OpenSource4School/Lernumgebungen zum Beweisen in der Primarstufe/Satz des Pythagoras
Formale Aspekte
[Bearbeiten]Namen der Verfasser der Lernumgebungsdokumentation
[Bearbeiten]Julia Huppert, Jessica Masuhr, Sarah Becker, Christina Berndt
E-Mail-Adressen und Datum
[Bearbeiten]Sommersemester 2021, 15.09.2021 • s8jjkief@stud.uni-saarland.de • s8jemasu@stud.uni-saarland.de • s9shpetr@stud.uni-saarland.de • s8chbern@stud.uni-saarland.de
Inhaltsaspekte
[Bearbeiten]Name der Lernumgebung
[Bearbeiten]Die nachfolgend dargestellte Lernumgebung trägt den Titel „Pythagoras – die Sagengestalt der Mathematik“.
Kurzbeschreibung der Lernumgebung
[Bearbeiten]Didaktische Motivation: Die didaktische Motivation der Lernumgebung kann zunächst hinsichtlich der drei Bedeutungen nach Klafki (vgl. Jank & Meyer, 2014, S. 205) aufgezeigt werden. Die Thematik weist eine hohe Gegenwartsbedeutung auf (vgl. ebd.). Die Lernenden setzen sich in der Schule wie auch in ihrem Alltag mit geometrischen Formen auseinander. Die Lernumgebung nimmt darauf Bezug, indem die Lernenden eigenständig den Satz des Pythagoras an ausgewählten rechtwinkligen Dreiecken erforschen. Weiterhin beinhaltet die Lernumgebung in diesem Zusammenhang ein hohes Motivationspotenzial. Die seitens der Schüler durchgeführten Handlungen sind in einem Puzzleformat umgesetzt. Durch diesen Knobelcharakter kann das Interesse der Lernenden geweckt und die Aufrechterhaltung der Konzentration begünstigt werden. Auch mit Blick auf die Zukunftsbedeutung (vgl. ebd.) zeigt die Lernumgebung Relevanz. Der gewählte Beweis dient einer ersten Auseinandersetzung mit dem Satz des Pythagoras, welcher insbesondere in den weiterführenden Schulen zum Tragen kommt. Demnach wird ein Grundverständnis gelegt, auf welches die Lernenden in ihrer Zukunft zurückgreifen können. Weiterhin sind die Auseinandersetzung mit ebenen Figuren sowie das Verständnis des Satz des Pythagoras für zahlreiche Berufsgruppen bedeutsam. Insbesondere in handwerklichen Berufen, in der Architektur sowie im Ingenieurswesen werden solche Kenntnisse vorausgesetzt. Zudem werden mit der Lernumgebung grundlegende Beweisfähigkeiten wie das Schlussfolgern, das Verallgemeinern oder auch die selbstständige Auseinandersetzung mit einem Problem geschult. Von diesen Fähigkeiten können die Lernenden in alltäglichen Situationen profitieren. Auch hinsichtlich der exemplarischen Bedeutung (vgl. ebd.) können diese als allgemeine mathematische Kompetenzen aufgegriffen werden. Weiterhin werden durch den Gebrauch der ebenen Figuren geometrische Grundlagen gefestigt. Auch die Unterscheidung der allgemeinen und rechtwinkligen Dreiecke ist zur erfolgreichen Durchführung der Lernumgebung zentral. Zudem wird im Rahmen des Satzes des Pythagoras gezielt auf den Flächeninhalt Bezug genommen, welchen die Schüler zur Beweisführung heranziehen. Allgemein vereint die Lernumgebung zahlreiche mathematikdidaktische Prinzipien. Die Lernenden setzen sich selbstständig mit den gestellten Arbeitsaufträgen auseinander. Die durchführende Lehrperson leitet die Beweisführung an, nimmt sich jedoch bei konkreten Handlungsaufträgen, wie dem Puzzle oder der Verallgemeinerung, zurück, sodass die Lernenden gemäß einer konstruktivistischen Sicht selbstständig Erkenntnisse generieren (vgl. Primakom, o.J., o.S.). Des Weiteren ist die Lernumgebung an dem Spiralprinzip hinsichtlich Rück- und Vorschau (vgl. Primakom2, o.J., o.S.) orientiert. Zur Beweisführung wird auf das Vorwissen der Lernenden bezüglich der ebenen Figuren sowie der Flächeninhaltsvergleiche zurückgegriffen. Auch möglicherweise gegebenes Vorwissen bezüglich der Beweisführung können in der Lernumgebung eingebracht und vertieft werden. Beweise allgemein sowie spezifisch der Satz des Pythagoras wird in den weiterführenden Schulen erneut thematisiert werden, sodass die erarbeiteten Erkenntnisse in weiteren Schuljahren erneut zum Tragen kommen. Weiterhin ist anzumerken, dass die gewählten Materialien innerhalb der Lernumgebung die Schüler zur Kommunikation und Argumentation innerhalb des Beweisprozesses anregen. Demnach greift die Lernumgebung durch den Materialeinsatz gezielt prozessbezogene Kompetenzen auf (vgl. Primakom3, o.J., o.S.).
Ziele der Lernumgebung: Zunächst verfolgt die Lernumgebung das Ziel, dass die Lernenden den zur Verfügung gestellten Rahmen mit den vier rechtwinkligen Dreiecken sowie den beiden Kathetenquadraten beziehungsweise dem Hypotenusenquadrat ausfüllen. Dies dient als Grundlage der Verallgemeinerung. Weiterhin sollen die Lernenden durch diese Handlung erkennen, dass die Summe der Flächeninhalte der Kathetenquadrate mit dem Flächeninhalt des Hypotenusenquadrates übereinstimmt. Demgegenüber stehen die analogen Handlungen mit den nicht rechtwinkligen Dreiecken. Angestrebt wird durch diese Gegenstellung die Erkenntnis, dass die Übereinstimmung der Flächeninhalte für alle rechtwinkligen, nicht jedoch für die nicht rechtwinkligen Dreiecke gilt. Auf diese Weise soll zudem erkannt werden, dass keine Durchführung mit allen möglichen Dreiecksarten notwendig ist, da die Verallgemeinerung stichhaltig generiert werden kann.
