OpenSource4School/Lernumgebungen zur Informatischen Bildung im Mathematikunterricht der Primarstufe/2-How many guesses

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Formale Aspekte[Bearbeiten]

Namen der Verfasser der Lernumgebungsdokumentation[Bearbeiten]

Johanna Barbara Kuhn, Laura Both, Michela Alan Francis

E-Mail-Adressen und Datum[Bearbeiten]

s9joszud@stud.uni-saarland.de, s9laboth@uni-saarland.de, s8mialan@uni-saarland.de, 26.02.2024

Name der Lernumgebung[Bearbeiten]

Geometrie-Abenteuer: Formensuche in der Zauberstadt

Kurzbeschreibung der Lernumgebung[Bearbeiten]

In einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft werden viele Kinder bereits in jüngstem Alter in ihrem Alltag mit digitalen Medien konfrontiert und quasi zu Medienkonsumenten erzogen, die digitale Medien und insbesondere Suchmaschinen mit einer unkritischen Selbstverständlichkeit und Bedenkenlosigkeit in ihrem Alltag nutzen. Der Institution Schule, deren Bildungs- und Erziehungsauftrag im Kern darin besteht, “Schülerinnen und Schüler angemessen auf das Leben in der derzeitigen und künftigen Gesellschaft vorzubereiten und sie zu einer aktiven und verantwortlichen Teilhabe am kulturellen, gesellschaftlichen, politischen, beruflichen und wirtschaftlichen Leben zu befähigen” (KMK, 2017, S. 10), kommt in dieser Entwicklung die verantwortungsvolle Aufgabe zu, die Kinder von unreflektierten Medienkonsumenten zu vollwertigen Mitgliedern unserer Informationsgesellschaft auszubilden und “zu einer Stärkung des selbstbewussten und selbstbestimmten Umgangs [....] mit den Anforderungen in digital durchdrungenen Lern-, Lebens- und Arbeitswelten beizutragen” (Platz et al., 2023, S. 181). Hinsichtlich der unreflektierten Selbstverständlichkeit in der alltäglichen Nutzung von Suchmaschinen verfolgt die folgende Idee einer Lernumgebung die eben beschriebenen Ziele und versucht über mathematische Fachinhalte der Primarstufe die Funktionsweise von Sortieralgorithmen bei der Internetrecherche zu veranschaulichen.

Die Lernumgebung “Geometrie-Abenteuer: Formensuche in der Zauberstadt" ist eine interaktive Auseinandersetzung mit Formen und Körpern, die Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse in ein spannendes Abenteuer eintauchen lässt.

Die Kinder erkunden virtuelle Häuser, in denen magische Formen und versteckte Elemente darauf warten, entdeckt zu werden, um die gesuchten Körper zusammenbauen zu können. Durch das Finden und Kombinieren dieser Formen können die Schülerinnen und Schüler1 eine eigene kleine Zauberstadt gestalten. Den SuS soll sich hierbei die Frage stellen, wie viele Häuser sie besuchen müssen und in welcher Reihenfolge, um ihre gesuchten Körper zusammenzustellen.

Über den Weg des Zufallsexperiments sollen die SuS Erfahrungen zu Sortieralgorithmen von Internetsuchmaschinen machen und in Verknüpfung mit fachlich mathematischen Inhalten ein Verständnis für ihre Funktionsweise entwickeln. Die SuS sollen angelehnt an den inhaltlichen Kompetenzbereich Raum und Form geometrische Figuren erkennen, benennen und darstellen und darüber hinaus geometrische Körper modellieren. Weiter führen die SuS selbst themenbezogene Internetrecherche durch, mit dem Ziel, die mathematischen Fachaspekte mit den informatischen Bildungszielen der Primarstufe zu verknüpfen und deutlich zu machen, dass die Modifikation der Suchbegriffe modifizierte Rankinglisten von Suchergebnissen, die auf “systemseitig angenommene Relevanz” zurückzuführen sind (Lewandowski, 2013, zitiert nach Lewandowski, 2021, S. 30), hervorbringt. Das Ziel ist es, dass die SuS sich bewusstwerden, als Nutzer Einfluss auf die Effizienz und Qualität ihrer Internetrecherchen nehmen zu können.

Zur Durchführung der Lernumgebung wurde zum einen eine selbst erstellte, interaktive Plattform mit MS PowerPoint für das Zufallsexperiment kreiert. Hinzu kommen Arbeitsblätter zur Dokumentation des Zufallsexperiments sowie der angeleiteten Internetrecherche im zweiten Schritt der Lernphase. Die Nutzung kindergeeigneter und pädagogisch empfohlener Suchmaschinen für die zweite Lernphase sollte auf den schuleigenen Tablets erfolgen. Sowohl die analogen als auch digital interaktiven Arbeitsmaterialien müssen selbst erstellt und vorab geprüft und getestet werden


Inhaltsaspekte[Bearbeiten]

Ungefährer Zeitbedarf zur Durchführung[Bearbeiten]

Die Lernumgebung ist auf zwei Unterrichtseinheiten à 45 Minuten ausgelegt.

