonymen Alkoholikertreff aufgegabelt und den Notdienst gerufen. Er sitzt jetzt an einer Bushaltestelle, das Kinn auf die Brust ge­rutscht, im Mund ein Zigarillo. Äußerlich ist er regungslos, innerlich steht er unter Druck. Er hat seinen Schlafsack verloren. Gerhard Trabert beugt sich zu ihm vor: Er könne die Nacht im Krankenhaus verbringen. Er schreibt ihm ei­ne Einweisung, damit man ihn dort nicht zurückweisen kann. Eine Versicherungskarte hat K. nicht. Bevor die Sanitäter mit ihm abfahren, wendet sich Trabert noch einmal an ihn: Im Krankenwagen bitte nicht rauchen.


Es ist nasskalt und zugig an diesem Januartag. Wie jeden Donnerstag kreist Gerhard Trabert mit seinem Arztmobil durch Mainz, um Menschen zu versorgen, die durch die Maschen des Gesundheitssystems fallen. Nach den Visiten in Wohnheimen kommt die Suche nach Ob­dachlosen. Er kennt ihre Stammplätze, doch heute muss er mehrmals durch die Innenstadt kreisen. Vor der Stadtbi­bliothek ist ein Schlaflager, vom Besitzer keine Spur. Er findet ihn über einem warmen Belüftungsschacht vor dem Gutenberg-Museum. Er reicht ihm einen neuen Schlafsack. „Wo waren Sie heute auf Platte?“ Trabert siezt seine Patienten. Er will sie mit Würde behandeln und ihnen das verlorene Selbstwertgefühl zurückgeben. Er gibt Herrn B. Me­dikamente und bittet ihn, weniger in Alkohol zu investieren. Zuletzt rät er ihm, im Obdachlosenheim zu übernachten, bei den Temperaturen werde dort niemand abgewiesen. Herr B. will es sich überlegen.

Seit die Linkspartei Gerhard Trabert für das Bundespräsidentenamt vorgeschlagen hat, sind der Sozialmediziner und sein Arztmobil bundesweit bekannt. Er schiebt die Tür des Transporters zurück und sagt mit einem Hauch Ironie: „Das ist mein Behandlungsparadies.“ Im Innenraum befindet sich eine Liege. Medikamentenfächer. Eine kleine Arbeitsfläche. Dort erledigt er die Abrechnung. Patienten mit Chipkarte werden abgerechnet. Unversicherte behandelt er ehrenamtlich. Er will das Gesundheitssystem nicht aus der Verantwortung entlassen.

Lücken im sozialen Netz

Hauptberuflich ist Gerhard Trabert Professor für Sozialmedizin an der Rhein-Main-Hochschule in Wiesbaden, dazu hat er eine Zulassung als Notfallmediziner. Der Hochschulverband hat ihn vor zwei Jahren für seinen selbstlosen Einsatz zum Professor des Jahres gewählt. Trabert war der erste Besitzer einer mobilen Praxis. Seit 25 Jahren geht er auf Visite. Es gibt heute in rund zwanzig Städten fahrende Ambulanzen. Nicht viel, aber ein Anfang. Warum gibt es überhaupt Obdachlosigkeit in einem Sozialstaat, der Krankenversorgung und Wohnraum garantiert? Manche brächten nach einem schweren Schicksalsschlag nicht die Kraft auf, ihre Rechte einzufordern, sagt Trabert. Andere halte die Scham davon ab, besonders nach dem Verlust des Arbeitsplatzes. Und außerdem gibt es noch eine Bürokratie, die Entscheidungen verzögert. Haftentlassene hätten beispielsweise erst einmal keine Krankenversicherung, das ließe sich auf einfache Weise ändern, indem man den Antrag vorverlegt. Bekanntlich entscheidet sich in den ersten Monaten nach der Entlassung, ob Häftlinge zurück ins Leben finden.


Außerdem gibt es Menschen ohne Versorgungsansprüche. Trabert erzählt von einem rumänischen Patienten, der ohne sein Wissen als Schwarzarbeiter benutzt wurde und deshalb in Deutschland keine Krankenversicherung hatte. Er bekam Lungenkrebs. Eine Therapie durch die Universitätsklinik konnte er ihm noch organisieren, doch sie kam zu spät. Die Beerdigung wurde vor der Kapelle abgehalten. Drinnen hätte extra gekostet. Trabert fährt mit dem Arm durch die Luft: „Das ist so ein skandalöses Thema!“

Eigentlich will er sich und seine Ar­beit überflüssig machen. Die Armen und Obdachlosen sollen wieder ins Re­gelsystem zurückgeführt werden. Weil das so schnell nicht passieren wird, en­gagiert er sich politisch. Er ist davon überzeugt, dass ein reiches Land wie die Bundesrepublik die Versorgungslücken schließen könnte, auch wo es dazu nicht verpflichtet sein sollte. Über einen Notfallfonds für Schwererkrankte ohne Versicherung kam er in Kontakt zur Linkspartei-Vorsitzenden Janine Wissler, die seine politische Karriere ins Rollen brachte. Gerhard Trabert hat als Präsidentschaftskandidat keine Chance, doch es hat Charme, sich ihn als Bundespräsidenten vorzustellen. Wie er mit grauem Parka und offenem Hemd vor Bellevue steht und die Kranken behandelt, die er, wie er angekündigt hat, auch als Präsident weiter versorgen würde. Vielleicht würde sich Frank-Walter Steinmeier, der seine Doktorarbeit über Obdachlosigkeit geschrieben hat, ja zu ihm gesellen.

Trabert hat eine zugewandte, unaufdringliche Art und wache, sensible Augen. Während der Visite hebt er sich kaum von seiner Umgebung ab. Nur der vorgebeugte Oberkörper und der prüfende Blick lassen den Arzt erkennen. Ein halbes Dutzend Personen steht jetzt an der Notunterkunft im Stadtteil Gonsenheim vor seinem Wagen. Eine junge Frau kommt heulend und fluchend auf sie zumarschiert. Heroin Kid steht auf ihrer Jacke, es riecht nach Marihuana. Sie knallt die Tür zu und verschwindet im Haus. Wenige Minuten später steht sie vor dem Arztmobil und sagt lä­chelnd: „Da sind Sie ja, Herr Doktor, ich suche Sie schon seit Wochen.“

Gerhard Trabert will seine Kandidatur nutzen, um auf das Schicksal von Obdachlosen und Armen aufmerksam zu machen und vielleicht auch ein bisschen auf den Verein Armut und Gesundheit, den er 1997 gegründet hat. Mittlerweile hat er 26 Angestellte, er unterhält eine Ambulanz in Mainz und hat Ableger in Syrien und Kenia, außerdem im Flüchtlingslager von Lesbos. Trabert reist jedes Jahr ins Ausland, er war in Haiti und Sri Lanka nach den großen Naturkatastrophen, in Kobane und Mossul versorgte er Kriegsopfer knapp hinter den Frontlinien des Bürgerkriegs. Seine nächste Reise soll nach Afghanistan führen. Er will Krankenhäuser mit medizinischem Gerät versorgen.

Politik der Ausgrenzung

Gerhard Trabert ist kein Lifestyle-Linker. Die Wagenknecht-These von der ehemals linken Partei, die sich von den Arbeitern abgewendet habe hin zu einer Symbolpolitik, die niemand etwas koste, will er nicht kommentieren. Seine linke Überzeugung geht auf seinen Großvater zurück, der dem Nationalsozialismus die Stirn bot. Der Faschismus habe auch deshalb entstehen können, weil man damals weggeschaut habe, als Menschengruppen ausgegrenzt wurden. Das dürfe nicht wieder geschehen. „Hinschauen, hinschauen, hinschauen!“, sagt er fast flehentlich. Dass ihm ein NS-Vergleich als Trivialisierung des Holocaust ausgelegt wurde, hat ihn geschmerzt. Er habe das Schicksal von Flüchtlingen nicht mit Holocaust-Opfern gleichsetzen wollen, sondern nur auf die Mechanik der Ausgrenzung hinweisen wollen. Das jüdische KZ-Opfer Mosche Flinker, das er zitiert hatte, hat dies in seinem Tagebuch so beschrieben: „Es ist, als wäre man in einem großen Saal, in dem viele Menschen fröhlich sind und tanzen, während eine kleine Gruppe Menschen still in der Ecke sitzt. Ab und an holen sie aus diesem Grüppchen ein paar Leute, schleppen sie in ein Nebenzimmer und drücken ihnen die Kehle zu. Die anderen feiern gelassen weiter. Es berührt sie nicht. Vielleicht haben sie ja dadurch noch mehr Spaß.“


Die meisten von Traberts politischen Zielen – Vermögensteuer, höhere Einkommensteuer, Reform der Erbschaftsteuer, Bürgerversicherung – decken sich mit denen der Linkspartei, aber er will kein Parteimitglied werden. Was habe es mit Neid zu tun, fragt er, wenn man Um­verteilung fordere in einer Gesellschaft, in der 45 Haushalte so viel Geld hätten wie die untere Hälfte der Gesellschaft? Er will, dass Armut in jedem Ressort eine Rolle spielen müsse, natürlich auch im Gesundheitsministerium. Dort habe es dazu einmal eine Arbeitsgruppe gegeben, die wieder aufgelöst worden sei, obwohl man wisse, wie stark Armut und Krankheit zusammenhängen.


Seit der Pandemie ist das Leben für Obdachlose noch einmal schwerer geworden. Plötzlich waren Tafeln, Toiletten, Teestuben geschlossen. Vor dem Coronavirus sind eben doch nicht alle gleich, wie man durch sozialmedizinische Studien weiß. Die Infektionsrate ist in unteren Schichten deutlich höher, die Verläufe sind schwerer, die Probleme sind andere. „Wie kann ich mich ohne Smartphone testen lassen?“, fragt ein junger Mann vor der Teestube in der Mainzer Zitadelle, der letzten Station der Visite. „Kommen Sie her. Wir machen das“, sagt Gerhard Trabert und öffnet die Schiebetür. Wie jeder gute Hausarzt ist er auch ein Sozialarbeiter.

Der Krieg in der Ukraine und die Preissteigerungen werden für die Tafeln zur Belastungsprobe. Es gibt weniger Spenden, zugleich nimmt die Nachfrage von Bedürftigen weiter zu. Wie stellt sich diese Mangelsituation aktuell dar?

In den vergangenen Jahren schlitterten wir von einer Krise in die nächste. Seit zwei Jahren dauert die Pandemie an. Menschen erhielten während der Lockdowns nur Kurzarbeitergeld oder verloren ihre Jobs. Vor etwa einem Monat begann der Krieg in der Ukraine. Seither steigen durch die Geflüchteten die Zahlen derer an, die auf die Tafeln dringend angewiesen sind. Nicht nur in Gebieten wie Berlin, wo die meisten Geflüchteten ankommen, kommen mehr Betroffene zu den Tafeln. Insgesamt kommen mehr Menschen, die sich aufgrund steigender Energie- und Lebensmittelpreise keine Teilhabe mehr leisten können. Es ist ein bundesweiter Trend.

In welche Lage bringt diese Belastung die bundesweit rund 60.000 Helferinnen und Helfer der Tafel?

Mehr als 90 Prozent von ihnen arbeiten ehrenamtlich für die Tafel. Es ist eine bürgerschaftliche Bewegung, die den von Armut betroffenen Menschen insgesamt helfen möchte. Wir betreiben Lebensmittelrettung. Schon als 2015 viele Geflüchtete hier ankamen, war es eine Herausforderung. Aktuell kommen wieder viele Menschen, die oft psychisch belastet sind, weil sie während der Flucht aus der Ukrai­ne Traumata erlitten haben. Die Helferinnen und Helfer, die für die Tafeln arbeiten, haben einen guten Umgang damit. Ihre Hilfeleistung in dieser besonderen Situation ist groß. Wichtig ist, dass sie dafür gesellschaftliche Anerkennung erhalten. Sie brauchen zudem logistische Unterstützung, Förderungen für die Lagerhaltung und Transportkosten.

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Nein. Aber die Ampelregierung sollte sich nicht komplett auf das ehrenamtliche Engagement verlassen. Die damit verbrachte Zeit sollte bei der Rente anerkannt werden. Wir fordern sie vor allem auf, konkrete und schnelle Hilfe für armutsbetroffene Menschen zu leisten, um die Nachfrage bei den Tafeln langfristig zu senken und so zu entlasten. Ein einmaliger Zuschuss von 100 Euro für Hartz-IV-Bezieher reicht nicht, um die Krisenkosten auszugleichen. Die monatliche Erhöhung von drei Euro ist bei weitem nicht genug. Wie soll ein Erwachsener von 449 Euro leben? Es kann nicht sein, dass in so einem reichen Land wie Deutschland das Geld für so viele Menschen nicht zum Leben ausreicht. Die Regierung hat es nicht geschafft, die Sanktionen bei Hartz IV abzuschaffen. Mit dem neu beschlossenen Energiepreisentlastungspaket wird mit der Gießkanne an jeden etwas verteilt: auch an Menschen, die das gar nicht benötigen! Man muss genau hinschauen, wer das Geld braucht. Da ist deutlich etwas ins Ungleichgewicht geraten.

Wie stellt sich die Lage vor Ort bei den Tafeln dar?

Wir können nur verteilen, was wir erhalten. Auch weil gehamstert wird, erhalten wir weniger Lebensmittel. Die Tafel, mit dem ehrenamtlichen Engagement betrieben, kann nur ein Zubrot darstellen. Für die Grundversorgung der Bevölkerung, damit nicht große Teile in Armut versinken, muss der Staat politisch sorgen. Das können wir nicht leisten.

Das klingt, als gäbe es schon lange ein grundsätzliches Missverständnis darüber, welche Hilfe ehrenamtlich zu leisten ist und welche Probleme nur sozialpolitisch zu lösen sind.

Bürgerschaftliches Engagement darf nicht dazu dienen, staatliches Versagen zu kaschieren. Mit Minijobs oder Niedriglohn klappt es nicht, gesellschaftlich teilzuhaben, auch wenn letzterer jetzt zwölf Euro betragen soll. Wir fordern statt dessen 100 Euro Zuschuss pro Monat. Auch Regelsätze und Sozialleistungen müssen angehoben werden. Die Versorgung der Menschen ist Aufgabe des Staates. Wir von den Tafeln unterstützen nur, wir sind keine Existenzhilfe. Unser Anliegen ist es, kurzfristig in Not geratene Menschen zu unterstützen.

»Wir sind keine Existenzhilfe« Junge Welt 29.März 2022

In der BRD sind mehr Menschen auf Tafeln angewiesen. Deren Verband kritisiert staatliches Versagen. Ein Gespräch mit Jochen Brühl - Jochen Brühl ist Vorsitzender von Tafel Deutschland e. V.

--Methodios (Diskussion) 10:42, 29. Mär. 2022 (CEST)[Beantworten]

Programmierte Altersarmut[Bearbeiten]

Der Regierung sind alte Menschen eine Last. Immer mehr Senioren in Deutschland werden mit Renten abgespeist, die kaum zum Überleben reichen. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte, ist deren Armutsrisiko drastisch gestiegen. Im vergangenen Jahr waren 15,7 Prozent aller Männer und Frauen, die älter als 65 sind, von Armut bedroht – das heißt, sie bezogen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens. Bei einem Ein-Personen-Haushalt lag diese Grenze 2019 bei 1.074 Euro im Monat. Die Ursachen liegen auf der Hand. Anja Piel, Bundesvorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sagte am Mittwoch gegenüber jW: »Deutschland hat den größten Niedriglohnsektor in ganz Westeuropa. Wenn der Lohn schon nicht zum Leben reicht, ist Altersarmut praktisch vorprogrammiert.« Die Zahlen sprächen für sich. Seit 2005 seien in der Gruppe der über 65jährigen 43 Prozent mehr Menschen durch Armut gefährdet. Die Grundrente einzuführen sei deshalb richtig gewesen. »Jetzt muss die Politik dafür sorgen, das Rentenniveau auch über das Jahr 2025 hinaus zu stabilisieren und weiter anzuheben«, teilte Piel mit. Doch geht es nach dem Willen der Herrschenden, soll von Armut geschwiegen werden. Die Bundesregierung hat angekündigt, mit »Wumms aus der Krise« zu kommen. Arbeitsmarktforscher Stefan Sell von der Hochschule Koblenz, kritisierte am Mittwoch gegenüber jW: »Immer wieder wird Altersarmut in der politischen Diskussion und auch in vielen Medien verkürzt auf den Bezug von Grundsicherung im Alter.« Demnach werde stets hervorgehoben, dass gemessen an der Zahl der Grundsicherungs­empfänger im Alter »nur« etwas mehr als drei Prozent arm seien. Das Statistische Bundesamt habe nun zu Recht die »richtige« Quote hervorgehoben. Die liege mit fast 16 Prozent deutlich höher, so Sell. Besonders beunruhigend sei zudem der überaus starke Anstieg der Altersarmutsquote in den vergangenen Jahren. »Auch deshalb, weil die richtig große Welle an altersarmen Menschen in den kommenden Jahren erst noch kommen wird.« Darunter seien all diejenigen, die mit »zerschossenen Erwerbsbiographien« und einem Leben im Niedriglohnsektor keine Rente bekommen werden, die über der Grundsicherungsschwelle liege. Die Armut der einen ist das Glück der anderen. »Für 2018 kann man zeigen, dass mehr als zwei Milliarden Euro an Grundsicherungsleistungen im Alter nicht ausgezahlt werden mussten, weil die Betroffenen ihre Ansprüche nicht geltend gemacht haben. Das ›rechnet‹ sich für den Staat«, stellte Sell gegenüber jW fest. Die Regierung findet die Zahlen hingegen wenig alarmierend. »Die Armutsgefährdungsquote sagt nichts aus über Bedürftigkeit. Sie ist ein statistisches Maß der Einkommensverteilung und hängt von vielen Annahmen sowie der Datenquelle ab«, relativierte ein Sprecher des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) auf jW- Nachfrage am Mittwoch. Ob jemand im Alter hilfebedürftig sei, hänge von vielen, oftmals »sehr individuellen Einflüssen« ab, die für die Höhe des Alterseinkommens entscheidend seien. »Die wirksamste Strategie gegen Altersarmut ist Prävention durch eine möglichst durchgängige Erwerbsbiographie mit gutem Erwerbseinkommen und entsprechender Altersvorsorge«, schlug der Sprecher des BMAS vor. Die Regierung scheint sich nicht zuständig zu fühlen.

ABBAU DES SOZIALSTAATS. Das Elend ist sicher. Armutsrisiko unter Rentnern drastisch gestiegen. DGB und Sozialforscher warnen vor Auswirkungen des Niedriglohnsektors. Regierung verharmlost. Von Simon Zeise. Junge Welt vom 1. Oktober 2020.

--Methodios (Diskussion) 19:27, 1. Okt. 2020 (CEST)[Beantworten]

Ältere bilden seit geraumer Zeit die Bevölkerungsgruppe, deren Armutsrisiko hierzulande stärker wächst als das jeder anderen. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte, hat die Zahl der betroffenen Seniorinnen und Senioren in den vergangenen 15 Jahren dreieinhalb Mal stärker zugenommen als die Zahl der Betroffenen insgesamt. Bei den »Tafeln«, die nach eigenen Angaben 1,65 Millionen Menschen regelmäßig mit Lebensmitteln versorgen, machen Ruheständler mittlerweile einen großen Teil der »Kundschaft« aus. Trotzdem wird die Altersarmut von den meisten politisch Verantwortlichen immer noch als bloßes Zukunftsproblem verharmlost. Wenn das Statistische Bundesamt einen Anstieg der Grundsicherungsbezieher von 1,7 Prozent (2003) auf 3,2 Prozent (2019) meldet, dürfte sich mancher Politiker der Regierungsparteien beruhigt zurücklehnen, weil scheinbar nur ein relativ kleiner Anteil der älteren Menschen auf eine staatliche Fürsorgeleistung zurückgreifen muss. Verkannt wird dabei die gerade im Rentenalter extrem hohe Dunkelziffer. Nur jeder dritte Anspruchsberechtigte stellt nämlich einen Antrag. Zwei von drei tun es nicht – aus Unkenntnis, Scham, falschem Stolz, vielfach begründeter Angst vor Ämtern oder Furcht vor deren Rückgriff auf das Geld ihrer Kinder. Die ganze Dramatik der Altersarmut wird deutlich, wenn man berücksichtigt, dass es im Dezember 2019 knapp 1,13 Millionen Ruheständler gab, die einen Minijob hatten, darunter fast 200.000 Personen, die 75 Jahre oder älter waren. Viele alte Menschen, die seinerzeit Regale eingeräumt, Büros geputzt oder Zeitungen ausgetragen haben, um über die Runden zu kommen, dürften ihre geringfügige Beschäftigung wegen der Covid-19-Pandemie, des Shutdowns oder der anschließenden Rezession inzwischen verloren haben. Und wenn die Tendenz zur Digitalisierung und Prekarisierung der Arbeitswelt anhält oder aufgrund der Vorteile des Homeoffice für die Unternehmen sogar forciert wird, dürfte die Altersarmut beim Renteneintritt der nächsten Generation einen weiteren Schub bekommen. Selbst so seriöse Daten wie die des Statistischen Bundesamtes vermitteln manchmal ein unvollständiges, wenn nicht schiefes Bild der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Denn die Armut im Alter ist nur ein Teil des Problems der in jeder Generation wachsenden Ungleichheit. So hat Dieter Schwarz, der 80jährige Eigentümer von Lidl und Kaufland, sein Privatvermögen zwischen September 2019 und September 2020 um 300 Millionen Euro auf 41,8 Milliarden Euro gesteigert. Besitzer solcher Ladenketten wurden noch reicher, weil auch mehr Senioren wegen geschlossener Tafeln und steigender Lebensmittelpreise bei Discountern eingekauft haben, um Geld zu sparen.

KOMMENTAR. Profit schafft Armut.Ungleichheit im Alter. Von Christoph Butterwegge. Jungr Weltvom 1. Oktober 2020.

Christoph Butterwegge hat bis 2016 Politikwissenschaft an der Universität zu Köln gelehrt. Kürzlich ist sein Buch »Ungleichheit in der Klassengesellschaft« im Papy­rossa-Verlag erschienen

--Methodios (Diskussion) 19:40, 1. Okt. 2020 (CEST)[Beantworten]

Diskriminierung Ostdeutscher[Bearbeiten]

vgl. Diskriminierung Ostdeutscher


Vom Volk, zumal vom ostdeutschen, weitestgehend unbeachtet, veröffentlichte eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission im Dezember 2020 ihren Abschlussbericht, Titel: »30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit«.

Der Osten tickt anders, und das trotz »blühender Landschaften«. Die heimgeholten Menschen fühlen sich mehrheitlich noch immer als Deutsche zweiter Klasse, sie denken anders, sie wählen anders, und ihre patriotischen Gefühle gegenüber dem mit brachialer Gewalt geeinten Land sind nur rudimentär ausgebildet. Das finden die Herrscher nicht lustig. Sie glauben auch nach 30 Jahren noch an ihre Mär, dass »in den Jahren 2019 und 2020 die Deutschen allen Anlass hatten, sich voller Freude an den großen historischen Umbruch zu erinnern, der drei Jahrzehnte zuvor ein neues Deutschland in einem neuen Europa möglich gemacht hatte. Im Herbst 1989 und den Monaten darauf erkämpften die Bürgerinnen und Bürger der DDR ihre politische Freiheit.« So steht es in dem Bericht. Und weiter unten: »Sie ebneten mit ihrer Entscheidung für den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik den Weg in die Deutsche Einheit.«¹

Kommissionsbildung

Die entfesselte Experten- und Gutachterindustrie muss leisten, was die Politikerkaste nicht mehr vermag. Eine Kommission muss her. Wie nicht anders erwartet, kann und darf dabei Geld, viel Geld, eine Rolle spielen. Im Einsetzungsbericht der Bundesregierung werden unter dem Punkt 4. 2. Haushalt für 2019/2020 65 Millionen Euro sowie zusätzliche Ausgaben für den Betrieb der Geschäftsstelle der Kommission, für Bürgerdialoge, Werbung, Kommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit usw. geplant (vgl. S. 109). Unterstellt, dass sich die Kosten, wie üblich bei geplanten Projekten des Bundes, automatisch und gottgegeben verdoppeln und verdreifachen, könnte der Endpreis des Spaßes locker bei 200 Millionen Euro und mehr liegen.

Unter dem Vorsitz des ehemaligen brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck machte sich die Kommission aus 22 Wissenschaftlern und Politikern an die erneute Umdeutung der Ereignisse der Jahre 1989/90, allerdings nicht zum Selbstzweck: »Wir sind sicher: Kaum ein Land in Europa besitzt so große Potentiale wie Deutschland, die äußeren wie die inneren Stürme des 21. Jahrhunderts zu bestehen. Glücken wird uns die Zukunft, wenn uns auch die nächsten drei Jahrzehnte unserer Einheit gelingen« (Abschlussbericht, S. 9). Was nicht erwähnt wird. Diese »Potentiale« verschaffte sich die Bundesrepublik über sozialen Abstieg und wirtschaftlichen Ruin verbunden mit Depressionen und manifesten Zukunftsängsten bei Hunderttausenden im früheren Gebiet der DDR. Dass da eine Schieflage besteht, ahnen die Autoren dann doch. Um die verpfuschte Einheit ins Lot zu bringen, werden als »Handlungsempfehlungen« Begegnungen zwischen Ost- und Westdeutschen, eine stärkere Präsentation des Ostens in den Medien oder Darstellung von Erfahrungen des Transformationsprozesses ausgegeben. In der Anlage IV »Konzept #gemeinsamfeiern« empfiehlt die Kommission unter dem Modul 4, Punkt »Kulinarisches« »gemeinsam kochen/grillen, Rezepte austauschen« u. a. (vgl. S. 125). Der Autor ist sich an dieser Stelle sicher, dass er nicht wissen will, wie Weißwürste gekocht werden.

In den Anlagen des Berichtes sind wissenschaftliche Studien abgebildet, die sich dem übergeordneten Thema nähern sollen. Der Duktus ist von der Kommission vorgegeben, der Erkenntnisgewinn gering. Bereits der Ansatz für die dilettantischen Erklärungsversuche ist falsch und widerspricht der historischen Wahrheit. Erinnern wir uns: Die Auslöser für die 1989 in der DDR beginnenden Demonstrationen waren die offensichtlich gewordenen Wahlfälschungen im Mai, die Empathie für die Gorbatschowschen Reformen in der UdSSR, die Unzufriedenheit mit der Versorgungslage und anderen innenpolitischen Zwängen. Den Protestierenden ging es auf den Montagsdemos unter dem Slogan »Wir sind das Volk« um Veränderung im Land, um Demokratisierung, Transparenz und Reisefreiheit. Eine Wiedervereinigung war auch später an den einberufenen »Runden Tischen« nicht das Ziel der Kritiker des sozialistischen Staates; ja, sie wurde nicht einmal thematisiert.

Ostkolonisation

Erst nach der Kundgebung auf dem Alexanderplatz am 9. November 1989 wurden die Strategen in der BRD wach und erinnerten sich ihrer schon vergessenen Rollback-Politik. Mitte November notierte der Chef der Öffentlichkeitsarbeit der Bundes-CDU in seinem Heft: »Thema Wiedervereinigung jetzt besetzen!« Ein Aktionsplan wurde mit dem Ziel entworfen, die Meinungsführerschaft zu übernehmen. Die »Qualitätsmedien« sprangen als Multiplikatoren auf den fahrenden Zug auf. Die Bundes-CDU ließ mehrere hunderttausend Plakate und Aufkleber mit dem neu kreierten Spruch »Wir sind ein Volk« drucken und damit ab Januar die DDR flächendeckend zupflastern. Der damalige Berliner CDU-Landeschef Klaus Landowsky erinnert sich später, dass der kampagnenfähige Satz von seiner Partei erfunden und dann zum Motto der »Allianz für Deutschland« gemacht wurde.

Von den Erfolgen ihrer Manipulation eines Teils der DDR-Bevölkerung berauscht, ging die Union zu Wahlkampfauftritten im souveränen sozialistischen Staat über. Als Kohl im Februar in einer Regierungserklärung tönte, dass man für die Menschen in der DDR ein klares Signal der Hoffnung setzen und dazu die BRD ihren stärksten wirtschaftlichen Aktivposten, die D-Mark einsetzen müsse, war das revanchistische Ziel klar. Der neue Slogan »Kommt die D-Mark, bleiben wir – kommt sie nicht, gehen wir zu ihr« ließ die letzte Volkskammerwahl im März 1990 zur Farce werden. Der Todesstoß folgte ein Vierteljahr später: »Zum 1. Juli 1990 wurde die D-Mark in der DDR eingeführt, die Währungsunion der beiden deutschen Staaten vollzogen.« Und: »Die DDR war Teil des Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). Die Mitglieder dieses Wirtschaftsverbunds tauschten im Voraus festgelegte Mengen von Waren. Mit der Einführung der D-Mark mussten ab sofort die Importe der wichtigsten Handelspartner der DDR, die allesamt Mitglieder des RGW waren, mit Devisen bezahlt werden, über die die osteuropäischen Staaten jedoch nicht verfügten. Die östlichen Märkte der DDR brachen schlagartig weg. Damit verschwand die Basis der wirtschaftlichen Souveränität des ostdeutschen Staates. Die Einbeziehung der DDR in den westdeutschen Währungsraum wurde so zum wirtschaftlichen Sachzwang für die politische Einigung.«²

Die »Währungsunion« war mit dem diktierten Zwangsumtausch von Mark der DDR in D-Mark ein Angriff auf die durch ein Arbeitsleben erworbenen Rücklagen und Altersvorsorge der Ostdeutschen. Was der übergriffige Staat übrigließ, holten sich danach die einfallenden Schrottwagenhändler, die kriminellen Anlageberater und Versicherungsfuzzis. Wie für die Philatelisten wird die DDR zum »abgeschlossenen Sammelgebiet«.

Man höre sich indessen an, was die Autoren des Berichts schreiben: »Das Tal der Transformationszeit, das mehrere Generationen von Ostdeutschen nach 1990 zu durchschreiten hatten, war tief. Nur wer sich noch einmal die erschütternden ökonomischen und ökologischen Verhältnisse der späten DDR vor Augen führt, vermag wirklich zu ermessen, wie enorm die Aufbauleistung ist, die in den ostdeutschen Ländern und Kommunen seit 1990 erbracht wurde« (S. 11). Die Ergebnisse des eigenen Raubbaus werden den Ausgeraubten in die Schuhe geschoben und dabei bewusst unterschlagen, dass der soziale und kulturelle Kahlschlag mit dem Systemwechsel und der Unterordnung unter die Profitlogik einherging. Die Autoren des Berichts loben »die vielen liebevoll restaurierten Altstädte« wie im sächsischen Görlitz, verschweigen aber die restlichen, stiefmütterlich behandelten Stadtteile, in denen der Leerstand herrscht und wo kaum noch Menschen von der Armutsrente leben können geschweige denn einen Job haben. Abgesehen vom von der Schließung bedrohten Standort des kanadischen Herstellers Bombardier gibt es in der Region kaum noch Arbeit. Wie dem Arbeitsplatz- und Ausbildungsmangel durch das Credo des Abschlussberichts, »Sozialpartnerschaft stärken«, entgegengewirkt werden kann, bleibt schleierhaft.

Der konservative Politikwissenschaftler Arnulf Baring findet für den Vorgang »deutsche Einheit« den treffenden Begriff »neue Ostkolonisation«. Westdeutschen Politikern und Wirtschaftsfachleuten wurde der Weg in den Osten in kolonialer Weise geebnet, wovon der Begriff »Buschzulage«, mit dem Sonderzahlungen für Beamte aus alten Bundesländern umgangssprachlich bezeichnet wurden, eine deutliche Sprache spricht.³ Mit der deutschen Einheit verbindet die Mehrheit der ehemaligen DDR-Bürger die gemeingefährliche, oft kriminelle Tätigkeit der Treuhandanstalt, die Enteignungen, die politische und juristische Verfolgung und die bis heute andauernde Fremdbestimmung durch eingeflogene »Spitzenkräfte« in Wirtschaft und kommunaler Verwaltung, in Versicherung, Polizei, Justiz und Medien.

Die im Abschlussbericht willkürlich interpretierten Ergebnisse der Kurzbefragung »Deutschland-Monitor«, wonach sich zwei von drei Ostdeutschen dreißig Jahre nach der Einverleibung der DDR als »Menschen zweiter Klasse« (S. 175) behandelt fühlen, werden allerdings nicht etwa auf den vollzogenen Austausch von Führungspersönlichkeiten in Betrieben und Lehreinrichtungen zurückgeführt, sondern darauf, dass dem Osten ein »westdeutscher Vergleichsmaßstab hinsichtlich Wohlstand, Prestige und Leistungsfähigkeit aufgezwungen« wurde, »der zwangsläufig zur Enttäuschung von Erwartungen habe führen müssen« (S. 60). Enttäuscht wurden die Erwartungen jener, die mit der Bundesrepublik Kohls Versprechungen auf den Leim gingen und sich tatsächlich größeren Wohlstand erhofften. Wegzuleugnen sind die handfesten Entlassungswellen und Aberkennungen von Hochschulabschlüssen jedoch nicht. Laut Bericht, soll mit einem »Begabtenförderungsnetzwerk Ostdeutschland« (S. 17) das mit der Einverleibung importierte selektive Bildungssystem der Bundesrepublik greifen und nur jene unterstützen, die sich schulisch am meisten hervortun, deren Karriereförderung also am profitabelsten erscheint.

In Nazitradition

Die Treuhand zerschlug in kürzester Zeit eine komplette Volkswirtschaft und trieb Millionen in die Arbeitslosigkeit. Hunderttausende aus der »Kolonie« mussten sich Arbeit in der »Metropole« suchen. Die Politiker halten auch heute noch an ihrem Märchen fest, dass das Vorgehen damals »alternativlos« gewesen sei, dass man keinen Plan hatte, dass »Fehler unterlaufen seien«. Dabei wurden gar keine Fehler gemacht. Die Pläne lagen lange vor. Bereits in den Jahren 1939–1941 oblag dem Reichskommissar Friedrich Ernst die Verwaltung des »feindlichen Vermögens«, d. h. des beweglichen und unbeweglichen Vermögens der von Hitlerdeutschland überfallenen und okkupierten europäischen Staaten. Nach der Zerschlagung des faschistischen Regimes gingen Akten und Personal nahtlos in den neuen Machtapparat Westdeutschlands über. »Adenauer persönlich war es, der Dr. Ernst 1951 beauftragte, aufgrund seiner vielfältigen Erfahrungen und Verdienste die Vorbereitungen für die Wiedervereinigung Deutschlands in die Hand zu nehmen.«⁴ Am 24. März 1952 konstituierte sich der »Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands« unter dem Vorsitzenden Ernst. Die Planungen liefen im Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (BMB) bis zu dessen Auflösung 1991 weiter.

Den Planern und Machern der »Transformation« war bewusst, was sie da zu tun hatten: eine volkseigene Wirtschaft verhökern, die Generationen Ostdeutscher ohne Marshallplan und trotz einseitiger Reparationszahlungen an die Sowjetunion aus den Trümmern des Zweiten Weltkrieges aufgebaut hatten. Um dem zu erwartenden Unmut vorzubeugen, fabulierten sie im Einigungsvertrag von »Möglichkeiten, dass den Sparern zu einem späteren Zeitpunkt für den bei der Umstellung 2 : 1 reduzierten Betrag ein verbrieftes Anteilsrecht am volkseigenen Vermögen eingeräumt werden kann«. Aber nicht nur die durch die Währungsunion geschädigten Bürger waren Miteigentümer am volkseigenen Vermögen, sondern ohne Unterschied alle Bürgerinnen und Bürger der DDR, mit und ohne Sparguthaben, und zwar, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung bereits vor der Währungsunion berechnet hatte, mit einem Pro-Kopf-Anteil von 40.000 Mark.⁵

Für Politik und Justiz gab der Bundesminister der Justiz, Klaus Kinkel (FDP), auf dem Deutschen Richtertag am 23. September 1991 in Köln mit seiner Forderung die Richtung vor: »Es muss gelingen, das SED-System zu delegitimieren, das bis zum bitteren Ende seine Rechtfertigung aus antifaschistischer Gesinnung, angeblich höheren Werten und behaupteter absoluter Humanität hergeleitet hat, während es unter dem Deckmantel des Marxismus-Leninismus einen Staat aufbaute, der in weiten Bereichen genauso unmenschlich und schrecklich war wie das faschistische Deutschland, das man bekämpfte und – zu Recht – nie mehr wieder erstehen lassen sollte.«⁶ Die Siegerjustiz wurde hochgefahren und lief ein knappes Jahrzehnt heiß. Nach Abschluss der strafrechtlichen Abrechnung der BRD mit der DDR-Geschichte Ende der 90er Jahre fragte niemand, was sie gebracht hat; der Westen hat das Kapitel vollständig ausgeblendet.

Was hat sie gebracht? »Aus den 75.000 Ermittlungsverfahren, von denen ich 1998 ausging, wurden laut Schaefgen (Christoph Schaefgen, zuständig für Verfolgung von »DDR-Unrecht«; jW) – dem Mann, der die meisten von ihnen als Generalstaatsanwalt zu verantworten hatte – über 100.000. Sie hatten zu 1.212 Anklagen und diese zu etwa 300 Verurteilungen geführt.«⁷ Die Erfolgsquote lag somit bei unter 0,3 Prozent – ein beeindruckendes Ergebnis des deutschen Rechtsstaates. Schaefgen hat später den juristischen und politischen Misserfolg, das negative Resultat seiner Anstrengungen zugegeben, als er einräumte, dass die strafrechtliche Vergangenheitsbewältigung »hinter den Erwartungen zurückgeblieben« sei. Über die einem jeden politischen Verfahren objektiv innewohnende Diskriminierung der Betroffenen und ihrer Familien sprach er nicht. »Die Abrechnung mit der DDR geht dennoch weiter. An die Stelle rechtskräftiger Urteile sind einhellige unbewiesene Behauptungen der Medien getreten. Sie haben erreicht, was die Justiz nicht erreichte. Die Stasi-Untaten sind eine ›historische Wahrheit‹, sind ein politisches Dogma. Damit wird zugleich die DDR als ›Unrechtsstaat‹ verdammt und mit ihr auch noch der Sozialismus. Wehe dem, der das Dogma leugnet. Er wird aus der Gemeinschaft der Demokraten exkommuniziert, mit Acht und Bann belegt. Da hört die Meinungsfreiheit auf. Von der Justiz ist nicht mehr die ­Rede.«⁸

Indoktrination Die DDR stand während ihrer 40jährigen Existenz permanent im Fokus aggressiver und antidemokratischer Bestrebungen, den sozialistischen Staat zu diskreditieren, zu stoppen und zu zerschlagen. Das kann man in Zeiten des Kalten Krieges im Rahmen der Systemauseinandersetzung zwischen Ost und West als normal ansehen. Was nach der »kalten Übernahme« jedoch mit den Ostdeutschen gemacht wurde, hat sich tief ins kollektive Bewusstsein eingegraben. Auch dreißig Jahre danach hält der »Sieger der Geschichte« am Kolonialstatus der neuen Länder fest. Allein zum Thema Renten schreibt die sächsische Staatsministerin Petra Köpping (SPD): »Es ist letztlich bitter. Die so erfolgreiche Rentenüberleitung wird überdeckt durch das Gefühl, Rentner zweiter Klasse zu sein und um seine Lebensleistung betrogen zu werden. Doch es gibt noch Hunderttausende anderer Ostdeutsche, die eine zusätzliche Ungerechtigkeit erfahren haben, die an vielen nagt. Seit ich das große Thema der Nachwendezeit in die Öffentlichkeit brachte, begegne ich vielen Rentnern, die durch die Rentenüberleitung von Ost nach West ungerechtfertigt und anscheinend völlig willkürlich Ansprüche verloren haben, die sie im DDR-Rentenrecht gehabt hätten. Es handelt sich um mindestens 17 verschiedene Gruppen mit insgesamt mehreren hunderttausend Menschen, die davon betroffen sind.«⁹

Von allen anderen Ungerechtigkeiten und Diffamierungen einmal abgesehen, wird unverändert an der BRD-Erinnerungsdiktatur festgehalten. Die Aufarbeitungsindustrie verschlingt jährlich Millionen, und selbst das staatliche Bildungswesen bemüht sich unbeeindruckt, den Nachwachsenden das Leiden ihrer Großeltern in der DDR einzuhämmern. Selbst in prominenten Krimiserien des Qualitätsfernsehens saust bei den Ermittlungen zu einem Sexualstraftäter die Stasi-Keule um die Ecke. Die Orgien zum Mauerfall und zur Deutschen Einheit gehen den Ostdeutschen ganz erheblich auf die Nerven; sie wissen, es ist nicht ihr Feiertag. Die dort feiern, sind nicht ihre Repräsentanten, nicht ihre – im engeren Wortsinn – Volksvertreter. Lobhudeleien für eine Handvoll Bürgerbewegter, denen nach der Wende kein Platz an der Sonne zugewiesen werden konnte, legitimiert diese Posse. Die Autorin Jana Hensel bringt es auf den Punkt: »Und wer in so einer Situation keine andere Idee hat, als zu feiern und noch einmal Champagnerflaschen zu öffnen, muss sich als Ignorant bezeichnen und den Vorwurf gefallen lassen: Macht eure Ignoranz nicht alles noch schlimmer? Zumal diese Ignoranz viele Ostdeutsche schon lange beklagen. Als die Torgauer Zeitung 2009 ihre Leser zum 20. Jahrestag des Mauerfalls befragten, ob sie an dieses Datum noch erinnert werden möchten, antworteten schon damals 75 Prozent der Leser mit Nein.«¹⁰

Zurück zum Bericht der Kommission. Unterstellt man den Machern, dass ihr Anliegen ehrenwert sein sollte, muss man doch nach der Rezeption schulterzuckend feststellen: »Thema verfehlt. Setzen. Sechs!« Auf zehn Seiten gibt es bunte Bildchen von FKK an der Ostsee, von rheinländischem Brauchtum, von Gartenzwergen und einem Dackel mit Hundeleibchen; einheitlich versehen mit der Unterzeile »Das ist sooo deutsch«. Es folgen auf 32 Seiten Infografiken und Statistiken, deren Sinn sich nicht so recht erschließen will. Die Knaller sind wissenschaftliche Kurzstudien zum Thema. Ein Zitat muss reichen, die tiefgründigen Forschungen und Erkenntnisgewinne zu dokumentieren: »Das Defizit in bezug auf die Anerkennung als Bürger lässt sich nicht durch einen ausgeprägten Ostfaktor erklären. Vielmehr hängt das Gefühl, Bürger zweiter Klasse zu sein, in erster Linie von mangelnder Bildung, der negativen Einschätzung der eigenen wirtschaftlichen Lage (nicht aber Faktoren der objektiven ökonomischen Lage) und vor allem von einer ausgeprägten Verschwörungsmentalität und mangelndem Vertrauen ab. Wir haben es hier also mit Faktoren zu tun, die eng im Zusammenhang mit der Persönlichkeit und damit den individuellen Sozialisationserfahrungen verknüpft sind und eine Herausforderung für Präventionsmaßnahmen darstellen.«¹¹ Was meinen wohl die Autoren mit »Präventionsmaßnahmen«? Werden Umerziehungslager empfohlen?

Tatsächlich sind die Empfehlungen der Kommission weniger dramatisch und kaum geeignet, den Ist-Zustand der geteilten Gesellschaft grundlegend zu ändern: Zukunftszentren sollen entstehen für Dialog und Begegnung (für das für 2027 geplante Bauwerk hätte man auch den Palast der Republik stehenlassen können), Verfolgte und Opfer der DDR besser gewürdigt werden, eine Selbstverpflichtung für mehr Repräsentation des Ostens u. a. Von einem Abzug der »Wessis« aus den besetzten Gebieten ist nicht die Rede. Zwei wegweisende Vorschläge finden sich im Absatz »Die Symbole der Demokratie leuchten lassen«: »Der 3.Oktober soll stärker als bisher als heiterer Feiertag in allen Teilen Deutschlands gefeiert werden.« Und, um die »Farben der Demokratie« Schwarz-Rot-Gold stärker in den Fokus der Erinnerungspolitik zu stellen: »Wer am 3. Oktober erkennbar die Nationalfarben trägt, soll kostenlos (oder zumindest zu stark reduziertem Tarif) öffentliche Verkehrsmittel benutzen können.« (vgl. S. 23/24)

Im Vorwort des Berichts zitieren die Autoren den bürgerlichen Soziologen und Träger des Walter-Hallstein-Preises (den Namensgeber der »Hallstein-Doktrin«) der Universität Frankfurt am Main, Ralf Dahrendorf: »Der Formalprozess der Verfassungsreform braucht mindestens sechs Monate; ein allgemeines Empfinden, dass die Wirtschaftsreform erfolgreich war und die Dinge auf gutem Wege sind, breitet sich wahrscheinlich erst nach sechs Jahren aus; die dritte Bedingung des Weges in die Freiheit liegt in der Schaffung der sozialen Grundlagen, durch die Verfassung und Volkswirtschaft von Schönwetter- zu Allwetterinstitutionen werden, die äußeren und inneren Stürmen widerstehen können, und sechzig Jahre sind kaum genug, um diese Fundamente zu legen. (1990)«

Die mittelfristige Prognose für das »allgemeine Empfinden« nach sechs Jahren lag schon einmal völlig daneben. Hinsichtlich der langfristigen über einen Zeitraum von 60 Jahren darf man ebenfalls getrost skeptisch bleiben. Die Nachnachgeborenen im Osten der Republik interessieren sich zusehends für das, was gewesen ist. Nicht für »Opa erzählt vom Krieg«, sondern für Oma von ihren guten Jahren in einer besseren Zeit. Es bleibt somit die Hoffnung, dass die Ururenkel einmal dem Spuk ein Ende machen werden.

Anmerkungen

1 vgl. Abschlussbericht »30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit«, S. 10

2 Werner Ruf: Vom Underdog zum Global Player. Köln 2020, S. 31

3 junge Welt, 26.2.2021, S. 10

4 Ralph Hartmann: Die Liquidatoren. Berlin 2008, S. 14/15

5 Ebd. S. 51

6 Friedrich Wolff: Verlorene Prozesse. Berlin 2009, S. 594

7 Ebd. S. 593

8 Ebd. S. 595

9 Petra Köpping: Integriert doch erst mal uns. Berlin 2018, S. 54

10 Jana Hensel: Wie alles anders bleibt. Berlin 2019, S. 63

11 vgl. Abschlussbericht »30 Jahre …«, S. 141

Kommentar:

Ist schon witzig, dass man in dem Zusammenhang immer hinzufügt, dass es eine "friedliche" Revolution war. So ist auch der offizielle Wikipedia-Artikel zum Sachverhalt betitelt, denn Wikipedia-Einträge dieser Bedeutung sind immer system- und regierungskonform geframed, dafür wird schon Sorge getragen.

Ich behaupte das liegt daran, dass man als Bürgerlicher (oder Proponent des bürgerlich-demokratischen Systems) bei "Revolution" eher an schlimmes denkt, also Kommunisten, die die Besitz- und Machtverhältnisse über den Haufen werfen, also worum es bei Revolutionen ja auch gehen sollte. Bei dieser Revolution hingegen (also "Revolution") lief es ja allerdings in Richtung bürgerlicher Interessen, also gute Revolution! Den Sieg über den Sozialismus möchte man begrifflich aber auch auskosten, zumal es ja nicht viele Alternativen gibt, "Umsturz", klänge ja noch schlimmer für bürgerliche Ohren und die Genugtuung über den späten Sieg der Konterrevolution will ja auch zum Ausdruck gebracht werden. Dennoch klingt "Revolution" irgendwie nicht nach guter, bürgerlicher, demokratischer Mitte, sondern hat implizit etwas radikales an sich. Also verknüpft man es mit dem Zusatz "friedlich", um einen Kontrast hinzubekommen, zu all den bösen Revolutionen, die nicht ganz so friedlich ablaufen, weil diejenigen, die haben, sich ihre Privilegien und ihr Eigentum ungern widerstandslos abnehmen lassen.

Vielleicht war das ja auch der Grund für den widerstandslosen Untergang der Deutschen Demokratischen Republik: Dass es dort eben keine Klasse gab, die viel verlieren konnte, also außer den Arbeitern und Angestellten. Und warum die es mit sich haben machen lassen ist ein anderes Thema.

Steffen Bayer: KAPITALISTISCHE LANDNAHME: Störrisches Volk: Vom Vorgang der »deutschen Einheit« haben die Menschen in Ostdeutschland immer noch keine gute Meinung. Ein Regierungsbericht soll es nun richten. in: Junge Welt vom 12. April 2021

--Methodios (Diskussion) 08:21, 14. Apr. 2021 (CEST)[Beantworten]

Abgehängte Ostländer[Bearbeiten]

Zwickau. Die Linke haben 30 Jahre nach der deutschen Einheit eine ernüchternde Bilanz zur Situation auf dem Arbeitsmarkt gezogen. Es sei noch immer ein ostdeutsches Markenzeichen, dass man bei Arbeitsmarktbedingungen und der sozialen Lage nahezu flächendeckend schlechter abschneide als die Regionen im Westen, sagte die Zwickauer Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann am Freitag der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Die Frage nach gleichwertigen Lebensverhältnissen und nach Gleichwertigkeit sei im Empfinden der Menschen im Osten nach wie vor präsent. »Vollzeitbeschäftigte in Ostdeutschland verdienen nach der aktuellen Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit durchschnittlich immer noch 20 Prozent weniger als westdeutsche Vollzeitbeschäftigte. Angesichts dieser deutlichen regionalen Lohnunterschiede kann nicht von gleichwertigen Lebensverhältnissen in Deutschland gesprochen werden«, betonte die Politikerin. Zwar gebe es auch im Westen regionale Disparitäten und Niedriglohnregionen: »Flächendeckend sind Niedriglöhne aber ein Markenzeichen der neuen Bundesländer.« »Das Argument, dass die Lebenshaltungskosten in Niedriglohnregionen geringer seien, ist ein Scheinargument, um den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Im Erzgebirgskreis kostet ein Auto oder der Einkauf im Supermarkt eben nicht die Hälfte weniger als in Hochlohnregionen«, erklärte Zimmermann weiter. Ein wesentlicher Schlüssel für die Angleichung der Löhne sei die Stärkung von Tarifverträgen und die Tarifbindung, die im Osten deutlich schwächer als im Westen ist. Hier sei die Bundesregierung in der Pflicht. Zimmermann machte geltend, dass Einsparungen und Restrukturierungen der Wirtschaft vor allem ostdeutsche Standorte betrafen. »Im Ergebnis muss man feststellen, dass hier die Förder- und Ansiedlungspolitik der Bundesregierung und sächsischen Landesregierung die falschen Anreize gesetzt hat und nicht von Nachhaltigkeit geprägt war. Die hohe Pendlerzahl vom Osten gen Westen ist nach wie vor die Flucht vor Erwerbslosigkeit und Niedriglöhnen.« Die Bundesregierung habe sich offensichtlich mit einem »Sonderarbeitsmarkt« Ost abgefunden. dpa/nd

Linke: Niedriglöhne sind »Markenzeichen« der ostdeutschen Länder. Vollzeitarbeitende verdienen immer noch 20 Prozent weniger als westdeutsche Beschäftigte. ND vom 2. Oktober 2020.

--Methodios (Diskussion) 17:55, 2. Okt. 2020 (CEST)[Beantworten]

UN-Sonderberichterstatter zu extremer Armut und Menschenrechten bis April 2020

"Diese Seuche trifft zum größten Teil die Armen und jene Menschen, die an vorderster Front stehen und die wir nun euphemistisch als 'unentbehrliche Arbeiter' bezeichnen" (zum SPIEGEL). Es handele sich "ganz sicher nicht um eine Krankheit, vor der wir alle gleich sind".

bisherige Hilfsangebote der Industrieländer für von der Pandemie betroffenen armen Regionen: "erbärmlich und herzlos"

Corona-Krise: Ungleichheit ist weltweit ein Risikofaktor

--Methodios (Diskussion) 21:46, 3. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Reale Repression[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Reale Repression

"Dein Feind und Peiniger"[Bearbeiten]

  • Von wegen: "Die Polizei, Dein Freund und Helfer." Dein Feind und Peiniger triffts! (Biggy, Juni 2020)

vgl. Police officer Derek Chauvin kneeling on George Floyd's neck, leading to Floyd's death. Photo auf Commons (on the English-language Wikipedia, hosted on servers in the United States by the non-profit Wikimedia Foundation, qualifies as fair use under United States copyright law. Any other uses of this image, on Wikipedia or elsewhere, may be copyright infringement. See Wikipedia:Non-free content for more information.)

--Methodios (Diskussion) 17:52, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Vorwürfe der rassistischen Gewalt gegen die Polizei Essen Eine schwarze Familie aus Mülheim erhebt im WDR-Magazin „Westpol“ schwere Vorwürfe gegenüber der Polizei Essen. Beim Einkaufen, schildert die 50-Jährige, die in Deutschland lebt und ursprünglich aus Nigeria stammt, sei ihr das Portemonnaie gestohlen worden. Anschließend will sie bei der Polizei in Essen Anzeige erstatten. Dort, berichtet sie, sei sie von den Beamten ausgelacht und rassistisch beleidigt worden. Anschließend hätten ihre Töchter, ebenfalls anwesend, vermitteln wollen. Als die Polizei den Ausweis verlangt und eine Tochter diesen nicht sofort rausgibt, seien alle drei Frauen brutal zu Boden geworfen und geschlagen worden: „Die haben uns behandelt als wären wir Tiere, wir haben uns nicht gewehrt, weil wir dazu sowieso nicht in der Lage waren, weil es einfach zu viele Polizisten waren“, schildert eine Tochter die Situation. Die Mutter erinnert sich: „Ich konnte nicht atmen, ich habe gebetet für mein Leben.“ Mit Verletzungen ins Krankenhaus Als die drei Frauen aus der Wache kommen, hat die Mutter ein blaues Auge, Prellungen am Bein, an den Schultern und am Brustkorb. Dokumentiert ist das auf Fotos sowie in einem Arztbrief des Evangelischen Krankenhauses in Mülheim, welcher Westpol vorliegt. Als Grund für das Verhalten der Polizisten vermuten die Frauen rassistische Motive.

Mathea Schülke, Sebastian Galle und Tobias Dammers: Vorwürfe rassistischer Polizeigewalt auch in NRW WDR vom 7. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 11:29, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Beamte knieten sich so auf den Rücken der Mutter, dass sie nicht mehr atmen konnte und vor Angst um ihr Leben zitterte. Ein Beamter soll gegenüber der Tochter gesagt haben: »Sei froh, dass wir nicht in Amerika sind«. ... Das ist nicht der einzige Vorfall dieser Art. So berichtete Omar Ayoub gegenüber Medien, seine Familie und er seien Ende April Opfer rechtswidriger Polizeigewalt geworden (siehe jW vom 9.5.). Hat die Essener Polizei ein Rassismusproblem? Auch damals hatte die Polizei unverhältnismäßig reagiert. Sie hatte sich Zutritt zur Wohnung verschafft und ebenfalls auf eine ganze Familie eingeprügelt. Auch hier sind die Verletzungen dokumentiert. Ayoub berichtet in einem Video davon, dass die Beamten seiner schwangeren Frau in den Bauch traten.

Rassistisch motivierte Gewalt. »Mutter konnte nicht mehr atmen, zitterte vor Angst«. Essener Polizei soll Familie aus Nigeria attackiert und misshandelt haben. Ein Gespräch mit Christian Baumann. Interview: Markus Bernhardt Junge Welt vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 11:38, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Es folgte eine Widerstandshandlung, die von dem einschreitenden Polizeibeamten unter Verwendung eines Einsatzmehrzweckstockes gebrochen wurde. Daraufhin entfernten sich die Männer in Richtung Hauptbahnhof. Ein 25-Jähriger konnte am Europaplatz angetroffen und nach einer erneuten Widerstandshandlung vorläufig festgenommen werden. Da der Mann über Schmerzen klagte, wurde er mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Nach ambulanter Behandlung konnte der Mann das Krankenhaus wieder verlassen. In beiden Fällen haben die beteiligten Polizeibeamten detaillierte Anzeigen wegen Widerstand und Beleidigung geschrieben. Am Sonntagmittag (8. März) erhielt die Polizei Essen über Twitter erstmalig Kenntnis von den Vorwürfen rassistischer Gewalt durch Polizeibeamte. Das Polizeipräsidium Essen weist jegliche Vorwürfe rassistischer Gewalt zurück. Es liegt der Polizei weder eine offizielle Beschwerde, noch eine Anzeige durch die Beteiligten vor. Dennoch werden die Vorwürfe aus Gründen der Neutralität durch eine andere Ermittlungsbehörde geprüft.

POL-E: Statement des Polizeipräsidiums Essen zu Vorwürfen rassistischer Gewalt durch Polizeibeamte 9. März 2020

--Methodios (Diskussion) 17:51, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Es handelte sich um keine Auseinandersetzung, sondern um einen Angriff der Polizei auf Omar Ayoub und seine Familie. Die Beamten, die an der Haustür angaben, wegen einer gemeldeten Ruhestörung gekommen zu sein, wollten sich unrechtmäßig Zutritt zur Wohnung verschaffen. Als Omar auf seine Rechte hinwies, wurde er brutal attackiert. Sein Vater, seine minderjährige Schwester sowie seine schwangere Frau erfuhren ebenfalls körperliche Gewalt – ganz zu schweigen von den psychischen Folgen für die gesamte Familie. Insbesondere in migrantisch geprägten Stadtteilen Essens wie Altendorf und Altenessen kommt es immer wieder zu Polizeigewalt, die ganz offensichtlich rassistisch motiviert ist. Die eigentliche Frage ist also, warum all diese Vorkommnisse bis heute nicht zum Politikum geworden sind. Die meisten Menschen, die von rassistischer Polizeigewalt betroffen sind, verspüren Ohnmacht. Es kommt in den seltensten Fällen zu Anzeigen oder zur Schaffung einer Öffentlichkeit.

Rassistisch motivierte Gewalt. »Wen sollen wir rufen, wenn Polizisten uns schlagen?« Rassismus: Vorfall in Essen wirft Schlaglicht auf Erfahrungen migrantischer Communities. Ein Gespräch mit Dösen Dernek* Interview: Henning von Stoltzenberg Dösen Dernek (* Pseudonym) ist Aktivistin der »Migrantifa NRW« - Junge Welt vom 9. Mai 2020

--Methodios (Diskussion) 11:49, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

In einem auf Instagram veröffentlichten Video schildert Ayoub, wie die Polizei ihn immer wieder mit dem „Knüppel auf den Rücken“ schlug. Seine schwangere Frau sei auf den „Boden geschubst“ worden und auch die 80-jährige Oma sowie die 16 Jahre alte Schwester seien angegriffen worden. Fotos zeigen die Verletzungen, die der Familie zugefügt wurden. Die Polizisten hätten auch Schimpfwörter wie „Wichser“ und „Hurensohn“ verwendet, während sie ihn „mit tiefstem Hass“ schlugen. Ayoub fragt: „Wen sollen wir rufen, wenn Polizisten uns schlagen?“ Erschießung von Adel B. durch Polizei Bei einem Polizeieinsatz im Juli hatte sich der 32-Jährige Adel B. hinter der Haustür seiner Wohnung in Altendorf versteckt, als er erschossen wurde. Die Polizei behauptete später, der aus Algerien stammende Mann habe ein Messer auf die Beamten gerichtet und die Tötung mit einer Notwehrsituation begründet. Er habe angeblich gedroht, seiner Lebensgefährtin und den Kindern etwas anzutun. Mit dieser Schilderung war die Essener Staatsanwaltschaft konform gegangen. Auch als später ein Video bewies, dass Adel B. unbewaffnet durch eine geschlossene Tür erschossen wurde, bestanden die Polizisten auf eine Notsituation.

Rassistisch motivierte Polizeigewalt in Essen? „Insbesondere in migrantisch geprägten Stadtteilen Essens wie Altendorf und Altenessen kommt es immer wieder zu Polizeigewalt, die ganz offensichtlich rassistisch motiviert ist“, beklagt eine Migrantifa-Aktivistin. TRT deutsch vom 10. Mai 2020

--Methodios (Diskussion) 11:54, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Selten Ermittlungen gegen Polizisten. Professor Tobias Singelnstein vom Lehrstuhl für Kriminologie an der Ruhr-Universität Bochum forscht zu Polizeigewalt. Insgesamt haben über 3.300 Personen an seiner nicht-repräsentativen Studie teilgenommen. Über 70 Prozent der Befragten berichten von körperlichen Verletzungen. In 86 Prozent der berichteten Vorfälle wurde kein Strafverfahren durchgeführt. Singelnstein fasst die Zwischenergebnisse der Studie so zusammen, dass „die Leute das Gefühl hätten, in einem Strafverfahren gegen Beamte mit einer Anzeige keine Chance zu haben“. Außerdem schildert er weitere Eindrücke aus der Befragung: „Staatsanwaltschaften und Polizei arbeiten ja tagtäglich zusammen und arbeiten an vergleichbaren Themen, die spielen praktisch in einem Team.“

Mathea Schülke, Sebastian Galle und Tobias Dammers: Vorwürfe rassistischer Polizeigewalt auch in NRW WDR vom 7. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 11:58, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Erfurt. In der Debatte um Polizeigewalt und Rassismus fordern Opfervertreter mehr Unabhängigkeit auch für die Vertrauensstelle der Thüringer Polizei. Dass sich Menschen, die sich von Polizisten diskriminiert fühlten, oft nicht an die Vertrauensstelle wendeten, sei nicht überraschend, sagte der Projektkoordinator der Beratungsorganisation ezra, Franz Zobel, der Deutschen Presse-Agentur. Die Stelle sei schließlich bei dem für die Sicherheitskräfte zuständigen Innenministerium angesiedelt. Das Gleiche gelte, wenn Betroffene Gewalt durch Polizisten erfahren hätten, berichtete Zobel. Viele hätten Angst, dass sie zum Beispiel Gegenanzeigen erhalten würden, wenn sie sich über das Verhalten von Polizisten bei staatlichen Stellen beschwerten. Die Berater von ezra helfen Menschen, die etwa rassistisch oder antisemitisch motivierte Gewalt erlebt haben.

Für Vertrauensstelle der Thüringer Polizei wird mehr Unabhängigkeit gefordert. Stelle war 2017 geschaffen worden - Debatte um Unabhängigkeit im Zuge der Debatte um Polizeigewalt und Rassismus

--Methodios (Diskussion) 09:46, 17. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Luxemburg. Die Staatsanwaltschaft in Luxemburg ermittelt wegen mutmaßlicher Übergriffe von Ausbildern auf junge Polizisten: Nach drei Strafanzeigen von Polizisten habe man nach gründlicher Prüfung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, teilte ein Sprecher der luxemburgischen Justiz am Freitag mit. Die Anzeigen seien Ende Mai eingegangen und drehten sich um Vorgänge im Jahr 2015. Nach Mitteilung der Polizeigewerkschaft SNPGL wurde den Polizisten beim Training für Spezialeinheiten von Ausbildern in die ungeschützten Genitalien getreten. Zudem seien die Auszubildenden gezwungen worden, sich gegenseitig mit nicht tödlicher, aber durchaus gefährlicher Trainingsmunition auf den nackten Oberkörper zu schießen. Auch hätten junge Polizisten sich nackt ausziehen und durch einen kalten, schlammigen Teich kriechen müssen, während alkoholisierte Ausbilder dies belustigt gefilmt hätten, hieß es in einer Mitteilung.

Luxemburg: Ermittlungen gegen übergriffige Polizeiausbilder Junge Welt vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 06:12, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Gewerkschaft erklärte, die Führung der luxemburgischen Polizei sei seit Anfang 2019 über die Vorkommnisse bei der Ausbildung von Polizisten von Spezialeinheiten informiert gewesen, habe aber bislang nichts gegen die betreffenden Ausbilder unternommen. Erst 2017 hätten sich die Opfer beim Vorgesetzten der Einheit beschwert. Dieser habe dann bis Anfang 2019 gebraucht, um die Polizeiführung des Großherzogtums zu informieren. Im Berufsalltag stünden die Betroffenen nach wie vor den betreffenden Ausbildern gegenüber. Sie seien mittlerweile »erheblichem Druck« ausgesetzt, teilte die SNPGL mit. Die Vorkommnisse seien nach Ansicht der Gewerkschaft mindestens Körperverletzung, möglicherweise sogar Folter. Ein Sprecher sprach von »erniedrigenden, herabwürdigenden, demütigenden, sadistischen und sexuell motivierten Handlungen«.

Luxemburg: Ermittlungen gegen übergriffige Polizeiausbilder Junge Welt vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 06:26, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen mutmaßlicher Gewaltvorfälle in Polizei-Lehrgängen eingeleitet. Die Führung der Polizei wurde erst spät über die Vorfälle in Kenntnis gesetzt. Die Staatsanwaltschaft in Luxemburg ermittelt wegen mutmaßlicher Übergriffe von Ausbildern auf junge Polizisten: Nach drei Strafanzeigen von Polizisten habe man nach gründlicher Prüfung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, teilte ein Sprecher der luxemburgischen Justiz am Freitag der Nachrichtenagentur mit. Die Anzeigen seien Ende Mai eingegangen und drehten sich um angebliche Vorgänge im Jahr 2015. Nach Mitteilung der Polizeigewerkschaft SNPGL wurde den Polizisten beim Training für Spezialeinheiten von Ausbildern in die ungeschützten Genitalien getreten. Zudem seien die Auszubildenden gezwungen worden, sich gegenseitig mit nicht tödlicher, aber durchaus gefährlicher Trainingsmunition auf den nackten Oberkörper zu schießen. Zudem hätten junge Polizisten sich auch nackt ausziehen und durch einen kalten schlammigen Teich kriechen müssen, während alkoholisierte Ausbilder dieses Spektakel belustigt gefilmt hätten, hieß es in einer Mitteilung.

Luxemburg: Justiz ermittelt gegen Polizei-Ausbilder Luxemburger Wort vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 07:00, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Gewerkschaft erklärte, die Führung der luxemburgischen Polizei sei seit Anfang 2019 über die Vorkommnisse bei der Ausbildung von Polizisten von Spezialeinheiten informiert gewesen, habe aber bislang nichts gegen die betreffenden Ausbilder unternommen. Erst 2017 hätten die Opfer dieser Ausbildung sich beim Vorgesetzten der Einheit beschwert. Dieser habe dann bis Anfang 2019 gebraucht, um die Polizeiführung des Großherzogtums zu informieren. Im Berufsalltag stünden die Opfer der Ausbildung nach wie vor den betreffenden Ausbildern gegenüber. Sie seien mittlerweile „erheblichem Druck“ ausgesetzt, teilte die SNPGL mit. Die Vorkommnisse bei der Ausbildung seien „gänzlich inakzeptabel“ und nach Ansicht der Gewerkschaft mindestens Körperverletzung, möglicherweise sogar Folter. Ein Sprecher sprach von „erniedrigenden, herabwürdigenden, demütigenden, sadistischen und sexuell motivierten Handlungen“.

Luxemburg: Justiz ermittelt gegen Polizei-Ausbilder Luxemburger Wort vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 07:03, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Staatsanwaltschaft in Luxemburg ermittelt wegen mutmaßlicher Übergriffe von Ausbildern auf junge Polizisten: Nach Angaben eines Sprechers habe man nach drei Strafanzeigen von Polizisten und gründlicher Prüfung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Anzeigen seien Ende Mai eingegangen und beträfen angebliche Vorgänge im Jahr 2015. Nach Mitteilung der Polizeigewerkschaft SNPGL wurde den Polizisten beim Training für Spezialeinheiten von Ausbildern in die ungeschützten Genitalien getreten. Zudem seien die Auszubildenden gezwungen worden, sich gegenseitig mit nicht tödlicher, aber durchaus gefährlicher Trainingsmunition auf den nackten Oberkörper zu schießen. Die Gewerkschaft erklärte, die Führung der luxemburgischen Polizei sei seit Anfang 2019 über die Vorkommnisse bei der Ausbildung von Polizisten von Spezialeinheiten informiert gewesen, habe aber bislang nichts gegen die betreffenden Ausbilder unternommen.

LUXEMBURG. Ermittlungen wegen Übergriffen auf Polizisten SWR-aktuell vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 07:08, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Mit berechenbarer Regelmäßigkeit wird ein angeblicher »Generalverdacht« gegen die Polizei behauptet. Dabei ist auffällig, dass dieser vermeintliche Verdacht immer dann ins Feld geführt wird, wenn Skandale aus der Polizei bekannt werden. Die empörte Behauptung, es handele sich um einen Generalverdacht, hat dabei vor allem eine Funktion: von der Kritik und den kritisierten Missständen abzulenken, die Reihen zu schließen und so keine Angriffsfläche zu bieten. Dafür gibt es einen Begriff: Korpsgeist. Dieser Korpsgeist ist im Polizeidienst schon problematisch genug. Er verhindert Transparenz und Veränderung und sorgt dafür, dass diejenigen, die ihm trotzen und Probleme benennen, unter Druck gesetzt und zu Nestbeschmutzern gemacht werden. Diese Kultur ermöglicht rechte Netzwerke wie Nordkreuz oder die Bedrohungen gegen die Anwältin Seda Başay-Yıldız.

Problematischer Korpsgeist. Einen Generalverdacht gegen deutsche Polizeibeamte gibt es nicht, meint Martina Renner Von Martina Renner. ND vom 23. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 17:02, 25. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Mindestens genau so problematisch ist, dass sich große Teile von Medien und Politik von diesem Korpsgeist vereinnahmen lassen. Heimatminister Horst Seehofer (CSU) ließ über die »Bild«-Zeitung verkünden, er prüfe eine Anzeige gegen Hengameh Yaghoobifarah, der_die in einer satirischen Kolumne in der »tageszeitung« über die Frage schrieb, wie eine Gesellschaft aussähe, in der zwar die Polizei, aber nicht der Kapitalismus abgeschafft sei. Wenige Tage vorher teilte Seehofer als Reaktion auf das neue Berliner Antidiskriminierungsgesetz mit, das die Position von Betroffenen behördlicher Diskriminierung verbessern soll, keine Bundespolizist_innen mehr nach Berlin schicken zu wollen: »Ich kann meine Beamten nicht dieser Diskriminierung aussetzen.«

Problematischer Korpsgeist. Einen Generalverdacht gegen deutsche Polizeibeamte gibt es nicht, meint Martina Renner Von Martina Renner. ND vom 23. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 17:03, 25. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Es ist auch Ausdruck dieses Korpsgeistes, dass zwar parteiübergreifend die Auseinandersetzungen mit der Polizei in Stuttgart in den schärfsten Tönen verurteilt werden, die Möglichkeit, dass diese durch unverhältnismäßige, vielleicht sogar rassistische polizeiliche Maßnahmen ausgelöst wurden, jedoch kaum öffentlich diskutiert wird. Dabei gerät ebenfalls aus dem Blick, dass kritische Distanz zur Exekutivgewalt für Abgeordnete nicht nur möglich sein sollte, sondern sogar zu den Aufgaben des Parlaments gehört. Und schließlich wirkt der Korpsgeist auch dort, wo er eigentlich kritisiert werden sollte: in der linksliberalen Presse, hier die tageszeitung, die im Format einer »innerredaktionellen Debatte« sehr öffentlich den rechten Shitstorm gegen Yaghoobifarah verstärkt hat.