Eckpunkte der Lernumgebung: Zunächst erfolgt im Rahmen der Lernumgebung die Einführung der Sagengestalt des Pythagoras. Daran anknüpfend wird den Lernenden die Rolle des Lehrlings des Pythagoras übergeben. Pythagoras stellt anschließend die grundlegende Aufgabe der Lernumgebung. In diesem Zusammenhang werden verschiedene rechtwinklige Dreiecke sowie das entsprechende Hypoteusen- bzw. die Kathetenquadrate in einem vorgegebenen Rahmen zusammengefügt. Analog wird mit nicht rechtwinkligen Dreiecken verfahren. Zuletzt werden diesbezüglich die Unterschiede der Durchführungen zwischen allgemeinen und rechtwinkligen Dreiecken herausgearbeitet sowie eine Verallgemeinerung formuliert. Die detaillierte Darstellung der Lernumgebung erfolgt in Kapitel “Zentrale Aufgabenstellungen und Arbeitsaufträge in der Lernumgebung”.
Arbeitsmittel und Medien: Die Lernumgebung stützt sich gänzlich auf analoge Arbeitsmittel und Medien. Eingesetzt werden verschiedene rechtwinklige Dreiecke sowie das zugehörige Hypotenusen- sowie die Kathetenquadrate. Zu jedem Dreieck wird ein passender Rahmen vorgegeben, welcher mit den vier Dreiecken sowie dem Hypotenusen- beziehungsweise den Kathetenquadraten vollständig ausgefüllt werden kann. Gleichsam wird mit nicht rechtwinkligen Dreiecken verfahren.
Ungefährer Zeitbedarf zur Durchführung
[Bearbeiten]Für die Durchführung der Lernumgebung ist ca. eine Schulstunde à 45 Minuten vorgesehen. Die Zeiteinteilung kann je nach Klasse und Lerngruppe variieren.
Adressaten der Lernumgebung
[Bearbeiten]Die Lernumgebung wurde für eine vierte Klasse konzipiert. Je nach Leistungsstand der Schüler ist jedoch eine Umsetzung in der dritten Klasse ebenfalls möglich. Der Umgang mit dem Geodreieck und die Fähigkeit zum Zeichnen sind dabei keine notwendigen Voraussetzungen, da die Schüler mit vorgegebenen Materialien arbeiten und keine Dreiecke selbst erstellen müssen. Die Durchführung sollte mit allen Lernenden einer Klasse erfolgen, kann allerdings auch in speziellen Mathe AGs Verwendung finden. Im Klassenverband können aufgrund der vorherrschenden Heterogenität verschiedene Differenzierungsmaßnahmen ergriffen werden (siehe Kapitel “Gute” Aufgaben & Differenzierung).
Zentrale Aufgabenstellungen und Arbeitsaufträge in der Lernumgebung
[Bearbeiten]Die Unterrichtsstunde beginnt mit einem Bildimpuls. Die Lehrperson zeigt den Schülern eine Abbildung einer Comicfigur, die Pythagoras darstellen soll.
Dazu erzählt sie den Schülern eine Geschichte: “Pythagoras war ein berühmter griechischer Mathematiker, der vor 2500 Jahren lebte. Man erzählt sich von ihm viele verrückte Geschichten. Er soll einmal mit einer giftigen Schlange gekämpft und sie totgebissen haben. Auf der griechischen Insel Samos studierte er früher Physik und Mathematik. Anschließend bereiste er viele Länder. In Süditalien gründete er schließlich eine Schule für junge Männer, die einen geheimen Bund bildeten. Sie nannten ihn Mathematikoi, welches übersetzt Mathematiker oder Wissenschaftler bedeutet. Heute wirst du zum Schüler des Pythagoras, dem Mathematikoi. Er hat sich eine knifflige Aufgabe für dich überlegt.“
Der Einstieg soll das Interesse der Schüler für das Thema wecken und sie neugierig auf die bevorstehende Aufgabe machen. Weiterhin werden sie motiviert sich mit dem mathematischen Inhalt auseinanderzusetzen.
Im Anschluss an den Einstieg beginnt die Durchführung des Beweises. Dazu teilt die Lehrperson den Schülern die entsprechenden Materialien aus. Sie leitet sie zudem mit verschiedenen Impulsen an, die im Folgenden genauer dargestellt werden. Diese können je nach Leistungsstand der Schüler variieren.
Die Schüler erhalten ein rechtwinkliges Dreieck und zugehörigen Katheten- und Hypotenusenquadrate (wahlweise in Farbe oder Graustufen, vgl. Kapitel “Gute” Aufgaben & Differenzierung). Die Quadrate werden den Seiten des Dreiecks zugeordnet. Mit Hilfe dieser Aufgaben sollen die Schüler den Zusammenhang zwischen den Quadraten und den Dreiecksseiten erschließen. • Impuls 1: „Ordne jeder Dreiecksseite das passende Quadrat zu.“ • Impuls 2 (nach dem Zuordnen): „Beschreibe deine Zuordnung. “ • Hilfsimpuls: „Beschreibe den Zusammenhang zwischen dem Dreieck und den Quadraten.“
Das Dreieck des ersten Arbeitsauftrages wird anschließend in vierfacher Ausführung zur Verfügung gestellt. Weiterhin erhalten die Schüler einen Rahmen, den sie mit den Dreiecken und Quadraten füllen sollen. In den nächsten beiden Schritten erkennen die Schüler den Zusammenhang zwischen den beiden Kathetenquadraten und dem Hypotenusenquadrat. • Impuls 3: „Fülle den Rahmen mit den Dreiecken und den Quadraten.“ • Hilfsimpuls: „Nutze zuerst nur die beiden kleinen Quadrate und die Dreiecke.“
Die Schüler wiederholen die vorherige Aufgabe (Zuordnung und Ausfüllen des Rahmens). mit einem rechtwinkligen Dreieck anderer Größe. Die Schüler erkennen, dass sie den Rahmen auch mit anderen rechtwinkligen Dreiecken und Quadraten füllen können. In Abhängigkeit der Lerngruppe können gegebenenfalls weitere Beispiele vor der Schlussfolgerung durchgeführt werden. • Impulse 1-3 werden wiederholt. • Impuls 4: „Erkläre, wie du den Rahmen gefüllt hast. Was fällt dir auf?“ • Hilfsimpuls: „Erkläre den Zusammenhang zwischen den kleinen und dem großen Quadrat.“
Zuletzt versuchen die Schüler die Aufgabe nacheinander mit einem allgemeinen, nicht rechtwinkligen Dreiecken durchzuführen. Die Verallgemeinerung dient der Erkennung der Unterschiede hinsichtlich der Beweisführung zwischen den rechtwinkligen und nicht rechtwinkligen Dreiecken. • Impuls 5: „Gilt dieser Zusammenhang immer?“ Hilfsimpuls: „Schaue dir die Dreiecke genauer an.“
Zum Abschluss nimmt die Lehrperson Bezug zum Einstieg: „Nach deinem Tag bei Pythagoras kommst du von der Schule nach Hause. Du möchtest deinen Eltern erklären, was du heute gelernt hast. Notiere deine Erkenntnisse.“ Die Schüler notieren den Beweis in eigenen Worten in einer Sprechblase. Danach werden die Sprechblasen an der Tafel gesammelt und die Erkenntnisse mündlich im Plenum besprochen. Die Sprechblasen werden zum Abschluss gemeinsam mit der Figur aus dem Einstieg auf einem Plakat festgehalten und im Klassenraum angebracht.