Adressaten der Lernumgebung[Bearbeiten]

Das Lernarrangement richtet sich an SuS der Klassenstufe 4. Alle SuS werden in den Fokus genommen. Durch eingeplante Gruppenarbeit können alle SuS an dieser Lernumgebung teilnehmen. Die Gruppen sollten gezielt so eingeteilt werden, dass in jeder Gruppe SuS mit Regel- oder Expertenstandard im Bereich Geometrie mitarbeiten. Durch die bildlichen Darstellungen und interaktiven digitalen Darstellungen soll es auch Inklusionskindern vereinfacht werden, dem Themenkomplex zu folgen.

Zentrale Aufgabenstellungen und Arbeitsaufträge in der Lernumgebung[Bearbeiten]

Der Einstieg gestaltet sich in einer funktionalen Einbettung der SuS als Geometrie-Abenteurer und Konstrukteure. Ein möglicher Unterrichtsbeginn könnte sich wie folgt darstellen:

“Herzlich willkommen, liebe Entdeckerinnen und Entdecker! Heute begebt ihr euch auf ein aufregendes Abenteuer in die Welt der Geometrie. Stellt euch vor, ihr seid mutige Zauberlehrlinge und betretet ein geheimnisvolles Zauberhaus, in dem magische Formen darauf warten, entdeckt und zu Körpern zusammengebaut zu werden. Die Aufgabe ist es, die verborgenen Geheimnisse dieser Häuser zu lüften, indem ihr nach geometrischen Formen sucht und sie geschickt kombiniert. Doch seid gewarnt, nur mit einem scharfen Auge und klugen Köpfen werdet ihr es schaffen, die Rätsel zu lösen und am Ende eine Zauberstadt zu erschaffen. Aber keine Sorge, ihr seid nicht allein! Gemeinsam werden wir die Welt der Formen erkunden, einfache Suchalgorithmen kennenlernen, mithilfe derer ihr schneller genau das findet, wonach ihr sucht und dabei jede Menge Spaß haben. Also, seid ihr bereit für das spannende Geometrie-Abenteuer? Lasst uns gemeinsam in die Welt der geometrischen Formen eintauchen und das Rätsel gemeinsam lösen.”

Einstieg Die Lernumgebung startet mit einem aktiven Spiel: 5 Kinder bekommen jeweils einen Gegenstand und verstecken diesen hinter dem Rücken, ohne dass die restlichen SuS sehen, welchen Gegenstand sie haben. Die 5 SuS stellen sich dann in einer Reihe auf. Dann darf ein Schüler oder eine Schülerin nach vorne kommen und die Lehrperson2 fragt: “Was denkst du, wie viele Mitschüler musst du fragen, bis du den gesuchten Gegenstand findest?” (LP flüstert der Schülerin oder dem Schüler ins Ohr).

Der Schüler oder die Schülerin sucht sich ein Kind von den 5 aus und stellt beispielsweise folgende Frage: “Hast du den Würfel in der Hand?” Das Kind antwortet entweder mit “Ja” oder “Nein” und je nachdem muss die Frage an das nächste Kind gestellt werden, bis der geometrische Körper gefunden wurde.


Erarbeitung/Arbeitsphase Auf dem White Board und auf den Tablets wird die interaktive Plattform gestartet. Die SuS werden in Gruppen eingeteilt (Gruppenstärke von drei bis vier SuS), um die folgende Aufgabe zu bearbeiten.

Zu sehen ist eine Straße mit 18 Häusern. Jedes Haus ist mit einer Hausnummer versehen. Durch einen Klick auf die Haustür kann man ein Haus betreten. Es offenbart sich dann für ca. 10 Sekunden, welche geometrische Form in dem Haus wohnt. Danach verschwindet die Form, denn in jedem Haus kann nur einmal eine Form entnommen werden. Wird es nochmals betreten, ist das Haus leer; es erscheint eine leere Seite. Dies wird für die SuS während der Aufgabenerklärung deutlich hervorgehoben.

Folgende Aufgabe wird den SuS präsentiert: Jede Gruppe erhält ein Arbeitsblatt, auf dem ein Körper abgebildet ist (Körper 1: Würfel) und angeleitet Notizen vorgenommen werden können. Die SuS erhalten folgenden Auftrag:

“Finde in den Zauberhäusern die passenden geometrischen Grundformen, die du benötigst, um den Körper nachzubauen.

Was denkst du: wie viele Versuche wirst du brauchen?”

