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Projekt:Altes Dresden/Dresdner Gebäude/Gurlitt/Matthäuskirche

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Die Friedrichstädter Kirche (Matthäuskirche).

Baug-eschichte.

Die Friedrichstadt wurde 1724 als besondere Gemeinde von der der Annen- kirche abgezweigt. 1725 wurde der Kirchhof für sie angelegt.

Am 28. Mai 1728 wurde der Grundslein zu einer neuen Kirche gelegt, 1729 wurde sie bereits ausgebaut und am 11. Juli 1730 geweiht. Die Steinmetz- arbeiten fertigte Johann Heinrich Peterseeln, die Zimmerarbeiten Abra- ham Krümmer, die Maurerarbeiten Johann Georg Gebhard. Dass der Entwurf von M. D. Popp el mann stamme, ist bisher, meines Wissens ohne sichere Unterlage, angenommen worden, wenn auch wahrscheinlich. Doch machte sich um den Bau auch der Maler Pöppelmann verdient, der nament- lich durch seine Beisteuer den Bau des 793/^ Ellen hohen Thurmes erwirkte, der 1731 durch den Hofschieferdecker Naumann mit schwarzgefirnisstem Blech gedeckt wurde, 1732 Knopf und Fahne und die drei Glocken erhielt, welche Weinhold goss; sie wurden seitdem aber wieder umgegossen.

Die Kirche (Fig. 191 u. 192) ist ein schlichtes Rechteck von rund 33 zu 18 m im Aeusseren gemessen. Der Grundriss hat sehr viel Verwandtschaft mit dem von Pöppelmann für die Dreikönigskirche gelieferten. An der Westseile der Thurm, daneben zwei Eingänge, in den Ecken die Treppen. In den Ost- ecken befanden sich neben weiteren Treppen die herrschaftlichen ßetstuben (Fig. 193). An den Langseiten zwei Emporen über einander auf sechs Holz- pfeilern. Die Kanzel stand ursprünglich am südlichen Chorpfeiler, ein eigent- licher Chorraum fehlte. Der Altar stand zwischen den beiden Einbauten der Betstübchen, der Taufstein davor. Die Decke ist flach und zeigt eine breite geputzte Kehle.

Das Aeussere (Fig. 194) zeigt die vorsichtige Beschränkung, die sich der Meister des Zwinger beim Entwurf einer Landkirche auferlegte. Drei schlichte Thüren führen von den Langseiten in den Bau. lieber diesen sieben langge- streckte Fenster. An den Ecken Wandstreifen mit Barockkapitälen, darüber ein fein verkröpftes Gesims. Ueber der Schmalseite nach Nordwesten der Thurm, dessen Helm durch eine Ausbauchung belebt ist und in Knopf und Wetterfahne endet. Diese ist 1 Elle (56 cm) hoch, 3 Ellen 17 Zoll (2,o8 m) lang, darauf


Baugeschiehte. Ausstattung.


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das polnisch -sächsische Wappen und die Inschrift anno 1731 im durch- brochenen Blech der Fahne. Schön ist die Schmiedearbeit des Windzeigers. An der Spitze eine Taube mit dem Oelzweige.

1741 wurde eine Sakristei an die Altarseite angebaut, 1749 — 51 der Kirch- thurm neu staffirt, 1767—68 die Kirchhofmauer errichtet, 1767 eine Taufkanne in Zinn von J oh. Christoph Hirsch- berg er erkauft. Leider fehlen die Bau- rechnungen aus der Mitte der sech- ziger Jahre, wo Unregelmässigkeiten in der Kassenführung vorkamen.

1863 wurde der Altar verändert, 1882 die Kirche im Innern erneuert, leider unter völliger Verdrängung der Pöppelmann'schen Gliederungen. Die Sakristeien wurden neu errichtet.

Ausstattung".

Taufstein (Fig. 195), Sandstein, 1,04 m hoch, 77 cm breit, achteckig, von reizvoller Form, fein durchgebildet und gut erhalten, wenngleich einige Eisse sich zeigen. Ein edles Werk durchaus im Geiste Pöppelmanns und wohl sicher nach dessen Entwurf. Bei der Eenovation entfernt. Jetzt in der Sammlung des K. Alterthumsvereins Nr. 370 (Inv.-Nr. 2640).

