Projekt:Dissidenten im Ostblock/Orte/Teplitz
Allgemein
[Bearbeiten]Bis zum Zweiten Weltkrieg trug die Stadt wegen ihres hohen kulturellen Niveaus und ihrer klassischen Architektur den Spitznamen Little Paris - Klein Paris.
w:cs:Střední průmyslová škola Teplice: Die erste urkundliche Erwähnung der Schule geht auf das Jahr 1854 zurück , als Kaiser Franz Joseph I. zur Kurzeit kam, um Elisabeth von Bayern zu heiraten . An diesem Tag, dem 24. April, kam das Ehepaar nach den Kanonenschüssen aus Letná und der Messe nach Koňské trhu (heute Benešovo náměstí), um symbolisch zwei Linden zu pflanzen und auf den Grundstein der neuen Stadtschule zu klopfen.
Teplitzer Verein
[Bearbeiten]Am Freitag, den 19. Februar 2021 wurde von 21 Gründungsmitgliedern der Teplitzer Verein (Teplický spolek) eröffnet.
Der neue Verein geht aus dem Konzept des Georgendorfer Vereins (Českojiřetínský spolek) hervor, der in diesem Jahr 10 Jahre seiner erfolgreichen Tätigkeit in der Region feiert. Beide Vereine knüpfen lose an die Tätigkeit des Nordböhmischen Gebirgsvereins-Verbandes an, der 1882 in Karlsbad gegründet wurde, seit 1885 seinen Sitz in Brüx und Oberleutensdorf und 1887 in Teplitz hatte. Diesen Verband von Vereinen hat das Interesse an dem historischen und kulturellen Erbe der Region verbunden, aber auch der Naturreichtum und Tourismus und nicht zuletzt ein Interesse an der Unterstützung der hiesigen Wirtschaft.
Eines der Projekte, das den neuzeitlichen Verein mit dem historischen Verband verbindet, ist der Titel „Erzgebirgs-Zeitung“ (Krušnohorské noviny), eine heimatkundliche Zeitschrift für das Erzgebirge und Böhmische Mittelgebirge, die den Nordböhmischen Bergvereins-Verband mit seiner Redaktion in Teplitz-Schönau bis zum Jahre 1943 protegiert hat. Um die erneute Ausgabe dieser historischen Zeitschrift kümmert sich zusammen mit seinem sächsischen Partner – Heimatgeschichtsverein Rechenberg-Bienenmühle – der Georgendorfer Verein. Der Teplitzer Verein wird sich nun an diesem Verlagsprojekt beteiligen.
Zu den Gründungsmitgliedern des neuen Teplitzer Vereins gehört Hana Truncová (96 Jahre), Ehrenbürgerin der Stadt Teplitz und Zeitzeugin der historischen Redaktion der Erzgebirgs-Zeitung – als Studentin des letzten Chefredakteurs und Professors an der Handelsakademie Dr. Gustav Müller in Teplitz-Schönau.
E-mail: teplice@krusnohori.cz
http://erzgebirgs-zeitung.de/?art=c9de4932cd71437f931457ec4814258c
Erzgebirgs-Zeitung
[Bearbeiten]Unter Verweis auf die seinerzeit spürbaren Vorteile des Fremdenverkehrs für Alpen und Harz, empfahl Ende der 1870er Jahre der Präsident des „Zentralkomitees zur Förderung der Erwerbstätigkeit der böhm. Erzgebigsbewohner“ in Prag, Richard Ritter von Dotzauer, Touristen in das Erzgebirge zu lenken und trat für die Gründung von Gebirgsvereinen ein. August Weymann, seinerzeit Bezirksschuldirektor der Bezirke Brüx und Komotau, griff diese Idee auf und gründete mit Hilfe der Stadtverordnetenversammlung Görkau am 16. November 1879 den ersten „Erzgebirgsverein“ in Böhmen, ihm folgten bis Anfang Februar 1881 sechs weitere. Diesen ersten sieben Vereine gründeten am 26. Februar 1882 in Karlsbad den Gebirgsvereins-Verband. Nachdem die Vereinssatzung behördlich genehmigt wurde, fand am 16. April 1882 in Karlsbad die gründende Versammlung statt. Der Name lautete zu Beginn „Verband der Touristenvereine des Erz- und Mittelgebirges“. Der Vereinssitz war zu Beginn am Gründungsort, ab 1883 in Komotau, wurde mit Beschluss vom 22. November 1885 zunächst nach Brüx-Oberleutensdorf und mit neuerlichem Beschluss vom 6. November 1887 schließlich nach Teplitz verlegt. Bereits zwei Tage zuvor wurde der Verbandsname in „Verband der Gebirgs- und Touristenvereine des Erz- und Mittelgebirges“ und am 7. Juni 1889 neuerlich in „Nordwestböhmischer Gebirgsvereins-Verband“ geändert. w:de:Nordwestböhmischer Gebirgsvereins-Verband
Die „Erzgebirgs-Zeitung“ feiert 140 Jahre-Jubiläum ihrer Gründung
Im Mai 2015 erschien wieder nach 72 Jahren die "Erzgebirgs-Zeitung" (Krušnohorské noviny), die Heimatzeitschrift für das Erzgebirge und das Böhmische Mittelgebirge, deren Grundlage auf eine lange Tradition verweist. Die historische Redaktion hat ihre Arbeit in Görkau bei Komotau (Jirkov) im Jahr 1880 begonnen und arbeitete im Laufe der Zeit in Brüx (Most), Oberleutensdorf (Litvínov) und Teplitz (Teplice). Die Zeitschrift entwickelte sich zu einer beliebten Lektüre auch auf sächsischer Seite und erschien bis in das Jahr 1943. Die Erzgebirgs-Zeitung wurde vorerst – im Mai 2015 – in tschechischer Sprache wieder ins Leben gerufen, zwei Jahre später – seit November 2017 – erscheint die Zeitschrift – wie das Original – wieder auch in deutscher Sprache.
Am 15. Mai 1880 ist die erste Nummer der „Erzgebirgs-Zeitung“, Organ der Tourismusvereine des böhmischen Erz- und Mittelgebirges erschienen. Herausgeber der Zeitung war von Anfang an der „Verlag des Görkauer Erzgebirgsvereins“ und gedruckt wurde sie in der Druckerei Brüder Butter in Komotau.