Technische Voraussetzungen
[Bearbeiten]Die Durchführung der Lernumgebung erfordert keine technischen Voraussetzungen. Die (analogen) Materialien müssen passgenau gegeben sein, um den Beweis erfolgreich durchführen zu können. Weiterhin sollten langlebige Materialien, bspw. aus dickerem Papier oder aus Pappe, eingesetzt werden, damit die Schüler einfach damit handeln können.
Mathematischer Gehalt der Lernumgebung
[Bearbeiten]Mathematische Analyse
[Bearbeiten]Die Lernumgebung beginnt mit einer enaktiven Erarbeitung. Dabei erhalten die Schüler ein rechtwinkliges Dreieck und ordnen den Seiten die jeweils zugehörigen Katheten- und Hypotenusenquadrate zu. Anschließend sollen sie erste Zusammenhänge zwischen den Katheten- und Hypotenusenquadraten erkennen, indem sie einen vorgegebenen Rahmen auslegen (“Indirektes Vergleichen durch Auslegen”). Dieser Vorgang wird mit weiteren rechtwinkligen Dreiecken durchgeführt. Auf diese Weise erfahren die Schüler handelnd, dass der Rahmen auch mit anderen Katheten- und Hypotenusenquadrate rechtwinkliger Dreiecke gefüllt werden kann. Sie erkennen den Zusammenhang zwischen den Kathetenquadraten und dem Hypotenusenquadrat und, dass die Summe der Flächeninhalte der Kathetenquadrate mit dem Flächeninhalt des Hypotenusenquadrates übereinstimmt (“Vergleichen von Flächen”). Durch den Vergleich mit den folgenden allgemeinen, nicht rechtwinkligen Dreiecken gelangen die Schüler idealerweise zur Verallgemeinerung. Sie werden darauf aufmerksam, dass die Übereinstimmung der Flächeninhalte für alle rechtwinkligen, nicht jedoch für die nicht rechtwinkligen Dreiecke gilt. Die Ergebnisse können hierbei schriftlich, mündlich oder ikonisch formuliert werden. Zudem kann durch diese Vorgehensweise der intermodale Transfer gefördert werden, indem dies Schüler/-innen zwischen der enaktiven, ikonischen und symbolischen Darstellungsform wechseln können. Der Übertrag von der ikonischen zur symbolischen Darstellung, der dann zu der Formel a^2 +b^2 =c^2 führt, erfolgt in der Grundschule noch nicht und wird auch in der Verallgemeinerung nicht eingefordert (vgl. Franke & Reinhold 2016, S. 310).
Zur Durchführung der Lernumgebung sind folgende mathematische Kenntnisse notwendig, um die Aufgabe zu lösen: Die Lernenden sollten grundsätzliche Fähigkeiten in den prozessbezogenen Kompetenzen (kommunizieren, argumentieren und problemlösen) mitbringen. Ferner sollten auch bereits erste inhaltliche Kompetenzen im Kompetenzbereich Raum und Form (geometrische Formen wie Dreieck, Quadrat; Seite, rechtwinklig, Umgang mit Flächeninhalten) erworben worden sein. Ebenso wird der Umgang mit gegebenem Material und dem Lineal (z.B. zum Messen der Seiten) vorausgesetzt.
