OpenSource4School/Lernumgebungen/Schnitzeljagd Schulhaus

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Mathematische Schnitzeljagd durchs Schulhaus[Bearbeiten]

Entwickler der Lernumgebung: Matthias Schett, Lorenz Schlenck, Linda Cornelius

Kurzbeschreibung der Lernumgebung[Bearbeiten]

Diese Lernumgebung befasst sich mit mehreren Themengebieten der Mathematik. Der Schwerpunkt liegt auf den Grundrechenarten, den geometrischen Formen und der Raumorientierung. Zunächst gibt es im Plenum eine kurze Einführung im Umgang mit den Tablets. Anschließend können die Kinder die „Schnitzeljagd“ selbstständig durchführen. Die Kinder sollen die Thematik selbstständig entdecken. Es gibt neun Aufgaben, welche sich im ersten und zweiten Stockwerk des Schulhauses abspielen. Die Lernumgebung ist für Kinder geeignet, die genug Lesekompetenz mitbringen, um die Angaben richtig zu erfassen. Für die erste und zweite Klasse werden die Aufgaben wahrscheinlich zu anspruchsvoll sein. Am Ende des Actionbounds finden die SuS einen Werkzeugkoffer mit einem Schlüssel darin. Abschließend wird gemeinsam der „Actionbound“ besprochen.

Welche Teilnehmer sollen angesprochen werden?[Bearbeiten]

Im konkreten Fallbeispiel wird die Lernumgebung mit einer mehrstufigen Klasse getestet. Die Klasse besteht aus SuS von der ersten bis zur vierten Klasse. Die einzelnen Stationen lassen sich gemeinsam meistern. Es sind sowohl Stationen enthalten, die nur SuS der vierten Klasse lösen können, aber auch Stationen, bei denen Kinder der ersten Klasse mitarbeiten können. Die Lernumgebung sollte aber am besten von Schülerinnen und Schülern der dritten oder vierten Klasse in Dreier- oder Vierergruppen gelöst werden.

Zentrale Aufgaben bzw. Arbeitsaufträge in der Lernumgebung[Bearbeiten]

  • Station 1: Die SuS suchen eine Liste von Schulregeln, die im Schulhaus ausgehängt ist und lesen zwei der Regeln vor. Sie müssen davon ein Video machen.
  • Station 2: Die SuS müssen die Fliesen auf einer Treppe zählen, bzw. durch eine Multiplikation errechnen.
  • Station 3: Die SuS müssen einem Pfad entlang von Bodenplatten folgen. Hier geht es vorwiegend um Konzentration.
  • Station 4: Diese Station lässt die Kinder nach einer zeitlichen Information auf einem Abziehbild suchen.
  • Station 5: Hier müssen die Kinder die Maße einer Schauvitrine schätzen.
  • Station 6: Hier müssen die Kinder geometrische Formen im Raum finden.
  • Station 7: Die SuS müssen eine Karte lesen und die Höhe eines Berges als Lösung angeben.
  • Station 8: Die Kinder müssen ein Kunstwerk finden und eine Subtraktion lösen.
  • Station 9: Die SuS müssen durch das genaue Betrachten eines Gebäudes ein besonderes Merkmal erkennen.

Material-Raum-Arrangement[Bearbeiten]

  • Einführungsphase: Zur Einführung benötigen die SuS das Tablet. Bevor die Schnitzeljagd beginnt, gibt es noch eine kurze Einführung. (siehe Wichtige Aspekte und Überlegungen zur Durchführung).
  • Durchführung Actionbound: Um den Actionbound durchzuführen, benötigen die SuS nur ein Tablet mit der Actionbound App pro Gruppe. Alle Gegenstände, die sie finden müssen und alle Aufgaben, die ihnen gestellt werden, befinden sich im Schulhaus. Die Gruppe benötigt auch ein Blatt Papier und einen Stift für Zwischenrechnungen. Ideal wären drei oder vier Kinder pro Gruppe, die alle schon etwas besser lesen können. Die Empfehlung liegt hier bei dritten und vierten Volksschulklassen.
  • Abschluss: Wenn nur wenig Zeit zur Verfügung ist, werden nur kurz die Entdeckungen reflek-tiert und die Schwierigkeiten besprochen (ca.30 Minuten). Wenn mehr Zeit (über 45 Minuten) zur Verfügung steht, können die hochgeladenen Videos und Fotos angesehen werden.