Die Gründung der ersten Erzgebirgsvereine war im Jahre 1879 in Görkau und Oberleutensdorf. Ab 1880 folgten weitere Gründungen in Schmiedeberg (später Schmiedeberg–Weipert–Kupferberg), Joachimstal, Karlsbad, Graslitz und Komotau. Einer nach dem anderen erklärte die „Erzgebirgs-Zeitung“ zu seiner Vereinszeitschrift. Lange Zeit bildeten diese allein den Kern des Verbandes der Touristenvereine der Erz- und Mittelgebirges, der am 26. Februar 1882 in Karlsbad gegründet wurde.
Bis 1943 gab es bei der Zeitung acht Chefredakteure (damals als „Schriftleiter“ bezeichnet).
Der erste Chefredakteur war Herr Dr. Ambros Mayr, Gymnasialprofessor in Komotau, ein gebürtiger Tiroler und hervorragender Germanist. Ein Mann, der die Ausgabe der Zeitschrift vorzüglich verfasste und in ihr gleich von Anfang an etwas ganz besonderes Gediegenes bot. In seinem Leitwort sagt er u.a.: „Edel sind die Zwecke, welchen die Blätter zu dienen bestimmt sind, denn sie weihen sich dem Kultus des heiligsten der Gefühle: der Liebe zum Vaterland und zur Heimat, deren Schönheit klar gemacht und deren Kunde verbreitet werden soll, auf daß wir nicht als Fremde durch unsere heimatlichen Gaue wandern“.
Als Dr. Ambros Mayr nach einjähriger Tätigkeit als Redakteur der „Erzgebirgs-Zeitung“ an das Gymnasium nach Bozen berufen wurde und sich keiner der Erzgebirgsvereine zur Übernahme des Verlages entschließen konnte, übernahm August Weymann (Obmann des Erzgebirgsvereins Brüx-Oberleutensdorf) den Verlag und die Redaktion, um den Erhalt der jungen Zeitschrift zu sichern. Große Opfer an Zeit und Mühen, sowie zahlreiche Sorgen waren damit verbunden.
Ab dem 1. Januar 1884 ging die Redaktion der „Erzgebirgs-Zeitung“ an den Verband über. Jährlich erschienen sechs Hefte.
Am 28. Mai 1885 wurde der Gebirgsverein in Teplitz gegründet. Teplitz ist 1887 zum Hauptort des Verbandes gewählt worden. Der Obmann des Teplitzer Gebirgsvereins Reginald Czermack, Unternehmer und Feuerwehrpionier, wurde zum Verbandsobmann. Unter seiner Obmannschaft erfuhr die „Erzgebirgs-Zeitung“ eine bedeutende Vergrößerung ihres Umfanges. Ab Januar 1888 wird die Verbandszeitschrift in der Druckerei C. Weigend in Teplitz gedruckt und erscheint ab März 1888 monatlich.
Die ersten Jahre versprachen einen verheißungsvollen Anfang. Die Zeitung gestaltete sich zu einem treuen Vertreter des Erzgebirges und des Böhmischen Mittelgebirges. Während manche andere Zeitungen und Zeitschriften in den Kriegswirren und der Not des ersten Weltkrieges untergingen, ist es den Herausgebern dieser Zeitschrift hoch anzurechnen, dass die Erzgebirgszeitung diese Zeit überstanden hat.
Der Verband der Gebirgsvereine kümmerte sich nicht nur um die regelmäßige Herausgabe der Erzgebirgs-Zeitung, sondern auch um das Zusammenwachsen der einzelnen Erzgebirgsvereine durch gemeinsame Ausflüge. Es galt den „Geist der Einheit und Zusammengehörigkeit“ zu entwickeln und zu pflegen.
Die geringen Jahresbeiträge, welche die Vereine dem Verband beisteuerten, reichten kaum für die Herstellung der Erzgebirgs-Zeitung. Der Herausgeber musste oft zu außerordentlichen Schritten greifen, um den Erhalt des Blattes zu sichern.
Einer der bedeutenden Redakteure war Josef Brechensbauer von 1905 bis 1920 (u. a. Autor des „Erzgebirgs-Kammweg-Führers“). Er hatte unter anderem die schwere Aufgabe, die Herausgabe der Zeitschrift während der Kriegszeit und den Kriegsfolgen zu organisieren. Einige Jahre hindurch konnte die Erzgebirgs-Zeitung jährlich nur in sechs wenig umfangreichen Heften auf schlechtem Papier erscheinen. Doch war sie auch in ihrem „ärmlichen Kleide“ vielen Söhnen der Heimat, weit draußen im Schützengraben, ein trauter Bote aus der Heimat.
Dr. Gustav Müller, Professor an der Handelsakademie in Teplitz-Schönau, übernahm am 1. März 1925 die Redaktion der Erzgebirgs-Zeitung. Gleichzeitig übernahm er die Leitung des Teplitzer Gebirgsvereins. Unter seiner Leitung konnte die Erzgebirgs-Zeitung wieder zwölfmal jährlich erscheinen. Außerdem erschienen bei besonderen Anlässen prächtige Sonderhefte wie: Keilberg, Kupferhübel, Graupen, Klösterle, Eichwald, Donnersberg, Dux und Görkau. Dank Dr. Gustav Müller hat die Erzgebirgs-Zeitung zu den alten Anhängern viele neue Freunde gewonnen.
Die über 60-jährige Herausgabe der Erzgebirgs-Zeitung diente beharrlich der Förderung von Volkskunde, Heimatforschung, Wanderpflege und dem Fremdenverkehr. Sie wurde nicht müde, auf die landschaftlichen Schönheiten und die Eigenart des Erzgebirges und der angrenzenden Gebiete hinzuweisen.
Das Erzgebirge wurde durch den Verband touristisch erschlossen und ist seither von den Naturfreunden von Nah und Fern geschätzt.
Der Georgendorfer Verein – Verein zur Belebung der Erzgebirgsregion (aus der böhmischen Seite des Erzgebirges) und der Heimatgeschichtsverein Rechenberg-Bienenmühle e.V. (aus Sachsen), haben sich zum Ziel gesetzt, das wertvolle historische Erbe der Erzgebirgs-Zeitung wieder zu beleben und die historischen Schätze unserer Region, sowie aktuelle Ereignisse der Erzgebirgsregion aufzugreifen.