Mathematikdidaktischer Gehalt der Lernumgebung
[Bearbeiten]Didaktische Analyse
[Bearbeiten]Der Satz des Pythagoras ist der wahrscheinlich berühmteste Satz der Mathematik und eignet sich sehr gut, um an ihm das Beweisen mithilfe verschiedener Beweise zu thematisieren (vgl. Gerwig, 2015, S. 196 + 207). So kann der Satz des Pythagoras auf unterschiedliche Weise im Unterricht bewiesen werden, z-B. mittels Zerlegungsbeweis, Ergänzungsbeweis, arithmetischer Beweis, Ähnlichkeitsbeweis oder Scherungsbeweis (vgl. Helmerich & Lengnink 2016, S. 158f.). In der vorliegenden Lernumgebung wurde sich am Zerlegungsbeweis orientiert. Thematisch betrachtet, trägt die Lernumgebung dazu bei die Begriffsvorstellung Flächeninhalt zu fördern und somit den Satz des Pythagoras vorzubereiten. Dabei soll das Verständnis von Kongruenzen in der Ebene erarbeitet werden. Dieses Verständnis kann durch verschiedene Übungen wie zum Beispiel Übungen zum Vergleichen, Legen, Auslegen, Zerlegen und Zusammensetzen vorbereitet und gefördert werden (vgl. Franke & Reinhold 2016, S. 310). Dabei wird grundsätzlich zwischen direktem und indirektem Vergleichen von Flächen unterschieden. Beim direkten Vergleichen von Flächen erkennen die Schüler in welchem Verhältnis zwei Flächen zueinanderstehen (vgl. ebd., S. 311). Bei der Lernumgebung wird davon ausgegangen, dass in diesem Zusammenhang bereits Erfahrungen gesammelt wurden. Beim indirekten Vergleichen von Flächen durch Zerlegen wird eine Figur in gleiche Teilfiguren zerlegt, um auf diese Weise den Vergleich des Flächeninhalts zu ermöglichen (vgl. ebd.). Flächengleiche Figuren können auch durch die Umkehrung der Zerlegung gefunden werden, indem die Lernenden die Teilfiguren wieder zusammensetzen (vgl. ebd., S. 312). Die geplante Lernumgebung beschäftigt sich vorrangig mit dem indirekten Vergleichen von Flächen durch Auslegen (vgl. ebd., S. 314). Aufgrund dessen erhalten die Kinder einen Umrissrahmen, den sie mit den vorgegebenen Materialien auf zweierlei Weise auslegen. Zum einen mit vier rechtwinkligen Dreiecken und den zwei Kathetenquadraten, zum anderen mit den vier rechtwinkligen Dreiecken und dem Hypotenusenquadrat. Dabei gelangen sie durch das Auslegen zu der Erkenntnis, dass das Füllen des Rahmens mit beiden Kombinationen möglich ist. Daraus ergibt sich zunächst, dass beide Kombinationen den gleichen Flächeninhalt haben. Durch den Vergleich der jeweiligen Teilfiguren erkennen die Schüler zudem, dass die Anzahl der Dreiecke stets identisch ist und sich lediglich die Anzahl der Quadrate ändert. Hieraus kann der Schluss gezogen werden, dass das Hypotenusenquadrat den gleichen Flächeninhalt wie die beiden Kathetenquadrate hat. Neben der vertieften Auseinandersetzung mit der Thematik des Flächeninhalts wird in der Lernumgebung zudem das Beweisen in den Blick genommen. Dabei orientiert sich die Vorgehensweise am Begriffsnetz nach Kirsten (2021) “Argumentieren, Begründen und Beweisen” (Kirsten 2021, S. 7), wobei die ersten beiden Begriffe hier im Fokus stehen. Die Lernenden beschreiben/argumentieren und hinterfragen ihre Entdeckungen (“Gilt dies bei allen Dreiecken so?”). Dies bedeutet sie gehen ergebnisoffen und weniger zielorientiert die Aufgabe an und entdecken neue Erkenntnisse (vgl. Kirsten 2021, S. 29). Beim Prozess des Begründens werden Zusammenhänge erschlossen, indem die Lernenden aus “einer Menge an Aussagen Schlussfolgerungen (Kirsten, 2021, S. 23)” ziehen (Flächeninhalt der beiden Kathetenquadrate gleich dem Flächeninhalt des Hypotenusenquadrats). Da der Satz des Pythagoras in der Grundschule selten behandelt wird, ist es an dieser Stelle schwierig auf Literatur, die konkrete Hindernisse im Umgang mit dem Satz des Pythagoras in der Grundschule beschreibt, zurückzugreifen. Festgehalten werden kann jedoch, dass es einerseits Befunde zu Hindernissen im Bereich des Beweisens an sich kommen kann und weiterhin eine gewisse Problematik bei der Thematik Flächeninhalt vorliegt. So kann es beim generellen Beweisen laut Bruner (2014) zu Schwierigkeiten beim Formulieren kommen (vgl. Bruner 2014, S. 85). Auch Krauthausen und Scherer zeigen hier mögliche Probleme wie mangelnde Konzentration seitens der Lernenden oder eine fehlende Differenzierung des Lerninhaltes durch die Lehrperson auf (vgl. Krauthausen & Scherer 2014, S. 208). Ebenso lässt sich konstatieren, dass beim Beweisen vielfältige Anforderungen ineinandergreifen und es sich um eine komplexe Thematik handelt (vgl. Kirsten 2021, S. 31). Beim Messen von Flächen zeigt sich, dass in der Grundschule die Erfahrungen der Kinder zu den Begrifflichkeiten “Fläche” und “Flächeninhalt” oft unscharf sind und sich bis in die weiterführende Schule häufig keine klare Begriffsvorstellung gebildet hat (vgl. Franke & Reinhold 2016, S. 309). Dies liegt, laut Franke und Reinhold, darin begründet, dass beispielsweise Umfang und Fläche verwechselt werden, die Kenntnis über das Prinzip der Flächeninvarianz fehlt oder auch in mangelnder Erfahrung im Alltag und des Flächenvergleichens (vgl. ebd.). Ferner haben die Schüler auch Schwierigkeiten mit dem Schätzen einer Fläche sowie mit dem Verständnis für die Größe einer Fläche (vgl. ebd.).
„Gute“ Aufgaben & Differenzierung
[Bearbeiten]Die gewählten Aufgabenstellungen der Lernumgebung orientieren sich an den Merkmalen für gute Aufgaben wie sie in den Handreichungen zur Kompetenzorientierung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (2008, S. 13) zu finden sind. Durch die Einstiegsgeschichte ist die Lernumgebung in einen sinnstiftenden Kontext eingebunden. Die Schüler erhalten von dem berühmten Mathematiker Pythagoras eine knifflige Aufgabe, die es zu lösen gilt. Dazu ist es erforderlich, dass die Lernenden Ausdauer, Geduld, Konzentration und auch Anstrengungsbereitschaft zeigen, was gemäß Krauthausen & Scherer (2014, S. 201) ebenfalls ein Kennzeichen guter Aufgaben darstellt. Weiterhin werden durch die Aufgaben inhalts- und prozessbezogene Kompetenzen gefördert. Die Lernumgebung lässt sich der Leitidee Raum und Form zuordnen und knüpft an die bereits vorhandenen geometrischen Vorkenntnisse der Schüler im Bereich der ebenen Figuren an. Die Auslegung des Rahmens mit den ebenen Figuren erlaubt die Schlussfolgerung, dass die zwei Kathetenquadrate den gleichen Flächeninhalt haben wie das Hypotenusenquadrat. In Bezug auf die prozessbezogenen Kompetenzen werden das Problemlösen, Kommunizieren und Argumentieren aufgegriffen und gefördert. Auch trägt das erfolgreiche Auslegen des Rahmens mit den vorgegebenen Dreiecken und Quadraten zur Stärkung des Könnensbewusstseins bei. Welche der vier möglichen Anordnungen bei der Auslegung des Rahmens mit den zwei Quadraten und den vier Dreiecken gewählt wird, bleibt den Lernenden frei überlassen. Da es zudem denkbar ist, dass es Kinder geben kann, die zwar Entdeckungen gemacht haben, diese aber aufgrund ihrer derzeitigen (schrift-)sprachlichen Ausdrucksfähigkeit nicht mitteilen können, wird den Schülern auch die Ergebnisdarstellung freigestellt. Diese kann nicht nur mündlich oder schriftlich erfolgen, sondern beispielsweise auch ikonisch, durch eine Zeichnung, oder durch eine konkrete Handlung (vgl. Krauthausen & Scherer 2014, S. 259).