Wichtige Aspekte und Überlegungen zur Durchführung[Bearbeiten]

  • Gestartet wird im Plenum. Die SuS sollen über die Bedienung der App Bescheid wissen. Außerdem sollen die Verhaltensregeln besprochen werden. Dies soll sicherstellen, dass sich alle SuS in der Arbeitsphase zurechtfinden.
  • Alle Stationen der Schnitzeljagd werden als Gruppe durchlaufen. Die Aufgabenstellungen sind so gewählt, dass sich alle SuS einbringen können.
  • Auch die Abschlussphase wird im Plenum abgehalten. Alle SuS können von ihren Erlebnissen erzählen.
  • Die verschiedenen Aufgabenstellungen bieten immer wieder neue Impulsfragen. Als übergeordnete Fragen könnte man „Mathematikaufgaben im Schulhaus lösen“ nennen.
    • Welche geometrischen Formen kann ich im Schulhaus finden?
    • Wie kann ich mir schnell ausrechnen wie viele Elemente in einem regelmäßigen Muster vorkommen (Fliesen-Aufgabe)?
    • Wie kann ich Gegenstände mit meinen Körpermaßen schnell und leicht abmessen?
    • Welche Schulregeln muss ich bei der Arbeit am Gang beachten?
    • Wo sehe ich täglich Rechenaufgaben in meinem Alltag?

„Lernzuwachs“ der Schülerinnen und Schüler[Bearbeiten]

Welche mathematischen Einsichten (Aha-Erlebnisse der Schülerinnen und Schüler) können während der Situation gewonnen werden?

Das Erkennen von mathematischen Aufgaben im Alltag. Die Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, bei sehr offenen Aufgaben, selbst individuelle Antworten zu entwickeln. Die meisten Fragen haben keine eindeutig richtige Antwort, die zum Weiterkommen nötig wäre.

Eventuelle Stolpersteine im Verlauf der Situation[Bearbeiten]

In diesem Fallbeispiel handelt es sich um SuS der ersten bis vierten Klasse. Ein Problem kann die Altersdifferenz und damit der unterschiedliche Vorwissensstand sein. Die gemeinsame Eingangsphase dient lediglich dem Kennenlernen der App. Dadurch, dass auch jüngere Schüler/innen die Klasse besuchen, kann es sein, dass vor allem die älteren SuS schwierige Aufgaben lösen müssen. Um einem Streit um die Bedienung des Tablets vorzubeugen, sollte die anleitende Lehrperson die Kinder anweisen, das Tablet von Station zu Station von einem Kind zum nächsten weiterzugeben.

Mathematischer und mathematikdidaktischer Gehalt[Bearbeiten]

Überprüfung von Kriterien "guter" Aufgaben[Bearbeiten]

"Gute" Aufgaben werden im Sinne von Büchter & Leuders (2005)[1] verstanden.

Kompetenzorientiertheit[Bearbeiten]

Die Aufgaben sind sehr vielfältig gestaltet und sprechen daher unterschiedliche Kompetenzen an. Folgende Kompetenzen[2] werden angebahnt:

  • Station 1: Soziale Kompetenzen: Die Kinder werden an die Einhaltung der Schulregeln erinnert und halten diese dadurch vielleicht bewusster ein.
  • Station 2: Mathematisieren: Die Kinder finden eine Sachaufgabe zu einer geometri-schen Aufgabestellung.
  • Station 3: Diese Übung ist eher eine Turnübung. Sie fördert die Orientierung im Raum und die Konzentration der Kinder.
  • Station 4: Mathematisieren: Die Kinder müssen die Information vom Pickerl auf ein Datum prüfen und eine reelle Wartung des Hydranten erkennen.
  • Station 5: Arbeiten mit Größen: Die Kinder müssen anhand von Körpermaßen eine Größe schätzen. Kommunizieren: Die Kinder werden verschiedene Schätzungen abgeben und müssen sich auf eine einigen. Arbeiten mit Ebenen und Raum: Die Kinder schätzen die Größe einer Fläche an der Wand.
  • Station 6: Arbeiten mit Ebenen und Raum: Die Kinder erkennen verschiedene Formen von Gegenständen im Schulgebäude.
  • Station 7: Arbeiten mit Ebenen und Raum: Die Kinder betrachten eine Landkarte, die als zweidimensionales Medium eine dreidimensionale Sache abzubilden versucht. Modellieren: Die Vorstellung der Dreidimensionalität.
  • Station 8: Mathematisieren: Hier wird aus einem Kunstwerk eine Rechnung gemacht.
  • Station 9: Mathematisieren: Die Kinder müssen eine Hausfassade mit einer „Mathematischen Brille“ betrachten und eine Zahl finden.