Die wiedergeborene „Erzgebirgs-Zeitung“ erschien erstmalig am 15. Mai 2015 in Tschechisch. Die Ausgabe vom 15. November 2017 war dann erste Ausgabe nach dem Jahre 1943 in deutscher Sprache.
Neben den vielfaltigen Themen erfahren Sie in jeder Ausgabe u. a. auch Informationen über den Lückenschluss der Bahn zwischen Most (Brüx) und Freiberg. Dies ist ein Beispiel, dass die Herausgeber der Erzgebirgs-Zeitung neben der Redaktionsarbeit auch praktische grenzüberschreitende Projekte umsetzen. Die beiden Vereine – Herausgeber der Erzgebirgs-Zeitung – sind seit 2015 Koordinatoren der Initiative für den Lückenschluss. Seit 2011 sind sie Initiatoren und Organisatoren auch weiterer deutsch-tschechischer Projekte, über die die Erzgebirgs-Zeitung berichtet und somit eine wichtige Rolle des Multiplikators dieser gemeinnützigen Aktivitäten spielt.
Die heutige Redaktion arbeitet seit 2015 im Waldstein-Schloss in Litvínov (Oberleutensdorf).
Zum Redaktionsrat der neuen Erzgebirgs-Zeitung gehört auch eine Zeitzeugin der Herausgabe der historischen „Erzgebirgs-Zeitung“ Frau Hana Truncová, geb. John. Sie ist im Jahre 1924 in Teplitz-Schönau geboren und war eine Schülerin des letzten Chefredakteures Dr. Gustav Müller.
Hilfreiche Unterstützung erhaltet die Redaktion zu inhaltlichen Themen von vielen Vereinen, Museen, Archiven, Experten und Heimatforschern, sowie von ehemaligen Bewohnern des böhmischen Erzgebirges.
Die deutsche Version seit 2017 erscheint jährlich. Für den Bezug können Sie an die Redaktion wenden (Erzgebirgs-Zeitung, Schloss Waldstein, Mostecká 1, CZ-436 01 Litvínov; E-Mail: info@erzgebirgs-zeitung.de).
Ihr Ansprech- und Vertriebspartner für Deutschland: Herr Heinz Lohse, Muldentalstraße 49, D-09623 Rechenberg-Bienenmühle, Tel.: 037327 9958, Handy: 0179 5348943, E-Mail: HLohse4@gmx.de.
http://www.erzgebirgs-zeitung.de/?art=2866d8fbb28942baaec66461c5287b0c
Städtisches Elektrotechnikum
[Bearbeiten]Städtisches Elektrotechnikum in Teplitz-Schönau - Deutsches Ausland-Institut (DAI), 1917-1945 - Berufsausbildung und Fach- und Gewerbeschulen -
https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/Q4UXTSVDN5RDG4ZKJEQAKHG5SJPSVTM6
Postkarten
[Bearbeiten]Teplitz-Schönau war lange Zeit nur als Heilbad und Kurstadt bekannt. Hier kurten viele der Mächtigen Europas aber auch Künstler wie zum Beispiel Goethe und Beethoven. Später ging die Bedeutung als Kurbad durch den intensiven Abbau von Braunkohle in der Umgebung stark zurück. Das heutige Teplice ist eine wieder recht schöne Stadt - aber hauptsächlich Industriestadt - die aber noch mit starker Luftverschmutzung zu kämpfen hat. Hier ein paar alte Ansichten aus der Zeit vor der Vertreibung der deutschen Bevölkerung.
https://www.boehmisches-erzgebirge.cz/pictures/Teplitz/
Fachschule für Thon- und Industrie
[Bearbeiten]Fachschule für Thon- und Industrie Litho um 1900
Forstschule Litho 1899
Handelsakademie
[Bearbeiten]Die Handelsakademie
Objekt Nr. 19 | Havlíčkovy sady, Schönau
Dieses Gebäude steht auf dem Gipfel eines Felsvorsprungs, dem einstigen Mont de Ligne, der sich über dem Flößbachtal erhebt. Im 19. Jahrhundert stand hier ein romantischer Altan mit Spiegeln, später zu einem Ausflugslokal umgebaut. Es trug den Namen Pfefferbüchsel. Diese beliebte Gaststätte musste aber den ambitiösen Plänen der Schönauer Ratsherren weichen. Auf dem heutigen Zeyer-Platz war 1877 der Bau der St. Elisabeth-Kirche beendet worden, unerlässlich für die Ernennung des Kurorts Schönau zur Stadt. Die Ratsherren wollten das steigende Prestige von Schönau noch erhöhen und entschieden deshalb 1875, auf dem Mont de Ligne ein neues, klassisches deutsches Gymnasium zu errichten, das bisher seinen Sitz in der Villa der heutigen Regionalbibliothek hatte. Im gleichen Jahr begannen die Geländeanpassungen, der gesamte Porphyrfelsen wurde bis zur heutigen Höhe abgetragen und 1893 und 1894 wurde das geplante Gebäude errichtet. Es kostete 95 000 Gulden; dieser „Palast“ begann im September 1894 seinen schulischen Betrieb. Das Gebäude im Neorenaissance-Stil entwarf David Ferber. Neben der Synagoge und der St. Bartholomäus-Kirche wurde es sofort zur auffallenden Dominante der Stadt, vor allem wegen seines vierkantigen, 45 m hohen Turms. Der Turm diente nicht nur zur Schönheit: darin befand sich auch der sog. Karzer, ein Raum, in dem undisziplinierte Schüler eingeschlossen wurden. Seit 1953 siedelt in dem Gebäude die Handelsakademie Teplice. Die Anhöhe Mont de Ligne biete auch heute noch eine einzigartige Aussicht. An der rechten Seite des Gebäudes ist sie frei zugänglich, und der Blick reicht von hier aus nach Schönau, über die ehemalige Stephanshöhe, jetzt Janáčkovy sady, nach Prosetice mit der Neubausiedlung bis hin zur Königshöhe, der heutigen Letná.
https://audioteplice.cz/pdf/20190_die_handelsakademie.pdf
Deutsche Realschule
[Bearbeiten]1904: Deutsche Realschule in Teplitz (heute Gymnasium Teplice) w:de:Wenzel Bürger: Wenzel Bürger (* 27. September 1869 in Gabel; † 25. April 1946 in Hochweitzschen bei Döbeln) war ein Architekt, der ab 1893 in Chemnitz lebte und arbeitete. Nach der Zerstörung seines Hauses auf dem Kapellenberg am 5. März 1945 zog Wenzel Bürger nach Döbeln, wo seine Tochter lebte. Er starb am 25. April 1946 in der Heil- und Pflegeanstalt Hochweitzschen.