Orgel. Die älteste Orgel wurde 1738 an die Stiftskirche abgegeben. Die folgende Orgel (siehe oben Seite 153) stammte aus der Schlosskapelle und wurde laut Vertrag vom 20. März 1738 von dem Meissner Orgelbauer Johann Ernst Hähnel für 300 Thaler hier- her versetzt. Die Zimmerarbeiten dabei fertigte George Fr i edr i chWin ekler, die Maurerarbeiten Johann Georg Gebhard, die Malerarbeiten George Mentzel.

Die Orgel wurde damals in ihren Schnitzarbeiten vielfach ausgebessert. Die im Pfarrarchiv erhaltenen Eechnungen zeigen aber klar, dass neue Schnitzereien grösseren Umfanges nicht gefertigt wurden. Der Bildhauer erhielt im Ganzen nur I6V2 Thaler für seine Arbeit. Von den in der Sammlung des Alterthumsvereins (lüv.-Nr. 2192) erhaltenen Eesten der Orgel, welche bei der Schlosskapelle (siehe S. 153) besprochen wurden, gehören nur die 6 mit Bandwerk verzierten Pilaster dem 18. Jahrhundert an. Der jetzige Altar ist nicht der alte, dieser wird als ein Werk mit je einer



Fig. 191.


Friedrichstädter Kirche, Gruudriss. Jetziger Zustand.


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Dresden (Stadt), Friedrichstädter Kirche (Matthäuskirche).


Säule zu Seiten des Altarbildes in den alten Plänen dargestellt, und zwar ist für das Bild 3 Ellen (1,7 m) Eaum gelassen. lieber den Verbleib dieses ersten Altars ist nichts bekannt, ebensowenig wie über den der alten Kanzel, die, wie erwähnt, am ersten Pfeiler links vom Altar aufgestellt war (siehe die Pläne im Kirchen- archiv und in der Sammlung für Baukunst an der K. Technischen Hochschule).

Der jetzige Altar stammt wahrscheinlich aus der Annenkirche und weiter zurück aus der Frauenkirche (siehe oben Seite 45 flg., Fig. 29 und Seite 178). Wenn bei der üeberführung in die Annenkirche nachgewiesen wurde, dass da- mals schon die Kanzel im Altar selbst stand, so scheinen doch durch den Brand von 1760 sich Ergänzungen nöthig gemacht zu haben. Solche befanden sich

und befinden sich noch am Altare, und zwar deuten einzelne Formen stilistisch auf eine frühere Zeit hin als 1760. Es dürfte der Altar also schon in der Annenkirche Veränderungen erfahren ha- ben und bei der Wiederauf- stellung in der Friedrieh- städter Kirche nochmals um- gestaltet sein.

Die Neubildungen am Al- tar aus dem 18. Jahrhundert sind folgende : Die Interko- umnen hinter den Säulen- paaren mit Emblemen der vier Evangelisten, die beiden 27 : 50 cm messenden Eeliefs auf den Postamenten der Säu- lenpaare, denen jedoch viel- stark überarbeitete zu Grunde liegen. Dargestellt ist der Manna- Moses, Wasser aus dem Felsen schlagend. Gleichzeitig sind die



Fig


Friedriebstädter Kirche, Querschnitt. Jetziger Zustand.


leicht ältere, regen (?) und

Giebelansätze über dem Hauptgesims mit den darauf sitzenden Engeln. Das mittlere Relief, auf dem die Grablegung dargestellt ist. Hinter dieser eine Felswand, oben Engelsköpfe und ein Vorhang. Ueber dem Relief eine Glorie mit Wolken und einem Christus. Diese Werke zeigen alle das Bemühen, sich in die Aus- drucksweise des 16. Jahrhunderts hineinzufinden.

Selbständiger sind die beiden Statuen, die auf den seitlichen Consolen standen:

Statue Johannes des Täufers, Sandstein, 1,25 m hoch, in starker Be- wegung, mit der Fahne in der Rechten, mit der Linken nach rechts zeigend.