Die Lernumgebung folgt der natürlichen Differenzierung. Alle Lernenden erhalten das gleiche Lernangebot, mit dem sie sich auseinandersetzen. Dabei bleibt es ihnen freigestellt, ob sie allein oder mit einem Partner zusammenarbeiten. Ebenfalls darf die Ergebnisdarstellung frei gewählt werden. Diese kann schriftlich, mündlich oder alternativ ikonisch erfolgen. Grundsätzlich ist vorgesehen, dass die Schüler die vorhandenen Quadrate und Dreiecke in verschiedenen Graustufen erhalten, damit sie individuell und ungesteuert entscheiden können, wie sie die ebenen Figuren anordnen. Um auch den Lernenden des Mindeststandard gerecht zu werden, erfolgt eine qualitative Differenzierung in der Form, dass auch eine farbige Variante zum Einsatz kommt. Bei dieser Variante sind die Kanten der ebenen Figuren gefärbt, sodass erkennbar ist, wie diese korrekt aneinandergelegt werden. Eine quantitative Differenzierung erfolgt durch die Gabe weiterer Dreiecksformen, anhand derer eine erneute Überprüfung der gezogenen Schlussfolgerung vorgenommen werden kann.
Artikulation, Kommunikation, Soziale Organisation
[Bearbeiten]Aus ihrer Erfahrung wissen Schüler, dass beim Lösen eines Puzzles verschiedene Möglichkeiten ausprobiert werden müssen, um zur richtigen Lösung zu gelangen. Dies erfordert mitunter Geduld und Konzentration. Die Lernumgebung knüpft unmittelbar an diese Erkenntnis an. Auch mit den vorgegebenen Materialien soll ein Puzzle gelöst werden. Dies kann allerdings nur gelingen, wenn handelnd mit dem Material umgegangen wird. Nur durch das eigenständige Ausprobieren kann die knifflige Aufgabe von Pythagoras korrekt gelöst werden. Dazu wird den Lernenden ausreichend Raum und Zeit sowie sachgerechte Hilfe zur Verfügung gestellt (vgl. vgl. Krauthausen & Scherer 2014, S. 202). Zum einen kann auf differenziertes Material (siehe Punkt: Welche Art der Differenzierung wird in der Lernumgebung umgesetzt?) zurückgegriffen werden, zum anderen fungiert die Lehrperson als Lernbegleiter und unterstützt die Schüler bei auftretenden Schwierigkeiten oder regt mit gezielten Impulsen, wie beispielsweise „Beschreibe den Zusammenhang zwischen Dreiecken und Quadraten“, zum weiteren Nachdenken an. Dabei bleibt den Lernenden freigestellt, ob sie allein oder mit einem Partner zusammenarbeiten. Ebenso kann die Wahl der Ergebnisdarstellung frei gewählt werden. Diese kann schriftlich, mündlich oder alternativ ikonisch erfolgen. So wäre es beispielsweise denkbar, dass die Kinder ihre Erkenntnisse in einem ersten Schritt als Zeichnung festhalten. Durch Impulse, wie „Erkläre, wie du den Rahmen gefüllt hast. Was fällt dir auf?“, werden die Schüler zudem dazu angeregt ihre Vorgehensweise und Erkenntnisse zu versprachlichen, was eine vertiefende Auseinandersetzung mit den Lerngegenstand fördert. Welche Impulse und Fragen in den jeweiligen Phasen der Lernumgebung explizit genutzt werden siehe unter „Explizite Formulierung der Aufgabenstellung und Arbeitsaufträge“. In der Schlusssequenz wird Bezug auf die im Einstieg geschilderte Geschichte genommen. Dazu wird den Kindern folgender Impuls dargeboten: „Nach deinem Tag bei Pythagoras kommst du von der Schule nach Hause. Du möchtest deinen Eltern erklären, was du heute gelernt hast. Notiere deine Erkenntnisse.“ Die Lehrperson teilt vorgefertigte Sprechblasen aus, auf denen die Lernenden ihre Erkenntnisse festhalten. Diese werden im Anschluss an der Tafel gesammelt und gemeinsam besprochen. Auf diese Weise tauschen sich die Schüler aktiv über ihre Problemlösestrategien und ihre Erkenntnisse aus, was der Sicherung dient. Zudem besteht die Möglichkeit die Einstiegsgeschichte mit dem Bild von Pythagoras sowie die Sprechblasen auf einem Plakat festzuhalten und im Klassensaal aufzuhängen. Die Bemühungen und Erkenntnisse der Lernenden erfahren somit eine besondere Wertschätzung. Durch die geschilderte Vorgehensweise ermöglicht die Lernumgebung auf diese Weise einen konstruktiven und entdeckenden Prozess (vgl. Krauthausen & Scherer 2014, S. 112).