Am Ende der (heute schon de facto nicht mehr existierenden) Grünen-ringgasse steht seit 1904 das Gebäude der ehemaligen deutschen Realschule. Außer Ende des Zweiten Weltkrieges, als es ähnlich wie die anderen Teplitzer Schulen als Lazarett für deutsche Soldaten benutzt wurde, diente es immer der Bildung: es wechselten sich hier Studenten der Handelsakademie, der Pädagogik und des Konservatoriums ab; heute werden die Räume ausschließlich vom Gymnasium Teplice genutzt.
Das Gebäudeprojekt erstellte Wenzel Bürger, ein Architekt aus dem sächsischen Chemnitz, der auch Autor Baumeister der dortigen Synagoge, einer katholischen Schule und einer Reihe von Villen war. Seine Arbeit kennzeichneten die Worte: „Der deutschen Jugend in deutscher Stadt ein deutsches Haus“.
Einen großen Aufschwung erlebte das Gymnasium Teplice nach 1993. Der Schulkomplex wurde durch weitere zwei Gebäude an der gegenüberliegenden Seite der Allee-Straße erweitert: durch das ehemalige Kloster der Borromäerinnen und eine Bürgerschule, die dem Kloster unterstand. In dem erwähnten Kloster befindet sich auch die Kapelle Triumph des Heiligsten Herzens der Jungfrau mit Ausschmückungen der Beuroner Kunstschule. Zu Beginn des Millenniums wurden alle drei Gebäude durch eine Überbrückung der Alleestraße miteinander verbunden. Der besondere Stolz der Schule ist seit 2008 ein neues Sportareal und sogar ein beheiztes Gewächshaus.
Im Gymnasium studieren in acht Jahrgängen über 800 Gymnasiasten, die von 70 Lehrkräften unterrichtet werden.
Seit 1987 untersteht das Objekt dem staatlichen Denkmalsschutz; allerdings ist nur anlässlich des Tages der offenen Tür eine Besichtigung des Gebäudes möglich.
GPS: 50° 38' 16.669" N, 13° 49' 22.206" E
https://audioteplice.cz/text.de.php?id=01
https://audioteplice.cz/list.de.php
Deutsches Haus
[Bearbeiten]Ansichtskarte Teplitz-Schönau Deutsches Haus Ca 1910
Musikhalle
[Bearbeiten]Musikhalle im Kurgarten AK um 1930
Donnersberg
[Bearbeiten]Donnersberg, deutscher Name des Milešovka (836,6 m), im Böhmischen Mittelgebirge bei Milešov (Velemín), Region Ústecký, Tschechien
Die Milešovka befindet sich zentral im westlichen Teil des Böhmischen Mittelgebirges, ungefähr 15 km südlich von Teplice (Teplitz) und Ústí nad Labem (Aussig). An seinem Fuß befinden sich die Orte Milešov (Milleschau), Černčice (Tschentschitz) und Bílka (Pilkau).
Teplitz-Schönauer Anzeiger
[Bearbeiten]w:de:Teplitz-Schönauer Anzeiger
Erzgebirgsverein
[Bearbeiten]w:de:Josef Brechensbauer: Nach dem Tod von Professor Bruno Berlet bearbeitete er gemeinsam mit dem Vorsitzenden im Presseausschuss des Erzgebirgsvereins, Paul Kabisch, die 11. Auflage des Wegweisers durch das Erzgebirge, Nordböhmen und Böhm. Mittelgebirge.
- Wegweiser durch das sächsisch-böhmische Erzgebirge: mit Übersichtskarte, einer Orientierungstafel vom Fichtelberg und einer graphischen Höhendarstellung, Hermann Graser, Annaberg 1872 (Link zum Digitalisat) w:de:Bruno Berlet (gest. 1892)
- Freund Bruno Berlet (* 2. Juni 1825 in Sieglitz; † 30. November 1892 in Annaberg) war ein deutscher Lehrer und Reiseschriftsteller des Erzgebirges - wurde als jüngster Sohn des Pfarrers August Friedrich Berlet und seiner Ehefrau Christine Wilhelmine Ebhardt geboren. Bruno Berlet war Rektor des Königlichen Realgymnasiums zu Annaberg. 1872 verfasste er den Wegweiser durch das sächsisch-böhmische Erzgebirge, der bis 1911 in 12 Auflagen erschien und als Berlet, Erzgebirge überregionale Bekanntheit erlangte. Neben seiner Tätigkeit als Pädagoge widmete er sich auch der Erforschung von Leben und Werk von Adam Ries.
Langewiese
[Bearbeiten]https://www.boehmisches-erzgebirge.cz/pictures/Langewiese/
https://www-user.tu-chemnitz.de/~tla/e_kammweg_de/html/gebirgsverein.html
Reginald Czermack-Warteck
[Bearbeiten]Reginald Czermack ( 4. März 1847 Prag – 3. März 1929 Krupka ) war ein Unternehmer, der zur Entwicklung der Feuerwehr beigetragen hat. Er unterstützte auch Tourismus und Alpinismus , setzte sich für den Bau eines Wetterobservatoriums auf Milešovka und einer Touristenhütte des Alpenvereins in den Stubaier Alpen , genannt Teplitzer Hütte (2586 m ü.M.), ein.
Reginald Czermack wuchs in Prag auf, wo er auch ein Gymnasium und eine Wirtschaftsakademie absolvierte. Anschließend zog er nach Teplice, wo er im Feuerwehrausrüstungsgeschäft der amerikanischen Firma Douglas ein Geschäft aufnahm. Im Laufe der Zeit baute er eine eigene Werkstatt und später eine Fabrik für Feuerlöscher, Sanitärwagen, Schläuche oder Pumpen auf.