Problematischer Korpsgeist. Einen Generalverdacht gegen deutsche Polizeibeamte gibt es nicht, meint Martina Renner Von Martina Renner. ND vom 23. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 17:05, 25. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

All das ist Teil einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse nach rechts. Nicht eine menschenverachtende Kolumne der hinlänglich bekannten Autoren, in denen Frauen, Marginalisierte oder von Rassismus Betroffene angegriffen wurden, hat den Innenminister auf den Plan gerufen oder hatte ähnlich starken Druck auf das entsprechende Medium zur Folge. Geschweige denn hatte sie dazu geführt, dass es in den jeweiligen Medien eine »innerredaktionelle Debatte« gegeben hätte. Der Korpsgeist ist politisch bestimmbar. Er ist - unabhängig von den Leuten, die ihn ausüben - weiß, männlich und rechts. Er richtet sich gegen Linke, People of Colour, Schwarze Menschen oder Geflüchtete. Und er verdrängt, worüber wir eigentlich sprechen sollten: über rassistische Polizeigewalt, racial profiling und die Todesumstände von Oury Jalloh oder Amad A. Dringend sollten wir auf Grundlage einer externen wissenschaftlichen Untersuchung über politische Einstellungen in Polizei und Bundeswehr reden - gerade diejenigen, die stets einen Generalverdacht gegen die Polizei wittern, sollten daran ein Interesse haben.

Problematischer Korpsgeist. Einen Generalverdacht gegen deutsche Polizeibeamte gibt es nicht, meint Martina Renner Von Martina Renner. ND vom 23. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 17:06, 25. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Wir sollten über rechte Netzwerke in diesen Behörden sprechen, darüber, dass wir unabhängige Beschwerdestellen brauchen und darüber, dass Geheimdienste wie der Militärische Abschirmdienst und das Bundesamt für Verfassungsschutz immer wieder Teil des Problems sind und nicht Teil der Lösung. Und schließlich sollten wir mehr von den Menschen hören, deren Alltag von rassistischen Personenkontrollen bestimmt ist und die wirklich wissen, was es bedeutet, von einem Generalverdacht betroffen zu sein.

Problematischer Korpsgeist. Einen Generalverdacht gegen deutsche Polizeibeamte gibt es nicht, meint Martina Renner Von Martina Renner. ND vom 23. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 17:08, 25. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Neben Drohmails und rechtsradikalen Chatgruppen ist ein weiterer Skandal in der hessischen Polizei bekanntgeworden. Ein Polizist aus Bischofsheim hatte intern über das Verteilen von Hehlerware unter Beamten Meldung gemacht. Belohnt wurde er mit Strafanzeige, Disziplinarverfahren und Versetzung. Wie ließen sich Rassismus, rechte Netzwerke und Kriminalität in den Reihen der Polizei wirksam bekämpfen?

Wie in anderen Gesellschaftsbereichen brauchen wir bei der Polizei eine Kultur des Hinschauens und der Transparenz, keine des Wegsehens und Schweigens.

»Sie müssten abseits vom Dienstweg gemeldet werden«. Hessen: Polizist für Hinweise auf Missstände abgestraft. Kritik an Umsetzung von EU-Richtline. Ein Gespräch mit Kosmas Zittel. Von Gitta Düperthal. Junge Welt vom 14. August 2020

Korpsgeist bei der Polizei

--Methodios (Diskussion) 10:38, 14. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Wie die Bundespolizei heute mitteilt, hat sie am Sonntagmittag Ermittlungen gegen einen 34-jährigen Deutschen eingeleitet.

Gegen 12.30 Uhr hatten sie den Mann im Bahnhof Dresden Neustadt ohne die vorgeschriebene Mund-Nasen-Bedeckung gesehen. Die Beamten wiesen ihn darauf hin. Der Mann antwortete mit einer Beleidigung: „Ich muss gar nichts, du Kasper!“

Die Beamten forderten den Mann mehrfach auf stehen zu bleiben, er sollte sich ausweisen. Die Aufforderungen ignorierte er und ging in Richtung Bahnhofsvorplatz. Dort stiegen er, eine Frau und drei kleine Kinder, in einen geparkten VW Golf.

Auch hier scheiterte die Kommunikation der Bundespolizisten. Die mehrmaligen Aufforderungen das Fahrzeug zu verlassen, ignorierte der Mann. Stattdessen versuchte er aus der Parklücke auszuparken, wobei er den Motor aufheulen ließ. Dabei berührte er zwei Beamte im Knie- und Schienbeinbereich. Die Beamten wurden leicht verletzt, sind aber weiter dienstfähig.

Beleidigung, Nötigung und Körperverletzung

Den Bundespolizisten gelang es, die Weiterfahrt zu verhindern. Da sich der 34-Jährige aktiv geweigert und widersetzt hatte, wendeten die Beamten unmittelbaren Zwang an und fesselten den Mann. In Folge des Handgemenges wurde der Dresdner an Nase und Lippe verletzt. Währenddessen schrien der Mann und die Frau lautstark herum und beleidigten die Polizisten erneut.

Die Bundespolizei Dresden hat Ermittlungen wegen des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung eingeleitet.

Maskenverweigerer rastet aus Neustadtgeflüster vom 3. Mai 2021

--Methodios (Diskussion) 07:51, 4. Mai 2021 (CEST)[Beantworten]

Racial Profiling[Bearbeiten]

Wie groß ist das Problem von Diskriminierung durch die Polizei und Racial Profiling in Deutschland? Die Datenlage dazu ist schwammig. Ein aktueller Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz empfiehlt den Polizeibehörden des Bundes und der Bundesländer sogar, eine Studie zum Racial Profiling in Auftrag zu geben, „um diese Form des institutionalisierten Rassismus zu beenden.“ In einer aktuellen Anfrage der Linksfraktion zu „Racial Profiling“ gibt die Bundesregierung für das Jahr 2019 an, dass 51 Beschwerden zu anlasslosen Kontrollen der Bundespolizei vorliegen. Vier Beschwerden stufen die Behörden als begründet und eine als teilweise begründet ein. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kommt in ihrem letzten Jahresbericht zu dem Ergebnis, dass „Racial Profiling“ das häufigste Diskriminierungsmuster bei Polizei und Justiz ist. Mehr als drei Viertel der Beratungsstellen beraten regelmäßig zu als diskriminierend empfundenen Polizeikontrollen, „die allein bei nichtdeutsch bzw. migrantisch eingeordneten Personen vorgenommen würden“. Eine repräsentative Studie der „European Union Agency For Fundamental Rights“ aus dem Jahr 2017 zeigt: 14 Prozent der schwarzen Menschen in Deutschland haben in den vorangegangenen fünf Jahren Racial Profiling erlebt.

Mathea Schülke, Sebastian Galle und Tobias Dammers: Vorwürfe rassistischer Polizeigewalt auch in NRW WDR vom 7. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 12:02, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Bundesregierung plant eine wissenschaftliche Untersuchung zu möglichen rassistischen Tendenzen in der Polizei. Die Bundesministerien für Inneres und Justiz seien "derzeit in der konzeptionellen Entwicklung für eine Studie zu Racial Profiling in der Polizei", sagte ein Sprecher des Innenressorts der Welt. Das Studien-Design stehe im Einzelnen noch nicht fest. Als Racial Profiling wird das Handeln von Polizei, Sicherheits- oder auch Einwanderungsbehörden bezeichnet, wenn dieses auf Kriterien wie dem physischen Erscheinungsbild basiert, also etwa Hautfarbe oder Gesichtszügen, sowie auf ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder nationaler Herkunft. Das Grundgesetz verbietet solche Benachteiligungen oder Diskriminierungen in jeglicher Form.

Racial Profiling. Bundesregierung lässt möglichen Rassismus bei Polizei untersuchen. Gibt es rassistische Tendenzen bei der deutschen Polizei? Das Bundesinnenministerium will zu dieser Frage eine Studie in Auftrag geben. Bislang kenne man nur Einzelfälle. Die Zeit vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 20:14, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Corona-Gewinnler[Bearbeiten]

der Marke Kriegsgewinnler/Krisengewinn(l)er

durch Corona wird die Ungleichheit steigen

  • mehr schlecht bezahlte, instabile Arbeitsverhältnisse

die Kluft zwischen arm und reich wird durch Lobbyismus (auch roten und grünen) immer weiter verschärft - der Gini-Koeffizient steigt weiter

  • --> das vorgebliche (Anti-)Corona-Konjunkturpaket vergrößert die Anfälligkeit gegen Pandemien, weil es nur die alten Begehrlichkeiten und Muster bedient

--Methodios (Diskussion) 07:21, 4. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Ulrich Schneider: Durch konsequentes politisches Handeln solle mehr Lebensqualität für alle geschaffen werden, statt einfach nur irgendwie die Konjunktur anzukurbeln, dabei den CO2-Verbrauch zu steigern und die soziale Spaltung noch zu vertiefen. Konjunkturprogramm in ökologisch und sozial. Paritätischer Wohlfahrtsverband, Verdi und Fridays for Future stellen gemeinsame Kriterien vor. ND vom 3. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 07:56, 5. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Dem Konjunkturpaket fehlt die soziale Komponente. Tontechnikerinnen, Künstlerinnen, Musiker – all die Solo-Selbstständigen haben nichts davon. Betriebskostenzuschüsse helfen ihnen ja nicht, sie brauchen eine Existenzsicherung, eine Art Kurzarbeitergeld. Auch diejenigen, die in Armut leben, werden nicht bedacht. Die Hartz IV-Sätze müssen angehoben werden, das war schon vor der Coronakrise ersichtlich. Diese Punkte lässt die Große Koalition offen. Robert Habeck im Spiegel-Interview (4. Juni 2020)

--Methodios (Diskussion) 20:51, 4. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Für Erwerbslose und Niedriglöhner hat die Regierung nichts übrig. Keinen Coronabonus, kein höherer Mindestlohn, keine staatlichen Konsumgutscheine, nichts. Einzig einen einmaligen Zuschlag pro Kind im Wert von 300 Euro soll es geben. Mit solchen Kleckerbeträgen wird die Konjunktur nicht angekurbelt. Dass Millionäre unbeschadet durch die Krise kommen, ist selbstverständlich. Vermögensabgabe und Reichensteuer sind Fremdwörter für die Kanzlerin. Der Ausbau des Niedriglohnsektors wird vorangetrieben. Er sichert den Standortvorteil für das auf den Export fixierte deutsche Wirtschaftsmodell. Back to business. Zurück zum Geschäft. Regierung beschließt Konjunkturpaket Junge Welt vom 5. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 21:17, 4. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Für Millionen Bezieher von Grundsicherungsleistungen, die nicht mit Kindern zusammenleben, wird überhaupt nichts getan: alte Menschen, allein lebende Menschen oder Paare ohne Kinder. Die coronabedingten Kostensteigerungen für die Armen, die geschlossenen »Tafeln«, werden mit keinem Cent berücksichtigt. Es bleibt unbegreiflich, warum bei 130 Milliarden Euro so viele Arme völlig unberücksichtigt bleiben. Krisenpolitik in der BRD. Viele nicht im Blick. Konjunkturprogramm lässt Fragen offen. Kostensteigerung für Arme unberücksichtigt. Junge Welt vom 5. Juni 2020 (Gastkommentar von Ulrich Schneider)

--Methodios (Diskussion) 21:24, 4. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

vgl. auch:

https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/379622.pandemie-trifft-wohnungslose-schwer-flaschensammeln-oder-betteln-brachte-kaum-geld.html

--Methodios (Diskussion) 21:27, 4. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Der enorme Ausfall von Staatseinnahmen wird den Spielraum der staatlichen Konfliktregulierung in den Bereichen des Sozialen und Politischen schon mittelfristig deutlich einengen. Denn die verstärkten staatlichen Interventionen sind kein Ende des Neoliberalismus. Mehr Arbeitslosigkeit, Armut, soziale Unsicherheiten und soziale Ungleichheit sowie dagegen gerichtete Abwehr- und Verteilungskämpfe sind voraussehbar. Postionen der Linkspartei. Linkes Wunschdenken. Aus der Führungsriege der Partei Die Linke stammt ein Papier mit dem Titel »Für eine solidarische Zukunft nach Corona«. Darin zeigt sich eine oberflächliche Krisenanalyse und erstaunliche Regierungsversessenheit. Junge Welt vom 2. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 21:38, 4. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Dietmar Bartsch: »Zu wenig für Bildung. Zu wenig in Zukunft. Viel Lobbyismus. Das Leben wird für die Bürger weder sozial noch wirtschaftlich sicherer.« »Besser als befürchtet«. Im Konjunkturpaket der Großen Koalition finden auch Kritiker wie die Linke gute Ansätze. ND vom 4. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 06:18, 5. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Bundesländer haben in der Pandemie während des Lockdowns mehr oder weniger konstruktive und sinnvolle Soforthilfen für die freie Kulturszene und die vielen Künstler*innen, Musiker*innen und Kulturarbeiter*innen zur Verfügung gestellt. Allen voran der Berliner Kultursenator mit dem weitestgehenden Programm aller Länder: Einer Art bedingungsloser Grundsicherung in Höhe von 5000 Euro, während das ungleich reichere Bayern maximal 3000 Euro zur Verfügung stellte, und das auch nur unter zum Teil wirklichkeitsfremden Bedingungen. Wie eine Neutronenbombe. Für Kunst und Kultur bleibt im »Konjunkturpaket« der Bundesregierung weniger als ein Prozent ND vom 4. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 06:46, 5. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Das Fazit zum Stand der Grundrechte fiel eher ernüchternd aus. »Wir sehen einen starken Trend zur Überwachung, zur Ausweitung der Befugnisse von Sicherheitsbehörden sowie einen Anstieg von institutionellem Rassismus«, so Michèle Winkler vom Grundrechtekomitee. Auch die Schere zwischen Arm und Reich öffne sich weiter. Zivilgesellschaftliches Engagement gegen solche und andere Missstände sei im vergangenen Jahr jedoch »wieder allzu oft erschwert« worden, resümieren die Autoren. Zum Ausgleich verpflichtet. Grundrechtereport kritisiert Missstände auf Wohnungsmarkt und im Gesundheitswesen ND vom 2. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 08:14, 5. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die vermeintlichen Bundeshilfen für Soloselbstständige sind bekanntlich keine, sie dienen nur der Finanzierung von Betriebskosten - dummerweise müssen Kulturschaffende aber nicht nur Betriebskosten finanzieren, sondern müssen auch von etwas leben. Monika Grütters ist so etwas wie die Neutronenbombe der deutschen Kulturpolitik - sie finanziert die Gebäude und Institutionen der etablierten Kultur, und darunter bevorzugt die teuren Leuchtturmprojekte. Die Menschen jedoch, also all die Kulturschaffenden, die für die Lebendigkeit und die Vielfalt der Kultur einstehen, werden die Corona-Ära kaum überleben - sie drohen, zum Kollateralschaden der bundesdeutschen Kulturpolitik zu werden. Da geht es ihnen wie den Pflegekräften, die im »Maßnahmenpaket« der Bundesregierung auch nicht vorkommen. Sie alle müssen zusehen, wie sie sich künftig vom Töpfeschlagen auf den Balkonen und von warmen Worten der Kanzlerin, des Finanzministers und der Staatsministerin für Kultur ernähren können. Wie eine Neutronenbombe. Für Kunst und Kultur bleibt im »Konjunkturpaket« der Bundesregierung weniger als ein Prozent ND vom 4. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 06:34, 10. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Mit 130 Milliarden Euro für 57 Einzelmaßnahmen hat die Bundesregierung das größte Konjunkturpaket in der Geschichte der BRD aufgelegt. Die Ausrichtung der Maßnahmen legt die klare Priorität auf das Stützen der Wirtschaft. Das war auch das Ziel der sogenannten Rettungspakete der Pandemie. Die Werktätigen zahlen die Lasten durch Lohneinbußen, sei es durch Jobverlust, Kurzarbeit oder andere krisenbedingte Lohnersatzleistungen. Konzerne werden gestützt, während gleichzeitig Dividenden an Aktionäre gezahlt werden. Die zeitliche Gestaltung des Konjunkturprogramms sieht kurzfristige Maßnahmen wie den Kinderbonus oder die Umsatzsteuersenkung vor, die den Verdacht aufkommen lassen, dass damit bis zur Bundestagswahl (im September 2021, jW) eine Massenstimmung zugunsten der Koalitionsparteien aufrechterhalten werden soll. Erst mit den Haushaltsplanungen im kommenden Jahr wird es um die Verteilung der Finanzierungslasten gehen, die eine neue Bundesregierung beschließen muss. Schon jetzt melden die Kapitalverbände ihre Ansprüche an. Stichworte sind die Forderungen nach Senkung des Mindestlohns, Kürzung der Sozialausgaben oder Steuersenkungen für Unternehmen. Die erhoffte Wirkung der als »Herzstück« des Konjunkturpaketes bezeichneten befristeten Absenkung der Umsatzsteuer auf 16 bzw. fünf Prozent ist mehr als fraglich. Das machen die Appelle der Koalition mit der Aufforderung an die Unternehmen deutlich, die Preissenkungen an die Verbraucher weiterzugeben. Appelle und Freiwilligkeit funktionieren in einer auf Profitmaximierung ausgerichteten Wirtschaft nicht. Die realen Wirkungen für die Werktätigen sind zudem kaum zu spüren.

Abgeschrieben: »Gemeinsamer Kampf gegen Krisenlasten«. In einer Stellungnahme der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) vom Mittwoch zum Konjunkturpaket der Bundesregierung heißt es: Junge Welt vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 17:39, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Bundesregierung stellt zehn Milliarden Euro bereit, um »Rüstungsprojekte mit hohem deutschen Wertschöpfungspotential« in diesem und nächsten Jahr vorziehen. Allein der Umstand, dass Rüstungsprojekte Bestandteil des Programms sind, ist Grund genug, Protest zu organisieren. Der Posten gehört zu den vier größten Maßnahmen des Konjunkturpakets, die 50 Prozent des Gesamtvolumens ausmachen. Unabhängig davon steht die angekündigte Finanzierung von Kampf- und Atombombern für die Bundeswehr. Einzig die Auszahlung des Kinderbonus von 300 Euro für jedes kindergeldberechtigte Kind, deren Verrechnung mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag und Nichtanrechnung auf Grundsicherungsregeln stellt sicher, dass einkommensschwache Familien real etwas erhalten. Das ist aber völlig unzureichend, und kinderlose Bedürftige sind ausgenommen. Die Tendenz des Konjunkturpaketes ist damit insgesamt deutlich: Die Lasten der Wirtschaftskrise und dessen Katalysator, der Coronapandemie, tragen die Werktätigen. Aufgrund der derzeitigen Kräfteverhältnisse könnte der Satz »Sparen, bis es quietscht« eine verharmlosende Umschreibung der drohenden Sparmaßnahmen werden. (…) Es gilt jetzt, den Widerstand gegen die Sparmaßnahmen zu organisieren. Hierbei kommt den Gewerkschaften im Deutschen Gewerkschaftsbund eine zentrale Rolle zu. Es muss gelingen, die Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung in einen gemeinsamen Kampf gegen die Krisenlasten und zur Änderung der Verteilungsverhältnisse zu führen.

Abgeschrieben: »Gemeinsamer Kampf gegen Krisenlasten«. In einer Stellungnahme der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) vom Mittwoch zum Konjunkturpaket der Bundesregierung heißt es: Junge Welt vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 17:41, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Kürzlich hat Robert Habeck, tatsächlich progressiver Gedanken eigentlich unverdächtig, einen irritierenden Vorschlag gemacht. Er sprach davon, nach der Coronakrise „Räte zu gründen, in denen zufällig geloste Bürgerinnen und Bürger das Erlebte diskutieren, über Konsequenzen für die Zeit danach beraten und gesellschaftliche Schlüsse daraus ziehen.“ Das ist zwar einmal mehr halbgar, weil die Räte:innen und die gelosten Bürger:innen nichts entscheiden dürften. Und dennoch bringt Habeck zwei Begriffe ins Spiel, die zumindest radikal klingen: Rät:innen und das Losverfahren. Nur wenige Jahre zurück hätte der Grünen-Chef damit rechnen müssen, für solche Vorschläge schlicht ausgelacht zu werden. In Seminaren zur politischen Theorie ist beides nicht unbekannt. Das eine, die Rät:innen, gelten oft als radikal, weil gebunden an die kommunistische Revolution. Das andere, das Losverfahren, hat eher den Status eines theoretischen Gedankenspiels. Schon bei den alten Griechen, denen wir bekanntlich die Idee einer Herrschaft der vielen verdanken, war das Los Praxis: An bestimmten Positionen scheint es sinnvoll, Menschen nicht per Wahl, sondern per Zufall in Amt und Würden zu hieven – das reduziert Korruption und den Einfluss von Lobbygruppen.

Corona: Politik als Wille und Vorstellung. Erzählungen einer neuen Welt. Von Robert Feustel. Vom 7. Mai 2020.

--Methodios (Diskussion) 09:27, 26. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Zwar hat Habeck keine ernsthafte Debatte zu einem Umbau demokratischer Institutionen angestoßen. Aber seit die Coronakrise alle gesellschaftlichen Bereiche fest im Griff hat, scheint es immerhin statthaft, auch radikalere oder zumindest radikaler klingende Ideen einzuspeisen. Ganz offensichtlich hat sich das Feld des Politischen geöffnet, vieles ist denkbar. Der Unsinn einer unsichtbaren Hand wird sichtbar, der Trumpismus scheitert am Wirklichen und viel mehr Leute als zuvor ahnen zumindest, dass eine ganz andere Politik nötig und vielleicht sogar möglich ist. Nach der medizinischen Krise wird viel, wenn nicht alles davon abhängen, wie mit den Schulden, die mit den Corona-Hilfspaketen auflaufen, mittelfristig umgegangen wird. Im Groben gibt es zwei Wege: Entweder die Ideologie des Neoliberalismus, die Dominanz des Marktes vor den Menschen und der angeblichen Vorzüge von Privatisierung und sozialstaatlicher Entsicherung bleiben hegemonial. Für diesen Fall wird sich das, was Jacques Rancière eine Herrschaft des Reichtums (die Oligarchie) umhüllt von einer Scheindemokratie nannte, noch verschärfen. Wir werden – besonders in den USA, aber auch hier – einen entfesselten Klassenkrieg der Reichen gegen die Armen erleben. All jene, die aktuell hoffen, dass wir früher oder später zu einer alten Normalität zurückkehren, würden diese robusten Verschärfungen in Kauf nehmen und – ganz in Stile eines Friedrich Merz – als Freiheit verkaufen. Wenn also weiterhin Schulden verstaatlicht und Gewinne privatisiert werden, läuft es zwangsläufig auf die brutale Herrschaft des Reichtums hinaus, weil die Dimension der Schulden einen brutalen Raubzug erzwingen würde. Das, was selbst der Hardcore-Ökonom Warren Buffet schon vor einer Weile mit Sorge beschrieb, wird auch hierzulande nicht mehr zu übersehen sein: „There’s class warfare, all right, but it’s my class, the rich class, that’s making war, and we’re winning.“

Corona: Politik als Wille und Vorstellung. Erzählungen einer neuen Welt. Von Robert Feustel. Vom 7. Mai 2020.

--Methodios (Diskussion) 09:30, 26. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Oder eine Art kleiner sozialer Revolution ereignet sich. Bei dieser geht es längst nicht um die Überwindung des Kapitalismus oder ähnlich hochtrabende Überlegungen. Vielmehr stünde eine Wiederauferstehung der Sozialdemokratie an, die diesen Namen verdient – getragen von einer Umverteilung größeren Ausmaßes, mit der sich die Folgen der Krise ziemlich lässig bezahlen ließen. Vermögens- und Gewerbesteuer, der Spitzensteuersatz, Verstaatlichung des Gesundheitswesens etc., die Liste der Maßnahmen ist bekannt. Es ginge nicht darum, den sogenannten freien Markt abzuschaffen, sondern nur darum, die üblen Exzesse eben dieses Marktes rechtlich einzuhegen und mit Umverteilung und sozialer Absicherung den ach so lang erhofften sozialen Frieden herzustellen. Dafür allerdings ist es unerlässlich, dass sich eine neue Erzählung auf den Weg macht, eine Erzählung, die aus Corona gelernt hat. Die mithilfe von Corona das hat transportieren können, was in kritischen Kreisen schon länger klar war: Markt und Wirtschaft dienen dem Leben der Menschen und nicht umgekehrt. Diese Erzählung hat mit Bernie Sanders in den USA einige Anhänger:innen, vor allem junge Leute. Vielleicht ist es sogar eine Bewegung. Sie heißt nicht zufällig progressive movement. Damit jedoch Erzählungen einer besseren, gerechteren Welt Raum greifen und Einfluss ausüben können, müssen sie wachsen, erzählt und wieder erzählt werden. Sie müssen sich auf den Weg machen, hegemonial zu werden, eine Deutung anzubieten, die nicht nur als Traum verspulter Linker und Utopist:innen gilt. Viele Menschen müssen glauben, dass es möglich ist.

Corona: Politik als Wille und Vorstellung. Erzählungen einer neuen Welt. Von Robert Feustel. Vom 7. Mai 2020.

--Methodios (Diskussion) 09:31, 26. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Es gibt also viel zu tun, was die anstehenden und mit der Zeit immer heftiger geführten Deutungsdebatten angeht. Und es ist möglicherweise nicht die Zeit für die ganz feinsinnigen und abgesicherten Analysen, die im Groben durchrechnen, dass die zweite Möglichkeit – die kleine soziale Revolution oder Sanders’ demokratischer Sozialismus – nicht unbedingt wahrscheinlicher ist. Wilhelm Heitmeyer ist unlängst im Interview in der Zeit genau diesen Weg gegangen: Dichte Analyse und folglich düstere Aussichten. Vielleicht hat er Recht, vieles spricht dafür. Vielleicht auch nicht. Denn was die Zeit und Heitmeyer übersehen haben, ist der Umstand, dass genau solche Interviews zu jener Zukunft beitragen, die sie beklagen. Einmal sauber den fast unausweichlichen Weltuntergang durchzuanalysieren, bedeutet auch einen weiteren Schritt in diese Richtung. Medientheoretisch ist es wahrlich keine Neuigkeit, dass Ursache und Wirkung nicht immer so einfach voneinander zu trennen sind, dass also Analyse und self-fullfilling prophecy bisweilen sehr nah beieinanderliegen. Mediale Spinns, Entwicklungen, die vor Corona noch als viral umschrieben wurden, warnen vor etwas, das auf jeden Fall eintritt, weil so intensiv davor gewarnt wurde. Vielleicht sollten wir vom Klopapier lernen: Schon klar, dass sich der eine oder die andere Deutsche aus tief abgelegten und irritierenden Beweggründen für die nächsten Jahre nichts sehnlicher wünscht als einen sauberen Arsch. Viele jedoch folgen einem Trend oder einer medial angeheizten Sorge. Zu einem relevanten Teil hat also die mediale Berichterstattung zur drohenden Knappheit beigetragen. Das Verhältnis von Gegenwart und Zukunft ist länger schon in einem Rückkopplungsprozess gefangen, der weit mehr von Erzählungen denn von Tatsachen lebt. Die Börsen singen ein Lied davon: Die geglaubte (nicht zwangsläufig glaubhafte) Zukunft bestimmt den aktuellen Wert. Wenn ein paar Leute den Glauben verlieren, wird sich die Zukunft diesem Narrativ beugen, weil die Kurse abschmieren.

Corona: Politik als Wille und Vorstellung. Erzählungen einer neuen Welt. Von Robert Feustel. Vom 7. Mai 2020.

--Methodios (Diskussion) 09:34, 26. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Mit den politischen Perspektiven könnte es ähnlich sein: Die vielen Stimmen, die warnen, der Neoliberalismus und die Herrschaft des Reichtums ließen sich so leicht nicht besiegen, arbeiten indirekt und ganz sicher unabsichtlich an deren Überleben, weil sie dazu beitragen, dass weniger Leute an eine wirklich andere, sozialere und solidarische Politik glauben. Vielleicht ist es daher sinnvoller, gerade jetzt permanent, penetrant und notorisch auf den Wahnsinn hinzuweisen, den ein zur Religion erhobener Markt angerichtet hat, um gleichzeitig genauso permanent, penetrant und notorisch zu argumentieren, dass Corona der Wendepunkt sein muss. Die Krise wird uns noch eine Weile begleiten. Das ist einerseits bitter und für viele mit derben sozialen und ökonomischen Härten verbunden. Der Vorteil ist allerdings, dass womöglich genug Zeit bleiben könnte, einer neuen, solidarischen Hegemonie zum Aufstieg zu verhelfen. Die eskalierende Herrschaft des Reichtums ist schließlich kein Naturgesetz, und für den analytisch durchkomponierten Abgesang auf die Moderne und den Hinweis auf das endlose Leiden der Linken ist auch dann noch Zeit, falls es doch schiefgegangen sein sollte.

Corona: Politik als Wille und Vorstellung. Erzählungen einer neuen Welt. Von Robert Feustel. Vom 7. Mai 2020.

--Methodios (Diskussion) 09:36, 26. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Das heißt übrigens auch, die AfD und andere rechte Akteure genau dort zu belassen, wo sie aktuell sind: In der Versenkung. Sie haben nichts zur Krisenbewältigung und einer anderen Gesellschaft, nichts zum sozialen Ausgleich beizutragen und irrlichtern dieser Tage frustriert durch die Gegend. Fast verzweifelt wirken ihre Versuche, endlich wieder die Aufmerksamkeit zu bekommen, die sie gewohnt sind und die sie so stark gemacht hat. Es wäre fatal, jetzt oder demnächst der alten Gier, der Obsession an der Aufregung über die bösen Rechten erneut zu verfallen und die rechte Gefahr einmal mehr groß (oder zumindest größer) zu schreiben. Ohne Aufmerksamkeit, ohne das eingeübte Reiz-Reaktionsmuster, hat es die Rechte viel schwerer. Ihre demagogischen Tricks brauchen die große Bühne. Corona hat all das vorläufig abgestellt oder in den Hintergrund gerückt. Und das sollte so bleiben. Falls es schließlich gelingen sollte, diese Erzählung einer möglichen anderen Welt breit zu streuen und ihr hegemoniale Kraft zu verleihen, dann könnten wir Habecks Vorschlag vielleicht irgendwann ernsthaft diskutieren. Dann könnten geloste Vertreter:innen mit Entscheidungskraft in bestimmten Positionen den Einfluss des Geldes tatsächlich unter Kontrolle bringen.

Corona: Politik als Wille und Vorstellung. Erzählungen einer neuen Welt. Von Robert Feustel. Vom 7. Mai 2020.

--Methodios (Diskussion) 09:38, 26. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Geldsegen statt Pandemiebekämpfung. Nach den Beschlüssen der EU soll die Finanzhilfe vor allem in grüne und digitale Investitionen fließen und bei der Modernisierung der jeweiligen Volkswirtschaft helfen. Was diese Ziele nun direkt mit der Überwindung der Corona-Krise zu tun haben, ist völlig unklar. Es verdichtet sich vielmehr der Eindruck, dass reiche EU-Länder, etwa Deutschland und die Niederlande, die wirtschaftlichen Verfehlungen und den Reformstau in Ländern wie Italien und Griechenland künftig finanzieren werden. Und das, obwohl all dies mit der Corona-Krise gar nichts zu tun hat. Abgesehen davon ist zudem fraglich, ob derart gigantische Summen überhaupt nötig sind und inwieweit sie helfen: Laut Studien ist beispielsweise der Rückstand der italienischen IT-Branche vor allem auf produktivitätsfeindliche Strukturen zurückzuführen, bei denen häufig Vetternwirtschaft statt Leistung entscheidet. Geldmangel ist dabei eher ein zweitrangiges Problem.

Die versteckten Kosten des Merkel-Macron-Plans Von Christoph B. Schiltz, Brüssel. Die Welt vom 15. August 2020.

--Methodios (Diskussion) 08:31, 15. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Profitmaximierungsgeschäft[Bearbeiten]

Ob es bei den Konferenzen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten seit März jeweils mehr um Corona oder um die Wirtschaftskrise ging, wird die Nachwelt aus Archiven erfahren. Aber dass der Elefant im Raum am Mittwoch war, aus dem ökonomischen Einbruch keinen Absturz werden zu lassen, besagen die Meldungen der vergangenen Tage. Die Devise lautet aber: Keine Panik. Medien von »Tagesschau« bis Bild haben unisono über Schließen oder Öffnen von Kitas, Kneipen und Kirchen und andere angeblich Grundrechte aufhebende Verordnungen zu reden. Das beschäftigt die sogenannte Öffentlichkeit vollauf. Über bevorstehende Pleitewellen, Anstieg der Arbeitslosigkeit oder die Rechnung nach den Bundestagswahlen herrscht Ruhe. Da sind die Demonstranten, die gegen die Aufhebung des Demonstrationsrechts demonstrieren oder »Social Media« mit Nachrichten über virenverteilende Kinderblutsäufer vollstopfen, geradezu ein Segen. Die pfuschen so wenig ins Profitmaximierungsgeschäft, dass die Süddeutsche Zeitung dem Kram am Dienstag eine ganze Seite widmete. Am selben Tag phantasierte die FAZ von einer »zweigeteilten Erholung« – gute Stimmung in der hiesigen Industrie, nur bei Dienstleistungen Gegrummel – und betitelte das Handelsblatt einen Bericht zur Herbstprognose des Wirtschaftsministeriums mit »Regierung hebt Prognose an«. Gemeint war: Anfang September schätzte das Haus Peter Altmaiers den Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung für 2020 auf 5,8 Prozent, jetzt auf 5,5 Prozent. Die für Mittwoch geplante Veröffentlichung der Vorhersage wurde auf Freitag verschoben. Eine Politik der ruhigen Hand sieht anders aus. Außerdem läuft das gegenwärtig mit Prognosen so: Mitte Oktober hatten die fünf größten deutschen Wirtschaftsinstitute für das laufende vierte Quartal ein Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent angekündigt. Daran zweifeln zwei Wochen später sowohl Bundesbank wie auch die Ökonomen aus zwei der Institute. Von SAP-»Schock« und Dax-Aufweichung zu schweigen. Die Weigerung der Regierenden, etwas an den Ursachen der Misere des deutschen Gesundheitswesens zu ändern, also an der Ausrichtung von Medizin an Profit, die systembedingte und systemrelevante Unfähigkeit, mit der Bevölkerung über irgendetwas zu sprechen, was deren Alltag berührt, hat einen triftigen Grund: Es geht in dieser Krise inzwischen um ziemlich viel, eventuell um die internationale Stellung des deutschen Kapitals. Das geht die Bevölkerung nichts an. Am 20. Oktober meinte die FAZ jedenfalls: »Dass sich die deutsche Wirtschaft trotz der steigenden Coronainfektionszahlen noch halbwegs gut schlägt, hat viel mit China zu tun.« Von dort wurden gerade 4,9 Prozent Wachstum für das dritte Quartal gemeldet. China aber ist so etwas wie der Eisberg für die deutsche Titanic. Wenn sie lautstark über Corona reden, meinen sie längst den.

KOMMENTAR. Deutsche Titanic. Pandemiemaßnahmen der Regierung Von Arnold Schölzel. Junge Welt vom 29.Oktober 2020


Ich wünsche mir, dass beim nächsten Spaziergang dieser Art noch mehr Menschen teilnehmen, damit die Politiker unseres Landes endlich zur Vernunft kommen und ihren Realitätsverlust verlieren. Sie sollten sich dafür einsetzen, Schaden von den Menschen abzuwenden und diesen nicht verursachen, wie es zurzeit geschieht. Zu viele Arbeitsplätze, zu viele Familienbetriebe, zu viele Existenzen wurden durch die Machtgeilheit der Politiker Deutschlands und ihrer Dummheit zerstört. Wirklich unterstützt wurden bisher nur Konzerne und Großbetriebe. Familienbetriebe gingen nicht nur leer aus, durch die vielen unsinnigen Corona-Maßnahmen wurden sie systematisch in die Insolvenz getrieben. https://www.facebook.com/michael.rusch.507

Corona-Betrüger[Bearbeiten]

Wie die Dresdner Polizei heute meldet, haben am Dienstagvormittag zwei Unbekannte einen Mann in einer Wohnung an der Bautzner Straße in der Radeberger Vorstadt bestohlen.

Gegen 10 Uhr klingelten eine Frau und ein Mann an der Wohnungstür. Beide waren komplett in Schutzanzügen samt Maske sowie Schutzbrillen gekleidet und stellten sich als Mitarbeiter des Gesundheitsamtes vor. Sie behaupteten, den Impfstatus des Mannes überprüfen und über weitere Impfungen aufklären zu wollen. Zudem stellten sie eine Prämie für die Impfung in Aussicht. Der 24-Jährige ließ das Duo in seine Wohnung.

Dort lenkte der Mann das Opfer ab, während die Frau die Räume durchsuchte. Nachdem das Duo diese verlassen hatte, stellte der Mann fest, dass ein Laptop fehlte und auch Schmuck und Bargeld. Der gesate Schaden des Diebstahls summiert sich auf etwa 13.400 Euro. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.

Kontrollen dieser Art gibt es nicht. Die einzigen Kontrollen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, die zu Hause stattfinden, führt das Ordnungsamt durch. Die Mitarbeiter*innen sind dabei in Uniform der Polizeibehörde und weisen sich aus.

Falsches Impfteam beklaut Neustädter

16. Februar 2022 Anton Launer

--Methodios (Diskussion) 11:11, 17. Feb. 2022 (CET)[Beantworten]

Corona-Armut[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Corona-Armut

Armutsspirale als Regierungspolitik[Bearbeiten]

Ämter für Kleinstkredite. Hartz IV reicht nicht, Darlehensbedarf steigt: Regierung weist Kritik des Bundesrates zurück. Von Susan Bonath

Hartz-IV-Bezieher müssen zunehmend Kleinkredite beim Jobcenter beantragen, um beispielsweise Schulsachen für ihre Kinder zu finanzieren. Der Kühlschrank gibt den Geist auf, eine Brille ist fällig, die Strompreise schnellen rauf, und Schulsachen für die Kinder nagen am Budget: Hartz-IV-Bezieher müssen sich das zunehmend vom Mund absparen. Die Differenz zwischen realen Kosten und Beihilfe wächst. Der Bedarf sei kleingerechnet und intransparent ermittelt worden, warf der Bundesrat der Regierung bei der Begutachtung der für 2021 festgelegten Regelsatzerhöhung vor. Die winkte nun in einer Gegenäußerung zur Stellungnahme ab: Selbst die Forderung, dem Parlament in zwei Jahren eine plausible Bedarfsanalyse vorzulegen, sei zuviel verlangt.

So beobachte die Bundesregierung die Preisentwicklung ganzjährig, um auf starke Erhöhungen reagieren zu können, hieß es. Eine solche Reaktion hat es zwar in 16 Jahren nie gegeben – weder bei steigenden Stromkosten noch im Zuge nun von Corona bedingter Mehrausgaben. Doch kein Problem: Bei der Prüfung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) habe man »die nachgewiesenen durchschnittlichen Verbrauchsausgaben für Strom in vollem Umfang berücksichtigt«, versicherte die Bundesregierung. Darauf, dass sich die Kritik des Gremiums explizit darauf bezog, dass Durchschnittswerte individuelle Lagen nicht beziffern könnten, ging sie nicht ein.

Auch Schüler würden nicht benachteiligt, teilte sie mit und berief sich auf das Bildungs- und Teilhabepaket in Höhe von 150 Euro pro Schuljahr. Zudem könnten Schüler jetzt ein digitales Endgerät in Schulen leihen. »Die Bundesregierung widerspricht ausdrücklich der Einschätzung des Bundesrates, wonach keine Überprüfung der Regelbedarfsermittlung stattgefunden habe und neuere Erkenntnisse nicht geprüft worden seien.« Auch sei der Vorwurf falsch, dass man zwei Urteile aus Karlsruhe von 2010 und 2014 missachte.

Im Kern kritisierte der Bundesrat die für die Neuermittlung genutzten Daten aus der EVS, die das Statistische Bundesamt alle fünf Jahre – zuletzt 2020 für 2018 – herausgibt. Wie immer legte man daraus nur die Ausgaben der ärmsten 15 Prozent der Bevölkerung zugrunde und minimierte diese um Positionen, die man für nicht relevant hält. Auch verdeckt Arme, die auf ihr Recht auf Grundsicherung verzichteten, befanden sich erneut darunter. Wenn die Bundesregierung die Praxis nicht ändere, so der Bundesrat, treibe sie die Armutsspirale voran. Immer öfter müssten die mit Kleinpauschalen Abgespeisten ihr Jobcenter um Darlehen ersuchen.

In der Tat mutieren Jobcenter immer mehr zu Vergebern von zinslosen Kleinstkrediten. Das fängt an bei Umzügen, zu denen Betroffene aufgefordert werden, wenn ihre Miete eine Obergrenze übersteigt. Zwar muss das Amt die für die neue Wohnung fällige Kaution übernehmen, kann diese aber in Monatsraten von zehn Prozent vom Regelsatz zurückverlangen. Das Abstottern kann Jahre dauern. Auch die Zahl anderer Darlehen, um Notwendiges zu finanzieren, hat sich seit 2007 verdoppelt. Wie im September eine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) ergab, beantragten letztes Jahr rund 11.500 Bedürftige bei einem Jobcenter einen Kleinkredit. Im Schnitt erhielten sie 460 Euro.

Junge Welt vom 28. Oktober 2020

--Methodios (Diskussion) 07:45, 28. Okt. 2020 (CET)[Beantworten]

Tarifflucht[Bearbeiten]

https://www.facebook.com/riexinger.bernd/

In der aktuellen Auseinandersetzung im Handel steht DIE LINKE an der Seite der Verkäuferinnen und Verkäufer. Die Tarifflucht der Arbeitgeber muss gestoppt werden, Tarifverträge müssen allgemeinverbindlich werden. Mein neuer Beitrag in der Freiheitsliebe:

  • Auf die Tarifflucht folgt die Flucht aus der Tarifflucht. Ich betätige mich schon seit Jahrzehntchen als Fluchthelfer in wirklich lohnende Arbeits- und Lebensverhältnisse. Raus aus dem Elend, raus aus der DDR, heißt heute raus aus dem Sonderarbeitsmarkt Ost, dem größten Niedriglohngebiet Europas. Und immer häufiger heißt die Lösung Österreich oder gleich die Schweiz.

--Methodios (Diskussion) 17:49, 18. Apr. 2021 (CEST)[Beantworten]


In der aktuellen Auseinandersetzung im Handel steht DIE LINKE an der Seite der Verkäuferinnen und Verkäufer. Die Tarifflucht der Arbeitgeber muss gestoppt werden, Tarifverträge müssen allgemeinverbindlich werden.

Vergleichsweise unbemerkt von der großen Öffentlichkeit entscheidet sich in diesen Wochen, ob die in der Pandemie vielfach wortreich besungen Heldinnen und Helden an den Kassen der Discounter und Drogerien für ihre Arbeit endlich auch mehr Lohn erhalten. Von März bis Juni dieses Jahres laufen die Tarifverträge im Groß-, Außen- und Einzelhandel aus. Das betrifft insgesamt mehr als 3,5 Millionen Beschäftigte, in der Mehrzahl Frauen.

Allein im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen sind rund 510.000 Menschen sozialversicherungspflichtig und weitere etwa 210.000 geringfügig beschäftigt. Für sie fordert die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in der aktuellen Tarifrunde eine Lohnerhöhung von 4,5 Prozent und 45 Euro mehr Lohn pro Monat. Darüber hinaus soll das Mindesteinkommen auf 12,50 Euro pro Stunde steigen. Identische Forderungen hat ver.di auch für die Tarifrunde in Bayern und anderswo aufgestellt.

Verkäuferinnen bekommen weniger Lohn Trotz der Pandemie sind die Umsätze im Einzelhandel in NRW im vergangenen Jahr real um vier Prozent gestiegen. Den größten Anteil daran hat zwar der Versand- und Internethandel, doch auch der Umsatz im stationären Einzelhandel ist preisbereinigt um 2,5 Prozent gestiegen. Auch wenn es verstärkt durch die Pandemie Gewinner (Internethandel, Lebensmittel) und Verlierer (Textil, Mode) gibt, verlieren die Beschäftigten am meisten. Tatsächlich haben Verkäuferinnen und Verkäufer in deutschen Supermärkten im Jahr 2020 im Durchschnitt weniger verdient als im Vorjahr. Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen: Der durchschnittliche monatliche Bruttoverdienst von Beschäftigten im Lebensmitteleinzelhandel ist im Jahresvergleich um 60 Euro gefallen. Das entspricht einem Lohnverlust von etwa vier Prozent. Bei Vollzeitbeschäftigten sank der durchschnittliche monatliche Bruttolohn im selben Zeitraum sogar um sieben Prozent. Die Beschäftigten haben im Lebensmitteleinzelhandel die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt. Meistens wurden sie lediglich mit einer geringen Einmalzahlung in Form eines Einkaufsgutscheins abgespeist.

Ohne jeden Zweifel: Die harte Arbeit der Verkäuferinnen und Kassierer muss endlich besser entlohnt werden. Das viele Lob, das ihnen aus Bundeskanzleramt und Bundestag gezollt wurde, muss sich im Portemonnaie niederschlagen. DIE LINKE unterstützt deshalb die Beschäftigten und ihre Gewerkschaft in der Tarifauseinandersetzung.

Mindestens ebenso wichtig wie der Einsatz für höhere Löhne und familienfreundliche Arbeitszeiten ist jedoch der Kampf für die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge im Handel. Bis Ende der 1990er Jahre waren die wichtigsten Tarifverträge allgemeinverbindlich: Ihre Bestimmungen galten für alle Unternehmen und alle Beschäftigten der Branche. Ab dem Jahr 2000 begann sich diese Situation zu ändern: Erst gründete sich ein neuer Arbeitsgeberverband, in dem die Mitgliedschaft von Unternehmen ohne Tarifbindung schnell in Mode kam, dann lehnte es die Kapitalseite ab, die Allgemeinverbindlichkeit ausgehandelter Tarifverträge zu beantragen. Bis heute begehen die Arbeitgeber systematisch Tarifflucht. Seither ist die Tarifbindung im Handel stark zurückgegangenen: Inzwischen profitieren nur noch rund 30 Prozent der Beschäftigten im Einzelhandel von Tarifverträgen. Vor zwanzig Jahren waren es noch mehr als 90 Prozent! Gerade die Marktführer im Lebensmitteleinzelhandel, Rewe und Edeka, gliedern seit Jahren ihre Filialen in eigenständige Unternehmen aus, ohne Tarifbindung und meistens ohne Vertretung durch den Betriebsrat.

Aldi, Lidl & Co. müssen mehr Steuern zahlen Die harte Konkurrenz im Handel wird nunmehr über Dumpinglöhne auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Die Tarifflucht vieler Unternehmen hat die Lage in den vergangenen Jahren verschärft. Das muss sich dringend ändern: Der Kampf für die Allgemeinverbindlichkeit ist nicht nur ein gewerkschaftlicher, sondern ein politischer. Bei kaum einem anderen Thema wird der Widerspruch zwischen Wort und Tat dieser Bundesregierung so deutlich wie bei der Tarifbindung. Tatenlos sehen CDU/CSU und SPD zu, wie sich Löhne und Arbeitsbedingungen von Millionen Beschäftigten verschlechtern.

Es muss wieder normal werden, dass die Beschäftigten unter Tarifverträge fallen. Tarifbindung ist kein Luxusgut. Dafür muss es künftig einfacher sein, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären. Deshalb fordert DIE LINKE, dass es ausreicht, wenn eine Tarifpartei, in der Regel die Gewerkschaft, das beantragt. Die Stärkung der Tarifbindung sichert Löhne und soziale Standards für alle. Für Arbeit, die zum Leben passt, für höhere Löhne und weniger Stress im Job – dafür braucht es mehr Tarifbindung. Auch ver.di wäre gut beraten, die Auseinandersetzung um Lohn- und Gehaltserhöhungen mit der politischen Stoßrichtung um die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge zu verbinden, wenn sie ihre eigene Position und Durchsetzungsfähigkeit stärken will.

Schließlich muss daran erinnert werden, dass die Besitzer der Supermarktkonzerne Aldi und Lidl zu den reichsten Deutschen gehören. Es ist deshalb richtig, auch die Milliardärsfamilien Albrecht (Aldi) und Schwarz (Lidl) mittels einer Vermögensabgabe an den Kosten der aktuellen Krise zu beteiligen. DIE LINKE fordert, dass alle Multimillionäre auf ihr Vermögen fünf Prozent Steuern zahlen – bei einem Freibetrag von einer Million Euro. Denn Deutschland ist eines von vier Ländern mit den meisten Millionärinnen und Millionären. Hierzulande besitzen die reichsten zehn Prozent mehr als 60 Prozent des gesellschaftlichen Reichtums. Wer diesen Reichtum sozial gerechter verteilen will, muss dafür sorgen, dass nicht die Beschäftigten, Erwerbslosen und Rentnerinnen und Rentner die Kosten der Krise tragen müssen, sondern dass die Superreichen endlich angemessen zur Kasse gebeten werden. Schon seit Jahrzehnten führen die Eigentümer der großen Handelskonzerne die Liste der reichsten Familien an – im Gegensatz zu den Beschäftigten, die am unteren Ende der Lohnskala stehen. Das muss sich dringend ändern.

Tarifbindung ist kein Luxusgut! Die Freiheitsliebe vom 12. April 2021

Lohnraub[Bearbeiten]

Was macht ein Taxi-Soziallotse ?

Meine wichtigste Aufgabe besteht darin, den Berliner Taxifahrer*innen Hilfestellung dabei zu geben, Auswege aus ihren wirtschaftlichen und sozialen Problemen zu finden. Es geht zum Beispiel darum, ob sie Arbeitslosengeld II als Aufstocker*innen erhalten können. Auch selbstständigen Kolleg*innen vermittle ich Beratungen.

KLAUS MEIER

Über 30 Jahre war er Taxifahrer, bis er schwer erkrankte. Über das Solidarische Grundeinkommen fand Klaus Meier den Job als Taxi-Soziallotse, den er selbst kreierte. Über seine Arbeit sprach mit ihm Peter Nowak.

Welche Auswirkungen haben die Corona-Pandemie und der Lockdown auf die Berliner Taxifahrer*innen?

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie haben die Einnahmen zeitweise fast auf null gebracht. Die Zahl der Berliner Taxis ist im vergangenen Jahr um etwa 1000 auf unter 7000 gesunken. Etwa 400 von über 2000 Solo-Selbstständigen haben aufgegeben. In der Pandemie wurde die bis dahin gut versteckte systematische und illegale Ausbeutung sichtbar, die sich mangels Umsatzvolumens nicht mehr mit Buchhaltungstricks verschleiern ließ. Leider haben sich weder die Taxi-Aufsichtsbehörde noch das Finanzamt oder der Zoll dafür interessiert.

Zurzeit wird vor dem Berliner Arbeitsgericht ein Fall von besonders schwerem Lohnraub im Taxigewerbe verhandelt. Worum geht es dabei?

Der Kollege befand sich in akuten finanziellen Nöten, sodass ihm sogar der Wohnungsverlust drohte. Der Abgleich seiner Arbeitszeitaufzeichnungen und der Lohnabrechnungen zeigte, dass ihm sein Chef nur einen Bruchteil des ihm zustehenden Lohns bezahlt hatte. Ihm wurden über Jahre bis zu 70 000 Euro vorenthalten. Vor Gericht wird jetzt über die genaue Höhe seines Anspruchs verhandelt. Bisher kam es zu keiner Einigung. Am 22. Juli wird das Verfahren fortgesetzt.

Kommt so etwas häufiger vor?

Das Ausmaß des Lohnraubs ist ein Extremfall. Doch es ist bekannt, dass fast alle Berliner Taxibetriebe Löhne zahlen, die weit unter dem Mindestlohn liegen. Sie nutzen ein Zusatzgerät zum Taxameter, um die Warte- und Bereitschaftszeiten an Halteplätzen als Pausen und nicht als Arbeitszeit zu erfassen. Dabei hat das Berliner Arbeitsgericht bereits 2018 in einem Urteil festgestellt, dass die Erfassung von Arbeitszeiten auf diese Weise unzulässig ist. Die Kolleg*innen werden um einen großen Teil ihres Lohns betrogen.

Könnte das derzeit im Bundestag diskutierte Taxibeförderungsgesetz die Lage der Berliner Taxifahrer*innen verbessern?

Die Diskussion darum lenkt vom Wesentlichen ab: Solange den Taxibetrieben gestattet wird, ausschließlich eine Umsatzbeteiligung zu zahlen, gibt es keinen gesetzeskonformen und armutsfesten Stundenlohn.

Welche Rolle spielen die Gewerkschaften?

Die AG-Taxi bei Verdi macht seit Jahren auf das Problem aufmerksam. Ich beginne durch meine Gespräche mit Taxifahrer*innen zu verstehen, warum sich so wenige gewerkschaftlich organisieren. Viele sehen ihre Situation als alternativlos und haben Angst vor negativen Folgen, wenn sie sich wehren. Deshalb richtet sich ihr Protest gegen Uber und so gut wie nie gegen ihre eigenen Betriebe.

Verschärft Uber die Situation?

Im Jahr 2018 sind die Einnahmen der Berliner Taxis durch Uber um 20 bis 30 Prozent gesunken. Anfangs konnte ich nicht glauben, dass Uber hier Fuß fassen würde. Seit CSU-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Ortskundeprüfung für Mietwagen abgeschafft hat, finden sich Menschen in Notlagen, die bereit sind, für noch weniger Geld als die Taxifahrer*innen zu arbeiten.

Taxi-Gewerbe. Lohnraub ist gängige Praxis Soziallotse Klaus Meier über systematische Ausbeutung und Betrug im Berliner Taxi-Gewerbe. ND vom 15. März

--Methodios (Diskussion) 10:33, 16. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]

Politik der Immobilienpreistreiberei[Bearbeiten]

Weil der deutsche Merkantilismus seit Jahren auf Exportüberschüsse setzt und den Binnenmarkt schleift, wurde die Wirtschaft besonders anfällig für globale Krisen. So kritisierte zum Beispiel der Internationale Währungsfonds bereits im Juli vergangenen Jahres, dass der deutsche Staat sein Geld horte, statt zu investieren. Die BRD habe bereits im fünften Jahr in Folge einen Haushaltsüberschuss ausgewiesen, der mit 1,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der größte seit fast 30 Jahren war. Die Kapitalakkumulation kommt bei dem ganzen Gespare ins Stocken. Auf der Suche nach hohen Renditen gingen Investoren größere Risiken ein, Kreditvergabestandards wurden gelockert. Eine Folge: »Die Preise für Wohn- und Gewerbe­immobilien stiegen insbesondere in dynamischen städtischen Gebieten weiterhin rapide an«, mahnte der IWF in Sorge um die internationale Finanzstabilität. Augen zu und durch. Exporteinbruch der deutschen Industrie Junge Welt vom 10. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 06:34, 10. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Das Armutsrisiko in Deutschland ist so hoch wie seit vielen Jahren nicht mehr. Wie das Statistische Bundesamt auf Basis des Mikrozensus am Donnerstag mitteilte, waren im vergangenen Jahr 15,9 Prozent der Bürger von Armut bedroht, 2018 waren es noch 15,5 Prozent. Die Schwelle für die Armutsgefährdung lag der Behörde zufolge bei 1.074 Euro bei einem Einpersonenhaushalt, das sind 60 Prozent eines durchschnittlichen Haushaltseinkommens. Wer weniger Geld zur Verfügung hat, gilt als armutsgefährdet. Am größten ist dieser Anteil in Bremen, dort war der Statistik zufolge fast ein Viertel der Bevölkerung (24,9 Prozent) von Armut bedroht. Unter Kindern und Jugendlichen war es in dem hoch verschuldeten Land sogar mehr als jeder Vierte. Am stärksten betroffen waren in Deutschland im vergangenen Jahr Erwerbslose (57,9), Alleinerziehende (42,7), Migranten (35,2) oder auch Familien mit drei oder mehr Kindern (30,9). Die zunehmend steigenden Mieten besonders in Großstädten verschärfen die soziale Schieflage. Laut einer Studie des Portals Immowelt müssen etwa in Berlin und München mittlerweile mehr als 40 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens von Beschäftigten für die Miete aufgebracht werden. Der Deutsche Mieterbund schätzt, dass 15 bis 20 Prozent der Mieter künftig in Zahlungsschwierigkeiten geraten könnten. Schon jetzt drehe sich jede zehnte Beratung beim Mieterbund um Zahlungsprobleme wegen der Coronakrise. Unternehmen wie die Deutsche Wohnen sind hingegen immun gegen die Pandemie. Ende Juni lagen die Mieteinnahmen bei dem Dax-Konzern bundesweit im Schnitt bei 6,93 Euro kalt pro Quadratmeter und damit 2,6 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Auch in Berlin, dem wichtigsten Markt, lagen die Mieten höher als vor einem Jahr, sie stiegen wegen des Mietendeckels seit Jahresbeginn aber nicht mehr. Die Bewohner zahlten dort im Schnitt 6,91 Euro je Quadratmeter. Das Unternehmen spüre keine nennenswerten Folgen der Coronakrise. »Der ökonomische Effekt ist gering«, sagte Vorstandschef Michael Zahn am Donnerstag. »Wir können zuversichtlich in die Zukunft schauen.« Im laufenden Jahr erwartet Deutsche Wohnen weiter einen operativen Gewinn auf dem Niveau des Vorjahres von 538 Millionen Euro. (dpa/jW)

AUSBEUTUNG. Armutsrisiko hoch wie nie. Steigende Mieten verschärfen soziale Schieflage. Deutsche Wohnen profitiert Junge Welt vom 14. August 2020

--Methodios (Diskussion) 10:39, 14. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Aufreibung der Sozialwohnungen[Bearbeiten]

es müßten zehn mal soviel Sozialwohnungen gebaut werden wie aktuell in den letzten Jahren, um den Sozialen Wohnungsbau zu erhalten

--Methodios (Diskussion) 08:56, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]


Die Zahl der neu geschaffenen Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung ist im vergangenen Jahr um 5,5 Prozent verglichen mit 2018 zurückgegangen. Wurden seinerzeit noch 27.040 Einheiten mit staatlicher Förderung errichtet, waren es 2019 nur mehr 25.565. ... Über eine »katastrophale Jahresbilanz« klagte Caren Lay am Mittwoch gegenüber jW: »Wieder werden unterm Strich mehr Sozialwohnungen wegfallen, als neue gebaut wurden.« Die Vizevorsitzende der Fraktion Die Linke im Bundestag geht davon aus, dass wie im Vorjahr abermals 70.000 Wohnungen aus der Sozialbindung fallen werden. ... 2018 zählte das Statistische Bundesamt noch knapp 1,18 Millionen Einheiten, 1990 waren es noch drei Millionen. Um nur den Istzustand zu halten, müssten laut Deutschem Mieterbund pro Jahr mindestens 80.000 Sozialwohnungen neu gebaut werden. Eben dieses Ziel hatte 2018 auch die Bundesregierung ausgegeben. Für eine Trendumkehr braucht es viel mehr. Der Bund müsse »endlich ein Rettungsprogramm für den sozialen Wohnungsbau auflegen, sonst gehören Sozialwohnungen bald der Vergangenheit an«, mahnte Lay. Nötig wäre ein öffentliches Wohnungsbauprogramm in Höhe von zehn Milliarden Euro für 250.000 neue Einheiten jährlich.

Bodenspekulation. Villenkolonie BRD. Zahl neu gebauter Sozialwohnungen 2019 um mehr als fünf Prozent gesunken. 70.000 Einheiten fallen aus Mietpreisbindung Junge Welt vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 08:12, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Derweil geht die Verdrängung in Berlin trotz Mietendeckel weiter. Im Zentrum gerät der gemeinwohlorientierte Wohnungsbau ins Hintertreffen und Mieter wehren sich gegen einen berüchtigten schwedischen Großinvestor. Die Bewegung ist stadtweit aktiv: Für den 20. Juni ruft ein Bündnis unter dem Motto »Shutdown Mietenwahnsinn – sicheres Zuhause für alle« zu einem Aktionstag für den Erlass von Mietschulden und für Mietsenkungen auf.

Berlin. Deutsche Wohnen und Co enteignen. Mieterkampf wird belohnt. Erfolg für Hasan Kesim und viele Berliner: Enteignungsvolksbegehren soll kommen ND vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 19:31, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Für diesen Sonnabend hat das bundesweite »Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn« zu Protesten aufgerufen. Demonstriert wird unter anderem in Berlin, Bochum, Dresden, München und Frankfurt am Main. Das Bündnis, an dem sich Initiativen von Mieterinnen und Mietern sowie »Recht auf Stadt«-Gruppen beteiligen, stellt in seinem Aufruf konkrete Forderungen. So sollen Mietschulden erlassen, Mieten gesenkt und Zwangsräumungen verboten werden. Außerdem sollen anlässlich des Weltflüchtlingstags, der am 20. Juni begangen wird, Lager geschlossen sowie leerstehende Häuser für Wohnungslose und Geflüchtete geöffnet werden. Entsprechend lautet das Motto des bundesweiten Aktionstags »Shut down Mietenwahnsinn – Sicheres Zuhause für alle«.

»Sicheres Zuhause für alle«. Aktionstag gegen »Mietenwahnsinn«. Bündnis ruft bundesweit zu Demonstrationen unter anderem für bezahlbares Wohnen für alle auf. Von Gitta Düperthal. Junge Welt vom 20. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 07:22, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Bundesregierung hatte zwar wegen der Coronapandemie ein Moratorium von April bis Juni verhängt, wonach Mietzahlungen für die Dauer von zwei Jahren aufgeschoben werden können. Allerdings müssen Betroffene den Nachweis erbringen, dass die Mietschulden coronabedingt entstanden sind. Es sei absehbar, dass Geringverdienende so angehäufte und mit vier Prozent verzinste Schulden nicht begleichen könnten, kritisierte Felix Wiegand, einer der Sprecher des Aktionsbündnisses, beim Pressegespräch am Donnerstag in Frankfurt am Main. Außerdem streite die Regierungskoalition noch, ob die Regelung bis September verlängert wird.

»Sicheres Zuhause für alle«. Aktionstag gegen »Mietenwahnsinn«. Bündnis ruft bundesweit zu Demonstrationen unter anderem für bezahlbares Wohnen für alle auf. Von Gitta Düperthal. Junge Welt vom 20. Juni 2020


--Methodios (Diskussion) 07:24, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Mainmetropole verhindere zudem eine antirassistische und gegen den Klimawandel gerichtete Politik. Aufzuhalten sei dies nur durch eine »Auseinandersetzung von unten« mit einem breiten Bündnis auf der Straße, erklärte Wiegand. Als Beispiele nannte er die Initiative »Project Shelter«, die schon seit fünf Jahren zusammen mit obdachlosen Geflüchteten ein selbstverwaltetes Zentrum in der Stadt gründen will, »Eine Stadt für alle« und Bewegungen wie »Fridays for Future« oder »Seebrücke«. Osman und Soheil vom »Projekt Shelter« erklärten im Pressegespräch, gerade im Niedriglohnbereich beschäftigte Migrantinnen und Migranten seien in der Coronakrise von Jobverlust betroffen. Wenn Menschen mit nichtweißer Hautfarbe auf der Straße landeten, seien sie erst recht rassistischer Gewalt und Diskriminierung ausgeliefert. Schon vor drei Jahren hatte sich die Initiative ein leerstehendes Haus, die ehemalige Gaststätte »Paradieshof«, im Stadtteil Sachsenhausen ausgesucht, um dort eine Anlaufstelle für Betroffene einzurichten. Die Stadtregierung von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen blockiere bis heute. Deshalb will »Project Shelter« außerdem am Montag demonstrieren. Dann soll darüber im Bauausschuss erneut beraten werden.

»Sicheres Zuhause für alle«. Aktionstag gegen »Mietenwahnsinn«. Bündnis ruft bundesweit zu Demonstrationen unter anderem für bezahlbares Wohnen für alle auf. Von Gitta Düperthal. Junge Welt vom 20. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 07:27, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Mangelnden politischen Willen beklagte auch Lisa Hahn von »Mietentscheid Frankfurt«. 25.000 Menschen hatten mit einem solchen im Januar 2019 gefordert, dass die Stadt sich über ihre Wohnungsbaugesellschaft ABG ausschließlich auf geförderten Wohnungsbau fokussieren soll. Mit einem Rechtsgutachten erklärte die Stadt den Mietentscheid für »nicht rechtsgültig«. Die Initiative hat nun dagegen Klage vor dem Verwaltungsgericht eingereicht. Aber auch klimagerechtes Leben müsse die Stadtregierung ermöglichen, so Mira Lauth von der Initiative »Grüne Lunge bleibt – Instone stoppen«: »Wir werden es nicht zulassen, dass eine 16 Hektar große Grünfläche mit Biodiversität am Günthersburgpark zerstört wird, nur um Profite für die Instone Real Estate AG zu ermöglichen«. Zuletzt habe der Wohnungsbaukonzern das Marienkrankenhaus im Frankfurter Nordend zerstört und dort ein Luxuswohnquartier errichtet.

»Sicheres Zuhause für alle«. Aktionstag gegen »Mietenwahnsinn«. Bündnis ruft bundesweit zu Demonstrationen unter anderem für bezahlbares Wohnen für alle auf. Von Gitta Düperthal. Junge Welt vom 20. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 07:30, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Zuerst hört man nur die Musik. Der bekannte Soundtrack zum Film Ghostbusters hallt durch die Weserstraße in Neukölln. Kurz darauf tauchen drei Gestalten in schwarzen Overalls und mit außerirdisch anmutenden Helmen auf. Ausgerüstet mit schwarzen Schläuchen, sind sie gekommen, um Airbnb-Anbietern den Garaus zu machen - ganz so, wie es seinerzeit die Geisterjäger mit feindseligen Ungeheuern taten. Die »Hostbusters« sind am Mittwochnachmittag in den Reuterkiez gekommen, um die Anwohner*innen vor Verdrängung und überteuerten Mieten zu schützen. Lange müssen sie nicht warten, um ihre Beute zu erspähen, kurze Zeit später postieren sich mehrere Frauen mit Perrücke und schicken Kostümen am Straßenrand und preisen auf Englisch und Deutsch in typischem Airbnb-Sprech, wild durcheinender rufend, ihre Ferienwohnung an. Doch die »Hostbusters« sind ihnen schon auf der Spur. »Der gemeine Superhost ist ein Meister der Verdrängung. Er verdrängt nicht nur die gewachsene Kiezkultur, sondern auch die eigene Verantwortung am Ausverkauf Berlins«, ruft die Stimme - und die Jäger stürzen sich mit ihren Schläuchen auf die ausgemachten Feinde bezahlbaren Wohnraums. Die Kunstaktion des Performance-Kollektivs »Anonyme Anwohnende« beruht auf einer Recherche über die Praktiken und Preise von Airbnb-Anbietern in der Hauptstadt. Den Anstoß dafür hatte eine Schnitzeljagd auf überteuerte Ferienappartments in Kreuzberg gegeben, mit denen die Aktivistinnen die Anbieter*innen zu Ostern aus der Anonymität des Internets geholt hatten (»nd« berichtete). Nach persönlichen Bedrohungen durch die Hosts, Unterlassungsaufforderungen durch Anwälte, die die Aktivistinnen für entstandene Einbußen haftbar machen wollten, entstand die Idee für die neuerliche Intervention. »Uns wurde vorgeworfen, eine Hetzjagd zu machen. Also dachten wir, wir greifen das künstlerisch auf«, sagt eine der anonymen Anwohnerinnen zu »nd«. »Achtung Achtung! In Ihrer unmittelbaren Umgebung befinden sich ein oder mehrere Superhosts. Bitte bewahren Sie Ruhe und achten Sie auf weitere Ankündigungen«, tönt es aus dem Lautsprecher, den eine der Airbnb-Jägerinnen zusammen mit einem »Syndikat lebt!«-Schild auf das Fahrrad montiert hat. »Der gemeine Superhost präsentiert sich gern weltoffen und kosmopolitisch. Er verkauft sich, dich und Berlin von seiner besten Seite«, sagt eine verzerrte Stimme in Dauerschleife, während die »Hostbusters« ihre Runden drehen. Das Ergebnis ihrer Recherche haben sie auf kleine Zettel geschrieben, die sie an die Häuserfassaden kleben. »2-Zi.-Whg nur 6440 Euro/Monat« steht dort, oder auch »1-Zi.-Whg 3922 Euro/Monat«. Ein Mann steht vor dem Angebot einer Vier-Zimmer-Wohnung für 8289 Euro. »Das ist viel zu viel, das kann sich keiner leisten, wir auch nicht«, erklärt er seinen beiden Töchtern. Und noch etwas haben die »Hostbusters« herausgefunden: Jetzt in der Coronakrise haben sich auch die Geschäftspraktiken der Vermieter*innen geändert. Dass viele kleine Geschäftstreibende pleite gehen, werde schamlos ausgenutzt. »Es werden massenweise Gewerberäume aufgekauft und zu Airbnb-Wohnungen umgewandelt«, erzählt eine Aktivistin. »Sie geben sogar unverblümt an, dass in den Wohnungen vorher eine Tanzschule oder eine Kiezkneipe war, und machen damit Werbung.« Die »Anonymen Anwohnenden« wollen nicht nur Kunst machen, sie haben auch konkrete politische Forderungen: »Ferienwohnungen sollten in Wohnungen umgewandelt werden«, zählen sie auf. Der Umwandlung von Gewerberäumen in Ferienwohnungen gehöre dagegen ein Riegel vorgeschoben. »Den Mietendeckel muss es auch für Gewerbe geben und Milieuschutz muss konsequent durchgesetzt werden.« Solange die Politik die rechtlichen Schlupflöcher nicht schließt und Verstöße nicht konsequent ahndet, wollen sie weitermachen mit ihren künstlerischen Interventionen gegen die Zerstörung der Kiezstrukturen - nicht nur in Neukölln. »Man muss die Hostbusters nur rufen, dann kommen sie auch zu euch.«

Berlin »Anonyme Anwohnende«. Auf der Jagd nach Airbnb. Die »Hostbusters« machen mit einer Kunstaktion auf Verdrängung aufmerksam. Von Marie Frank. ND vom 13. August 2020

--Methodios (Diskussion) 11:33, 14. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Berlin. Die Zahl der Sozialwohnungen ist erneut gesunken. Ende 2019 gab es in Deutschland noch 1,14 Millionen Sozialwohnungen, knapp 39.000 weniger als ein Jahr zuvor. Das geht aus einer Auskunft des Bundesinnenministeriums an die Linken-Abgeordnete Caren Lay hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Bei Sozialwohnungen sind die Mieten staatlich reguliert. Nur Menschen, bei denen die Behörden einen besonderen Bedarf sehen, dürfen dort wohnen. Allerdings fallen Wohnungen nach einer bestimmten Zeit aus der »Bindung« und können normal am Markt vermietet werden. Da nicht im gleichen Umfang neue Sozialwohnungen gebaut werden, sinkt die Gesamtzahl. »Der Bestand der Sozialwohnungen befindet sich auf einem historischen Tiefstand, obwohl Sozialwohnungen gerade angesichts der Mietenexplosion in den Großstädten wichtiger denn je wären«, beklagte Lay. »Die Kürzung der Bundesförderung für den sozialen Wohnungsbau auf nur eine Milliarde Euro für das gesamte Bundesgebiet im aktuellen Haushaltsjahr ist unverantwortlich und muss schnellstmöglich korrigiert werden!« Sie forderte eine Förderung von jährlich zehn Milliarden Euro. In absoluten Zahlen gibt es mit Abstand die meisten Sozialwohnungen in Nordrhein-Westfalen (456.783), gefolgt von Bayern (135.655) und Berlin (95.723). Im Verhältnis zur Einwohnerzahl liegt nach dpa-Berechnungen hingegen Hamburg vorn mit 4470 Wohnungen pro 100.000 Einwohner, gefolgt von Berlin mit 2626 und Nordrhein-Westfalen mit 2547 Wohnungen - NRW allerdings auf Grundlage von älteren Bevölkerungszahlen von Ende 2018. dpa/nd

Politik. Wohnen. Zahl der Sozialwohnungen sinkt weiter. Ende 2019 gab es in Deutschland noch 1,14 Millionen Sozialwohnungen / Linke: Bestand befindet sich auf einem historischen Tiefstand. ND vom 01.09.2020.