Statue des Moses, Sandstein, l,i8m hoch, mit den Tafeln in der Rechten und gewaltigen, breiten Faltenmassen.

Derbe Werke im Stil der Schule Permosers.

1882 vom Altar entfernt. Jetzt in der Sammlung des K. Alterthumsvereins Nr. 877 (Inv.-Nr. 2641/2).


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Crucifix, Sandstein und Gusseisen. Auf einem 1,7 om breitem Sandstein- sockel an laufenden Gesimsstücken sitzen zwei Engelputten, dazwischen stand ein Crucifix in Gusseisen (?), das sich jetzt in der Parentationshalle des äusseren



Fig. 193, Friedrichstädter Kirche. Altar. Zustand vor 1882.


Friedhofs befindet. Der Sockel im Pfarrgarten. Beides diente wohl einst dem Altar als Bekrönung.

Aus der modernen Umgestaltung des Altars 1882 stammt das Altargemälde, welches die hier stehende Kanzel ersetzte, die Ausbesserung des Frieses über dieser, der wegen der Kanzelthür zum Theil herausgeschlagen war, die Predella und das Altarblatt und die beiden Statuen auf den Seitenconsolen.


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Dresden (Stadt), Friedrichstädter Kirche (Matthäiiskirche).


Gemälde.

Oelgemälde, auf Leinwand, in Oel, 0,9o : 1,0 5 m messend. Christus erscheint im Garten von Gethsemane. Der Engel mit dem Kelch. In kalten, grauen, flüssig gemalten und meisterlich behandelten Tönen. Die



Fig. It)}. Friedrichs tädter Kirche.


Wolken und Steine eigenthümlich braun, das Ganze von feiner, eigenartiger Stimmung. Wohl ein Werk des Pöppelmann.

Jetzt in einem Confirmandensaal des Pfarrhauses.

Oelgemälde, auf Leinwand, in Oel, 1 m hoch, 94 cm breit.

Pieta. Christus liegt nach links im Schooss der Maria, die sich zurücklehnt


Gemälde.


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und schmerzvoll beide Arme ausbreitet. Magdalena kniet links, im Begriff, Christi Rechte an die Lippen zu ziehen. Freie Coraposition, aber kalte Farbe. In der Art des van Dyck. Erste Hälfte des 18. Jahrh. Sehr stark übermalt. Jetzt in einem Confirmandensaal des Pfarrhauses. An der Altarwand hingen bis 1882 einige Bildnisse von Geistlichen. Bildniss des Pastors D. Mehner, f 14. Februar 1756.

Auf Leinwand, in Oel, 59 : 80 cm messend.

In Beffchen, Perücke, den Zeigefinger der rechten Hand in ein Buch legend. Derber Kopf vonkräftigem Ausdruck, Trocken in der Malweise.

In einem alten, 1,3 6 m hohen, sehr schönen, ge- schnitzten und vergoldeten Rococorahmen.

Stark restaurirt.

Bildniss des Diaconus D. Mehner, t 1^62.

Auf Leinwand, in Oel, 66 : 85 cm messend.

In Beffchen, Perücke, die Rechte auf die Bibel, diese auf einen roth bedeckten Tisch stützend. Ein feines leidendes Gesicht. Bez.:

Hr. M. David Mehner geb. d. 30. Mart. 1732 ward Diaconus Dom. 14. p. Trinit. 1756 starb alt d. 8. Oct. 1762 30 Jahr 7 Mon. 9 Tage.

In schlicht verziertem, altem Rahmen.

Sehr stark übermalt. Bildniss des M. Johann Gottlieb Feilgenhauer, f 1787. Auf Leinwand, 90 : 70 cm messend.

In Perücke mit Haarschleife, Beffchen, bartlos, mit braunen Augen, in der Rechten ein offenes kleines Buch.

Feintöniges kräftiges Bild in der Art des Graff.

In einem architektonischen Rahmen; darüber, geschnitzt, Stola, Kreuz und Bibel, darunter eine Tafel mit Inschrift:

Magister Job. Gottlieb Feilgenhauer, geb. den 19. Decbr. 1739 Diaconus ] zu Friedrichstadt, den 12. April 1779. Gest. den 7. November 1787. Er lebte und lehrte ein Muster ] als Mensch und Lehrer, seine Asche ruhet in Frieden, sein Gedächtniss in Seegen.