Czermacks Hobbys waren Wandern und Bergsteigen . In Teplice wurde er zum Gründer des Deutschen Alpenvereins . In den Stubaier Alpen ließ er sich das Chalet Teplicka bauen . Er plädierte auch für den Bau eines meteorologischen Observatoriums in Milešovka. [2]
Er war Vorsitzender des Verbandes der Bergvereine Nordwestböhmens, der Herausgeber der Erzgebirgs-Zeitung Krušnohorské noviny war . Sie wurden von 1880 bis 1887 vierteljährlich veröffentlicht. Ab 1888, als der Verein bereits in Teplice -Šanov tätig war, erwarb die Zeitung unter der Leitung von Reginald Czermack einen erheblich erweiterten Inhalt und wurde zu einer Monatsschrift.
Das Grab von R. Czermack in Teplice
Nach dem Ersten Weltkrieg kaufte er ein Schloss in Krupka bei Teplice (heutiges Kinderheim), wo er sein Lebensende verbrachte. Er starb hier im Jahre 1929 und ist auf dem Teplitzer Friedhof begraben .
Das heutige Jubiläum der Woche gehört einem Mann, der sich in die Geschichte der Feuerwehr in den Böhmischen Ländern und Österreich einschrieb: Reginald Czermack. Czermack wurde am 4. März 1847 in Prag geboren. Nach dem Studiumabschluss am Gymnasiums und Handelsakademie zog er nach Teplitz um dort eine Verkaufsstelle von Feuerwehrausrüstungen der amerikanischen Firma Douglas zu eröffnen. Später hat Czermack eine Werkstatt für Feuerwehrfahrzeuge gegründet, die sich zu einer großen Fabrik entwickelte. In der wurden neben Feuerspritzen auch Sanitätswagen, Schläuche, Pumpen und weitere Feuerwehrtechnik hergestellt. Die Erzeugnisse Czermacks bekamen mehrere Fachauszeichnungen. Seine patentierte Feuerspritze mit Saugeinrichtung bekam sogar einen Staatspreis. Die sehr erfolgreiche Fabrik trug den Namen: „K.u.k. priv. Feuerspritzen-Pumpen-und Maschinen-Fabrik Reginald Czermack Teplitz in Böhmen“.
Czermack engagierte sich sehr stark bei den Gründungen der Organisationen der freiwilligen Feuerwehr. Er war Mitbegründer des „Feuerwehr-Landes-Central-Verbandes für Böhmen“ und der „Internationalen Vereinigung des Feuerwehr- und Rettungswesens“. Im Jahre 1889 wurde Czermack zum Präsidenten des „Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes“ gewählt.
Reginald Czermack war gleichzeitig ein begeisterter Wanderer und Alpinist. In Teplitz gründete er eine Sektion des „Deutschen Alpenvereins“. Für Bedürfnisse des Vereins ließ er in den Stubaier Alpen die „Teplitzer Hütte“ bauen. Er setzte sich auch für den Bau des meteorologischen Observatoriums an dem „Milleschauer“, auch „Donnersberg“ genannt, ein. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er in Abgeschiedenheit auf seinem Schlösschen in Graupen bei Teplitz, wo er im Jahre 1929 verstarb. Czermack ist auf dem Teplitzer Friedhof begraben. Sein Grab ist in einem sehr guten Zustand, weil sich um ihn der „Österreichische Bundesfeuerwehrverband“ kümmert.
https://sever.rozhlas.cz/reginald-czermack-hasicsky-pionyr-a-alpinista-z-teplic-6841202
Denkmalsturz
[Bearbeiten]Kaiser-Joseph-Denkmal ?
gestaltete sich zu einer wahren Demütigung der erbitterten Bevölkerung durch die tschechische Soldateska
https://www-user.tu-chemnitz.de/~tla/boehmen/pictures/Reischdorf/ortskunde_Teil_2-Ernst_Iser.pdf
Wolfgang Amadeus Mozart beispielsweise, mit einem überlebensgroßen Denkmal, das größte seiner Art in Europa. Entstanden ist es im Auftrag des Prager „Ständetheaters“, geschaffen 1915 vom Bildhauer Franz Metzner. Im Jahre 1925 wurde die Figur auf einem der Teplitzer Marktplätze anstelle des 1918 abgebauten Kaiser Josef II.-Denkmals aufgestellt.
https://www.seume-verlag.de/journal/der-211-todestag-von-j-g-seume
Schändung von Kapellen
Entfernung von Wegekreuzen
Niederreißen von Votivbildern
auch Schillerdenkmale und andere Wahrzeichen deutscher Kultur wurden zerstört
https://landesecho.cz/index.php/forum/857-die-kaadener-schuesse
Seume-Denkmal
[Bearbeiten]
Seume: Zwar nicht Sohn oder Tochter, aber Toter der Stadt Teplitz. Nach 1945 beseitigt wie alles Deutsche, wurde das Seume-Denkmal noch kurz vor der Wende 1989 wieder ausgegraben - als ein Pfund, mit dem man wuchern, mit dem man Geschäfte machen kann. Seumes weite Wanderungen endeten ausgerechnet in Teplitz, wo er sich Heilung ausgerechnet und als Mittelloser sogar Geld für eine Kur geliehen hatte. Die Nachricht von seiner Offizierspension verseumte ihn, er starb nach nur zehn Tagen Aufenthalt in dem Heilbad.
- 3. Juni mit geliehenem Geld zum Kuraufenthalt in Teplitz (Teplice, Tschechien), dort stirbt Seume am 13. Juni. Drei Tage nach der Todesmeldung erhält Wieland die Nachricht vom Erfolg des Gesuchs um eine Pension für Seume. https://www.seume.de/lebenslauf.html
Pomník Johanna Gottfrieda Seuma (1763–1810) pochází z roku 1895. - Das Denkmal für Johann Gottfried Seum (1763–1810) stammt aus dem Jahr 1895.