Potenzial des Einsatzes (digitaler) Medien
[Bearbeiten]In dieser Lernumgebung können die verschiedenen Dreiecke, die Quadrate und der Rahmen als investives Material angesehen werden, da diese aufgrund des robusten Materials mehrmals verwendet werden können. Das Plakat und die Sprechblasen aus der Sicherungsphase sind hingegen konsumtiv, da die Schüler diese beschriften und im Klassenraum aufhängen. Die Schüler kennen bereits den Umgang mit verschiedenen Arbeitsmaterialien aus anderen Unterrichtssequenzen und sind sich eines sorgfältigen Umgangs bewusst. Weiterhin sind sie mit dem Auslegen von Figuren vertraut, sodass durch diese Methode kein neuer Lerngegenstand für die Schüler entsteht. Das erste Dreieck mit den entsprechenden Quadraten wird allen Schülern zu Beginn ausgeteilt, sodass alle zeitgleich daran arbeiten. Da den Schülern aber die Zeiteinteilung und die Sozialform nicht vorgegeben wird, können sie sich die Materialien für die nächsten Schritte eigenständig besorgen. Dazu wurden nummerierte Materialkisten erstellt, in denen sich das entsprechende Material gebündelt befindet. Die Materialkisten sorgen für eine gute Strukturierung und vermeiden eine Vermischung der Dreiecke und Quadrate. Weiterhin hilft sie den Schülern dabei den Beweis durchzuführen, ohne diesen zu sehr anzuleiten. Leistungsstarke Schüler könnten allerdings an diesem Punkt eingeschränkter sein, weswegen ihnen auch die Reihenfolge nicht vorgegeben werden muss. Die vorgegebene Reihenfolge macht den Unterschied zwischen den Dreiecken deutlich. Zudem sind die Materialien allen Schülern sofort verfügbar. Durch die eigenständige Organisation der Materialien wird ihre Selbstständigkeit gefördert. Das Material wird den Schülern sowohl in schwarz-weiß als auch in farbig zur Verfügung gestellt. Die Farben helfen bei der Zuordnung der Quadrate zu den Dreiecksseiten. Die Wahl des Materials ist den Schülern freigestellt, sodass sie ihren Leistungsstand selbst einschätzen können.
Funktion & fachdidaktisches Potenzial: Das Material hilft dabei den Beweis zu visualisieren, sodass die Schüler diesen gedanklich besser nachvollziehen können. Dadurch können sich die Schüler bei der Beschreibung und Argumentation immer wieder auf das Material berufen.
Es gibt drei Hauptfunktionen von Arbeitsmitteln. Sie sind Mittel zur Darstellung mathematischer Sachverhalte, Mittel zum Ausführen mathematischer Verfahren und sie fördern prozessbezogene Kompetenzen (vgl. https://primakom.dzlm.de/%C3%BCbergreifendes/prinzipien/einstieg/hintergrund, Stand: 02.09.2021). Das Material dieser Lernumgebung erfüllt alle drei dieser Funktionen. Durch dieses wird der Satz des Pythagoras dargestellt und das Vergleichen und Parkettieren wird ausgeführt. Außerdem fördert es durch die Verallgemeinerung und die Erklärung der Handlungen die Kompetenzen Kommunizieren und Argumentieren. Weiterhin wird das Beweisen gefördert, da das Material gezielt zur Beweisführung genutzt wird und enaktive Handlungen vollzogen werden können.
Weiterhin sollten bei der Auswahl von Arbeitsmaterialien verschiedene Gütekriterien nach Krauthausen (2018, S. 334 f.) beachtet werden. Inwiefern die ausgewählten Materialien dieser Lernumgebung diesbezüglich geeignet sind, wird im Folgenden erläutert: Die Dreiecke und Quadrate verkörpern das mathematische Thema dieser Lernumgebung, den Satz des Pythagoras. Durch das enaktive Handeln wird der Beweis veranschaulicht und Vorstellungsbilder sowie das mentale Operieren werden gefördert. Neben der enaktiven Handlungsmöglichkeit bieten sie zudem eine Übersetzung in grafische Bilder, die die Schüler leicht zeichnen können. Weiterhin bietet das Material individuelle Bearbeitungs- und Lösungswege. Das Ausfüllen des Rahmens mit den Kathetenquadraten ist auf vier verschiedene Weisen möglich. Wie bereits oben erwähnt fördert das Material die Kompetenzen Kommunizieren und Argumentieren, da die Schüler sich über die Lösungswege und Schlussfolgerungen austauschen müssen. Demnach kann es auch in unterschiedlichen Arbeits- und Sozialformen eingesetzt werden. Darüber hinaus kann das Material von der Lehrperson am Ende der Unterrichtsstunde eingesammelt und erneut verwendet werden. Denkbar ist auch ein Einsatz in anderen Unterrichtseinheiten der Geometrie. Durch das Sammeln in Materialkisten weist das Material eine hohe organisatorische Handhabung auf. Es ist schnell bereitzustellen aber auch schnell wieder wegzuräumen. Aufgrund der farblichen Gestaltung der Materialien ist zudem eine ästhetische Qualität gegeben. Das Material kann ebenfalls in vergrößerter Form ausgedruckt werden, sodass die Lehrperson den Beweis an der Tafel demonstrieren kann. Die Exemplare der Schüler haben eine angemessene Größe, sodass die Handhabbarkeit für Kinderhände und ihre Motorik angemessen ist. Da das Material wie bereits erwähnt langlebig ist, entsteht ein einmaliger zeitlicher und organisatorischer Aufwand. Weiterhin ist das Arbeitsmaterial einfach herzustellen und es entstehen wenige Kosten.
Zuwendung der Lehrperson: Die Lehrperson sollte die Lernumgebung mit den bereits beschriebenen Impulsen anleiten, sodass die Lernenden zur Verallgemeinerung hinarbeiten. Bei leistungsstärkeren Schülern kann die Anleitung entsprechend reduziert werden. Die Impulse könnten in Form von Hilfskärtchen den Schülern zur Verfügung stehen, die die Schüler bei Verständnisschwierigkeiten zu Hilfe nehmen können. Da sie selbst entscheiden müssen, wann sie diese verwenden, wird ihre Eigenständigkeit gefördert. Allerdings könnte bei einer heterogenen Leistungsgruppe die Verallgemeinerung ohne entsprechende Hilfe der Lehrperson schwierig sein, da dieser Beweis eine hohe Komplexität aufweist. Die Schüler können sich allerdings auch gegenseitig unterstützen, wenn sie in Kleingruppen zusammenarbeiten möchten.