--Methodios (Diskussion) 09:37, 2. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Photo: Gebaut werden in Berlin weiterhin vor allem hochpreisige Wohnungen, benötigt wird aber genau das Gegenteil. (Demonstration)

Die rot-rot-grüne Landesregierung wird ihre Ziele für die Errichtung geförderter Neubauwohnungen erneut deutlich verfehlen. Das räumte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Anfang der Woche ein. Im Förderzeitraum 2019/2020 wurden lediglich Mittel für 5800 preisgünstige Sozialwohnungen für Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen bewilligt, davon 4376 Wohnungen für Nettokaltmieten von durchschnittlich 6,60 Euro pro Quadratmeter und 1166 Wohnungen für Haushalte mit mittleren Einkommen mit Anfangsmieten von 8,20 Euro. Für die Förderung hat das Land 522 Millionen Euro bereitgestellt.

Vorgesehen waren für diesen Zeitraum ursprünglich 8500 geförderte Wohnungen. Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) bezeichnete die Nichterreichung dieser Zielmarke als »schmerzlich«. Als Gründe benannte er unter anderem gestiegene Baukosten, Umweltschutzprobleme sowie die durch die Corona-Pandemie stark eingeschränkte Arbeitsfähigkeit der bezirklichen Planungsbehörden. Somit verzögerten sich Bebauungsplanverfahren und die erforderliche Beteiligung der Öffentlichkeit konnte nicht umgesetzt werde. Gleichzeitig konnten weniger Baugenehmigungen bearbeitet werden.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn die schleppende Bautätigkeit im geförderten Wohnungssektor hat ein ganzes Bündel von strukturellen Ursachen. Für private Investoren ist der geförderte Wohnungsbau angesichts der niedrigen Zinsen offensichtlich nicht attraktiv genug, um längerfristige Belegungs- und Mietpreisbindungen in Kauf zu nehmen. So entfallen 92 Prozent der geförderten Wohnungen auf Projekte der sechs städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Auf die meisten, vor allem innerstädtischen Bauvorhaben haben die Behörden wenig bis gar keine Einflussmöglichkeiten, da sie nach einfachen Baurecht nach Paragraf 34 des Baugesetzbuchs errichtet werden und keinen Bebauungsplänen unterliegen, in denen beispielsweise Quoten für eine sozialverträgliche Nutzung festgelegt werden können.

Besonders gravierend ist aber, dass das Land Berlin bis vor wenigen Jahren städtische Grundstücke in großem Umfang nach dem Höchstpreisverfahren teilweise regelrecht an private Investoren verschleudert hat. Das betrifft Flächen in der Größenordnung des gesamten Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. So sind die Möglichkeiten für konzeptgebundene Direktvergaben von Grundstücken an gemeinwohlorientierte Bauträger stark limitiert.

Ein weiterer Grund für die Defizite beim Neubau sind die enormen Verzögerungen bei den meisten der bereits 2016 vom Vorgängersenat ausgewiesenen Stadtentwicklungsgebieten. So sollten im Blankenburger Süden im Bezirk Pankow ursprünglich bereits 2019 die Bagger rollen, um eine neues Stadtquartier mit bis zu 6000 Wohnungen zu errichten. Nach etlichen Querelen und Bürgerprotesten wird als frühester Baustart jetzt 2030 angepeilt. Im Gebiet Michelangelostraße wurden die bereits weitgehend abgeschlossenen Planungen komplett über den Haufen geworfen, auch hier wird es wohl noch mindestens zehn Jahre dauern, bis der Bau von rund 1200 neuen Wohnungen beginnt.

Die Schere zwischen Angebot und Bedarf im preisgebundenen Wohnungssektor geht derweil immer weiter auseinander. Seit der Wiedereinführung der Neubauförderung im Jahr 2014 durch das Land Berlin sind bis Ende November 2020 insgesamt 5297 geförderte Wohnungen fertiggestellt worden. Aber alleine im Jahr 2019 sind in Berlin rund 20 000 Wohnungen nach Ablauf des Förderzeitraums aus der Sozialbindung gefallen.

Sozialwohnungsbau weit unter Plan. Ein Drittel weniger geförderte Unterkünfte bewilligt als geplant. Von Rainer Balcerowiak - ND vom 30.12.2020

--Methodios (Diskussion) 18:13, 30. Dez. 2020 (CET)[Beantworten]


Volksbegehren Berlin[Bearbeiten]

Wie Berlin dem Mietenwahnsinn ein Ende bereitet. Für immer. Nach Jahren der Spekulation und der explodierenden Mieten in Berlin fordern wir ein Ende des Wahnsinns: Wir wollen durch einen Volksentscheid etwa 240.000 Wohnungen von Immobilienkonzernen vergesellschaften. Die Möglichkeit dafür schafft Artikel 15 des Grundgesetzes. Die Vergesellschaftung würde elf Prozent der Wohnungen in Berlin nicht nur sofort sichern, sondern auch für immer erschwinglich halten. Keine Spekulation mehr durch Finanzinvestoren. Keine Hausverkäufe im großen Stil zu Schnäppchenpreisen mehr. Keine Zwangsräumung mehr von Leuten, die sich ihre Wohnung plötzlich nicht mehr leisten können. Nur wenn wir uns wieder in Richtung gemeinnütziges Wohnen bewegen, können wir die Wohnungskrise beenden. Unterstütze unsere Kampagne und hilf dabei, Berlin zu retten. Unsere Stadt ist eine Stadt für alle!

Volksbegehren Enteignen (abgerufen am 19. Juni 2020)

--Methodios (Diskussion) 10:44, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Im Juni 2019 haben wir 77.001 Unterschriften an den Berliner Senat übergeben. Damit der Senat die zweite Unterschriftenphase (das Volksbegehren) einleitet, mussten 20.000 gültige Unterschriften eingereicht werden. Das heißt: Wir haben fast das Vierfache der benötigten Unterschriften in nur einem Drittel der Zeit gesammelt! Vielen Dank an alle, die das möglich gemacht haben! Bevor das Volksbegehren zur Abstimmung gestellt werden kann, müssen wir erneut 170.000 gültige Unterschriften sammeln. Wann diese zweite Unterschriftenphase startet, hängt davon ab, wann der Senat den Antrag auf das Volksbegehren zulässt. Mit dem Beginn der nächsten Unterschriftenphase findet ihr hier auf einer Karte Orte, wie Cafés, Bars und Läden, an denen ihr für das Volksbegehren unterschreiben könnt. Volksbegehren unterschreiben (abgerufen 19. Juni 2020)

--Methodios (Diskussion) 10:39, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Durch einen Volksentscheid wollen wir den Berliner Senat auffordern, ein Gesetz zu erlassen, welches die Vergesellschaftung der Wohnungen von privaten Wohnungsgesellschaften, mit mehr als 3000 Berliner Wohnungen regelt, sowie deren Überführung in eine Anstalt öffentlichen Rechts. Das Recht auf “angemessenen” Wohnraum ist wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Daseinsfürsorge (Artikel 28 der Landesverfassung von Berlin). Der Berliner Senat ist also durch die Verfassung verpflichtet, dafür zu sorgen, dass für alle Bürger*innen ausreichend “angemessene” Wohnungen vorhanden sind. Als “angemessen” gelten Wohnungen, deren Bruttowarmmiete 30% des Einkommes nicht übersteigt. Der Begriff “angemessen” schließt auch ein, dass notwendige Maßnahmen zur Sanierung durchgeführt werden. Nicht “angemessen” ist es, wenn Menschen aus ihrem Lebensumfeld verdrängt werden. “Unangemessen” sind zu lange Wege zur Arbeitsstätte, Schulwechsel der Kinder, Zerstörung sozialer Netze von Unterstützung verwandtschaftlicher und nachbarschaftlicher Art, (die besonders für Geringverdienende, Alleinerziehende, kranke, eingeschränkte oder ältere Personen lebenswichtig sind). Es verletzt Menschen in ihrer Würde, wenn sie zur Verschiebemasse für profithungrige Konzerne werden. Der Schutz der Würde wird im Grundgesetz garantiert (Artikel 1GG). Ein Leben in ständiger Angst vor finanziellen Nöten, dem Verlust der Wohnung, Verdrängung oder gar Zwangsräumung und Obdachlosigkeit ist kein Leben in Würde. Zunehmende Privatisierung im Wohnungwesen und niedrige Zinsen haben längst zu einer gesellschaftlichen Schieflage geführt, die dem Grundgesetz und der Landesverfassung von Berlin entgegen steht und die Politik zu wirksamen Gegenmaßnahmen verpflichtet. Vom Senat erwarten wir, die fehlgeleitete Politik massiver Privatisierung kommunaler Wohnungsbestände zu korrigieren und seine gesetzlich verankerten Pflicht zur sozialen Daseinsfürsorge zu erfüllen. Da weniger radikale Maßnahmen dazu offensichtlich gescheitert sind, fordern wir die gesetzliche Ausgestaltung der Vergesellschaftung nach Artikel 15GG! „Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen“ Verfassung von Berlin, Artikel 28 „Jeder Missbrauch wirtschaftlicher Macht ist widerrechtlich.“ Verfassung von Berlin, Artikel 24 „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden.“ Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 15 Es gibt viele Gründe für die Enteignung von Deutsche Wohnen & Co. Eine Vergesellschaftung ist notwendig, weil:

  • Wohnen ein Grundbedürfnis darstellt und in jeder Hinsicht für das Menschsein unverzichtbar ist. Eine Bedrohung der Wohnung ist eine Bedrohung der Menschenwürde, eine Bedrohung gegen jede Form der menschlichen Entwicklung, der Teilhabe, der Familie, eine Bedrohung gegen das Leben selbst. Hierzu sind in der Geschichte reichlich Beispiele zu finden. Nur ein Leben ohne andauernde Existenzangst kann menschenwürdig sein.
  • Deutsche Wohnen & Co eine Strategie der Mietpreissteigerung um jeden Preis verfolgen. Da sie hohe Kredite für den Ankauf ihres Bestandes aufgenommen haben und ihren Aktionären hohe Gewinne versprechen, sind sie dazu „gezwungen“, die Mieten immer weiter hochzutreiben. Sie werden durch Appelle an das soziale Gewissen damit nicht aufhören, da das Ausquetschen der Mieterschaft elementarer Bestandteil ihrer Geschäftsstrategie ist.
  • Insbesondere die Deutsche Wohnen, das führende Unternehmen im Berliner Immobilienmarkt, eine marktbestimmende Stellung besitzt. Die kleinen Miethaie schauen auf den großen Miethai und nehmen ihn als Vorbild. So wird auch eine Niederlage des großen Miethais für die Kleineren eine Lehre sein. Deutsche Wohnen das Handwerk zu legen nützt allen Mieterinnen und Mietern in Berlin, die vom Mietenwahnsinn betroffen sind.
  • Die Auswüchse gegen Mieter in ihrer Gesamtheit keine tragischen Einzelfälle darstellen, sondern vielmehr Ausdruck eines strukturellen Problems einer rein profitorientierten Wohnraumbewirtschaftung sind. Dabei nehmen die führenden Immobilienunternehmen aufgrund ihrer Größe eine marktbeherrschende Sonderstellung ein. Sie sind einerseits aufgrund ihrer Größe in der Lage, die Entwicklung der Mieten und auch der Mietgesetzgebung zu beeinflussen (siehe Angriffe auf den Mietspiegel) und sind andererseits aufgrund ihrer wirtschaftlichen Ausrichtung im Besonderen für Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt verantwortlich.
  • Alle bisherigen Maßnahmen des Landes Berlin zur gesetzgeberischen Einflussnahme auf steigende Mieten deren Anstieg weder verlangsamten oder verhinderten. Selbst das als tiefgreifend wahrgenommene Vorkaufsrecht konnte nur punktuell und in Einzelfällen Mieter vor Wohnungsverlust schützen. Ganz entscheidend ist auch, dass das Bundesgesetz zur Modernisierungsumlage (§559 BGB), welches die Modernisierungsumlage für das gesamte Bundesgebiet regelt, in der Stadt Berlin im Besonderen für den Wohnungsverlust verantwortlich ist und zur Verarmung der Bevölkerung führt, ohne dass dem Senat von Berlin außerhalb einer Enteignung wirksame Mittel zum Schutz der Bevölkerung zur Verfügung stünden.
  • Gegenwärtig keinerlei Anzeichen erkennbar sind, die auf eine Trendwende bei der Mietpreisentwicklung schließen lassen. Vielmehr ist eine fortwährende Eskalation bei der Mietenentwicklung abzusehen. Der Aufwärtstrend ist keine kurzfristige Erscheinung, sondern lässt sich über viele Jahre zurückverfolgen.

Deutsche Wohnen die Häuser vergammeln lässt, keine ausreichende Instandhaltung betreibt (siehe ständige, tagelange Heizungsausfälle im Winter), um sie dann teuer zu modernisieren und die Bestandsmieter zu vertreiben.

  • Es notwendig ist, eine Grenze zu ziehen. Wie lange wollen wir zusehen, dass unsere Stadt zur Beute einiger gieriger Profitjäger wird? Ja, es muss auch ein Exempel statuiert werden, damit die weiterhin nach Berlin strömenden „Investoren“ abgeschreckt werden.
  • Die überwiegende Mehrzahl der Wohnungen im Besitz der Deutsche Wohnen früher städtisch waren: GSW und GEHAG. Wir wollen einfach unsere Häuser zurück.

Die Wohnungs- und Obdachlosigkeit im Vergleich zu den Vorjahren drastisch angestiegen ist und ein fortwährendes, schnelles Ansteigen nach gegenwärtigen Erkenntnissen sicher ist. Die zu enteignenden Immobilien verfügen auch über Grundstücke, die Möglichkeiten zum Neubau von Sozialwohnungen eröffnen.

  • Durch den staatlichen Eingriff der Spekulation Einhalt geboten würde. Eine Folge wären fallende Immobilien und Grundstückspreise. Aktuell stellt der hohe (weil spekulative) Grundstücks- und Immobilienpreis das wesentliche Hemmnis auf dem Weg zur Errichtung gemeinnützigen Wohnraums dar.
  • Der §559 BGB (Modernisierungsumlage) von großen Konzernen gezielt missbraucht wird, um die Mieteinnahmen zu steigern. Die Energieeinsparung und somit der umweltbezogene Nutzen dieser Maßnahmen wird von vielen Baufachleuten angezweifelt.
  • Die Großkonzerne das Land Berlin und somit die Berliner*innen durch sogenannte “share deals” nach Schätzungen um einen dreistelligen Millionenbetrag hintergangen haben. Diese Einsparung der Grunderwerbssteuer ist zwar legal (wer macht solche Gesetze?), jedoch nicht legitim.
  • Unter dem Einfluss der steigenden Mieten das Kultur- und Freizeitangebot zunichte gemacht wird. Beispielhaft sei hier auf das dringliche Problem der Jugendklubs und Freizeiteinrichtungen für Jugendliche verwiesen.

Die Liste wird fortgesetzt. Wir nehmen weitere Gründe gern entgegen.

Berliner Volksbegehren: Warum enteignen (abgerufen am 19. Juni 2020)

--Methodios (Diskussion) 10:35, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Ihre Initiative »Deutsche Wohnen und Co. enteignen« hat bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, weil sie die Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne in Berlin per Volksentscheid durchsetzen will. Vor kurzem hat der Senat bekanntgegeben, Anfang Juli die Prüfung Ihres Vorhaben abzuschließen. Zuvor hatten Sie geklagt. Weswegen? Der Senat hat über ein Jahr gebraucht, um die rechtliche Prüfung unseres Vorhabens abzuschließen – eine absurd lange Zeit. Das dürfte in der Regel nur ein paar Wochen oder Monate dauern. Deshalb haben wir eine Untätigkeitsklage eingereicht. Diese hat sich nun aber wieder erledigt, weil der Senat nun doch in einem Gespräch die Prüfung zugesichert hat.

Protest gegen Mietenwahnsinn. »Warnungen waren Propaganda«. Trotz Widerstand der Immobilienlobby: Berliner Initiative zur Enteignung großer Wohnungskonzerne kommt langsam voran. Ein Gespräch mit Rouzbeh Taheri. Interview: Sandra Schönlebe. Junge Welt vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 11:17, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Sind Sie optimistisch? Ja, wir erwarten einen positiven Bescheid. So waren auch bisher alle Signale aus der Senatsverwaltung für Inneres in den letzten Tagen. Es gibt auch keinen ernstzunehmenden Juristen, der die Zulässigkeit unseres Volksbegehrens, das sich immerhin auf das Grundgesetz bezieht, verneint. Sie beziehen sich dabei auf Artikel 15, wonach Enteignungen gegen Entschädigung vorgenommen werden können. Wirklich radikal wirkt das Vorhaben nicht. Darüber haben wir auch viel diskutiert. Viele von uns würden der Deutschen Wohnen gern höchstens eine symbolische Entschädigung von einem Euro pro Wohnung zahlen. Das ist aber im Rahmen des jetzigen Rechtssystems nicht möglich. Wir wollten eine Initiative starten, die realistisch ist und auch eine Chance auf Erfolg hat. Dennoch sprechen wir darüber, ob und wie man die Entschädigung niedrig halten und langfristig auch eine Vergesellschaftung ganz ohne sie durchführen kann.

Protest gegen Mietenwahnsinn. »Warnungen waren Propaganda«. Trotz Widerstand der Immobilienlobby: Berliner Initiative zur Enteignung großer Wohnungskonzerne kommt langsam voran. Ein Gespräch mit Rouzbeh Taheri. Interview: Sandra Schönlebe. Junge Welt vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 11:20, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Wie geht es für Sie nach der Prüfung weiter? Wir werden leider weitere Fristen abwarten müssen. Im Herbst, vielleicht auch erst im nächsten Frühjahr werden wir in die zweite Stufe gehen können. Dann müssen wir noch einmal etwa 200.000 Unterschriften sammeln. Wenn wir das schaffen, wird es zu einer Abstimmung kommen, bei der die Berliner dann direkt entscheiden können, wie es mit der Vergesellschaftung großer Konzerne weitergeht. Zwar zieht es sich noch hin, bis wir hoffentlich zu einem Volksentscheid kommen, aber durch unsere fortlaufenden Aktivitäten kann man auch andere Maßnahmen im Sinne der Mieter durchsetzen. Die Deutsche Wohnen ist kürzlich in den Dax aufgestiegen. Was bedeutet das für Mieter? Der Druck auf das Unternehmen, Rendite zu erwirtschaften, steigt noch mal weiter. Dax-Unternehmen stehen bei den Anlegern mehr im Fokus, da wird genauer geschaut, wieviel Geld verdient wird. Dieses Geld muss aus den Mietern herausgepresst werden. Ein Aufstieg ist schön für den Vorstand und die Aktionäre, für die Mieter ist es aber eine schlechte Nachricht.

Protest gegen Mietenwahnsinn. »Warnungen waren Propaganda«. Trotz Widerstand der Immobilienlobby: Berliner Initiative zur Enteignung großer Wohnungskonzerne kommt langsam voran. Ein Gespräch mit Rouzbeh Taheri. Interview: Sandra Schönlebe. Junge Welt vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 11:24, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Der Konzern hat trotz Einbußen durch den sogenannten Mietendeckel erst kürzlich 21 Häuser in Berlin erworben. Wie passt das zusammen? Das zeigt erst mal, dass die Warnungen der Immobilienlobby, nun würde niemand mehr in Berlin investieren, eine propagandistische Lüge waren. Die Deutsche Wohnen hat einen leichten Strategiewechsel vollzogen. Letztes Jahr haben sie mehrere tausend Wohnungen in schlechtem Zustand am Stadtrand an das Land Berlin verkauft. Gleichzeitig versuchen sie in begehrten Altbaulagen, einem sehr hochpreisigen Sektor, in Berlin anzukaufen. Das könnte darauf hindeuten, dass diese Häuser später aufgeteilt werden sollen, um sie als Eigentumswohnungen zu verkaufen, weil in Berlin die klassische Mieterhöhung nicht mehr möglich ist. An diesem Sonnabend steht in Berlin erneut eine Demo gegen »Mietenwahnsinn« an, dazu wird in anderen deutschen Städten gegen Verdrängung protestiert. Was plant Ihre Initiative in nächster Zeit? Wir haben fast wöchentlich Veranstaltungen, die digital stattfinden. Aber wir machen auch Events in der Öffentlichkeit, gerade im Rahmen der Abwehr des Kaufes von Häusern. Wir versuchen, auch jetzt mit den Mietern in Kontakt zu bleiben und die Aktivisten zusammenzuhalten. Auch wenn das Coronazeiten nicht ganz einfach ist. Am Samstag wollen wir zeigen, dass die Mieterbewegung in Berlin nicht eingeschlafen ist und die Probleme bei weitem noch nicht gelöst sind. Ab 14 Uhr geht es am Potsdamer Platz los.

Protest gegen Mietenwahnsinn. »Warnungen waren Propaganda«. Trotz Widerstand der Immobilienlobby: Berliner Initiative zur Enteignung großer Wohnungskonzerne kommt langsam voran. Ein Gespräch mit Rouzbeh Taheri. Interview: Sandra Schönlebe. Junge Welt vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 11:28, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Eigentlich ist der Senatsbeschluss zur Zulässigkeit des Volksbegehrens »Deutsche Wohnen & Co enteignen« bereits formuliert. Der entscheidende Satz steht an erster Stelle. »Der Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens ist formal und materiell-rechtlich zulässig«, heißt es in dem »nd« vorliegenden Entwurf. Doch der in der rot-rot-grünen Koalition anhaltende Streit um die Sozialisierung verhindert den tatsächlichen Beschluss weiterhin. »Im Verfahren um die Zulassung des Enteignungs-Volksbegehrens werden nun schon zum zweiten Mal feste Zusagen im Hinblick auf eine schnelle Prüfung gebrochen«, sagt Ralf Hoffrogge empört zu »nd«. Er ist eine der Vertrauenspersonen des Volksbegehrens »Deutsche Wohnen & Co enteignen«. Zunächst hatte die »Berliner Zeitung« über die erneuten Verzögerungen berichtet. Seit über 14 Monaten hängt das Volksbegehren in der rechtlichen Prüfung der Verwaltung von Innensenator Andreas Geisel (SPD). Es ist ein offenes Geheimnis, dass dies vor allem an der politischen Ablehnung der Sozialdemokraten liegt. Martin Pallgen, Sprecher des Innensenators, bestreitet das allerdings auf nd-Anfrage: »Es ist Unsinn, dass wir verzögern würden. Es gab allerdings in der Zwischenzeit einen Senatorenwechsel in der Stadtentwicklungsverwaltung. Die internen Abstimmungen laufen.« Unser täglicher Newsletter nd-Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion - und das jeden Abend schon um 19.30 Uhr. Hier das kostenlose Abo holen. Inzwischen ist der Beschluss der Zulässigkeit des Sozialisierungs-Volksbegehrens so lange aufgeschoben, dass das Ziel einer Abstimmung darüber parallel zur Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahl im September 2021 gefährdet ist. »Koalition und Senatsverwaltung haben uns bereits zweimal zugesichert, dass juristische Bedenken ausgeräumt seien und wir mit einer schnellen Zulassung rechnen können«, so Hoffrogge. Das sei zunächst in einer Runde mit den Koalitionsparteien im Juni und kurze Zeit später mit Beamten der Senatsinnenverwaltung der Fall gewesen. »Jedes mal erfuhren wir erst aus der Zeitung, dass die gemachten Zusagen hinfällig sind.« Zuletzt Ende Juli war man bei »Deutsche Wohnen & Co enteignen« davon ausgegangen, dass bereits auf der Senatssitzung am 4. August endlich der Beschluss zur Zulässigkeit fällt. Da hatte ein Plenum darüber befunden, wie der Beschlusstext angepasst werden soll, damit er den juristischen Forderungen der Senatsinnenverwaltung genügt. »Schon die Praxis, dass der Senat uns zu Formulierungsänderungen im Antragstext gedrängt hat, ist hart an der Grenze der Legalität«, sagt Hoffrogge rückblickend. »Nun ist die Grenze zum Verfassungsbruch überschritten, weil die Koalition eine juristische Prüfung ganz offen in eine politische Arbeitsgruppe verlagert«, erklärt er angesichts der jüngsten Entwicklung. Tatsächlich soll in den nächsten Tagen eine Sechserrunde aus je zwei Vertretern der Koalitionspartner SPD, Linke und Grünen aus Senat und Partei über den Text des Senatsbeschlusses konferieren. »Wir arbeiten mit Hochdruck und viel Energie an einer gemeinsamen Stellungnahme«, sagt die Berliner Linken-Chefin Katina Schubert auf nd-Anfrage. Dass es in der Koalition unterschiedliche Auffassungen zum Volksbegehren gibt, sei seit über einem Jahr bekannt. »Wir versuchen bis spätestens nächste Woche zu einer Einigung zu kommen«, verspricht Schubert. Dabei ist der von der Stadtentwicklungsverwaltung unter Senator Sebastian Scheel (Linke) formulierte Beschlussvorschlag zur Zulässigkeit des Volksbegehrens schon äußerst zurückhaltend formuliert. So heißt es, dass das »grundsätzliche Ziel der Initiatoren, den ›gemeinwirtschaftlichen‹ Anteil am Wohnraumangebot zu erhöhen« vom Senat »ausdrücklich unterstützt« werde. Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen des Mietendeckels »bereits jetzt den Mieterinnen und Mietern zugutekommen, deren Wohnungen nach den Vorstellungen der Initiatoren sozialisiert werden sollen«. Es sei »ein Vergesellschaftungsgesetz erforderlich«, wird gegen Ende des Beschlussentwurfs festgestellt. Dies hätte weitreichende Bedeutung und »wäre – erneut – juristisches Neuland«. Es bedürfe »einer angemessenen Legitimation und auch in den Details ausführlicher Debatten sowie umfangreicher Recherchen«. »Eigentlich hätte ich als eine der Vertrauenspersonen des Volksbegehrens von der Verwaltung über den Stand der Prüfung informiert werden müssen. Das ist weder informell noch offiziell geschehen, seit dem 2. September antwortet die Innenverwaltung nicht auf Nachfragen«, erklärt Ralf Hoffrogge. »Direkte Demokratie ist kein Gnadenakt, sondern ein Verfassungsrecht. Tragen Grüne und Linke diesen Rechtsbruch mit?«, will er wissen. Für 'Deutsche Wohnen & Co enteignen' stelle sich die Frage, »wie handlungsfähig die rot-rot-grüne Koalition überhaupt ist«. »Wenn wir als Rot-Rot-Grün glaubhaft eintreten wollen für die direkte Demokratie, dann darf es keine Verzögerungen mehr geben«, sagt auch die Grünen-Wohnungspolitikerin Katrin Schmidberger zu »nd«. Sie beklagt die »Verzögerungstaktik« des Koalitionspartners SPD, die auch von Grüner Seite im Koalitionsausschuss, der am Mittwoch getagt hatte, heftig kritisiert worden sei. »Man muss dann aber auch schnell anfangen, mit der Initiative ›Deutsche Wohnen & Co enteignen‹ über einen konkreten Gesetzestext zu verhandeln«, fordert Schmidberger. Es sei zu spät, damit erst nach dem Volksentscheid beginnen zu wollen, wie es letztlich der Beschlussentwurf des Senats nahelegt. »Ich glaube, dass man den Vergesellschaftungs-Entscheid eher gewinnen kann, wenn man konkret zeigt, wie man es angehen möchte«, ist die Politikerin überzeugt. »Deutsche Wohnen & Co enteignen« prüft nun, ob die Beantragung einer einstweilige Verfügung der im Mai beim Verwaltungsgericht gegen den Senat eingereichten Klage wegen der Verzögerungen zum Erfolg verhelfen kann.

Beweis der Farce der Demokratie und Herrschaft der Bonzokratie und der Wirtschaft

Sozialisierung wird totverhandelt. Das Berliner Volksbegehren »Deutsche Wohnen & Co enteignen« hängt wegen Koalitionsstreit weiter fest. Von Nicolas Šustr. ND vom 10. September 2020

--Methodios (Diskussion) 17:29, 10. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

»Seit 2005 gibt es in Berlin keinen Mieter-, sondern einen Vermietermarkt«, sagt Jens Heimendahl auf dem Oranienplatz zu Beginn seiner Stadtführung am Samstagvormittag. Nachdem der rot-rote Senat seinerzeit große Teile der kommunalen Wohnungsgesellschaften verkauft habe, werden in Berlin vermehrt Profite mit dem Grundrecht auf Wohnen erzielt, so Heimendahl. Wie Wohnen gemeinschaftlich und sozial organisiert werden kann, zeigt der Stadtführer den etwa zwanzig Interessierten während seiner Kieztour »Anders wohnen« am Beispiel verschiedener alternativer Wohnungsprojekte in Kreuzberg. Die »Kieztouren mit Herz« werden seit 2016 vom Katholischen Deutschen Frauenbund, dem Erzbistum Berlin und dem Berliner Caritasverband organisiert. »Wir möchten dadurch soziale Themen in der Stadt aufgreifen und durch Stadtspaziergänge erfahrbar machen«, erklärt Michael Haas-Busch von der Berliner Caritas. Im Vorjahr hatte die Kieztour-Reihe Wohnungslosigkeit zum Thema. In diesem Jahr drehen sich die Stadtspaziergänge um alternative Formen des Wohnens zur Miete und werden in Kooperation mit dem Institut für Nachhaltigkeit durchgeführt. Einer der alternativen Wohnorte ist die Bauwagensiedlung Kreuzdorf am Mariannenplatz. In der Siedlung lebten Anarchisten, Linke und Hippies, die »kein Treppenhaus mehr sehen wollen und das Leben in einer Bauwagensiedlung bevorzugen«, erläutert Heimendahl. Direkt daneben befindet sich das Georg-von-Rauch-Haus, ein im Dezember 1971 besetztes ehemaliges Schwesternwohnheim des benachbarten Bethanien-Krankenhauses. »This is not a tourist attraction«, prangt in schwarzer Schrift auf der Backsteinfassade des Hauses, das nach dem Berliner Stadtguerillero Georg von Rauch benannt wurde und vom Trägerverein »Georg von Rauch-Haus Jugend- und Kulturzentrum Kreuzberg e.V.« verwaltet wird. Bis heute leben in dem Selbsthilfeprojekt für Jugendliche mit sozial schwierigem Hintergrund vierzig bis fünfzig Menschen. Ein ebenso nichtkommerzielles und demokratisches Nachbarschafts-, Wohn- und Kulturprojekt ist das »Teepeeland«. Das offene Zeltdorf, das vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg geduldet wird, ist das letzte besetzte Grundstück am Kreuzberger Spreeufer. Dort, wo in den Jahren nach der Wende zahlreiche neue Bürogebäude, Lofts, Hotels und Veranstaltungsorte entstanden sind, stehen eine Handvoll Tipis, Zelte und Hütten auf einer der wenigen übrig gebliebenen Brachflächen. »Hier finden regelmäßig Konzerte oder Filmvorführungen statt«, erzählt Heimendahl. Wie lange das Zeltdorf dort noch stehen könne, sei nicht sicher, da der Senat den Bau eines Uferwegs an der Spree plane. Direkt daneben befindet sich das Grundstück der Wohn- und Baugenossenschaft Spreefeld. Der »Spreeacker« umfasst 60 Apartments sowie verschiedene kulturelle, soziale und gewerbliche Einrichtungen. Neben dem öffentlichen Zugang zur Spree gibt es Raum für gemeinschaftliche Initiativen wie Nachbarschaftsgärten oder kulturelle Projekte. »Wir haben die Genossenschaft mit dem Ziel gegründet, sozial und ökologisch wohnen und arbeiten zu können«, erklärt Michael LaFond, Gründer des »Instituts für kreative Nachhaltigkeit«. Die rund 140 Bewohner*innen der drei Passivhäuser der Genossenschaft beziehen ihren Strom aus Solaranlagen, Geothermie und einem Blockheizkraftwerk. Von einer Dachterrasse eines der Sichtbetonhäuser fällt der Blick auf das gegenüberliegende Holzmarkt-Gelände. Dieses sei eines der »Objekte der Begierde« am Spreeufer gewesen, eine der am heißest umkämpften Bauflächen Berlins, erklärt Heimendahl. Das Holzmarkt-Areal wurde im Oktober 2012 von der Schweizer Stiftung Abendrot in einem Bieterverfahren erworben und teilweise der »Genossenschaft für urbane Kreativität« in Erbpacht zur Verfügung gestellt. Der Holzmarkt sei ebenso wie der »Spreeacker« eines der alternativen urbanen Projekte, die sich zum Ziel setzten, Teilhabe, Nachhaltigkeit sowie soziale Verträglichkeit zu vereinen, sagt Heimendahl. Und davon - das wird im Verlauf der fast dreistündigen Stadtführung deutlich - gibt es in Kreuzberg eine ganze Menge.

Anders Wohnen in Kreuzberg. Die »Kieztour mit Herz« stellt alternative Wohnformen und deren Geschichten vor. Von Georg Sturm. ND vom 7. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 17:35, 10. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Dem ohnehin ins Schlingern geratenen Mitte-links-Bündnis in Berlin stehen neue, schwierige Debatten bevor. Während die Linke und die Grünen sich in ihren Parteitagsbeschlüssen für eine Unterstützung des laufenden Volksbegehrens »Deutsche Wohnen & Co enteignen« ausgesprochen haben, ist die SPD bekanntermaßen dagegen. Die viel zu lange rechtliche Prüfung des Volksbegehrens durch den Innensenat spricht für sich selbst – offenbar soll das politische Anliegen verzögert und ausgebremst werden. Die angestrebte landesweite Abstimmung der Berlinerinnen und Berliner über die Enteignung von privaten Wohnungskonzernen, die jeweils mehr als 3000 Wohnungen in Berlin besitzen, parallel zur Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahl wird damit zusehends unrealistisch. Dieser zweifelhafte Umgang mit der direkten Demokratie ist eines Mitte-links-Bündnisses unwürdig. Statt sich inhaltlich zu positionieren, wird laviert, taktiert und vertröstet. Besser kann man Politikverdrossenheit nicht befördern. Gleichwohl kann sich die Initiative »Deutsche Wohnen & Co enteignen« zugute halten, dass sie eine stadtpolitische Debatte ohne Gleichen losgetreten hat. Ohne diese Diskussion, das ist keine gewagte These, hätte es den Mietendeckel mit dem Einfrieren der Bestandsmieten für fünf Jahre niemals gegeben. Das Volksbegehren hat also eine radikale Politik mit ermöglicht, die vorher so nicht denkbar gewesen wäre. Wie stark das die Immobilienwirtschaft und rechte Opposition empört, lässt sich nahezu täglich in deren Reaktionen ablesen. Das aktuelle Ringen um die Senatsvorlage der Initiative zeigt aber, dass das Mitte-links-Bündnis aus SPD, Linke und Grünen Angst vor der eigenen Courage bekommt. Statt konsequent Positionen zu entwickeln und diese politisch umzusetzen, verstricken sich die Koalitionspartner immer mehr in wenig nachvollziehbare Nickligkeiten. Ausgerechnet bei den großen Themen Klima, Verkehr und Stadtpolitik und Mieten, wo die Berlinerinnen und Berliner Antworten statt Lamentos erwarten.

Kommentare Wem gehört die Stadt? Antworten statt Lamentos. MEINE SICHT: Martin Kröger wünscht sich eine Position des Senats zum Enteignungs-Begehren. Von Martin Kröger. ND vom 10. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 17:58, 10. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Am Dienstagmorgen um neun Uhr war alles zusammengekehrt. Vom »Wohnzimmer« unter den Bögen der Oberbaumbrücke über die Spree ist nichts mehr übrig. Die obdachlosen Menschen, die dort seit langer Zeit ihren Unterschlupf haben, sind verschwunden. BSR-Beschäftigte schieben unter den Augen von Ordnungsamt und Polizei Matratzen und Schlafsäcke zusammen und hieven die Habseligkeiten in ein Müllauto. Der Grund, so heißt es seitens des Bezirksamtes Friedrichshain-Kreuzberg: Das »raumgreifende Campieren« habe die regelmäßige Reinigung der Brücke verhindert. »Beräumungen von Obdachlosencamps wie auf der Oberbaumbrücke sind das letzte Mittel der Wahl und erfolgen immer mit begleitenden Angeboten zur Hilfestellung«, lautet die Antwort auf nd-Nachfrage. Mit diesem Vorgehen folge man den Leitlinien des Senats. Das Streetwork-Projekt, mit dem das Sozialamt zusammenarbeitet, habe die Campierenden auf die bevorstehende Beräumung hingewiesen. Von Seiten der zuständigen Diakonie Stadtmitte hätten Sozialarbeiter*innen versucht, eine Klärung und »nach Möglichkeit den Verweis in weiterführende Hilfen« durchzuführen. Auf »nd«-Nachfrage möchte man sich seitens der Diakonie dazu nicht äußern. So muss auch am Mittwoch unklar bleiben, ob die Menschen in Notunterkünfte oder an die Soziale Wohnhilfe des Bezirks verwiesen wurden. Auch Ronny G. hat bis zum Dienstag gebangt, ob er demnächst wieder auf der Straße leben muss. »Ich hatte Angst, obdachlos zu werden«, sagt der 30-Jährige zu »nd«. Erst kurzfristig konnte sich der junge Mann am Nachmittag mit dem Verein My Way, der seit drei Jahren Wohnungslose wie ihn unterbringt und berät, gütlich einigen - vorerst. Monatelang hatte G. sich seinen Aussagen zufolge gegen Bevormundung und Zuschreibungen durch Betreuer*innen von My Way gestemmt - bis ihm von der Geschäftsführung angekündigt wurde, die Hilfe, das heißt die Unterkunft, zu kündigen. Dabei habe er sich nur dagegen ausgesprochen, einer Überführung in die sogenannte Eingliederungshilfe zuzustimmen, sagt der wohnungslose Künstler. Auch wiederholte Umzüge habe er aus persönlichen Gründen nicht einfach vollziehen können. »Ich stand sehr unter Druck, im Sinne des Vereins zu kooperieren, dabei sollte es doch bei der Wohnungssuche auch um meine Bedürfnisse gehen.« Zum Glück, sagt G., habe er sich gewehrt und die Öffentlichkeit sowie anwaltliche Unterstützung gesucht. »Allein hätte ich das nicht gepackt«, erklärt der Künstler. Er könne allen in seiner Situation nur raten, sich mit Beistand und Unterstützung, zum Beispiel durch die Erwerbsloseninitiative Basta, für die eigenen Rechte einzusetzen. Auch seitens des Vereins My Way zeigt man sich zu dem Fall erleichtert. »Wir haben einen Unterkunfts- und Betreuerwechsel vereinbart«, erklärt Marco Schulze, Geschäftsführer von My Way gegenüber »nd« am Mittwoch. Man wolle prüfen, an welchen Stellen die Wahrnehmung einer »paternalistischen Haltung« entstanden sein könnte, heißt es weiter. Für den Tag der Wohnungslosen am Freitag rufen Initiativen wie die Selbstvertretung wohnungsloser Menschen oder das Armutsnetzwerk zu einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus. Um 19 Uhr soll es von dort aus eine Demonstration zum Alexanderplatz geben. »In Berlin sind Tausende Menschen obdachlos. Sie sind auf der Straße Kälte, Gewalt und dem Coronavirus ausgesetzt«, erklären die Organisator*innen. Gleichzeitig gebe es aus Spekulationsgründen massenhaften Leerstand von Wohnungen. Dies sei ein Skandal und Wohnen ein Menschenrecht.

Wohnungslose unter Druck. Die Angst vor Räumung oder Kündigung ist groß - und berechtigt. Von Claudia Krieg. ND vom 9. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 18:06, 10. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Katholische Kirche als Immobilienspekulant[Bearbeiten]

Dass die katholische Kirche einer der größten Immobilienbesitzer in Deutschland ist, wurde uns erst während der Besetzung bewusst.« Uli Möller sitzt in einem Café an der Kreuzung Großbeeren-/Obentrautstraße im Berliner Ortsteil Kreuzberg, direkt gegenüber dem Haus, das ihn seit Jahren mit der katholischen Kirche verbindet. Er zählt zu den erfahrensten Hausbesetzern Berlins. Mit der Besetzung einer Wohnung in der Großbeerenstraße 17a legte er sich 2018 dann mit einer neuen Gegnerin an: Der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft, das größte Wohnungsunternehmen der katholischen Kirche in Deutschland. Deshalb will er auch nicht seinen richtigen Namen in der Zeitung lesen. In Sachen Wohnraum blieb Möller letztendlich erfolglos, doch den Druck, das Haus für soziale Zwecke zu nutzen, erhöhte sie merklich. Und nach Jahren der Diskussionen um den Mietenwahnsinn in deutschen Städten geriet durch diese Episode das Treiben der katholischen Kirche auf dem Wohnungsmarkt ins Rampenlicht. Die Großbeerenstraße 17a ist ein für die Berliner Innenstadt eher untypischer Altbau mit vier Stockwerken statt den üblichen fünf. Die Wohnhäuser in der Nachbarschaft beherbergen im Erdgeschoss Geschäfte und Gastronomie. Die Gegend ist ruhig, dabei befindet sich nur einige hundert Meter entfernt die Bundeszentrale der SPD und dahinter das Regierungsviertel. So gesehen also eine ziemlich gute Wohngegend. »Das war hier lange eher eine Schattenlage und ist es immer noch ein bisschen«, hält Möller mit leichtem schwäbischen Akzent fest. »Hier gibt es noch nicht so viele Eigentumswohnungen.« Seine Einschätzung gründet sich auf eine lange Erfahrung. 1976, erzählt er, kam er als etwa 20-Jähriger nach Berlin, zog damals schon in diesen Teil Kreuzbergs, in dem er seit 2004 wieder lebt. Wer etwas über Berlins wohnungspolitische Kämpfe der vergangenen Jahrzehnte wissen will, kann bei Möller viel erfahren. »1980 habe ich ein Haus in Kreuzberg mitbesetzt«, berichtet er. »Ich war in der Besetzungsbewegung aktiv. Instandbesetzer nannten wir uns.« In drei besetzten Häusern habe er bis 1992 gewohnt. Damals ging es darum, Abriss und Entkernung ganzer Altbaublöcke zu verhindern und verfallene Gebäude herzurichten. »Die Bewegung war erfolgreich«, erzählt Möller. »Viele Häuser sind erhalten geblieben, viele Alteingesessene wurden nicht verdrängt.« Der mehrfache Besetzer redet langsam und schaut dabei oft in die Ferne, als würde er sich die bewegte Vergangenheit bildlich in Erinnerung rufen. Trotz seinem weißen Haar wirkt er durch seine Jeansjacke, die lockere Hose mit Seitentaschen und die Turnschuhe auf den ersten Blick nicht wie jemand im Rentenalter. »2005 ungefähr setzte in Kreuzberg eine ungeheure Mietensteigerung ein«, erinnert sich Möller. Das hielt die Aachener Wohnungsgesellschaft nicht von ihren Kaufinteressen ab. Sie gehört den katholischen Bistümern Köln, Aachen, Essen, Münster, Paderborn und Trier. Ende 2014 kaufte sie die Großbeerenstraße 17a im stark vernachlässigten Zustand von einem Privatbesitzer ab. Damals schon standen die meisten Wohnungen des Hauses leer, Bewohner sollen entmietet worden sein. Unbegründeter Leerstand war zu der Zeit aber nur für sechs Monate erlaubt. In den folgenden vier Jahren verlangte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg mehrmals die Vermietung der leeren Wohnungen, die katholische Firma sagte zu, hielt ihre Versprechen aber nicht ein. Zwischendurch wollte sie Balkone anbauen und das Dachgeschoss ausbauen, Dachterrassen inklusive, doch diese Maßnahmen genehmigte das Bezirksamt nicht. Möllers Lebensumfeld hatte sich unter anderem durch den Bau von Eigentumswohnungen in der Nachbarschaft, die hohen Mietsteigerungen in seinem Wohnhaus und den Wegzug von Bekannten verändert. Möller wollte wieder in einer politischen Hausgemeinschaft leben. Da er seit 2011 in einer Stadtteilgruppe im südlichen Kreuzberg engagiert ist, fand er Gleichgesinnte, die mit ihm nach geeigneten Häusern suchten. Die G17a, wie das Haus mittlerweile genannt wird, stand offensichtlich größtenteils leer, einschließlich des Ladenlokals und des großen Souterrains. 2016 und 2017 zeigte die Gruppe schriftlich Interesse am Kauf des Hauses, wurde aber von der Aachener SWG abgelehnt. Den Kauf wollte Möllers Gruppe mit der Hilfe des Mietshäusersyndikats verwirklichen, einer bundesweiten Organisation, die Hausvereine unterstützt und Häuser dem Markt entziehen will, um die Mieten relativ niedrig halten zu können. Möller hält dieses Ansinnen mittlerweile für chancenlos: »Da die Preise so gestiegen sind, ist es in der Berliner Innenstadt nicht mehr möglich, Häuser zu kaufen.« Wie also an bezahlbaren Wohnraum in der Innenstadt kommen und mit politisch gleichgesinnten Menschen zusammenziehen? Im September 2018 besetzte Möller eine Wohnung im ersten Stock der G17a. Unter dem Hashtag besetzen hatten in dem Jahr bereits mehrere Gruppen Häuser oder Wohnungen, auch den Google-Campus in Kreuzberg besetzt. Anders als dort konnte Möllers Gruppe nach Verhandlungen vorerst bleiben. Mit der Eigentümerin wurde eine Nutzungsvereinbarung geschlossen. Die Eckwohnung mit den großen Fenstern wurde für politische Veranstaltungen und Treffen stadtpolitischer Gruppen genutzt. Es folgten Verhandlungen, bei denen Politikerinnen der Grünen vermittelten. Doch die Aachener SWG wehrte sich gegen das angestrebte Wohnprojekt samt einem Raum für die Nachbarschaft. Die Firma lehnte auch das von der Hausprojektgruppe erarbeitete Konzept für eine gemeinsame Nutzung des Hauses ab. Ende Mai 2019 sollte geräumt werden. Bevor die Polizei eintraf, zogen die Besetzer aus. Verhandlungen wurden »abgewürgt« Julian Schwarze ist Fraktionssprecher der Grünen im Bezirksparlament. Er hat nach eigener Aussage sowohl mit der Hausprojektgruppe als auch mit der Wohnungsgesellschaft und den Moderatorinnen über den Verhandlungsprozess gesprochen. Er sagt, die Eigentümerin habe die Verhandlungen auf ihm unverständliche Weise »abgewürgt«. Ohnehin steht der Vorwurf im Raum, dass die Aachener SWG mit dem Bau von Balkonen und Dachterrassen ursprünglich eine Luxussanierung plante und mit dem langen Leerstand auf höhere Preise spekulierte. Erst im Dezember 2018 - drei Monate nach der Wohnungsbesetzung und vier Jahre nach dem Kauf des Hauses - beantragte die Firma Baugenehmigungen, um ein soziales Wohnprojekt und eine Winternotübernachtung für Obdachlose im Haus realisieren zu können. Elke Ihrlich vom Sozialdienst katholischer Frauen, der beide Projekte durchführt, sagt im Gespräch mit »nd«, dass sie im Oktober 2018 - ebenfalls erst nach der Besetzung - mit der Arbeit an den nötigen Finanzierungsanträgen begann. Die freien Wohnungen werden laut Hauseigentümer nach der Sanierung auf dem Markt angeboten. Im Herbst soll es endlich so weit sein. Ein soziales Projekt habe sie schon immer im Haus unterbringen wollen, teilt die Firma mit. Unklar ist, ob die Aachener SWG das zwischenzeitlich vom Bezirk verhängte Zwangsgeld wegen Leerstands zahlen muss, denn sie hat dagegen Widerspruch eingelegt. Julian Schwarze ist dafür: »Ich fände eine Strafzahlung für den jahrelangen Leerstand angemessen. Berlins Gesetz gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, Zwangsgelder zu verhängen.« Die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft baut laut Selbstdarstellung seit 1949 Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie ganze Siedlungen für kirchliche, kommunale und private Bauherren, überwiegend Eigentumswohnungen. In ihrem Leitbild ist die Rede von sozialer Verantwortung, sozial-christlicher Ausrichtung, christlich-sozialen Grundwerten und katholischer Soziallehre. All das stehe »im Vordergrund unserer Immobilienleistungen«. Lob erhielt die Gesellschaft in den letzten Jahren über Berlin hinaus, weil sie im Stadtteil Neukölln einen heruntergekommenen Häuserkomplex übernahm und sanierte, der zuvor an Menschen aus Osteuropa auf ausbeuterische Weise vermietet wurde. In einem anderen Berliner Stadtteil gehört der Gesellschaft ein Ladenlokal, in dem sie als angenehme Vermieterin gelobt wird. Rabiates Vorgehen hat das kirchliche Unternehmen auch gar nicht nötig, schließlich ist es in den vergangenen Jahren finanziell erfolgreich gewesen, unter anderem mit großen Gewerbeimmobilien in Einkaufsmeilen. Der Jahresgewinn stieg von 24 Millionen Euro im Jahr 2009 auf fast 44 Millionen im Jahr 2017. 2018 waren es insgesamt 34 Millionen. Von 2013 bis 2019 schüttete die Firma nach eigener Aussage jährlich 4,4 Millionen Euro an die sechs Bistümer aus, der Rest des Gewinns verblieb in der Gesellschaft. Das gemeinnützige Journalismusbüro »Correctiv« begann vor Jahren eine Recherche zu den Investitionspraktiken der katholischen Kirche. Gegen das Erzbistum Köln klagt es derzeit in zweiter Instanz, um an Informationen zu kommen. Dem Bistum gehört mit über 40 Prozent der weitaus größte Anteil an der Aachener SWG. Diesen Anteil verbucht es laut »Correctiv« aber nur mit einem Wert von rund 15 Millionen Euro. Dabei rechnet das Recherchebüro in einem Artikel von Juni 2019 vor: »Zur Siedlungsgemeinschaft gehören rund 800 000 Quadratmeter Wohnungen in Berlin und Westdeutschland. Legt man einen durchschnittlichen Wert von 3000 Euro pro Quadratmeter zugrunde - wie es in Berlin das Mittel ist - kommt man auf 2,4 Milliarden Euro. 40 Prozent davon sind fast eine Milliarde Euro.« Auf Anfrage teilt die Aachener SWG dazu mit: »Als bestandshaltendes Unternehmen, das nicht mit seinen Immobilien spekuliert und handelt, berechnen wir nicht den Wert unseres Portfolios.« In Köln ist die Aachener SWG auch über ihr Tochterunternehmen Deutsche Wohnungsgesellschaft mbH (Dewog) im Geschäft. Dem gehören in der Stegerwaldsiedlung im Stadtteil Mülheim viele Mehrfamilienhäuser. Schon ab 2010 litten dort viele Menschen entweder unter Baulärm - zum Teil wegen Gebäudeabrissen - oder unter Baugerüsten, die sehr lange die Fenster verdeckten, oder auch unter Schimmel in Bädern, wie Tolga Atay von der politischen Gruppe »Solidaritätsnetzwerk Köln« berichtet. Er half eine Zeit lang bei der Organisierung von Protesten. Ab 2015 setzte die Dewog in der Siedlung mit EU-Fördergeldern und Partnern wie dem städtischen Energieversorger Rheinenergie ein großes Projekt unter der Überschrift »Smart City« um. Dabei wurden viele Häuser energetisch modernisiert und digitale Technik eingebaut. Die Stadt Köln erlaubte eine Mietsteigerung auf zehn Euro nettokalt pro Quadratmeter. Die Dewog erhöhte aber nur auf maximal neun Euro und legte zudem fest, dass die Mieterhöhung bei keiner Wohnung mehr als 120 Euro pro Monat betragen durfte. Tolga Atay äußert dennoch Kritik: »Wir können nicht die Preise hier mit dem allgemeinen Kölner Mietspiegel vergleichen. Man muss sie mit den Löhnen der Menschen vergleichen, die hier wohnen.« Aufwertungen durch neue Klimasiedlung in Köln-Mülheim Die Stegerwaldsiedlung war bis vor Kurzem das einzige sogenannte Milieuschutzgebiet Kölns. Das bedeutet, dass die Bevölkerungsstruktur als besonders angreifbar gilt. Hier wohnen überdurchschnittlich viele arme und alte Menschen. Gerade hier ein Smart-City-Leuchtturmprojekt durchzuführen, das unweigerlich Mietsteigerungen nach sich zieht, mag überraschen - umso mehr bei einer Hauseigentümerin mit hohem sozialem Anspruch. Doch die Aachener SWG wollte die Siedlung systematisch aufwerten. Noch 2018 stand im Internetauftritt des Erzbistums, schon 2010 seien »erste Sanierungsmaßnahmen getroffen worden, die einer Aufwertung der Gebäude dienen und eine differenzierte Sozialstruktur der Wohnbevölkerung fördern sollen.« Der Text ist seitdem verändert worden. Heute heißt es an selber Stelle: »Aufgrund der Sanierungsmaßnahmen und Aufstockungen vieler Häuser und der damit verbundenen Aufwertung der Gebäude verändert sich die Bevölkerungsstruktur der Stegerwaldsiedlung. Die neuen Mieter/innen sind häufig in Wohngemeinschaften lebende Student/innen und finanziell gut gestellte Familien.« Mission erfolgreich, lässt sich dies zusammenfassen. Die Mietobergrenze von neun Euro nettokalt galt übrigens nicht, wenn eine der modernisierten Wohnungen neu vermietet wurde, und auch nicht für die über 90 neuen Dachgeschosswohnungen, die im Zuge der Modernisierung errichtet wurden. So zeigt sich, dass sich das größte Wohnungsunternehmen der katholischen Kirche in Berlin und Köln ohne Not an der allgemeinen Mietentreiberei beteiligt und jedes Jahr Millionen Euro an seine Bistümer ausschüttet, zu denen mit Köln und Paderborn zwei der reichsten der Welt gehören. Im Berliner Fall verhinderte die Aachener SWG ein politisches Hausprojekt, das relativ niedrige Mieten und eine Einbindung der Nachbarschaft anstrebte. Besetzer Möller sagt, die Hausprojektgruppe, die im Laufe der Besetzung auf zehn bis 15 Menschen angewachsen war, mache nun nicht mehr weiter. Nur einige aus diesem Kreis seien auf der Suche nach einem anderen Haus. Er fügt hinzu: »Wir sahen uns alle als Teil des Kampfs gegen spekulativen Leerstand und für eine grundsätzlich andere Politik, nicht als eine Gruppe, die ihr individuelles Interesse durchsetzen wollte.« Zumindest in dieser politischen Hinsicht war die Besetzung der G17a erfolgreich: Die Kirche ist nun als große Wohnungsunternehmerin bekannt, die G17a soll soziale Projekte beherbergen.

Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft. Christliche Immobilienaufwertung. Das größte Wohnungsunternehmen der katholischen Kirche setzt sich für soziale Gerechtigkeit ein, trägt mit seinem Vorgehen in Berlin und Köln aber auch zu steigenden Mieten bei. Von Ralf Hutter. ND vpm 1. August 2020.

--Methodios (Diskussion) 17:53, 10. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Gewalt durch Verdrängung[Bearbeiten]

"Wir wissen, dass die Gentrifizierung kommen wird" Trotzdem fürchten die Skeptiker, dass ihnen das Glitzerprojekt vor ihrer Haustür eher schaden wird – vor allem durch steigende Mietpreise. Mehrere Bürgerinitiativen üben deshalb erheblichen Druck aus, etwa mit Sit-ins vor dem Büro der Bürgermeisterin von Chicago. "Wir wissen, dass die Gentrifizierung kommen wird", sagte die Aktivistin Ebonée Green vor Kurzem der "Chicago Tribune". Vermutlich hat sie recht. In Immobilienanzeigen wurde bereits mit der Nähe zum Obama-Zentrum geworben. Green sagt: "Wenn wir über Gewalt gegen schwarze Menschen reden, dann geht es nicht bloß um Polizeigewalt. Es geht um Gewalt durch Verdrängung." Von der Bürgermeisterin verlangt sie konkrete Programme, die dauerhaft für bezahlbaren Wohnraum in den angrenzenden Quartieren sorgen.

Streit über Großprojekt der Obamas. Eine gute Geschichte. Aber wie geht sie weiter? Michelle und Barack Obama haben kein Glück mit ihrem Obama Presidential Center in Chicago. Klagen und Proteste blockieren das ehrgeizige Projekt des Ex-Präsidentenpaars. Von Dietmar Pieper. Der Spiegel vom 12. Juli 2020

--Methodios (Diskussion) 11:21, 13. Jul. 2020 (CEST)[Beantworten]

Es ist aktuell wohl eines der umstrittensten Bauvorhaben in Berlin. Das Karstadt-Kaufhaus am Hermannplatz soll, wenn es nach dem Eigentümer geht, zugunsten eines historisierenden Neubaus abgerissen werden. Wobei der Streit darüber längst die Landesebene erreicht hat. Bei einer Podiumsdiskussion der SPD mit ihrem Parteikollegen und Regierenden Bürgermeister Michael Müller war am Mittwochabend von all den Konflikten um den Kartstadt-Neubau gleichwohl wenig zu spüren. »Es gibt einen guten Grund, dass der Begriff Stadtentwicklung und nicht Stadtstillstand heißt«, sagte Müller in Richtung der zumindest auf der SPD-Veranstaltung zahlenmäßig nur schwach vertretenen Kritiker der Karstadt-Pläne. Der Eigner von Galeria Karstadt Kaufhof, die Signa Holding des österreichischen Immobilienmilliardärs René Benko, will anstelle des jetzigen Kaufhauses einen pompösen Neubau im Stil der 1920er Jahre errichten. Der derzeitige Bau sei »nicht mehr zukunftsfähig«, begründete der Deutschland-Chef von Signa, Timo Herzberg, das Vorhaben. Außer der Architektur ist indes nur wenig Konkretes über das Neubauvorhaben bekannt. Auch Herzberg erklärte lediglich, dass es neben der Ladenfläche auch Büros, eine Kita, bezahlbare Wohnungen, öffentlich zugängliche Flächen und Platz für Vereine geben soll. So wolle man die Attraktivität des Standortes und des angeschlagenen Einzelhandels erhöhen und - Überraschung - mehr Kunden anlocken. Anders als die sozialdemokratischen Neubaufreunde kritisieren Stadtteilinitiativen das Vorhaben vehement. Ihre Befürchtung: Ein luxuriöser Neubau als berlinweiter, auch touristischer Anziehungspunkt könnte sich auf das ohnehin schon von massiven Aufwertungsprozessen betroffene Gebiet rund um den Hermannplatz noch einmal zusätzlich auswirken. Die verschiedenen stigmatisierten Bevölkerungsgruppen, die hier zusammenkommen, würden dadurch verdrängt werden, kritisiert etwa die Initiative Hermannplatz. »Der Hermannplatz soll großstädtischer Platz für alle bleiben und nicht zu einem bereinigten Vorplatz für Investorenträume werden«, heißt es in ihren Forderungen. Dass die Initiative mit ihren Befürchtungen nicht ganz falsch liegen dürfte, davon zeugen auch die Vorstellungen des Neuköllner Bezirksbürgermeisters Martin Hikel (SPD). Für ihn stehe im Mittelpunkt, dass sich am Hermannplatz etwas bewege und der Karstadt-Standort erhalten bleibe. Zugleich sei es sein persönlicher Traum, »dass diese Aufkleber, die es mal gab - ›Du hast Angst vorm Hermannplatz‹ - Quatsch sind, auch wenn das für die wenigsten mittlerweile noch gilt«. Der Platz, der aktuell eine »schlechte Aufenthaltsqualität« bieten würde, solle zu einem »Wohlfühlort für alle« werden. Im Karstadt-Neubau solle sich dann auch das Quartier widerspiegeln. So könne sich Hikel gut vorstellen, dass es dort beispielsweise ein Angebot für suchtkranke Menschen gebe. Signa bemüht sich derweil nach Kräften, den Anschein zu erwecken, bei seinem Neubauvorhaben auch auf die Beteiligung der Zivilgesellschaft zu setzen. Bei der Podiumsdiskussion ist die Rede von 5000 Quadratmetern, die günstig an Kiezinitiativen und Vereine vermietet werden könnten. Auch könne man sich vorstellen, die geplante Dachterrasse ohne Konsumanreize öffentlich zugänglich zu machen. Deutschland-Chef Herzberg betonte, dass es sich hierbei nicht um »Nebelbomben« handele. Dass Anwohner die negativen Auswirkungen einer Aufwertung fürchten, war der SPD am Mittwoch bewusst. »Das Quartier hat sich dramatisch verändert«, erkannte der Regierende Bürgermeister, um dann hinzuzufügen: »Unterm Strich wird man die Entwicklung, dass sich dieses ganze Quartier und Areal verändert, auch nicht aufhalten können und aus meiner Sicht auch nicht aufhalten sollen.« Stattdessen müsse man die Veränderung gestalten und das auch mit Partnern wie Signa, so Müller. Während die SPD hinter den Signa-Plänen steht, sieht es bei den beiden Koalitionspartnern Grüne und Linke weitaus weniger einhellig aus. Dabei verlaufen die Konfliktlinien sowohl zwischen Bezirks- und Landesebene als auch zwischen Partei- und Regierungspersonal. Einer der prominentesten Kritiker der Pläne ist dabei der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne) - was nicht ganz irrelevant ist, schließlich liegt das Kaufhausareal selbst in dessen Bezirk, während bereits der Bürgersteig des Hermannplatzes zu Neukölln und damit in das Zuständigkeitsgebiet von SPD-Bürgermeister Hikel gehört. Bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus Anfang September lenkte zuletzt jedoch auch Schmidt ein und sprach sich für ein ergebnisoffenes Masterplanverfahren aus, an dem die Bürger intensiv beteiligt werden. Schmidt will aber zum Unmut von Signa zuerst über die Investition und Nutzung reden, bevor es um die Architektur des Neubaus geht. Innerhalb der Linkspartei hat vor allem die Anfang August unterzeichnete Absichtserklärung zwischen Senat und Signa für Zoff gesorgt. Der von Kultursenator Klaus Lederer und der ehemaligen Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (beide Linke) mitausgehandelte »Letter of Intent« sichert Signa zu, dass sich der Senat für die Hochhausprojekte am Kurfürstendamm und Alexanderplatz sowie für den Neubau am Hermannplatz einsetzt. Im Gegenzug garantiert die insolvente Kaufhaussparte des Signa-Konzerns, die Arbeitsplätze an vier Berliner Standorten, die ursprünglich zur Schließung vorgesehen waren, für drei bis zehn Jahre zu erhalten. Auf dem Landesparteitag der Linken wurde die Übereinkunft als »Erpressung« kritisiert. Laut der Absichtserklärung müssten noch in dieser Legislaturperiode die Ergebnisse eines Masterplanverfahrens für die Bebauung festgehalten werden. Ansonsten könnten Berlin Schadensersatzforderungen drohen. Denn indem die Kaufhauskette zuletzt die Mietvertragsverhandlungen für ihre weiteren Berliner Standorte abschloss, konnte sie - zufälligerweise ebenfalls am Mittwoch - ihr Insolvenzverfahren beenden. Doch bevor das Masterplanverfahren mit Bürgerbeteiligung startet, muss erst noch geklärt werden, ob Friedrichshain-Kreuzberg weiter zuständig bleibt oder der Senat dem Bezirk das Verfahren entzieht. So oder so wird es nach der Schätzung von Signa-Deutschland-Chef Herzberg mindestens dreieinhalb Jahre dauern, bis das Bebauungsplanverfahren inklusive parlamentarischer Entscheidung abgeschlossen ist. Herzberg schaut sich unterdessen bereits nach temporären Ausweichstandorten für die Zeit des Neubaus um.

Investorenalbtraum. Initiativen kritisieren die Pläne für einen pompösen Konsumtempel am Berliner Hermannplatz. Von Yannic Walther. ND vom 2. Oktober 2020.

--Methodios (Diskussion) 20:10, 1. Okt. 2020 (CEST)[Beantworten]

Verdrängung ins Aus[Bearbeiten]

**Bundesweiter Aufruf**: Shut down Mietenwahnsinn – sicheres Zuhause für alle! Seit Jahren erleben wir in unseren Städten eine Mieten- und Wohnungskrise. Die “Wohnungs- und Immobilienmärkte” sind auf die Profitinteressen von Investor*innen, Vermieter*innen und Eigentümer*innen ausgerichtet. Sie versagen schon lange dabei, ausreichend bezahlbare Wohnungen, Gewerberäume, soziale und kulturelle Räume bereitzustellen. Die COVID-19-Pandemie verschärft diese Krise dramatisch. Doch selbst jetzt müssen noch Menschen auf der Straße oder in Sammelunterkünften leben.

20.06.2020 bundesweiten Aktionstag. „Shut down Mietenwahnsinn – sicheres Zuhause für alle!“ 14 Uhr Demonstration am Potsdamer Platz. mietenwahnsinn.info: Dieser Tag ersetzt nicht den Housing-Action-Day. Er soll aber deutlich machen, dass wir gerade in der jetzigen sozialen und gesundheitlichen Krise umso mehr ein Recht auf Wohnen für alle brauchen!

--Methodios (Diskussion) 17:03, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Spätestens seit der letzten Finanzkrise hat die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Gewinne über Gewinne aufgehäuft. Die Rechnung haben wir Mieter*innen bezahlt. Auch jetzt sollen die Mieten weiter fließen, selbst wenn unsere Einkommen eingebrochen sind. Die Bundesregierung garantiert – auf Kosten der Allgemeinheit – die Mietsteigerungen der letzten Jahre mit Transferleistungen. Bis Ende Juni gibt es auch einen coronabedingten Kündigungs-Aufschub. Aber wie sollen wir später Mietschulden zurückzahlen, wenn wir uns die Miete schon jetzt kaum leisten können? Und wenn die Regierung selbst diesen unzureichenden Kündigungs-Aufschub nicht verlängert, drohen ab Herbst erneut Zwangsräumungen und eine Verdrängungswelle.

20.06.2020 bundesweiten Aktionstag. „Shut down Mietenwahnsinn – sicheres Zuhause für alle!“ 14 Uhr Demonstration am Potsdamer Platz. mietenwahnsinn.info

--Methodios (Diskussion) 17:06, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Wir sagen: Shut down Mietenwahnsinn – sicheres Zuhause für alle! Statt den Vermieter*innen ihre Einnahmen und Gewinne abzusichern, müssen wir die Notbremse ziehen, damit die Mietenkrise nicht zu einer sozialen Katastrophe eskaliert. Dabei geht es nicht nur um unser Wohnen, sondern auch um unsere Läden, Kneipen, Kulturorte und sozialen Zentren, die schon jetzt um ihre Existenz fürchten. Deshalb fordern wir:

  • 1) Mietschulden erlassen. Mietschuldenerlass bei Wohnraum und Kleingewerbe statt Subventionen für hohe Mieten und Finanzinvestor*innen!
  • 2) Mieten senken – Gewinne umverteilen. Höchstmieten festsetzen! Krisengewinne abschöpfen und Wohnungskonzerne vergesellschaften!
  • 3) Wohnungen für alle! Wohnungslose und Geflüchtete in Wohnungen unterbringen! Zwangsräumungen, Versorgungssperren und Kündigungen verhindern!

Dafür wollen wir am 20. Juni 2020 bundesweit auf die Straße gehen. Wir rufen alle Organisationen und Initiativen dazu auf, sich mit Kundgebungen und kreativen Aktionen zu beteiligen. Machen wir Druck für eine soziale Krisenlösung und gegen die fortgesetzte Umverteilung von unten nach oben! Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn

20.06.2020 bundesweiten Aktionstag. „Shut down Mietenwahnsinn – sicheres Zuhause für alle!“ 14 Uhr Demonstration am Potsdamer Platz. mietenwahnsinn.info

--Methodios (Diskussion) 17:12, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Bundesweiter Aufruf zum 28. März: #HousingActionDay2020 Fenster- und Online-Demonstration gegen Mietenwahnsinn und Verdrängung. Am 28. März 2020 wären unter dem Motto „Wohnen für Menschen statt für Profite“ zehntausende Menschen in ganz Europa auf die Straßen gegangen, um gegen hohe Mieten, Zwangsräumungen und Wohnungslosigkeit und für eine solidarische und ökologische Stadtentwicklung zu demonstrieren. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise hat das bundesweite Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn ebenso wie seine europäischen Bündnispartner*innen die geplanten Großdemonstrationen zum Housing Action Day verschoben.

mietenwahnsinn.info/demo2020/

--Methodios (Diskussion) 17:19, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Unsere Solidarität und unser Kampf für das Recht auf eine Stadt, in der alle gut und sicher wohnen können, sind jedoch wichtiger denn je. Die Corona-Pandemie zeigt, wie wichtig Wohnraum auch als Schutzraum ist. Am schlechtesten vor einer Infizierung schützen können sich alle, die auf der Straße oder in beengten Gemeinschaftsunterkünften leben, mangelhafte Hygienebedingungen und fehlende medizinische Versorgung oftmals inbegriffen. Schon jetzt verlieren Menschen ihre Jobs, haben mit Kurzarbeit geringere Einkommen oder sind als kleine Selbstständige, freiberuflich Tätige, Kulturschaffende oder Kleingewerbetreibende in akuter Notlage. Damit wird sich auch die Wohnungskrise verschärfen. Es drohen: Kündigungen und Zwangsräumungen, Strom- und Wassersperren, Schließung von Kultureinrichtungen und Kneipen oder Zwangsversteigerungen. Besonders in Krisenzeiten gilt für uns einmal mehr: Wohnraum ist keine Ware! Wohnen ist Menschenrecht!

mietenwahnsinn.info/demo2020/

--Methodios (Diskussion) 17:24, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Wir solidarisieren sich uns mit allen, die erkrankt sind oder zu Risikogruppen gehören. Dies sind oft dieselben, die unter Armut, prekären Beschäftigungsverhältnissen oder Wohnungslosigkeit leiden. Wir solidarisieren uns auch mit allen Menschen, die ihre Einkommenquelle verloren haben und deren Existenz bedroht ist. Um Wohnungsverluste zu verhindern, existenziellen Ruin abzuwehren und gesundheitlichen Schutz zu sichern, fordern wir als Sofortmaßnahmen:

  • Sofortiger Stopp von Räumungsklagen und Zwangsräumungen!
  • Sofortiges Moratorium für Mieten- und für Hypothekenzahlungen!
  • Erlass von Mietschulden!
  • Keine Energie- und Wassersperren!
  • Auflösung von Sammelunterkünften wie Lagern und die menschenwürdige Unterbringung!
  • Beschlagnahmung von leerstehenden Wohnungen sowie Ferienwohnungen!
  • Legalisierung von Besetzungen leerstehender Wohnungen und Häuser!
  • Solidarfonds für Kleingewerbetreibende, Freiberufler_innen, Kultur-und soziale Einrichtungen!

mietenwahnsinn.info/demo2020/

--Methodios (Diskussion) 17:28, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Unseren Forderungen und dem Protest wollen wir weiterhin eine Stimme geben. Deshalb sagen wir den Housing Action Day nicht ab, sondern verlagern ihn zusammen mit unseren europäischen Bündnispartner*innen in die Wohnungen und Häuser und in die sozialen Medien. Für Samstag, den 28. März laden wir ein, uns dabei zu unterstützen: Macht unsere Forderungen mit Transpararenten und Plakaten sichtbar. Nutzt gelbe Handschuhe als Zeichen. Macht unseren Protest in den Städten auch hörbar, indem ihr um 18 Uhr für 10 Minuten mit Töpfen und Deckeln scheppert oder anders Lärm oder Musik macht. Seid kreativ und mobilisiert für diese Aktion eure Nachbar*innen!

mietenwahnsinn.info/demo2020/

--Methodios (Diskussion) 17:31, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Außerdem wollen wir am 28. März mit euch eine Online-Demo in den sozialen Medien veranstalten: Produziert Bilder, Texte und Videos von diesen Aktionen und postet sie unter den Hashtags #HousingActionDay2020 #togetheragainstcorona. Damit solidarisieren wir uns auch mit unseren Bündnispartner*inen europaweit und lassen alle wissen: Die Wohnungskrise verschärft sich gerade und wir lassen in unserem Protest nicht nach! Auch mit einer Ausgangsperre können wir handeln und uns wehren! Unsere Housing Action Day Vernetzung kämpft weiter. Europaweit. Es gibt Lösungen, um Menschen zu schützen und zu helfen. Wir müssen sie nur durchsetzen. Kämpft mit uns und organisiert euch! Wohnen für Menschen statt für Profite! Aktionsbündnis gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn.

mietenwahnsinn.info/demo2020/

--Methodios (Diskussion) 17:34, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

In der aktuellen Situation fordern wir ein entschlossenes Handeln In einer Krise, wo die zentrale Forderung lautet, „Bleiben Sie Zuhause“, ist unser Motto „Wohnen für Menschen, statt für Profite“ aktueller denn je. Denn während staatliche Behörden den Einen die soziale Isolation empfehlen, werden Andere weiter ihres Zuhauses beraubt. Zwangsräumungen gefährden unsere körperliche und geistige Unversehrtheit zu jeder Zeit, das wird gerade jetzt deutlicher. Wir wissen, dass der Coronavirus die Schwächsten in unserer Gesellschaft in besonderer Weise betrifft. Dazu gehören ältere und erkrankte Menschen, aber auch die, die ohne sicheren Wohnraum leben müssen. Dass Leerstand weiterhin geduldet und Besetzung kriminalisiert werden, ist unter diesen Bedingungen schlicht absurd. Es braucht schnelles und solidarisches Handeln, um Wohnungs- und Obdachlose sowie die Menschen in Notunterkünften und Lagern zu schützen. Wir fordern:

  • Sofortiger Stopp von Räumungsklagen und Zwangsräumungen, damit Menschen in ihren Wohnungen bleiben können!
  • Sofortiges Moratorium für Mieten- und für Hypothekenzahlungen!
  • Senkung der Mieten (gekoppelt an den Einkommensverlust von Geringverdienern)

Erlass von Mietschulden!