Die LP notiert für jede Gruppe die vermutete Anzahl an Versuchen, in Klammern, im vorbereiteten Tafelbild. “Nachdem du alle notwendigen Formen für den Körper hast, notiere die tatsächliche Anzahl deiner Versuche unter der Tabelle auf dem Arbeitsblatt.” Lernunterstützend werden am Platz der Lehrperson dreifach differenzierte Hilfskarten (s. Anhang 3) und faltbare Körpernetze (s. Anhang 4) zur Verfügung gestellt, die die einzelnen Körper für alle drei Anforderungsbereiche aufschlüsseln und zur Bearbeitung der Aufgabe benutzt werden können.

Jedes fertiggestellte Bauwerk bringen die jeweiligen Gruppen zur LP und erhalten dafür ein passendes Bild (mit einem Magnetklebeband vorbereitet), das sie symbolisch an den Tafelflügeln neben dem Smartboard platzieren, wo nach und nach die Geometriestadt wächst (s. Anhang 5).

Bei dieser Gelegenheit startet die LP die PowerPoint Anwendung auf dem Gruppentablet neu.

Nach dem Hinweis auf ein System, erhalten die Gruppen ein neues Arbeitsblatt, auf dem ein anderer geometrischen Körper abgebildet ist (Körper 2: Zylinder). Der folgende Auftrag wird erteilt:

“Überlege, wie du systematisch nach Formen suchen kannst. “


Das Vorgehen kann/wird noch für die Körper quadratische Pyramide und Quader durchgeführt werden (abhängig vom Zeitfaktor und Wirksamkeit der Übung).


Vertiefung/Reflexion Jede Gruppe bekommt den Auftrag, Informationen zu einem unbekannten Körper (Tetraeder) zu suchen. Hierfür erhalten die SuS ein Notiz-AB (s. Anhang 8), wo sie genau festhalten können, über welchen Suchbegriff sie welche Informationen finden konnten. Den Gruppen werden Kindersuchmaschinen (FragFinn oder HellesKöpfchen) zugeteilt, mithilfe derer sie recherchieren sollen. Wenn die SuS die angeleitete Recherche beendet haben, notieren sie ihre Erkenntnisse über den Tetraeder auf einem AB in ein Haus und können es nach ihrem Belieben gestalten. Die fertigen Häuser aller Gruppen werden am Ende der Stunde in die Geometriestadt integriert. Bevor die Geometriestadt mit den Einsichten um den Tetraeder vervollständigt wird, wird die Recherche mit der Suchmaschine gemeinsam reflektiert. Dafür erstellt die LP entsprechend ein Tafelbild oder nutzt das Smartboard zur Projektion des AB und trägt die Suchergebnisse der jeweiligen Gruppen für jede Suchmaschine ein, was eine konkrete Gegenüberstellung der Such-ergebnisse veranschaulicht. Diese dienen zur Reflexion der Funktionsweise von Suchmaschinen, indem eine Brücke zum Sortieralgorithmus in der interaktiven Übung geschlagen wird.


Sicherung Abschließend wird noch einmal im Plenum als Fazit zusammengefasst, dass jede Suchmaschine nach einem System arbeitet, die Suchergebnisse systematisch geordnet werden und, dass je nach Eingabe die Auflistung der Ergebnisse variiert, so dass man, wie in der interaktiven Einheit, die Internetrecherche beeinflussen und optimieren kann.

Voraussetzungen[Bearbeiten]

Voraussetzung zur Durchführung der Lernumgebung sind ein bereits geübter Umgang mit den schuleigenen Tablets; hierzu zählen Erfahrungen in der anwendungsorientierten Bedienung der mobilen Endgeräte sowie Vertrautheit mit der Internetrecherche mittels kindgerechter Suchmaschinen.

Fachlicher Gehalt der Lernumgebung[Bearbeiten]

Fachliche Analyse[Bearbeiten]

Die Lernumgebung stellt gemäß dem Kernlehrplan Mathematik (2009) eine Verknüpfung zwischen dem mathematischen Inhaltsbereich Daten, Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit mit der Erfassung und Darstellung von Daten und dem Vergleich der Eintrittswahrscheinlichkeit von Ereignissen in Zufallsexperimenten und der Leitidee Raum und Form her. Sie erfordert eine Auseinandersetzung mit Raum und Form, indem über die gezielte Suche nach zweidimensionalen, ebenen geometrischen Figuren (Rechteck, Quadrat, Dreieck, Kreis) die Konstruktion dreidimensionaler, geometrischer Körper (Würfel, Quader, Zylinder, Pyramide) erfolgt. Über die Erfassung des Zufalls wird eine Brücke zu den informatischen Bildungszielen für die Primarstufe im Kompetenzbereich Problemlösen und Modellieren zur Erschließung algorithmischer Muster und Strukturen in verschiedenen Kontexten, die im Basiscurriculum für Medien- und informatische Bildung für das Saarland (2019) formuliert sind, geschlagen. Die Lernumgebung regt mithilfe einer kindgerechten Aufbereitung eines Sortieralgorithmus (s. Anhang 7: Aufschlüsselung Algorithmus) in der interaktiven Lerneinheit zur Reflexion und zum tiefgreifenden Verständnis von Sortieralgorithmen bei der Ergebnisfilterung durch Internetsuchmaschinen an. Beispielsweise sind die Dreiecke in den Häusern 3,6,9 und 12 zu finden und somit durch die 3er Reihe bis 12 auffindbar.