Ausserdem ein Bildniss des Gottlob Friedrich Wilhelm Körner, t 1817, und zweier jüngerer Geistlichen.



Fig. 19,"), Friedrichstädter Kirche. Tauf stein.


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Altarg-eräth.

Hostiendose, Silber, vergoldet, rund, 84 mm Durchmesser, bez. mit einer Krone, einem A und 1681. KM ffl

Gemarkt mit undeutlicher Marke und Beschau (Danzig?).

Hostiendose, Silber, vergoldet, 87 mm Durchmesser, 5 cm hoch. Auf dem Deckel sehr fein gravirt das Lamm Gottes, auf der Eückseite bez.:

Zum I Lob und Danck Opfifer | 1731.

Gemarkt mit Dresdner Beschau, der Jahresmarke X und der ^^fS)

nebenstehenden Marke

Patene, Silber, vergoldet, 19 cm Durchmesser, passicht, tellerartig aus- gebildet. In der Mitte ein meisterhaft getriebenes Eehef: Christus am Kreuze, Maria und Joseph knieend. In einem Eococorahmen. Bez. c. H. S. 1755.

Ausgezeichnete, leider nicht gemarkte Arbeit.

Abendmahlkelch, Silber, vergoldet, 195 mm hoch, Fuss 122 mm breit, von einfachen Formen und ausdruckslosem Profil. Auf dem Knaufe bez. iesvs f. Der Fuss im Sechspass.

Gemarkt mit Dresdner Beschau, der Jahresmarke und nebenstehender Marke

Patene dazu, 16cm Durchmesser, mit gravirtem Kreuz, ungemarkt.

Abendmahlkelch mit Patene, Nachahmung des vorigen in Tomback.

Denkmäler.

Denkmal des Pastors David Mehner, f 1756, und seines Sohnes David Mehner, f 1762. — Sandstein, l,8o m hoch.

Obelisk mit zwei Rococokartuschen, darauf die Inschrift:

David Mehner | geb. zu Waldheim [ den 30. Aug. 1694 | trat als erster Pastor, an | hiesiger Kirche sein Amt an | den Michaelistag 1725 | gestorb. d. 14. Febr. 1756 | früh 9 Uhr in der Sakristei. | Dessen Sohn | M. | David Mehner geb. zu Friedrichstadt | den 30. März 1732 | ward erster Diakonus an | hiesiger Kirche am 14^^ ] Trinit. 1756 gestorb : j

den 8. Octbr. | 1762 |

1882 hinter dem Altar aufgestellt.

Auf dem Kirchhofe.

Denkmal eines Unbekannten.

Statue eines Kindes, in Sandstein, 92 cm hoch.

Mit dem rechten Arm sich auf einen Säulenstumpf stützend , drückt es ein Tuch vors Gesicht, die Linke hält eine umgedrehte Fackel. An der Säule hängt ein Medaillon mit einem Relief : ein Falter, der um eine Rose flattert.

Fette, barocke Figur, mit schwerem Oberkörper. Etwa von 1780.

Jetzt vor der Lohse'schen Gruft, an der Ostmauer des Kirchhofes.

Denkmal der Frau Rosalie Marie Schmid, geb. Spalteholz, f 1804, und ihres Sohnes Franz Sigismund Schmid, f 1794.

Sandstein, mit Oelfarbe gestrichen.

Auf einfachem, 1,22 :0,8i m breitem Postament lebensgrosse Gruppe: eine ältere Frau im Matronenschleier umarmt ihren jugendlichen Sohn, der in antiker Gewandung vor ihr steht.

Klassicistisches Werk im Stile Pettrichs, von charakteristischem, etwas süss- lichem Ausdruck, aber von vorzüglich beobachteter Bewegung namentlich im weiblichen Körper, Gesetzt von Johann Sigismund Schmid, "j* 1808, für die Familien Schmid, Hohlfeldt und Manitius.


Altargeräth. Denkmäler. Auf dem Kirchhofe. Grüfte.


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