Offentheit[Bearbeiten]

Einige Aufgaben sind offener gestaltet und bieten unterschiedliche Lösungswege an, andere sind eher geschlossen konzipiert.

Differenzierung[Bearbeiten]

Natürliche Differenzierung[3]: Jeder bekommt dasselbe Lernangebot. Das Angebot ermöglicht eine Bearbeitung auf unterschiedlichen Leistungsniveaus (Entwicklung eines eigenen Algorithmus). In den Gruppen – und Partnerarbeiten wird ein Mit – und Voneinander Lernen ermöglicht.

Eine innere Differenzierung passiert durch Hilfestellungen, die am Bildschirm erscheinen, wenn die erste Antwort eines Kindes falsch sein sollte. So haben also die niedrigeren Schulstufen auch die Chance alle Aufgaben richtig zu lösen. Manche Aufgaben können auch ohne eine Lösung übersprungen werden.

Authentizität[Bearbeiten]

Die unterschiedlichen Aufgaben sind mehr oder weniger unabhängig voneinander. Ein breites Bild der Mathematik wird vermittelt.

Leitideen zum Design von Lernumgebungen[Bearbeiten]

Die Leitideen zum Design von Lernumgebungen nach Wollring (2008)[4] werden herangezogen.

L1 Gegenstand und Sinn:

Die Aufgaben im Rahmen des Actionbounds basieren auf alltäglichen Gegenständen aus dem Schulgebäude. Dem Gegenstand wird durch die Aufgabe ein mathematischer Sinn zugeschrieben.

L2 Artikulation, Kommunikation, soziale Organisation:

Der Actionbound ist für eine Gruppengröße von drei bis vier SuS geplant. Kommunikation und Organisation innerhalb der Gruppe bilden die wichtigsten Basiskompetenzen. Verbal kommunizierte Lösungen müssen letztendlich schriftlich am Tablet festgehalten werden.

L3 Differenzierung:

Die Aufgaben sind nun für die Schwierigkeitsstufen aller vier Jahrgänge ausgelegt. Eine Differenzierung kann, wenn nur im Voraus stattfinden, indem die Aufgaben zu den Gegenständen versimpelt oder erschwert werden. Hierbei kann man sich an den vorgegebenen Unterrichtsinhalten für die verschiedenen Klassenstufen im Bereich Mathematik orientieren.

L4 Logistik:

Der Actionbound gibt die Logistik vor, sodass keine Materialwerkstatt notwendig ist.

L5: Evaluation:

Dadurch, dass die Ergebnisse der SuS am Ende hochgeladen werden, lässt sich leicht überprüfen, ob der Actionbound verständlich war und das Schwierigkeitsniveau angemessen.

L6: Vernetzung mit anderen Lernumgebungen:

Dadurch, dass im Actionbound alle möglichen mathematischen Aufgaben umsetzbar sind, lassen sich auch Verknüpfungen zu anderen Lernumgebungen herstellen.

Kriterien substanzieller Lernumgebungen[Bearbeiten]

Eine substanzielle Lernumgebung (u.a. Wittmann, 1998)[5] ist eine Lernumgebung, die fundamentale Ideen (Grundideen)[6] der Mathematik realisiert, die Kompetenz des Argumentierens sowie mathematische Fähigkeiten und Fertigkeiten fördert und die Möglichkeit bietet, produktiv mit der heterogenen Schülerschaft umzugehen (Krauthausen & Scherer, 2014)[7].

Die Aufgaben des Actionbounds decken viele Bereiche der Mathematik ab. Dadurch, dass dieser Actionbound mit SuS der ersten bis vierten Klasse durchgeführt wird, variiert die Aufgabenschwierigkeit teilweise extrem. Lerninhalte aller vier Stufen werden abgedeckt. Eine leichte flexible Anpassung an eine heterogene Lerngruppe ist leider nicht unbedingt möglich. Dies muss vorher durchdacht werden und die Aufgaben müssen dementsprechend kreiert werden. Bei diesem Actionbound bleibt es leider nicht aus, dass mal die älteren, und mal die jüngeren SuS angesprochen werden. Jedoch werden mathematische, psychologische und pädagogische Aspekte vereint. Dadurch, dass die Kinder dauerhaft in der Gruppe agieren und verschiedenste mathematische Aufgaben gemeinsam lösen müssen, werden die verschiedenen Komponenten angesprochen.