Mathematikdidaktischer Gehalt der Lernumgebung[Bearbeiten]

Lösungswege und Schwierigkeiten[Bearbeiten]

„Gute“ Aufgaben & Differenzierung[Bearbeiten]

Im Folgenden wird die vorgestellte Lernumgebung nach den Kriterien ‘guter’ Aufgaben untersucht. Maier (2011) formuliert für eine gute Aufgabe Kriterien wie beispielsweise

- die Kompetenzorientierung

- die Offenheit und optimale Passung

- Authentizität, Aktivierung und Motivation sowie

- die Verständlichkeit.

Betont sei, dass die Einordnung einer Aufgabe als gute Aufgabe hauptsächlich von ihrem Ziel abhängt und daher insbesondere beurteilt werden muss, ob sie sich zur Zielerreichung eignet und dabei vielfältige Kompetenzen anregt.

Die Lernumgebung orientiert sich an den im Kernlehrplan (2009) und in den KMK-Bildungsstandards (2022) formulierten inhalts- und prozessbezogenen Kompetenzen. Wie bereits erwähnt, ist der mathematische Gehalt der Lernumgebung in den Leitideen ‘Raum und Form’ sowie ‘Daten, Häufigkeit und Wahrscheinlichkeit’ (in den Bildungsstandards als ‘Muster, Strukturen, funktionaler Zusammenhang’ deklariert) angesiedelt. Besonders die prozessbezogenen Kompetenzen Problem lösen, argumentieren, mathematisch kommunizieren und mit mathematischen Objekten und Werkzeugen arbeiten (KMK, 2022) werden gefördert. Die angesprochenen mathematischen Kompetenzen werden in der vorliegenden Lernumgebung eng mit den im KMK-Strategiepapier zur “Bildung in der digitalen Welt” (2017) bzw. im Basiscurriculum Medienbildung und Informatische Bildung für das Saarland (2019) formulierten Kompetenzen Suchen, Verarbeiten, Aufbewahren (KMK, 2017) /Informieren und Recherchieren (MfB, 2019) sowie Problem lösen und Handeln (KMK, 2017) /Problem lösen und modellieren (MfB, 2019) vernetzt.

Vernetzung der mathematischen und informatischen Kompetenzbereiche Probleme mathematisch lösen (MfB, 2009) / Problem lösen und Handeln (KMK, 2017) bzw. Modellieren MfB, 2019)

Die SuS versuchen zunächst unsystematisch und schließlich durch systematisches Probieren sowie durch Nutzung ihrer eigenen Dokumentationsdaten, einen Sortieralgorithmus zu entschlüsseln und zu verstehen. Darüber hinaus entwickeln und diskutieren sie mithilfe des algorithmischen Wissens Lösungsstrategien, um den Weg zum Ziel zu optimieren.


Argumentieren (MfB, 2009)

Die SuS tauschen sich über die Ergebnisse des Zufallsexperiments aus und versuchen zu begründen, warum die Versuchsanzahlen zur Herstellung der geometrischen Körper variieren. Darüber hinaus sollen die SuS den integrierten Algorithmus in der interaktiven Übung bestenfalls selbst entdecken, nachvollziehen sowie Vermutungen entwickeln, warum dieser zu schnelleren Ergebnissen führen kann. Eine weitere Argumentation wird in der Recherchetätigkeit angeregt, indem die SuS in ihren jeweiligen Gruppen ihre Vorstellungen zum gesuchten Tetraeder erläutern und begründen.


Mathematisch kommunizieren (MfB, 2009)

Die Lernumgebung wird im Plenum und in Gruppenarbeit durchgeführt. Die LP sollte jederzeit beratend zur Verfügung stehen. Auf diesem Weg stehen die SuS konstant in Austausch miteinander, können ihre Vorgehensweisen beschreiben und gemeinsam darüber reflektieren sowie die Verwendung mathematischer Fachbegriffe im Bereich der geometrischen Formen und Körper einüben.