Neben Seumes Grab in Teplitz steht in einem Park, der ehemals Friedhof war, die Kreuzauffindungskapelle, die heute Seume-Kapelle genannt wird, und nicht weit davon entfernt ein Denkmal für ihn. w:de:Johann Gottfried Seume
1798 Harzwanderung; Besuch bei Gleim in Halberstadt https://www.goeschenhaus.de/seumehaus_seume/?=
1795 - eine Italienreise als Begleiter ende im Spätsommer wegen politischer Differenzen in Leipzig - Oktober 1799 Halberstadt - Gleim - Brief vom 20. Nov. erneuter Plan einer Italienreise "Spaziergang nach Syrakus" - Darlehen 200 Taler - noch Koalitionskriege - 6. Dez. 1801: Aufbruch aus Grimma
Und als ein Fremdling geblieben: Erzählungen. Nachrichten. Volker Ebersbach 2022
- Eine wichtige Vorbemerkung des Autors vorab: Den Texten ist, mitunter das Zitat streifend, Wortmaterial aus Werk und Briefen der Dichter und aus anderen Zeugnissen ihrer Zeit (Goethe, Lenz, Charlotte von Stein, Novalis, Seume, E.T.A. Hoffmann, Bettina und Achim von Arnim, Heinrich Heine) eingeschmolzen. Damit sind auch schon die Namen jener Dichter genannt, um deren Leben und Werk es geht – zum Beispiel um jenen Jakob Michael Reinhold Lenz, der erst gerade unzertrennlich mit Goethe war und der dann wegen einer von Goethe am 26. November 1776 in seinem Tagebuch erwähnten, aber unkommentiert gelassenen „Eseley“ aus Weimar ausgewiesen wurde und später vereinsamt, verarmt und verbittert 1792 in Moskau starb. Bei Ebersbach heißt es über die Weimarer Zeit unter anderem: Anderntags steht er selber in der Tür, der endlich eingeführte Geheime Legationsrat mit Sitz und Stimme im Geheimen Conseil und zwölftausend Talern. Ist schon Abend? Du Glücklicher! Du lebst wie ein Poet. Hältst dich im Hintergrund. Da bleibt man frei. Wirst nicht von großen und wichtigen Geschäften ausgezehrt. Brauchst dich nicht überall hinzupassen, musst nicht aus allem Vorteil ziehen, zu Dissonanzen Mienen des Beifalls zeigen, dich Halunken angenehm machen, die Schranzen gewinnen, damit sie dir nicht den Herzog stehlen. Du lebst in deinen Fantasien, nicht in der wahren Welt. Lenz lächelt: Die wahre Welt kann ich mir nicht leisten. Goethe schaut ihm besorgt in die Augen: Du kokettierst mit deiner Schwäche! Du lebst dahin, als wartetest du auf ein Wunder. Ich lebe hier wie ein Satyr unter Satyrn. Ich tue, was ich kann, ich schreibe. Und wenn mir was gelingt, ist es das Wunder, auf das ich warte. Oder die Saat, die dem Bauern Ernte bringt, er darf nur warten. Du sprichst wie ein Narr. Ach, du bist zum Narren geboren, Lenzchen, und wenigstens hast du so viel Verstand, es in einer guten Art zu sein. Aber du musst dich auch selber lieben! Die Selbstliebe gibt uns die Kraft zu anderen Tugenden, merke dir das, mein menschenliebiger Don Quichote! Verdreh die Augen, wie du willst. Deine heftigste Leidenschaft noch musst du der Selbstliebe unterordnen, sonst wird sie abgeschmackt und andern lästig! Du darfst dich nicht verkriechen. Man spürt den Bruch zwischen beiden Dichtern, von denen der eine Minister geworden ist. Außerdem befasst sich Ebersbach mit den beiden heute halbvergessenen Schriftstellern Wilhelm von Kügelgen und Jakob Wassermann und dessen historischem Roman „Alexander in Babylon“.
1763 Johann Gottfried Seume kommt in Poserna bei Weißenfels am 29. Januar als erstes von fünf Kindern des wohlhabenden Bauern Andreas Seume und seiner Frau Regina Christina zur Welt. 1770 Umzug nach Knautkleeberg, Andreas Seume wird Gast- und Landwirt. 1771 Die Familie Seume verarmt während einer Hungersnot, der Vater erkrankt 1773. 1776 Andreas Seume stirbt, die Familie gerät in Not. 1777 - 1781 Graf Wilhelm von Hohental übernimmt die Ausbildung des begabten J. G. Seume. Schulbesuch in Borna (bis Juni 1779) und Leipzig (Nicolaischule). Theologiestudium in Leipzig. 1781 Religiöse Krise: Seume flieht, um in Metz auf die Artillerieschule zu gehen. In Vacha wird er von hessischen Werbern aufgegriffen. 1793 Seume geht mit Igelström (er ist Chef der russischen Besatzungstruppen) nach Warschau und wird Leutnant. In Warschau erscheint Seumes „Ueber Prüfung und Bestimmung junger Leute zum Militär“ (gedruckt von Dufour in Warschau). 1794 Seume gerät im Zuge des polnischen Aufstands für zehn Monate in polnische Gefangenschaft. 1796 Seume bittet um Entlassung aus russischen Diensten und wird ohne Pensionsanspruch ausgeschlossen. 1799 Besuch bei Johann Wilhelm Ludwig Gleim in Halberstadt. Harzreise. Ehrenvolle Entlassung aus der russischen Armee, noch immer keine Pension. Darlehen von Gleim für eine Italienreise. https://www.seume.de/lebenslauf.html
Seume: Johann Gottfried S. wurde am 29. Januar 1763 als der Sohn eines ziemlich wohlhabenden Landmannes zu Posern, einem Dörfchen bei Rippach geboren. Sein Vater war streng, aber nicht hart und von einem hohen Gerechtigkeitsgefühle beseelt, das sich auf den Sohn vererbte. Seine Mutter Regina, eine geborene Liebich, soll in ihrer Jugend schön gewesen sein und liebte den Sohn mit großer Zärtlichkeit. Bei dem Schulmeister Held, dessen Tochter Seume’s Pathe war, lernte der Knabe frühzeitig lesen und schreiben. Infolge von Streitigkeiten, besonders mit dem Amtsrichter in Posern, verkaufte der Vater seine Grundstücke und übernahm die Pachtung eines Wirthshauses mit ziemlicher großer Oekonomie in Knautkleeberg bei Leipzig. Bei dem neuen Lehrer in dem benachbarten Knauthain machte S. durch die verkehrte Methode des ersteren lange Zeit keine Fortschritte, bis