Evaluation
[Bearbeiten]In dieser Lernumgebung ist die Erzeugung von Strategiedokumenten in schriftlicher Form durch die Schüler nicht explizit vorgesehen aufgrund der Komplexität des Beweises. Den Lernenden ist jedoch freigestellt, in welcher Form sie ihre Erkenntnisse festhalten möchten, sodass ein Strategiedokument auf freiwilliger Basis resultieren kann. Weiterhin werden in der Reflexion die Erkenntnisse schriftlich gesichert. Der Fokus wird zusammenfassend auf die mündliche Argumentation und Kommunikation gelegt, weniger auf die schriftliche Fixierung.
Neben den allgemeinen Impulsen der Lehrperson sind Hilfsimpulse bei Schwierigkeiten vorgesehen, welche in Kapitel "Zentrale Aufgabenstellungen und Arbeitsaufträge in der Lernumgebung” detailliert dargestellt sind. Die Impulse können demnach je nach Lerngruppe angepasst sowie reduziert oder erweitert werden.
Durch die ständige Verfügbarkeit der LP können Schüleräußerungen in jeder Phase des Beweises anerkannt und als Anknüpfungspunkt für die weitere Beweisführung genutzt werden. Zudem werden die Verallgemeinerungen jeweils in einer Sprechblase festgehalten, welche auf einem Plakat im Klassenraum fixiert werden. Die Schülerlösungen erfahren auf diese Weise die Anerkennung durch die LP sowie die übrigen Lernenden der Klasse.
Durch die gewählte Sozialform wird soziales Lernen gefördert. Die Lernenden können frei wählen, ob sie mit einem Partner zusammenarbeiten möchten und treffen gemeinsam Absprachen. Die SuS treten demnach, je nach Sozialform, in den aktiven Austausch mit der LP beziehungsweise den übrigen Lernenden der Kleingruppe. Auf diese Weise können Diskussionen angeregt und das soziale Lernen begünstigt werden.
Vernetzung mit anderen Lernumgebungen
[Bearbeiten]Die Lernumgebung weist vielfache Vernetzungsmöglichkeiten auf. Bezüglich des entsprechenden mathematischen Problemfeldes sind Beziehungen zu dem allgemeinen Auslegen von Flächen gegeben. Durch das Puzzle, in dessen Rahmen die Lernenden den Rahmen vollständig mit den gegebenen ebenen Figuren ausfüllen sollen, wird diese Handlung realisiert. Auch die Berechnung und der Vergleich von Flächeninhalten werden in der Lernumgebung aufgegriffen. Durch das Ausfüllen des Rahmens mit den vier Dreiecken sowie dem Hypotenusenquadrat bzw. den Kathetenquadraten kann der Flächeninhalt des Hypotenusenquadrates mit der Summe der Flächeninhalte der Kathetenquadrate verglichen werden. Weiterhin dient die Zuordnung der Quadrate zu den entsprechenden Dreiecksseiten der Visualisierung der Flächeninhalte. Würde der Flächeninhalt des Quadrates mit der Seitenlänge der Dreiecksseite berechnet werden, würde sich das zugeordnete Quadrat ergeben. Vor der Durchführung der Lernumgebung sollten die Lernenden mit den ebenen Figuren sowie ihren grundlegenden Eigenschaften vertraut sein. Insbesondere Dreieck, Quadrat und rechter Winkel sind Voraussetzungen für das Gelingen der Lernumgebung. Weiterhin sollten die Flächeninhalte im Allgemeinen bekannt sein, damit die Lernenden diese für die Verallgemeinerung heranziehen können. Auch für das Verständnis der Zuordnung der Quadrate zu den Dreiecksseiten ist die Bekanntheit des Flächeninhaltes relevant. Zudem sollten Vergleichshandlungen bereits eingeübt worden sein, da diese für den Vergleich der Flächeninhalte des Hypotenusenquadrates und der Kathetenquadrate sowie für den Vergleich rechtwinkliger und nicht rechtwinkliger Dreiecke grundlegend sind. Auch das Auslegen von Flächen sollte bereits eingeführt worden sein, damit die Lernenden bei der Beweisführung auf ihr Vorwissen zurückgreifen können. Im Anschluss der Lernumgebung wäre es denkbar, die SuS selbstständig weitere Beispiele generieren zu lassen. Diese könnten dann unter Rückgriff auf die Erkenntnisse des Beweises auf ihre Gültigkeit überprüft werden. Weiterhin könnte die Fragestellung “Gilt der Satz des Pythagoras nur für Dreiecke?” angeschlossen werden, um die Lernenden zum Weiterdenken zu motivieren. Mit Blick auf die Vertiefung des Satzes des Pythagoras wäre es zudem möglich, die zugeordneten Quadrate als Flächeninhalte der Quadrate mit der Dreiecksseite als Seitenlänge zu erkennen und entsprechend zu berechnen. Auf diese Weise würde die symbolische Ebene zum Tragen kommen und der formale Satz des Pythagoras könnte angeleitet werden. Eine weitere Möglichkeit bestünde in der Realisierung des EIS-Prinzips. In diesem Rahmen könnte die Aufgabenstellung gegeben sein, zunächst den Beweis auf konstruktiv-geometrische Ebene nachzuvollziehen, bevor eine Übersetzung auf die verbal-begriffliche Ebene erfolgt.
Auch zu diversen anderen mathematischen Bereichen sind Verknüpfungen gegeben. Der Beweis steht in Beziehung zu “Zahlen und Operationen”. Da der Satz des Pythagoras häufig als Formel betrachtet wird, liegen hier Anknüpfungspunkte zu Gleichungen allgemein, aber auch zur formalen Berechnung des Flächeninhaltes vor. Innerhalb der Berechnungen des Flächeninhaltes der Quadrate kommen dann wiederrum Quadratzahlen zum Tragen, welche ebenfalls dem Bereich “Zahlen und Operationen” zuzuordnen sind. Außerdem ist der Satz des Pythagoras als Summe a^2 + b^2 = c^2 realisiert. Demnach liegt auch eine Verbindung zu den Grundrechenarten vor. Auch wäre die Umsetzung von Sachaufgaben denkbar, welche auf den Satz des Pythagoras zurückgreifen. Weiterhin ist eine Beziehung zu dem Bereich “Raum und Form” gegeben, da die Kenntnis ebener Figuren sowie des Flächeninhaltes für die Durchführung der Lernumgebung notwendig ist.