Mit mathematischen Objekten und Werkzeugen arbeiten (KMK, 2022)

Wie in der prozessbezogenen Fachkompetenz mathematisch kommunizieren erhalten die SuS im Rahmen der Lernumgebung die Möglichkeit, gezielt über mathematische Fachbegriffe und Zusammenhänge zu kommunizieren und zu diskutieren. Außerdem wird der adäquate Umgang mit digitalen Medien durch die Nutzung einer eigens für die Lernumgebung kreierten ‘App’ im schulischen Kontext geübt.


Vernetzung der mathematischen und informatischen Kompetenzbereiche Darstellen (MfB, 2009) und Suchen, Verarbeiten, Aufbewahren (KMK, 2017) bzw. Informieren und Recherchieren (MfB, 2019)

Die SuS konstruieren gedanklich aus gegebenen ebenen Figuren geometrische Körper. Darüber hinaus führen sie in Gruppen selbsttätige Recherchearbeit mithilfe altersgemäßer Internetquellen durch, suchen nach konkreten themenbezogenen Informationen und stellen ihre Rechercheergebnisse individuell dar.


Hinsichtlich der Offenheit und optimalen Passung der Aufgaben lässt sich festhalten, dass die SuS in ihrem Vorgehen zum Knacken des Codes innerhalb der Gruppen selbstständig und frei agieren sowie die Phasen der Zwischenreflexionen nutzen können, um ihre Vorgehensweisen weiterzuentwickeln. Die oben erwähnten Vorkenntnisse der geometrischen Formen und Körper werden sachdienlich durch die Hilfskarten sowie die Körpernetze unterstützt, so dass die SuS bei Bedarf zur Visualisierung die Körperformen falten und dadurch die Aufgabenstellung ohne weitere Hindernisse bewältigen können. Bei der Beurteilung der Aufgaben in puncto Offenheit stellt die Differenzierung in diesem Fall einen Knackpunkt dar. Die Tatsache, dass die gesamte Lerneinheit in Gruppenarbeit stattfindet, ermöglicht es auch leistungsschwächeren SuS innerhalb der Gruppen ihre Lernerfahrungen entsprechend ihrem Leistungsstand zu machen und von der Lerneinheit in vollem Umfang zu profitieren. Es findet zum einen eine natürliche Differenzierung statt, da alle SuS das gleiche Lernangebot erhalten. Lücken in den notwendigen Vorkenntnissen werden durch Hilfsangebote verschiedenster Art gefüllt. Die Arbeit in Gruppen ermöglicht eine gruppeninterne, allgemeinsprachliche Kommunikation über Verständnisschwierigkeiten und Lösungsansätze, was einem sozialen und aktiv-konstruierenden Lernen im Mathemathematikunterricht nach Winter (1989) und Wittmann (1997, zitiert nach Wollring, 2008, S. 9) fördert. Dahingehend profitieren sowohl die leistungsschwächeren als auch die leistungsstärkeren SuS, die ihre vorhandenen Kenntnisse in der Vermittlerrolle abermals festigen können. Gleichzeitig findet eine Differenzierung in Kooperation statt. Anfallende Teilaufgaben werden je nach Anspruch unterschiedlich verteilt, so dass alle Beteiligten einen eigenen Beitrag zum Gesamtergebnis beisteuern können (Wollring, 2008, S. 18). Im Kontext der vorgestellten Lernumgebung ist es beispielsweise denkbar, dass die leistungsstärkeren SuS einer Gruppe den Code zu entschlüsseln versuchen während sich die leistungsschwächeren um die Dokumentation der gefundenen und noch benötigten Formen kümmern. Eine solche Einteilung der Aufgaben ist auch in der Recherchephase wahrscheinlich. Obwohl die Aufgaben klare Vorgaben geben, bieten sie den SuS genügend Freiräume ihre Lösungen zu entwickeln und die Probleme eigenständig zu lösen. Die Aufgaben sind verständlich formuliert und werden zudem im Plenum demonstriert, um mögliche Stolpersteine auszuräumen.

Mit Blick auf die Authentizität, Aktivierung und Motivation hat die Lernumgebung besonders durch die interaktive Phase am Tablet einen äußerst hohen Reiz für die Lernenden und erzeugt dadurch eine sehr hohe Motivation. Aus Erfahrung sind die Kinder im Primarbereich sehr empfänglich für solche Angebote. Die Lernumgebung nutzt dieses Potenzial mit einer qualitativen Einbettung des geometrischen Handlungsfeldes und bietet den Kindern eine einprägsame mathematische Lernerfahrung im Sinne eines konstruktiven Prozesses (Krauthausen & Scherer, 2019).