endlich der Pfarrer, Mag. Schmidt bei den öffentlichen Kirchenprüfungen durch die oft barocken Ideen des Knaben aufmerksam auf ihn wurde und ihn dem Lehrer aufs angelegentlichste empfahl. Jetzt überflügelte er in kurzer Zeit alle seine Mitschüler und war oft der Stellvertreter des Lehrers in der Schule, wenn dieser der Pflege seiner Bienen oder des Spargels oblag. Da starb 1775 Seume’s Vater in äußerst kümmerlichen Verhältnissen, da Mißwachs nahezu sein ganzes Vermögen verzehrt hatte; der Sohn gedachte Grobschmied, dann Schulmeister zu werden. Aber der Graf Hohenthal-Knauthain nahm sich warm des Verwaisten an und brachte ihn zum Rector Korbinsky nach Borna. ... Aber Streitigkeiten mit dem Magister Schmidt, dem Vermittler zwischen ihm und dem Grafen, und besonders Vorwürfe Schmidt’s, der ihn für einen Ketzer hielt, weil er zu häufig badete und zu selten in die Kirche ging, und die Drohung, alle seine Klagen auch dem Grafen mitzutheilen, machten Seume’s Studien ein plötzliches Ende. Er wollte sich nicht mit dem Grafen über sein Wesen auseinandersetzen und verließ deshalb plötzlich Leipzig, um sich nach dem Westen Deutschlands zu wenden. Ein bestimmtes Ziel hatte er sich nicht gesetzt, er gedachte sich nur vorerst die Welt anzusehen, mit 9 Thalern in der Tasche glaubte er bis nach Paris kommen zu können. Aber in Vach wurde er von hessischen Werbern aufgegriffen und nach Ziegenhain gebracht, wo ein Fluchtversuch mißglückte. Von hier ging’s nun nach Kassel und Münden, und die Weser abwärts nach Bremen. Er und seine Mitgefangenen wurden eingeschifft, um nach Amerika transportirt zu werden. 23 Wochen dauerte die Fahrt, bis man endlich in Halifax landete. S. wurde wegen seiner Tüchtigkeit zum Unterofficier ernannt und mußte nun als solcher einen langen, qualvollen Lagerdienst durchmachen, eine Zeit, in der er die einzige Erholung in seinem Cäsar fand, den er bei sich führte. Endlich aber wurde Frieden geschlossen und S. mußte, ohne den Krieg mitgemacht zu haben, sich wieder nach Europa einschiffen. Zwar dauerte die Rückfahrt nur 23 Tage, aber neues Elend erwartete ihn, er sollte an die Preußen verschachert werden. Da aber ergriff er die erste sich ihm darbietende Gelegenheit zur Flucht und entkam glücklich nach Oldenburg, wo er die Aufmerksamkeit des Großherzogs erregte, der sich seiner warm annahm und mit ihm die Pläne über sein künftiges Leben besprach. Kaum aber hatte er Oldenburg verlassen, um seine Lieben in der Heimath aufzusuchen, so wurde er, da er vergessen hatte, seine militärische Kleidung abzulegen, von preußischen Werbern gefangen und nach Emden als Deserteur geschleppt, und zum gemeinen Soldaten degradirt. Bald machte er einen Fluchtversuch, aber im dicken Nebel verlor er die Richtung und lief seinen Peinigern in die Hände. Ein lateinischer Hexameter, den er im Kerker niedergeschrieben hatte, rettete ihn vor entehrender Strafe. Der General Courbière nahm ihn als Erzieher seiner Kinder auf. Aber S. suchte von neuem die Freiheit zu gewinnen, um von neuem nach Emden gebracht zu werden, wo er nur durch die Bitten der Bürger und die Gewogenheit des Generals der Todesstrafe entging. Durch eine List, die ihm ein Bürger angerathen hatte, entkam er endlich seinem Gefängnisse. Er nahm gegen eine Caution von 80 Thalern, die ihm sein Rathgeber vorstreckte, einen Urlaub zum Besuche der Seinen, um nicht wiederzukehren. S. ging nun, nachdem er seine Freiheit wieder gewonnen hatte, mit dem Gedanken um, seine Studien in Leipzig von neuem aufzunehmen. Nachdem er zuvor seinem Emdener Freunde die vorgestreckten 80 Thaler zurückgesendet hatte, die er sich durch Uebersetzung eines englischen Romans für den Buchhändler Göschen erwarb, wandte er sich nach Leipzig, und wurde hier schon 1792 Magister. ... Im J. 1808 begann er über ein Fußleiden zu klagen, das zwar schon früher, aber weniger fühlbar gewesen war, und bald gesellte sich dem noch ein Blasenleiden zu; doch stellte ihn das Jahr 1809 soweit her, daß er im Frühlinge 1810 eine Reise nach Weimar zu seinem Freunde Wieland unternehmen konnte. Nach seiner Rückkehr schloß er sich Tiedge, der gerade das Bad Teplitz besuchen wollte, an; hier griff seine Krankheit nur allzurasch um sich, am 13. Juni 1810 fand man ihn todt. S. ist, wenn auch kein Dichter im vollen Sinne des Wortes, doch ein Schriftsteller von weitgehender Bedeutung, ein Mann von Geist und Charakter. Nicht aus innerem Antriebe griff er zur Feder, sondern durch äußere Umstände bewogen; er selbst war den Schriftstellern nicht sonderlich hold. Das erste, was er schrieb, die Uebersetzung des Romans Honorie Warren, geschah, um sich einer Schuld zu entledigen, und auch mit seinen anderen Schriften verfolgte er zumeist ganz andere Zwecke, als sich selbst den Ruhm eines Dichters und Schriftstellers zu verschaffen. Mit dem Jahre 1796 beginnt seine eigentliche schriftstellerische Thätigkeit, nachdem er bereits drei Jahre zuvor eine Abhandlung „Ueber Prüfung und Bestimmung junger Leute zum Militär“ in Warschau veröffentlicht hatte. Seine Schriften: „Einige Nachrichten über die Vorfälle in Polen im J. 1794“ (1796), zwei Briefe über die neuesten Veränderungen in Rußland seit der Thronbesteigung Pauls I. (1797), über das Leben und den Charakter der Kaiserin Katharina II. (1799) und „Anecdoten zur Charakterschilderung Suworows“ (1799) zeigen ihn als einen von Freiheitsdurst und Vaterlandsliebe beseelten Mann, als einen Tyrannenfeind und