Des Weiteren sind fächerübergreifende Anknüpfungspunkte auszumachen. Insbesondere im geschichtlichen Bereich könnte Pythagoras als historische Figur betrachtet und die Beweisführung unter den Bedingungen der damaligen Zeit nachvollzogen werden. In diesem Zusammenhang könnte zudem die historische Betrachtung der Lebensumstände zu dieser Zeit angeschlossen werden. Weiterhin sind Verknüpfungen mit dem Sachunterricht denkbar. Vor allem zur Berechnung von Distanzen auf Landkarten oder zur genauen Konstruktion handwerklicher Aufgaben könnte der Satz des Pythagoras genutzt werden.
Auch mit Blick auf den außerschulischen Kontext sind diverse Beziehungen auszumachen. Die detaillierten Ausführungen können in dem Kapitel “Kurzbeschreibung der Lernumgebung” nachgelesen werden.
Reflexion der Lernumgebung
[Bearbeiten]Bei der Durchführung könnten u.a. folgende Schwierigkeiten auftreten: • Die Lernenden haben Schwierigkeiten im Umgang mit dem Material (z.B. Rahmen kann nicht ausgelegt werden; falsche Zuordnung Quadrat/ Dreieckseite). • Die Lernenden erkennen keine Zusammenhänge. • Die Lernenden gelangen zu keiner Verallgemeinerung. • Die durchführende Person verfügt über mangelnde Kompetenzen im mathematischen Beweisen (=> z.B. falsches Interagieren, Zusammenhang wird evtl. vorweggenommen)
Die Lernumgebung sollte nicht angewendet werden bei gänzlich fehlenden geometrischen Kompetenzen. Die Schüler sollten mit den geometrischen Formen wie (unterschiedlichen) Dreiecken, Quadraten und Flächeninhalten vertraut sein, um Zusammenhänge zu erkennen und zu einer Verallgemeinerung zu gelangen (s. Voraussetzungen).
Nach der Durchführung
[Bearbeiten]Daten zur Durchführung
[Bearbeiten]Die Lernumgebung wurde am 28.06.2021 pandemiebedingt mit nur einem Kind einer dritten Klasse im Raum Frankfurt durchgeführt. Die Durchführung erfolgte im außerschulischen Kontext und konnte aufgrund der Einzelteilnahme zeitlich flexibel an die Möglichkeiten des Lernenden angepasst werden.
Schülerdokumente
[Bearbeiten]nicht vorhanden
Reflexion
[Bearbeiten]Die Durchführung erfolgte durch Kommilitoninnen der Universität Frankfurt. Das Kind war, ausgehend von dem Durchführungsvideo, dazu in der Lage, die Quadrate den entsprechenden Dreiecksseiten zuzuordnen sowie den vorgegebenen Rahmen mit den vier Dreiecken und den zwei Kathetenquadraten auszufüllen. Entgegen der Planung wurde die Füllung des Rahmens mit dem Hypotenusenquadrat nicht umgesetzt. Demnach erfolgte kein Vergleich zwischen den Flächeninhalten des Hypotenusenquadrates mit den beiden Kathetenquadrate. Dem Kind gelang jedoch die Verallgemeinerung, dass das Ausfüllen des Rahmens lediglich mit den rechtwinkligen Dreiecken vollständig möglich war. Der Satz des Pythagoras konnte somit nicht vollständig bewiesen werden.
Literatur
[Bearbeiten]• Bruner, E. (2014): Mathematisches Argumentieren, Begründen und Beweisen. Grundlagen, Befunde und Konzepte. Berlin, Heidelberg: Springer Spektrum. • Franke, M. & Reinhold, S. (32016): Didaktik der Geometrie. In der Grundschule. Berlin, Heidelberg: Springer Spektrum. • Gerwig, M. (2015): Beweisen verstehen im Mathematikunterricht. Axiomatik, Pythagoras und Primzahlen als Exempel der Lehrkunstdidaktik. Wiesbaden: Springer Spektrum. • Helmerich, M. & Lengnink, K. (2016): Einführung Mathematik Primarstufe – Geometrie. Heidelberg: Springer Spektrum. • Jank, W.; Meyer, H. (112014). Didaktische Modelle. Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor GmbH & Co. KG. • Kirsten, K. (2021): Beweisprozesse von Studierenden. Wiesbaden, Springer Spektrum. • Krauthausen, G. (42018). Einführung in die Mathematikdidaktik – Grundschule. Berlin: Springer-Verlag GmbH Deutschland. • Krauthausen, G. & Scherer, P. (32014): Einführung in die Mathematikdidaktik. Berlin, Heidelberg: Springer Spektrum.
Internetquellen: • Ministerium für Bildung, Familie, Frauen und Kultur (2009): Kernlehrplan Mathematik Grundschule. Verfügbar unter: https://www.saarland.de/SharedDocs/Downloads/DE/mbk/Lehrplaene/Lehrplaene_Grundschule/GS_Kernlehrplan_Mathematik.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [Abruf: 31.08.2021]. • Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (2008): Kompetenzorientierung – Eine veränderte Sichtweise auf das Lehren und Lernen in der Grundschule. Handreichung. Düsseldorf: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen. Verfügbar unter: 507005_9043_Inhalt.pdf [Abruf: 31.08.2021]. • Primakom. https://primakom.dzlm.de/%C3%BCbergreifendes/prinzipien/aktives-lernen. [Abruf: 31.08.2021]. • Primakom2. https://primakom.dzlm.de/%C3%BCbergreifendes/prinzipien/spiralprinzip/einstieg/einstieg/hintergrund. [Abruf: 31.08.2021]. • Primakom3. https://primakom.dzlm.de/%C3%BCbergreifendes/prinzipien/einstieg/hintergrund. [Abruf: 31.08.2021].