Die Mathematik wird in der Lernumgebung als die Wissenschaft von Mustern präsentiert, die entwickelt, erforscht und verändert werden kann. Diese Sichtweise ermöglicht es SuS, die Beziehungen der Mathematik zur realen Welt zu erkennen und neue Wege des Übens und Automatisierens grundlegender Fertigkeiten zu entdecken (Wittmann, 2004).

Artikulation, Kommunikation, Soziale Organisation[Bearbeiten]

Die vorliegende Lernumgebung nutzt die Artikulationsoptionen Handeln und Sprechen intensiv und das Schreiben in einem engeren Sinne. Durch die ausgedehnten Gruppenarbeiten und die gemeinsamen Reflexionen im Plenum findet eine intensive gedankliche und sprachliche Auseinandersetzung mit den vollzogenen Handlungen statt. Die Gruppenergebnisse werden sowohl gruppenintern als auch zentral an der Tafel und in Form der entstandenen Geometriestadt dokumentiert und dienen als sogenannter Raum zum Behalten, der alle Arten von Dokumenten als Fundus für weiteres Arbeiten umfasst (Wollring, 2018). Die Entstehung der Geometriestadt mit den konstruierten Körpern und den Darstellungen der Ergebnisse zum Tetraeder bietet den SuS entsprechend auch Raum zum Gestalten und spiegelt die Lerneffekte in einer eher informellen Art wider. Den Abschluss bildet die plakative Vervollständigung der Geometriestadt mit den Gruppenlösungen für den Tetraeder. Bevor die Gruppen ihren ‘Tetraeder’ in die Stadt platzieren, werden die Ergebnisse im Plenum an der Tafel gesammelt und besprochen und der Tetraeder als Körper für alle visualisiert. So können die Gruppen ihre Ergebnisse selbst überprüfen, Fragen stellen und gegebenenfalls auch korrigieren oder ergänzen. Zudem wird die Qualität und Quantität der Rechercheergebnisse je nach eingegebenem Suchbegriff analysiert und ein allgemeines Fazit gezogen, dass Suchmaschinen mit Sortieralgorithmen arbeiten (mit Bezugnahme auf die interaktive Sequenz) und dass das Ranking der Suchergebnisse in Abhängigkeit der Eingabebegriffe variiert. Die SuS sollten selbst zu dem Schluss gelangen, dass sie bei Internetrecherchen Einfluss nehmen können auf die benötigte Zeit und die Qualität ihrer Suchergebnisse.

Potenzial des Einsatzes von Materialien[Bearbeiten]

Innerhalb der Lernumgebung wird eine Power Point Präsentation als investives Material verwendet. Die Anwendung ist mehrmalig einsetzbar und wird nicht verbraucht. Ein Risiko der interaktiven Übung ist die Verwaltung der dafür eingesetzten Software, mit der sie konzipiert wurde. Die eingesetzten Arbeitsblätter wurden als Datei erstellt und können ohne großen Platzbedarf digital gespeichert und bei Erfordernis einfach ausgedruckt werden. Bei den Materialien für das Einstiegsspiel sollte es sich um Alltagsgegenstände handeln, die man in jedem Haushalt bzw. Kinderzimmer finden kann. Es besteht demnach kein großer Transport- und Einsatzaufwand.

Sowohl in der ersten Arbeitsphase mit der interaktiven Übung als auch in der zweiten Arbeitsphase für die Internetrecherche nach dem unbekannten Körper, ist der Einsatz der Tablets und des Smartboards erforderlich.

Als konsumtives Material werden Arbeitsblätter zur Dokumentation der Versuchsanzahlen sowie der Internetrecherche verwendet. Die Geometriestadt sollte in jedem Fall als Erinnerungspfeiler an einem festen Platz plakatiert werden.

Die Tablets und Arbeitsblätter werden in den entsprechenden Phasen an die Gruppen ausgeteilt. Die PowerPoint-Anwendung sowie die zur Internetrecherche gewählten Kindersuchmaschinen sollten auf den Tablets vorinstalliert werden. Die Hilfskarten und Körpernetze liegen an einer Hilfsstation und sollten bei Bedarf bei der LP angefragt werden.

Diese Form der Organisation ist wenig zeitaufwändig. Der Hintergrund des Verwaltens der Hilfsmaterialien durch die LP stellt eine Art der Differenzierung dar. Die LP kann entscheiden, welches Hilfsmaterial die jeweiligen SuS erhalten, so dass niemand überfordert bzw. unterfordert wird.

Mit Bezugnahme auf die drei zentralen Funktionen des Einsatzes von Arbeitsmitteln nach Krauthausen (2018, S. 327) dient die PowerPoint-Anwendung der Ausführung eines geometrischen Verfahrens, die Hilfskarten und die Körpernetze erfüllen in der Lernumgebung eine Stützfunktion zur Visualisierung.