  • Keine Energie- und Wassersperren!
  • die Auflösung von Sammelunterkünften wie Lagern und die menschenwürdige Unterbringung!
  • die Beschlagnahmung von leerstehenden Wohnungen sowie Ferienwohnungen, um jedem Menschen ein Obdach und somit gesundheitliche Sicherheit zu geben!
  • die Legalisierung von Besetzungen leerstehender Wohnungen und Häuser!
  • einen Solidarfonds für Kleingewerbetreibende, Freiberufler_innen, Kultur- und soziale Einrichtungen, um Insolvenzen zu vermeiden!
  • keine Unterstützung der Immobilienwirtschaft. Sie trägt nicht zum Gemeinwohl bei und gefährdet mit ihrer profitorientierten Mietsteigerung die Gesundheit der Mietenden.

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--Methodios (Diskussion) 17:42, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

20.03.2020: Kundgebung „Wohnraum für alle“ Zwangsräumungen und Leerstand während der Coronakrise? Zeiten von Corona wird deutlich, dass ein Recht auf Wohnen lebensnotwendig ist. Deshalb sehen wir uns dazu gezwungen am 20.03. eine Aktion vor dem Roten Rathaus zu veranstalten. Mit themenbezogenen Atemschutz ist zu rechnen. Wir möchten uns solidarisch mit all denjenigen zeigen, die momentan am härtesten von der Krise betroffen sind. Menschen ohne eigene Wohnung oder Obdach. Deswegen gab es am 20.03. um 14 Uhr eine Kundgebung vor dem Roten Rathaus um unsere Forderungen auf die Straße zu tragen. Wir fordern eine Pandemiepolitik, die die bereits existierenden sozialen Verwerfungen nicht noch weitertreibt!

mietenwahnsinn.info/demo2020/


--Methodios (Diskussion) 17:47, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

28.03.2020 um 13 Uhr #Mietenwahnsinn-Demo Gemeinsam widersetzen gegen #Mietenwahnsinn Aufruf zur Demonstration in Berlin am 28. März 2020 Wir alle haben inzwischen Erfahrungen mit Mietsteigerungen, Moderinisierungen, Entmietungen, Eigenbedarfsklagen und Zwangsräumungen gemacht; oder wir leben in der Sorge, dass es als nächstes uns, unsere Nachbar*innen, unseren Gemüseladen, unser Lieblingskino, die Kita oder die Kiezkneipe trifft. Der Mietenwahnsinn treibt uns weiter in die soziale Ungerechtigkeit und zerstört alles lebens- und liebenswerte in unseren Städten. Wir haben satt, denn das alles muss nicht so sein!Die soziale Ungleichheit der Wohn- und Lebensfrage ist kein Naturgesetz. Sie ist das Ergebnis der Vermarktung unserer Grundbedürfnisse. Solange Grund und Boden Privateigentum bleiben, wird es Spekulation mit Leerstand und Mietenwahnsinn geben – und zwar auf unsere Kosten! Deshalb wollen wir eine Stadt die kein Geschäftsmodell ist, sondern die allen gehört – und zwar unabhängig von Herkunft, Sprache und Alter und in der niemand in Notunterkünften, Heimen oder auf der Straße leben muss.

mietenwahnsinn.info/demo2020/

--Methodios (Diskussion) 19:09, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Zusammenhalt und Solidarität gegen soziale Ungerechtigkeit: Doch mit dem Mietenwahnsinn wächst auch unser Widerstand! Allein in Berlin riefen im vergangenen April 280 Initiativen dazu auf gegen Verdrängung, Zwangsräumungen und den Ausverkauf unserer Grundbedürfnisse zu protestieren. Am Ende waren auf unserer Demo über 40.000 Menschen! Viele von uns haben sich inzwischen in ihren Häusern und Nachbarschaften zusammengeschlossen, weitere Mieterinitiativen und Recht auf Stadt-Gruppen gegründet, Zwangsräumungen blockiert, leerstehende Häuser und Wohnungen besetzt, selbstverwaltete Wohnprojekte und neue Wohnungsgenossenschaften gegründet.

mietenwahnsinn.info/demo2020/

--Methodios (Diskussion) 19:11, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Dabei wird mehr als deutlich, was ein starker, solidarischer und breit aufgestellter Widerstand bewirken kann: Gemeinsam konnten wir so manche Kündigung verhindern, mache Mieterhöhung abwehren und manchen Hausverkauf stoppen. Nur durch unseren Protest wurden erstmals wieder Wohnungen rekommunalisiert, muss die Immobilienlobby die Enteignung fürchten und hat der Senat ein paar Reformen beschlossen. Doch das bisschen Millieuschutz und der löchrige Mietendeckel reichen lange nicht aus! Wir machen weiter. Entschlossen, selbstorganisiert und alle zusammen! Der Stadt der steigenden Mieten, in der wenigen gehört was alle brauchen, setzen wir unseren Zusammenhalt, unsere Vielfalt, Solidarität und unsere Alternativen entgegen. Kämpfen wir gemeinsam für:

  • einen radikalen Kurswechsel in der Wohnungspolitik!
  • die Vergesellschaftung von Wohnraum und die Sozialisierung von Grundeigentum!
  • echte demokratische Mitbestimmung der Mieter*innen und die Selbstverwaltung der Wohnhäuser!
  • ein Ende der Zwangsräumungen!
  • die Entkrimminalisieung von Mietstreiks, Leerstandsbesetzungen und die Abschaffung der Berliner Linie!

mietenwahnsinn.info/demo2020/

--Methodios (Diskussion) 19:15, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Realistischerweise müsse man davon ausgehen, dass die Räumung mit allen Mitteln durchgesetzt werde, sagt Christian vom Kneipenkollektiv. Das »Syndikat« gehöre in den Schillerkiez, doch freie Gewerberäume in der nötigen Größe seien im Viertel nicht mehr zu finden. Komme die Räumung, dann sei das das endgültige Aus .... Nach einem Eigentümerwechsel war dem Kneipenkollektiv 2018 angekündigt worden, dass der Mietvertrag zum 31.12.2018 auslaufen sollte. Die Betreiber der 1985 eröffneten Kneipe wollten das nicht hinnehmen, recherchierten zu dem schwer greifbaren Eigentümer und organisierten den Widerstand. Die Schlüsselübergabe verweigerten sie und betrieben die Kneipe bis zuletzt weiter.

Kampf gegen Verdrängung. Nicht nur für die Szene. Berlin: 250 Menschen demonstrieren gegen angekündigte Räumung der Kneipe »Syndikat«. Von Max Rodermund. Junge Welt vom 16. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 09:36, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Bei der Recherche stellte sich heraus, dass der neue Eigentümer der Immobilientrust Pears Global Real Estate Group ist, der über ein breites Netz von Briefkastenfirmen in Berlin über 6.000 Wohnungen kontrollieren soll. Pears Global gehört damit zu den größten privaten Wohnungseigentümern der Stadt. Christian: »Unsere Hoffnung war noch, dass das mit dem Volksbegehren für die Enteignung schneller geht, immerhin haben wir Pears Global auf Platz Nummer elf der größten privaten Eigentümer in Berlin gesetzt. Jetzt scheint wieder Bewegung in die Sache gekommen zu sein, aber vermutlich für uns zu spät.«

Kampf gegen Verdrängung. Nicht nur für die Szene. Berlin: 250 Menschen demonstrieren gegen angekündigte Räumung der Kneipe »Syndikat«. Von Max Rodermund. Junge Welt vom 16. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 09:57, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

»Wenn ich an den Tag der Räumung des ›Syndikats‹ denke, dann stell ich mir vor, dass wir gemeinsam hier aufstehen und den Tag zum Desaster machen«, sagte eine Vertreterin der »Nachbarschafts-AG« am Sonntag. Seit zweieinhalb Jahren sind sie im Schillerkiez gegen Verdrängung aktiv und unterstützen das »Syndikat«. Sie wünscht sich, dass die Aktionen gegen die Räumung nicht nur zur Szeneveranstaltung werden, sondern sich die Nachbarinnen und Nachbarn aktiv beteiligen. Inwiefern sich nennenswerte Teile der Nachbarschaft gegen die Räumung mobilisieren lassen, muss sich zeigen. Das hängt wohl auch davon ab, ob hinreichend bewusst gemacht werden kann, dass die Kneipe kein Einzelfall im Kiez ist. Letztlich wird die Organisierung der Anwohner darüber entscheiden, ob doch noch der nötige politische Druck aufgebaut werden kann.

Kampf gegen Verdrängung. Nicht nur für die Szene. Berlin: 250 Menschen demonstrieren gegen angekündigte Räumung der Kneipe »Syndikat«. Von Max Rodermund. Junge Welt vom 16. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 10:32, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Der gesamte Schillerkiez ist seit Jahren von steigenden Mieten und den damit verbundenen Prozessen »lautloser« Verdrängung betroffen. Im vergangenen Jahrzehnt haben sich die Preise für Neuvermietungen in der Gegend fast verdoppelt. Im Report eines Immobiliendienstleisters aus dem vergangenen Jahr heißt es blumig: »Der historische Kiez um die Schillerpromenade entwickelt sich langsam, aber stetig zu einem der angesagtesten Viertel. Einst durch Fluglärm belastet, ist der frühere Prachtboulevard durch die Schließung des Flughafens Tempelhof aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Das Viertel besticht mit ausgefallenen Cafés, hippen Bars und attraktiven Altbauten.« Für alteingesessene Bewohner und Institutionen wie das »Syndikat« ist in den »attraktiven Altbauten« allerdings kein Platz mehr. »Solange mit Wohnraum Rendite gemacht werden darf, solange wird das so weitergehen«, sagt Christian zu dieser Entwicklung. Das gilt natürlich ebenso für viele weitere Einrichtungen in der Stadt. Auch bei dem selbstverwalteten Jugendzentrum Potse in Berlin-Schöneberg steht am 8. Juli die Urteilsverkündung im Räumungsprozess an.

Kampf gegen Verdrängung. Nicht nur für die Szene. Berlin: 250 Menschen demonstrieren gegen angekündigte Räumung der Kneipe »Syndikat«. Von Max Rodermund. Junge Welt vom 16. Juni 2020


--Methodios (Diskussion) 10:35, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Im Gegensatz zu den 1980er und frühen 1990er Jahren gibt es heute kaum noch besetzte Häuser in Berlin. Eines der letzten linken Hausprojekte ist das anarcha-queerfeministische Hausprojekt Liebig 34, in dem etwa 40 Menschen wohnen, sich der Infoladen »Daneben« und die »L34«-Bar befinden. Damit könnte bald Schluss sein, denn am 3. Juni 2020 hat das Landgericht Berlin die Räumung beschlossen. Zusätzlich sollen die Bewohnerinnen der Liebig 34 rund 20.000 Euro zahlen.

Immobilienspekulation. Futter für den Hai. Auseinandersetzung um linkes Hausprojekt Liebig 34 in Berlin spitzt sich zu. Vermehrt Polizeikontrollen, Räumung befürchtet. Von Philipp Metzger. Junge Welt vom 16. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 16:00, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Das Hausprojekt kann auf eine jahrzehntelange Geschichte zurückblicken. Kurz nach der Maueröffnung wurde das Haus in der Liebigstraße 34 wie viele andere Häuser in Ostberlin besetzt. Es wurde kurze Zeit später legalisiert, es wurden Mietverträge ausgestellt. Der Versuch der Bewohnerinnen und Bewohner, das Haus mittels einer Genossenschaft im Jahr 2008 zu kaufen, scheiterte. Statt dessen wurde die Liebig 34 von der Siganadia Grundbesitz GmbH erworben. Der Inhaber der Siganadia ist der Immobilienunternehmer Gijora Padovicz, der in Berlin den Ruf eines Spekulanten genießt. Ihm wird vorgeworfen, dass er seit den 1990er Jahren in der Hauptstadt im großen Stil Wohnhäuser kauft, die er zum Teil mit öffentlichen Geldern saniert und anschließend die Altmieter durch finanzstärkere neue Mieter ersetzt. Trotzdem gelang es der Liebig 34, einen Pachtvertrag über zehn Jahre abzuschließen. Seit dieser Vertrag 2018 ausgelaufen ist, drängt die Siganadia auf eine schnelle Räumung. Doch das juristische Tauziehen dauert bereits Jahre und damit vermutlich länger, als Padovicz erwartet hatte.

Immobilienspekulation. Futter für den Hai. Auseinandersetzung um linkes Hausprojekt Liebig 34 in Berlin spitzt sich zu. Vermehrt Polizeikontrollen, Räumung befürchtet. Von Philipp Metzger. Junge Welt vom 16. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 16:06, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Als im Februar 2011 ein gegenüberliegendes besetztes Haus in der Liebigstraße 14 geräumt wurde, gab es im gesamten Umfeld Barrikaden, und es waren offenbar 2.500 Polizisten nötig, um des Widerstands gegen die Aktion der Staatsmacht Herr zu werden. Gut möglich, dass Berlin ein heißer Sommer bevorsteht und ein weiteres Kapitel in der Geschichte der Liebigstraße geschrieben wird – diesmal unter einem »rot-rot-grünen« Senat.

Immobilienspekulation. Futter für den Hai. Auseinandersetzung um linkes Hausprojekt Liebig 34 in Berlin spitzt sich zu. Vermehrt Polizeikontrollen, Räumung befürchtet. Von Philipp Metzger. Junge Welt vom 16. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 16:08, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Das Wort Privatvermieter vermittelt den Eindruck, es handle sich dabei stets um kleine »Hobbyvermieter«, die nur eine oder zwei Wohnungen besitzen. Von Lobbyverbänden wie »Haus & Grund« wird gerne die romantische Erzählung der alten Oma verbreitet, die Wohnungen vermietet, um ihre Rente aufzubessern. Dieser Mythos hat mit der Wirklichkeit wenig zu tun. Gerade bei den Privatvermietern in Berlin handelt es sich meist um Großwohnungseigentümer. Ein gutes Beispiel dafür ist Gijora Padovicz, der in Berlin mehrere hundert Mietshäuser sein Eigentum nennt.

Profite vor Mieterinteressen. Wie Spekulanten den Wohnungsmarkt zerstören: Das Geschäftsmodell von Gijora Padovicz. Philipp Metzger. Junge Welt vom 16. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 16:28, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Es reicht! Mieter*innen wehren sich gegen die Geschäftsgebaren des Firmengefelechts rund um Gijora Padovicz. Seit den 90er Jahren kauft er im großen Stil Wohnhäuser in Berlin, saniert, oft mit öffentlichen Geldern, und wirft die Altmieter*innen auf die Straße. Immer wieder haben sich Mieter*innen gegen Padovicz zusammengetan, immer wieder gab es Erfolge gegen diesen big Player der Immobilienbranche. Wir wollen diese wehrhaften Mieter*innen mit Informationen unterstützen und sie zusammenbringen. Kontakt zu uns bekommt ihr per Mail: padowatchblog@riseup.net Die Vernetzung von Padovicz-Betroffenen trifft sich seid April 2018 monatlich in großer Runde und dazwischen in Arbeitsgruppen. Falls ihr mitmachen wollt, meldet euch bei uns oder sprecht uns bei den zahlreichen Straßenfesten an! Allgemeiner Aufruf: Unternehmensgruppe Padovicz? Enteignen! Mieter*innen wehren sich gegen Verdrängung und Leerstand.

Über uns Padowatch

--Methodios (Diskussion) 16:33, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Der Immobilien-Entwickler Gijora Padovicz macht seit den 90er Jahren als Käufer und Sanierer ganzer Wohnblöcke von sich reden – vor allem in Friedrichshain. Eng verknüpft mit dem Berliner Senat war er einer der großen Profiteure der öffentlichen Sanierungsförderungen im Rahmen des Stadtumbaus der 2000er Jahre. Allein in Friedrichshain hat er die Hälfte aller Subventionen für die Altbau-Sanierung abbekommen. Kommunale Wohnungsbaugesellschaften wie die WBF, verkauften ihm für Spottpreise ihre Bestände. Der Auftrag von der Politik: Aufwertung der Innenstadt.

Über uns Padowatch

--Methodios (Diskussion) 16:35, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Kein Stadterneuerer, sondern Wohnraumvernichter: Die Folgen für Mieter*innen waren, und sind, verheerend: Mieterhöhungen, Zerstörung sozialer Strukturen und letztlich Verdrängung. Die von Padovicz beauftragten Hausverwaltungen (Factor, Vivo und Neumann) verweigern die Instandhaltung und erhöhen beständig Kaltmiete und Betriebskosten. Wohnungen stehen jahrelang leer, verbliebene Mieter*innen werden in Unwissenheit gelassen und in ihrem Zuhause nur noch geduldet. Die Methode ist seit den 90er Jahren gleich geblieben: Erst verfallen die Häuser, dann wird mit teilweise rabiaten Methoden (plötzliche Brände, Wasserrohrbrüche, aufgebrochene Wohnungen usw.) entmietet, um bei Gelegenheit (z.B. wenn wieder Fördermittel fließen), so billig wie möglich zu modernisieren. Selbst die beauftragten Handwerksfirmen beklagen regelmäßig unbezahlte Rechnungen – mehr als 250 Firmen mussten mittlerweile Konkurs anmelden. Trotz des Geschätsgebarens und nachgewiesenem Fördermittelbetrug, arbeitet die Politik weiter mit den Padovicz-Firmen zusammen. Zuletzt verkaufte der Senat Bauland an Padovicz in der Rummelsburger Bucht. Padovicz ist sicherlich nicht der einzige, der mit Wohnraum Profite macht. Auch sind seine Methoden gegen Mieter*innen nicht ungewöhnlich auf dem deregulierten Berliner Wohnungsmarkt. Dennoch läßt sich am Beispiel Padovicz zeigen, wie wichtig das Einverständnis und das Aufwertungs-Interesse der hiesigen Bezirks- und Landespolitik für solche Investor*innen ist.

Über uns Padowatch

--Methodios (Diskussion) 16:39, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Aufklären, vernetzen, widersetzen! Immer wieder stehen Mieter*innen der geballten Macht der Padovicz-Unternehmensgruppe allein gegenüber. Hierzu wollen wir ein Gegengewicht schaffen. Durch Informationen, durch Vernetzung und durch gemeinsame Aktionen. Wir wollen uns in den kleinen und großen Auseinandersetzungen mit der Unternehmensgruppe Padovicz unterstützen. Denn nur gemeinsam können wir dieses Geschäft so unprofitabel wie möglich machen. Zu lang wurde auf den Senat gehofft, in dessen Auftrag und mit dessen Unterstützung Padovicz arbeitet. Wir forden: Schluss mit den Kooperationen, Rückabwicklung der Deals mit Padovicz und letztlich Auflösung der Unternehmensgruppe Padovicz im Interesse der Mieter*innen.

Über uns Padowatch

--Methodios (Diskussion) 16:41, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Das Problem: Wir sind alle Mieter*innen in Padovicz- Häusern, die sich vernetzt haben. Uns ist aufgefallen, dass wir alle ähnliche Probleme mit dem Vermieter Padovicz bzw. seinen Hausverwaltungen haben. Die Strategie ist immer dieselbe: Zunächst werden mehr oder weniger sanierungsbedürftige Altbauten von Padovicz gekauft. Dann wird Jahre lang abgewartet, bis die Häuser so heruntergekommen sind, dass die Mieter*innen resigniert ausziehen. Wer nicht freiwillig geht, wird schikaniert. Viele werden mit befristeten Mietverträgen in Unsicherheit gehalten. Sanierungsmaßnahmen werden von Padovicz aber nur dann durchgeführt, wenn staatliche Förderungen fließen. Deshalb steht gerade viel Wohnraum leer und verfällt weiter. Das Kalkül: Mit öffentlichen Geldern günstig sanieren, dabei auch die lästigen Altmieter*innen loswerden und nach der Maßnahme den vielfachen Mietpreis kassieren.

Befragung Padowatch

--Methodios (Diskussion) 16:48, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Warum der Fragebogen: Wir wissen, dass es gravierende Probleme in Padovicz-Häusern gibt. Doch wie ernst ist das Problem tatsächlich? Niemand weiß, wie viele Häuser der Unternehmensgruppen Padovicz gehören. Auch unbekannt ist der jeweilige Zustand der Häuser, wie viel Leerstand es gibt und die Anzahl der befristeten Mietverhältnisse, sowie die Höhe und Rechtmäßigkeit der Mieten. Auch die Bezirksämter kennen nur die Spitze des Eisbergs. In der Vergangenheit gab es bei Padovicz häufig Vorfälle von Fördermittelbetrug. Diese konnten nur aufgedeckt werden, wenn Mieter*innen Verstöße gegen die Auflagen der Sanierungsförderungen bekannt gemacht haben. Auch steht der Verdacht auf systematisch ungerechtfertigte Mieterhöhungen im Raum.

Befragung Padowatch

--Methodios (Diskussion) 16:53, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Auswertung der Antworten: Wir finden es wichtig, die Strategien der Unternehmensgruppe Padovicz offenzulegen. Immer wieder fühlen sich Mieter*innen von der Unternehmensgruppe unterdrückt und stehen der geballten Macht allein gegenüber. Hierzu wollen wir ein Gegengewicht schaffen. Durch Informationen, durch Wissen, durch Vernetzung. Uns ist auch wichtig, dem Senat und den Bezirken durch Informationen zu zeigen, mit was für einem Investor sie – trotz der nachgewiesenen Betrügereien – Geschäfte machen. Um eine gute Datenbasis dafür zu bekommen, stellen wir relativ detaillierte Fragen.

Befragung Padowatch

--Methodios (Diskussion) 16:55, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Im Frühjahr 2019 berichtete die Berliner Presse, dass die Betreiber der Markthalle den Mietvertrag für die verbliebene Aldi-Filiale abwickeln und stattdessen in der Markthalle einen dm-drogerie markt etablieren wollen. Von Anwohnern wird dies als Verdrängung ärmerer Kundschaft wahrgenommen, die in der Halle sonst nirgendwo mehr niedrige Preise fänden. Den Markthallen-Betreibern wird von ihnen vorgeworfen, die Halle 2011 mit dem Versprechen eine „Halle für alle“ machen zu wollen, vergünstigt vom Senat Berlin gekauft zu haben und jetzt aber die Halle auf Events, Gastronomie und dem Angebot eher teurer Produkte auszurichten. Markthalle IX

--Methodios (Diskussion) 18:56, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Das Gesetz des Stärkeren gilt bekanntlich auch im Recht. Nicht selten wird so für Gruppen mit viel Geld und Einfluss ein zunächst missliebiges über Nacht zu einem guten Projekt. Anschauungsunterricht liefert aktuell der Fall des Baulandmobilisierungsgesetzes. Im ersten Entwurf vom Juni war noch eine Genehmigungspflicht für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen vorgesehen. Begründet wurde dies vom federführenden Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) mit der Notwendigkeit, den Schwachen beizustehen. Damit schütze man Mieter vor Verdrängung, ließ BMI-Chef Horst Seehofer (CSU) damals mitteilen. Von wegen: In der neuesten Fassung taucht der Punkt nicht mehr auf, die gesamte Passage, die dem Thema gewidmet war, wurde ersatzlos gestrichen. Der Vorgang, über den am Mittwoch die dpa berichtete, sorgt für Empörung beim Deutschen Mieterbund (DMB). Das sei »ein unglaublicher Rückschlag für Mieterinnen und Mieter«, kommentierte dessen Präsident Lukas Siebenkotten am Mittwoch in einer Stellungnahme. Dass das Ministerium »unter dem Druck der Immobilienlobby selbst dieses zarte Pflänzchen zertreten hat«, nannte der Funktionär »vollkommen unverständlich«. Das Regelwerk sollte ohnehin auf besonders angespannten Wohnungsmärkten zur Anwendung kommen. Nach dem Wortlaut der ursprünglichen Vorlage sollte die Erlaubnis zur Umwandlung von Mietwohnungen künftig versagt werden, »wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist«. Hintergrund war der sogenannte Wohngipfel von vor zwei Jahren, bei dem sich Bund, Länder und Kommunen angesichts starker Mietpreissteigerungen und hunderttausendfach fehlender Unterkünfte eine »Wohnraumoffensive« auf die Fahnen schrieben. »Der Bund strebt an, unter Einbeziehung von Ländern und Kommunen die Möglichkeiten zu reduzieren, Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln«, hielt das beschlossene Ergebnispapier fest. Ausnahmen sollten »nur in Einzelfällen geltend gemacht werden dürfen«. Nun also wird die »Ausnahme« zum Regelfall, beziehungsweise bleibt der Status quo erhalten. Es habe sich in der Verbands- und Länderanhörung gezeigt, dass die Regelung »unter den Ländern derzeit streitig« sei, erklärte ein Ministeriumssprecher. Deshalb habe man diese aus dem neuesten Entwurf »ausgeklammert«. Zufrieden äußerte sich der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, der für die Streichung »hart gerungen« habe. »Mein Ziel ist, mehr Menschen den Traum von den eigenen vier Wänden zu ermöglichen«, äußerte er sich am Dienstag per Pressemitteilung. »Statt Verbotsdebatten zu führen, sollten wir besser ein Programm auflegen, das mehr Mieterinnen und Mieter in die Lage versetzt, ihre Wohnung zu kaufen.« Luczak selbst steht auf der Seite der »Starken«: Neben seinem Mandat ist der sogenannte Volksvertreter für die Rechtsanwaltskanzlei Hengeler Mueller mit Sitz in Berlin tätig. Diese berät unter anderem Investoren der Immobilienwirtschaft. Stefan Körzell, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), sprach am Mittwoch gegenüber dpa von einem »Armutszeugnis« für Seehofer. Die Chancen einfacher Mieter, die Wohnungen selbst zu erwerben, »gehen aufgrund der horrenden Preise gegen null«. Der Minister lasse sich von der Immobilienlobby »am Nasenring durch die Manege führen«, bekräftigte der Gewerkschafter. Nach Angaben des Mieterbunds wurden allein in Berlin in den vergangenen fünf Jahren fast 80.000 Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt. Bei rund 18.000 Objekten in sogenannten Milieuschutzgebieten – die gewachsene soziale Strukturen satzungsgemäß bewahren sollen – haben laut DMB-Präsident Siebenkotten zwischen 2015 und 2019 »nur 54 Mieter und Mieterinnen von ihrem gesetzlichen Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht«. Im Umkehrschluss heiße dies, dass die Verkaufspreise für die bisherigen Mieter »nicht finanzierbar waren«.

Immobilienlobby greift ein. Umwandlung von Miet- und Eigentumswohnungen: Bundesbauminister Seehofer ließ Passus aus Gesetzentwurf streichen. Von Ralf Wurzbacher. Junge Welt vom 2. Oktober 2020.

--Methodios (Diskussion) 17:37, 2. Okt. 2020 (CEST)[Beantworten]

Nicht-Architektur[Bearbeiten]

Flucht in gefangene Räume ohne Licht - in die Nicht-Architektur - Cocoon

hier mit den üblichen Methoden heranzugehen, wäre eine Narrenplanung

--Methodios (Diskussion) 09:40, 13. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Flensburg Bahnhofswald[Bearbeiten]

»Für die Grünen ist das eine große Blamage« In Flensburg haben Aktivisten den von Rodung bedrohten Bahnhofswald besetzt. Ein Gespräch mit Hanna Poddig. Von Kristian Stemmler

Zu Beginn der Rodungssaison am 1. Oktober, in der Fällungen gesetzlich erlaubt sind, haben Sie mit etwa 20 Aktivisten den Bahnhofswald in Flensburg besetzt. Warum? - Zum einen wollten wir ein Zeichen der Solidarität mit den Besetzern im »Danni«, dem Dannenröder Forst in Hessen, setzen. Zum anderen protestieren wir mit der Besetzung gegen die geplante Bebauung des Areals, für das wertvolle Bäume gerodet werden sollen. In direkter Bahnhofsnähe wollen zwei Investoren ein Hotel und ein Parkhaus bauen. Das Bahnhofsviertel wird seit 2013 neu strukturiert. Wie immer in solchen Fällen geht es hier letztlich um eine Aufwertung des Quartiers auf Kosten nicht kommerzieller Projekte. So bedroht das Projekt einen der Flensburger Wagenplätze und die Kulturwerkstatt Kühlhaus. Junge Welt vom 26. Oktober 2020.

--Methodios (Diskussion) 19:57, 26. Okt. 2020 (CET)[Beantworten]

Zwangsräumung[Bearbeiten]

Bremen. Ein 54jähriger Mann ist am Donnerstag nachmittag bei einem Polizeieinsatz in Bremen erschossen worden. Zu den Hintergründen könnten noch keine Angaben gemacht werden, hieß es von der Polizei. Radio Bremen berichtete von einer Wohnungsräumung, bei der es eine Eskalation gegeben habe. Dem widersprachen die Ermittler. Die Dienststelle für interne Ermittlungen befasse sich mit dem Fall. Als Ort nannte die Polizei eine große Wohnanlage im Stadtteil Gröpelingen. Nach Angaben von Anwohnern ereignete sich der tödliche Zwischenfall im Innenhof der Wohnanlage. Die Staatsanwaltschaft Bremen teilte mit, sie werde sich nicht vor Freitag zu dem Fall äußern.

Mann bei Polizeieinsatz in Bremen erschossen Junge Welt vom 18. Juni 2020

Ein 54-jähriger Mann ist am Donnerstagnachmittag bei einem Polizeieinsatz in Bremen erschossen worden. Als Ort nannte die Polizei eine große Wohnanlage im Stadtteil Gröpelingen. Zu den Hintergründen könnten noch keine Angaben gemacht werden, hieß es. Die Polizei widersprach aber ersten Berichten, es habe sich um eine Wohnungsräumung gehandelt. Es ermittele die Dienststelle für interne Ermittlungen. Nach Angaben von Anwohnern ereignete sich der tödliche Zwischenfall im Innenhof der Wohnanlage. Die Staatsanwaltschaft Bremen teilte mit, sie werde sich nicht vor Freitag zu dem Fall äußern.

Polizei. Bremen. Mann bei Polizeieinsatz in Bremen erschossen. Süddeutsche Zeitung vom 18. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 06:50, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Im Bremer Stadtteil Gröpelingen ist am Donnerstagnachmittag gegen 14 Uhr bei einem Polizeieinsatz ein 54-jähriger Mann durch einen Polizeischuss tödlich verletzt worden. Das teilte eine Sprecherin der Polizei dem WESER-KURIER auf Nachfrage mit. Der Vorfall ereignete sich in der Straße Breitenbachhof. Zu den näheren Umständen wurden von offizieller Seite zunächst keine Angaben gemacht. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei wurden die Einsatzkräfte wegen einer „vermutlich psychosozialen Krise“ des 54-jährigen Marokkaners alarmiert. „Buten un Binnen“ hatte zunächst von einer Räumung berichtet, bei der es eine Eskalation gegeben haben soll. Die Polizei Bremen wies via Kurznachrichtendienst Twitter indes darauf hin, dass es sich bei dem Einsatz nicht um eine Wohnungsräumung gehandelt habe. Der Mann sei bei dem Polizeieinsatz angeschossen worden und im Krankenhaus gestorben. „Unabhängig von den weiteren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, macht es mich sehr betroffen, dass ein Menschen bei einem Einsatz der Polizei Bremen ums Leben gekommen ist. Meine Gedanken sind bei den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen, die dieser belastenden Einsatzsituation ausgesetzt waren“, so Polizeivizepräsident Dirk Fasse auf Twitter.

Polizei Bremen. 12h. Polizeieinsatz in #Gröpelingen. Nach ersten Erkenntnissen wurden Einsatzkräfte der #Polizei #Bremen heute in die Straße #Breitenbachhof aufgrund einer vermutlich psychosozialen Krise des bei dem im Einsatz verstorbenen 54-jährigen Marokkaners gerufen. Pumm_das_Bärchen. NIEMALS (!!) bei einer Person, dir sichtbar in einer psychischen Situation ist, die Polizei rufen! Das endet, leider, aufgrund völlig unzureichender Ausbildung in diesem Bereich, sehr oft nicht gut für die Person! Leider bestätigt sich das hier wieder.slicmic. Was ich nicht verstehe ist, der Mann hatte ein Messer und die Polizisten hatte Schusswaffen. Hätte ein Schuss ins Bein nicht gereicht ? Ich hoffe die Staatsanwaltschaft geht dieser Frage nach. Die Fähigkeit aus zwei Metern ins Bein zu schießen sollte man als Polizist haben. Für mich sieht es nach Mord/Totschlag aufgrund von Überforderung und damit Unfähigkeit aus. So ist man für diesen Job nicht geeignet und da gibt es auch keine 2 Meinungen. Naja Hauptsache der Polizist und die Polizisten hatten Fachhochschulreife.

Die Straße Barenburg sowie die Straße Breitenbachhof und die Wummensieder Straße waren für die Ermittlungen über Stunden gesperrt. Inzwischen sind die Straßen wieder freigegeben, wie die Polizei Bremen auf Nachfrage mitteilt. Die Dienststelle „Interne Ermittlung“ beim Senator für Inneres hat die weiteren Ermittlungen übernommen.

Einsatz in Gröpelingen. 54-Jähriger in Bremen durch Polizeischuss tödlich verletzt. Von Sarah Haferkamp, Ina Schulze, Weserkurier vom 18.06.2020: Bei einem Einsatz in Gröpelingen ist ein Mann durch einen Schuss aus einer Polizeiwaffe getötet worden. Wie es zu dem Vorfall gekommen ist, ist bisher unklar.

--Methodios (Diskussion) 07:12, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Wie die Polizei Bremen am Donnnerstagnachmittag mitteilte, gab es gegen 15.30 Uhr einen Polizeieinsatz in der Straße Breitenbachhof im Ortsteil Ohlenhof. Die Polizei bestätigt auch, dass es bei dem Einsatz zu einer „Schussabgabe durch die Polizei Bremen gegen einen 54-Jährigen“ kam. Focus.de berichtet darüber hinaus unter Berufung auf das aktuelle Programm von Radio Bremen, dass der Mann angeschossen wurde und seinen Verletzungen im Krankenhaus erlag. Demnach habe es sich bei dem Polizei-Einsatz um eine Räumung gehandelt, die eskaliert sei. Weitere Hintergründe sind bislang nicht bekannt.

Bremen - Ein Polizei-Einsatz in Bremen ist offenbar eskaliert. Ein 54-jähriger Mann soll dabei von Beamten erschossen worden sein. Merkur vom 18. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 07:18, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Bremen-Gröpelingen: Polizei erschießt 54-Jährigen. "Legen Sie das Messer auf den Boden, dann machen wir die Waffen auch weg!" Worte eines Polizisten in Bremen. Gerichtet an einen Mann, der am Donnerstag mehreren Beamten gegenübersteht. Immer wieder fordern die Polizisten den 54-Jährigen auf, das Messer wegzulegen. Dann eskaliert die Situation. Es fallen Schüsse. Am Ende ist der Mann mit dem Messer tot. Ein Augenzeuge hat die Szene gefilmt. Gegen 14 Uhr werden die Beamten zu einem Einsatz in den Bremer Stadtteil Gröpelingen gerufen. Grund für den Einsatz sei vermutlich eine psychosozialen Krise eines 54-jährigen Marokkaners gewesen, teilt die Polizei Bremen über Twitter mit. Über weitere Hintergründe des Einsatzes macht die Polizei bisher keine Angaben. Der 54-Jährige wird durch die Schüsse schwer verletzt. Er kommt ins Krankenhaus. Dort stirbt er. Die Polizei teilt schriftlich mit: Die Dienststelle 'Interne Ermittlung' beim Senator für Inneres hat Ermittlungen eingeleitet. Wir zeigen Ausschnitte des Videos nur bis zur Abgabe des ersten Schusses. Im Original-Video fällt noch ein weiterer Schuss. Es ist zu sehen, wie der 54-Jährige auf dem Boden liegt. Wir halten das Video für ein wichtiges Dokument. RTL bewertet nicht, was in Bremen passiert ist. Alle Beteiligten sind unkenntlich gemacht worden.

Mann mit Messer steht Polizisten mit gezückten Waffen gegenüber. Video zeigt die tödlichen Polizei-Schüsse von Bremen. rtl vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 07:33, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Nach Angaben von Staatsanwalt Frank Passade vom Freitag war dem aus Marokko stammenden Mann die Wohnung im Stadtteil Gröpelingen fristlos gekündigt worden, da er in der Vergangenheit mehrfach durch Sachbeschädigung aufgefallen sei. Am Donnerstag seien Vertreter der Wohnungsgesellschaft zur Besichtigung der Wohnung vor Ort gewesen. Dabei seien sie von der Polizei begleitet worden. Eine psychische Störung des Mannes sei nicht ausgeschlossen worden. Als die Polizei den 54-Jährigen für eine sozialpsychiatrische Untersuchung zur Wache bringen wollte, sei die Situation eskaliert, da der Betroffene das nicht gewollt habe. Auf dem Video ist zu sehen, dass der Mann im Innenhof der Wohnanlage ein längeres Messer in der Hand hält und vier Beamte bedroht, die ihn mit gezogener Waffe und lauten Rufen auffordern, das Messer wegzulegen. Als er auf einen der Beamten zuläuft, schießt dieser zweimal.

Bremen und Twist. Zwei Tote bei Polizeieinsätzen. Bei zwei Einsätzen in Bremen und Twist haben Polizisten tödliche Schüsse abgegeben. Sie waren zuvor offenbar bedroht worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Zeit vom 19. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 20:37, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Wohnungslose[Bearbeiten]

siehe: Projekt Diskussion:Aktion wasserdicht/Wohnungslosigkeit

und: Projekt Diskussion:Aktion wasserdicht/Obdachlose

Ausgrenzung[Bearbeiten]

Profite steigen, Krankenkassen machen Kassse – bestimmte soziale Gruppen indes bleiben von der Gesundheitsversorgung ausgeschlossen . Bild

Seit 2007 muss sich jeder Nichtselbständige in der Bundesrepublik gesetzlich krankenversichern. Zwei Jahre später führte der Bundestag eine allgemeine Versicherungspflicht ein. Doch die Zahl der Menschen, die keinen Schutz im Krankheitsfall haben, steigt trotzdem rasant. Binnen vier Jahren hat sie sich fast verdoppelt. Das geht aus dem aktuellen Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes für 2019 hervor. Zu den Ergebnissen hatte Sabine Zimmermann, Sozialexpertin der Partei Die Linke im Bundestag, eine kleine Anfrage gestellt. Waren demnach im Jahr 2015 noch knapp 80.000 Personen betroffen, waren 2019 bereits rund 143.000 Menschen nicht bei einer Kasse gegen Krankheit abgesichert – Tendenz steigend. Damit nahm die Zahl der Nichtversicherten um fast 80 Prozent zu. In zwei Dritteln aller Fälle betraf es männliche Personen. Auch 13.000 Kinder und 7.000 Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren gehörten dazu, das sind 14 Prozent. Außerdem waren nach Hochrechnung des Bundesamtes im vergangenen Jahr rund 15.000 Soloselbständige und 27.000 Minijobber nicht krankenversichert. Das wachsende soziale Problem macht die strukturelle rassistische Ausgrenzung sichtbar. 66.000 nicht Versicherte, also fast die Hälfte, führen die Statistiker unter der Rubrik »Ausländer«. Dabei dürfte es sich vor allem um arbeitssuchende EU-Bürger, oft Sinti und Roma, handeln. Hintergrund ist ihr fehlender Anspruch auf Grundsicherung jeder Art, was eine Sozialversicherung mit sich brächte. Mit dem »EU-Bürger-Ausschlussgesetz« hatte die Bundesregierung ihre Lage 2016 wesentlich verschärft. Damit steht ihnen in den ersten fünf Jahren ihres Aufenthalts keine Sozialhilfe zu, sofern sie nicht über ausreichende Arbeitsverträge verfügen. Das zwingt sie, zu jedweden Bedingungen, auch schwarz, zu arbeiten oder zu betteln. Laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) beträgt ihr Anteil an den Hunderttausenden Obdachlosen in Deutschland etwa 17 Prozent. Kein Geheimnis ist, dass auch lange in der Bundesrepublik lebende Menschen mit Migrationshintergrund besonders oft arm sind und schlechtere Chancen haben. Mit rund 81.000 Betroffenen stellen sie auch den überwiegenden Teil der nicht Versicherten. Alle 13.000 betroffenen Kinder unter 15 Jahren oder ihre Eltern haben den Daten zufolge ausländische Wurzeln. Es sei »nicht akzeptabel, dass so vielen Menschen der reguläre Zugang zur Gesundheitsversorgung versperrt wird«, kritisierte die Linke-Abgeordnete Zimmermann am Freitag gegenüber jW. Die Bundesregierung müsse dringend etwas dagegen unternehmen. »Wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitssystem ist, zeigt sich aktuell in der Coronapandemie mehr denn je«, mahnte sie. Grundsätzlich verlange ihre Partei eine solidarische Versicherung, »in die alle Menschen einbezogen werden« und bei der sich alle »entsprechend ihren Möglichkeiten an der Finanzierung beteiligen«. Als Sofortmaßnahme fordert Zimmermann einen Fonds für die Behandlung von Menschen ohne Krankenversicherung sowie günstigere Tarife für Soloselbständige und Kleinstunternehmer. »Unter anderem muss die Mindestbemessungsgrenze für den Beitrag auf 450 Euro abgesenkt werden«, sagte sie. Diese liegt derzeit bei 1.063 Euro. Selbständige müssen damit mindestens 163 Euro zahlen, hinzu kommen 33 Euro für die Pflegeversicherung. Die gesetzlichen Kassen stehen derweil finanziell gut da. Die Pandemie hat ihnen sogar ein Extraplus in Milliardenhöhe beschert, wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bereits am Dienstag mitteilte. Demnach fuhren allein die AOK-Ortskassen im zweiten Quartal von April bis Juni 2020 einen Überschuss von mehr als 700 Millionen Euro ein, doppelt soviel wie im ersten Vierteljahr. »Gleiches wird für die anderen Kassen inklusive der privaten gelten«, ist DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum überzeugt. Gespart hätten sie vor allem an den Erlösausfällen der Krankenhäuser. Diese hatten über Monate hinweg fast eine Million Operationen auf Verordnung der Bundesregierung verschoben, um Betten für Coronapatienten freizuhalten. Viele davon blieben leer. Baum forderte die Kassen auf, sich an einer Bonuszahlung für Pflegekräfte zu beteiligen.

GESUNDHEITSPOLITIK IN DER BRD. Unterlassene Hilfe. Trotz gesetzlicher Pflicht steigt Zahl der Menschen ohne Krankenversicherung rasant. Betroffen sind vor allem Migranten und deren Kinder. Von Susan Bonath. Junge Welt vom 15. August 2020.

Ignoranzpolitik[Bearbeiten]

Die genaue Bewohnerzahl sei unbekannt, sagte Gesundheitsstadtrat Falko Liecke. "Ich habe keine Idee, wie viele Menschen dort tatsächlich leben", sagte der CDU-Politiker. Es werde nicht immer gesagt, wer noch alles in einer Wohnung wohne. Das Bezirksamt will gegen Mittag über die weiteren Schritte informieren. Derzeit werden alle Bewohner der betroffenen Häuser vom Gesundheitsamt getestet. Gesundheitsstadtrat: Nicht immer alle Bewohner vor Ort. In dem Wohnblock leben laut Stadtrat Liecke Bewohner zumeist in größeren Familien. Bei den Besuchen der Amtsmitarbeiter seien nicht immer alle Bewohner vor Ort gewesen.

Dutzende Corona-Infektionen. Wohnblock in Berlin-Neukölln unter Quarantäne gestellt. In einem Wohnblock in Berlin-Neukölln wurden Dutzende Neuinfektionen mit dem Coronavirus festgestellt. Der Komplex steht nun unter Quarantäne, alle Bewohner der betroffenen Häuser werden getestet. Der Spiegel vom 16. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 09:26, 17. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Berlin. Ein Wohnblock in Berlin-Neukölln mit vermutlich mehreren Hundert Bewohnern ist wegen 54 Coronafällen unter Quarantäne gestellt worden. Die genaue Bewohnerzahl sei unbekannt, sagte Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) am Montag. »Ich habe keine Idee, wie viele Menschen dort tatsächlich leben«, so Liecke. Es werde nicht immer gesagt, wer noch alles in einer Wohnung wohne.

Wohnblock in Neukölln unter Quarantäne Junge Welt vom 15. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 12:09, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Am Montag ist eine Corona-Infektionswelle in einem Wohnblock an der Ecke Treptower und Harzer Straße in Neukölln bekannt geworden. Für 369 Haushalte wurde am Samstag Quarantäne angeordnet, bis Montagabend wurden 57 Personen positiv getestet. ... Dass hier Fragen gestellt werden, in denen es vor allem um Kontrolle geht, hat auch damit zu tun, dass nicht nur die Boulevardmedien der Hauptstadt am Montag einen Aspekt in ihrer Berichterstattung besonders betont hatten: dass die betroffenen Häuser in Neukölln, Spandau und Reinickendorf »einen hohen Anteil rumänischer Bewohner« hätten. »Eine schwierige Bevölkerungsgruppe«, zitiert die »Berliner Morgenpost« CDU-Stadtrat Liecke, der den »Schwerpunkt« in der »Roma-Community« ausmachte. Wie zur Bestätigung flogen am Montag rohe Eier auf Kamerateams, die das Haus und Bewohner*innen abfilmten.

Corona als Stigma. Infektionswelle in Neukölln wirft Fragen zum Handeln des Gesundheitsamts auf Von Claudia Krieg. ND vom 16. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 09:30, 17. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Betroffenen lebten an sieben Standorten in verschiedenen Kiezen, erklärt dazu Falko Liecke. Getestet worden seien bisher 265 Personen. Unter den Infizierten seien auch etliche Kinder. ... Über drei positiv getestete Kinder in zwei Neuköllner Schulen sei man auch auf den einen Wohnzusammenhang gestoßen, der nun im Fokus steht, erklärt Martin Hikel. Wie die Adresse des Wohnblocks an die Öffentlichkeit gelangen konnte, ist dem Bürgermeister ein Rätsel. Hikel beschreibt die Wohnverhältnisse vor Ort als sehr beengt. Pro Haushalt lebten bis zu zehn Menschen zusammen. Man sei durch die mehreren katholischen Bistümern gehörende Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft, die die Häuser vor knapp zehn Jahren übernommen hat, über 130 Mietverhältnisse informiert. Das Virus sei nun auch in Mietskasernen angekommen, erklärt der SPD-Politiker. Es treffe die Schwächsten der Gesellschaft.

Corona als Stigma. Infektionswelle in Neukölln wirft Fragen zum Handeln des Gesundheitsamts auf Von Claudia Krieg. ND vom 16. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 09:34, 17. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Um das zu verhindern, sollen jetzt alle Bewohner des Hauses durchgetestet werden, verpflichtend. Offiziell gemeldet sind dort 600, die Sozialdezernentin der Stadt und Leiterin des Krisenstabs, Petra Broistedt, vermutet allerdings etwa 700 Personen, die sich dort dauerhaft aufhalten.

Corona-Ausbruch in Göttingen. Göttingen droht ein Lockdown. Weil in einem Hochhaus mehrere Familien die Corona-Regeln missachteten, muss sich die ganze Stadt einschränken. Der Fall bringt auch alte Vorurteile wieder herauf. Von Christian Vooren. Die Zeit vom 4. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 11:05, 17. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Selbstgefällige Krisenmanager[Bearbeiten]

Ungeachtet all dieser Erklärungen und Erklärungsversuche: Für Söder, der vor allem wegen seines bisherigen Corona-Krisenmanagements in Kanzlerkandidaten-Umfragen vorne liegt, sind die Zahlen und Eingeständnisse ein Fiasko. Dass wegen einer bayerischen Panne 900 Infizierte länger als nötig unwissend durch Bayern und den Rest der Republik reisen können, bringt insbesondere Huml, aber auch die gesamte Staatsregierung und Söder selbst in Bedrängnis. Die bayerische Opposition kritisiert die Panne bei den Tests scharf. Grünen-Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann spricht von »eklatantem Regierungsversagen«. »Das ist eine Schocknachricht für Deutschland und kratzt am Nimbus des selbstgefälligen Krisenmanagers Söder.« FDP-Fraktionschef Martin Hagen twittert: »Söders Inszenierung als Corona-Musterschüler bekommt zunehmend Risse.« Und der SPD-Landtagsabgeordnete und frühere Oppositionsführer Markus Rinderspacher schreibt: »Dieses Versagen erfordert Aufklärung.« Söder, der mit dem Krisenmanagement des Gesundheitsministeriums schon länger unzufrieden ist, nennt den »Fehler« bei den Testzentren »sehr, sehr ärgerlich«. »Das muss sofort behoben werden und darf nicht mehr passieren. Alle Strukturen sind umgehend zu überprüfen«, fordert er. Die weiteren Folgen der Panne sind am Mittwochabend noch nicht absehbar. Priorität hat aber nun erst einmal eines: dass die 900 positiv Getesteten endlich von ihrer Corona-Infektion erfahren. dpa/nd

Panne bei Corona-Teststationen an bayerischen Autobahnen. 44 000 Getestete warten noch immer auf ihre Ergebnisse, darunter sind auch 900 positive Corona-Tests ND vom 13. August 2020

--Methodios (Diskussion) 09:05, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Geschäft mit der Armut[Bearbeiten]

https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2020/thueringer-awo-tochterfirma-soll-zu-hohe-gehaelter-ausgezahlt-haben/

https://www.rbb24.de/politik/hintergrund/Hintergrund-Maserati-Affaere-Treberhilfe-Skandal.html

https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_84172130/skandal-in-duisburg-mega-chefgehalt-gefaehrdet-ganze-behindertenwerkstatt.html

https://correctiv.org/aktuelles/wirtschaft/2017/08/01/nachdem-das-diakoniewerk-bethel-forderungen-des-dachverbands-nicht-akzeptiert-hat-droht-ausschluss

http://www.oncken-stiftung.de/news/?id=1864

--Methodios (Diskussion) 22:04, 5. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Elke Breitenbach. Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) erklärt im Gespräch mit Claudia Krieg das Konzept einer gesamtstädtischen Steuerung zur Unterbringung der von Wohnungslosigkeit betroffenen und bedrohten Berliner*innen, das sie am Donnerstag im Sozialausschuss des Abgeordnetenhaus vorstellte. Aktuell sind laut Breitenbach 38 000 Menschen provisorisch untergebracht und wohnungslos gemeldet. Betroffen sind auch 12 000 Flüchtlinge mit Aufenthaltstitel, die keinen Wohnraum erhalten, sowie Obdachlose und Menschen, die zum Beispiel bei Verwandten unterkommen.

Wie ist die Unterbringung von wohnungslosen Menschen in Berlin geregelt? Für die Unterbringung von Menschen, die von Wohnungslosigkeit betroffen oder bedroht sind, sind die Bezirke zuständig: Menschen, die ihre Wohnung verloren haben oder kurz davor sind, sie zu verlieren, gehen zur Sozialen Wohnhilfe in ihrem Bezirk und die bringt sie dann unter. Wenn wir von Wohnungslosen reden, dann denken viele an Menschen, die auf der Straße leben. Das stimmt auch, aber wir haben eben viel mehr Menschen, die untergebracht werden müssen, die gar nicht erst auf der Straße landen - zum Glück. Für die Menschen, die jetzt in den Flüchtlingsunterkünften leben, ist das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) zuständig. Bei sehr vielen von ihnen sind aber die Asylverfahren längst abgeschlossen, sie sind statusgewandelt, bekommen Arbeitslosengeld oder Grundsicherung im Alter, oder sie arbeiten. Aber sie haben keine Wohnung und gelten daher als wohnungslos. So bringt das LAF auch sehr viele wohnungslose Menschen mit Fluchthintergrund unter, für die eigentlich die Bezirke zuständig sind. Hier reden wir von über der Hälfte der Menschen, die in den Unterkünften leben.

Berlin. Wohnungslose. Mehr als ein Bett für eine Nacht. Sozialsenatorin will Berliner Wohnungslosenunterbringung neu regeln. Von Claudia Krieg. ND vom 27. August 2020.

Warum ist das so? Zuerst einmal haben wir nicht ausreichend bezahlbaren Wohnraum. Das heißt, sehr viele Menschen, die einmal ihre Wohnung verloren haben, finden auch erst mal keine neue. Viele kommen auch nicht mehr aus den Unterkünften raus. Das heißt, ich benutze jetzt mal diesen Begriff, die Unterkünfte »verstopfen«. Bei den Unterkünften des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) - dorthin vermitteln die Bezirke - haben wir zudem einen großen Wildwuchs. Weil es hier nicht immer Verträge gibt, gibt es auch keine Mindeststandards und Kontrollen. Es gibt auch sehr gute ASOG-Unterkünfte, keine Frage. Grundsätzlich anders ist es aber nur in den LAF-Unterkünften. Hier haben alle Betreiber Verträge, Mindeststandards sind festgelegt und werden auch kontrolliert.

Berlin. Wohnungslose. Mehr als ein Bett für eine Nacht. Sozialsenatorin will Berliner Wohnungslosenunterbringung neu regeln. Von Claudia Krieg. ND vom 27. August 2020.

Was bedeutet das für die Gäste der Unterkünfte? Abgesehen von den manchmal sehr prekären Lebensverhältnissen in nicht standardgemäßen Unterkünften ist nicht immer abgesichert, dass man sich um die Menschen kümmert und ihnen beispielsweise eine Beratung und einen Weg raus aus der Unterkunft anbietet - für ein eigenständiges Leben, mit Wohnung, Arbeit und was sonst noch dazugehört. Stattdessen bleiben die Menschen oft über viele Jahre, vermutlich sogar Jahrzehnte, dort. Manche haben eine Unterkunft und dann sind sie auf einem guten Weg, finden vielleicht eine Arbeit, brechen dann aber wieder zusammen und landen in einer anderen Unterkunft. Wir haben auch Leute, die so schwer krank sind, dass sie vermutlich nie mehr ein anderes Leben führen können. Niemand hat einen wirklichen Überblick. Und genau das ist nicht hinnehmbar. Weder im Sinne dieser Menschen, noch im Sinne öffentlicher Gelder.

Berlin. Wohnungslose. Mehr als ein Bett für eine Nacht. Sozialsenatorin will Berliner Wohnungslosenunterbringung neu regeln. Von Claudia Krieg. ND vom 27. August 2020.

Welche Maßnahmen schlagen Sie vor? Wir möchten jene Menschen, die in Not und wohnungslos sind und Unterstützung brauchen, gut unterbringen, gemäß ihren Bedürfnissen. Für jemanden im Rollstuhl, der die Wohnung verloren hat, muss die neue Unterkunft auch barrierefrei sein. Kindeswohl oder Frauenschutzkonzepte müssen umgesetzt sein. Ein Beispiel: Eine Familie mit minderjährigen Kindern, die ihre Wohnung verloren hat, die kann ich nicht in eine Unterkunft setzen, wo viele Menschen leben, die ein hohes Suchtpotenzial haben oder viele Suchtkrankheiten haben. So was funktioniert nicht.

Berlin. Wohnungslose. Mehr als ein Bett für eine Nacht. Sozialsenatorin will Berliner Wohnungslosenunterbringung neu regeln. Von Claudia Krieg. ND vom 27. August 2020.

Wie funktioniert es besser? Solche Dinge passieren ja nicht aus Bösartigkeit oder Gedankenlosigkeit. Wenn eine Familie mit ihren Kindern Hilfe braucht, wird sie untergebracht, damit sie nicht im Park schlafen muss. In der Regel wird dann in den Bezirken nach freien Plätzen herumtelefoniert. Das ist aufwendig. Deshalb soll es künftig eine gesamtstädtische Steuerung (GStU) geben. Das heißt, es gibt ein Programm, in das man eingibt: Suche Unterkunft für Familien oder für Frauen, für eine Mutter im Rollstuhl, also barrierefrei, minderjährige Kinder, die einen kurzen Schulweg brauchen, und so weiter. Dann bekommt man alle Möglichkeiten, wo diejenigen untergebracht werden können. Zur weiteren Erleichterung wird auch geguckt, dass mit der Kostenübernahme alles stimmt. Mit dieser Software starten wir demnächst ein Pilotprojekt mit einzelnen LAF-Unterkünften, weil diese die nötigen Voraussetzungen mitbringen. Dann werden wir gemeinsam mit den Bezirken nach und nach die ASOG-Unterkünfte einbeziehen. Die GStU bekommt auch eine Servicestelle. Hier wird auch eine unabhängige Beschwerdestelle angedockt, die in Zukunft bei der Unterbringung in allen Unterkünften eine Rolle spielt. Insgesamt wird das ein relativ langer Prozess. Aber so kann gesamtstädtische Steuerung funktionieren.

Berlin. Wohnungslose. Mehr als ein Bett für eine Nacht. Sozialsenatorin will Berliner Wohnungslosenunterbringung neu regeln. Von Claudia Krieg. ND vom 27. August 2020.

Es soll ja auch darum gehen, dass Menschen aus Unterkünften rausziehen können. Ja, das ist mitgedacht. In den Unterkünften müssen Beratungsangebote nachgewiesen werden. Das heißt nicht, dass jede Unterkunft die Beratung selbst machen muss. Wir haben ein großes Netzwerk von Beratungsstellen in der Stadt. Die Menschen haben sehr unterschiedliche Probleme. Viele von ihnen kommen gar nicht erst in die Unterkunft, weil sie zwar Anspruch auf Leistungen hätten, aber keine bekommen. Viele andere Menschen, die auf der Straße leben, wollen jedoch untergebracht werden. Dafür brauchen sie die entsprechenden Voraussetzungen, zum Beispiel die Kostenübernahme vom Bezirk oder vom Jobcenter. Sind die Menschen untergebracht, müssen sie nicht mehr überlegen »Wo kann ich duschen, auf die Toilette, wo bekomme ich mein Essen her?« Dann kann man sich die anderen Probleme anschauen. So wird es in den Verträgen mit den Unterkünften stehen: Es müssen entsprechende soziale Leistungen erbracht werden. So wie in den LAF-Unterkünften.

Berlin. Wohnungslose. Mehr als ein Bett für eine Nacht. Sozialsenatorin will Berliner Wohnungslosenunterbringung neu regeln. Von Claudia Krieg. ND vom 27. August 2020.

Wer soll für das Vorhaben zuständig sein? Es gibt noch keine Entscheidung. Ich darf auch gar keine treffen. Meine Aufgabe ist es, Entscheidungen für Abgeordnete so vorzubereiten, dass ich ihre Fragen beantworten kann. Im Vorfeld brauche ich die unterschiedlichen Kompetenzen der Menschen in den Verwaltungen. Dann muss das Abgeordnetenhaus entscheiden. Auch bei der diesjährigen Strategiekonferenz der Wohnungslosenhilfe werden wir vorstellen, wo wir jetzt stehen. Ich möchte weiterhin die Stadtgesellschaft in die Auseinandersetzung einbeziehen.

Berlin. Wohnungslose. Mehr als ein Bett für eine Nacht. Sozialsenatorin will Berliner Wohnungslosenunterbringung neu regeln. Von Claudia Krieg. ND vom 27. August 2020.

Was muss noch in trockene Tücher gebracht werden, damit es über die Coronakrise hinaus hält? Ein Wort zur Coronakrise: Im Bereich Wohnungslosigkeit haben wir Sachen ausprobiert, die vorher so nicht möglich gewesen wären. Wir haben sofort drei 24/ 7-Unterkünfte für unglaublich viel Geld geschaffen. Eine These, die es seit vielen Jahren gibt, ist ja: Man bringt Menschen vorbehaltlos unter. So, dass sie sich erst mal um sich selbst kümmern können. Dann kommen sie an einen Punkt, an dem sie offen sind für Beratungen und bereit, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen. So wie beispielsweise bei Housing First. Andere geplante Projekte können wir nicht umsetzen, weil wir nie über eine Pandemie nachgedacht haben, Stichwort Safe Places. Auch die Idee, Grundstücke zu nehmen und dort Tiny Houses hinzustellen, ist gerade keine Option mehr. Wir brauchen aber eine Diskussion über die Unterbringung in Frauenhäusern, in der Jugendhilfe, in Seniorenwohnheimen, in der Obdachlosenhilfe - überall, wo Menschen zu zweit in einem Zimmer untergebracht sind und die vorgeschriebenen Abstandsregelungen nicht immer einhalten können. Ich möchte gerne, dass die gesamtstädtische Steuerung der Unterbringung bis zum Ende der Legislatur in Sack und Tüten ist. Das heißt für mich in erster Linie, dass sie funktioniert. Wir müssen Menschen wirklich eine Alternative fürs Leben anbieten und nicht nur ein Bett für die Nacht.

Berlin. Wohnungslose. Mehr als ein Bett für eine Nacht. Sozialsenatorin will Berliner Wohnungslosenunterbringung neu regeln. Von Claudia Krieg. ND vom 27. August 2020.


Zu viele Personen in engen Wohnungen zu horrenden Mieten: Mit der Wohnungsnot können Vermieter in der Bundesrepublik auf Kosten Geflüchteter viel Geld verdienen. Das monierte der Bundesrechnungshof (BRH) in einer Stellungnahme im Rahmen einer Anhörung im Haushaltsausschusses des Bundestages am Montag, die jW vorliegt. Danach »lagen bei den Kosten der Unterkunft (KdU) für Geflüchtete die Gebühren (die kommunale Träger zu zahlen hatten, Anm. jW) häufig weit über den ortsüblichen Mieten für Wohnräume vergleichbarer Größe – oft mehr als 100 Prozent«, heißt es darin. Dieses Geschäftsmodell von Wohnungseigentümern ist nicht neu. So sprach der Flüchtlingsrat Niedersachsen im April 2019 von »Abzocke«. Dort waren für ein Bett in einer Gemeinschaftsunterkunft pro Tag und Kopf zwischen 13 und knapp 27 Euro fällig. Bereits 2015 ließ die Stadt Magdeburg teure Wohncontainer für Geflüchtete errichten. Die Eigentümerin Lorenzquartier GmbH erhielt 480 Euro für ein mit zwei Personen belegtes 18-Quadratmeter-Zimmer (siehe jW vom 27.4.2015). Damals verteidigte die Stadt Magdeburg ihr Vorgehen damit, dass sie Offerten mit weit höheren Preisen erhalten habe und irgend etwas anbieten müsse. Das Problem endet nicht bei den satten Gewinnen für Vermieter auf Kosten der Steuerzahler. Erzielen Geflüchtete Einkommen, müssen sie sich an den Wuchermieten selbst beteiligen. Zudem taucht die Mietsumme auch in den Leistungsbescheiden für Asylsuchende auf, was von Rechtspopulisten und Neonazis immer wieder für Propaganda missbraucht wurde. Denn Hartz-IV-Bezieher bekommen oft nur einen Bruchteil dieser Summe für ihre Miete zugebilligt. Die Rechnungsprüfer interessierte aber weniger der Missbrauch der Not der Geflüchteten, sondern die hohen Ausgaben für die Städte und Gemeinden sowie den Bund, der sich daran beteiligt. Einige kommunale Träger hätten sogar die Jobcenter angewiesen, die Angemessenheit geltend gemachter Gebühren nicht zu prüfen, rügten sie. Anders sieht es bei den Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-Beziehende aus. Hier halten die Kommunen die Obergrenzen möglichst niedrig, um Ausgaben zu sparen. Im Zuge der Coronapandemie drohen den Ländern nun erhebliche Ausfälle bei der Gewerbesteuer. Katja Wolf, Oberbürgermeisterin von Eisenach, legte am Montag die Finanzpro­bleme ihrer Stadt in Thüringen dar: »Wegen der vielen Niedriglöhner haben wir im Osten besonders viele Aufstocker und dadurch sehr hohe KdU-Ausgaben.« Deshalb, so Wolf, könne ihre Stadt »ohnehin nur das absolut Nötigste« finanzieren. Der Bundestag will daher die Kommunen entlasten: Der Bund soll sich künftig mit bis zu 75 Prozent an kommunalen Pflichtausgaben wie der KdU beteiligen können, ohne dass diese in die Bundesverwaltung übergehen. Dazu soll das Grundgesetz geändert werden. Bisher lag die Grenze bei 50 Prozent. Der BRH kritisierte, dass trotz der Probleme die Kommunen zuständig bleiben sollen. Er spricht von einem »zumindest partiellen Kontrollversagen«. Das dürfe »nicht durch eine Verdrängung der Bundesauftragsverwaltung honoriert und verstetigt werden«.

WOHNUNGSPOLITIK. Geförderte Abzocke. Rechnungsprüfer kritisieren Wuchermieten für die Unterbringung Geflüchteter. Von Susan Bonath. Junge Welt vom 8. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 20:50, 7. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Kriminalisierung von Armut[Bearbeiten]

Noch genießbare Lebensmittel aus dem Müllcontainer eines Supermarkts zu entnehmen kann weiterhin als Diebstahl bestraft werden – dies hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil entschieden. Zwei betroffene Studentinnen aus Oberbayern sowie die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hatten dagegen Beschwerden eingereicht. Vergeblich: Der Gesetzgeber dürfe grundsätzlich auch das Eigentum an wirtschaftlich wertlosen Sachen strafrechtlich schützen, teilte das Gericht in Karlsruhe mit (Aktenzeichen 2 BvR 1985/19 u. a.). Die beiden jungen Frauen hatten nachts in Olching bei München Obst, Gemüse und Joghurt aus dem Müll eines Supermarktes gefischt. Mit der Aktionsform des »Containerns« wollten sie auch aus ökologischen Gründen gegen Lebensmittelverschwendung protestieren. Sie waren dafür verurteilt worden, jeweils acht Sozialstunden abzuleisten, und hatten Geldstrafen von 225 Euro auf Bewährung erhalten. Die GFF hatte sich bei der 2019 eingereichten Verfassungsbeschwerde ein Grundsatzurteil und »eine verfassungskonforme Auslegung des Diebstahlparagraphen« erhofft, wie deren Vorstandsmitglied Boris Burghardt am Dienstag erklärte. Denn das Strafrecht diene der Ahndung von sozialschädlichem Verhalten. Die Verwertung genießbarer Lebensmittel sei aber »angesichts der Ressourcenknappheit gesellschaftlich wünschenswert«, so Burghardt. »Unsere Mandantinnen sind bis heute der Überzeugung nicht unmoralisch gehandelt haben«, kommentierte der verfahrensbeteiligte Rechtsanwalt Max Malkus die Entscheidung. »Wir sind mit unserem Versuch gescheitert, wirklich notwendige Veränderung, insbesondere mit einer Wertung für nachhaltigen Ressourcenschutz, über die Auslegung alter Gesetze herbeizuführen, die dem abstrakten zivilrechtlichen Eigentum immer noch ohne echte Sozialbindung den vorderen Rang einräumen.« Der Gerichtsentscheid zeige, »dass wir die richtigen Fragen gestellt haben, aber es die Aufgabe des gewählten Gesetzgebers ist, die aus der Gesellschaft geforderten Veränderungen umzusetzen«, so Malkus. Er sei stolz, dass »Caro und Franzi«, den Mut gehabt hätten, ihren Fall öffentlich zu machen »und damit auf das Problem der unvorstellbar großen Lebensmittelverschwendung auch in Deutschland aufmerksam zu machen«.

KLASSENJUSTIZ. Recht auf Verschwendung. Bundesverfassungsgericht: »Containern« bleibt strafbar. Von Claudia Wangerin. Junge Welt vom 19. August 2020.

--Methodios (Diskussion) 09:06, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Dilettantische kollektive Unverantwortlichkeit[Bearbeiten]

Die Anhörung habe "das Gegenteil von Aufklärung” gebracht, kritisierte etwa Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz. Alle Beteiligten sähen sich als Opfer komplizierter Umstände. In der Summe ergebe sich das "Gesamtbild einer dilettantischen, kollektiven Unverantwortlichkeit”.

Bafin-Chef zur Wirecard-Pleite. Nach Vorschrift ins Desaster. Vor dem Bundestag sollte Chef-Finanzaufseher Hufeld das Versagen seiner Behörde im Wirecard-Skandal erklären. Die Abgeordneten erlebten einen erstaunlich selbstbewussten Behördenchef, der vor allem auf Regeln beharrte. Von David Böcking und Anne Seith. Der Spiegel vom 1. Juli 2020

--Methodios (Diskussion) 07:12, 2. Jul. 2020 (CEST)[Beantworten]

Verschiedene institutionelle Investoren wollen nun deswegen gegen die Bafin klagen: "Wir sind von mehreren internationalen Investoren beauftragt worden, eine Staatshaftungsklage zu prüfen", sagt der Berliner Anwalt Marc Liebscher, der gemeinsam mit seinem Kollegen Wolfgang Schirp schon gegen den Wirtschaftsprüfer E&Y in der Sache vorgeht. "Wir sehen hier ein komplettes Systemversagen: Bei der DPR, bei der Bafin, und im Bundesfinanzministerium, das keine Struktur aufgebaut hat, die effektiv prüfen kann." Wie sehr der internationale Ruf des Finanzstandorts Deutschland gelitten habe durch den Skandal, sei "den Verantwortlichen offenbar noch gar nicht klar", sagt Liebscher.