Phasen entdeckenden Lernens[Bearbeiten]

Die 4 Phasen entdeckenden Lernens (Winter, 1984)[8] wurden auf folgende Weise durchlaufen:

  1. Problemstellung: Dadurch, dass die SuS im Rahmen des Actionbounds ein Rätsel zu lösen haben, welches nur durch Bearbeitung der mathematischen Aufgaben möglich ist, werden die SuS vor eine herausfordernde Situation gestellt.
  2. Finden von Lösungen: Innerhalb der Gruppe und mit Hilfe der Hinweise durch den Actionbound, sollen die SuS eigenständig die Lösungen finden.
  3. Vorstellen der Ergebnisse: Je nach zeitlichem Umfang findet am Ende noch ein Vorstellen der Lösungen statt. Die dritte Unterrichtsphase ist also nicht so automatisch gegeben wie die ersten beiden Phasen.
  4. Arbeitsergebnisse bündeln, zusammenfassen, korrigieren, ordnen: Auch eine Zusammenfassung und Korrektur findet maximal im Rahmen des Actionbounds statt. Eine anschließende Besprechung ist aktuell nicht vorgesehen.

Funktionen von Arbeitsmitteln[Bearbeiten]

Es wurde untersucht, in welcher Funktion (Krauthausen, 2018)[9] die verwendeten (digitalen) Medien eingesetzt wurden:

  • Als Mittel zur Darstellung: Der Actionbound auf dem Tablet dient dazu, die Aufgaben zu stellen. Einige Aufgaben sind außerdem mit Bildern versehen, sodass ein Lösen oder das Finden des nächsten Punkts leichter gestaltet ist.
  • Mittel zum Ausführen: Um Rechenaufgaben zu lösen, sollen die SuS Stift und Papier mit sich nehmen. Das Tablet dient ausschließlich dazu, die Lösungen festzuhalten und nächste Hinweise zu geben.
  • Mittel zum Argumentieren und Beweisen: Einige Lösungswege müssen per Foto, Video oder Sprachnotiz festgehalten. Am Ende werden diese Ergebnisse hochgeladen, sodass die Lehrkraft dies überprüfen kann.

Weblinks[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

  1. Büchter, A., Leuders, T. & Leuders, T. (2005). Mathematikaufgaben selbst entwickeln: Lernen fördern - Leistung überprüfen. Cornelsen Scriptor.
  2. Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation & Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) (Hrsg.) (2011). Praxishandbuch für „Mathematik“ 4. Schulstufe (2. Aufl.). Graz: Leykam. Verfügbar unter: https://www.bifie.at/wp-content/uploads/2017/06/bist_m_vs_praxishandbuch_mathematik_4_2011-08-22.pdf
  3. Krauthausen, G. & Scherer, P. (2010). Umgang mit Heterogenität. Natürliche Differenzierung im Mathematikunterricht der Grundschule. Handreichungen des Programms SINUS an Grundschulen. Verfügbar unter: http://www.sinus-an-grundschulen.de/fileadmin/uploads/Material_aus_SGS/Handreichung_Krauthausen-Scherer.pdf
  4. Wollring, B. (2008). Zur Kennzeichnung von Lernumgebungen für den Mathematikunterricht in der Grundschule. Kasseler Forschergruppe (Hrsg.), Lernumgebungen auf dem Prüfstand. Bericht 2 der Kasseler Forschergruppe Empirische Bildungsforschung Lehren – Lernen – Literacy (S. 9–26). Kassel: kassel university press GmbH. Verfügbar unter: https://www.schulentwicklung.nrw.de/sinus/upload/tagung20080424/2008_Wollring_Lernumgebungen.pdf
  5. Wittmann, E. C. (1998). Design und Erforschung von Lernumgebungen als Kern der Mathematikdidaktik. Beiträge zur Lehrerbildung, 16(3), 329–342.
  6. Grundkonzeption des ZAHLENBUCHs. Verfügbar unter: http://www.mathematik.uni-dortmund.de/didaktik/mathe2000/pdf/Grundkonzeption%20mathe%202000.pdf
  7. Krauthausen, G. & Scherer, P. (2014). Natürliche Differenzierung im Mathematikunterricht. Konzepte und Praxisbeispiele aus der Grundschule. Seelze: Kallmeyer.
  8. Winter, H. (1984). Entdeckendes Lernen im Mathematikunterricht. Die Grundschule, 16(4), 26-29.
  9. Krauthausen, G. (2018). Einführung in die Mathematikdidaktik - Grundschule. Berlin: Springer.