Mit der eingesetzten Software können geometrische Körper über einen ikonischen Zugang auf eine eher ungewöhnliche Weise erfahren werden. Da die vorgestellte Lernumgebung insbesondere auf geometrischen Inhalten fußt, können zahlreiche Gütekriterien nach Krauthausen (2018), aufgrund des starken arithmetischen Bezugs, nicht erfüllt werden. Zusammenfassend wird das mentale Operieren unterstützt, die Aufgaben ermöglichen verschiedene Bearbeitungs- und Lösungswege, ein besonderer Fokus liegt auf dem kommunikativen und argumentativen Austausch, eine sehr ansprechende ästhetische Qualität wird geboten, die organisatorische Handhabung ist alltagstauglich, eine relativ hohe Haltbarkeit der erstellten Materialien ist gegeben und es entstehen lediglich Druckerkosten bei der Durchführung. Die LP übernimmt in diesem Szenario fast ausschließlich eine Moderatorenfunktion und die Rolle einer Lernbegleitung und –beratung, da die gesamte Lernumgebung auf das soziale Lernen ausgerichtet ist.

Evaluation[Bearbeiten]

Die Lernumgebung dokumentiert mit dem Tetraeder-Haus die Rechercheergebnisse der einzelnen Gruppen und macht sie in der Geometriestadt für die LP einsehbar. Diese Plakatierung dient demnach als Anhaltspunkt über den Lernerfolg für die LP und kann als Anknüpfung für nochmaliges Aufgreifen der Thematik genutzt werden, wenn die LP feststellen sollte, dass außerordentliche Verständnisprobleme vorliegen. Die gesamte Lernumgebung vereint, wie Wollring (2008) erläutert, zwar alle Artikulationsoptionen, basiert allerdings hauptsächlich auf sozialer Interaktion und fokussiert die mündliche Auseinandersetzung mit der Thematik. Die schriftliche Artikulation spielt im Vergleich zum Handeln und Sprechen eine untergeordnete Rolle.

Vernetzung mit anderen Lernumgebungen[Bearbeiten]

1. Vor der Lernumgebung könnten spezifische Aktivitäten durchgeführt werden, um das Verständnis der SuS für grundlegende geometrische Konzepte zu stärken. Dies könnten z.B. das Erkunden und Vergleichen verschiedener Formen und Körper sowie das Identifizieren von Eigenschaften und Unterschiede zwischen diesen Körpern umfassen. Nach der Lernumgebung könnten weiterführende Aktivitäten stattfinden, die auf den bereits erworbenen Kenntnissen aufbauen. Beispielsweise können auf die gleiche Art neue Körper erschlossen werden.

2. Die Lernumgebung stellt eine mögliche Überleitung zum Themengebiet Raum und Form. Nach der unterrichtlichen Behandlung von verschiedenen ebenen Figuren und Körpern, könnten die SuS darauf hingeleitet werden, Modelle von ebenen Figuren und Körpern herzustellen (MfB, 2009, S.18). Eine weitere Möglichkeit wäre es, die SuS Netze von Körpern entweder selbst anfertigen zulassen oder diese anhand von Skizzen oder Zeichnungen zu erkennen, da dies ein wesentliche Kompetenz zur Förderung des räumlichen Denk- und Vorstellungsvermögens darstellt (ebd.).

Zusätzlich könnte die Lernumgebung auch auf das Thema Arithmetik ausgeweitet werden. Anstelle von geometrischen Figuren könnten sich in den Häusern einzelne Zahlen verstecken, die auf Vorgänger und Nachfolger einer gewissen Zahlenreihe hinweisen möchten. Diese Aktivität könnte dann auch in verschiedenen Klassenstufen der Grundschule durchgeführt werden, sowohl mit kleinen als auch großen Zahlen, um das Verständnis für die Zahlenfolge zu fördern.

3. Es besteht die Möglichkeit die Lernumgebung fächerübergreifend mit dem Kunst-Unterricht zu verbinden, da von SuS im Rahmen des Kunstunterrichts im Arbeitsbereich 5: “Bauen und Formen” erwartet wird, dass sie dreidimensionale Gestaltungen anfertigen, wozu erste räumliche Grunderfahrungen von wesentlicher Bedeutung sind (MfB, 2011, S. 17).

Die systematische Durchführung von Internetrecherchen kann zudem auf beliebige andere Fächer übertragen werden. So kann das Vorgehen zum Beispiel auch für den Sachunterricht genutzt werden, indem Informationen über Städte, Tiere oder sonstige Themen nach spezifischen Kriterien erfolgen soll.

4. Die Thematik des Erschaffens und Konstruierens ist in mehreren Computerspielen brandaktuell und stellt somit eine Beziehung zur außerschulischen Lebenswelt her (z.B. Minecraft).