Bafin-Chef zur Wirecard-Pleite. Nach Vorschrift ins Desaster. Vor dem Bundestag sollte Chef-Finanzaufseher Hufeld das Versagen seiner Behörde im Wirecard-Skandal erklären. Die Abgeordneten erlebten einen erstaunlich selbstbewussten Behördenchef, der vor allem auf Regeln beharrte. Von David Böcking und Anne Seith. Der Spiegel vom 1. Juli 2020


--Methodios (Diskussion) 07:25, 2. Jul. 2020 (CEST)[Beantworten]

Frei-Raum[Bearbeiten]

Einrichtung »Abrigado« in Hamburg-Harburg vom Verein »Freiraum Hamburg«

  • Desinfektor
  • Wundversorgung
  • Gedenk-Tisch

--Methodios (Diskussion)

PunkerInnen[Bearbeiten]

siehe

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/PunkerInnen

--Methodios (Diskussion) 16:38, 21. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

AktivistInnen[Bearbeiten]

Die Klimaschutzbewegung »Fridays for Future« (FFF), die maßgeblich von jungen Frauen und Mädchen getragen wird und bei älteren Männern beliebte Statussymbole wie spritfressende SUV ablehnt, ist das perfekte Feindbild für rechte Maskulinisten. Die 17jährige Initiatorin der Bewegung, Greta Thunberg aus Schweden, wird regelmäßig auch von Männern über 50 nach Äußerlichkeiten bewertet, als schuldete sie ihnen mehr Sexiness. »Wenn Hater es auf dein Aussehen und dein Anderssein abgesehen haben, bedeutet das, dass sie sonst keine Argumente haben. Und dann weißt du, dass du gewinnst«, erklärte sie dazu im Herbst 2019. Schockierter zeigte sie sich wenig später darüber, dass der Hass sich gegen ihre ganze Familie richte und auch ihre damals 13jährige Schwester betroffen sei. Im März dieses Jahres stritt die kanadische Ölfirma X-Site Energy Services zunächst ab, für einen sexistischen Aufkleber verantwortlich zu sein, der einen nackten Mädchenrücken und zwei Männerhände zeigt, die zwei lange Zöpfe – wie sie die Umweltaktivistin häufig trägt – nach hinten ziehen. Als sich die Hinweise verdichteten, entschuldigte sich das Unternehmen peinlich berührt. Thunbergs deutscher Mitstreiterin Luisa Neubauer ist es nun wichtig, gegen sexistische Hasskommentare auch juristisch vorzugehen. Gegen einen des neurechten Autors Akif Pirincci, der für seine pornographischen Pöbeleien gegen Frauen und Schwule bekannt ist, hat sich die 24jährige gerade erfolgreich gewehrt. Wie der Spiegel am Mittwoch berichtete, erließ das Landgericht Frankfurt am Main wegen des Facebook-Posts eine einstweilige Verfügung gegen Pirincci. Er habe ein Foto Neubauers mit einer sexistischen Erniedrigung kommentiert, hieß es. Aufgrund des Gerichtsbeschlusses musste Pirincci demnach vorläufig die Prozesskosten übernehmen. Vor dem Landgericht Göttingen habe Neubauer zudem erfolgreich Facebook auf Herausgabe von Nutzerdaten wegen sexistischer Beleidigungen verklagt. Diese seien ein »Dauerphänomen«, seit sie sich politisch äußere, sagte Neubauer dem Spiegel. »Manchmal ist der Kommentar nur ein Wort lang, manchmal schreiben Leute ganze Aufsätze über ein Oberteil von mir, aus dem sie dann irgendwie ableiten, dass ich ›untervögelt‹ sei. Der sexualisierte Hass in den Kommentaren geht irritierend oft über zu Foren, in denen über meine Vergewaltigung phantasiert wird.« Sie wolle aufzeigen, wie Frauen sich wehren können – und dass dies nicht ihr individuelles Problem sei. »Wir reden hier nicht über einen Konflikt zwischen mir und dem Hater, sondern über strukturellen Frauenhass, Sexismus und Misogynie, die überall und immer radikaler zum Ausdruck gebracht werden.«

KLATSCHE FÜR PIRINCCI. »Struktureller Frauenhass«. Klimaschutzaktivistin Neubauer wehrt sich juristisch gegen sexistischen Pöbler Pirincci. Von Claudia Wangerin. Junge Welt vom 14. August 2020

--Methodios (Diskussion) 10:53, 14. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Frauenhäuser[Bearbeiten]

Nach einer Serie von Brandanschlägen auf Frauenhäuser, linke Kulturzentren und alternative Wohnprojekte in der Bankenmetropole Frankfurt am Main und zwei weiteren Städten im Rhein-Main-Gebiet gibt es nun einen Tatverdächtigen. Der Fall könnte wegen Versäumnissen der Behörden auch ein parlamentarisches Nachspiel haben. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main bestätigte am Freitag auf nd-Anfrage, dass sie bereits im Mai Anklage gegen einen 47-Jährigen wegen 16 Taten erhoben habe, die zwischen Dezember 2018 und Dezember 2019 in Frankfurt, Hanau und Oberursel verübt wurden. Dabei handele es sich um Sachbeschädigung sowie versuchte und schwere Brandstiftung. Seit der letzten Tat befinde sich der Beschuldigte Joachim S. in Untersuchungshaft. Wann es zu einem Prozess vor dem Landgericht kommen wird, könne sie noch nicht sagen, erklärte eine Behördensprecherin. Die zuständige Strafkammer habe noch keinen Hauptverhandlungstermin anberaumt. Brände hatte es unter anderem in den linken Treffpunkten »Café Exzess« im Frankfurter Stadtteil Bockenheim, in den Wohnprojekten »Assenland« und »Au« im Stadtteil Rödelheim sowie im »Lila Luftschloss« im Frankfurter Nordend gegeben. Weitere Angriffsziele des Täters waren das Hanauer Kulturzentrum »Metzgerstraße 8« und eine Einrichtung in Schwalbach (Main-Taunus-Kreis). In den meisten Fällen entstand größerer Sachschaden, verletzt wurde niemand. Betroffen waren dem Vernehmen nach auch selbstverwaltete Wohnhäuser im Rahmen des Projekts »Mietshäuser Syndikat«. Inzwischen verdichten sich die Hinweise darauf, dass den Taten ein politisches Motiv zugrunde liegt. So habe Joachim S. im Frühjahr 2017 zunächst 65 Euro und im Spätsommer 2018 einen weiteren Betrag von knapp 1700 Euro an den hessischen AfD-Landesverband gespendet, berichtete die »Frankfurter Rundschau«. Der AfD-Landesverband wollte sich unter Verweis auf den »Datenschutz« nicht dazu äußern und erklärte lediglich, S. sei zu keinem Zeitpunkt Parteimitglied gewesen.

Politik. Brandanschläge auf Frauenhäuser. Noch ein Brandstifter. Nach Anschlägen auf Frauenhäuser und linke Projekte: Anklage gegen mutmaßlichen AfD-Unterstützer. Von Hans-Gerd Öfinger. ND vom 30. August 2020.

--Methodios (Diskussion) 21:01, 30. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Kritiker weisen unterdessen darauf hin, dass Anwesende im Hanauer Projekt »Metzgerstraße 8« Joachim S. im Dezember 2018 festgehalten und der Polizei übergeben hätten, als er dort einen Brand gelegt hatte. Obwohl S. bereits wegen Brandstiftung vorbestraft war – 2002 war er wegen einer solchen Tat vom Landgericht Darmstadt zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden –, wurde er damals nicht in U-Haft genommen. Wie der Hessische Rundfunk berichtete, wurde S. in den folgenden Monaten mindestens zwei weitere Male in der Nähe von Brandorten von Polizisten festgenommen. Doch jedes Mal kam er bald darauf wieder auf freien Fuß. Erst im Dezember 2019 wurde er nach einer weiteren Brandstiftung verhaftet. Dem Zugriff seien »aufwändige verdeckte Ermittlungen« vorausgegangen, erklärte die Frankfurter Staatsanwaltschaft seinerzeit. Die Linksfraktion im Wiesbadener Landtag hatte seit anderthalb Jahren Anfragen an die Landesregierung zu den Hintergründen der Brandstiftungen gestellt. Ihr innenpolitischer Sprecher Hermann Schaus verlangt nun in zwei Berichtsanträgen vom hessischen Innenministerium Aufklärung über die Arbeit und Erkenntnisse der Strafverfolgungsbehörden. »Im Verfassungsschutzbericht 2018 taucht das gesamte Ereignis absurderweise dann auch noch unter Linksextremismus auf – bizarrer geht es nicht«, moniert Schaus und fügt hinzu: »Dass diese Taten einen offensichtlich rechten Hintergrund hatten, wurde im Landtag und im VS-Bericht schlicht verschwiegen.« Mit Blick auf den fragwürdigen Umgang der Behörden mit der Brandserie verweist Schaus darauf, dass auch die wegen des Mordes an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke vor Gericht stehenden Rechtsterroristen Stephan E. und Markus H. Unterstützer und Spender der AfD gewesen seien. Der Abgeordnete forderte die hessische AfD auf, die von Joachim S. überwiesenen Spendengelder umgehend an eine in der Seenotrettung im Mittelmeer engagierte Hilfsorganisation für Flüchtlinge zu übergeben. »Wer auf die Unterstützung von Terroristen und Brandstiftern baut, trägt in unerträglicher Weise dazu bei, das gesellschaftliche Klima zu vergiften«, so Schaus.

Politik. Brandanschläge auf Frauenhäuser. Noch ein Brandstifter. Nach Anschlägen auf Frauenhäuser und linke Projekte: Anklage gegen mutmaßlichen AfD-Unterstützer. Von Hans-Gerd Öfinger. ND vom 30. August 2020.

--Methodios (Diskussion) 21:04, 30. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Debatte ist aufgeladen wie lange nicht. »Die Verbindung von der AWO zu SPD-geführten Ressorts ist in einigen Bundesländern problematisch«, kritisiert die Abgeordnete Anja Kofbinger (Grüne) am Montag die aus ihrer Sicht intransparente Vergabepraxis für den Betrieb des siebten und achten Frauenhauses in Berlin. Für deren Trägerschaft hatte die Arbeiterwohlfahrt (AWO) den Zuschlag erhalten, ohne Ausschreibung und obwohl sie bislang kein Frauenhaus in Berlin betrieben hatte.

Kofbinger zeigte sich entrüstet, sprach von »fehlender Expertise« und warf der Senatsverwaltung unter Senatorin Dilek Kalayci (SPD) vor, man habe hier geeignetere Träger nicht berücksichtigt. Die Sprecherin für Gleichstellungspolitik der Grünen-Fraktion zieht im Gesundheitsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses implizit sogar den Vergleich zur aktuellen »Maskenaffäre« der CDU und stößt damit ihre Koalitionskolleg*innen von der SPD gewaltig vor den Kopf.

»Das geht gar nicht, Anja«, wehrt sich Derya Çağlar (SPD) gegen den Vorwurf, es sei seitens ihrer Partei in der Notlage der Pandemie zu unlauteren Methoden gekommen. Wichtig sei vielmehr, dass keine Frau im vergangenen Jahr bei der Suche nach einem Schutzplatz abgewiesen werden musste, so Çağlar.

Man habe im vergangenen Jahr schnell handeln müssen, erklärt Marianne Rühl-Andresen, Leiterin der Abteilung Frauen und Gleichstellung in der zuständigen Senatsverwaltung, in Bezug auf die Vorwürfe. Eigentlich seien die Planungen für das siebte Frauenhaus schon vor der Coronakrise, die die Zahlen häuslicher Gewalt um ein Drittel habe nach oben schnellen lassen, in vollem Gange gewesen. Aber es habe keine passende Immobilie gegeben, um die Eröffnung nach vorn zu ziehen. Stattdessen wurde auf eine von der AWO betriebene Notunterkunft zurückgegriffen, die es vor allem Frauen mit Kindern ermöglicht habe, wieder aus den vorübergehend zu Schutzräumen umgewandelten Stadthotels auszuziehen - und so besser unterzukommen, mit mehr Platz und mit Beratung. In den Hotels sei es vielen nicht gut gegangen. Auch hier hatte die AWO kurzfristig die Trägerschaft übernommen. Als sich dann noch die Möglichkeit ergeben habe, die Notunterkunft in das siebte Frauenhaus umzuwandeln, habe man aufgrund der Dringlichkeit zugeschlagen, so Rühl-Andresen. Aus ihrer Sicht hat sich die AWO dadurch empfohlen, auch das im Sommer zu eröffnende achte Frauenhaus Berlins zu betreiben. Dieses wird mit mehr als 450 000 Euro ausgestattet, der Großteil der Mittel stammt aus dem Innovationsprogramm des Bundes. Für das Geld entsteht in dem Frauenhaus eine neuartige Clearingstelle, die ein zentraler Anlaufpunkt sein soll.

»Wir haben zurzeit 990 Schutzplätze, gemäß der Istanbul-Konvention«, erklärte Gleichstellungssenatorin Dilek Kalayci (SPD). Sie wisse von keinen anderen Trägern, die sich um den Betrieb des achten Frauenhauses bemüht hätten. Um das Thema häusliche Gewalt und Schutzplätze wird in Berlin seit Langem immer wieder heftig gestritten. Frauenorganisationen werfen dem Senat unter anderem vor, Symbolpolitik zu betreiben, statt sich wirklich für die Verbesserung der Situation einzusetzen. Drastische Kürzungen vor mehr als 15 Jahren durch eine rot-rote Koalition hatten zu dieser Situation geführt. Die Vorgaben der Istanbul-Konvention werden nicht ausreichend umgesetzt, hieß es oft. Diese Konvention fordert Gewaltprävention durch öffentliche Sensibilisierung für das Thema Gewalt gegen Frauen genauso wie die Einrichtung von Frauenhäusern. Außerdem auch juristische Maßnahmen wie Kontakt- und Näherungsverbote oder die Anerkennung von geschlechtsspezifischer Gewalt als Asylgrund.

Berlin Frauenhäuser. Keine wurde abgewiesen. Berlin versucht, mehr Plätze in Frauenhäusern zu schaffen. Von Claudia Krieg ND vom 15.03.2021

--Methodios (Diskussion) 10:42, 16. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]

Strukturelle Diskriminierung[Bearbeiten]

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hat im Zuge einer Studie die ungleiche Bezahlung zwischen Frauen und Männern herausgestellt. Dabei wurden jedoch nicht, wie sonst üblich, die Bruttostundenlöhne als Messgröße zur Hand genommen, sondern das Lebenserwerbseinkommen. Im Ergebnis spiegelt sich die Signifikanz der ungleichen Bezahlung wider. Lebenserwerbseinkommen In Deutschland und weltweit herrscht Ungleichheit beim Einkommen von Frauen und Männern, die Schere der Löhne steht dabei sehr weit auseinander. In der Regel werden hier zur Veranschaulichung die Stundenlöhne miteinander verglichen, doch stellt man die Einkommen eines gesamten Arbeitslebens von Mann und Frau gegenüber, wird die Ungleichheit noch deutlicher. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hat zu diesem Zweck die durchschnittlichen Lebenserwerbseinkommen für West- und Ostdeutschland gegenübergestellt. Im Ergebnis verdienen Frauen 45 beziehungsweise 40 Prozent weniger als Männer. Während ein Mann in Westdeutschland in seinem Berufsleben durchschnittlich 1,5 Millionen Euro verdient, kommen Frauen lediglich auf circa 830.000 Euro. Im Osten Deutschlands fällt der Unterschied etwas geringer aus, hier verdienen Frauen mit 660.000 Euro etwa 40 Prozent weniger als Männer, mit einem Lebenseinkommen von 1,1 Millionen Euro. Traditionelle Messgröße "verschleiert" Ungleichheit Die Studie stellt somit die sogenannte "Gender Lifetime Earnings Gap" heraus. Die Unterschiede von 45 beziehungsweise 40 Prozent im Westen und Osten Deutschlands sind demnach so signifikant, dass hochqualifizierte Frauen, die 1974 oder früher geboren sind, genauso viel verdienen wie geringqualifizierte Männer. Doch auch für Akademikerinnen ab dem Jahrgang 1975 schließt sich diese große Lohnlücke nicht vollkommen. Sie können im Durchschnitt laut der Studie mit einem Einkommen rechnen, welches dem eines mittelqualifizierten Mannes gleichkommt. Üblicherweise wird für die Bemessung des Gender Pay Gaps der Unterschied zwischen den Bruttostundenlöhnen bei Mann und Frau ausgewertet. Wie das Statistische Bundesamt für das Jahr 2019 ermittelt hat, liegen die Löhne dann nur noch 20 Prozent auseinander. Manuela Barišic, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung, kommentiert in der Studie, dass dieses Verfahren, "die derzeit geltende Messgröße, der Gender Pay Gap, verschleiert, wie groß die Kluft zwischen Männern und Frauen beim Einkommen tatsächlich ist." Mütter verdienen noch weniger Die Ungleichheit trifft vor allem Mütter, sie haben auf dem Arbeitsmarkt stets schlechtere Chancen. Wer als Frau Kinder hat, muss mit einem signifikant niedrigeren Lebenserwerbseinkommen rechnen, als ohne Kinder. Währenddessen spielt dies für Väter kaum eine Rolle. So ist die Schere zwischen Männern und Müttern nochmals erheblich größer, als die zwischen Mann und Frau ohne Kinder. Mütter, die 1985 geboren sind, können im Durchschnitt mit einem Lebenserwerbseinkommen zwischen 570.000 und 580.000 Euro rechnen, je nachdem ob sie im Westen oder Osten von Deutschland leben. Dabei sind 50 Prozent dieser Ungleichheit der Arbeit in Teilzeit und längeren Arbeitsauszeiten geschuldet, Faktoren dafür sind die Kinderbetreuung sowie die Pflege von Verwandten und Angehörigen. "Ein erheblicher Teil des Arbeitskräftepotenzials von Frauen wird aktuell nicht voll ausgeschöpft", erklärt Barišic. Henry Ely / Redaktion finanzen.net

Ungleichheit bei Löhnen - Bertelsmann Stiftung ermittelt Gender Lifetime Earnings Gap

--Methodios (Diskussion) 07:51, 12. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Im Osten leben mehr Männer als Frauen. Seit der Wende sind viele Frauen, vor allem aus ländlichen Regionen, in den Westen abgewandert. Katja Salomo, Gastforscherin am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, hat sich mit der Frage befasst, wie Sozialstruktur und politische Kultur zusammenhängen. Als Beispiel wählte sie Thüringen. Und kommt zu dem Schluss, dass eine Verbindung bestehen könnte zwischen den Auswirkungen von Abwanderung und Alterung in den neuen Bundesländern und dem Erfolg rechtspopulistischer Parteien. Denn in thüringischen Landkreisen, in denen Alterung und Männeranteil der Bevölkerung besonders hoch ist, lägen auch fremdenfeindliche und chauvinistische Einstellungen weit über dem Durchschnitt. Die Abwanderung vieler Menschen nach der Wende wirkte sich laut Studie destabilisierend auf das soziale Geflecht aus. Nach 1992 waren fast zwei Drittel aller Menschen, die Ostdeutschland verließen, weiblich, ermittelte eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung 2007: Frauen waren höher gebildet und fanden so leichter einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Die Zurückgebliebenen mussten um die wenigen Jobs konkurrieren, die nach der Abwanderung auch von Firmen im Osten noch blieben. 2004 kamen in der Altersgruppe der 22- bis 32-Jährigen schließlich auf 100 Männer in den Ost-Bundesländern weniger als 90 Frauen. Ein Zustand, der sich auch auf die Familiengründung auswirkte: Männer fanden schwieriger eine Partnerin. Das könnte die Wahrnehmung des Zurückgelassenseins verstärkt haben, so eine Überlegung der WZB-Studie. Der Beitrag, den Frauen häufig für die Gemeinschaft leisten, sei nicht einfach zu ersetzen, meint Salomo. Deshalb leide der soziale Zusammenhalt. Leerstehende Wohnungen oder der zunehmende Verfall von Häusern würden die verbliebenen Einwohner*innen täglich an die hohe Abwanderung erinnern. Dass oft auch Bahnhof, Post und Schwimmbad schließen mussten, tat sein Übriges. Kein Wunder, dass sich ein Gefühl von Benachteiligung, von Abgehängtsein breitmachte. Das hatte laut Salomos Studie Konsequenzen für die politische Kultur: Rassistische, demokratieskeptische und nationalchauvinistische Einstellungen seien stärker unter jenen Menschen in Thüringen zu finden, die sich selbst auch als benachteiligt oder abgehängt bezeichneten. Was folgt, ist eine Abwärtsspirale: Die dagebliebenen Menschen sehen sich von der Gesellschaft ungerecht behandelt. Um diese innere Spannung abzubauen, wird die eigene Identität aufgewertet, indem »andere« soziale Gruppen abgewertet werden. Demografisch ist der Freistaat vor allem alt und männlich. Wäre Thüringen ein Nationalstaat, hätten nur neun Länder auf der Welt in der Gruppe der 15- bis 49-Jährigen einen stärkeren Überhang an Männern. Und im Vergleich zu 200 anderen Ländern weltweit hätte nur Japan einen höheren Altenquotienten. Bislang wurden fremdenfeindliche, intolerante Anschauungen oft mit der wirtschaftlichen Situation und Arbeitslosenquote in Ostdeutschland erklärt. Durch Salomos Studie konnten auch Rückschlüsse gezogen werden, dass die Faktoren Frauenschwund und Alterung Einfluss auf das Wahlverhalten einiger Menschen haben kann. Diese demografische Entwicklung sei eine »verkannte Gefahr für eine offene Gesellschaft«, meint Salomo.

Ostdeutschland. Zu wenige Frauen. In vielen ostdeutschen Regionen leben deutlich mehr Männer - das beeinflusst auch ihr Wahlverhalten. Von Julia Trippo. ND vom 3. Oktober 2020.


Pandemie verschärft laut UN Diskriminierung von Frauen

w:Phumzile Mlambo-Ngcuka

Die UN-Gleichstellungsbeauftragte Phumzile Mlambo-Ngcuka hat die Corona-Pandemie als schwere Krise für die Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen gewertet. Frauen verlören weit öfter ihre Arbeit als Männer, sagte Mlambo-Ngcuka am Montag. Die Zahl der Frauen, die von weniger als 1,90 Dollar (1,59 Euro) pro Tag leben müssten, sei in diesem Jahr um 47 Millionen gestiegen.

Dazu komme eine Schattenpandemie häuslicher Gewalt, so Mlambo-Ngcuka. Zahlen der Weltgesundheitsorganisation zeigten, dass davon besonders junge Mädchen und Frauen zwischen 15 und 24 betroffen seien. UN-Generalsekretär Antonio Guterres mahnte, die Gewalt gegen Frauen nehme mit jedem Monat zu. "Der Schaden ist unkalkulierbar und wird über Jahrzehnte hinweg in zukünftigen Generationen nachhallen", sagte er. Die Pandemie habe im vergangenen Jahr gezeigt, wie tief die Ungleichheit der Geschlechter in den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Systemen der Welt verankert bleibe.

--Methodios (Diskussion) 09:19, 16. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]

Männerhäuser[Bearbeiten]

Fünf Beispiele. Fünf, die nur die Spitze eines Eisbergs sind. Fünf, in denen es nicht nur um Schläge und Tritte und Würgen und eine Thunfischdose geht. Fünf, in denen immer wieder auch psychische Gewalt geschildert wird. Gegen Männer. Aber auch gegen Kinder. Die mutmaßlichen Täter sind: Frauen. Die Beispiele sind alle als anonymisierte Interviews verfasst worden, die für ein Thüringer Forschungsprojekt genutzt werden sollen. In einem dieser Interviews - eines 52-Jährigen - heißt es: »Eine Grenzüberschreitung war zum Beispiel auch, dass sie wirklich in der Öffentlichkeit zum Beispiel das Handy nach mir geworfen hat, sie hat mich auch getroffen damit. Oder auch, als ich dann schon am Boden lag, auf mich noch eingetreten hat.« Und ein paar Sätze später: »Ich habe es aber ausgehalten, weil ich keine Lösung hatte, aus dieser Situation rauszukommen.« Vielleicht noch schockierender als die Gewalt, über die die fünf Männer in den Interviews berichten, ist die Hilfslosigkeit, die aus ihren Aussagen spricht. Immer und immer wieder. Hilflosigkeit, die nicht nur daher kommt, dass es zwar viele Unterstützungsangebote für Frauen in Deutschland gibt, die Opfer häuslicher Gewalt werden, aber nur sehr wenige vergleichbare Angebote für Männer. Die Hilflosigkeit hat viel damit zu tun, dass Gewalt von Frauen gegen Männer noch immer ein großes Tabuthema ist. Zwei Männer und eine Frau sind in Thüringen Ansprechpartner für Männer, die Opfer solcher Gewalttaten werden. Sie sitzen in einem schmucklosen, grauen Bau im Westen Jenas. An der Einfahrt zum Grundstück weist ein kleines Schild auf das Projekt »A4« hin, das nichts mit der nahen, gleichnamigen Autobahn zu tun hat, sondern denen helfen will, die zu Hause »von Gewalt betroffen sind«, wie das in der Fachsprache heißt. Menschen als »Opfer« von derlei Straftaten zu beschreiben, ist zwar einerseits sehr zutreffend. Andererseits ist es in den Kreisen von Sozialarbeiten, Pädagogen, Therapeuten und ähnlichen Berufsgruppen seit Jahren verpönt, weil die Menschen damit nach der Tat - noch einmal - entmachtet und zum Opfer gemacht werden. Die fünf Interviews sind hier entstanden. Das Forschungsprojekt, in das sie einfließen, führt die Beratungsstelle gemeinsam mit der Fachhochschule Jena durch. Diese Interviews bilden aber nur die Spitze eines Eisberges ab, weil in den vergangenen Jahren weit mehr als diese fünf Männer bei A4 Hilfe gesucht haben. Mehr als 40 waren es nach Angabe der A4-Beraterin Constance Kühn allein im vergangenen Jahr; dieses Jahr seien es schon etwa 30 gewesen. Trotz oder vielleicht wegen der Coronakrise. Das ist nicht ganz eindeutig. Gleichzeitig ist aber jedem der Berater klar, dass sich nur ein sehr, sehr kleiner Teil der Männer, die Opfer häuslicher Gewalt werden, überhaupt an diese Beratungsstelle wendet, die thüringenweit arbeitet; von Nordhausen bis Sonneberg, von Bad Salzungen bis Altenburg. »Das Dunkelfeld ist riesig«, sagt Thüringens Gleichstellungsbeauftragte Gabi Ohler. Kühn sagt: »Wir arbeiten mit einer Größe, die wir nicht kennen.« Dafür, dass sich Männer nur so selten trauen, über ihre Gewalterfahrungen zu sprechen, machen Ohler, Kühn und auch der A4-Berater Hagen Bottek vor allem das noch immer dominierende Männerbild in der Gesellschaft verantwortlich - wie alle anderen auch, die auf diesem Feld arbeiten. Männern, sagt Bottek, werde ein Selbstbild anerzogen, nach dem sie aktiv sind; und Gewalt für sie durchaus eine Handlungsoption sei. Es seien nicht zufällig in der Regel Männer, die zum Militär gingen oder die in Kneipenschlägereien und andere Formen der Straßengewalt verwickelt würden. »Es gibt ein öffentliches Bild, nach dem es für Männer durchaus Sinn machen kann, Gewalt anzuwenden«, sagt Bottek. Die Kehrseite wird oft vergessen; und das selbst in Zeiten, in denen das Rollenverständnis von Männern - und auch Frauen - längst in Bewegung gekommen ist. Nicht nur, dass inzwischen auch Frauen im Militär dienen und dort ebenso selbstverständlich zu töten lernen wie Männer. Männer können - zumindest in Deutschland - ebenso Elternzeit nehmen wie Frauen, ohne dabei von der Mehrheitsgesellschaft komisch angeschaut zu werden. Auch wenn es noch große Unterschiede gibt, eine lange Elternzeit von Müttern quasi erwartet wird, Männer dagegen öfter kurze Elternzeiten von etwas über zwei Monaten beanspruchen. Aber es ruft hierzulande eben auch immer weniger Verwunderung hervor und wird allmählich akzeptiert: dass Männer mit Männern gemeinsam eine Familie gründen. Auch dazu sind die Statistiken und Forschungen eindeutig - es sind im gesamtgesellschaftlichen Kontext in der Regel Männer, die Opfer von Gewalt werden. Das wird oft ausgeblendet. Weil die Opferrolle nicht Teil des dominierenden Männlichkeitsbildes ist. Zwar ist es bei häuslicher Gewalt tatsächlich anders. Die Mehrzahl der - zumindest polizeilich registrierten - Opfer häuslicher Gewalt sind Frauen. Doch bedenkt man, dass es noch viel mehr Formen von Gewalt in den modernen westlichen Gesellschaften gibt, dann wird offenbar, dass bei Männern die Wahrscheinlichkeit viel größer ist, dass sie »von Gewalt betroffen«, dass sie Gewaltopfer werden. Nicht nur, weil Soldaten auf der anderen Seite zurückschießen oder weil Kneipenschlägereien meist zwischen Männern ausgetragen werden, sondern weil Männer generell schneller bereit sind, Konflikte untereinander gewaltsam auszutragen. Betrachtet man die von Polizisten im vergangenen Jahr aufgenommenen Gewaltstraftaten, wurden Männer häufiger als Frauen als Opfer eingestuft. So heißt es in der Polizeistatistik des Bundeskriminalamtes, dass 2019 etwa 611 000 Menschen in Deutschland Opfer von Körperverletzungsdelikten wurden; davon waren knapp 63 Prozent Männern. Bei Raubdelikten oder Mord- und Totschlagsstraftaten lag der Anteil der männlichen Opfer bei mehr als 70 Prozent. Ohler und den Beratern bei A4 ist deshalb wichtig, aus dem Rollenverständnis zu Gewalterfahrungen grundsätzlich auszubrechen. »Die Welt ist verdammt bunt und vielfältig«, sagt Kühn. Ohler sagt, sie wolle in den nächsten Jahren Gewalt im häuslichen Umfeld zu einem ihrer Schwerpunktthemen machen, egal von dem sie ausgehe und wer Opfer sei. Männer, Frauen, Kinder. Denn egal, wen es treffe, sagt Ohler, es gebe »zu viel Gewalt«. Dieser Ansatz scheint durchaus vielversprechend zu sein, denn nur so kann es überhaupt gelingen, über häusliche Gewalt gegen Männern zu reden, ohne dadurch häusliche Gewalt gegen Frauen zu relativieren. Denn das liegt Ohler, Kühn oder Bottek fern. »Frauen haben uns den Weg geebnet«, sagt Kühn. Dass in den vergangenen 30 Jahren häusliche Gewalt gegen sie immer wieder thematisiert worden sei, führe endlich zu mehr Sensibilität. Aber es führe auch - endlich - dazu, dass häusliche Gewalt gegen Männer wenigstens vorsichtig thematisiert werden könne. n der Art der Anwendung von Gewalt gibt es nach den Beobachtungen von Kühn und Bottek durchaus Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Selbstverständlich gebe es da immer Gegenbeispiele, sagen sie. Doch tendenziell setzten Frauen häufiger als Männer auch psychische Gewalt ein. Mittel seien hier etwa, Männer permanent zu beleidigen, ihnen das Selbstwertgefühl zu rauben, sie unberechtigterweise des Missbrauchs an sich oder den Kindern zu bezichtigen. Und wenn es zu physischer Gewalt komme, nutzten Frauen tendenziell häufiger Gegenstände, um ihrem Gegenüber Schmerzen zuzufügen. Das muss nicht immer das berüchtigte Nudelholz sein. Nicht mal das - vielleicht, vielleicht auch nicht im Affekt - geworfene Handy. In einem der fünf Interviews, gegeben von einem 26-Jährigen, heißt es: »Später gab es eine Situation, wo sie mir eine Thunfischdose an den Kopf geworfen hat.« Frauen gleichen so den oft biologischen Nachteil aus, dass sie in der Regel weniger Kraft haben als Männer, weil sie weniger Muskelmasse und weniger sonstiges Gewicht hinter einen Schlag bringen können. Allerdings sind es - entgegen mancher Vorurteile - nicht nur schmächtige Männer, die Opfer von Frauen werden. Einmal, erzählt Kühn, habe sie einen Klienten gehabt, der 1,80 Meter groß, sportlich, Handballspieler gewesen sei. Seine Partnerin habe ihn aber immer in solchen Situationen körperlich misshandelt, in denen er sich nicht habe wehren können: auf der Toilette, im Schlaf. Ganz abgesehen von der Frage, ob er sich überhaupt hätte wehren wollen. Denn auch das erleben Kühn und Bottek immer wieder: Männer, die sich trotz gewalttätiger Frauen nicht von ihnen trennen wollen oder können. So, wie es viele Frauen mit gewalttätigen Partnern häufig nicht schaffen, sich von ihnen loszureißen. Oft wegen der gemeinsamen Kinder. Das Tabuthema, das die Berater des Projekts A4 Stück für Stück aus dem Dunkel reißen wollen, ist also so groß, dass es noch Jahre, vielleicht auch Jahrzehnte dauern wird, bis es für Männer selbstverständlich wird, nicht unverwundbar zu sein, auch nicht in einer Beziehung - und dann auch noch Hilfe zu suchen, wenn sie sie brauchen. So groß ist dieses Tabu nach Einschätzung von Bottek, dass es - jedenfalls wenn es um Gewalt geht - nur noch eine Sache gibt, die mit einem noch größeren gesellschaftlichen Tabu belegt ist: Frauen, die zu Hause nicht nur ihre Männer, sondern auch ihre Kinder schlagen oder psychisch misshandeln. »Da wird ja die Heiligkeit der Mutter angegriffen«, sagt Bottek. Doch in den fünf Interviews, an der Spitze der Spitze des Eisberges, gibt es Hinweise auch darauf, dass selbst das gar nicht so selten ist.

Politik Gewalterfahrungen von Männern. Es muss nicht das Nudelholz sein. Gewalterfahrungen von Männern sind ein Tabuthema - eine Beratungsstelle und Jenaer Wissenschaftler wollen dem abhelfen. Von Sebastian Haak. ND vom 6. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 22:07, 7. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]


Dresden. Für Männer, die Opfer häuslicher Gewalt werden, gibt es in Sachsen bisher drei Anlaufstellen. Nun kommen sie auf den Prüfstand. Bis Ende Juni soll eine Untersuchung klären, wie die Projekte mit Männerschutzwohnungen künftig weitergeführt werden, teilte das Sächsische Gleichstellungsministerium als Auftraggeber der aktuellen Evaluation auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Seit 2017 werden der Verein Lemann e.V. in Leipzig, das Männernetzwerk Dresden und ab 2019 der Verein Weissenberg in Plauen als Anlaufstellen für betroffene Männer gefördert.

Die Vereine betreiben Schutzwohnungen für Männer mit jeweils drei Plätzen. Der Freistaat Sachsen hat nach Ministeriumsangaben bisher knapp 650 000 Euro bereitgestellt. Die Hilfen laufen 2021 aus. Um männliche Opfer im Freistaat künftig besser unterstützen zu können, seien die drei Modellprojekte bisher zu wenig, erklärte Frank Scheinert als Leiter der Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz in Dresden. Mindestens zwei weitere Schutzwohnungen und weitere Beratungsangebote wären notwendig. Bundesweit gebe es Scheinert zufolge aktuell neun Männerschutzwohnungen. »Sachsen hat mit diesen Hilfen begonnen, andere Bundesländer ziehen inzwischen nach.«

Vor allem in Mittelsachsen gebe es bisher keine Anlaufstellen. »Wir hoffen, dass der Männergewaltschutz ab dem nächsten Jahr durch eine Regelförderung unterstützt wird, wie es bei der Hilfe für betroffene Frauen seit vielen Jahren üblich ist«, betonte Scheinert. Dass es mit den Hilfsprojekten für gewaltbetroffene Männer weitergeht, steht für Marcel Schäder als Vorsitzenden des Männerschutz-Vereins Weissenberg im vogtländischen Plauen fest. »Nur das Wie macht mir ein bisschen Bauchschmerzen.« Ein völlig neues Konzept könne zur Verunsicherung führen. »Es muss freundlich für die Betroffenen bleiben.«

Zwei Beratungsstellen im Vogtland und Schutzwohnungen für drei Erwachsene und bis zu sechs Kindern hat der Weissenberg e.V. in den letzten Jahren verwirklicht. »In den Monaten des Lockdowns sind die Anfragen bei uns zurückgegangen. Meiner Meinung nach hat sich das Problem ins Dunkelfeld zurückgezogen. Viele Männer schaffen es bei der aktuellen Unsicherheit nicht, sich zu lösen und halten die Gewalt weiter aus«, so Schäder.

In Leipzig soll vor allem die Beratungsstelle für die Betroffenen ausgebaut werden, sagte Tobias Lohs vom dortigen Lemann e.V. Netzwerk Jungen- und Männerarbeit. Ein solches Beratungsgespräch sei oft die erste Hilfe, die sich Männer suchten. »Viele erreichen wir hier zum ersten Mal. Die Schwelle scheint niedriger zu sein, die Überwindung nicht derart hoch.« Der Bedarf sei enorm, Förderanträge, um die Beratungsstelle auszubauen, seien gestellt.

Die Belegung im Leipziger Männerhaus schwankte seit der Eröffnung 2018 bis 2020 zwischen 50 und 70 Prozent. »Jetzt merken wir eine steigende Nachfrage, einen direkten Zusammenhang mit Corona können wir noch nicht erkennen«, sagte Lohs. Dabei habe sich auch der Leipziger Hilfsverein anfangs auf mehr Fälle in der Pandemie eingestellt. »Ich bin mir nicht sicher, ob die bisherigen Zahlen repräsentativ sind. Corona hat sich womöglich wie eine Art Käseglocke über die Probleme gelegt, die erst später sichtbar werden.« In einer Zeit, wo die Partner auf engstem Raum ausharren müssen, Existenzängste zunehmen und die Kinderbetreuung unsicher sei, könnten Männer womöglich schwerer einen Ausweg aus einer gewalttätigen Partnerschaft finden.

Laut aktueller Statistik des Innenministeriums wurden voriges Jahr 9235 Fälle von häuslicher Gewalt erfasst - seit 2016 ein Zuwachs um elf Prozent. Die Opfer seien in der Mehrzahl Frauen, Männer zu etwa 30 Prozent betroffen, hieß es.

Es muss nicht das Nudelholz sein. Gewalterfahrungen von Männern sind ein Tabuthema - eine Beratungsstelle und Jenaer Wissenschaftler wollen dem abhelfen

Gleichstellungsministerin Katja Meier (Grüne) erklärte auf Anfrage: »Auch Männer werden Opfer häuslicher Gewalt, das zeigen die jährlichen Meldezahlen der Polizei.« Mit den Männerschutzwohnungen sei Sachsen bundesweit ein Vorreiter gewesen. »Nach fünf Jahren Modellphase wollen wir nun ein objektives Resümee ziehen. Was sind die speziellen Bedürfnisse von Männern, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, wie unterscheiden sich diese von Frauen, wie können die Angebote für Männer verbessert werden - das sind nur einige Fragen, die uns bewegen«, so die Ministerin. dpa/nd

»Auch Männer werden Opfer häuslicher Gewalt« Bisher drei Anlaufstellen in Sachsen / Männer zu etwa 30 Prozent von häuslicher Gewalt betroffen - ND vom 16. März 2021

--Methodios (Diskussion) 09:33, 16. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]

Femizid[Bearbeiten]

Femizid

Es passiert jeden zweiten bis dritten Tag in Deutschland. Am Montag, den 06.07.2020, passierte es in Obergünzburg im Allgäu: Ein Mann erstach seine Ex-Frau am helllichten Tag in einem Bus. Die Frau verstarb anschließend im Krankenhaus, ihr Ex-Partner wurde vorläufig festgenommen. Mal wieder bezeichnete die Polizei die Tötung in ihrer Pressemitteilung als »Beziehungstat« und die meisten Medien übernahmen diesen leeren Begriff. Immerhin schrieben sie nicht »Familientragödie« oder »Eifersuchtsdrama«. Doch den passenden Begriff verwendeten sie auch nicht: Femizid. Analog zu dem englischen »homocide«, der Tötung eines Menschen, bezeichnet Femizid die Tötung einer Frau aufgrund ihres Geschlechts. Erst durch die Frauenbewegung niunamenos (keine mehr) aus Lateinamerika wurde das Phänomen auch in Deutschland bekannt. Inzwischen gibt es in vielen deutschen Städten keinemehr-Gruppen, die sich dafür einsetzen, dass die strukturelle Tötung von Frauen durch Männer als gesellschaftliches Problem anerkannt wird.


Kommentare. Femizide. Jeden zweiten Tag. Femizid muss als strafverschärfendes Merkmal in das Gesetzbuch aufgenommen werden, fordert die Schriftstellerin Bettina Wilpert. Von Bettina Wilpert. ND vom 14.07.2020.

--Methodios (Diskussion) 21:09, 30. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]


2018 verzeichnet die Statistik Partnerschaftsgewalt des BKA 122 Tötungen beziehungsweise Körperverletzungen mit Todesfolge von Frauen durch Männer, 2017 waren es 147. Die WHO verwendet den Begriff Femizid und in Argentinien, Mexiko oder Uruguay ist er ein eigener Straftatbestand. In Deutschland fordert unter anderem die Zentrale Informationsstelle der Autonomen Frauenhäuser eine Reform des Tötungsstrafrechts: Femizid soll als strafverschärfendes Merkmal im Strafgesetz eingeführt werden. Auch der Deutsche Juristinnenbund forderte 2019 in einem Thesenpapier die angemessene Bestrafung von sogenannten Trennungstötungen. Das deutsche Strafrechtssystem unterscheidet zwischen Mord und Totschlag. Während sogenannte Ehrenmorde durchgehend als Mord aus niedrigen Beweggründen bestraft werden, gilt dies bei Trennungstötungen nicht. Diese werden überwiegend als Totschlag bestraft. Bei »Ehrenmorden« aus einer vermeintlichen migrantischen Community heraus werden patriarchale Denkmuster anerkannt, aber es wird nicht gesehen, dass es unter Deutschen das gleiche Problem gibt. Das gibt es ja nur bei den Anderen. Dieses Denkmuster ist rassistisch. Egal in welchem Milieu ein Femizid geschieht: Die Strafverfolgung muss einheitlich sein. Zwei Drittel der Femizide in Deutschland passieren während oder nach dem Ende einer Beziehung. Wenn die Trennung von der Frau ausging, werden die Täter oft wegen Totschlags verurteilt und nicht wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen. Mit solchen Urteilen betreiben Gerichte eine Täter-Opfer-Umkehr.

Kommentare. Femizide. Jeden zweiten Tag. Femizid muss als strafverschärfendes Merkmal in das Gesetzbuch aufgenommen werden, fordert die Schriftstellerin Bettina Wilpert. Von Bettina Wilpert. ND vom 14.07.2020.

--Methodios (Diskussion) 21:11, 30. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Obwohl die BRD bereits 2017 die Istanbul-Konvention, das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, ratifizierte, lässt die vollständige Umsetzung auf sich warten. Die Aufnahme des Tatbestands Femizid in das Strafrecht würde einerseits die Konvention erfüllen, andererseits würde sich die gesellschaftliche Sensibilisierung für dieses Problem erhöhen. Zudem könnten Femizide dann auch statistisch erfasst werden. Dabei sollte es auch eine gesonderte Statistik über Gewalt gegen Transpersonen geben, die bisher nicht geführt wird, obwohl diese häufiger Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt sind. Grundsätzlich muss viel früher gehandelt werden, bevor Tötungsverbrechen an Frauen überhaupt passieren. Oft gehen häusliche Gewalt oder Stalking einem Femizid voraus. Frauenhäuser sind eine wichtige Anlaufstelle für Betroffene von häuslicher Gewalt, doch in Deutschland gibt es zu wenig Plätze. Gemäß der Istanbul-Konvention sollte es 21 400 Betten in Frauenhäusern geben in Deutschland sind es nur 6800. Obwohl der Bund 120 Millionen Euro in den Ausbau der Frauenhäuser investiert, sind die Gelder ausschließlich für bauliche Maßnahmen und zum Beispiel nicht für Beratung vorgesehen. Es muss eine flächendeckende Finanzierung von Frauenhäusern und Beratungsstellen geben. Femizid muss als Straftatbestand ins Strafrecht aufgenommen werden. Das sind wichtige Schritte im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen.

Kommentare. Femizide. Jeden zweiten Tag. Femizid muss als strafverschärfendes Merkmal in das Gesetzbuch aufgenommen werden, fordert die Schriftstellerin Bettina Wilpert. Von Bettina Wilpert. ND vom 14.07.2020.

--Methodios (Diskussion) 21:12, 30. Aug. 2020 (CEST)[Beantworten]

Migrant Mother[Bearbeiten]

Vgl. w:de:Florence Owens Thompson: Die Regierung schickte ein paar Tage später eine erste Hilfe in Form von Lebensmitteln, die Florence Owens jedoch nicht mehr erreichte. Sie war auf Suche nach Arbeit und Nahrungsmittel bereits weitergezogen.

Im März 1936 reiste Florence nach einer Rübenernte im Imperial Valley mit ihrer Familie auf dem Highway 101 in Richtung Watsonville, wo sie hoffte, auf den Salatfeldern im Pajaro Valley eine Arbeit zu finden. Unterwegs hatte ihr Auto eine Panne. Hill versuchte es zu reparieren und beschädigte den Kühler. Also trampte er zusammen mit den Söhnen von Florenz in eine nahe gelegene Stadt, um dieses Teil in der Werkstatt zu reparieren. Zu dieser Zeit warteten Florence und die anderen Kinder im Lager der armen, angestellten Arbeiter in Nipomo. Zu dieser Zeit gab es dort ungefähr 2.000 Menschen (nach Erinnerungen von Florenz). Während Jim Hill, ihr Partner und zwei Söhne von Florenz in die Stadt gingen, um Teile für die Reparatur des Autos zu holen, errichteten Florence und einige der Kinder ein provisorisches Lager.

Am 6. März 1936 fuhren Florence und ihre Familie, nachdem sie im Imperial Valley Rüben gepflückt hatten, auf dem US Highway 101 in Richtung Watsonville, "wo sie gehofft hatten, auf den Salatfeldern des Pajaro Valley Arbeit zu finden ". Auf der Straße brach die Steuerkette des Autos und sie hielten direkt in einem Erbsenpflückerlager in Nipomo Mesa an. Sie waren schockiert, so viele Menschen dort zu finden - zwischen 2.500 und 3.500. Für die Pflücker war eine Mitteilung verschickt worden, aber die Ernte war durch Eisregen zerstört worden, so dass sie weder Arbeit noch Bezahlung hatten. Jahre später erzählte Florence einer Interviewerin, als sie an diesem Tag Essen für ihre Kinder kochte, erschienen andere Kinder aus dem Lager der Erbsenpflücker und fragten: "Kann ich etwas essen?"

Lange versprach Florence, dass sie ihre Fotos niemals veröffentlichen würde, aber sie schickte sie nicht nur an die Resettlement Administration, sondern auch an die San Francisco News. Das Magazin veröffentlichte Fotos zusammen mit Informationen über 2.500 bis 3.000 Arbeiter im Lager. Nach der Veröffentlichung spendete die Regierung innerhalb einer Woche etwa 9 Tonnen Lebensmittel an das Lager Nipomo. Als sie dort ankam, war die Familie Florence Thompson jedoch bereits weitergezogen.

In den 70er Jahren kauften die Kinder von Florence Thompson ein Haus in Modesto, aber sie selbst fühlte sich darin nicht gut und lebte im Wohnwagen, weil sie sich in einem Wohnmobil besser fühlte.

--Methodios (Diskussion) 09:48, 26. Mai 2020 (CEST)[Beantworten]

--Methodios (Diskussion) 11:04, 26. Mai 2020 (CEST)[Beantworten]

Reinhaltung der Städte[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Reinhaltung der Städte

Magdeburger Gaststätte Zum Reinheitsgebot: Treffpunkt der rechtsextremistischen Szene

--Methodios (Diskussion) 09:07, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Systemischer Rassismus[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Systemischer Rassismus

Die drei Gelynchten und umstehende Menge
Datei:Clayton-Jackson-McGhie-memorial-Duluth-Minnesota.jpg
Duluth Lynchings Memorial

vgl. Lynchmorde von Duluth (Duluth (Minnesota)) - 15. Juni 1920

--Methodios (Diskussion) 09:08, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]


Genf. Das oberste Menschenrechtsgremium der Vereinten Nationen prüft Vorwürfe des »systemischen Rassismus, der Polizeibrutalität und der Gewalt gegen friedliche Proteste« in den USA. Dazu werde es am Mittwoch eine Dringlichkeitsdebatte gebe, teilte die UN am Montag mit. Die Entscheidung des UN-Menschenrechtsrates folgte damit einem Antrag, den Burkina Faso vorige Woche im Namen afrikanischer Länder gestellt hatte. Die USA sind nicht Mitglied des Forums der 47 Mitgliedsstaaten in Genf. »Der Tod von George Floyd ist leider kein Einzelfall«, hieß es in dem von der UNO veröffentlichten Brief. »Die Zahl der früheren Fälle von unbewaffneten Menschen afrikanischer Abstammung, denen wegen unkontrollierter Polizeigewalt dasselbe Schicksal widerfuhr, sind Heerscharen.«

Ebenfalls mit einem offenen Brief hatten zuvor führende UN-Vertreter afrikanischer Abstammung oder Herkunft die Staatenorganisation zum Handeln aufgefordert. Man sei »entsetzt über das Unrecht des Rassismus, das weiterhin in unserem Gastland und weltweit weit verbreitet ist, hieß es in einer Mitteilung vom Sonntag. Aufgesetzt unter anderen von der UNAIDS-Chefin, Winnie Byanyima, dem Leiter der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, und der Chefin des UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA), Natalia Kanem. »Rassistische Aussagen und Taten lediglich zu verurteilen reicht nicht aus.« Es müsse mehr getan werden. Man sei es allen Opfern schuldig, »rassistische Institutionen abzubauen«, hieß es. Dabei müssten die Vereinten Nationen auch ernsthaft bewerten, inwiefern die UN-Charta innerhalb der Organisation gewahrt werde.

Die Kommission der Afrikanischen Union (AU) wollte sich am Montag nicht zu dem Brief äußern. Kommissionschef Moussa Faki Mahamat hatte aber nach dem Tod Floyds US-Behörden ermahnt, jede Form von Diskriminierung aufgrund von ethnischer Herkunft zu beseitigen. Der Polizeimord an dem Afroamerikaner in der US-Stadt Minneapolis Ende Mai löste weltweit Massenproteste gegen systematischen Rassismus und Polizeibrutalität aus.

UNO: Afrikanische Länder und Organisatoren fordern Handeln gegen Rassismus Junge Welt vom 15. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 12:22, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Deutscher Rassismus[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Deutscher Rassismus

ZITAT DES TAGES: "Es ist doch keine alarmierende Zahl, wenn es zwei-, dreitausend Fälle pro Jahr sind." Boris Pistorius (SPD), Innenminister von Niedersachsen, am Mittwoch im Deutschlandfunk zur möglichen Dunkelziffer rassistischer Polizeikontrollen in der BRD

Junge Welt vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 09:08, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Dresdner Rassismus[Bearbeiten]

https://www.facebook.com/ddpostkolonial/

--Methodios (Diskussion) 09:08, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]


So forderte er, das Land solle der Stadt mehr Geld für die Versorgung zuteilen, mindestens 70 % der Asylbewerber müssten abgeschoben werden und nicht 200 Menschen zusammen in einer einzigen Unterkunft untergebracht werden. In dieser, behauptet Urban, komme es zu Drogenhandel und Erpressung. Konflikte zwischen Flüchtlingen und Einheimischen kommentierte er mit: „Messer-Marokkaner sind weder Kultur-Bereicherer noch dringend benötigte Fachkräfte“. Jörg Urban

Wie entgleist die Situation bereits ist, zeigen folgende Meldungen:

Zuvor hatten die drei etwa 25 bis 30 Jahre alten Männer die 32 Jahre alte Mutter und das Kind auf einem Spielplatz beleidigt. „Der Inhalt der Beleidigungen lässt auf eine fremdenfeindliche Motivation schließen“, hieß es im Bericht der Polizei. Zur Herkunft der Frau und des Kindes wurden keine Angaben gemacht.

Polizeiticker. Staatsschutz ermittelt. Rassisten greifen Dreijährigen in Dresden an. Drei Männer haben laut Polizei aus „fremdenfeindlichen Motiven" einen drei Jahre alten Jungen in Dresden angegriffen. Zuvor hatten sie das Kind und seine Mutter rassistisch beleidigt. Der Staatsschutz ermittelt. LVZ vom 10. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 19:43, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Der Junge sei von den Tätern aufgrund seiner Hautfarbe angegriffen worden, sagte ein Sprecher der Polizei Dresden dem SPIEGEL. "Es liegt ein klares fremdenfeindliches Motiv vor", so der Sprecher. Nach dem Angriff seien die drei Deutschen im Alter von 25 bis 30 Jahren vom Tatort am Otto-Dix-Ring geflüchtet. Die Mutter wählte nach dem Vorfall den Notruf, die Polizei war nach eigenen Angaben mit drei Streifenwagen im Einsatz. Nach einer Stunde habe man die Fahndung eingestellt, die Täter wurden bisher nicht ausfindig gemacht.

Rassisten sollen Dreijährigen körperlich angegriffen haben. Eine Gruppe von Männern hat mutmaßlich ein Kleinkind auf einem Spielplatz in Sachsen rassistisch beleidigt und weggeschubst, sodass es verletzt wurde. Der Staatsschutz ermittelt. Der Spiegel vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 19:39, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Bereits im Dezember war es in Dresden zu einem ähnlichen Angriff gekommen. Damals hatte ein älterer Mann den vierjährigen Sohn einer Tunesierin von seinem Dreirad getreten.

Politik. rassistischer Angriff. Rassisten beleidigen und verletzen Dreijährigen in Dresden. Eine Gruppe von Männern soll ein Kleinkind auf einem Spielplatz in Sachsen rassistisch beleidigt und körperlich verletzt haben. Der Staatsschutz ermittelt. ND vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 19:46, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Einer Mitteilung der Dresdner Polizei zufolge kam es am Dienstag in Dresden zu einem Übergriff auf ein drei Jahre altes Kind und dessen Mutter. Zunächst sollen die Beiden von drei Unbekannten auf einem Spielplatz am Otto-Dix-Ring im Stadtteil Strehlen rassistisch beleidigt worden sein. Nachdem einer der Täter im Anschluss daran das Kind gestoßen hatte, stürzte es und zog sich leichte Verletzungen zu. Die Täter im Alter zwischen 25 und 30 Jahren flüchteten anschließend in unbekannte Richtung. Die Polizei bittet bei den Ermittlungen um Hilfe. Wer Angaben zum Tathergang und zu den Tätern machen kann wird gebeten, sich unter der 0351-483 22 33 bei der Polizei zu melden. Der gestrige Vorfall war nicht der erste Übergriff auf eine Mutter mit Kind. Bereits im Dezember hatte der Übergriff auf eine 31-Jährige und ihr 4jähriges Kind bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Der Täter hatte in der Vorweihnachtszeit unvermittelt gegen das Dreirad des Kindes getreten, so das es stürzte und sich verletzte. Der Ausländerrat zeigte sich damals schockiert über die Tat und forderte Zivilgesellschaft und Politik zum Handeln auf. Im Unterschied zum Vorfall am Dienstag in Strehlen, hatte sich dem Angreifer ein couragierter Bürger entgegengestellt und ihn verjagt.

Nazis. Kind bei rassistischem Übergriff in Dresden verletzt. addn vom 10. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 09:12, 26. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Dresdner Rassismus: Jorge Gomondai[Bearbeiten]

vgl. Jorge Gomondai

--Methodios (Diskussion) 20:54, 21. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Dresdner Rassismus: Khaled Idris Bahrey[Bearbeiten]

Am Sonnabend Nachmittag startet am Jorge-Gomondai-Platz eine Demonstration anlässlich des Mordes an Khaled Idris Bahrey. Der 20-jährige Asylbewerber war am vergangenen Dienstag im Dresdner Stadtteil Leubnitz-Neuostra tot aufgefunden worden. Erste Polizei-Ermittlungen hatten keine Anhaltspunkte auf eine Fremdeinwirkung ergeben. Inzwischen ist aber klar, Khaled wurde erstochen. Die Mordkommission ermittelt. Bereits am Mittwoch hatte das Bündnis Dresden-Nazifrei zu einer Mahnwache aufgerufen, aus der sich eine Spontan-Demo entwickelt hatte (Neustadt-Geflüster vom 14. Januar 2014). In dem Aufruf für Sonnabend, der auch in der Neustadt an verschiedene Türen geklebt wurde, heißt es unter anderem „Ein rassistisches Tatmotiv kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden.“ Außerdem: „Aus Trauer um Khaled und Solidarität mit allen Geflüchteten gehen wir gemeinsam auf die Straße!“ Die Demonstration soll um 15 Uhr am Jorge-Gomondai-Platz beginnen und dann weiter über die Albertstraße und Carolabrücke durch die Innenstadt zum Landtag führen.

Demo für Khaled Neustadt-Geflüster vom 16. Januar 2015 (Anton Launer)

--Methodios (Diskussion) 20:32, 21. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Gestern Morgen ist im Dresdner Stadtteil Leubnitz-Neuostra ein Mann tot aufgefunden. Bei dem Toten handelt es sich um einen 20-jährigen Asylbewerber aus Eritrea, der dort wohnte. Wie die Polizei gestern mitteilte, hatten die ersten Ermittlungen keine Anhaltspunkte auf eine Fremdeinwirkung ergeben. Die Kriminalpolizei hat die weiteren Ermittlungen übernommen. Wie die Dresdner Morgenpost heute berichtet, ermittelt inzwischen die Mordkomission und Polizeipräsident Dieter Kroll erklärte, dass ein Anfangsverdacht auf einen unnatürlichen Tod besteht. Aus diesem Anlass ruft das Bündnis Dresden-Nazifrei auf seiner Facebook-Site für heute zu einer Mahnwache am Jorge-Gomondai-Platz auf. Wörtlich heißt es: „Wir werden dort ab 14:00 Uhr versuchen, unseren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, auch wenn sie nicht in Worte zu fassen sind. Wir tun dies nicht vereinzelt, sondern zusammen. Nicht im Privaten, sondern auf der Straße, weil dies in einer Stadt mit offen rassistischer Grundstimmung geschehen ist.“ Nachtrag: Am Nachmittag versammelten sich spontan ca. 300 Demonstranten, die mit einem Banner zum Neujahrsempfang des sächsischen Ministerpräsidenten zogen. Sie forderten eine schnelle Aufklärung des Todesfalls.

Mahnwache für Khaled Idris Bahray Neustadt-Geflüster vom 14. Januar 2015 (Anton Launer)

--Methodios (Diskussion) 20:37, 21. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Inzwischen haben sich auch mehrere Politiker zu Wort gemeldet, Oberbürgermeisterin Helma Orosz: „Die Nachricht, dass gestern ein junger Mann, durch Messerstiche getötet, in Dresden gefunden wurde, hat mich sehr geschockt. Ich glaube, mir geht es wie vielen, dass diese Tat an einem Asylbewerber aus Eritrea, der in unserer Stadt gelebt hat, viele Fragen aufwirft. Ich hoffe sehr, dass Polizei und Staatsanwaltschaft schnell diese Fragen klären können. Ich habe aber auch vollstes Vertrauen in die Sicherheitsbehörden, dass dies geschieht. Wichtig ist es mir auch, dass wir keine Spekulationen in die eine oder andere Richtung abgeben.“

Mahnwache für Khaled Idris Bahray Neustadt-Geflüster vom 14. Januar 2015 (Anton Launer)

--Methodios (Diskussion) 20:38, 21. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

vgl. Todesfall Khaled Idris Bahray

--Methodios (Diskussion) 20:52, 21. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Dresdner Rassismus: Marwa El-Sherbini[Bearbeiten]

vgl. Marwa El-Sherbini

--Methodios (Diskussion) 21:50, 21. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Moderne Sklaverei[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Moderne Sklaverei

vgl. International Justice Mission

--Methodios (Diskussion) 11:18, 12. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Underground Railroad[Bearbeiten]

Erik Flügge

Der Arbeitgeberpräsident wettert laut gegen eine Erhöhung des Mindestlohns. Ich halte seine Polemik als Arbeitgeber für großen Unfug und will mich deutlich dagegen aussprechen.

Wir wohnen in Deutschland direkt neben der Schweiz. Dort gibt es wesentlich höhere Löhne und gleichzeitig ist das Land wirtschaftlich extrem erfolgreich. Der Grund dafür ist einfach: Qualität und Effizienz.

Deshalb ist es auch kein Problem, den Mindestlohn zu erhöhen. 12 Euro Mindestlohn sind nicht zu viel - sondern eigentlich noch zu wenig.

Das sage ich ausdrücklich als Unternehmer und Arbeitgeber. Denn als Unternehmer weiß ich, dass billige Löhne zwar kurzfristig nett für den eigenen Geldbeutel sind, aber langfristig den Erfolg eines Unternehmens lähmen.

Wer seinen Erfolg auf billige Löhne aufbaut, investiert nicht in kluge Verfahren, nicht in effiziente Lösungen, nicht in Know How und Qualität. All das sind aber zentrale Faktoren für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens.

Darum ist ein ordentlicher Mindestlohn auch ein Erfolgsfaktor für den Wirtschaftsstandort Deutschland. In ganz Europa konkurriert man um Personal - egal ob hoch oder niedrig qualifiziert. Ein höherer Mindestlohn macht die Arbeit hier attraktiver.

Gleichzeitig zwingt ein höherer Mindestlohn zur Investition in effizientere Verfahren. Das ist gut, denn wer effizienter arbeitet, hat auch langfristig Erfolg. Deshalb ist eine Erhöhung des Mindestlohns auch aus wirtschaftlicher Sicht richtig.

Fände es übrigens witzig, wenn dieser Widerspruch mehr Reichweite bekäme als die Polemik des Arbeitgeberpräsidenten 😉

https://www.facebook.com/photo/?fbid=474132800744853&set=a.202126591278810

Solange das so ist, wie es ist, bedarf es einer modernen Underground Railroad, um zB die modernen Lohnsklaven aus dem größten Lohnraubgebiet Europas (den neuen Bundesländern) zu retten. Viele meiner Verwandten und Bekannten sind schon in die Schweiz geflüchtet oder arbeiten zumindest dort. Meine einzige Schwester lebt seit Jahrzehnten in Kerry in Irland - so weit wie möglich in Europa weg von dieser (ost)deutschen Scheiße hier.

https://de.wikipedia.org/wiki/Underground_Railroad

Freiwild[Bearbeiten]

vgl. Alberto Adriano

vgl. https://www.warumadriano.de/

--Methodios (Diskussion) 09:09, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Drei junge Männer überfielen und beschimpften ihn, als er schon am Boden lag, traten sie weiter. Sie schleiften seinen Körper durch den Park und zogen ihn aus - seine Kleider hängten sie in die Bäume. Am 14. Juni erlag Adriano seinen Verletzungen. Die Täter wurden zu langen Haft- und Jugendstrafen verurteilt. Adriano war nicht das erste Opfer rechter Gewalt. Und nicht das letzte. Die Kriminalstatistik zählt bis 2009 seit der Wiedervereinigung 46 Todesopfer, die Amadeu Antonio Stiftung 149. Adriano war Nummer 112. Doch die Tat rief erstmals bundesweites Entsetzen hervor. Die Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) forderte einen "Aufstand der Anständigen" und begründete neue Programme gegen Rechtsextremismus. Und der afrodeutsche Sänger Ade Bantu initiierte das schwarze Musikerkollektiv Brothers Keepers mit Stars wie Xavier Naidoo. "Ich rapp´ für meinen Bruder, denn ich könnte auch das Opfer sein", sangen sie. "Ich dachte, es hört niemals auf, dass wir Freiwild sind", erinnert sich Ade Bantu. ... Wer schwarz ist in Dessau, der fühlt sich alleine gelassen. "Wir leben sehr gefährlich hier", sagt ein Guineer im Telecafé, in dem sich die wenigen Afrikaner treffen, um nicht den ständigen Blicken auf der Straße ausgesetzt zu sein. Ihre Namen möchten sie nicht nennen, das Vertrauen ist weg. Erst Adriano, dann Oury Jalloh - wer kann, zieht weg aus Dessau.

Mord in Dessau. Unter der Blutbuche Frankfurter Rundschau vom 11. Juni 2010

--Methodios (Diskussion) 07:13, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

20 Jahre danach wird in Dessau auf vielfältige Weise an den rassistischen Mord erinnert - und an viele ähnliche Taten in Stadt und Bundesland. In Sachsen-Anhalt seien seit 1990 neben Adriano mindestens 14 weitere Menschen von Rechtsradikalen ermordet worden, erinnert das Multikulturelle Zentrum Dessau. Am Jahrestag werden deshalb nicht nur Blumen für Adriano - an einer Gedenksäule, die seit vielen Jahren im Stadtpark steht - niedergelegt, sondern auch an 13 weiteren Tatorten im gesamten Bundesland.

Politik. Alberto Adriano. »Grund-, sinn- und erbarmungslos erschlagen«. In Dessau wird an den 20. Jahrestag des Mordes an Alberto Adriano erinnert - und an weitere rechte Untaten. Von Hendrik Lasch ND vom 10. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 20:31, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Bevor Leah sich auf den Weg zum Rathaus macht, sagt ihr Vater zu ihr: Pass auf, die verhaften Leute. ... Zu den Demonstrierenden gehören Leah und ihre Freundin Andrea, beide sind 20 Jahre alt, haben vergangenes Jahr ihr Abitur gemacht. Sie kommen aus Hamburg, gehören zur schwarzen Community und heißen eigentlich anders. Wenige Stunden später gehören sie zu den 36 Menschen, die von der Polizei in Gewahrsam genommen werden. Auf Twitter gibt es viele Videos von ihnen: wie sie mit dem Gesicht zur Wand stehen und sich mit den Händen abstützen. Vor den jungen Menschen stehen mindestens ebenso viele Polizisten. Weder Leah noch Andrea wissen bis heute, warum sie festgehalten wurden. ... Immer wieder beobachten sie, wie Polizisten und Vermummte einander gegenüberstehen und aufeinander losgehen. "Das war wie eine Jagd", sagt Leah und Andrea ergänzt: "Die Beamten sahen aus, als würde ihnen das Spaß machen. Die Geräusche klangen wie von wilden Tieren." ... Zwei Polizeibeamte bringen Leah zu einer Polizeiwache, sie weiß immer noch nicht, was ihr vorgeworfen wird. Sie muss sich bis auf die Unterwäsche ausziehen, wird fotografiert und in eine Einzelzelle gesteckt. Für vier Stunden, sagen sie ihr. Nach zwei Stunden, da ist es kurz vor Mitternacht, darf sie gehen. ... In Billstedt warten nur zwei Beamte. "Wir saßen bestimmt noch mal zwei Stunden im Bus", sagt Andrea. Erst seien die 15-Jährigen aus ihrem Bus in die Polizeiwache geführt worden, dann die jüngsten Insassen des anderen Busses, immer abwechselnd, bis alle Minderjährigen raus waren. Auch Andrea wird ins Polizeikommissariat geführt, die Beamten fotografieren sie. Fünf Minuten später darf sie gehen. ... Als Andrea wieder frei ist, ist es 2 Uhr nachts. ... "Das war krass, aber ich habe auch noch Würde", sagt Leah. Und Andrea: "Wir erleben als Schwarze in Deutschland schlimmere Dinge." Ein Polizist habe ihr gesagt, dass sie jetzt immerhin eine gute Partygeschichte zu erzählen habe, sagt Leah. Sie wollte ihren Eltern erst nicht erzählen, dass sie von der Polizei festgehalten wurde. Als sie es doch tut, sagt ihr Vater: Siehst du.

Demonstration in Hamburg. "Das war wie eine Jagd". Nach einer Antirassismus-Demonstration in Hamburg nimmt die Polizei 36 Menschen in Gewahrsam. Viele sind minderjährig, die meisten unbeteiligt. Was ist passiert? Von Julia Kopatzki, Hamburg Die Zeit vom 8. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 15:57, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Am Sonnabend war es wieder soweit. Ausgerechnet an dem Tag, an dem Zehntausende in der BRD und rund 15.000 in Hamburg gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstrierten und sich solidarisch mit dem von einem US-Polizisten getöteten George Floyd zeigten (siehe jW vom Montag). Nach Ende der Demos auf Jungfernstieg und Rathausmarkt nahm die Polizei am Abend 36 Jugendliche und junge Erwachsene am Hauptbahnhof in Gewahrsam und setzte sie für Stunden fest – ohne dass ihnen eine konkrete Straftat vorgeworfen wurde. ... »Die Polizei hat sich sehr viel Zeit gelassen, das dauerte alles ewig«, erklärte Carola Ensslen, Bürgerschaftsabgeordnete der Linkspartei, die Augenzeugin des Vorfalls war, am Mittwoch gegenüber jW. Sie habe mit dem Einsatzleiter der Polizei gesprochen, der »sehr redselig« gewesen sei. Er habe erklärt, dass es zuvor in der City zu Straftaten gekommen sei. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen halte man zur Gefahrenabwehr fest, konkret liege nichts gegen sie vor. Ensslen vermutet, dass es der Polizei um Abschreckung gegangen sei, »den Kids eine Lektion zu erteilen«. Die Linksfraktion hat am Montag eine Anfrage an den Senat gerichtet, um Einzelheiten zu dem Vorfall zu erfahren.... Ensslen fühlte sich angesichts dieser Schilderungen an Vorfälle in der Gefangenensammelstelle während des G-20-­Gipfels im Sommer 2017 erinnert. Emily Laquer von der Interventionistischen Linken, die ebenfalls Augenzeugin des Vorfalls war, sprach von einem »rassistischen Polizeieinsatz«. Es sei ein Skandal, dass Jugendlichen, »die in Hamburg gegen rassistische Polizeigewalt demonstrieren, genau das angetan wird«, sagte sie am Mittwoch gegenüber jW. Dass junge Leute »durch die Stadt gejagt, mit erhobenen Händen an die Wand gestellt und festgenommen werden«, dafür gebe es keine Rechtfertigung.

Polizeigewalt. Die alte Hamburger Linie. Debatte über Polizeigewalt begleitet Wiederwahl von Tschentscher. Von Kristian Stemmler Junge Welt vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 16:02, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]


Am Mittwochabend gegen 18 Uhr haben Polizeibeamte einen Mann festgenommen, der zuvor ein elfjähriges Mädchen belästigt hatte. Der 32-Jährige hatte nach Angaben eines Polizeisprechers die Elfjährige am Elbufer im Bereich der Kötzschenbroder Straße angesprochen und ihre Hand geküsst. Als sich das Mädchen wehrte und zu einer Freundin flüchtete, sei der Mann hinterher gelaufen und habe sie weiter bedrängt. Alarmierte Polizisten konnten den Tatverdächtigen und festnehmen. Der Jordanier müsse sich nun wegen Beleidigung mit sexuellen Hintergrund verantworten, so der Polizeisprecher.

Mädchen belästig. Polizei stellt Verdächtigen – Simson-Moped gestohlen. 11. Juni 2020 | Winfried Schenk. Pieschen aktuell

--Methodios (Diskussion) 09:15, 18. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Am Abend des 23. Juli 1994 erwürgen drei Neonazis in Berlin die 32-jährige Beate Fischer und legen sie an eine Mülltonne. Die Sexarbeiterin ist den drei Männern zunächst in eine Wohnung gefolgt. Dem Gericht zufolge hatte die Frau dort freiwillig Sex mit allen, will aber nach einer Misshandlung gehen. Die Neonazis verhindern das und vergewaltigen die Frau mehrmals. Dann töten sie Beate Fischer. Das Gericht verhängt lebenslange Haft für den 21-Jährigen, neun und zehn Jahre Jugendstrafe für die Mittäter. Der Richter sagt in der Urteilsbegründung, die Neonazis „haben nach ihrer Wolfsmoral Sex als die Bühne ihrer Macht benutzt“. Nachtrag: Beate Fischer wurde nach einer ausführlichen Untersuchung durch Wissenschaftler*innen des Zentrums für Antisemitismusforschung (PDF-Dokument) der Technischen Universität Berlin als Todesopfer rechter Gewalt nachgemeldet und staatlich anerkannt.

https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/todesopfer-rechter-gewalt/beate-fischer-staatlich-anerkannt/

--Methodios (Diskussion) 21:21, 21. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Leistungsverweigerungsrecht[Bearbeiten]

In der Regel geht sexuelle Belästigung von Männern aus und trifft Frauen. Laut einer Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes von 2019 hatten in den vergangenen Jahren 13 Prozent der Frauen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Bei den Männern lag der Anteil bei 5 Prozent. ... Kommt es immer wieder zu Belästigungen, sollten Betroffene die Vorfälle einzeln und genau protokollieren. Wenn sie mit ihren Beschwerden im Unternehmen nichts erreichen, haben sie nach Paragraf 14 AGG ein Leistungsverweigerungsrecht.

https://www.gesetze-im-internet.de/agg/__14.html

Melden statt ignorieren: Sexuelle Belästigung im Job nicht einfach hinnehmen. RND vom 2. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 11:45, 2. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Gewalt als Zwangsbehandlung[Bearbeiten]

»Die Häufigkeit der Schizophrenie ist weltweit sehr unterschiedlich, und die Inzidenz ist auch abhängig von sozioökonomischen Faktoren.« Eine von ihm zitierte Studie stellt fest, dass bei ethnischen Minderheiten und weniger begüterten sozialen Schichten ein deutlich höherer Anteil betroffen ist. ... Nach diesem Wendepunkt blieb die Behandlung psychischer Krankheiten mit Gewalt verbunden, »wenn auch unter dem Etikett ›Behandlung‹«, wie Matakas aus Michel Foucaults »Wahnsinn und Gesellschaft« (1961) zitiert: »Instrumente wie Drehstuhl, Packungen, Bäder, Schockbehandlung, stereotaktische Eingriffe, ›Fixierung‹, geschlossene Krankenstationen, bezeugen es. Auch die Geschichte der Behandlung mit Neuroleptika zeigt dieses Element der Gewalt.« Der knappe historische Rekurs gibt Matakas Anlass zu weiteren Überlegungen: »Möglich, dass dieser Hang zur Gewalt in der Psychiatrie eine Folge der Tatsache ist, dass die Symptome der Psychose eben auch die Bedeutung eines Protestes gegen die Gesellschaft haben. Die Psychiatrie handelt insofern als Agent der Gesellschaft, und zwar so, dass sie nicht nur die Möglichkeit einer Behandlung bereitstellt, sondern auch den Anspruch verkörpert, dass psychotisches Verhalten beseitigt werden muss. So ist die Geschichte der institutionellen Psychiatrie in großen Teilen der Versuch, psychische Veränderungen zu erzwingen.«

Frank Matakas: Psychodynamik der Schizophrenie. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2020, 158 Seiten, 36 Euro

Psychose ist immer auch Protest. Ein neues Buch zur »Psychodynamik der Schizophrenie«. Von Antonio Almeida Junge Welt vom 11. Juni 2020

--Methodios (Diskussion) 16:37, 11. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Engel der Armen[Bearbeiten]

18. Juni 2020 wäre ihr 71. Geburtstag gewesen

18. Juni 1949 bis 1. Dezember 2012

über 30 Leute waren am 18. an ihrem kleinen Grab, 21 Blumensträuße in sieben Blumenständern

--Methodios (Diskussion) 15:32, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Dauer-Cosplay[Bearbeiten]

siehe

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Dauer-Cosplay

--Methodios (Diskussion) 12:49, 21. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

"Froschfrauen"[Bearbeiten]

siehe

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Froschfrauen

--Methodios (Diskussion) 09:10, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

"Klosett-Tieftaucher"[Bearbeiten]

Klassische Ausrüstung
"Klosett-Tieftaucher"

--Methodios (Diskussion) 09:10, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

"Pendlerinnen"[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Pendlerinnen

--Methodios (Diskussion) 09:10, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Alkoholiker[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Alkoholiker

--Methodios (Diskussion) 09:11, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

"Wölfe"[Bearbeiten]

Kurs Diskussion:Exerzitien unter der Straße/Wölfe

--Methodios (Diskussion) 09:11, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Straßenmenschen[Bearbeiten]

"Ich komme aus Dresden. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht - 44 Jahre. In meinem Leben gab es ihr mehr Tiefpunkte als Höhepunkte. Der erste Tiefpunkt war die Scheidung von meiner Frau. Wir haben zusammen zwei Kinder. Ich habe die mit drei und vier Jahren großgezogen. Mit dreizehn, vierzehn dann hat die Mutter gesagt, ich möchte meine Kinder wieder haben. Dann war ich allein, hatte aber inzwischen schon wieder zwei Beziehungen. Meinen Sohn habe ich seit 2014 nicht mehr gesehen, meine Tochter seit 2018. Die Entscheidung dazu ging von meinem Sohn aus. Bei meiner Tochter - keine Ahnung, auf einmal war sie nicht mehr gesehen, kein Kontakt mehr. Ich vermisse sie. Ich habe sie ja großgezogen. Ich unterstütze ein bisschen die Leute auf der Straße, so wie die Streetworker das für uns machen. Es ist immer enttäuschend, wenn die auf Ratschläge nicht hören. Es ist sehr frustrierend. Ich höre gerne zu. Das Problem ist, dass ich ihre Probleme nicht aus dem Kopf kriege, aber eigentlich habe ich selber auch Probleme. Ich brauche eigentlich eine Person, der ich vertrauen kann, mit der ich einfach mal quatschen kann, ganz gemütlich, über jeden Scheiß. Und diese Person gibt es eben gerade nicht wirklich. Hier in der Neustadt ist es stille und schnelle Post. Dinge gehen schneller rum, als man denkt. Die Leute bleiben trotzdem hier. Die Neustadt ist ja nun mal allgemein da für die Gemütlichkeit. Unter anderem ist es auch eine Drogenzone. Die meisten, die auf der Straße leben, leben nur noch von Alkohol. Eine Wohnung wollen manche nicht, sie haben Angst, wieder die Verantwortung zu übernehmen. Aber wer will denn heutzutage alleine sein? Das will keiner. Ob das eine Frau ist oder ein Mann - keiner will alleine sein. Erstmal müsste hier in der Neustadt ein bisschen aufgeräumt werden, gerade wegen diesen Ausländern, dass das Crystal wieder weg kommt. Gras sollte hier legalisiert werden. Für meine Zukunft? Einfach wieder mal zur Ruhe kommen, eine Frau an der Seite, wo man sagen kann, mit der kannste quatschen, eine gute Beziehung wieder mal." People in Dresden/Leute in Dresden vom 21. Oktober 2020

Stellen[Bearbeiten]

Kosmotique
Miethäuser Syndikat






--Methodios (Diskussion) 21:41, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Haus der Begegnung

--Methodios (Diskussion) 22:02, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

AZ Conni
  • Trägerverein AZ Conni e.V.
  • Rudolf-Leonhard-Straße 39, 01097 Dresden

Michel hat dort Hausverbot bekommen (wegen einer Geschichte mit irgendeiner Frau)

Michel arbeitet jetzt für die Diakonie im Obdachlosenbereich (Nachtcafes?)

die Angebote im AZ Conni laufen wieder an, auch Dienstag Nachmittag

--Methodios (Diskussion) 09:24, 19. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Vereine[Bearbeiten]

Verein Pro Pieschen bietet für die Einreichung der Projektunterlagen auch eine Beratung an (donnerstags von 15 bis 18 Uhr im Büro, Oschatzer Straße 5)

--Methodios (Diskussion) 08:33, 3. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Initiativen[Bearbeiten]

vgl. https://dresden.mietenwahnsinn-stoppen.de/

vgl. https://www.weiterdenken.de/de und https://www.weiterdenken.de/de/alltagsgespraeche

--Methodios (Diskussion) 22:04, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Hausbesetzungen[Bearbeiten]

siehe

--Methodios (Diskussion) 12:40, 21. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Containern[Bearbeiten]

Recht, Rechtsprechung und Gerechtigkeitsempfinden sind drei höchst unterschiedliche Dinge, die oftmals sogar miteinander konkurrieren oder sogar gegensätzlich wirken. Kommt dann noch der sogenannte gesunde Menschenverstand hinzu, wird es oft noch widersprüchlicher. Im Falle der Strafbarkeit des »Containerns«, also der Mitnahme von weggeworfenem Essen aus Supermarktmüllcontainern in Deutschland, ist sich die Bevölkerung jedenfalls ziemlich einig: Fast neun von zehn Befragten in einer Forsa-Umfrage halten es für falsch, dass Containern weiter als Diebstahl gewertet und somit als Straftat gewertet wird. Im Sommer hatte das Bundesverfassungsgericht die Strafbarkeit des Containerns in einem Grundsatzurteil zumindest nicht für grundgesetzwidrig erklärt. Eine Niederlage auf den ersten Blick für jene, die das Containern grundsätzlich als nicht strafwürdig betrachten. Diebstahl bleibt Diebstahl, auch wenn die Supermärkte die Lebensmittel offensichtlich weggeschmissen haben und damit das Interesse an einer wirtschaftlichen Verwertung ebenso offensichtlich aufgegeben haben. Aber rechtlich betrachtet hat Diebstahl erst einmal nichts mit dem materiellen Wert des Diebesguts zu tun, und das ergibt auch Sinn. Man denke an den Fall, dass einem selbst Fotos gestohlen werden, deren materieller Wert bei null liegt - aber ideell eben unbezahlbar und sind und damit sehr wohl einen Wert haben. Die einhellige Ablehnung der Strafbarkeit des Containerns rührt tatsächlich daher, dass der Vorgang selbst nicht nur nicht als Diebstahl betrachtet wird, sondern es kommt eine moralische Komponente ins Spiel, auf die Legislative und Judikative kaum abheben können - und besser auch nicht sollten. Verschwendung von Lebensmitteln ist zurecht geächtet, zumal wenn es sich Lebensmittel handelt, die weder schlecht noch verdorben sind, die noch bestens Hunger stillen könnten. Karlsruhe hat im Sommer zwar auf den ersten Blick »gegen das Containern« geurteilt - aber wirklich nur auf den ersten Blick. Es hat nämlich dem Gesetzgeber ausdrücklich mitgegeben, dass es seine Sache ist, den Bereich strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Es ist also möglich, Containern per Gesetz aus dem Bereich der Straftaten zu entfernen. Dies und die einhellige Ablehnung sowohl der Strafbarkeit als auch der zugrunde liegenden Lebensmitterverschwendung durch die Bevölkerung könnte dazu führen, dass der Druck auf die großen Supermärkte weiter steigt und sich die »moralischen« Kosten auch in realen Kosten niederschlagen - und die Praxis massenhaften Lebensmittelwegwerfens einfach zu teuer wird. Weder Karlsruhe noch der »gesunde Menschenverstand« würden dem wohl widersprechen.

Kommentare. Containern. Das kann doch keine Straftat sein - muss es auch nicht. Die Deutschen sind sich in der Frage um die Strafbarkeit des Containerns ziemlich einig. Von Stephan Fischer. ND vom 7. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 21:30, 7. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Heide[Bearbeiten]

Ein Mann und eine Frau werden brutal niedergestochen. Nur mit einer Notoperation kann das Leben der 21-Jährigen gerettet werden. Jetzt sitzt ein 16-Jähriger in Untersuchungshaft.

Messerattacke auf illegaler Technoparty in der Dresdner Heide: Zwei Schwerverletzte DNN vom 31. August 2020 (Montag)

--Methodios (Diskussion) 11:24, 2. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Zwei Menschen werden brutal niedergestochen, eine Frau überlebt nur dank einer Notoperation. Nun sind weitere Einzelheiten aus der Nacht zum Sonntag bekannt geworden.

Messerattacke bei illegaler Party in der Heide: 16-jähriger Angreifer zeigte zuvor Hitlergruß DNN vom 1. September 2020.

--Methodios (Diskussion) 11:25, 2. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]


Underworld[Bearbeiten]

vgl. Klaustrophobie

--Methodios (Diskussion) 09:12, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Daniel vom Wohnprojekt RM16 präsentierte gleich mehrere Ideen: einen Trinkwasserbrunnen, gestaltete Stromkästen mit Bezug zu den Straßennamen, auf denen sie stehen, eine Bürgerfähre zwischen Pieschen und Ostragehege und einen Kulturtunnel. Kulturtunnel – was ist damit gemeint, wollten einige umgehend wissen. „Ein Tunnel unter der Elbe für Fußgänger und Radfahrer mit Räumen für Partys“, so die Erläuterung von Daniel. Ungläubige Blicke aus der Runde folgten. In die Auswahl für die weitere Präzisierung der Ideen kam dann aber der Trinkbrunnen.

Projektwerkstatt: Viele Ideen für ein besseres Leben im Stadtteil Pieschen aktuell vom 2. September 2020. Von Winfried Schenk.

--Methodios (Diskussion) 08:20, 3. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Luftschutztunnel unter der Elbe verbinden die Stadtteile im Ernst-Fall - einer war bekannt durch ehemalige (geheime) Sanierung in der DDR - zwei weitere wurden erst kürzlich erschlossen

einer für die Kanaltieftaucher, die beiden "neuen" für die Froschfrauen

--Methodios (Diskussion) 08:21, 3. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Alter Elbtunnel

Dresdner Brückenstreit #Elbtunnel

vgl. St. Pauli-Elbtunnel

vgl. Neuer Elbtunnel

--Methodios (Diskussion) 07:30, 8. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Katharina Malek

Johannesstollen

Aufwältigung des Stollens - Die Aufwältigungsarbeiten erfolgen in Zusammenarbeit mit der in Goslar ansässigen Arbeitsstelle Montanarchäologie des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, für das die Archäologin Katharina Malek die denkmalpflegerischen Untersuchungen vornimmt.

--Methodios (Diskussion) 07:25, 8. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Photographien: Zwischen Bloß- und Darstellung[Bearbeiten]

--Methodios (Diskussion) 09:12, 20. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Ungeschriebenes Gesetz der Verschwiegenheit[Bearbeiten]

das ungeschriebene Gesetz der Verschwiegenheit über die eigene Vergangenheit wird ergänzt durch das ungeschriebene Gesetz der Verschwiegenheit über die eigene Gegenwart und Zukunftslosigkeit

--Methodios (Diskussion) 18:58, 20. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

zick Magazin[Bearbeiten]

Zick Magazin will eine Plattform bieten für verschiedene Lebensrealitäten, Perspektiven und Utopien von insbesondere BIPoC und FLINT-Personen im Osten Deutschlands. Wenn Du Lust hast mitzuwirken oder einen Beitrag zu veröffentlichen (Text, Fotografie, Malerei, Collage, Comic ...), dann melde dich bei uns. Einsendeschluß: 30. 11. 2020. Black Indigenous People of Colour (BIPoC) ist eine Selbstbezeichnung und bezieht sich auf die Rassismuserfahrungen von Menschen. Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre und trans-Personen (FLINT). Wir behandeln eure Beiträge vertraulich und veröffentlichen nur nach Absprache.

https://www.facebook.com/Magazin-zick-103676878157040/photos/pcb.110154640842597/110156454175749/


Sonntag, 18. Oktober 2020 von 10:00 bis 15:00 Stadt Dresden Öffentlich · Gastgeber: Magazin - zick - Mitwirkung am zick_Magazin: Am 18.10.20 und 25.10.20 finden zwei aufeinander aufbauende Schreibwerkstätten zum Thema Utopien statt. Es soll ein Raum geschaffen werden, in dem wir darüber nachdenken können, wie unsere Träume, Wünsche, Hoffnungen und dahingehend Utopien in Wort und Schrift ausdrücken können. Begleitet wird die Schreibwerkstatt von Uwe Hirschfeld*. Mit Mitteln des kreativen Schreibens können Texte der Selbstverständigung und für die Öffentlichkeit entstehen. Voraussetzung ist, die eigenen Gedanken und Formulierungen in der Gruppe zur Diskussionzu stellen. Wie kann eine gerechtere Welt aussehen? Wie können Gesellschaften bestehen ohne die Ausbeutung anderer Menschen? Wie sieht eine nachhaltige Lebensweise aus? Diese Fragen könnt ihr euch beispielsweise im Workshop stellen und eurer Gedankenwelt freien Lauf lassen. Die Teilnahme ist kostenlos und Fahrtkosten außerhalb von Dresden können übernommen werden. ANMELDUNG PER MAIL AN zick_magazin@riseup.net oder schreibt uns einfach hier eine Nachricht! Nähere Informationen zum Ablauf der Schreibwerkstatt erhaltet ihr nach der Anmeldung. Bitte meldet euch nur an, wenn ihr auch an den beiden Terminen könnt, da diese aufeinander aufbauen. Meldet euch zeitnah an! Es gibt nur begrenzte Plätze. Wir werden auf die Hygienebestimmungen achten und sind darum bemüht einen barrierearmen Raum zu organisieren. Wir freuen uns auf Euch! Wir sind ein Kollektiv von vier Menschen unterschiedlicher Hintergründe und Positionierungen. Als Antwort auf einen Mangel und das Bedürfnis nach vielseitigeren Narrativen in unserem derzeitigen Wohnort Dresden und Umgebung hat sich die Idee entwickelt, ein Magazin im Frühling nächsten Jahres herauszubringen. In unserer ersten Ausgabe wollen wir daher eine Plattform für verschiedene Lebensrealitäten, Perspektiven und Utopien von insbesondere BIPoC und FLINT*-Personen im Osten Deutschlands bieten. Besonders beschäftigt uns das Thema Raum und Orte - nicht nur im physischen Sinne, sondern auch im sozialen, digitalen, medialen, emotionalen und politischen. * BIPoC – Blacks, Indigenous and People of Color – Selbstbezeichnung von Rassismus betroffenen Menschen in einer weißen Mehrheitsgesellschaft. FLINT* - Frauen, Lesben, Intersexuelle, Nicht-Binäre- und Trans-Personen - Uwe Hirschfeld ist Dozierender an der Evangelischen Hochschule Dresden und hat schon mehrere Schreibwerkstätten angeleitet bzw. durchgeführt. Er hat sich viel mit politischer Theorie und Bildung sowie kultureller Bildung auseinandergesetzt.

https://www.facebook.com/events/369746960703532/


Uwe Hirschfelder[Bearbeiten]

E-Mail: uwe.hirschfeld@ehs-dresden.de

https://www.ehs-dresden.de/hochschule/menschen/mitarbeiter-innen-profil/?username=hirschfeld&cHash=de21a678360c1048d8a9fae4312e2cfb

--Methodios (Diskussion) 11:18, 25. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

Prof. Dr. Uwe Hirschfeld, Evangelische Hochschule Dresden, Professor für Politikwissenschaft. Werdegang: Seit 1992 Berufung an die EHS, Funktionen als Studiendekan und Prorektor an der EHS. 1990 Promotion in Politologie. 1992 2. Staatsexamen an der Offenen Schule Kassel. 1977-1987 Studium Lehramt (Sek Iⅈ Deutsch und Gesellschaftslehre) und Diplom-Sozialpädagogik an der Universität Bielefeld und der Gesamthochschule Kassel. Themen: Politische Theorie Sozialer Arbeit und Erziehung, Hegemonietheorie, Kulturpädagogik, Hochschuldidaktik, Studiengangsentwicklung. Kontakt: uwe.hirschfeld(at)ehs-dresden.de .

https://lehrehochn.de/uwe-hirschfeld/

--Methodios (Diskussion) 11:22, 25. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]


SCHWIERIGKEITEN MIT DER UTOPIE. September 2014. Von Uwe Hirschfeld

GEDANKEN ZUR PARTEIENTWICKLUNG DER LINKEN

Zu den erfolgreichen Glaubenssätzen des Neoliberalismus gehört, es gäbe keine Alternative. Selbstverständlich stimmt das nicht. Doch sollte man es sich nicht zu leicht machen. Tatsächlich sind die Alternativen schwach: Nicht dass es keine konkreten Ansätze gäbe, aber sie sind schwach in dem Sinne, dass sie kaum über diese konkrete Ebene hinauskommen. So diffus und schwammig auch die neoliberale Propaganda ist, so sehr präsentiert sie sich doch als Lösung aller Weltprobleme. Genau das geht linken, sozialistischen Alternativen ab. Ihnen fehlt seit etlichen Jahren der Bezug auf ein zusammenhängendes, zukünftiges Modell von Gesellschaft und Welt. Ihre Alternativen sind zwar die richtigen, aber eben nur richtiges Stückwerk.

Utopie hat daher einen schlechten Ruf. Wenn es keine Alternativen jenseits von Markt und Technik gibt, sind Utopien weltfremd und schlicht unrealistisch. Was die linken Kritiker zu bieten haben, bewegt sich in den bleiernen Gefilden der etwas demokratischeren, der etwas sozialeren, der etwas ökologischeren Vorstellungen. Wo dieses ›etwas‹ dann insgesamt hinführen soll, ist unklar. Was fehlt ist der ›große Wurf‹, die Vision einer ›menschlichen Gesellschaft‹ – über diese abstrakte Bestimmung hinaus. Dass dem so ist, hat Gründe, auch gute Gründe. In funktionierenden fordistischen Zeiten brauchte man nur die Vorzeichen zu wechseln und hatte, voilà, ein sozialistisches Modell. Da aber der Postfordismus lange unbestimmt blieb und sich der Neoliberalismus als nicht zukunftsfähig erweist, macht das Hantieren mit veränderten Vorzeichen angesichts brüchiger Orientierungen wenig Sinn. Hinzu kommen die historischen Lasten des autoritären Staats­sozialismus. Heute von einer Utopie des Sozialismus zu sprechen, basiert entweder auf einem unangerührten stalinistischen Starrsinn oder setzt ein hohes Maß an ideen- und realhistorischer Reflexion voraus, die im politischen Alltag kaum auffindbar ist, die aber unbedingt geleistet werden muss. Nur über eine solche (Selbst-)Kritik sind die Begriffe von der Welt aus einer herrschaftslegitimierenden Instrumentalisierung zu befreien. Ein weiterer Grund: Durch die Ablösung linker Intellektueller von den sozialen und politischen Kämpfen und vom gewöhnlichen Alltag gab es praktisch keine Zufuhr neuer oder aktualisierter utopischer Bilder mehr. Als Kernaufgabe der Wissenschaft galt die kritische Analyse, nicht die Erzeugung eines »Wärmestroms« (Bloch) an utopischen Bildern. So war das Feld den Idealbildern des Wirtschaftwunders, der Sozialpartnerschaft, dem Marktradikalismus, den Mächten der Warenästhetik und der Unterhaltungsindustrie überlassen.

Der Rohstoff des Politischen

Doch es gibt den Bedarf. Es gibt die Träume und Hoffnungen, geboren aus der Not des Alltags, der Arbeit, der Geschlechternormierung und sozialen Lage, aus der Enge von Familie, Erziehung und instrumentalisierter Bildung – sie sind der »Rohstoff des Politischen« (Negt/Kluge 1992, 42). In der Arbeitswelt (und in der Ausbildung) wird von den Beschäftigten zunehmend Phantasie und Kreativität gefordert, selbst wenn es dabei nur um eine den betrieblichen Interessen angepasste Phantasie und um eine umsatzfördernde Kreativität geht. Warum also stoßen selbst die wenigen existierenden Ansätze für utopisches Denken kaum auf Resonanz?

Zunächst ist ein Perspektivenwechsel notwendig, weg von den utopischen Objekten hin zu den subjektiven Bedingungen und Formen der Auseinandersetzung damit. Sich mit der Konzeption des »Alltagsverstandes« vertraut zu machen, ist dabei hilfreich. Antonio Gramsci versteht darunter ein fragmentarisches, widersprüchliches Bewusstsein, das sich aus unterschiedlichen Teilen zusammensetzt, aus verschiedenen Quellen speist. Ihm gehören »Elemente des Höhlenmenschen und Prinzipien der modernsten und fortgeschrittensten Wissenschaft« an (Gef. 6, 1376). Charakteristisch für den Alltagsverstand ist das Denken in »Abteilungen«, seine Inkohärenz. Der Alltagsverstand ist nicht einfach zufällig, sondern durchaus funktional, um sich in einer widersprüchlichen Welt bewegen und die unterschiedlichen Herausforderungen bewältigen zu können. Damit überwindet Gramsci die verhängnisvollen Vorstellungen von einem ›falschen Bewusstseins‹, das es (im besten Fall) aufzuklären galt. Statt nach ›falschen‹ oder ›richtigen‹ beziehungsweise ›wahren‹ Inhalten zu suchen, liegt der Fokus der Betrachtung nun auf der Leistung des Alltagsverstandes. Seine Inhalte werden als Momente von Vergesellschaftung verstanden.

VON DEN ABTEILUNGEN DES ALLTAGSVERSTANDS …

Hier vermag eine befreiende Politik anzusetzen: Es kommt nicht darauf an, die Menschen ›von oben‹ herab zu belehren, sondern sie bei der ›Inventur‹ ihres Alltagsverstandes zu unterstützen. Im Alltagsverstand finden sich eben auch Elemente, die – reflektiert man sie im Zusammenhang – kritisch werden können. Dabei handelt es sich nicht nur um bloße Gedanken: Vielmehr ist der Alltagsverstand als ein vorrangig praktisches Verhältnis zu sich, zu anderen und der Welt zu begreifen. Wenn sich Politik auf ihn beziehen will, darf sie die Praxen des Alltags nicht ausblenden. Vielmehr nimmt sie ihren Ausgangspunkt beim Verhalten und fragt nach seiner Interpretation, den Widersprüchen und Perspektiven.

Wie ist nun das Verhältnis zur ­sozialen Utopie? Zunächst mögen utopische Vorstellungen, genau wie die von Gramsci erwähnten »Elemente des Höhlenmenschen«, einen Platz in den vielen Abteilungen des Alltagsverstandes finden. Hier stehen sie unverbunden mit vielen anderen Ideen und Gedanken als Wünsche und Phantasien, als Sehnsüchte und Hoffnungsmomente – immer mal wieder gebraucht, das heißt mit anderen Menschen geteilt, oftmals aber auch ohne jede gedankliche oder gar praktische Relevanz, weil andere Herausforderungen des Alltags andere Themen und Zusammenhänge favorisieren. In diese ›Abteilung Utopie‹1 gehört auch die Vorstellung von der glücklichen Liebe, von dem eigenen Haus, von der Verdopplung des Gehalts und der Sorglosigkeit in der eigenen und der familiären Lebenssicherung, vielleicht auch der Spaß an der TV-Serie Raumschiff Enterprise. Gewiss könn(t)en diese Wünsche auch in politische Forderungen übersetzt werden. Als ›Abteilung‹ sind sie aber gerade privat und durch den Gegensatz zum Gesellschaftlichen bestimmt. Sie stehen neben vielen anderen Abteilungen. In diesem Sinn sind Utopien dem Alltagsverstand durchaus zugänglich beziehungsweise ist dieser bereit, sie in seine disparaten Weltauffassung(en) zu integrieren.

… ZUR ›ECHTEN‹ UTOPIE

Schwierig wird es hingegen, wenn es sich um ›echte‹ soziale Utopien handelt und nicht um private Träume und kommerzielle Spielzeuge. Diese echten sozialen Utopien sind, wie auch kritische Theorien, ›totalitär‹, das heißt, sie betreffen ein gegliedertes gesellschaftliches Ganzes, sind weltumfassend, reflektieren und argumentieren gesamtgesellschaftlich. Dass sie die Welt zusammenhängend denken, macht gerade ihren Reiz und ihre Kraft aus. Genau das blendet der Alltagsverstand jedoch weitgehend aus. Da er seine Kraft aus den getrennten Abteilungen bezieht, die jeweils Antworten und Handlungen in spezifischen Situationen ermöglichen, ergibt der Alltagsverstand die Kompetenz, sich in den gespaltenen Welten des Kapitalismus zu bewegen: mal als Konsument oder Vater, mal als ›Arbeitnehmer‹, Steuerzahler oder Verkehrsteilnehmer. Die damit verbundenen Widersprüche werden verdrängt, um ausgehalten werden zu können. Soziale Utopien bedrohen diese Kompetenz des Alltagsverstandes, sich durch sein Abteilungsdenken in einer widersprüchlichen Welt bewegen zu können. Sie bedrohen die Sicherheit, sich unterschiedlichen Gruppen zuordnen zu können und an deren Problemlösungen zu partizipieren. Insofern sind echte Utopien zunächst einmal eine Gefährdung aktueller Handlungsmöglichkeiten. Sie sind nicht ›kleinzureden‹ und so in Abteilungen des Alltagsverstandes zu integrieren. Deshalb müssen sie im Interesse der eigenen Handlungssicherheit abgelehnt werden; umso heftiger, je größer die Bedrohung empfunden wird.

Für eine emanzipatorische Politik stellt dies zwar ein enormes Hindernis dar, zugleich aber gibt diese Problemskizze erste Hinweise, wie damit umgegangen werden kann. Zunächst ist klar, was gar nicht geht: Auch die wohlmeinende Vermittlung fertiger Utopien muss scheitern. Zu glauben, man brauche die Ideen einer Parteizentrale, einer Redaktion oder eines Thinktanks nur zu verbreiten, und sie würden dann mit den Effekten aufgenommen, die sich bei den Erfindern damit verbinden, ist, wie Gramsci früh erkannte, »ein ›aufklärerischer‹ Irrtum« (Gef. 1, 94).

NUR WAS SELBST GEDACHT IST, ZÄHLT!

Der Ansatz sozialistischer Politik ist in Sachen Utopie (und nicht nur an diesem Punkt) nicht isoliert an bestimmten Inhalten zu messen, sondern an der damit verbundenen Funktion der Vergesellschaftung. Politische Bildung funktioniert nur als kollektive Bildung, die neue gemeinsame Weltsichten und gemeinsame Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Dabei ist der umfassende Charakter zu betonen: Es geht nicht nur um die traditionellen, institutionalisierten Felder politischen Handelns, sondern auch, wenn nicht sogar vorrangig, um die Handlungskompetenz im Alltag. Emanzipatorische politische Bildung soll dabei nicht zu einer bunten Mischung aus Stiftung Warentest, Automobilclub, Erziehungsberatung und Jugendhilfe werden (das gibt es ja schon alles), sondern fragt nach den Zusammenhängen und Hintergründen von scheinbar privatem Alltag und gesellschaftlichen Strukturen. Damit kann sie leisten, was die Abteilungen des Alltagsverstandes nicht vermögen, nämlich eine inhaltliche und soziale Kohärenz zu erzeugen.

Dieser Weg erfordert Geduld. Es braucht ein gerütteltes Maß an Toleranz, besser noch an Bereitschaft, zuzuhören und zu lernen, um den zunächst naiven, individualistischen, widersprüchlichen und bizarren Ideen und Vorstellungen Raum zu geben, sich ausdrücken zu lassen, ja, sie dabei zu unterstützen. Selbst wenn die pädagogisch-politischen BegleiterInnen 2 solcher Unterfangen auf alle Probleme und Fragen schon durchdachte und überlegene Antworten und Lösungen haben, sollten sie der Versuchung nicht nachgegeben, gleich zu sagen, wie es denn ginge und was richtig wäre. Was für die BegleiterInnen geht und richtig ist, ist nicht auch für die anderen TeilnehmerInnen passend. Zur Erinnerung: Die krude Mischung des Alltagsverstandes ermöglicht es, den eigenen Alltag zu bewältigen und Gruppen anzugehören, die Probleme und Lösungen teilen. Erst wenn diese soziale Leistung auch mit anderen Ideen und Konzepten erbracht werden kann, werden diese Vorstellungen relevant. Das aber kann nur von den Betroffenen selbst erarbeitet und erprobt werden. Soziale Utopien als Gedankengebäude entwickeln sich nicht in der Systematik und Methodik professioneller DenkerInnen, sondern in den sozial und kulturell je spezifischen Herausforderungen und Möglichkeiten der Lebensbewältigung. Was die (mehr oder weniger) professionellen DenkerInnen leisten müssen, sind Angebote zu machen: zum Beispiel Begriffe, Theorien, Materialien bereitstellen, die geprüft und aufgegriffen oder verworfen werden können. Den Prozess der Selbstbildung subalterner Gruppen befördern diese Materialien dann, wenn die Angebote bearbeitbar sind, Diskussionen und Praxistests erleichtern sowie die eigenen Ideen und Umarbeitungen herausfordern.

POLITIK ALS BILDUNGSANGEBOT BEGREIFEN

Auch wenn Utopien menschliche Zukünfte antizipieren, tun sie dies doch immer auf der Basis der Gegenwart und der damit verbundenen historisch-biografischen Prozesse. Die Auseinandersetzung mit der Gegenwart (und ihren Problemen und Chancen) ist Voraussetzung für Zukunftsentwürfe. Letztere wiederum können in all ihrer Vorläufigkeit Fragen und Kritik an der aktuellen Situation provozieren. Die politisch-pädagogischen BegleiterInnen dieser Prozesse arbeiten dabei moderierend und unterstützend, ohne eigene Interessen und Positionen zu verschweigen. Diese sind Teil eines Dialogs gegenseitigen Lernens (vgl. Mayo 2006). Geduld bedarf es auch in anderer Hinsicht. Eine emanzipatorische politische Bildung, die an der Utopie arbeitet, hat in anderen Zeitdimensionen zu denken als politische Programme und Maßnahmen. Selbstbestimmte Lernprozesse haben ihre eigenen Zeiten. Kulturelle Praxen, gar Mentalitäten ändern sich nicht in wenigen Augenblicken, sondern bewahren ihre Kontinuität, oftmals über historische Umbrüche hinaus. Politischen Organisationen mag es gerade noch gelingen, auch wenn es angesichts der dringlichen Probleme und Tagesordnungen schwer fällt, Freiräume für die organisierte politische Bildung zu schaffen, aber die eigene Politik als Bildungsangebot zu begreifen und zu gestalten, ist bislang kaum möglich. Und doch ist eben gerade das die unverzichtbare Utopie.

Es ist einfacher, die schwierigen Dinge in besondere Abteilungen (!) abzuschieben. Aber das bestätigt den Alltagsverstand und führt auch in einer linken Organisation nicht zu einer kohärenten »Philosophie der Praxis« (Gramsci). Umso mehr sind die entsprechenden Überlegungen zu Kultur und Bildung im Papier der Vorsitzenden zur Parteientwicklung der LINKEN (Kipping/Riexinger 2013) positiv hervorzuheben. Sie werden dann produktiv, wenn sie für alle Aktivitäten gültig werden, wenn Bildung als Politik und Politik als Bildung begriffen und betrieben wird.

PARTEIENTWICKLUNG ALS VERALLGEMEINERUNG VON INTELLEKTUALITÄT

Wenn Bernd Riexinger und Katja Kipping davon sprechen, ein Ziel der Parteientwicklung sei die »Verallgemeinerung von Intellektualität« (13), dann hat das ganz in der Tradition Gramscis zwei Dimensionen: Zum einen geht es um die Frage individueller Selbstbestimmung: Will man seine Positionen und Zusammenhänge bewusst gestalten oder nicht? Zum anderen geht es um die gesellschaftliche Verallgemeinerung dieser individuellen Selbstbestimmung. Beides bedingt sich gegenseitig. Was die Dimensionen verbindet, sind die Probleme des Alltags und die zu erarbeitenden Perspektiven. Zutreffend weisen Kipping und Riexinger darauf hin, dass gesellschaftliche Zusammenhänge nicht nur behauptet werden können, sondern »Gegenstand von ­Diskussions- und Bildungsprozessen sein« müssen, »in denen es den Leuten möglich wird, ihre eigenen Verallgemeinerungen zu schaffen« (ebd.). Wenn es der Partei gelingt, einen solchen Bildungsprozess zu organisieren, dann ist dies nicht nur ein Lernprozess der beteiligten Individuen, sondern auch und vor allem ein Bildungsprozess der Partei selbst.

Wie kann man sich das praktisch vorstellen? Und was hat es mit Utopie zu tun? Wenn wir die Arbeit an sozialen Utopien als eine Arbeit an der kollektiven Erweiterung der Möglichkeiten selbstbestimmter Handlungskompetenzen verstehen (und nicht als eine Verbreitung utopischer Ideen), dann ist dies sicherlich der politisch angemessene Ansatz – aber erst einmal nur der Ansatz. Was aus diesen Prozessen entsteht, hat nicht nur praktische politische Folgen (ein Jugendhaus wird z.B. nicht geschlossen), sondern immer auch eine mediale Ebene der Selbstverständigung und der Auseinandersetzung. Es ist eine Aufgabe der Politik (wie der Bildung), die Dokumentation der Lernprozesse, der Aktionen, der Fragen, der Argumente und Diskussionen so zu gestalten, dass sie bestimmte praktische Positionen kenntlich machen, zugleich aber offen bleiben für abweichende, individuelle oder kollektive Interpretationen. Einheitliche Handlungsperspektiven verlangen keine Uniformität, im Gegenteil: Sie gewinnen ihre Stärke aus der Bündelung verschiedener Zugänge und Absichten.

UTOPIE ALS PARTEIPROGRAMM?

Diese können ihren Ausdruck im Ästhetischen finden. Im Vergleich zum analytisch-rationalen Diskurs, der – mit ausreichend Inbrunst betrieben – am Ende rationalistisch wird und dabei die Unterschiede stark und die Subjekte schwach, also handlungsunfähig (weil vereinzelt) macht, bietet die relative Unbestimmtheit des Ästhetischen einen gemeinsamen Nenner, der trotz unterschiedlicher Interpretationen und Konnotationen geteilt werden kann und so die Menschen stark macht. Das ist kein Plädoyer gegen Ratio und Analyse. Im Gegenteil: Es ist ein Zeichen der Vernunft, deren Grenzen zu kennen. Wenn die Linke immer wieder bis zur Zersplitterung diskutiert, dann wohl auch, weil die Alternativen (oder Ergänzungen) wenig entwickelt sind. Das Kulturelle und das Ästhetische sind eigenständige Dimensionen menschlicher Praxen und sollten politisch in ihrem Wert erkannt und gefördert werden. Dies gilt umso mehr, als sich Utopisches gar nicht anders präsentieren kann. Die Arbeit an der Utopie muss Bilder entwerfen – jedes einzelne im Detail ›falsch‹ (weil historisch sofort überholt), in der Summe aber eine vielfältige Vorstellung eines anderen, besseren Lebens. Utopie als Parteiprogramm ist so unmöglich wie als Hoffnung unerlässlich. Utopie und Ästhetik bedingen sich im politischen Kampf, wenn er denn produktiv alternative Hegemonieperspektiven erzeugen soll, gegenseitig.


VERBINDENDE PERSPEKTIVEN: POLITIK UND KULTUR

Damit ergeben sich auch praktische Hinweise für die Parteipolitik: Will sie wirklich, wie es bei Kipping und Riexinger heißt, »emanzipatorische politische und kulturelle Ausdrucksformen entwickeln, die über den Horizont der bürgerlichen Kultur hinausgehen«, dann braucht sie den Mut zu Offenheit und Widerspruch, den sie so organisieren muss, dass die Menschen ›ihr eigenes Ding‹ in (oder im Kontext) der Partei machen können. Auch wenn die hier zu nennenden (möglichen) Schritte klein und unbedeutend erscheinen, so sind sie doch Teil eines vielfältigen Weges hin zu einer neuen Kultur. Schreibspiele und -wettbewerbe, Ausstellungen von Hobbymalerei, Filmfeste im Stadtteil, öffentliches Malen von Plakaten, Chöre und Straßentheatertreffen und vieles mehr – eingebettet in die übergreifenden Aktivitäten. Dabei sind diese soziokulturellen Maßnahmen so anzulegen, dass die Teilnehmenden sich nicht monadisch selbst genügen, sondern gegenseitig ins Gespräch kommen und Diskussionen mit anderen (z.B. Profis, Politikern, Backwarenfachverkäuferinnen und Steuerberatern) darüber führen, welche Ängste und Sehnsüchte, welche Probleme und Träume, welche Nöte und welche Hoffnungen man hat. Diese ›privaten‹ Gedanken öffentlich zu machen, ergibt noch keine parteipolitische Mobilisierung, sondern trägt erst mal nur dazu bei, sich als potenzielle Gesprächspartner zur Kenntnis zu nehmen.3

Dass dabei auch kleinbürgerlicher Kitsch zum Vorschein kommen wird, ist unabwendbar. Aber für eine linke Partei ist es politisch unverzichtbar, zu lernen, was die Menschen treibt, und ihre Sehnsüchte, auch wenn sie noch so bizarr sein mögen, ernst zu nehmen und Möglichkeiten einer Bearbeitung zu entwerfen. Das ist dann sehr wohl Politik, sicherlich eine Politik, die anderes politisches Handeln, insbesondere parlamentarische Politik, nicht überflüssig macht. Die eine Form gegen die andere auszuspielen, ist für beide schädigend. Der historische Erfolg einer gesellschaftlichen Linken wird davon abhängen, wie die Widersprüche zwischen den politischen Praxen gestaltet werden. Doch damit es überhaupt etwas zu gestalten gibt, damit da widersprüchliche Pole sichtbar werden, muss die Partei – will sie, gramscianisch gesprochen, »führend« werden – die institutionellen Einhegungen verlassen. Ohne die Möglichkeiten einer linken parlamentarischen Politik gering zu schätzen: Ohne kulturelle Basis wird es keine dauerhaften Erfolge geben.

LITERATUR

  • Gramsci, Antonio, 1991ff.: Gefängnishefte, 10 Bde., hrsg. v. Klaus Bochmann und Wolfgang Fritz Haug, Hamburg
  • Hirschfeld, Uwe, 2005: Politische Bildung in der Sozialen Arbeit. Die Intellektuellen-Theorie Gramscis als Begründung und Orientierung, in: Störch, Klaus (Hg.), Soziale Arbeit in der Krise. Perspektiven fortschrittlicher Sozialarbeit, Hamburg, 142–157
  • Kipping, Katja et al, 2013: Verankern, verbreiten, verbinden. Projekt Parteientwicklung. Eine strategische Orientierung für DIE LINKE, www.die-linke.de/partei/parteientwicklung/projekt-parteientwicklung/texte/verankern-verbreiten-verbinden/
  • Mayo, Peter, 2006: Politische Bildung bei Antonio Gramsci und Paulo Freire, Hamburg

Negt, Oskar und Alexander Kluge, 1992: Maßverhältnisse des Politischen, Frankfurt am Main Niggemann, Janek (Hg.), 2012: Emanzipatorisch, sozialistisch, kritisch, links? Zum Verhältnis von (politischer) Bildung und Befreiung, hrsg. im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Manuskripte 97, Berlin

ANMERKUNGEN

  • 1 Der Begriff ist eine Hilfskonstruktion: Es gibt nicht die eine ›Abteilung Utopie‹, sondern Utopisches wird sich in ­vielen Themen unterschiedlich gewichtet finden: in politischen Kontexten vielleicht als ›unrealistisch‹, in Freizeitbelangen vielleicht als großes Hollywood-Kino usw.
  • 2 Bewusst wird hier nicht einfach von Lehrenden oder TeamerInnen gesprochen. Die Anforderungen an MitarbeiterInnen in einer emanzipatorisch-politischen Bildung fallen aus den traditionellen Vorstellungen von ›Bildung‹ heraus (vgl. Hirschfeld 2005 u. Niggemann 2012).
  • 3 Damit sollte eine Verwechslung mit schlechtem Agit-Prop ausgeschlossen sein: Es geht nicht um das Unterjubeln von Parolen, sondern um das Zuhören und Lernen der Organisation.


ZUM WEITERLESEN

  • Katja Kipping und Bernd Riexinger: Verankern, verbreiten, verbinden: Projekt Parteientwicklung. Eine strategische Orientierung für DIE LINKE

https://www.zeitschrift-luxemburg.de/schwierigkeiten-mit-der-utopie/

Entwurf[Bearbeiten]

Dresden gehört zu den eroberten und besetzten neun Zehnteln der Welt

Dresden ist derart gründlich kolonisiert, daß dies kaum ein Dresdner weiß.

--Methodios (Diskussion) 11:19, 25. Sep. 2020 (CEST)[Beantworten]

https://www.leichtathletik-datenbank.de/vereine/deutscher-leichtathletik-verband/suddeutschland/hessischer-leichtathletik-verband/hessen-nord/kassel/psv-grun-weiss-kassel/athleten/459668-rainer-plath

Gedenken[Bearbeiten]

Milan[Bearbeiten]

Wir trauern um MILAN, 48 Jahre. Er lebte die letzten Jahre obdachlos in Dresden. Am Osterwochenende 2020 ist er unerwartet gestorben. Milan war Partner und Freund im Projekt ALLTAGSGESPRÄCHE und Interviewpartner. Mehr über sein Leben, seine Sorgen und Träume in der Broschüre der Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen über Obdachlosigkeit.

Newsletter des Dresdner Bündnis "MietenwahnsinnStoppen!". No. 1

--Methodios (Diskussion) 20:47, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Ich bin in der Slowakei geboren, in Rimavská Sobota, in einem Roma Viertel. Meine Mutter hat gearbeitet, mein Vater nicht. Ich bin sehr gut aufgewachsen, bin in die Schule gegangen, bis zur achten Klasse. Viele Roma in diesem Ort haben es nicht bis zur achten Klasse geschafft, weil es keine Möglichkeiten gab. Ich habe dann Maurer gelernt. Nach der Ausbildung bin ich für eineinhalb Jahre zur Armee gegangen und habe danach als Maurer gearbeitet und von meinen Eltern Unterstützung bekommen. Da, wo ich wohnte, haben nur Roma gelebt, wir waren raus aus allen anderen Gemeinschaften. Ich hatte natürlich viele Freunde dort. Es gab auch Zeiten, wo es sehr schlecht war. Aber es gab auch gute Zeiten. Am meisten gab es dort Armut. Als Kind hatte ich das Glück, dass mein Vater mich immer unterstützt und vor schlechten Sachen bewahrt hat. Ich sollte gut sein und nicht so böse Sachen machen. Gott sei Dank habe ich keine Drogen genommen wie viele andere Kinder.

Zuhause bedeutet für mich eigentlich, ein Zuhause zu haben, ganz einfach. Erfahrungen von Obdachlosigkeit und Migration. Herausgegeben von RomaRespekt und Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Mai 2019

--Methodios (Diskussion) 19:58, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

In der Zeit, in der ich dort gelebt habe, hat die Schule noch sehr gut funktioniert und auch der Kindergarten. Jetzt funktioniert es überhaupt nicht mehr. Zu meiner Zeit wurde da noch alles nach kommunistischen Regeln umgesetzt. Also bei den Kommunisten ist klar, dass jeder arbeiten muss. Wer nicht gearbeitet hat, kam ins Gefängnis. Es war überall so. In meiner Kindheit hat mir nicht gefallen, dass Roma und NichtRoma unterschiedlich behandelt wurden. Zum Beispiel gab es eine Roma-Klasse und eine Klasse für slowakische Kinder. Als ich klein war, habe ich nicht gewusst, was Rassismus ist. Aber ab dem 18./19. Lebensjahr habe ich das dann selbst erlebt und gefühlt. Diesen Rassismus habe ich erst gemerkt, als die Demokratie kam. Da ist etwas passiert zwischen den Kindern und zwischen den Erwachsenen. Ich habe es am eigenen Leib erfahren. Ich war unterwegs mit meiner Frau und zwei kleinen Kindern und wurde auf der Straße überfallen. Ich wurde geschlagen und beleidigt. Sie sagten zu mir: »Du schwarzer Pilz. Was hast du hier auf der Straße zu suchen?« Um uns herum waren überall Leute, die nichts getan haben. Sie haben einfach zugeschaut. Als ich noch gearbeitet hatte, war Rassismus kein Thema, weil mein Kollektiv nur aus Roma bestand. Aber bei der Armee habe ich den Rassismus gefühlt. Da wurde mir deutlich gemacht, dass ich zu den Roma gehöre. Als Rom musste ich mehr machen als alle anderen, zum Beispiel Doppelschichten.

Zuhause bedeutet für mich eigentlich, ein Zuhause zu haben, ganz einfach. Erfahrungen von Obdachlosigkeit und Migration. Herausgegeben von RomaRespekt und Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Mai 2019

--Methodios (Diskussion) 20:04, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Die Firma, bei der ich gearbeitet habe, ging langsam kaputt. Irgendwann gab es für niemanden mehr Arbeit. Ich bin dann nach Deutschland gekommen, um Arbeit zu finden. Ich bekomme überhaupt keine Arbeit. Wenn ich anrufe, gibt es kein Problem, dann werde ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Sobald ich vor der Tür stehe und sie sehen, dass ich ein Rom bin, ist die Stelle schon vergeben. Ich war auch in Italien, aber weder dort noch in Deutschland ist es mir bisher gelungen, Arbeit zu finden.

Zuhause bedeutet für mich eigentlich, ein Zuhause zu haben, ganz einfach. Erfahrungen von Obdachlosigkeit und Migration. Herausgegeben von RomaRespekt und Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Mai 2019

--Methodios (Diskussion) 20:07, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Seit fünf Jahren lebe ich jetzt hier, nicht immer, aber regelmäßig. Ich habe kein Geld für ein Hostel, deswegen schlafe ich auf der Straße. Das wichtigste, was ich habe, ist der Schlafsack. Ich mache pantomimische Figuren auf der Straße. Mit dem kleinen Bisschen, was ich damit verdiene, unterstütze ich meine Familie. Ich habe fünf Kinder, drei erwachsene und zwei kleine Kinder. In der Slowakei bekommen meine Familie und ich nur 200 Euro. Davon können wir nicht leben. Ich bin lieber auf der Straße und verdiene so Geld, als noch zu Hause zu sein und nichts tun zu können. Ich habe auch hier schon Diskriminierung erlebt. Zum Beispiel wurde ich in der Straßenbahn als »dreckiger Zigeuner« beschimpft oder sie sagten: »Ausländer raus, die sollen nach Hause gehen, arbeiten.« In solchen Situationen hat mir nie ein Mensch geholfen. Die haben sich einfach umgedreht, als ob nichts passiert wäre, sie nichts gehört hätten.

Zuhause bedeutet für mich eigentlich, ein Zuhause zu haben, ganz einfach. Erfahrungen von Obdachlosigkeit und Migration. Herausgegeben von RomaRespekt und Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Mai 2019

--Methodios (Diskussion) 20:10, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

In Dresden schlafe ich an unterschiedlichen Orten. Beim Museum, manchmal bei der Caritas, wo man einen Euro bezahlt. Aber das ist ganz selten, weil sie keine slowakischen oder tschechischen Leute, also Roma, reinlassen wollen. Es geht direkt um Roma. Im Sommer ist es besser, weil man dann überall gute Schlafplätze findet. Wir schlafen immer mit mehren Personen an einem Ort, mal drei, mal vier Leute, damit wir aufeinander aufpassen können. Es ist auch schon passiert, dass uns jemand gestört und uns nicht in Ruhe gelassen hat. Deswegen haben wir auch die kleine Gruppe, damit wir uns gegenseitig helfen und aufeinander aufpassen können. Es ist auch schon passiert, dass uns die Polizei weggeschickt hat. Da mussten wir aufstehen und zum Hauptbahnhof gehen, wo wir bis zum Morgen in der Wärme gesessen haben. Ich kümmere mich außerdem jeden Tag um einen alten Mann, der blind ist und auch auf der Straße lebt. Ich kümmere mich um sein Essen und Trinken. Morgens um sieben stehe ich auf. McDonald’s ist die erste Station. Dort verbringe ich meistens zwei Stunden, um mich aufzuwärmen und Kaffee zu trinken. Von zehn bis siebzehn Uhr mache ich meine Figur, manchmal sammle ich auch Flaschen. Danach gehe ich in die Altmarktgalerie, um etwas zu essen und mich aufzuwärmen. Meistens sind wir bis abends um acht Uhr da und um zehn gehen wir dann schlafen. Es ist unterschiedlich, manchmal ist es sogar Mitternacht, je nachdem. Und so läuft das dann jeden Tag.

Zuhause bedeutet für mich eigentlich, ein Zuhause zu haben, ganz einfach. Erfahrungen von Obdachlosigkeit und Migration. Herausgegeben von RomaRespekt und Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Mai 2019

--Methodios (Diskussion) 20:15, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Freundschaften gibt es und zwar zwischen verschiedenen Nationalitäten wie Polen, Serben, Slowenen. Zum Beispiel ist ein Treffpunkt am Albertplatz, beim Brunnen oder bei der Treberhilfe. Ich vertraue meinen Freunden hundertprozentig. Ich muss, sonst würde ich nicht überleben auf der Straße. Wir helfen uns gegenseitig. Zum Beispiel wenn es um das Essen geht. Wenn einer kein Essen hat, kauft der Andere etwas und teilt das. Ein anderes Beispiel: "Komm, du hast eine große schwere Tasche, ich helf dir." Wir sprechen miteinander. Zum Beispiel: »Wo schläfst du heute und wo hast du deine Flaschen gesammelt« und solche Sachen. Ich habe auch Angst, aber das darf ich nicht zeigen, sonst würde ich auf der Straße nicht überleben. Das Wichtigste ist, dass mich niemand überfällt. Also nicht bloß konkret mich, sondern die kleine Gruppe.

Zuhause bedeutet für mich eigentlich, ein Zuhause zu haben, ganz einfach. Erfahrungen von Obdachlosigkeit und Migration. Herausgegeben von RomaRespekt und Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Mai 2019

--Methodios (Diskussion) 20:18, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Das Wort Zuhause ist ein sehr schönes Wort. Das habe ich aber nicht, also ich habe kein Zuhause und warte jeden Tag auf die Situation, in der ich sagen kann, mein Zuhause. Es ist ein großes Thema für mich, ein eigenes Zuhause zu haben. Und wenn du ein eigenes Zuhause hättest, ob du mich da rein lassen würdest. Oder mal sagen würdest: »Komm zu mir.« Das ist das Thema. Am Tag verdiene ich 20 bis 25 Euro, wenn ich 30 habe, ist es schon sehr gut. Das brauche ich zum Essen, Trinken und ich rauche. Und was übrig bleibt, lege ich zur Seite, um meiner Familie zu helfen. Zehn Euro brauche ich ungefähr am Tag für Essen und Trinken. Wenn es sehr kalt ist, kann ich nicht so lange als Figur stehen, dann mache ich etwas anderes: ich setze mich hin und bettle. Und das ist ein Unterschied. Wenn ich die Figur mache, ist es für mich angenehmer, weil die Leute dann gerne Geld geben und auch gerne Bilder machen. Also ich tue nichts, was strafbar ist. Angemalt sieht man ja auch nicht, wer ich bin. Und wenn ich dann auf der Straße bettle, ist es ganz anders. Wenn ich die Figur mache, gehen die Menschen mit mir gut um, machen Fotos mit mir. Wenn ich auf der Straße sitze und bettle, dann fallen auch Worte wie: »Warum sitzt du hier, verschwinde!« Also es ist ein großer Unterschied, ob ich die Figur mache oder bettle, weil man dann sieht, dass ich ein Rom bin. Und wenn ich als Figur stehe, dann wissen sie nicht, dass ich zu den Roma gehöre und gehen mit mir ganz anders um. Das ist ein großer Unterschied!

Zuhause bedeutet für mich eigentlich, ein Zuhause zu haben, ganz einfach. Erfahrungen von Obdachlosigkeit und Migration. Herausgegeben von RomaRespekt und Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Mai 2019

--Methodios (Diskussion) 20:32, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Seitdem eine Romni bei der Treberhilfe arbeitet, bekomme ich große Hilfe. Ich komme gerne her, auch zum Reden. Vorher sind wir gekommen, um zu essen, zu duschen und Kleidung zu bekommen. Jetzt bin ich da, nicht bloß wegen der Kleidung und des Essens, sondern auch als Mensch. Bisher hat mir niemand geholfen. Auch kein Sozialamt. Wenn ich dorthin gehe, fragen sie zuerst, ob ich deutsch spreche. Nein. Ich muss erstmal zur Schule gehen, um deutsch zu lernen, dann kann ich wiederkommen. Das Wichtigste in Deutschland ist, Arbeit zu finden. Dann kann ich meine Familie holen und meine Kinder können normal groß werden. Dass es meinen Kindern gut geht, ist das Wichtigste. Sodass sie nicht fühlen müssen, dass sie Roma sind. Dass sie ein besseres Leben haben. Ein ganz normales Leben möchte ich für die Kinder. Also ganz normal, damit sie sich nicht fühlen müssen wie in der Slowakei als Roma. Dass sie nicht spüren, dass sie Roma sind, das ist normales Leben. Also an erster Stelle Arbeit, Schule für die Kinder, dass sie etwas lernen, eine Ausbildung, damit sie nicht fühlen, dass sie Roma sind. Mein Gefühl ist: ein Roma-Mensch ist unnormal. Was meine Zukunft betrifft, kann ich nichts sagen. Es kommt, wie es kommt. Ich lebe von Tag zu Tag und mache keine Pläne. Ich weiß, dass ich nicht immer auf der Straße leben will.

Zuhause bedeutet für mich eigentlich, ein Zuhause zu haben, ganz einfach. Erfahrungen von Obdachlosigkeit und Migration. Herausgegeben von RomaRespekt und Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen, Mai 2019

--Methodios (Diskussion) 20:38, 16. Jun. 2020 (CEST)[Beantworten]

Soldatensender[Bearbeiten]

Am 1. Oktober 1960 meldete sich auf Mittelwelle 935 Kilohertz (kHz) zum ersten Mal der Deutsche Soldatensender (DSS) zu Wort. Er richtete sich an die Uniformierten der Bundeswehr, wurde jedoch von der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR betrieben. Mit dem erst im Juni 1960 beschlossenen Start kam der Nationale Verteidigungsrat der DDR seinen westlichen Gegnern zuvor: Im Jahr zuvor hatte Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß (CSU) angeordnet, regelmäßige Rundfunksendungen zu starten, die sich an die Soldaten der NVA wenden sollten. Als Termin dafür hatte »FJS« gerade jenen 1. Oktober 1960 angepeilt und am 4. November 1959 in Rengsdorf im Westerwald die »Radiokompanie 993« aufstellen lassen. Im September 1960 wurde diese mit einem 20 Kilowatt starken Mittelwellensender der Firma Telefunken ausgestattet. Doch der von Strauß erhoffte Propagandasender blieb in den Anfängen stecken. Nur 1962 und 1963 gab es offenbar einige nächtliche Rundfunksendungen, mit denen versucht wurde, auf die Uniformierten der NVA einzuwirken. Zu diesem Zeitpunkt hatte der aus der DDR funkende Deutsche Soldatensender schon eine treue Hörergemeinde gewinnen können. 1965 schrieb der Spiegel unter Berufung auf Gewährsleute im Bundesverteidigungsministerium, dass nicht weniger als 86 Prozent der Bundeswehr-Soldaten morgens vor Dienstbeginn den Soldatensender einschalteten. Die Radiomacher richteten ihre Studios im früheren Funkhaus Berlin-Grünau ein. Gegenüber ihrer westlichen Konkurrenz verfügten sie über einen vielleicht entscheidenden Vorteil: Bereits seit 1956 wurde in der DDR der Deutsche Freiheitssender 904 betrieben. Er hatte sich zum ersten Mal unmittelbar nach dem Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands gemeldet, als »einziger Sender der Bundesrepublik, der nicht unter Regierungskontrolle steht« (siehe jW vom 16. Januar 2020). Er erfreute sich gerade bei Soldaten der Bundeswehr großer Beliebtheit, woran die NVA-Station anknüpfen sollte. Beide Stationen teilten sich dieselbe, Medienberichten zufolge 250 Kilowatt starke Sendeanlage in Burg bei Magdeburg. Der Soldatensender meldete sich fünfmal täglich, um 6.15, 12.30, 18.00, 20.15 und 23.30 Uhr. Für die dazwischenliegenden Sendungen des Freiheitssenders mussten Techniker die Antenne auf dessen Frequenz umschalten. Wohl auch deshalb lagen der Freiheitssender auf 904 kHz und der Soldatensender auf 935 kHz eng nebeneinander auf der Skala – und vielen Hörern war es sowieso gleich, welchen von beiden sie gerade empfingen. Beide fesselten ihr meist junges Publikum mit aktueller Tanzmusik, die auch in den öffentlich-rechtlichen Westsendern kaum zu hören war. Jahrzehnte später erzählten Beteiligte schmunzelnd, wie sie in Westberliner Geschäften die neuesten Platten erworben oder auf kommerziellen Sendern wie Radio Luxemburg mitgeschnitten hatten. Die Hörer in Uniform interessierten außerdem die vom Soldatensender verbreiteten und erstaunlich oft zutreffenden Informationen über angesetzte Nachtübungen, Schikanen von Vorgesetzten oder auch schlüpfrigen Details um Vorgänge in den Kasernen. So berichtete DSS einmal, wie sich die Soldaten der Luftlandeschule Altenstadt mit der Tochter des Wirts vergnügten: »Wenn wir schon nicht die Kantinenpreise drücken können, dann wenigstens das Maskottchen«. Über den Sender gingen auch Kontaktanzeigen junger Frauen, die sich »Brieffreunde« wünschten, sowie Geburtstagsglückwünsche an Wehrpflichtige. Für solche Anliegen nannte der Soldatensender die Adresse Werner Schütz, Postfach 116, Berlin W 8. Das stand für das Hauptpostamt W 8 in der Französischen Straße 9–12 – in der Hauptstadt der DDR. Im Soldatensender nahm man aber gern in Kauf, dass die Adresse nach Westberlin klang. Zu einem Ritual wurde offenbar auch, die häufigen Abstürze der berüchtigten »Starfighter«-Kampfjets der Luftwaffe zu zelebrieren: Wenn wieder ein Pilot ums Leben gekommen war, wurde auf 935 das Soldatenlied »Ich hatt’ einen Kameraden« gespielt. Noch 1971 bescheinigte der damalige Leiter des Presse- und Informationszentrums des Bundesverteidigungsministeriums, Brigadegeneral Carl-Gero von Ilsemann, gegenüber dem Spiegel den Funkern aus dem Osten, diese hätten zu Beginn noch geklungen wie die Landser im Zweiten Weltkrieg, das habe sich aber bald geändert: »Mittlerweile haben sie sich eingeschossen.« Wenige Monate später war Schluss: Im Sommer 1972 verschwand der Deutsche Soldatensender aus dem Äther. In der letzten Sendung, die am 1. Juli gelaufen sein soll, kündigte das Moderatorenpaar »Kathrin« und »Martin« nur an, dass der Sender »aus technischen Gründen« für einige Tage pausieren werde. Tatsächlich war die Einstellung eine Folge der unter Bundeskanzler Willy Brandt eingeleiteten Entspannungspolitik zwischen Ost und West. Wie der Spiegel damals berichtete, hatten sich die Unterhändler Egon Bahr (BRD) und Michael Kohl (DDR) auf ein »Tauschgeschäft« geeinigt: Die Bundeswehr hörte auf, Luftballons mit Propagandamaterial über die Grenze in die DDR zu schicken, dafür schaltete die NVA ihren Sender ab.

MEDIALES STÖRFEUER. News für den Klassenfeind. Radiogeschichte(n) extra: Vor 60 Jahren startete die DDR den Deutschen Soldatensender und kam damit der Bundeswehr zuvor. Von André Scheer. Junge Welt vom 1. Oktober 2020.

--Methodios (Diskussion) 19:55, 1. Okt. 2020 (CEST)[Beantworten]

Berg-Rückzug[Bearbeiten]

Le Morne Brabant (Mauritius)

--Methodios (Diskussion) 17:26, 7. Okt. 2020 (CEST)[Beantworten]

Kulturlandschaft Le Mourne Die Kulturlandschaft Le Morne ist ein schroffer Berg, der im Südwesten von Mauritius in den Indischen Ozean hineinragt und im 18. Jahrhundert und im 18. Jahrhundert von entkommenen Sklaven, Kastanienbraunen, als Zuflucht genutzt wurde erste Jahre des 19. Jahrhunderts. Geschützt von den steilen Hängen des Berges, fast unzugänglich und mit Wäldern bedeckt, bildeten die entkommenen Sklaven kleine Siedlungen in Höhlen und auf der Spitze von Le Morne. Die mündliche Überlieferung um die Kastanien hat diesen Berg zum Symbol des Leidens der Sklaven, ihres Kampfes für die Freiheit und ihres Opfers gemacht, so vieler Tragödien, die selbst in den Ländern, aus denen die Sklaven kamen, ein Echo gefunden haben: die Afrikanischer Kontinent, Madagaskar, Indien und Südostasien. Mauritius, ein wichtiger Zwischenstopp im Sklavenhandel

  • Paysage culturel du Morne Le Paysage culturel du Morne est une montagne accidentée qui s’avance dans l’océan Indien au sud-ouest de l’île Maurice et qui a été utilisée comme refuge par les esclaves en fuite, les marrons, au cours du XVIIIe siècle et des premières années du XIXe. Protégés par les versants abrupts de la montagne, quasi-inaccessibles et couverts de forêts, les esclaves évadés ont formé des petits peuplements dans des grottes et au sommet du Morne. La tradition orale autour des marrons a fait de cette montagne le symbole de la souffrance des esclaves, de leur lutte pour la liberté et de leur sacrifice, autant des drames qui ont trouvé un écho jusque dans les pays d’où venaient les esclaves : le continent africain, Madagascar, l’Inde et le sud-est de l’Asie. Maurice, une grande escale du commerce des esclaves, a même été connue comme la « République des marrons » à cause du nombre important d’esclaves échappés qui s'étaient installés sur la montagne du morne.

Hervorragender universeller Wert Die Kulturlandschaft von Le Morne ist insofern ein außergewöhnliches Zeugnis für die Eheschließung oder den Widerstand gegen die Sklaverei, als der Berg als Festung für die flüchtenden Sklaven genutzt wurde. Diese Fakten werden durch physische und mündliche Spuren dieser Verwendung gestützt. Le Morne ist eine Darstellung der Ehe und ihrer Auswirkungen, die an verschiedenen Orten auf der Welt existierte, aber auf dem Berg Le Morne so effektiv demonstriert wurde. Es ist ein Symbol für den Kampf der Sklaven um die Freiheit, ihr Leiden und ihr Opfer, alle Umstände, die über ihre geografische Lage hinaus die Länder betreffen, aus denen die Sklaven kamen - insbesondere den afrikanischen Kontinent, Madagaskar, die Indien und Südostasien - und vertreten durch das kreolische Volk von Mauritius und den gemeinsamen Fundus ihrer Erinnerungen und mündlichen Überlieferungen.

  • Valeur universelle exceptionnelle Le paysage culturel du Morne est un témoignage exceptionnel du marronnage ou de la résistance à l’esclavage en ce sens que la montagne a été utilisée comme une forteresse pour abriter les esclaves en fuite, faits étayés par des traces physiques et orales de cette utilisation. Le Morne est une représentation du marronnage et de son impact, qui exista dans différents lieux du monde mais qui a été démontré si efficacement sur la montagne du Morne. C’est un symbole de la lutte des esclaves pour la liberté, leur souffrance et leur sacrifice, toutes circonstances qui concernent, au delà de sa localisation géographique, les pays dont étaient originaires les esclaves – en particulier le continent africain, Madagascar, l’Inde et le Sud-est asiatique – et représenté par le peuple créole de Maurice et le fonds commun de ses souvenirs et traditions orales.

--Methodios (Diskussion) 10:27, 30. Okt. 2020 (CET)[Beantworten]

Kriterium (iii): Der Berg ist insofern ein außergewöhnliches Zeugnis von Marooning oder Widerstand gegen Sklaverei, als er von außer Kontrolle geratenen Sklaven als Festung genutzt wurde.

  • Critère (iii) : La montagne est un témoignage exceptionnel du marronnage ou de la résistance à l’esclavage en ce sens qu’elle a été utilisée par les esclaves en fuite comme une forteresse, faits étayés par des preuves.

--Methodios (Diskussion) 11:32, 30. Okt. 2020 (CET)[Beantworten]

Rückzugsgründe[Bearbeiten]

Flucht vor Organraub

Organraub in Kosovo

Organtransplantation in China

Organraub an Falun-Gong-Praktizierenden in China: "Die chinesische Regierung bestritt mehrmals kategorisch, dass Falun-Gong-Praktizierende wegen ihrer Organe getötet würden, und bestand darauf, dass sie sich an die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation halte. Chinas Regierung hat jedoch bis heute (2017) weder die von den Ermittlern zitierten spezifischen Beweismaterialien widerlegt, noch eine alternative Erklärung für die Herkunft der bei Transplantationen verwendeten Organe gegeben.[134] Dies, obwohl der stellvertretende Gesundheitsminister Chinas Huang Jiefu im Dezember 2005 erstmals zugegeben hatte, dass die Verwendung der Organe exekutierter Gefangener weit verbreitet sei und dass bis zu 95 % aller Organtransplantate aus Hinrichtungen stammen sollen.[135]" Es wird natürlich auch heute und sicher weiterhin alles abgestritten. Und wenn dann der Skandal auffliegt, wird "niemand irgendwas gewußt haben" - und es wird dann in der Qualität der "Holocaust-Leugner" weiterhin die "Organraub-Leugner" geben (die ja heute offenbar weit verbreitet sind).

  • Das Problem wird einfach nicht abgestellt, weswegen es dauernd auf der Tagesordnung bleiben muß. Von einer Aufarbeitung der Vergangenheit mal ganz zu schweigen.

--Methodios (Diskussion) 09:34, 30. Okt. 2020 (CET)[Beantworten]


Thema Spenderausweis, Massentests wegen Corona ... nicht vergessen die massenhaften "Tränen-Drüsen-Aufrufe" wegen Knochenmarkspendern etc. Das läuft doch schon seit vielen Jahren in diese verkehrte Richtung: der Mensch als Futter für die Profitmaximierung (auch im dadurch kranken Gesundheitssystem).

--Methodios (Diskussion) 10:00, 30. Okt. 2020 (CET)[Beantworten]

Thema Merkel - "Die Schande der Nation" sollte mMn sowieso kein Maßstab sein: "In einem Land, in dem es mit rechten Dingen zugeht, ist es eine Schande, nicht anerkannt zu sein - in einem Land, in dem es nicht mit rechten Dingen zugeht, ist es hingegen eine Schande, anerkannt zu sein." Konfuzius (verkürzt auch übersetzt mit "In einem gut regierten Land ist Armut eine Schande, in einem schlecht regierten Reichtum.") Das gilt mMn für China wie Deutschland gleichermaßen.

--Methodios (Diskussion) 10:05, 30. Okt. 2020 (CET)[Beantworten]

Daß auch wir in Deutschland Probleme auf dem Sektor haben, ist bekannt: siehe Lemma "Organspendeskandal in Deutschland". Ist dieser Lexikon-Artikel dann statt "Antichina Propaganda" nun "Antideutschland Propaganda"?

--Methodios (Diskussion) 10:23, 30. Okt. 2020 (CET) I[Beantworten]

Freundinnen. Vergib mir! Ich verstehe das nicht. Was ich dir sagen möchte ist: 1. CCP ist nicht China! Ich liebe China! Ich liebe das kostbare chinesische Volk! Die CCP ist der Geist des Westens! Die heutigen Chinesen leben unter den Krallen des bösen Geistes der CCP! Erst unter autoritärer Tyrannei der CCP-Partei wird das Böse, das es noch nie zuvor auf diesem Planeten gab ---- die menschlichen Organe leben! Dies ist eine Beleidigung für das Leben eines jeden von uns auf der Erde! Es ist ′′ Gruppenausrottung ′′ und ′′ Verbrechen gegen die Menschlichkeit ". Das Böse aufzudecken ist die Pflicht und göttliche Mission jedes Gerechten, guten Menschen! Wenn du verstehst, was die CCP ist? Ich glaube, du wirst eine richtige Wahl haben. Bitte schaut es euch an: http://www.ninecommentaries.com 2. Live-Extraktion menschlicher Organe findet in China seit fast zwei Jahrzehnten statt. Und es passiert immer noch jeden Tag. Es ist im Grunde schon ′′ Menschen auf Nachfrage seit zwei Jahrzehnten töten, wir sind friedlich und rational und haben die Welt dem Bösen ausgesetzt, das es noch nie auf diesem Planeten gab! Jetzt haben sich viele Länder gemeldet, um ein Ende dieser Verfolgung zu fordern! Wir werden bis zum Ende aufspüren und niemals jeden gehen lassen! Bitte sehen Sie weitere Beweise: https://vimeo.com/338376050 https://endccp.com NINECOMMENTARIES.COM Nine Commentaries on the Communist Party 九評共產黨

朋友.请原谅!我有些看不懂,我想告诉您的是: 1.中共不是中国! 我爱中国!我爱可贵的中国人民! 中共是西来幽灵!当今的中国人民正生活在中共邪灵的魔爪下! 只有在中共邪党的独裁暴政统治下,才会发生这个星球上从未有过的邪恶----活摘人体器官!这是对我们每个地球人生命的亵渎和侮辱!是"群体灭绝罪"和"反人类罪"。曝光邪恶是我们每个正义,善良人的责任和神圣的使命! 如果您了解了中共是什么?相信您会有一个正确的选择。请看: http://www.ninecommentaries.com 2.活摘人体器官已经在中国发生了近二十年了。而且至今仍在每天发生着。基本上已经是"按需杀人"了。二十年来,我们一直在和平,理性的向全球曝光这个星球上从未有过的邪恶! 如今已有很多国家站出来呼吁制止这场迫害!我们一定会追查到底,绝不放过每个参与者! 请看更多证据: https://vimeo.com/338376050 https://endccp.com NINECOMMENTARIES.COM Nine Commentaries on the Communist Party 九評共產黨

FB: Bravery

--Methodios (Diskussion) 06:32, 1. Nov. 2020 (CET)[Beantworten]


Vergangenheitsverdrängung[Bearbeiten]

vgl. Erich Schapira und

  1. (Entfernt wegen Abmahnung) Datei:Stolpersteinverlegung Bernhardstr.jpg|thumb|Stolpersteinverlegung in Anwesenheit der Enkelin Schapiras
  2. (Entfernt wegen Abmahnung) dsgl.