Reflexion der Lernumgebung[Bearbeiten]

Die Lernumgebung kann zu Problemen führen, wenn die geometrischen Körper und Flächen noch nicht behandelt wurden oder es auch große Schwierigkeiten im Verständnis gibt. Stolpersteine können entstehen, wenn die SuS unterschiedliche Körper behandeln. Aus diesem Grund ist es wichtig darauf zu achten, dass in jeder Gruppe mit dem gleichen Körper gearbeitet wird, bis der nächste Körper von der Lehrperson vorgegeben wird. Die LP sollte darauf achten, dass die Gruppen sich in einem ausgewogenen Verhältnis hinsichtlich des Leistungsniveaus zusammensetzen. Zudem sollte sie die individuellen Leistungsstände bei der Ausgabe der Hilfsmaterialien im Blick haben, damit auch wirklich alle SuS gleichermaßen von der Lernumgebung profitieren können.

Literatur[Bearbeiten]

KIM (2020). Kim-Studie 2020. Kindheit, Internet, Medien. Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest. Verfügbar unter: https://www.mpfs.de/fileadmin/files/Studien/KIM/2020/KIM-Studie2020_WEB_final.pdf [letzter Zugriff: 22.02.2024]

KMK (2022). Bildungsstandards für das Fach Mathematik Primarbereich. Verfügbar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2022/2022_06_23-Bista-Primarbereich-Mathe.pdf [letzter Zugriff: 21.02.2024]

KMK (2017). Strategie der Kultusministerkonferenz “Bildung in der digitalen Welt”, Berlin. Verfügbar unter: https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2018/Digitalstrategie_2017_mit_Weiterbildung.pdf [letzter Zugriff 20.02.2024].

Krauthausen, G. (2018). Einführung in die Mathematikdidaktik – Grundschule (4. Aufl.). Berlin/Hamburg: Springer Verlag.

Krauthausen, G. & Scherer, P. (2019). Natürliche Differenzierung im Mathematikunterricht. Konzepte und Praxisbeispiele aus der Grundschule (3. Auflage). Seelze: Kallmeyer. S. 109-118.

Lewandowski, D. (2021). Suchmaschinen verstehen (3. Aufl.). Berlin: Springer Vieweg.

Maier, S. (2011). „Neue“ Aufgabenkultur im Mathematikunterricht der Grundschule: theoretische Aspekte, unterrichtliche Realisierung, Reflexion und Evaluation des Unterrichtsprojekts „Gute Aufgaben im Mathematikunterricht der Grundschule (GAMU)“ in einer 4. Jahrgangsstufe. Hamburg:Verlag Dr. Kovac.

Ministerium für Bildung und Kultur Saarland (MfB) (2019). Basiscurriculum Medienbildung und informatische Bildung – Klassenstufen 1 bis 10. Verfügbar unter: https://www.saarland.de/SharedDocs/Downloads/DE/mbk/Bildungsserver/Unterricht_und_Bildungsthemen/Medienbildung/Basiscurriculum.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [letzter Zugriff: 21.02.2024]

Ministerium für Bildung, Familie, Frauen und Kultur Saarland (MfB) (2009). Kernlehrplan Mathematik Grundschule. Verfügbar unter:https://www.saarland.de/SharedDocs/Downloads/DE/mbk/Lehrplaene/Lehrplaene_Grundschule/GS_Kernlehrplan_Mathematik.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [letzter Zugriff: 24.01.2024].

Ministerium für Bildung Saarland (MfB) (2011). Kernlehrplan Bildende Kunst Grundschule.

Verfügbar unter : https://www.saarland.de/SharedDocs/Downloads/DE/mbk/Lehrplaene/Lehrplaene_Grundschule/GS_Kernlehrplan_BildendeKunst.pdf?__blob=publicationFile&v=1 [letzter Zugriff: 26.02.24].

Platz, M., Bierbrauer, C. & Müller, L. M. (2023). Förderung von Search Engine Literacy im Mathematikunterricht der Grundschule. In F. Dilling, D. Turm & I. Witzke (Hrsg.), Digitaler Mathematikunterricht in Forschung und Praxis (S. 181-190). Münster: WTM-Verlag.

Wittmann, E. (2004). Mathematik als Wissenschaft von Mustern – Von Anfang an. Abgerufen unter: http://www.sinus-grundschule.de/fileadmin/Materialien/Kurzf_SINUS-Ref.pdf [letzter Zugriff: 02.03.24].

Wollring, B. (2008). Zur Kennzeichnung von Lernumgebungen für den Mathematikunterricht in der Grundschule. Kasseler Forschergruppe (Hrsg.). Lernumgebungen auf dem Prüfstand. Bericht 2 der Kasseler Forschergruppe Empirische Bildungsforschung Lehren – Lernen – Literacy (S. 9–26). Kassel: kassel university press GmbH.