--Methodios (Diskussion) 17:29, 8. Feb. 2021 (CET)[Beantworten]

Straßentod[Bearbeiten]

"Da es hienieden immer mehr Elend in den unteren Ständen gibt als Brüderlichkeit in den oberen, war alles sozusagen vergeben, bevor es empfangen wurde."

Victor Hugo: Die Elenden

https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Elenden

Inge ist eine von 50.000 Obdachlosen in Deutschland. Seit über 30 Jahren lebt sie auf der Straße. photo

Erst gestern hat Sammy den 16. Strich gemacht. Arnold. "Hat sich aufgehangen." Unruhig schaut er nach rechts und links, späht über die Reeperbahn nach der Polizei und fliegenden Flaschen. Nach Junkies, die nicht mehr klarkommen und Ärger suchen. Sammy zählt die Toten seit November. Er kannte die meisten von ihnen, nicht gut, aber alles Leute, mit denen er mal auf der Straße geschlafen hat, Platte gemacht oder "in einem Laden war" – "Kollegen" eben.

Nicht nur Sammy zählt. Der Senat zählt. Die Opposition zählt. Das Straßenmagazin Hinz&Kunzt zählt. Sie alle versuchen, die Ahnung zu beziffern, die seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie viele hatten: Dass die Pandemie kaum eine Gruppe so hart treffen wird wie die 50.000 Obdachlosen in Deutschland. Während sich die meisten Menschen in Deutschland hinter Haustüren und Bildschirmen zurückzogen, Ladenbesitzer Jalousien runterließen, Wirte Schlösser an sonst dauergeöffnete Kneipen hängten, blieben die übrig, die weder Home noch Office besitzen und keiner Ausgangssperre nachkommen konnten. Nirgendwo zeigt sich deren Not so deutlich wie in Hamburg. Die Hamburgische Bürgerschaft zählt 13 tote Obdachlose in diesem Winter. Im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor waren es nur fünf. Die Hamburger Rechtsmedizin zählt sogar 17 Todesfälle, manche von ihnen kamen vor ihrem Tod noch ins Krankenhaus. Die Rechtsmediziner fassen die Todesursachen der Verstorbenen so zusammen: "innere Erkrankungen, Verletzungen, Vergiftungen und Unterkühlungen". Konkret bedeutet das:

Paul nahm sich am 11. Januar das Leben.

Leslaw erlitt auf dem leeren Kiez einen Herzinfarkt.

Jonathan sprang von der Hebebrandbrücke.

Robert starb an einer Alkoholvergiftung.

Thomas an einer Überdosis.

Hamburg steht mit seinen Zahlen bundesweit an der Spitze. Doch die Zahlen sind überall hoch. "Seit den Neunzigerjahren sind nicht mehr so viele Obdachlose den Kältetod gestorben", sagt Werena Rosenke von der Bundesgemeinschaft für Wohnungslosenhilfe. 22 Menschen sind seit Ende September in ganz Deutschland draußen erfroren. Wie hoch die Dunkelziffer derer ist, die an anderen Ursachen starben, weiß niemand.

Man weiß nicht mal genau, wie viele Obdachlose eigentlich in Hamburg leben. Laut einer Studie im Auftrag der Sozialbehörde sind es heute rund 2.000, fast genau so viele wie im doppelt so großen Berlin. Die Zahl ist nicht vollständig, aber sie zeigt, dass sich die Zahl der Obdachlosen in Hamburg innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt hat.

Glaubt man den Sozialarbeitern, Ehrenamtlichen und manchen Politikern in Hamburg, sind die jetzt steigenden Todeszahlen ein Symptom für eine zunehmende Verelendung, die weit vor der Pandemie begann. Mitarbeiter der Drogenkonsumräume berichten, dass sich der Gesundheitszustand vieler Süchtiger deutlich verschlechtert habe. Streetworker erzählen von Menschen, die plötzlich schon morgens im eigenen Urin liegen und die schon vor dem Winter kaum mehr Kraft hatten.

Doch warum sterben ausgerechnet seit der Corona-Pandemie mehr Menschen? Egal, wen man in der Stadt spricht, Sozialarbeiter, die Mitarbeiter von Hinz&Kuntz, die Leute der Drogenkonsumstätte, Obdachlose – niemand weiß genau zu sagen, wer die Schuld trägt und wie das Sterben hätte verhindert werden können. Sogar Menschen, die von der Politik die sofortige Öffnung aller Hotels fordern, sind ratlos. Claudia Meister, die Geschäftsführerin des Vereins Hanseatic Help, sagt: "Du hättest alle Hotels der Stadt aufmachen können, Leute wären trotzdem gestorben."

Um zu verstehen, warum die Pandemie für manche Obdachlose den Tod bedeutet, muss man sich deshalb das komplizierte Geflecht ansehen, aus dem das Elend gemacht ist. In diesem Geflecht spielen verschlossene Kiezkneipen eine Rolle, genauso wie die Minusgrade, die Notunterkünfte, die Flüchtlinge und der Arbeitsmarkt.


"Ich will ein ganz normales Leben"

Die Jugendherberge am Stintfang liegt an den Landungsbrücken, hier haben knapp 50 Obdachlose für ein paar Wochen ein eigenes Bett gefunden. photo

In der Nähe der Helgoländer Brücke am Hamburger Hafen, unter der in diesem Winter einer der Obdachlosen starb, liegt die Jugendherberge am Stintfang. Wo sonst laute Jugendliche sitzen, die Wodka und Red Bull in Thermoskannen schütten, wo sich Mädchen heimlich aufs Jungszimmer schleichen, sitzen jetzt unter Flaggen-Girlanden stille Menschen und mit ihnen ihre Geschichten. Die Solidarität in der Hansestadt war in Anbetracht der zweistelligen Minusgrade im Februar groß. Sie erfasste auch Sven Seidler, den Betreiber der Herberge. Vor wenigen Wochen beschloss er, seine Räume für die Obdachlosen zu öffnen. Seitdem wohnen hier knapp 50 Hamburger Obdachlose. Organisiert haben den Aufenthalt auf Zeit zwei Vereine: Straßenblues und Hanseatic Help. Beide Organisationen finanzieren mit privaten Spenden die Unterkunft, 40 Euro pro Person und Nacht.


Beim Abendessen ist es still an diesem Tag. Gabeln kratzen über die Teller, die Hafenlichter zittern in der Elbe vor der Glasfassade des Speisesaals. Vor den beigen Tischen sitzt an diesem Abend ein polnischer Mann mit Wollmütze, Arme und Beine ineinander verschränkt, als presse die Kälte der letzten Wochen immer noch seinen schmalen Körper zusammen. Eine Flüchtlingsfamilie, die mit zwei kleinen Mädchen und rosa Kinderrucksack am Morgen vor der Herberge stand. Der tätowierte Punkrocker Jochen, "seit 25 Jahren bayerischer Flüchtling". Der Autist Carlos, der sich vor allem fragt, was die Deutschen gegen Karl Marx haben. Die Notariatsfachangestellte Nadine, die Perlen an den Ohren und Narben am Hals hat. Menschen, die meist früh, manchmal erst spät einen Weg nahmen, den keiner von ihnen so geplant hatte.

Und da sitzt an diesem Abend ein junger Mann in weißer Adidas-Jacke, der sich wünscht, dass diese verdammte Einsamkeit aufhört. Und diese Pandemie, wegen der er Job und Wohnung verlor.

Das Leben als "Alien"

Olegs ist ein Nichtbürger. Er hat jüdische, deutsche und russische Vorfahren, wegen derer er bei seiner Geburt in Lettland keine Staatsbürgerschaft bekam. Der einzige Pass, den er besitzt, ist ein "Alien Passport", ein lettischer Pass, der wirklich so heißt, für Menschen ohne Staatsbürgerschaft. "Ich bin ein Alien", stellt er nüchtern fest.


Und so hört sich dieses Leben an: Die erste Nacht auf der Straße erlebte er in einer Winternacht in Lettland, da war er zehn Jahre alt, erzählt er. Sein Vater hatte ihn vor die Tür gesetzt. Seitdem schlägt er sich durch, arbeitete auf Baustellen, reiste nach Salzburg, Tschechien, Paris. Er hatte da ein paar "Aktionen". In Karlsbad raubte er ein Casino aus, und saß dafür zwei Jahre im Gefängnis. Im Fünf-Sterne-Hotel hatten sie ihn geschnappt. Später ging er dahin, wo sich viele einen Neuanfang versprechen: In Frankreichs Fremdenlegion. Aber davon erzählt er nicht gern. Er sollte nach Syrien, Bomben entschärfen. Aus Protest schnitt er sich die Adern auf. Olegs schiebt seinen Ärmel nach unten, eine Narbe zieht sich quer über den blassen Unterarm. Sie ist der einzige Beleg für das Leben, von dem er berichtet.

Olegs hatte nie ein wirkliches Zuhause, in das er sich hätte zurückziehen können. Und es ist das, wonach er sich am meisten sehnt. Fragt man ihn, wie er sich seine Zukunft vorstellt, sagt er: "Ich will ein ganz normales Leben."


Olegs hat während der Pandemie seinen Job, seine Freundin und seine Wohnung verloren. Das Schlimmste sei jetzt, sagt er, die Einsamkeit.

Noch im März war er diesem normalen Leben, von dem er träumt, ganz nah. Er arbeitete auf Baustellen als Stuckateur, erhielt viele Aufträge. Dann aber, ab dem ersten Lockdown im März 2020, habe ihn sein Chef nicht mehr angerufen. Als die Aufträge ausblieben, habe ihn erst seine Freundin verlassen, dann verlor er seine Wohnung. Die Pandemie machte ihn einmal mehr obdachlos. Er musste zurück auf die Straße, zu den "Kollegen", zur Gegend um den Hauptbahnhof. Zurück in das Leben, das er hinter sich lassen wollte. "Ich muss weg von da", sagt er. "Wenn ich wieder in meine alten Schritte steige, passieren immer schlimme Sachen."

In Hamburg landen viele Menschen wie Olegs, die sich ein besseres Leben erhoffen. 2009 hatten laut der Hamburger Sozialbehörde rund 70 Prozent der Obdachlosen eine deutsche Staatsangehörigkeit. 2018 waren es nur noch 36,1 Prozent. Viele von ihnen kamen, um Arbeit zu finden. Doch das ist in der Pandemie so schwer wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Auch Olegs läge in nicht-pandemischen Zeiten vielleicht nicht im Stockbett einer Jugendherberge. Und müsste nicht stundenlang gegen die Einsamkeit anspazieren, bis die Leere der Stunden ihn doch erwischt.

Die Pandemie verlangsamt alles

Gerade prekär Angestellte traf die Krise besonders hart. Freiberufler, Selbstständige, Kurzarbeiter, Bauarbeiter. Menschen, die in guten Wirtschaftsjahren instabile Jobs annahmen, mit denen sie über die Runden kamen. Es sind die unverbindlichsten Arbeitsverhältnisse, die zarten Fäden, die bei einem Zittern der Konjunktur als erstes reißen. Die Arbeitsagentur spricht in einem im November veröffentlichten Bericht vom "Corona-Effekt" auf dem Arbeitsmarkt. Vor allem bei zwei Gruppen stellt sie einen noch stärkeren Anstieg der Arbeitslosigkeit als bei allen anderen fest: Bei Ausländern und Personen ohne Berufsausbildung. Der Sozialverband Hamburg warnte schon vor Monaten wegen der Pandemie vor einer steigenden Armut in der Hansestadt.

Die Arbeitslosigkeit, die wegfallenden Aufträge, die erlahmte Wirtschaft macht es den Menschen noch schwerer, aus der Obdachlosigkeit wieder herauszufinden. Die Pandemie wirkt wie ein zäher Strudel, der Perspektiven schluckt. Und sie verlangsamt wichtige Prozesse: das Einreichen von Anträgen, Terminvergaben, das Verstreichen von Zeit. Die Menschen hängen länger im Übergang fest. Drogensüchtige müssen länger auf Entzugsplätze warten. Arbeitslose auf Vorstellungstermine. Auf den Bescheid für Sozialleistungen. Auf eine Zukunft. Ohne Dach kann keine Decke auf den Kopf fallen

Kneipen wie der Elbschlosskeller auf der Reeperbahn kämpfen um ihre Existenz. Für Obdachlose waren sie nicht nur ein Ort zum Aufwärmen.

Auf den Straßen fehlen freundliche Gesichter und die zugehörigen Institutionen, die das Leben vor der Pandemie für Obdachlose erträglicher machten. Wer den Job verliert und auf der Straße landet, landet nicht auf dem belebten Kiez, sondern streicht an verschlossenen und vernagelten Türen entlang. Der stellt seinen Becher in eine ausgestorbene Fußgängerzone, dem fehlen die leeren Astra-Flaschen der Studenten am Kiosk, die Samstag jetzt Netflix schauen, statt auf der Reeperbahn zu feiern.

Dem fehlen die Orte, die ihn kurz vergessen lassen, dass er ein Übriggebliebener ist. Einer der nicht zu Hause bleiben kann, dem ohne Dach keine Decke auf den Kopf fallen kann. Dem fehlen Momente, die daran erinnern, dass sich Menschen zumindest manchmal auf Augenhöhe begegnen. Wie im Elbschlosskeller, der 24 Stunden geöffnet hatte, ein Ort für alle, für Partygänger, Tänzer, Sexarbeiterinnen, für die Nachbarn, für Sammy und die Leute von der Platte, die sich mal aufwärmen wollten. Ein Ort, an dem vor der Pandemie alle ein bisschen gleicher wurden.

Die wenigen Orte, die für Obdachlose noch geöffnet sind, lassen keine Sekunde vergessen, wo man in der Gesellschaft steht, wie etwa die Notunterkünfte. "Wenn ich nicht so stark wäre und ein inneres Ziel hätte, wäre ich zerbrochen", sagt Jochen.

Egal, wen man fragt: Keiner will in die Notunterkunft

Er ist Ende 40, Punkrocker und hatte früher einen Iro, "mit dem konntest du Augen ausstechen – brutal". Jetzt glänzt sein kahler Kopf im Licht des Speisesaals der Jugendherberge. Die Buchstaben ACAB an den rechten, PUNK auf den linken Fingern, ein Wettergott auf der Hand, ein Dämon am Hals. Messer im Oberschenkel, Stuhl auf dem Kopf, Ehering auf die Augenbraue. "Aber ich hab' nie angefangen." Sein Körper ist eine Kampfzone. Während Menschen wie Olegs nie einen geraden Weg kennenlernten, lebte Jochen schon immer gegen den Bausparvertrag, gegen das Sonntagsessen und den Nine-to-five-Job. Zuletzt hatte er einen Marktstand in der Hippiestadt Christiana in Kopenhagen. Den musste er schließen wegen Corona, er reiste nach Hamburg.

Zwei Wochen schlief er in Notunterkünften, für Jochen ein 14-tägiger Alptraum. Er erzählt, sein Zimmernachbar in der ersten Notunterkunft habe die Krätze gehabt, ein anderer wollte ihn verprügeln, nur weil er ihn bat, die Mandarinenschalen in den Müll und nicht daneben zu werfen. "Die Leute dort saufen, bis alles leer ist, meistens bis fünf Uhr morgens." Ein paar Mal schütteten sie Bier um sein Bett. Hopfengeruch ist nicht hilfreich bei der Jobbewerbung. "Ich kann die Menschen verstehen, die später draußen erfroren sind. Du hältst es da drin nicht aus." Seit drei Tagen ist Jochen hier in der Herberge am Stintfang, jetzt hat er ein Vorstellungsgespräch als Baggerfahrer.


Jochen floh als Jugendlicher aus dem konservativen Niederbayern, wurde Punkrocker und reiste quer durch Europa.

Theoretisch, also regierungstheoretisch, muss niemand auf der Straße schlafen. Und niemand erfrieren. Die Koalition nannte in den vergangenen Wochen bei den vielen, teils heftigen Diskussionen um die Obdachlosen das Zauberwort "Winternotprogramm". Einige in der Herberge wie Jochen waren in diesem Winternotprogramm. Manche von ihnen schliefen lieber auf der Straße oder in Zelten. 1.400 Betten stellt die Stadt für die mindestens 2.000 Menschen ohne Dach über dem Kopf. Vier-Bett-Zimmer in einer Zeit der Kontaktbeschränkungen. Eine ungewöhnliche Allianz aus CDU und Linke forderte deshalb Ende Januar die Öffnung der leerstehenden Hotels und Herbergen wie in anderen Städten, etwa in Düsseldorf oder Berlin, um den Menschen Einzelzimmer zu bieten. Doch die Sozialbehörde Hamburg beharrte auf den Notunterkünften, obwohl deren schlechter Zustand nach Ansicht von Sozialarbeitern eine Erklärung sind, warum Menschen auf der Straße erfroren sind.

Auch Sammy, der die Toten zählt, und die anderen Punkrocker von der Reeperbahn meiden die Notunterkünfte. Gegenüber des verschlossenen Elbschlosskellers sitzt zwischen den schmutzigen Matratzen, Penny-Tüten und Wodkaflaschen Inge, Hamburgs selbst ernannte Bordsteinamsel und Königin der Platte unter Kentucky Fried Chicken. Rauchend und hustend schimpft sie gegen das Winternotprogramm. Da, sagt sie, sei es "noch beschissener als hier". Inge hat 35 Jahre Straßen-Expertise und kann Sätze sagen wie: "1986 hatten wir auch 'nen scheiß kalten Winter."

Sie streicht über ihren zertrümmerten Wangenknochen, irgendwer raucht Crack neben ihr, ein Mädchen mit Sekt unterm Arm schaut im Vorbeigehen zu ihr hinab, und Inge sagt: "Die Menschenwürde ist unantastbar."

Auch wenn später Wolken aufziehen und es abends wieder regnen wird in Hamburg, scheint an diesem Nachmittag die Sonne auf Inges Reich. Die Plattenkönigin beschließt, dass es Zeit für Wodka ist. Neben Inge sitzt "ihre Schwester" Kerstin, die habe dreißig Jahre in der Altenpflege gearbeitet. "Ist das fair?", krächzt Kerstin, die Stimmbänder wie mit Stacheldraht geschliffen. Inge hat noch eindreiviertel Ohren, ein Viertel verlor sie an Nazis. "Aber für was, Schatz? Für was?", fragt sie und lässt den Kopf mit ihrem blassrosa Iro hängen, das Gefieder der erschöpften Bordsteinamsel.

Inge braucht keine halbe Minute, um ihre Geschichte zu erzählen. Sie hatte mal eine Wohnung am Fischmarkt. Die Miete wurde zu hoch, sie suchte Hilfe beim Sozialamt, bekam keine. Dann kürzt sie ab: "Na ja, und so bin ich in der Prostitution gelandet." Sie schaut einem in die Augen: "Solange ich lebe, will ich kein Arschloch sein. Ich bin für alle da." Inge weiß auch nicht, was genau hier draußen schiefläuft. Sie kannte einige der Toten. Tränen steigen ihr in die geschwollenen Augen, wenn sie von ihnen spricht. Eine Freundin von ihr sei im Krankenhaus gestorben. Mit dem Wodka schwappen die Tränen zu Kerstin rüber, die weint und einen Schluck gegen die Traurigkeit nimmt.

Sie spüre die Angst vor Corona auf der Straße. Aber damals hätten auch alle Angst vorm Kalten Krieg gehabt. "Diese Einstellung brauchst du, anders kannst du hier nicht überleben." Und Inge will noch ein bisschen überleben.

Am Abend kommt ein Junge mit schweren Lidern an der Herberge am Stintfang an. Er heißt Khalid, ist afghanischer Flüchtling und wird hier zum ersten Mal seit sechs Nächten Schlaf finden. Auch seine Geschichte ist voller Verzweiflung und Ausweglosigkeit. In dieser Nacht aber wird ihn zumindest der Regen nicht kümmern, der von draußen an sein Fenster prasselt, so wie an die Fenster von Jochen, Olegs und den anderen Obdachlosen.

Zumindest in dieser Nacht kann ihnen wenigstens der Regen egal sein.

Obdachlosigkeit in der Corona-Krise. Die toten Kollegen Corona hat schwere Folgen für obdachlose Menschen. In keiner Stadt zeigt sich das so deutlich wie in Hamburg. Mindestens 13 Obdachlose starben dort im Winter. Warum? - Die Zeit vom 14. März 2021, Von Marlene Knobloch

--Methodios (Diskussion) 17:56, 15. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]


Berlin - Die Polizei hat in Berlin-Tiergarten einen Mann festgenommen, der das Zelt eines Obdachlosen anzünden wollte. Da die Staatsanwaltschaft bei dem Brandanschlag von einem versuchten Tötungsdelikt ausgeht, hat eine Mordkommission die Ermittlungen übernommen. Die Polizei prüft nun Zusammenhänge zu weiteren Vorfällen, bei denen zuletzt Schlafplätze von Obdachlosen in Brand gesetzt wurden.

Die jüngste Tat ereignete sich nach Angaben der Polizei am Sonntagvormittag um 10.30 Uhr. Dank eines aufmerksamen Passanten konnte Schlimmeres verhindert werden, wie eine Polizeisprecherin sagte. Der 42-jährige Fußgänger hatte unter einem Stadtbahnbogen am Tiergartenufer einen Mann beobachtet, der mehrmals zu einem Zelt gegangen sei, um es in Brand zu stecken.

Als der Zeuge den verdächtigen Brandstifter laut ansprach, flüchtete dieser. Der 46 Jahre alte Obdachlose, der sich während des Angriffs in dem Zelt aufhielt, sei aufgrund des Einschreitens des Passanten nicht verletzt worden. Alarmierte Beamte einer Einsatzhundertschaft konnten den 36-jährigen Verdächtigen in der Tatortnähe festnehmen. Er soll noch am Montag einem Richter zum Erlass eines Unterbringungsbefehls vorgeführt werden, hieß es. Ob er für weitere Brandanschläge auf Obdachlose verantwortlich ist, war zunächst unklar. Dies sei Bestandteil der Ermittlungen, so eine Polizeisprecherin.

Seit über zwei Wochen Brandanschläge auf Obdachlose

Seit über zwei Wochen häufen sich Angriffe dieser Art in Berlin. Erst in der Nacht zu Sonnabend wurde das Zelt eines obdachlosen 60-Jährigen in Charlottenburg angezündet, während er darin lag. Eine Radfahrerin verhinderte Schlimmeres, als sie unter der S-Bahn-Brücke an der Straße des 17. Juni die auflodernden Flammen sah und die Feuerwehr alarmierte.

Der Obdachlose erzählte den ermittelnden Polizisten später, dass er gerade einschlafen wollte, als er ein zischendes Geräusch hörte, ähnlich dem eines Feuerzeuges. Kurz darauf habe er Rauch gerochen. Er habe sich daraufhin sein Schlafzubehör und seine persönlichen Sachen gegriffen und das Zelt verlassen.

Jugendliche greifen Obdachlose in Neukölln an

Ende Januar sollen drei Jugendliche beziehungsweise Heranwachsende einen Obdachlosen in Neukölln angegriffen haben. Nach Angaben der Polizei hatten sie das 59-jährige Opfer in einem Park an der Gutschmidtstraße in Britz gewaltsam aus seinem Zelt getrieben. Anschließend sollen sie mit Stöcken auf den wehrlosen Mann eingeschlagen und ihn mehrmals getreten haben.

Als er daraufhin weglief, sollen die jungen Täter seinen Schlafplatz angezündet haben. Trotz der Löschversuche alarmierter Feuerwehrleute brannte das Zelt samt aller Habseligkeiten des Mannes vollständig nieder. Nur zwei Stunden später zündeten Unbekannte ein weiteres Zelt eines Obdachlosen in der Nähe an.

Immer mehr Angriffe auf Wohnungslose in Berlin

Immer mehr Obdachlose werden in Berlin Opfer von Gewalt. 2018 zählte die Polizei 328 Angriffe auf . Im Jahr zuvor hatte die Polizei lediglich insgesamt 272 solcher Delikte erfasst. Die Zahlen steigen seit Jahren kontinuierlich an. Im Jahr 2014 hatte die Behörde nur 110 Gewaltdelikte gegen Wohnungslose gezählt.

Vier Brandanschläge auf Obdachlose in Berlin: Polizei nimmt Verdächtigen fest. Seit über zwei Wochen häufen sich in Berlin die Angriffe auf Obdachlose. Die Polizei hat jetzt einen Mann festgenommen, der ein Zelt anzünden wollte - Berliner Zeitung vom 15. März 2021

--Methodios (Diskussion) 07:01, 16. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]


6. Dezember


Ich musste die Nachricht auch für mich erst verarbeiten und damit innerlich von einem Menschen Abschied nehmen. Am Freitag informierte mich die Kriminalpolizei, dass eine wohnungslose Frau in ihrem Zelt tot aufgefunden wurde. Wir konnten bei der Feststellung der Identität der Frau der Polizei helfen. Die Ursachen die zu ihrem Tod führten wird von der Kriminalpolizei untersucht. Wir kennen die ältere Dame schon seit Jahren, immer wieder versuchte unser Team von Armut und Gesundheit und die Streetworkerin sowie Krankenschwester des Thaddäusheimes die wohnungslose Frau zu motivieren in eine Wohnung, eine Unterkunft, eine sichere und warme Behausung zu ziehen. Sie lehnte dies vehement ab. Jetzt ist sie verstorben wir trauern um und denken an diesen Menschen. Vor fast genau 3 Jahren ist schon einmal eine wohnungslose Frau in ihrem Zelt in Mainz gestorben. Ich möchte und muss deshalb an dieser Stelle an die prekäre Situation all der wohnungslosen Frauen hinweisen. Es gibt zu wenig Notunterkünfte für Frauen ohne Obdach. In Deutschland, in Rheinland-Pfalz und auch in Mainz. Derzeit sind wir in Gesprächen mit dem Sozialdezernat. Die 3 Schlafplätze für wohnungslose Frauen in der von der Stadt Mainz aufgestellten Containersiedlung, für die sich unser Verein immer wieder vehement einsetzen musste, sind alle belegt. Weitere Frauen baten uns dringend um eine Unterkunft. Es gibt eventuell eine Möglichkeit in einer, von der Stadt zusätzlich eingerichteten Übernachtungsmöglichkeit, dies muss dringend umgesetzt werden. Ansonsten müssen die Betroffenen in Hotels untergebracht werden! Ich bin optimistisch das wir dies in der kommenden Woche realisieren können. Denn niemand sollte gerade im Winter im Freien übernachten müssen, insbesondere keine Frau. Frauen sind besonders Gewalt, gerade auch sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Es müssen aber auch über den Winter hinaus mehr Wohnmöglichkeiten für Frauen geschaffen werden. Sie sind die Vergessenen unter der Personengruppe der obdachlosen Menschen. Ca. 40.000 Menschen leben derzeit in Deutschland ohne Obdach im Freien, davon sind ca. 8.000 Frauen. Es muss gehandelt werden und zwar sofort!

Eine Tote mehr weil die Gesellschaft nur an sich denkt. In diesem Fall wollte sie wohl nicht in eine Unterkunft bzw Wohnung, aber all die anderen Frauen. Danke Herr Trabert für Ihren unermüdlichen Einsatz. Die Sozialbehörden sind hier in der Verantwortung. Ich kenne seit 2015 sehr viele Flüchtlinge in Flörsheim, allen wurde Unterkunft zur Verfügung gestellt. Viele sind in schönen Wohnungen untergebracht. Warum hilft man nicht den Obdachlosen. Gemeinschaftsunterkünfte sind menschenunwürdig, das geht garnicht. Insbesondere z.Zt. wegen Corona. Manche Leute riechen streng und man wird beklaut. Kursfristig kann man doch Unterkünfte in Hotels oder Containern anbieten

Es muss einfach ein Recht auf Wohnraum geben. So wie in Finnland. So viele andere Probleme wären damit gelöst. Es tut mir sehr leid diese Nachricht zu lesen. Mein aufrichtiges Beileid allen Hinterbliebenen und allen, die versucht haben zu helfen.

Ja von wegen Deutschland geht es ja so gut alles nur gelogen dem Staat vielleicht aber den Menschen nicht

Leider haben wir hier in HH seit gestern einen weiteren Toten zu beklagen, der den Menschen ohne Obdach zuzuschreiben ist. Es ist erschütternd, dass unsere Sozialbehörde und weitere bundesweit nicht angemessenen Schutz anbieten! Diese Menschen lassen sich schwer verorten, vor allem aber lehnen sie Sammelunterkünfte aus gutem Grund ab! Einer großzügigen Spende eines Hamburger Unternehmers ist es zu verdanken, dass Hotelzimmer gestellt werden konnten. Dieser Zeitraum ist begrenzt! Es muss darüber hinaus gehandelt werden. Gerade wie oben erwähnt, sind Frauen besonders gefährdet auf den Straßen. R.I.P. Unbekannter Mensch!

Es wird gute Gründe geben, warum Obdachlose und insbesondere Frauen, Unterkünfte ablehnen. Es braucht noch niedrigschwelligere Angebote, die möglichst mit ihnen zusammen entwickelt werden sollten. Warum nicht in Parks und anderen geeigneten Stellen saubere isolierte und heizbare Schlafboxen aufstellen?

Hans Salzburg mir hat eine Frau, die ich öfter getroffen hab, gesagt, dass sie dort als erstes immer beklaut würde, drum will sie da nicht hin. Ein Jahr später hatte sie einen festen Freund und für ein Pärchen gibt es wohl nur getrennte Unterkünfte. Drum schlafen sie lieber im Freien auch wenn es viel zu kalt ist.

habt ihr nicht gelesen mehr als 50 % möchten keine feste Wohnung uns lehnen dies ab. Lasst die Menschen doch selbst entscheiden und unterstützt sue mit Kleidung uns Decken.

ein Club ist keine Wohnung. Es geht um eine Notunterkunft damit niemand im Winter erfrieren muss z.b. wenn es Minusgrade sind reichen Kleidung und Decken einfach nicht aus. Natürlich soll es ein freiwillig Angebot sein alles andere wäre anmaßend.

Ist das die Dame die oben an der Hechtsheimer Str. ihr Lager hatte? Man hat sie dort immer mit einem Einkaufswagen gesehen

Der Tod dieser Dame sollte uns als Gesellschaft zum Handeln bringen.

Die Umstände in dieser Zeit lassen einen Angst und Bange werden. Heut zu Tage ist eine bezahlbare Wohnung ein echter Luxus, man lebt immer mit einem Bein auf der Straße.

das stimmt da hast du vollkommen Recht. Es kann nicht sein das es möglich ist die Mieten so hoch zu schrauben das nur noch vermögende Menschen sich diese leisten können. Selbst mit einem schon überdurchschnittlich Einkommen ist es in manchen Großstädten nicht möglich eine vernünftig sanierte durchschnittliche Wohnung zu bekommen. Da redet keiner von einem Luxus-Apartmen. Das ist mehr als Traurig...und macht mich stink Sauer

man braucht nur seine Arbeit zu verlieren und schon kommt man in eine Schraube. Eine bezahlbare Wohnung, findet man so selten.

Das ist es ja... Wenn man da an die ganzen selbstständigen denkt dreht sich bei mir der Magen um

es gibt viele Gründe. Psychische z. B. In viele Einrichtungen für Frauen dürfen Hunde nicht mit, was ein wichtiger Grund ist, nicht in die Einrichtungen zu gehen. Übergriffe aller Art sind ein weiterer Grund. Es gibt so viele Gründe, ich persönlich kann jeden einzelnen nachvollziehen.

Ich habe gestern im Main-Echo von einer verwahrlosten Unterkunft gelesen, für welche die Stadt auch noch 250 Euro Miete haben wollte. Für ein Bett! Das genau sind die Probleme. Die Unterkünfte sind unter aller Sau und jede Stadt fühlt sich nur für ihre eigenen Mitbürger zuständig. Kommt man aus einer anderen Stadt, wird man nicht aufgenommen. Die Verwaltung ist eine Katastrophe und die Unterkünfte meist in einem verwahrlosten Zustand, ebenso Männer und Frauen zusammen in einem Schlafzimmer. Hygiene ein Fremdwort! Da schlafen sie lieber draußen! Und man wird beklaut! So lange das Gesetz die Stadt nur verpflichtet einen Schlafplatz zur Verfügung zu stellen, egal, wie der aussieht, wird sich nichts ändern und schon gar nicht, wenn keine Kontrollen eingeführt werden. Es ist sehr schade und wenn die Frau auch noch eine Familie hatte, die sich nicht zuständig fühlte, dann ebenso ein Fehlverhalten unserer Gesetze. Es gibt Obdachlose, die haben sehr wohl eine Familie, aber die weigert sich diese zu unterstützen bzw. aufzunehmen, obwohl sie Platz genug haben. Aber kein Gesetz verpflichtet sie dazu, wenn sie sich weigern. Und sie schämen sich nicht einmal....R.I.P.

Weil das alles zweckgebunden ist. Wenn eine Containersiedlung mit öffentlichen Geldern für Asylbewerber für xx Jahre finanziert wurde, ist sie auch diese Zeit gebunden an Asybewerber. Sie darf schlicht nicht für Obdachlose zur Verfügung gestellt werden. Behördenkram...

im Fachjargon: "aus Statusgründen nicht möglich"

3 Plätze ist echt übel. Hier sind es zum Glück ein paar mehr. So traurig das die ersten schon wieder gestorben sind.

Sozialarbeiter sind von den Behörden im Stich gelassen. Inzwischen nennen sie sich selbst schon Sterbegleiter...in Hamburg. Woanders wird weniger darüber gesprochen und protestiert.

ist in Berlin nicht anders (ich war dort drei Jahre in der WG Naunynstraße bei Christian Herwartz, dem spiritus rector der Exerzitien auf der Straße). Hier in Dresden an der Elbe wird immer noch vehement versucht, das gewaltige Versagen von Politik und Gesellschaft mit professionellen, fadenscheinigen und faulen Ausreden, Dampfplauderei und Dummschwätzerei zu verstecken. Man darf auf der Straße sterben, ja - nur nicht darüber sprechen.

mir tut es im Herzen weh, soetwas lesen zu müssen....d.Thematik Obdachlosigkeit beschäftigt mich schon als Kind, da in meinem Elternhaus des öfteren Obdachlose kamen und eine warme Mahlzeit u. auch ab und zu eine Möglichkeit für eine Übernachtung bekamen....inzwischen hat sich alles i.d. Stadt verlagert.... diese Frau muß wohl schon schwere Enttäuschungen erlebt haben, sodaß sie kein Vertrauen fassen konnte bzw. d. Unterbringung in Unterkünften f. Obdachlose für sie wohl als nicht geeignet erschien...... gibt einige Dokus über Obdachlose, die die Motive aufzeigen, warum sie sich dort nicht wohl fühlen....will es aber nicht pauschalieren...........ich verstehe es aber nicht, warum wir es nicht schaffen, für diese Menschen eine menschenWÜRDIGE Unterkunft zu schaffen.....Norwegen machts vor.....ebenso gibt es in Graz das Vinzidorf v. Pfarrer Pucher.....ein Containerdorf, wo Menschen auch ihre Tiere (bester Freund u. Begleiter) mitnehmen können u. auch Alkohol erlaubt ist...oft stellt sich nach einiger Zeit Besserung ein, da sie so angenommen werden wie sie sind.....und es steht keinem zu, darüber zu urteilen, wenn man die Hintergründe nicht kennt.....auch in Salzburg wurden jetzt kl. Starterwohnungen f. Obdachlose gemeinsam mit der Caritas gebaut....und sie haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht.....einige konnten sich schon stabilisieren u. fanden sogar einen Arbeitsplatz...und konnten sich so wieder eine eigene Wohnung leisten...nur wer Privatsphäre u. Sicherheit hat, kann sich auch wieder stabilisieren....um d. Ausfälle aufgrund Covid abzufedern gibt es Mrd.....was wäre schon dabei, auch für diesen Teil unserer Gesellschaft ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen....bei uns gab es vor kurzem ein kl. Weihnachtswunder.....ein Bergbauer war bedroht von einer Versteigerung....ein Journalist schilderte seine Situation u. machte einen Sammelaufruf........und innerhalb kürzester Zeit war die erforderliche Summe beisammen....ich glaube nach wie vor an das Gute im Menschen u. was alles möglich ist....sehe aber auch wie die Schere immer weiter auseinanderklafft, Gruppierungen gegenseitig ausgespielt werden u. die wirtschaftliche Lage auch schwieriger wird u. immer mehr Konflikte weltweit entstehen....da sich die Politik nicht verantwortlich fühlt wär es viell. sinnvoll Gleichgesinnte in einer Gruppe zu bündeln, Ideen u. Lösungsansätze zu sammeln u. dann mit einem Konzept d. Politik auch in die Pflicht nehmen, dieses zu unterstützen....ich glaube aber, daß auch gebündelte private Hilfe auch einiges bewirken könnte... so könnten sich Hobbybastler, Studenten u. alle Interessierten daran beteiligen....u. viell. könnte man auch an die Tür so mancher Großkonzerne anklopfen u. um eine Spende bitten.....bzw. könnte man bei diesem Projekt auch Betroffene miteinbinden....möge diese Frau ruhen in Frieden!

SWR Aktuell hat ja inzwischen berichtet, dass das Obduktionsergebnis feststeht, und die Frau erfroren ist. Wogegen in Köln ein Obdachloser nach wie vor in Lebensgefahr schwebt (https://ga.de/.../koeln-suedstadt-obdachloser-im-schlaf...). Vor vier Jahren gab es schon mal einen Fall wo ein junger Obdachloser zuerst verprügelt, und dann angezündet wurde, und starb. Ich hoffe dass der Mensch der am Severinswall auf Platte gemacht hat überlebt.

  • Mit lebensgefährlichen Brandverletzungen ist am frühen Samstagmorgen ein 44-jähriger Obdachloser in eine Klinik eingeliefert worden. Bisher nicht ermittelte Täter hatten den Mann an seiner Schlafstätte - einer öffentlich zugängichen Toilettenanlage am Severinswall in der Kölner Südstadt - angezündet, während der Mann schlief. Die Mordkommission der Kölner Polizei, die am Wochenende eingerichtet wurde, um die Umstände zu ermitteln, sucht nach weiteren Zeugen für die Tat. Aktuell wird nach dem Kenntnisstand der Kölner Polizei das Opfer weiter intensivmedizinisch behandelt. Der Mann sei auch zwei Tage nach der Tat nicht vernehmungsfähig, sagte Pressesprecher Christoph Gilles am Montag. Nach ersten Erkenntnissen soll sich die Tat in den Nachtstunden ereignet haben. Gegen 9 Uhr hatte der 44-Jährige mit augenscheinlichen schweren Brandverletzungen auf dem Chlodwigplatz eine Bekannte um Hilfe gebeten. Die Zeugin hatte daraufhin Rettungskräfte alarmiert. Ein hinzugezogener Notarzt ließ den lebensgefährlich Verletzten in eine Klinik einliefern. Obdachloser in Köln angezündet. Brandopfer schwebt weiter in Lebensgefahr RP-online 7. Dezember 2020 - Köln Nachdem ein Obdachloser in der Nacht von Freitag auf Samstag im Schlaf angezündet wurde, sucht die Polizei nach Zeugen. Das Opfer schwebt weiter in Lebensgefahr. Von Michael Wrobel und Anja Wollschlaeger

Ein Recht Herzliches Dankeschön an alle die sich für andere Aufopferungs voll kümmern Leider gibt es immer noch soooo viele Menschen die glauben in Deutschland ist man selber Schuld wenn man auf der Straße ist. Die Äußerungen immer :Jeder der will ,bekommt Arbeit... Oder: in Deutschland bekommt jeder Hartz4. Ich selber Stande von heute auf morgen auf der Straße. Kein Geld, nix. Niemand von den Ämtern war angeblich für mich zuständig. Frauenhäuser, ... ja die gab es bei mir. Jedoch kosten diese pro Nacht 11.80€ Aber wovon bezahlen? Außerdem waren diese Überfüllt genauso wie das Obdachlose Heim. Es war zu dieser Zeit Nachts 3° draußen. Nur einer beherzten Mutter , von den Freunden meiner Tochter , habe ich es zu verdanken daß es mir heute wieder gut geht. Denn sie hat ohne Nachzudenken , und ohne mich zu kennen ihre Tür geöffnet und mich in ihr Haus gebeten. Sie schenkte mir Monate von Herzlicher Obdach. Auch ich hätte nie gedacht daß manche Schicksale dazu führen können das man durch das Soziale Raster fällt. Doch leider ist es so. Deswegen nochmals... Danke Danke Danke

hätte ich keine freunde, wäre auch ich im juli auf der straße gelandet. es ist eine schande, wie es hierzulande zugeht in sachen "christlich" und "sozial" und so müde ich es bin, ich werde lauter werden müssen. deine reichweite lieber Gerhard Trabert könnte mir helfen, einen ehrenwerten, intelligenten rechtsanwalt für mietrecht zu finden und/oder einen investigativen journalisten. ich dachte es hätte ihnen nun genügt, mir mit unlauteren mitteln, mein zuhause zu nehmen, mich finanziell auszubluten und mein leben ernsthaft in gefahr zu bringen. nein sie bringen gerade ein folgeklage in gang und ich kann dringend echte hilfe brauchen. mein youtube-video aus 2/20 schildert was passiert ist. es ging leider nicht kürzer. mein goliath ist die kath.ki. - vorrangig köln und es reicht einfach. ................ wie hieß diese frau - wie war ihr vorname? ich wüsste ihn gern. möge sie eine schöne reise über den regenbogen haben. .....auf der anderen seite sind schon eine menge liebster menschen...... "die würde des menschen ist unantastbar" - om ami dewa shri.

Ja, auch mir wäre das beinahe passiert. Die Dame auf dem Amt drückte mir einen Zettel in die Hand: Was beachten bei Obdachlosigkeit! Und das weil meine Wohnung ein paar Euros über dem Satz lag.



8. Dezember

Wir dürfen Armut niemals gegen Armut ausspielen. Wir müssen uns für die ältere deutsche wohnungslose Frau genauso engagieren wie für den jungen syrischen Mann mit einer schweren Körperbehinderung der vor dem Krieg geflohen ist.


10. Januar

Heute konnten wir die ersten Patienten behandeln. Sie leben in einer alten verkommenen dreckigen Fabrikhalle, düster, dunkel, kalt und nass. Rauch, von vereinzelten offenen Feuerstellen, zieht immer wieder in dicken Schwarten durch diesen unwirklichen Ort. Ich spüre ein Gefühl der Beklemmung und Scham beim Eintritt. Es macht mich sehr betroffen und traurig, dass Menschen so leben müssen. Müssen? Wir behandeln viele Patienten mit Skabies und infizierten Wunden. Alle sind sehr dankbar und freundlich. Ich setze mich nach unserer Sprechstunde mit einer kleinen Männergruppe, die mich dazu einladen, an eine offene Feuerstelle, die etwas Wärme spendet. Alle kommen aus Afghanistan und leben seit Wochen an diesem lebensfeindlichen Ort. Es ist ein Moment der Ruhe und menschlichen Nähe, ein Moment des Begegnens von Mensch zu Mensch, obwohl uns Welten scheinbar trennen.


11. Januar

Heute waren wir in der sogenannten Altersheimruine in Bihać. Dort leben ca. 110 geflüchtete Menschen, meistens aus Pakistan stammend. Ein unwirklicher Lebensort, düster, dunkel, überall Müll, Schlamm, Rauchschwarten ziehen von den offenen Feuerstellen durch dieses fragile Gebäude, Graffiti an den Wänden, offene Schächte die überall lauern und vom 4. Stock in den Abgrund führen, Pfützen und Schnee, und Menschen, überall Menschen. Wir finden Hassi, ein junger Pakistani der von Beruf Ingenieur ist und dazu noch Pharmazie bei seinem Onkel etwas lernte, gut Englisch spricht und uns die folgenden 2 1/2 Stunden begleiten wird. Wir sind ein 5-köpfiges Team. Tobi ist Altenpfleger, Angelika Krankenschwester, Irma Ärtzin, Alea "unsere" Fotografin und ich. Wir behandeln zahlreiche Patienten mit Hauterkrankungen und Wunden, teilweise superinfiziert und vereitert, viele mit Skabies und Pilzerkrankungen. Wiederum behandeln wir, wie gestern, etliche Patienten mit Erkrankungen der oberen Atemwege, Harnwegsinfekten, Bluthochdruck, Magenbeschwerden und viele mit Zahnschmerzen. Es wird langsam dunkel und immer kühler. Die Patienten sind dankbar und freundlich. Sie bieten uns ihr selbst gebackenes Fladenbrot und Tee an. Das Fladenbrot schmeckt sehr gut. Es ist 16 Uhr, die erste Mahlzeit an diesem Tag für die Bewohner dieser Ruine. Ich frage einzelne Männer, wielange sie den schon hier leben müssten? Erschreckende Antwort eines Patienten: 3 Jahre. 3 Jahre in dieser Hölle und dies mitten in Europa. Mir fehlen wie so oft die Worte.....

Es ist ein Geschäft! Milonen Fliesen nach Bosnien für dieser Menschen! Es wird unter Politiker verteilt! Bosnische Staat hat ein exklusive Vertrag mit z.b Audi Konzern ! Und wo endet das Geld am Ende ? Wieder in Deutschland!Ich bin von Bosnien 92 als Flüchtling nach Deutschland gekommen 12 Jahre Duldung und Abschiebung waren schlimmer als 3 Jahre Krieg! Habe immer gearbeitet, Steuer bezahlt auf Grund Duldung 2 mal Obdachlos gewesen!

2017 waren diese Menschen schon einmal im Fokus, es war in den Nachrichten..... Und nichts hat sich geändert. Was soll man dazu noch sagen. Bin einfach dankbar, dass ihr dort seit und ein kleiner Trost für die Menschen dort.


12. Januar

Heute fuhren wir mit dem Arztmobil nach Kladusa ca. 50 km von Bihać entfernt. Endlich konnten wir, auch ohne offizielle Genehmigung, unser fahrbares Sprechzimmer nutzen. In der Nähe der Stadt Kladusa leben ca. 60 geflüchtete Menschen, meinst aus Bangladesch stammend, verstreut in einem Waldstück. Sie haben sich dort aus Planen, Plastikfetzen und Holzteilen kleine hüttenähnliche Behausungen geschaffen. Geflüchtete Menschen die aus Bangla Desh stammen zählen zur untersten "Kaste" unten den Flüchtlingen. Sie sind die Ärmsten unter den Armen. Dann gibt es noch eine weitere 20 Mann große Gruppe die in einem baufälligen Schuppen versucht zu überleben. Die dritte, ca. 15 Mann starke Gruppe, kommt aus Marokko und Algerien und haust in einer verdreckten und mehr an eine Mülldeponie erinnernde Fabrikhalle. Wir behandeln zahlreiche Patienten. Einen jungen Mann aus Bangladesch mit einer infizierten Hundebisswunde, eine lebensgefährliche Wunde. Ein junger Mann aus Marokko kommt zu uns, der eine massive Verbrennung am gesamten Körper erlitten hat. Die Verbrennungen führten zur Amputation der Fingerendglieder und zu Kontrakturen. Grund dieser Verbrennung: Die bosnische Polizei hat, nach glaubhaften Angaben der Betroffenen, die in der Fabrikhalle aufgestellten Zelte angezündet. Dies diente der Vertreibung der geflüchteten Menschen. Bei dieser unglaublichen Polizeiaktion kam es dann zu diesen massiven lebensbedrohlichen Verbrennungen, die jetzt an zahlreichen Hautstellen Entzündungen zeigen. Jeden Tag erfahren wir von neuen Horrorerlebnissen geflüchteter Menschen in Bosnien. Es macht unglaublich wütend und traurig zugleich.


13. Januar

Das berüchtigte und abgebrannte Flüchtlingslager Lipa liegt absolut isoliert, weit weg von der nächsten Stadt, in ca. 750m Höhe in einem hügeligen Waldgebiet. Schnee, Eis, Wind und Kälte dominieren dort. Ein lebensfeindlichen Ort. Ein Ort der jedem der dort Leben muss, sofort signalisiert: "Du bist hier nicht erwünscht." Zudem gibt es in dieser Waldregion Wölfe und Bären, die geflüchtete Menschen schon getötet haben. Wir treffen die Deutsche Botschafterin von Bosnien-Herzegowina die sich mit einer internationalen Delegation einen Eindruck vor Ort verschaffen möchte. Sie möchte uns bei der Genehmigungsbeantragung medizinisch tätig sein zu dürfen unterstützen. Die Delegation wird von zahlreichen Medienvertretern interviewt, während im Hintergrund geflüchtete Menschen in einer Warteschlange, teilweise mit Flip-Flops an den Füßen, im Schnee für einen warmen Tee anstehen. Es fehlen sanitäre Anlagen, es gibt keine Duschen, obwohl SOS Bihać Dusch-Container aufstellen könnten, dies ihnen aber verboten wird. Danach fahren wir frustriert über das Verhalten der politisch Verantwortlichen, in die "Altersheim-Bauruine" und behandeln wieder die zahlreichen Patienten aus Pakistan und Afghanistan zwischen Müll, Dreck, Rauchschwarten, Schnee und Eis. Ein apokalyptisches Szenario.

19. Januar

Das Leid ausgegrenzter Menschen holt uns auch in Deutschland sofort wieder ein. Schon auf der Heimfahrt erfahren wir, dass ein jüngerer wohnungsloser Patient in Mainz in einer öffentlichen Toilette Tod aufgefunden wurde. Wir kennen diesen Menschen schon seit Jahren. Die Ursache für seinen viel zu frühen Tod ist noch unklar. Es finden hierzu noch rechtsmedizinische Untersuchungen statt. In diesem Winter sind damit schon 3 wohnungslose Menschen in Mainz verstorben. Eine ältere Frau in ihrem Zelt, ein Mann im Krankenhaus und jetzt dieser jüngere wohnungslose Mann in einer Toilette. Gibt es einen schlimmeren, unwürdigeren Ort als auf einer öffentlichen Toilette zu versterben? Wir trauern um ihn!

Die Leute fühlen sich von der Gesellschaft verarscht, wer sich verarscht fühlt, will nicht mit noch mehr Exemplaren gedrängt in Wohnheimen wohnen. Wenn die könnten, hätten sie Blockhütten im Wald. Der Staat hat de facto stets alle im Griff. Es gibt Leute, denen werden Wohnugen zugeteilt, die ziehen da gar nicht ein.

Elend und Armut gibt es leider überall auf der Welt, jedoch in einem so reichen Land wie unseren ist es mehr als beschämend.

Ohja!Er ist bekannt!!,Daniel/Bogdan sind auch Traurig!Nun ist Ukasch beim Dreieinigen Chefarzt!!

Ich hätte da mal eine Frage. Auf die schnelle habe ich jetzt gesehen das es anscheinend 6 Obdachlosenheime in Mainz gibt. Warum gehen diese Männer denn dann lieber auf ein Klo zum schlafen bei der Kälte und nicht da hin?

Richtig ist, dass nicht alle Obdachlose in eine Notunterkunft wollen. Manche Hilfsorganisationen verteilen deshalb Zelte und Schlafsäcke. Dann gab es jahrelang auch Probleme bei obdachlosen EU-Bürgern, die oft keine Notunterkunft fanden: "Nicht wenige Obdachlose wollen aber gar nicht in eine Unterkunft, weil sie sich dabei namentlich registrieren lassen müssen, weil sie weder Alkohol noch Hunde in die Schlafstätten mitbringen dürfen. Das schreckt ab und die Leute bevorzugen daher den Aufenthalt irgendwo draußen in Zelt und Schlafsack. [...] Vor fünf Jahren habe man mit den Behörden nicht einmal darüber reden dürfen, dass immer mehr Polen in die Notschlafstellen kämen, berichtet Robert Veltmann, Geschäftsführer der Gebewo. Die Träger hätten Angst gehabt, dass ihnen die Mittel gestrichen würden, wenn sie dieser Klientel helfen. „Heute redet die ganze Stadt darüber“, so Veltmann. Die osteuropäischen Obdachlosen sind hier so viele geworden, dass weggucken nicht mehr geht"

https://taz.de/Obdachlose-aus-Osteuropa-in-Deutschland/!5568227/

Lesen Sie mal das Buch "der Straßendoc" von Herrn Trabert. Das beleuchtet einige Details der psychischen Situation der Menschen die alles verloren haben und so leben. Manchmal ist es einfacher alleine auf einer Toilette zu übernachten als in einer solchen "Unterkunft" gegebenenfalls Gewalt, aber auf jeden Fall Schmutz, Überfüllung und Missachtung zu entgehen. Natürlich ist das nicht überall so. Aber das gibt es eben auch.

Wie beschämend für unsere Gesellschaft! Was zählt noch ein Menschenleben? So traurig und wir müssen endlich alle auch für unsere Mitmenschen da sein.

Für ein würdiges Leben gibt es in Deutschland kein Platz! Das interessiert kein Politiker;und das in einem reichen Land! Das ist beschämend,es sind doch auch Menschen die auf der Straße leben

warum Leute sich ausgegrenzt fühlen und von sich aus nichts mehr mit der Geselschaft zu tun haben wollen, kann man u a im Buch von Norbert Blüm nachlesen, darin Erfahrunngen, die solche Leute gemacht haben:

Gerade vor Familiengerichten wird gelogen, dass sich die Balken biegen - und niemanden kümmert es. Norbert Blüms erste Vermutung, es handele sich bei den bekannten Fällen um Einzelfälle, bestätigte sich mit seiner genaueren Recherche nicht. Vielmehr ist von einem System auszugehen, denn die Vielzahl der Fälle zeigt: Die Wahrheit interessiert weder Richter, die allzu oft auf hohem Ross sitzen, noch Anwälte, die mit viel Geld das Recht nach Belieben verdrehen. Und die Mittel der Politik reichen offenbar nicht aus, dass vor allem die sogenannten "kleinen Leute" den Funken einer Chance besitzen, ihr Recht zu bekommen. Aus der Bestürzung und Empörung über diese Zustände ist dieses Buch entstanden, das aufrütteln und dem Recht wieder zu Recht verhelfen will.

Mein tief empfundenes Mitgefühl 🕊 Es ist einfach nur noch entsetzlich. Wir sind eines der reichsten Länder dieser Erde jeder Mittelständler hier ist reicher als 80% der Menschen der Welt. Trotzdem schaffen wir es nicht die schwächeren unserer Gesellschaft zu retten.

Wie kann man den Staat hier denn endlich in die Verantwortung nehmen? In Bayern gilt, das jeder ein Recht auf eine Wohnung hat. Trotzdem bekommen hier viele nur die Notschlafstelle und das auch nur, wenn sie ohne Hund kommen, sich rechtzeitig angemeldet haben und nüchtern sind. Ach ja, und die Anzahl der Tage, die jemand pro Jahr in Anspruch nehmen darf, ist auch begrenzt.

Sehr traurig, so allein und auf diese Weise zu sterben. Die Frage stellt sich, wie die Gesellschaft mit diesen Problemen umgehen soll. In Dresden, in der Nähe unserer Wohnung entsteht beispielweise gerade ein neues Heim für Obdachlose. Das Heim am Emerich- Ambros- Ufer gab es schon früher. Man kann also nicht behaupten, dass nix getan wird. Aber vmtl. sind die Menschen häufig seelisch krank und haben Alkoholprobleme. Im Sommer ist das alles zum Aushalten, aber jetzt in der kalten Jahreszeit wird es immer wieder prekär für diese Menschen. Vielleicht könnte man einen Notruf für sie einrichten?

Wohnungslose brauchen Wohnungen und keine Kasernierung unter unmenschlichen und gefährlichen Bedingungen (Trunksucht, Drogensucht, Gewalt, Diebstahl, Pandemie, sexuelle Ausbeutung etc.) - sowas hilft doch in erster Linie dem Geldbeutel des Betreibers - und das Amt hilft, dem die Nutzer zuzutreiben. Dresden hätte nicht die Anzahl städtischer Wohnungen von über 100.000 auf nahezu Null fahren dürfen (60.000 mit einem Schlage verkauft!). Die Mieter wurden von der eigenen Stadt verraten und verkauft - zum Wohle des Stadtsäckels und für "Betongeld" in Niedrigzinszeiten: Mietzinsgewinne statt Zinsen. Sowas nenne ich mal eine gelungene städtische Asozialpolitik.

https://de.wikipedia.org/wiki/Housing_First

soetwas ist unsagbar traurig....ich habe vor einiger Zeit einen Artikel gelesen, daß Norwegen od. Finnland kleine Wohnungen f. Obdachlose zur Verfügung stellt (housing first)...das gibt den Betroffenen Sicherheit u. Stabilität u. Ruhe, was sich wiederum auf d. physische u. psychische Gesundheit positiv auswirkt...manche schaffen es sogar wieder, ins Berufsleben einzusteigen.....dies verursacht langfristig sogar weniger Kosten u. das ist es dem Staat auch wert. Ich versteh einfach nicht...für so Vieles ist Geld vorhanden....auch in Österreich gibt es ein paar lobenswerte Projekte: so hat Pfarrer Pucher in Graz das Vinzidorf installiert, in dem Obdachlose in einem Containerdorf aufnahm, auch Alkohol war erlaubt, der sich sogar bei manchen reduziert hat u. deren Haustiere und bester Freund durfte mitkommen....was nicht erlaubt ist: Drogen u. Gewalt in Wien gibt es eine schöne Unterkunft f. Obdachlose, gegründet v. Cecil Corti, die sehr gönnerhafte Unterstützer kennt....ebenso hat d. Caritas ein Projekt ins Leben gerufen "Magdas Hotel"...es wird großteils von Flüchtlingen versch. Nationalitäten betrieben...sie können dort auch Ausbildungen im Tourismus u. Gastgewerbe machen u. bekommen so auch weitere Beschäftigungsmöglichkeiten f. später. Wenn d. Politik d. Menschen wirklich am Herzen lägen, so würden sie auch für diese Menschen, deren Lebensschicksal oft sehr hart ist, auch brauchbare Lösungen finden.....und oft sind die von Privatpersonen oft die besseren, da sie mit dem Verstand u. Herz getroffen werden. Danke Hr. Dr. Trabert u. Ihrem Team für Ihre unermüdlichen Einsätze f.d. Menschlichkeit in dieser so "kalten" Zeit! ...... gleiche Thematik gilt ebenso f.d. Situation d. Flüchtlinge...ich glaube, dass die Hilfsbereitschaft viel größer ist, als wir glauben....viell. sollten wir viel geschlossener für diese Menschen eintreten...

ja, so kann es gehen. Projekte und Einrichtungen müssten sich individueller an die Bedürfnisse der Menschen anpassen. Dann sind die Chancen höher die Menschen zu erreichen.

housing first gibt es auch hier nur leider ellenlange Listen! (NRW Wuppertal/Neviges)

http://www.berber-info.de/index.php

17. Januar

Wir sind wieder in Deutschland, wir sind Zuhause, denn wir haben ein Zuhause. Eine offizielle Genehmigung für unsere medizinische Hilfe erhielten wir nicht. Trotzdem haben wir über 200 Behandlungen durchgeführt. Am häufigsten haben wir Wunden, Hauterkrankungen, und hier insbesondere Krätze (Skabies) behandelt. In einigen Fällen mussten wir auch Antibiotika einsetzen, ohne deren Wirkung es zu schweren Krankheitsverläufen gekommen wäre. Ich danke unserem Team für die tolle Zusammenarbeit. Ich danke Natascha, Angelika, Tobias und Bernd. Und wir bedanken uns ganz herzlich bei bosnischen Hilfsorganisation SOS Bihac für die Unterstützung unserer Arbeit. Wir werden über die Deutsche Botschaft in Bosnien eine offizielle Genehmigung beantragen, dies hatte uns die Deutsche Botschafterin angeboten. Wir konnten mit den mitgebrachten hochwertigen Schlafsäcken, Isomatten, Unterwäsche, Handschuhe, Mützen, Schals, Windeln, Hygieneartikel u.v.m. zahlreichen Menschen in ihren katastrophalen Unterkünften, den Schlafplätzen im Freien, etwas Hilfe zukommen lassen. Wir haben für andere Hilfsorganisationen und zukünftige medizinische Einsätze zahlreiche Medikamente und Verbandsmaterial übergeben. Wir haben im Lager von SOS Bihac leider aber auch sehen müssen, was alles aus Deutschland an minderwertigen Hilfsgütern gespendet wurde. Beispielhaft habe ich einen Wanderschuh fotografiert, dessen Sohle sich ablöste. Viele Schlafsäcke sind überhaupt nicht wintertauglich. Zum Teil hatte man das Gefühl, dass minderwertige Sachen „gespendet“, eher entsorgt wurden und man sich keinerlei Gedanken darübermachte, dass dies keine wirkliche Hilfe für die Menschen in Bosnien ist, im Gegenteil, sogar eine Gesundheitsgefahr darstellt. Es dient wohl eher der Beruhigung des eigenen Gewissens. Auf unsere Forderung nach sofortiger Evakuierung der Menschen aus diesen menschenunwürdigen Lebensverhältnissen bekamen wir von politischer Seite immer wieder die Antwort: „Das ginge nicht, denn damit würde man ja die Büchse der Pandora öffnen, und alle Menschen würden dann nach Europa flüchten!“ Die Büchse der Pandora ist für die tausenden Menschen auf ihrer Flucht nach Europa, durch das Versagen Europas, schon längst geöffnet. Ich bin davon überzeugt, dass unter diesen Lebensbedingungen in Bihac, in Lipa, in Kladusa, in Bosanska Bojna schon Menschen gestorben sind, ohne dass dies öffentlich thematisiert wurde. Auf Lesbos habe ich den verborgenen Friedhof für geflüchtete Menschen gesehen. Wo und von wem werden die Menschen in Bosnien begraben, und wie? Es bleiben die Begegnungen, die Ohnmacht und Melancholie dieser menschenverachtenden Politik gegenüber. Es bleibt die tief empfundene Demut und Dankbarkeit ein wenig Menschlichkeit den vergessenen geflüchteten Menschen in Bosnien erwiesen haben zu dürfen. Es bleibt das gemeinsame Essen in der Altersheim-Rohbauruine, von selbst gebackenem Fladenbrot, dass die geflüchteten Menschen uns sofort anboten. Es war ihr Frühstück um 16 Uhr, die einzige Mahlzeit und dennoch war es keine Frage für sie dies mit uns zu teilen. Und wir? Wir reichen Europäer sind wir bereit zu teilen, um Menschen in Not zu helfen? Wir werden wiederkommen und wir werden diese Ungerechtigkeit in Deutschland immer wieder thematisieren! Ob dies etwas nützt entscheidet jeder und jede für sich selbst.


27. Februar 2021

Wir sind alle sprachlos und traurig. Wieder sind zwei "unserer" wohnungslosen Patient*innen verstorben. J.S. eine junge Frau und T.K. ein Mann. Beide sind in einer Unterkunft, die die Stadt Mainz in diesen Tagen zusätzlich zur Verfügung gestellt hat, verstorben. Natürlich stellt sich dann immer die Frage: Warum? Oder wer ist schuld? Es geht nicht um Schuldzuweisungen, keiner ist Schuld oder sind wir alle auch etwas schuldig bzw. besser formuliert, vielleicht ein Stück mit verantwortlich? Beide wohnungslosen Menschen wurden gut versorgt. Und sie haben mir immer wieder vermittelt wie dankbar sie für diese Wohnmöglichkeit sind. Es ist einfach eine zentrale Realität, dass ein Leben auf der Straße, ein Leben ohne eigenes Zuhause an der Physis und der Psyche des betroffenen Menschen zehrt. Als Arzt frage ich mich natürlich auch immer wieder neu, habe ich etwas übersehen, zu spät gehandelt, nicht vehement genug auf einer weiteren Abklärung von Krankheitssymptomen oder auch einer stationäre Krankenhausbehandlung bestanden. Demgegenüber steht aber auch ganz eindeutig der eigene autonome Wille des betroffenen Menschen, dessen Entscheidung Hilfe, Weiterbehandlung anzunehmen oder auch zu suchen. Viele Fragen können nicht endgültig beantwortet werden! Wir müssen aber selbstkritisch bleiben und immer wieder unser Handeln hinterfragen ohne selbstzerstörerisch zu sein, aber kritisch! Wir werden Frau J.S., die anderen wohnungslosen Menschen gegenüber immer sehr fürsorglich gewesen war und mich oft bat nach ihnen zu schauen und Herrn T.K. der ein introvertierter, zurückhaltender liebenswerter Mensch war, nicht vergessen.

Wenn man von Schuld reden will, dann ist muss man darüber schreiben, dass die Wohnungslosigkeit die Hauptursache ist. Leider muss ich immer wieder feststellen, dass die Verantwortlichen sich nicht einmal ansatzweise bemühen, genügend Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Bezahlbaren Wohnraum! Es wird immer viel gequatscht, vor allem vor den Wahlen, aber getan wird nichts. Bei uns wird viel gebaut, aber nur für Gutverdiener und hauptsächlich Eigentumswohnungen. Und jeder ist sich selbst der Nächste. Viele Vermieter sind nur noch unverschämt und die Regierung sieht zu. Wer kann schon 800 Euro für eine Wohnung ausgeben? Und die Jobcenter leben noch immer in der Vorstellung, dass eine Wohnung nicht mehr als 400 Euro kosten darf. Lieber steht die Wohnung leer und das ist dann der ganz große Skandal.

vorallem ist auch das jobcenter oft schuld an der wohnungslosigkeit der menschen durch die Sanktionen.

gaaanz vorneweg ist Peter Hartz schuld - verurteilt zu einer Geldstrafe von 360 Tagessätzen à 1600 € (wobei er den Mit-Menschen keine 16 Euro am Tag gönnt) - und dann natürlich die Sozialdemokraten - die haben die Menschen mal wieder verraten (und bekommen grad die Quittung dafür bei den Wahlen)

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Hartz#Veruntreuung_von_Firmengeldern

trotzdem fragt man sich "was hätte man sonst noch tun können"...wir fliegen zum Mond, schaffen die tollsten techn. Entwicklungen, investieren Mrd. weltweit in Rüstung.u. Verteidigung.....aber wir schaffen es nicht, Hunger u. Obdachlosigkeit zu eliminieren...


Nur so ein Gedanke von mir... 2015 bin ich waschechtes Landei direkt in die Stadt gezogen. Für mich persönlich war es erstmal ein "Schock" mit so vielen Menschen die auf der Straße leben konfrontiert zu werden. Auf dem Land wird man wenig bis gar nicht damit konfrontiert und macht sich somit auch erstmal keine Gedanken es hat eine Weile gedauert...Jetzt hab ich seit ich denken kann immer Hunde und genau durch diese wurde ich auf unsere Mainzer Obdachlosen aufmerksam, denn die müssen Gassi, auch in der Stadt und auch bei jedem Wetter Seit 2014 meine olle Muck Ruby, die ich misshandelt halbtot aus dem Tierschutz aufgepeppelt habe und seit 2019 die kleine verwöhnte Chihuahua Maus April, die nie etwas schlechtes erfahren musste. Hunde kennen keine Berührungsängste und keine gesellschaftlichen Unterschiede. Und so kam es, dass ich durch Ruby eine ältere obdachlose Dame kennen lernte "Rosemarie" Meine schüchterne, zurückhaltende ängstliche Ruby freundete sich tatsächlich seit der ersten Begegnung mit Rosemarie an und durch Ruby habe ich auch den ein oder anderen Wohnungslosen dazu kennen gelernt. Jedesmal wenn wir Rosemarie trafen wurde geklönt und so hat man das ein oder andere ausgetauscht. Anfang 2018 kamen dann meine Schlaganfälle und ich war erstmal einige Monate im KH und Reha. Ich traf Rosemarie im Spätsommer 2018 mit meinem Kumpel vor der Backfactory und wir hatten eine schöne Zeit bei dem ein oder anderen Cappuccino Rosemarie war geschockt mich halbseitig gelähmt mit 5 Schlaganfällen am Rollator wieder zu sehen. Gibt schlimmeres war mein Kommentar und wir unterhielten uns über ihre Gesundheit. Es ging ihr zunehmend schlechter mit ihren Allergien. Bei jedem unserer Gespräche bot ich ihr meine Hilfe an, wenn sie etwas bräuchte. Das war das letzte Mal, dass ich Rosemarie sah. Jedesmal unterwegs hielt ich Ausschau nach ihr und im Frühling 2019 immer noch weit und breit keine Rosemarie Hatte sie endlich eine Wohnung gefunden? War sie bei Ihrer Familie oder in Ihrer Heimatstadt Berlin? Im Dezember 2019 kam dann die kleine April zu mir und noch immer kein Zeichen von Rosemarie Rosemarie mochte Ruby sehr und ich wollte das sie das neue Familienmitglied April kennen lernt und meine Fortschritte sieht, dass ich wieder ohne Hilfsmittel laufen kann. Ich denke Rosemarie hätte die kleine April auch lieb gewonnen, so wie Jahre zuvor meine Ruby mit so einem Chihuahua Welpen durch die Stadt ist schon eine Herausforderung Da muss man Zeit einplanen der Hund denkt er heisst "Oh wie süss" ! Bis zum ersten Corona Lockdown hat April einige Freundschaften geschlossen und auch mit ganz vielen Obdachlosen, gibt kaum jemanden den sie nicht freudig begrüßt und sich eine extra Streicheleinheit abholt Sie kennt so viele... Nur Rosemarie nicht. Irgewann lief uns beim Gassi gehen Nathalie Böhm über den Weg, wir kamen ins Gespräch zwischen dem ganzen Chihuahua gekrabbel und ich nahm all meinen Mut zusammen und fragte Nathalie, ob sie Rosemarie kennt und weiss, wie es ihr geht. Ich bekam die Antwort, die ich befürchtet hatte und nicht hören wollte... Rosemarie wird April nie kennen lernen Ich war erschüttert zu hören unter welchen Umständen Rosemarie verstorben ist. Ich selbst war nie obdachlos, weiss aber durchaus wie schnell man ungewollt in solch eine Situation kommen kann. Bevor ich im März 2015 nach Mainz zog, hatte ich im Dezember 2014 von heute auf morgen durch Wasserrohrbrüche nicht nur meine Wohnung verloren... Es waren Freunde, die mich aufgefangen hatten bis ich die Wohnung hier gefunden hatte. Seit es wieder wärmer ist, sieht man ja auch wieder den ein oder anderen Wohnungslosen auf unserem Gassi Weg. Täglich an der Bushaltestelle Schusterstraße das selbe Begrüßungsritual zwischen April und einen Obdachlosen. Ich finde es super schön zu sehen, wie dieser kleine Hund Freude in sorgvolle, triste, absesende und manchmal auch traurige Augen zaubert und bleibe natürlich jrdeso stehen, Grüße und wechsel ein paar Worte. Ich habe mir vorgenommen, wenn ich die nächsten Frühstücksbrötchen hole, bring ich April's Kumpel von der Bushaltestelle Schusterstraße einen Cappuccino und ein süßes Teilchen zum Frühstück mit. Gedacht, gemacht. Gestern Morgen Brötchen geholt beim ersten Gassi und ihr Kumpel sitzt wieder da. Mich erkennt er nicht immer, April schon .. Begrüßungsorgie und auf dem Rückweg drück ich ihm einen Cappuccino und eine Pudding-Brezel in die Hand, Frühstück von April! Zieh ich ihr von den Leckerlis ab! Hat er geglaubt und deswegen hab ich gleich gesagt, war ein Spass! Was hat er sich gefreut und mir gesagt ich soll gesund leben und gesund kochen und gesund... Bin nur bejahend und verabschiedend weiter gelaufen, Cappu wird sonst kalt und er sollte es sich schmecken lassen ohne Dankesgedöns. In Erinnerung an Rosemarie

Mir fällt nichts ein, wie man Sie trösten könnte, lieber Herr Dr. Trabert. Aber gestatten Sie mir eine Frage, bitte? Wenn nicht einmal Sie es geschafft haben, diese beiden obdachlosen Mitbürger zu retten, wer sonst hätte es schaffen können? Sie mussten ihnen Beiden - trotz bestimmt vieler Versuche - das Letzte lassen, was sie hatten; ihren Willen und ihre Selbstbestimmtheit. Ich kann aber sicher gut verstehen, dass die Gedanken und diese Erinnerungen Sie nicht ruhen lassen. Es muss einfach so unglaublich weh tun. Genau das ehrt Sie, genau das macht Sie aus. Bitte lassen Sie auch den Gedanken zu, dass der Mensch leider nicht alles beeinflussen kann. Bitte nehmen Sie den aufrichtigen Dank all der Schreibenden hier entgegen. Bitte gehen Sie nicht mit sich ins Gericht. Gaaanz sicher haben SIE alles Menschenmögliche getan! Sie sind ein wahrer Engel!!! Lassen wir die Beiden nun ruhen in Frieden und halten wir weiterhin die Augen auf. Versuchen wir allen weiterhin zu helfen, die Hilfe zulassen möchten. Gott schütze Sie, Professor Dr. med. G. Trabert ... und danke schön!

Um eindeutig zu sein: In Hannover verstarb im Lauf der letzten Woche ein 57jähriger Mann namens Achim, ohne Obdach, auf einer Bank vor der St. Clemens Kirche. Für ihn brennt eine Kerze in der Kirche. Anfang des Monats verstarb in der Nähe der Marktkirche ebenfalls ein Mann ohne Obdach. Die Marktkirche bietet 60 Schlafgelegenheiten an. Auch an ihn trat man heran.

FB

--Methodios (Diskussion) 12:45, 18. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]

Der Straßendoc[Bearbeiten]

Vielleicht ein Weihnachtsgeschenk?! Etwas "Eigenwerbung" für mein Buch in dem ich versuche dem Phänomen Wohnungslosigkeit ein Gesicht zu geben und die Lebenssituation Betroffener transparent aufzuzeigen. Ich wünsche allen einen schönen 2. Advent! Und bitte gerade auch jetzt an die Menschen denken die kein eigenes Zuhause haben.

Tief beeindruckend, berührend und vorallem schärft es den Blick für soviel Notwendiges. Die immer wieder kehrenden Vorurteile verständlich erklärt, nachvollziehbar aufgeschrieben - danke! Vorallem aber bekommen hier all diejenigen eine Stimme und eine Identität, die ihnen im Alltag oft verwehrt bleibt!

Vielen Dank für die Erinnerung und den Tipp! 20 Jahre ist es jetzt her, das ich einen Tag mit ihnen fahren durfte im Arztmobil, zu den ärmsten und dankbarsten Menschen in Mainz. So viele Orte die sie mir gezeigt haben und die Erinnerungen werde ich nie vergessen. Ihr herzliche Art, jedem gegenüber, hat mich damals als junge Frau schon beeindruckt und tut es immer noch! Wenn mich jemand fragen würde: Was gehört zu Mainz? Antwort: SIE Herr Trabert! Danke!

FB

--Methodios (Diskussion) 20:09, 18. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]



Ziviler Gehorsam[Bearbeiten]

"Ziviler Ungehorsam ist nicht unser Problem. Unser Problem ist ziviler Gehorsam. Unser Problem ist, dass unzählige Menschen aus aller Welt dem Diktat ihrer Anführer gehorcht haben und in den Krieg gezogen sind. Unser Problem ist, dass Menschen gehorchen, während die Gefängnisse voller unbedeutender Diebe sind, während die ganz großen Diebe die Gesellschaft anführen und ausrauben."

Howard Zinn (1922 - 2010)

--Methodios (Diskussion) 07:19, 18. Mär. 2021 (CET)[Beantworten]

Digitaler Kapitalismus[Bearbeiten]

Bei dem folgenden Text handelt es sich um die schriftliche Ausarbeitung eines Vortrags, der im Juli 2021 bei einer internen Tagung über die Krise der Interventionistischen Linken (IL) gehalten wurde. (jW)

Wir sind der Meinung, dass es eine tiefgreifende Krise der Linken gibt, die wir in ihrem Ausmaß noch nicht erfasst haben. Corona hat wie ein Brennglas sichtbar gemacht, wie unsere Gesellschaft von den herrschenden Eliten gestaltet wurde. Die Linke hat sich zum großen Teil während der Pandemie weggeduckt, ohne gesellschaftliche Widersprüche aufzuzeigen. Statt dessen war und ist sie im Gefolge autoritärer Zurichtung der Menschen letztlich »artiger« und folgsamer geworden. Ein Desaster. Das hat, so unsere Beobachtung, auch etwas damit zu tun, wie das neoliberale Subjekt und insbesondere das linke Subjekt im Neoliberalismus »tickt«.

»Reform« des Bildungssystems

Wir gehen im folgenden davon aus, dass jede kapitalistische »Etappe« ein spezifisches Subjekt braucht, um erfolgreich die ökonomische Organisation und Reproduktion zu gewährleisten, die im Kapitalismus Profit abwerfen muss. Dabei gehen wir von der These aus, dass die Ablösung des Fordismus durch den Postfordismus bzw. Neoliberalismus seit den 1970er Jahren eben in dieser Weise einen Wandel der ausbeutbaren Subjekte verlangte. Eine andere Produktionsweise verlangt andere Subjekte. Unter dem Begriff der Postmoderne lassen sich die Merkmale seit den 1980er Jahren beschreiben, zeigen aber jetzt erst ihre volle Entfaltung.

Die Einziehung neoliberaler Subjektivierung passiert natürlich nicht einfach so als Naturgesetz. Seit dem Jahr 2000 machten Konzepte der SPD vom »Lebenslangen Lernen« die Runde. Dann kam der sogenannte Bologna-Prozess, die EU-einheitliche »Bildungsreform«, die zum Ziel hatte, Schulen und Universitäten ganz nach den Bedürfnissen des aktuellen Kapitalismus auszurichten. Der Umbau des Universitätswesens ist abgeschlossen. Von der Universität ist, von Ausnahmen abgesehen, keine Gesellschaftskritik mehr zu erwarten. Die moderne Sachbearbeiterin der Zukunft hat ein Studium in Kommunikationswissenschaften komplett inhaltsleer absolviert und lebt im Bewusstsein, am Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu sein. Ihr Arbeitsplatz ist beliebig, ihre Qualifikation rein formal, sie muss kompetent und professionell sein, das reicht. Das Kompetenzmodell ist in allen europäischen Staaten vorherrschend.

Die Standardisierung im pädagogischen Bereich lässt sich seit den 1990er Jahren beobachten. Im Interesse angeblich größerer Transparenz, angeglichener Qualitätsstandards, die für mehr Vergleichbarkeit und damit mehr Gerechtigkeit sorgen sollten, wurde die »Professionalisierung« vorangetrieben. Wichtiges Instrument war und ist immer noch die sogenannte Steuerungsgruppe. Das Kind wird zum Objekt einer perfekten Bildung, deren Umfeld adäquat organisiert sein muss: Das Umfeld entscheidet über eine gute Entwicklung. Dass dies ein Einfallstor ist für kommerzielle Interessen, liegt auf der Hand. Krippe, Kindergarten, Hort werden entsprechend umbenannt in »Familienzentrum«, »Mehrgenerationenhaus«, »Kompetenzzentrum«, »Servicecenter« usw. Vergleichskriterien halten Einzug mit »Portfolios« usw., die schon früh das Kind auf »Kompetenzerwerb« als Konkurrenzprinzip einstellen. Die Erzieherin, vergleichbar mit der Lehrerin, wird zum Coach, zur Lernbegleiterin, die organisatorisch koordiniert und diverse Angebote parat hält. Sind alle Lebensbereiche standardisiert und kontrolliert durch ein unsichtbares Helikoptersystem von »Expertinnen« und »Experten«, dann ist gesellschaftliche Kontrolle total. Die Trennung zwischen zahlungsfähigen und nichtzahlungsfähigen Eltern, die sich dem vielseitigen Beratungs- und Organisationssystem – nach dem Motto: Für mein Kind nur das Beste – bedienen, ist schnell begriffen. Hier wurde ein neues Paradigma, was kindgerechte moderne Erziehung zu leisten hat, schon längst durchgesetzt: kein Schonraum für Kinder, ihre Bezugspersonen im Dauerstress der Professionalisierung und Dokumentation der sogenannten Lernfortschritte, die Kindergärten und weiterführend die Grundschulen als neoliberale Kaderschmieden unter Ausschluss aller unproduktiven Subjekte.

Im folgenden zehn Thesen zur Funktionsweise des neoliberalen Subjekts.

1. Das neoliberale Subjekt ist ein Individuum, das keine Gesellschaft kennt oder braucht. Margaret Thatchers Slogan »There is no society, only family« hat sich durchgesetzt. Jahrzehntelange Erfahrung im Bildungsbereich belegt mittlerweile – in Abgrenzung zu den 1980er Jahren als Resultat der 1968er Bewegung und der sogenannten Bildungsreform –, dass Jugendliche als wichtigsten Bezugspunkt ihrer Lebensgestaltung ihre eigene Familie sehen bzw. entsprechend eine eigene Familie gründen wollen.

In den Zusammenhang mit Thatchers Diktum gehört auch, Geschichte als Erinnerung an vorangegangene Kämpfe zu entsorgen bzw. als überflüssig zu erklären. Wie Ernst Bloch sagte: Eine Gesellschaft, die keine Vergangenheit kennt, kennt auch keine Zukunft. Alles bleibt immer so, wie es war. Die dreiste Aufforderung des Postmodernismus, die unterstellte Perspektivlosigkeit zukünftiger Geschichte und die Chancenlosigkeit aufgeklärter Vernunft einfach hinzunehmen und sich darin einzurichten, kommt hier zum Tragen. Dadurch wird man beherrschbar, weil ja nur noch die Gegenwart zählen kann. Alles, was glücklich machen kann, muss in der jeweiligen subjektiven Lebenszeit geschehen.

Moral statt Politik

In bezug auf linke Politik führt Geschichtslosigkeit zu Aktionismus im schlechten Sinne und zu einer Verwechselung von Politik mit Moral. Wo findet sich dieses Bewusstsein bei Teilen der Linken wieder? Oberflächlich gesehen, pflegen linksorientierte Menschen ein kritisches Verhältnis zur Gesellschaft, die es zu analysieren und zu verändern gilt. Was aber immer weniger aufscheint, ist ein utopischer Horizont als radikale Kritik am Bestehenden. Es geht zwar um gesellschaftliche Veränderungen, aber in einem eingehegten Rahmen, über die kapitalistische Produktionsweise wird kaum noch hinaus gedacht. Realpolitisch findet sich dieses Denken als Sozialdemokratisierung wieder, was ja schon von Rosa Luxemburg vor gut hundert Jahren auf den Begriff gebracht wurde. Was soll daran neu sein? Neu daran ist die Tiefendimension. Träume und Wünsche, das Begehren nach einem anderen Leben, entbehren jeglicher Realität des neoliberalen Subjekts. Man könnte jetzt fragen, ob das je anders war. Wir behaupten, die aktuelle Subjektivität lässt bedeutend weniger Spielräume als früher.

Der Befreiungstheologe Kuno Füssel nennt drei zentrale Strategien postmodernen Denkens in bezug auf Geschichtsvergessenheit, die er bei Jean-François Lyotard, einem der theoretischen Begründer der Postmoderne, ausmacht. Die erste Strategie fällt zusammen mit der Art, wie Lyotard die Postmoderne definiert: Die Ideen der Moderne könne man vergessen, alles sei nur Oberfläche. Auch die gute alte Materie sei nur eine Zwiebel, das heißt, sie besteht lediglich aus übereinanderliegenden Häuten und Schalen. Das Erscheinende sei ohne Wesen. Die zweite Strategie des Vergessenmachens ist, alles in Frage zu stellen. Das macht das Fragen nicht wertfrei, sondern wertlos. Beliebigkeit stellt sich vor die neuen Perspektiven. Gleiche Gültigkeit von allem und jedem bewahrt vorhandene Ruhe und Ordnung, denn sie ist weder schlechter noch besser gegenüber anderen Möglichkeiten der Zukunft – und darum besser als die Zukunft. Die dritte Strategie des Vergessenmachens besteht darin, dass alles, was zwischen Input und Output, also innerhalb bzw. während des Produktionsprozesses unter gesellschaftlichen Austauschverhältnissen geschieht, als uninteressant erklärt wird. Was zählt, ist nur das in möglichst vielen Strukturen möglichst allseitig verwendbare Resultat. Vergessen wird, wie und von wem gesteuert wird, aber auch, was das Dazwischen an ungenutzten produktiven Möglichkeiten enthält.

2. Die Reduktion auf die individuelle Existenz hat zur Folge, dass das Individuum zu jeder Tages- und Nachtzeit für sich selbst verantwortlich ist. Die ehemals fortschrittliche Pädagogik der 1970er und 1980er Jahre, zum Beispiel die Aussage: »Sei dein eigener Chairman«, gedacht als Ermächtigung zu selbstbewusstem Handeln, wird hinterrücks zu einem Unterdrückungsmoment unentrinnbarer Verantwortungsübernahme. Ein radikales Zurückgeworfensein auf sich selbst, in unendlicher Einsamkeit, ist die Folge. Für linksorientierte Subjekte steckt darin eine ungeheure Herausforderung, sich tatsächlich für alles und jedes verantwortlich zu fühlen, bis diese Bürde womöglich nicht mehr tragbar wird. Burnout, Depressionen, Suchterkrankungen oder der komplette »Ausstieg« aus linker Politik sind die Folgen.

3. Auf diese Weise wird durch die Hintertür die Moral wieder eingeführt. Du bist selbst schuld! Scheitern oder Erfolg werden individualisiert und ganz in die Verantwortung des einzelnen gelegt. Ein Beispiel aus der Schulpraxis, um aufzuzeigen, wie früh dieses Verhalten antrainiert wird, sind die sogenannten Schulverträge, in denen Schülerinnen und Schüler gewissen Verhaltensregeln und -maximen zustimmen. Neoliberal ist daran, dass das Versagen oder die Schuld dem Subjekt nicht äußerlich bleibt, sondern seinem Gewissen eingeschrieben wird.

Unsichtbare Grenzen

4. Gewalt im Sinne von Kontrolle, Herrschaft oder Zurichtung wird unsichtbar gemacht, indem der Rahmen, in dem gelernt oder gearbeitet wird, niemals Gegenstand der Kritik wird. Das System ist quasi alternativlos. Wir reden hier von Schule, aber diese Beispiele lassen sich auf Betriebe, Nichtregierungsorganisationen usw. übertragen. Scheinbare Offenheit, Durchlässigkeit und Pluralität verhindern die Sicht auf Undurchlässigkeit und Begrenzungen. Daher sind Verbote überflüssig, weil das Subjekt sich selbst geißelt. Michel Foucault hat dazu wertvolle Studien vorgelegt, wie die Zensur des Königs in die Köpfe der Menschen hineinverlegt wurde. Am Ende bleibt undurchschaubar, wer den Prozess steuert. Nachzuprüfen ist dies anhand der sogenannten Richtlinien der 1980er Jahre im Vergleich zu den heutigen sogenannten Kernlehrplänen. Gab es in den Richtlinien noch mehrere Seiten Vorwort mit einer Zielformulierung hinsichtlich problemorientierten Unterrichts bzw. der Erziehung junger Menschen zur Mündigkeit und zu gesellschaftlicher Verantwortung, egal wie wenig ernst dies schon damals gemeint war, erscheint im nun auf eine halbe Seite geschrumpften Vorwort der Bildungsministerin das Wort »Gesellschaft« gar nicht mehr.

5. Die Leistung des Subjekts besteht darin, sich im Rahmen des Systems bewegen zu können, die Regeln zu kennen und sich darin zu behelfen. In linken Kreisen zeigt sich dieses Denken als Bedürfnis, sich Regeln zu geben, um nicht die Orientierung zu verlieren. Für jede womöglich schwierige Situation eines Konflikts werden Leitlinien, Leitfäden usw. erstellt, um dahinter liegende Konflikte moderat und abgesichert zu bearbeiten. Das »Regelwerk« soll Sicherheit geben, das »richtige« zu tun und moralisch einwandfrei dazustehen. Antagonismen gilt es zu vermeiden, indem man keine Standpunkte mehr als Wahrheit, um die gerungen werden muss, vertritt, sondern alles ist nebeneinander zu stellen. Es kommt dann nur noch darauf an, zwischen verschiedenen Positionen zu vermitteln. Ein »Falsch« wird als unerträglich empfunden.

6. Darauf beruht die sogenannte Kompetenzorientierung, bei der es nicht mehr um Vermittlung von Inhalten geht, sondern um Fähigkeiten, innerhalb des Systems handlungsfähig zu sein. Ein Unterrichtsgegenstand darf nicht zweckfrei sein, sondern dient ausschließlich der Nützlichkeit und Verwertbarkeit zur Bewältigung des Lebens, das nennt sich dann Handlungskompetenz. Ein Beispiel: War es als Ergebnis der Bildungsreform der 1970er und 1980er Jahre in der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern Voraussetzung, eine sogenannte Sachanalyse anzufertigen, auf deren Grundlage dann didaktische Entscheidungen für den Unterricht getroffen wurden, ist dieses Konzept völlig aus der Ausbildung verschwunden. Im Vordergrund steht Methodenkenntnis und Vermittlungswissen. Aus dieser Quelle stammt der Moderationshype, der in linken Organisationen Einzug gehalten hat, der in gewisser Weise – nichts gegen gute Moderation und Methoden – Inhalte ersetzt zu haben scheint. Wie schon oben angemerkt: Es geht nicht mehr um Wahrheit, sondern um »richtiges« Verhalten.

7. Organisation und Organisierung lernt das neoliberale Subjekt nur scheinbar, da diesem Prozess ja eine Entscheidung vorausgegangen sein muss, was man will und dass man vielleicht etwas will, das im bestehenden System nicht vorgesehen ist. Behauptet wird zwar die Bedeutung von Eigenverantwortlichkeit und Selbstorganisation, allerdings nur im vorgeschriebenen Rahmen. Das unvorhergesehene zu organisieren, steht nicht auf der Tagesordnung.

Genuss und Disziplin

8. Der neoliberale Typus versucht, einer doppelten Botschaft gerecht zu werden: Genieße und sei diszipliniert. Das geht aber nur, wenn er inhaltslos, standpunktlos und rahmenlos ist. Ziel ist es, »Unternehmerin ihrer selbst« und nicht mehr »Arbeitnehmerin« zu sein. Die Autorinnen des Buches »Plattformkapitalismus und die Krise der sozialen Reproduktion« (Münster 2021) haben empirisch sehr genau nachweisen können, welche Qualifikationen im neuen Akkumulationsregime notwendig sind und schon längst unseren Alltag beherrschen. In Teilen der Linken zeigt sich dieser Typus dergestalt, dass die politische Organisierung zu einem Teil des Lebensvollzugs wird, den man diszipliniert ins persönliche Portfolio einreiht. In Coronazeiten wurde nur zu deutlich, wohin das führt, nämlich dazu, die politische Gruppe Gruppe sein zu lassen. Sie war eben nicht notwendig, weil die Rahmenbedingungen nicht mehr mit dem ursprünglichen Konzept übereinstimmten. Die Gruppe als ein Projekt unter mehreren, das während Corona keine Präferenz hatte. Aber was hatte Präferenz? Nichts.

9. Die Subjektivierung, von der wir hier sprechen, setzt schon im Kindergartenalter ein und läuft dort unter dem Konzept des situativen Ansatzes. Progressiv daher kommt die Idee des selbstbestimmten Kindes, dem man nichts vorschreiben möchte und zu dessen freier Entwicklung so wenig Vorgaben wie möglich gemacht werden. Perfide und schwer zu durchschauen sind allerdings die Rahmensetzungen und die ideologischen Vorgaben einer solchen Erziehung. Prämissen werden verschwiegen. Schon Herbert Marcuse hatte mit dem Begriff der repressiven Toleranz auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht. Das Kind hat zum Beispiel die Möglichkeit zu wählen, in welcher Gruppe es spielen möchte; nein, es muss wählen. Einmal die Wahl getroffen, liegt es dann in seiner Verantwortung, in dieser Gruppe zu bleiben. Eine direktive Erzieherin, die dem Kind sagt, wo es lang geht, wird man lange suchen, zumindest dem Konzept nach. Das Kind hat sich an die ihm bekannten Regeln, denen es zustimmen musste, zu halten. Das Kind trifft die Entscheidung und nicht ein Erzieher. Wirklich? Hier ist Eigenverantwortlichkeit gefragt, wohl gemerkt, im Kindergartenalter. In Teilen der Linken finden wir dies durchaus gut gemeint wieder als Zwang zur Pluralisierung und sogenannten Wahlmöglichkeiten. Es scheint wichtig zu sein, dass es keine Vorgaben gibt, keine Linie, keine Inputs, Vorträge; je mehr Möglichkeiten der Wahl und selbstbestimmten Gestaltung, desto »hochwertiger« das Angebot.

Theoriefeindlichkeit

10. Das neoliberale Subjekt lernt auf diese Weise, dass Formate, Methoden und äußere Gestaltung eine hohe Qualifikation darstellen. In linken Kreisen zeigt sich dies durch schnelle Ermüdung durch inhaltliche Beiträge, denen, wenn sie nicht eingebettet sind in moderative Formen, kein Wert zugebilligt wird. Die Reduktion in Schule und Universität auf »Schmalspurinhalte« führt dazu, dass Theorielosigkeit oder Theoriefeindlichkeit überhand gewinnen. Nach dem Motto: »Unterm Strich zähl ich«, soll es genügen, aus sich selbst heraus zu schöpfen und »prozess- und lösungsorientiert« zu arbeiten. Wenn nur noch gedacht werden darf, was einen Zweck verfolgt, kann es aber kein systemüberschreitendes Denken mehr geben, denn allein zweckfreies, auf Erkenntnis und Verstehen orientiertes Denken eröffnet andere Horizonte als die vorgegebenen. Vielleicht erklärt sich so, warum in der Linken kaum noch über den Bruch mit den herrschenden kapitalistischen Verhältnissen und die Überschreitung des Gegebenen nachgedacht wird.


Leserbrief von Dr. Hans-Joachim Müller aus Bad Zwischenahn (31. März 2022 um 11:28 Uhr)

Endlich einmal ein umfangreicher Artikel, der sich kritisch mit den Inhalten dessen auseinandersetzt, was im Lande als "Bildung" verkauft wird und letztlich nichts anderes bewirkt als die Herstellung nutzenmaximierender Marktsubjekte im Sinne der Humankapitaltheorie, wie es der Frankfurter Wissenschaftler Frank Olaf Radke einmal so trefflich formuliert hat. Kaum eine Institution bzw. Organisation, als Beispiele mögen die GEW, die sich immerhin "Bildungsgewerkschaft" nennt, und die Partei Die Linke herhalten, unterziehen sich der Mühe, beim Stichwort "Bildung" nicht ausschließlich den finanziell-sozialen Aspekt zu thematisieren, sondern die Inhalte dieses Produkts zu hinterfragen. Das geschieht in dem Artikel auf beeindruckende Weise und verdeutlicht, wie bereits ab Kindertagesstätte aufwärts Menschen "gebildet" werden, denen der Spruch "Selber denken macht schlau" zunehmend fremd erscheinen mag. Was in dem Beitrag noch fehlt, ist die Erwähnung des Umstandes, dass heutzutage Bildung zunehmend mit Ausbildung gleichgesetzt wird und demzufolge die dringend notwendige Persönlichkeitsbildung bereits in der Kita auf der Strecke bleibt - in Schule und Hochschule sowieso. So notwendig in der politischen Auseinandersetzung der Kampf um Milliarden für Bildung statt für Rüstung ist, so zwingend ist gleichzeitig die systemkritische Debatte um Inhalte. Wenn diese nicht geführt wird, nützen selbst hohe Investitionen in diesem Bereich nicht selbständig und kritisch denkenden Menschen, sondern der weiteren Ausbildung kapitalkonformer "Ichs" - die "Bertelsmann-Stiftung", um ein institutionelles Beispiel zum Abschluss zu nennen, dürfte wie bisher wissen, was mit zusätzlichen Finanzmitteln anzufangen wäre.

Leserbrief von R.Prang aus Berlin (30. März 2022 um 07:13 Uhr) Dieser Beitrag ist einfach genial und schließt zugleich die Lücke, die ich bei der Bewertung der Saarlandwahl vermisst habe. Nicht dass ich allen Thesen zustimme, wäre ja auch zu schön, um wahr zu sein, aber es eröffnet endlich eine sachliche Diskussion über Fehler und Versäumnisse, es ist an der Zeit. Mit dem Autoren der Zeilen würde ich gern ausgiebig diskutieren. Hier reicht der Raum nicht, meine Zustimmung oder meinen Widerspruch zu verbalisieren. Aber meinen Dank für die Anregung meiner Pro- und Kontra-Argumentationsgedanken möchte ich aussprechen. Eine gute Grundlage für eine längst überfällige Diskussion zu Strategie und Taktik linker Politik liegt auf dem Tisch, jetzt müssten wir reden. Es geht am Ende um die Zukunft der Menschheit, es ist Zeit, die Selbstbeweihräucherung durch Toleranz zu ersetzen. Das Streben nach der »absoluten Wahrheit« ist ein imaginäres Ziel, nach dem wir alle nur streben müssen. Hören wir endlich auf zu behaupten, sie individuell schon gefunden zu haben, und die Umsetzung ist wegen der uns umgebenden »Idioten«, Renegaten und Sektierer usw. leider nicht möglich. Kritik muss die Triebkraft gesellschaftlicher Entwicklung werden. Wohin Egoismus und Gier, Unterdrückung von Meinungen und Gedanken die Menschheit führen, wissen wir doch alle, denn so leben wir seit zehntausend Jahren Menschheit. Fangen wir an zu diskutieren, das Papier liegt auf dem Tisch: Ich weiß nicht alles, du aber auch nicht. Danke fürs Lesen, formuliere deine Kritik, keiner besitzt das allumfassende Wissen.

KRISE DER LINKEN

Kapitalkonformes Ich

Das neoliberale Akkumulationsregime des digitalen Kapitalismus hat einen neuen Subjekttypen erzeugt – das sorgt auch innerhalb der radikalen Linken für Probleme. Zehn Thesen

Von Barbara Imholz

Junge Welt vom 29. März 2022

--Methodios (Diskussion) 08:07, 2. Apr. 2022 (CEST)[Beantworten]

Raubzug der Banker und Superreichen[Bearbeiten]

Das Buch lese sich wie das »Drehbuch eines Thrillers«, befand die FAZ. »Eine abenteuerliche Recherchereise«, urteilte die Hamburger Morgenpost. So phrasenhaft diese Zuschreibungen erscheinen – sie sind bei dem Buch des Investigativjournalisten Oliver Schröm über die »Cum-Ex-Files« doch nicht ganz fehl am Platz. Schröm hat ein Buch vorgelegt, das sich in Teilen wie ein Kriminalroman liest. Wer sich auf durchaus unterhaltsame Weise über Hintergründe der »Cum-Ex«-Deals informieren will, die seit Jahren die Öffentlichkeit beschäftigen, ist mit dem Buch gut bedient. Eine tiefere politische und ökonomische Analyse oder gar kritische Einwände gegen das System, das solche Geschäfte möglich macht, darf man allerdings nicht erwarten. Schröms Buch ist in dieser Hinsicht ein Beispiel für Glanz und Elend des investigativen Journalismus in Deutschland.

Schröm war, als er es im Herbst 2013 mit »Cum-Ex« zu tun bekam, Leiter des von ihm gegründeten Teams »Investigative Recherche« beim Wochenmagazin Stern. 2016 setzte er die Recherchen beim NDR-Magazin »Panorama« fort, war dann von 2018 für zwei Jahre Chefredakteur des Recherchezentrums Correctiv und kehrte dann zu »Panorama« zurück. Ohne Frage beherrscht er sein Handwerk. Es ist interessant, ihm bei der Arbeit über die Schulter zu schauen.

Seine Erzählung vom »Raubzug der Banker, Anwälte und Superreichen« hat er plausibel aufgebaut. Er fängt an dem Punkt an, wo er erstmals von den Geschäften hört, um den Leser dann an jedem Schritt seiner Recherche teilhaben zu lassen. Detailreich schildert der Autor etwa klandestine Treffen mit Informanten und Bankern. Er stellt »Investoren« vor, die sich von den Deals eine Vermehrung ihres ohnehin schon märchenhaften Reichtums erhofft hatten, wie Drogerieunternehmer Erwin Müller, der mit Modemärkten zu Milliarden gekommene Hartmut Adler oder der Finanzjongleur Carsten Maschmeyer.

Dass diese Leute den Hals nie voll kriegen, kann nicht überraschen – mit welcher Unverfrorenheit sie vorgingen und es als ihr gutes Recht verstanden, Steuergelder auf ihre privaten Konten umzuleiten, dagegen schon. Die Wirkungsweise der Deals wird von Schröm nachvollziehbar erklärt. Der Autor verweist darauf, dass sich die etwas komplizierte Abwicklung der Geschäfte auf einen einfachen Kern und Zweck reduzieren lässt: Der Staat wird veranlasst, eine Steuer zu erstatten, die nie gezahlt wurde.

Eine zentrale Rolle sowohl in der »Cum-Ex«-Affäre als auch im Buch spielt der Steueranwalt Hanno Berger, der Ende Februar von der Schweiz an die Bundesrepublik ausgeliefert wurde und bald vor Gericht steht. Schröm widmet sich der Person des Pfarrerssohns, der in der hessischen Finanzverwaltung anfing und dann die Seiten wechselte, ausführlich. Berger habe in der Branche »geradezu als Zauberer« gegolten, schreibt er. Zu seinen Mandanten habe alles gezählt, »was in der Republik Rang und Namen hat«. Interessant ist auch, dass der Trickser sich als »verfolgte Unschuld« gerierte. Schröm zitiert Äußerungen Bergers, in denen er die deutschen Ermittler als »sozialistische Drecksschweinebande« bezeichnet.

Den heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kann Berger damit nicht gemeint haben. In seiner Zeit als Erster Bürgermeister Hamburgs hat dieser schließlich keine große Begeisterung dafür gezeigt, von der Warburg-Bank ergaunerte »Cum-Ex«-Millionen zurückzuholen. Schröm widmet sich auch diesem Kapitel, das Gegenstand eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Hamburg ist, ausführlich.

Delikat ist in diesem Zusammenhang das Zitat, das der Autor seinem Werk vorangestellt hat, ist es doch von einem Amtsvorgänger von Olaf Scholz. »Journalismus kann abdanken, wenn er harmlos wird«, wird Willy Brandt zitiert. Das Zitat verweist auf das Problem. Harmlos ist der investigative Journalismus hierzulande, zu dem Schröm eine Menge beiträgt, sicher nicht. Die Akribie ist beachtlich, mit der die in den letzten Jahren geformten Investigativteams Skandale wie die Wirecard-Affäre oder die um die »Panama Papers« aufklären. Die Recherchen zeigen immer wieder, dass die Finanzwelt im Grunde als organisierte Kriminalität aufgefasst werden muss.

Auffällig bleibt aber – und das gilt auch für Schröms Buch –, dass diese Recherchen letzten Endes meist nur zu Empörung über die Gier der Beteiligten und die »Unfähigkeit« von Politikern führen. Dabei ist der Gedanke doch ziemlich naheliegend, dass der »Fehler« im System liegt. Wenn Recherchen wie die von Schröm zur »Cum-Ex«-Affäre unter dem Strich nur zu moralischer Entrüstung führen und keine einzige weiterführende Frage gestellt wird, ist das am Ende in gewisser Weise sogar eher kontraproduktiv. Denn eine solche Publizistik trägt dazu bei, den Glauben an und die Hoffnung auf die berühmten »Selbstreinigungskräfte« zu festigen. Dabei beweist nicht nur der Umstand, dass ein Politiker, der eine zentrale Figur in der »Cum-Ex«-Affäre war, in diesem Land Bundeskanzler werden konnte und derzeit eine umfassende Militarisierung der Republik zugunsten der Konzerne anschiebt, das Gegenteil.

FINANZWELT UND JUSTIZ

Nichts gegen das System

Am Ende nur moralische Entrüstung: Oliver Schröms Buch über die »Cum-Ex«-Geschäfte und den »Raubzug der Banker, Anwälte und Superreichen«

Von Felix Jota

Junge Welt vom 28. März 2022

--Methodios (Diskussion) 08:22, 2. Apr. 2022 (CEST)[Beantworten]

Hartz[Bearbeiten]

Das Bürgergeld soll kommen !

Angeblich die größte Reform seit 20 Jahren, also die Reform der Reform Hartz IV. Bin sehr auf die Einzelheiten gespannt und wie immer misstrauisch. Die systemischen Fallen und repressiven Hintertüren verstecken sich oft im Detail um den Milliarden schweren, fast steuerbefreiten Großunternehmen, wie z.B. Amazon, weiterhin billige Lohnsklaven zu besorgen und zu suventionieren, da die Mindestlöhne, die zum Leben nicht reichen, wir unseren fleißigen Mitbûrger*innen dann auch noch auf das Existenzminimum mit unseren Steuern aufstocken müssen. Das Problem des aus den Fugen geratenen wirtschaftlichen und sozialen Gleichgewichts ist also weit komplexer, wobei aber Hartz IV zweifellos das Herzstück der Agenda 2010 war, womit die neoliberale Politik der Erpressung zur Ausbeutung und systemisch armutsmanifestierenden Transferleistungsgesetze eingeleitet wurden.

Bin also sehr gespannt was nun kommt. Zumal das reicht als Reform nicht aus. Da liegen wie z.B. das Renten,- Gesundheits,- und Steuersystem, wie auch die Wohnungsmarktpolitik dann immer noch im argen. Ohne das sozioökonomische Problem nicht "ganzheitlich" und in sich verzahnt anzugehen, wird es an der noch weiter zunehmenden Armut nichts ändern, weil sonst auch das Bürgergeld von der Kostenspirale, bis hin zu Mitnahmeeffekten konterkarriert wird. Konzeptionelle ganzheitliche Arbeitsmarkt,- und Sozialpolitik ist aber eher Mangelware. Wie auch die Milliardengewinne der Großkonzerne und Hochfinanz an den Bõrsen steuerlich abzuschõpfen um damit die Sozialhaushalte, das Gesundheitssystem und Renten quer zu finazieren. Ich bleibe zudem dabei, das die hõchsten Managergehälter, Vorstandsvergütungen und Ausschüttungen an die Aktionäre im Proporz an die niedrigsten Gehälter betriebswirtschaftlich gekoppelt werden müßen. Es geht darum das die arbeitende Angestellten an den Gewinnen über die Lõhne mit partizipieren, und diese unsägliche Dekadenz in den Führungsetagen aufhõrt.


https://www.facebook.com/franco.clemens.58

--Methodios (Diskussion) 16:34, 22. Jul. 2022 (CEST)[Beantworten]

Auf den Hund gekommen[Bearbeiten]

Auch gestern konnten wir bei HiK bei unserer Verteilung von Essen und Getränken 50 9€Tickets für August,natürich mit Namen versehen um Mißbrauch vor zu beugen und zum Schutz unserer Gäste bei Kontrollen, mit verteilen dank eurer Unterstützung .

Sowas spricht sich schnell rum,auch durch unsere Watsappgruppe für die Straßenkulturszene am Wiener Platz und so war die Schlange der wartenden schon groß als wir an kamen.Da wir nun auf der andern Seite des U Bahn Tunnels verteilen um den Platz zu entzerren ,stellen wir immer wieder fest das dort auf den Treppen mit der Kaffeeausgabe dabei ,es viel mehr zu einzelnen Gespröchen kommt und das Freilandbüro das wir immer noch haben, gut genutzt wird nach einer Verteilung und dem Streetwork .

Alle haben sich anstandslos an gestellt ,die das schon kennen und andere,die neu waren , konnten mit netten Worten und einer klaren Ansage mit der Bitte um etwas Geduld bei der Hitze und das für jeden ein Ticket da ist ,auch zum warten anniemiert werden.

Unsere liebe Britta hat sich trotz der Hitze was leckeres ein fallen und unsere Steffi ,war wieder für ein paar Wunden und deren Versorgung gefragt .Zum Glück hatte ich vorher Getränke in Höhe von 300 € liefern lassen ,die bei der Hitze sehr gefragt waren und wir doppelt soviel wie sonst dabei hatten . Auch im Sommer oder gerade bei der Hitze brauchen obdachlose die den ganzen Tag draussen unterwegs sind mehr Flüssigkeit .

Ich möchte mich herzlich bei dem Team von HiK bedanken die genau wie ich mit Herzblut bei Wind und Wetter oder so wie derzeit bei großer Hitze jeder von ihnen seinen Beitag leistet und ohne Wenn und Aber für die Menschen da sind . Während mein lieber Kolege Franco Clemens im verdienten Urlaub ist war es für uns eine kleine Herausforderung ohne ihn und seinen Job für Sicherheit und Struktur zu sorgen ,nicht so leicht und er hat gefehlt ,auch durch seine und Bowies Beliebtheit wurde oft und viel nach ihm gefeagt .

Auch hier ist es wie überall ,nur Frauen werden nicht so Ernst genommen wie Männer unter Männer ,obwohl ich mich schon gut durch setzen kann ,und auch gestern zwischendurch mal Ruhe rein bringen musste bei der Vergabe der Tickets . Die Angst keins mehr zu bekommen treibt unsere lieben immer wieder zu leichten Unruhen und die Kunst ruhig zu bleiben ,es auch wenn viele in einer Schlange vor einem stehen und wild durcheinander sprechen ,dennoch alles im Bluck zu haben und zu reagieren mit einem Lächeln, ist auch schon mal eine Herausforderung .

Die liebe Kati ,die neuerdings mit dabei ist hat sich gut ins Team integriert und ihren Job den Kaffee zu verteilen ,der natürlich trotzdem nicht fehlen darf ,sehr gut bewältigt .

Einem Gast der im Rolli unterwegs ist haben wir neue Hosen gekauft da er sich eingenässt hatte,auch das kommt vor ,er war sehr froh und hat sich sehr geschämt,doch da konnten wir direkt helfen und gehen auch mit solchen Mißgeschicken locker um . Hier nochmal ein Danke an unsere Steffi die schnell kurz vor Ladenschschluss rüber zu Kik ist und die sauberen Sachen kaufen war.

Zum Schluß ,als der erste Schwall versorgt war ,kam man mit dem ein oder anderen noch in tiefe Gespröche ,wo sich wieder zeigt das wir ein großes Vertrauen dort am Platz haben und uns die Staßenszene dort entgegen bringt . Sie wissen auch das wir ihr Vertrauen zu schätzen wissen und ihnen den Respekt geben den sie auch verdient haben

Die Frau mir Hund war auch da ,doch leider konnte ich ihr nicht viel weiter helfen da es nun mal keine Unterbringungen mit Hund gibt die ich kenne ,ausser beim SKF wo ich sie hin schickte . Dort gibt es jedoch nur zwei Plätze mit jeweils einem Hund und diese sind derzeit besetzt .

Etwas was ich seit Jahren ,auch öffentlich bemängele ,und dann in so einem Fall nicht helfen kann wegen genau diesem Mangel. So konnte sie nur mit dem versorgt werden was wir mit hatten und ihr Nahe legen am nöchsten Tag die Arche MülHeim auf zu suchen in der Hoffnung das denen vieleicht was einfällt für eine schnelle Lösung,solange muss sie leider draussen schlafen mit Hund .

Ein sehr unbefriedigter Zustand ,der auch mich immer wieder frustiert . Schon so lange weise ich auf fehlende Unterkünfte für obdachlose mit Hund hin ,die immer mehr werden,und dennoch passiert da nichts .

Ja,die letzten Tage brannte die Hütte mit Notfällen von Frauen mit Gewalthintergrund ,so auch diese hier und es ist schlimm das wir einfach zuweig Unterkünfte für Frauen haben die dann nochmal spezielle Bedarfe haben .

Alles in Allem haben wir 40 Essen ,50 9€ Tickets und zwei Paletten Dosengetränke mit jeder Menge Wasser gestern raus gegeben . Natürlich noch Masken und Hygiene bei Bedarf ,wo auch spezielle Frauenhygiene zu zählt ,wie OBs usw .

Um dies auch weiter leisten zu können freuen wir uns über jede Unterstüzung ,jeder Euro zählt und konmt auf der Straße an . Wir sagen schon mal Danke

https://www.facebook.com/franco.clemens.58

--Methodios (Diskussion) 16:58, 22. Jul. 2022 (CEST)[Beantworten]

Hitze[Bearbeiten]

Köln - Drama vor dem Kölner Hauptbahnhof: Am Dienstagnachmittag ist dort die Leiche eines Mannes (57) gefunden worden. Nach Polizeiangaben soll es sich dabei um einen Obdachlosen handeln, der dort in der Sonne lag. Feuerwehr und Polizei erhielten gegen 15.45 Uhr Kenntnis von einer leblosen Person, die neben der dortigen Bäckerei liegen soll. Der Mann soll laut Augenzeugen vorher Wodka getrunken haben und dann eingeschlafen sein.

Genaue Todesursache noch unklar Eine weitere Person, die sich neben dem Mann aufhielt, kam mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus. Der Mann, der ebenfalls der Obdachlosen-Szene zugeordnet wird, war dehydriert. Der Notarzt konnte nur noch den Tod des 57-Jährigen feststellen. Mehrere Obdachlose auf dem Vorplatz zeigten sich schockiert über den Tod.

„Der Notarzt hat eine ungeklärte Todesursache angegeben“, sagte ein Polizeisprecher der Rundschau. Der Mann soll aus dem Kölner Umland stammen und seit etwa zehn Jahren auf der Straße leben. Für die Arbeit der Rettungskräfte wurde eine Schutzwand aufgebaut, damit der Tote nicht von den zahlreichen Reisenden am Haupteingang gesehen wird.

In der prallen Sonne Toter Obdachloser vor Kölns Hauptbahnhof gefunden Von Daniel Taab

Kölnische Rundschau 19. Juli 2022

--Methodios (Diskussion) 17:02, 22. Jul. 2022 (CEST)[Beantworten]


R.I P

Mal sehen wer das war

Solange die Meschen nicht mit offenen Augen in die Stadt gehen wird das immer wieder passieren.

Die Gesellschaft ist einfach zu ängstlich und zu gleichgültig ,oft wird an Meschen die am Boden liegen achlos vorbei gegangen ohne zu schauen ob dieser Mensch Hilfe braucht .

Es wird leider zu oft davon ausgegangen das es nur alkeholisierte sind,doch wie schnell kann man einen Herzinfakt bekommen oder der Keislauf sackt ab oder oder

Doch meistens wird weg gesehen ,aus Angst sich damit auseinander zu setzen,aus Angst Fragen beantworten müssen ,ab zu warten bis vieleicht der RTW kommt usw . Oft heißt es ,ich habe keine Zeit ,ich muss weiter ,ich habe einen Termin ......

Doch wenn man kurz stehen bleibt und nach sieht oder fragt brauchen sie Hilfe kostet es nur ein paar Min und kann Leben retten.

Diese Gesellschaft ist zu ängstlich und immer noch zuviel auf sich bezogen . Jeder schaut nur auf seins ,nicht was der Gegenüber macht oder wie es ihm geht . Hilfe kann so einfach sein,Hilfe fängt schon Zuhause bei den Nachbatn an ,Hilfe kann Leben retten.

Bitte schaut nicht weg,nehmt gerade in den heißen Tagen eine Flasche Wasser mit und gebt sie einem obdachlosen.

Jeder kann mit dem Handy Hilfe rufen wenn diese nötigt ist .

Auf der Straße zu sterben ist schlimm und doch kein Einzelfall

Traurig ,wieder ein Leben zu Ende das vieleicht zu retten gewesen wäre

https://www.facebook.com/melissa.rennings.3

--Methodios (Diskussion) 17:04, 22. Jul. 2022 (CEST)[Beantworten]


Und wieder ungeplanter Notfall einer Frau mit Hund ,diesmal am Wiener Platz . Es sollte wieder so sein das ich zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort bin . Eigentlich nur weil ich heute Morgen mit Clayd beim TA war und den Fahrer der uns netterweise bei der Hitze Bus und Bahn ersparte ,zum Kaffee eingeladen habe als Dankeschön .

Natürlich zahle ich sowas privat ,nur falls hier jemand was anderes denkt ,wird alles seperiert .

Jedenfalls auch wieder jemand der schon zwei Wochen draussen unterwegs ist und nicht wusste wohin .

Habe ihr gesagt mit Hund wird es schwierig ,da kenne ich nur den SKF wo es eine Möglichkeit geben könnte wenn ein Platz frei ist .

Und auch sie hatte Hunger und Durst ,also viel Wasser für sie besorgt und eine Bockwurst erstmal und Wasser für den Hund .

Futter hatte sie für ihn dabei .

Ein sehr scheuer und ängstlicher Hund

Sie hatte die letzte Nacht hier im Park verbracht bis sie Angst bekam und dann direkt auf dem Platz auf einer Bank sich hinlegte .

Sie ist um die 40 Jahre und der Hund dessen Name Mailo ist erst 1,1/2 Jahre . Auch sie ist geflüchtet vor Gewalt .

Si langsam glaube ich der liebe Gott schickt mir extra solche Frauen .

Ich hoffe sie bekommt einen Schlafplatz und morgen kommt sie zu mir zum Wiener Platz und wir schauen weiter ,da ich dann Verteilung mit dem Team von HiK mache . Auch gehen morgen nochmal 50 ,9€ Tickets in die Verteilung für August dank toller Spenden .

Ja ,wieder lief nichts nach Plan und es war sehr heiß ,auch mit Herr A hatte ich ein langes Gespräch zu seiner Situation ,wo es auch um Wohnraum geht . Trotz Hitze haben wir den Tag mit vollem Programm erlebt.

Und Clayd war im Schatten und viel Wasser und ich denke es war ok Zuhause m Dachgeschoß hätte er mehr mit der Hitze zu tun gehabt

  • diese war dort mit ihrem Schlafsack im Arm auf der Toilette und ich dachte noch dem Hund ist bestimmt zu warm,sie setzte sich an einen Tisch um etwas zu trinken aus einer ihrer Flaschen was ja verboten ist in Cafes usw . Mit gebrachtes zu verzehren und so ging die Bedienung hin um ihr das zu sagen . Da habe ich nicht lange überlegt und sie an gesprochen. Die meisten vom Wiener Platz sind ja Stammkunden ,da fallen neue Gesichter halt auf . War Zufall das ich noch dort war

https://www.facebook.com/melissa.rennings.3 19. Juli 2022

--Methodios (Diskussion)


Der Mensch denkt und Gott lenkt heißt es so schön.

Das bewahrheitet sich bei mir fast täglich .

Kein Tagesplan läst sich wirklich einhalten ,so auch gestern nicht .

Natürlich kann man konsequent alles durch ziehen,doch bleiben dann wichtige zwischenmemschliche Sachen auf der Strecke oft.

Gestern war der Plan mit Clayd Gassi ,kurz hier in den Bürgerpark am Morgen und Zuhause weiter arbeiten .

Mit Clayd raus ist klar ,da gibt es kein verschieben ,also gesagt und getan ,nachdem ich meinen Morgenkaffee intus hatte und er mit Medis und Frühstück versorgt war.

Als wir dann gerade in den Park wollten kam uns eine Bekannte die ich nur Frau Lehrerin nenne entgegen und da wir uns über ein Jahr nicht gesehen und getroffen hatten ,war das Hallo groß.

So setzen wir uns hier beim türkischen Bäcker auf der Ecke zu einem Kaffee hin um die neusten Infos aus zu tauschen und zu hören wie es jeweils dem anderen ergagen ist in der Zwischenzeit .

Sie ist tatsächlich Lehrerin und in der Vergangenheit der letzten Jahre wo ich sie kenne und durch viele Gespräche habe auch ich ein anderes Verständnis für den Beruf Lehrer bekommen in der heutigen Zeit ,je nach dem an welcher Schule man arbeitet .Sie bisher an einer Inklusionsschule .

Nun jedenfalls verging in null komma nichts die Zeit und es war sonnig warm ,eigentlich heiß,Linda musste aufs Klo und clayd in den Schatten ,den die Markise vom Laden nicht wirklich her gab,so entschlossen wir uns die Straße runter zum Kulturbunker zu gehen Schon alleine wegen der Toilette dort .

Als wir dort so im Schatten saßen ,was ja auch wichtig für Clayd ist ,sah ich aus den Augenwinkeln jemand seitlich auf den Steinen sitzen und dachte sofort das schaust du dir gleich mal genauer an .

Gesagt und getan und so saß dort eine Frau mit Mantel und Trolli und großer Tasche .

Ich beobachtete die Frau ein paar Min. und sagte dann zu meiner Bekannten ,ich glaube ich geh mal rüber und frage ob bei der Frau dort alles ok ist .

Mir kommt das nicht so vor und mein Eindruck und Bauchgefühl sagt mir sie weiß nicht wohin.

Ich ging also rüber und sprach die Frau an ob sie Hilfe bräuchte . Zunächst sah sie mich entgeistert an und ihr Gesicht zeigte dann Ablehnung und sie meinte etwas ruppig ob ich Feuer hätte und hiel einen kleinen Zigarettenstumpen in der Hand wo nicht mehr viel zum rauchen dran war . Klar sagte ich,ich bin Linda und wer bist du ? Habe dich hier noch nicht gesehen .

Nochmal frug ich sie ob sie Hilfe brauche und ob sie kein Zuhause habe . Wieder ein sehr mißtrauriger Blick und ihre Tasche fest um klammert schwieg sie mich mit rot geweinten Augen trotzig an .

Ich frug sie ob es nicht zu warm sei mit dem dicken Mantel und ob sie Durst hötte .

Mit großen Augen nickte sie ,so sagte ich kurzerhand ,komm mal mit rüber an den Tisch .

Dort kann ich dir eine Zigarette geben (oft der erste Kontakt ) und wir schauen mal für was zu trinken.

Zögerlich sah sie mich an und sah dann Clayd Ist das dein Hund frug sie .

Ja ,sagte ich ,du brauchst keine Angst zu haben ,komm mit und wir holen erstmal ein Wasser für dich

Sie stand dann mit immer noch großem Mißtrauischem Gesicht auf ,nahm ihren Trolli und kam mit an den Tisch .

Erste Hürde geschafft dachte ich

Clayd reagierte sofort ,wie so oft und knüpfte Kontakt ,was die Frau sichtlich öffnete und erleichterte.

Nochmal sagte ich zu ihr ,ich bin Linda und wie heißt du ? Hast du Hunger ? Da füllten sich ihre Augen mit Tränen und es brach aus ihr heraus ,das sie vor Gewalt vom Mann vor zwei Tagen geflüchtet sei,seitdem draußen rumläuft ,kein Geld hätte und seit zwei Tagen auch nichts gegessen ,Irena hies ,aus Schlesien kommt und mein Alter hat

Es überraschte mich nicht ,denn wie mir mein Instinkt schon bei ihrem Anblick aus den Augenwinkeln gesagt hatte das sie obdachlos ist .

Sowas erkenne ich fast im Schlaf ,selbst dann wenn ich im Gespräch vertieft bin und kriege ich das auch immer mit was im Umfelt ist .

So bestellte ich der Frau ,erstmal eine Kleinigkeit zu Essen und natürlich Wasser zum trinken .

Sie trank direkt erstmal zwei kleine Flaschen sofort leer .

Ich frug sie wieder ob sie Hilfe für ein Bett brauche und holte meine HiK Visitenkarte raus ,wie Zettel und Kuli ,wss ich mir an gwöhnt habe immer dabei zu haben,genau wegen solcher Momente ,die mir häufig passieren .

Ich sagte ihr das ich am Wiener Platz aktiv bin ,den sie kannte und schrieb ihr erstmal auf wo sie zunächst eine Notschlafstelle für Frauen findet inklusiv Wegbeschreibung und mit welcher Bahn sie dahin kommt .

Dann rief ich beim SKF im Comback an und kündigte sie dort auf dem AB an . Das Comback ist ja erst Abends besetzt ,doch mir war wichtig das Irena falls kein Bett dort frei sein sollte ,weitere Hilfen bekommt.

Irrena taute dann etwas auf und erzählte das der Mann ihre Kontokarte gestohlen hätte ,viel Alkohol trank und sie ständig geschlagen hätte vor dem sie geflüchtet sei.

Fast wie immer ,dachte ich so .

Sie war unendlich dankbar für das Essen und das Wasser und es war ihr sehr peinlich das sie kein Geld hat um zu bezahlen .Immer wieder sagte sie ,ich kaufe Geschenke für dich wenn ich Geld habe .

Ich sei eine gute Frau sagte sie immer wieder und die Tränen stiegen ihr die ganze Zeit in die Augen .

Meine Bekannre ,Frau Lehrerin sagte dann ,Linda ich übernehm dann mal die Getränke ,gut das du Irena an gesprochen hast und rüber gegangen bist und sofort Frauen in Not erkennst . Ich hätte das nicht so einfach geschafft .

Nun nach fast 10 Jahren in der Praxis wäre es auch traurig würde ich nicht den Blick dafür haben.

Und wieder dachte ich so,hmm ,der Plan heute war zwar ein anderer und eigentlich bin ich in Zeitdruck ,doch es sollte wohl so sein.

Egal wo ich bin oder mit wem oder was ich gerade tue ,fast magisch kommen Menschen in Not in meinen Blick .

Manchmal werde ich auch einfach an gesprohen und nach etwas gefragt oder ich spreche sie an wenn mein Bauch sagt ,da schauen wir mal genauer hin.

So war auch der Sonntag wieder ganz anders wie er hätte sein sollen .

Clayd der auch wie immer genau weiß worauf es kommt ,hat wieder seinen Job gemacht ,den Eisbrecher zu sein .

Wieder nur ein Sonntag der nicht nach Plan lief

Zwei Tage zuvor hatte mich eine Frau am Kiosk hier an gesprochen und bat um Hilfe ,sie wolle kein Geld,nur was zu essen.

Ob ich ihr zwei Brötchen beim Bäcker holen könne .

Natürlich bekam sie zwei belegte Brötchen und ich erfuhr das sie aus Berlin sei und erst drei Wochen in Köln und bisher nur das Gulliver kennt .

Auch hier habe ich an die Arsche Mülheim vermittelt mit Wegbeschreibung .

Fast täglich kommen solche Begegnungen vor und es zeigt das die Not auf der Straße täglich wächst .

Nein ,ich kann nicht die Welt retten,doch für den Ein oder Anderen für einen Moment da sein und seine Not lindern

https://www.facebook.com/melissa.rennings.3 18. Juli 2022

--Methodios (Diskussion) 17:21, 22. Jul. 2022 (CEST)[Beantworten]


Tue gutes und rede drüber damit andere mit machen

Zeit zu schenken ist manchmal mehr Wert wie Gut und Geld

Wieder ein langes und intensives Gespräch mit einer Frau gehabt .

Wieder wurde deutlich warum Frauen oft nicht aus einer Beziehung raus kommen die ihnen nicht gut tut ,oder wo auch Gewalt eine Rolle spielt .

Oft komme ich an den Kern in diesen Gespröchen und berühre Punkte die viele nicht erkennen oder verstehen von diesen Frauen .

Ich glaube Gott gab mir die Gabe in Herzen zu schauen,doch auch meine Ausbildung als Genesungsbegleiterin hat mich gelehrt das jeder seinen Weg hat ,das jeder seine Schmerzgrenze hat die erst ereicht sein muss ,bevor erkannt wird das Änderungen her müssen .

Oft fehlt es an Infos wo sie Hilfe her bekommen können oder Beratungen die fachlich sind .

In meinen seit 2012 Tätikeiten in der Obdachlosenszene habe ich viele Menschen schon getroffen oder auch viele Schicksale und Geschichten gehört und auch Begründungen warum etwas nicht geht .

Immer wieder mangelt es an jemanden der nicht nur Verständnis hat ,sonder ohne Vorwurf oder Belehrung einfach zuhört und Mut macht für diese Frauen .

Mut sich auch Sachen an zu sehen die halt nicht so gut laufen und woran es liegen könnte ,warum man zb immer wieder das gleiche erlebt usw .

Mut und Wege zum durch brechen von Kreisläufen den Frauen auf zu zeigen ist so wichtig ,doch auch das sie nicht alleine sind,das sie nicht die einzigen sind denen das passiert usw .

Ich finde es müssten viel mehr spezifische Selbsthilfegruppen an geboten werden ,vor allem für Betroffene obdachlose,da sie nochmal ganz andere Problematiken haben und leider sehr oft in Anhängigkeiten geraten .

Es ist nie einfach sich aus Abhängigkeiten jeder Art zu lösen .

Ja,obdachlose ticken anders ,doch sind sie oft findiger in Lösungen die auch sehr pragmatisch sein können .

Warum ich so einen Instinkt und so ein Gespür habe für die Dinge die zwischen den Zeilen sind ,liegt wohl daran das auch ich einfach ein Straßenkind bin das schon viel selber im Leben gesehen und erlebt hat ,wohl auch das ich gut zuhöre und ich raus höre ,man mir nicht so schnell irgendwas vor machen kann .

Gott bringt mir immer jene ins Leben die oft schon einen langen Irrweg hinter sich haben,die mißtrauisch sind und sich nicht so schnell öffnen .

Dennoch gelingt es mir in den meisten Fällen an den Kern zu kommen ,oft laufen auch Tränen dabei und es zeigt mir das mir gerade diese Menschen ihr Vertrauen schenken .

Menschen die in dieser Gesellschaft ab gelehnt werden ,verurteilt oder beschimpft werden .

Ja sie alle sind besonders und speziell ,jeder von ihnen auf seine Art ,doch sind sie gerade deshalb oder darum die Zeit und Mühe wert .

Wärend ich solche Gespräche führe liegt Clayd neben mir und schaut mich oft an dabei und ich spüre wie er mir die Kraft gibt ,die richtigen Worte zu finden. Gott gab mir genau darum diesen speziellen Hund an die Seite ,der spürt wann er was tun muss und wer besondere Hilfe braucht.

Die Kunst darin ist nicht nur die äussere Fasade zu sehen,sondern auch was dahinter ist und im Hier und Jetzt zu sein .

Was der nächste Tag bringt ist dabei unwesentlich ,das kann sich schnell ändern egal welche Pläne man auch hat .

https://www.facebook.com/melissa.rennings.3 11. Juli 2022

--Methodios (Diskussion) 17:30, 22. Jul. 2022 (CEST)[Beantworten]

Hamburg[Bearbeiten]

taz: Lärry Be., warum braucht Hamburg eine eigene Notschlafstelle für junge Leute?

Lärry Be.: Na, weil es einfach viel zu kalt wird, besonders hier in Hamburg. Und viele junge Leute kommen gerade aus der Jugendhilfe und landen auf der Straße. Die wissen nicht wohin und wie es weitergehen soll. Sie kriegen kaum noch Hilfe.

Was hältst du von Hamburgs Plan einer Abteilung für junge Leute in der Obdachlosenunterkunft „Pik As“?

Überhaupt nichts. Das Pik As ist zu gefährlich. Viele dort leben schon seit 20 Jahren auf der Straße. Die sind frustriert. Man kommt dort in diesen Aufenthaltsraum und spürt, wie angespannt die Situation ist. Und es eskaliert des Öfteren, mal auf dem Gelände, mal in den Zimmern, mal auf den Fluren. Die haben da über 300 Plätze. Und hocken so viele Menschen, die nicht mit ihrem Leben klarkommen, auf einem Haufen, ist der Ärger programmiert. Und da einen jungen Menschen reinzustecken, macht dem nur noch mehr Probleme.

Hast du das selbst erlebt?

Ja. Ich habe da früher auch geschlafen. Durfte ich eigentlich nicht, aber ein Freund nahm mich mit. Es war kalt und ich wollte nicht unter einer Brücke schlafen. Es war nicht schön. Es gab Mehrbettzimmer, teilweise mit acht Betten, wo dann fremde Leute reingesteckt wurden. Die meisten besaßen fast nichts. Ich hatte dauerhaft Angst, dass mir jemand meine Sachen klaut, wenn ich einschlafe. Und ich hatte Angst, dass die sich nachts prügeln und ich was abkriege. Es ist öfter passiert, dass die sich da herumschubsten. Ich habe dann den Raum verlassen. Einige hatten Messer. Als Jugendliche fühlte ich mich da nicht sicher. Und es war kalt.

Was brauchen junge Leute?

Einen behüteten Platz, an dem die auch jugendlich sein können. An dem sie nicht in dieses Brutale geschmissen werden. Es wurde damals eine Einrichtung für Flüchtlinge geschlossen, deren Bewohner man ins Pik As steckte. Auch diese Flüchtlinge, die ja mit Sicherheit Angst in ihrem Leben empfinden mussten, sagten: Wir möchten nicht bleiben. Wir haben Angst.

Wie oft warst du dort?

Alle paar Wochen mal wieder. Und es war immer schrecklich. Für die Frauen, die da angemeldet sind, gab es ein Bad. Das war aber dauerhaft abgeschlossen – die Frauen kriegten den Schlüssel dafür. Es war das einzig saubere Bad dort. Ich musste da auf die Männertoilette. Und ich traute mich nicht, zu duschen.

Gab es keine andere Einrichtung für junge Frauen?

Also es gibt die „Schlafstatt“ der Anlaufstelle „Kids“ am Hauptbahnhof, aber dort musst du unter 18 sein und die haben nur drei Zimmer. Und es war schwierig für mich als junger obdachloser Punk, der ich war, sich an solche Sachen zu halten wie: „Du musst bis 22 Uhr hier sein und musst bis morgen früh 9 Uhr hier raus sein und du kannst deine Sachen nicht hier lassen.“ Nicht einfach soll es auch beim Kinder- und Jugendnotdienst sein. Aber den kannte ich gar nicht. Also man denkt sich eher: Okay, dann besetze ich lieber ein Haus und packe da meine Sachen rein und komme und gehe wie ich will.

Besetzen ist nicht legal.

Genau. Eine dauerhafte Notschlafstelle für junge Menschen wäre zumindest im Winter nötig. Und ich wünsche mir, das dies ein Nachsorge-Angebot der Jugendhilfe wird. Man kann nicht Jugendliche in eine Obdachlosenunterkunft stecken.

Warst du auch im Winternotprogramm für Obdachlose?

Ja. Fand ich genauso schwierig. Am besten wäre, man macht eine Container Siedlung für die Jugendlichen. Die meisten jungen Obdachlosen kennen sich ja. Gibt man denen einen Ort, könnte das richtig cool werden.

Wie kamst du aus der Obdachlosigkeit raus?

Ich hatte Glück. Ich rief eines Tages meine Eltern an: Bitte holt mich hier raus! Ich will in zehn Jahren nicht mehr unter der Brücke schlafen. Und dann hat meine Mama mir geholfen, eine Therapie zu finden und mein Vater holte mich zu sich nach NRW, wo ich wieder zur Schule ging. Na ja, es gab noch Phasen, in denen ich draußen schlief, aber ich bekam mein Leben in Griff.

Deine Erfahrungen liegen zehn Jahre zurück. Ist das Problem heute noch akut?

Mein Eindruck ist, dass heute noch genauso viele junge Leute obdachlos sind.

Was läuft da in der Jugendhilfe schief?

Die Jugendlichen sind meistens in Heimen oder Jugend-WGs. Werden die 18, heißt es: So, du musst dir jetzt eine Wohnung suchen. Es gibt zwar Nachsorge-Angebote, die auch bis 21 gehen. Aber die Betreuer erwähnen dies oft nicht. Und dann musst du mit 18 alle Anträge selber stellen, bist ganz auf dich alleine gestellt. Und hat man das vorher nicht gelernt und keine Familienmitglieder, die helfen – dann wächst einem das über den Kopf. Du landest in der Obdachlosigkeit, weil du die Anträge beim Amt nicht hinkriegst. Mir hat damals in NRW die Jugendhilfe übrigens genau dabei geholfen.

Sozialarbeiter vom „Arbeitskreis Wohnraum für junge Menschen“ fordern die Notschlafstelle schon lange. Nun will die Stadt auch. Warum findet sich kein Träger dafür?

So wie ich es verstehe, ist die Ausschreibung viel zu unattraktiv und hochschwellig. Die Träger sollen erst mal Räume und Personal stellen. Das kann kein kleiner Träger allein wuppen. Momentan ist es heiß draußen, aber in vier Monaten ist Winter und da werden wieder haufenweise Leute draußen frieren und erfrieren. Der geplante Anbau am Pik As ist nicht die beste Idee, aber es gäbe dann wenigstens eine Unterkunft im Winter. Doch auch die verzögert sich, weil es keine Bauarbeiter gibt. Wie es aussieht, wird im Winter weder der Anbau noch die Notschlafstelle fertig sein. Ich verstehe den Senat nicht. Die Jugendlichen, die jetzt alle nachkommen und versuchen, ihren Weg zu finden, lässt Hamburg im Stich.

Was muss jetzt zum kommenden Winter passieren?

Na ja. Die Stadt sollte zusehen, dass sie ein paar Bauarbeiter für diesen Pik As-Anbau findet. Auch wenn ich es unverantwortlich finde, junge Erwachsene an diesen Ort zu stecken. Aber sie werden sonst erfrieren. Und der Senat müsste am besten für die Notschlafstelle auch Träger-Verbünde erlauben, damit sich mehrere zusammen bewerben.

Wo sollte die hin?

Wo junge Leute ihre Ruhe finden. Sie brauchen einen Ort, an dem sie sagen können: „Heute Abend kann ich einfach schlafen und nicht erfrieren.“ Die wollen alle nur leben.

IM INTERVIEW: LÄRRY BE.

27, heißt mit vollem Namen anders und lebte in Hamburg im Alter von 15 bis 19 Jahren in der Straßenkinder-Szene. Heute ist sie Hunde-Trainerin und arbeitet beim Straßenkinder-Projekt Momo.

Lärry Be. über ihr Leben auf der Straße

„Stadt lässt Jugendliche im Stich“

Lärry Be. lebte als Minderjährige in Hamburg auf der Straße. Sie fordert eine Schlafstelle für junge Menschen abseits der Unterkünfte für Erwachsene.

taz vom 22. 7. 22

--Methodios (Diskussion) 11:23, 23. Jul. 2022 (CEST)[Beantworten]

Menschenrechte[Bearbeiten]

Muß ich es hinnehmen, als Mensch, mit dem Recht auf Schutz der Würde, in vorsätzlich ökonomisch erzeugter Existenzangst zu leben?

https://www.facebook.com/thomas.e.suckow

Menschenrechte? Ein stinkender Halsfurz der Lügner und Betrüger in dieser Gesellschaft. Geschützt wird nur Kapital und Profit, um so höher, um so mehr.

--Methodios (Diskussion) 16:00, 29. Aug. 2022 (CEST)[Beantworten]


Verschwinden lassen[Bearbeiten]

Massaker an Juden

Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD haben im September 1941 in der Stadt Winniza mindestens 10.000 Juden getötet. In und um Winniza lebten 1942 trotz der deutschen Massaker noch etliche jüdische Zwangsarbeiter, die als Sicherheitsrisiko für Hitler eingestuft wurden. Am 5. Januar 1942 befahl die SS den Juden, sich zu einer „Umsiedlung“ zusammenzufinden. Sie wurden jedoch wieder nach Hause geschickt, weil der Boden so hart gefroren war, dass es nicht gelungen war, Gruben auszuheben. Daraufhin stellte die SS im zum Führerhauptquartier nächstgelegenen Dorf 227 Juden an die Wand des örtlichen NKWD-Gefängnisses, sprengte die Mauer und begrub so diese Menschen.[3] Am 16. April 1942 wurden weitere 4800 Juden getötet. Bis zur Ankunft Hitlers im FHQ im Juli 1942 sollte SS-Brigadeführer Max Thomas die letzten in Zwangsarbeit befindlichen Juden „verschwinden lassen“.

w:de:Führerhauptquartier Werwolf

Verschwinden lassen der Flüchtligsproblematik[Bearbeiten]

Krippenspielverbot in Worms


In der Vorweihnachtszeit 2014 erregte die Stadt Worms deutschlandweites Aufsehen, als die Stadtverwaltung ein geplantes Krippenspiel der evangelischen Luther-Gemeinde auf dem Weihnachtsmarkt untersagte und das Mainzer Verwaltungsgerichts dieses Verbot bestätigte. Das Gericht begründete dies damit, dass das Krippenspiel die Rechte Dritter auf einen ungestörten Besuch des Weihnachtsmarktes verletze. Die Kirchengemeinde wollte mit dem Krippenspiel auf die Lage von Flüchtlingen hinweisen. Das evangelische Dekanat Worms-Wonnegau kritisierte das Verbot des Krippenspiels durch die Stadtverwaltung scharf. Dekan Harald Storch sagte, Flucht und Not seien wichtige Teile der Weihnachtsgeschichte.[1]

w:de:Krippenspiel#Krippenspielverbot in Worms

--Methodios (Diskussion) 17:40, 24. Dez. 2023 (CET)[Beantworten]

Temporär[Bearbeiten]

Überdrucksack = Gamow-Sack WL

Höhenkrankheit

  • w:de:José de Acosta - D’Acosta beschrieb nach Selbstbeobachtung erstmals die Höhenkrankheit, die auch d’Acosta-Krankheit genannt wird.

Akklimatisation = Akklimatisierung WL

Aspirationspneumonie

Sauerstoffgehalt des Blutes

Sauerstoffsättigung

Hypoxämie - Der Normwert ist abhängig von Alter und Geschlecht und liegt in der Regel für Frauen bei 18,6 Volumenprozent, bei Männern bei 20,4 Volumenprozent. - Eine Unterschreitung des CaO2 unter 12 Volumenprozent gilt als kritisch.

Krampfanfall

Hitzschlag bei Menschen

Trance (Musik)

w:de:Hitzetod

Körpertemperatur = Körperkerntemperatur WL

Anna Bågenholm - Anna Bågenholm, die damals am Krankenhaus in Narvik arbeitete, fuhr am 21. Mai 1999 mit zwei Arbeitskollegen Ski. Um 18:20 Uhr kam es zu einem folgenschweren Unfall: Bågenholm stürzte kopfüber in einen etwa 70 cm tiefen, zugefrorenen Bach, sie geriet unter die Eisdecke, wo ihr Körper zwischen zwei Felsen eingeklemmt wurde. Sie konnte zwar in einer Luftblase zwischen Eis und Wasser atmen, sich aber nicht befreien. Ihren Begleitern gelang es nicht, sie aus dem etwa 20 cm dicken Eis zu bergen. Um 18:27 Uhr wurde ein Notruf abgesetzt, aber erst um 19:40 Uhr konnte ein Rettungsteam das Eis mit einer Kreissäge aufsägen, so dass Bågenholm, die bereits seit 19:00 Uhr bewusstlos war, aus dem Bach gezogen werden konnte. Sie hatte mittlerweile rund 80 Minuten im Wasser gelegen.

--Methodios (Diskussion) 19:02, 23. Jul. 2022 (CEST)[Beantworten]

  1. Internetquellen: Abgerufen am 15. Dezember 2014; (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) - https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/weihnachten-gefaehrdet-ein-krippenspiel-das-abendland/11124592.html - Archivierte Kopie (Memento des Vorlage:Referrer vom 7. Mai 2015 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/archiv-bot - (Memento vom 7. Mai 2015 im Internet Archive) - https://nibelungen-kurier.de/gericht-untersagt-krippenspiel/ etc.