Aristokratenhasser, der seiner Zeit einen wahren Spiegel vor Augen hält. Er zeigt dem Volke, wie es in Sklaverei und Knechtschaft versunken sei, nachdem es die Achtung vor sich selbst verloren habe, und predigt gegen die Fürsten, die ihrer Würde und ihrer Pflichten vergessen und sich glücklicher fühlen über Sklaven zu herrschen als über freie, ihr Schicksal selbst bestimmende Völker. Die Gegenwart ist ihm zerfallen, zerrüttet und verderbt, Trost allein findet er in der Vergangenheit. Aus ihr taucht ihm das leuchtende Bild eines Miltiades, des Siegers von Marathon hervor, und krystallisirt sich in einem Drama (1808) voll flammender Vaterlandsliebe. Aus demselben Grunde verweilt er so gern bei Thukydides und Xenophon und übersetzt Theile ihrer Schriften, der Gegenwart ein Vorbild zu geben, und die Einleitung zur Erklärung schwierigerer Stellen bei Plutarch gestaltet sich ihm zu einer Verherrlichung der Vaterlandsliebe, so flammend und begeistert, daß kein Censor den Druck zugeben wollte, und sie erst lange nach seinem Tode veröffentlicht werden konnte. Derselbe Charakter durchweht auch seine Gedichte (1801). S. ist kein Dichter der Gefühle, aber doch voll Gemüth und inniger Liebe für alles Edle und Schöne und Gute. Ein verbitterter melancholischer Zug umschwebt seine Lippen, und was er singt, klingt herb und rauh, aber es ist wahr. Er haßt die Pfaffen und ihre heuchelnde Frömmigkeit und ist doch selbst voll Gottvertrauen; er warnt vor den Weibern, die der Erde größtes Uebel sind und hat doch selbst wahre und tiefe Liebe gefühlt; er eifert gegen den Egoismus und stellt ihn doch als das Grundprincip alles menschlichen Strebens und Handelns hin; denn der Widerspruch ist eben nur ein scheinbarer. Für Klopstock und Gleim ist er begeistert, Lessing schätzt er hoch und seine [67] Dramaturgie gilt ihm für unübertrefflich; in einem Aussatze über Schauspieler und ihre Kunst (1807) stellt er sich ganz auf seine Seite. – Die Schriften, die Seume’s Namen am bekanntesten gemacht haben, sind die Beschreibungen seiner beiden Reisen, der nach Sicilien, die unter dem Titel: „Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802“ im darauf folgenden Jahre erschien, und der nach dem Norden: „Mein Sommer 1805“ (1806). Sie beide geben ein treffendes Bild der damaligen Verhältnisse in den betreffenden Gegenden, untermengt mit einer Fülle interessanter Bemerkungen, die von dem Geiste und der tiefen Bildung Seume’s sprechendes Zeugniß geben.
w:de:wikisource:ADB:Seume, Johann Gottfried
Wie könnte man sich denn die große Liebe und Anhänglichkeit erklären, welche das deutsche Volk diesem Dichter seit länger als sechszig Jahren gewidmet hat und voraussichtlich immer fort widmen wird, wenn dieser Mann nicht durch und durch ein echter und wahrer Repräsentant unsrer geistigen und gemüthlichen Volkseigenthümlichkeit wäre, wenn man nicht, sobald man sich einen Prototyp des deutschen Charakters und Wesens, des Deutschen an sich vorstellen will, unwillkürlich gezwungen wäre, sich an Seume zu erinnern? Es liegt ein ganz eigenthümlicher Zauber in den schlichten Worten, die er niedergeschrieben, der uns faßt und zu ihm hinreißt. Was hat er denn an sich, dieser schlichte Wandersmann, der einen großen Theil Europa’s am Knotenstocke mit gesundem Herzen und Auge durchpilgerte, dieser moderne Diogenes, der arm und anspruchslos, geehrt und geliebt, vom Throne bis zur Bauernhütte herab, mit festem Fuße und klarem Geiste, aber so frei von Selbstüberschätzung, wie von lumpiger Bescheidenheit, aus dem vorigen Jahrhundert in das unsrige herüberschreitet und allen Erscheinungen, die sich ihm darbieten, gerecht, ein leuchtendes Vorbild unsres Volkes in hochsinnigem Streben und Wirken geworden ist? War er denn etwa ein großer Gelehrter? Mit nichten. War er ein großer Dichter? Ebenfalls nicht. Ein großer Forscher und Denker? Auch das nicht. Und doch liebten ihn die großen Gelehrten, Dichter und Denker, die ihn persönlich kannten, eben so warm, wie der Bürger und Landmann, und noch heute, 52 Jahre nach seinem Tode, zählen Seume’s Verehrer in unserm Volke in allen Ständen und Lebensaltern nach Millionen. Was war’s endlich, das diesem Manne aus dem Volke eine so starke Folie gegeben, daß seine an und für sich fast unbedeutende Gestalt sich so plastisch und leuchtend hervorhebt vom dunkeln schmachvollen Hintergrunde seiner Zeit? Es ist die schlichte rechte Grundehrlichkeit und Redlichkeit des Deutschthums, die deutsche Treue und Rechtschaffenheit, das specifisch deutsche Charakterthum, das in ihm zur concreten Erscheinung gekommen ist; es ist der schlichte Menschenverstand, gepaart mit dem edlen Mannesmuth, der ohne Furcht und Scheu sagt, was er als Recht und Wahrheit erkennt, und sein Leben und Streben nach dieser Erkenntniß einrichtet.
Seume ist der echte deutsche Volksrepräsentant und nimmt seine Stelle im Ehrentempel der Nation auf der Seite ein, wo Martin Luther und Ulrich Hutten stehen. Jeder ehrliche Deutsche, der der widerwärtigen Pfaffen-, Schreiber- und Junkerwirthschaft herzlich satt ist und das Heil des ganzen Volks wie des Einzelnen allein in einer sittlichen Wiedergeburt des alten auf gutes Recht und lichte Wahrheit gegründeten Deutschthums in einer dem Fortschritt der Zeit in Bildung und Erkenntniß angemessenen Weise sieht, begrüßt den ehrlichen treuen, rast- und furchtlos die Wahrheit sagenden, von heißer Liebe für Natur, Menschen und Vaterland erfüllten Bauernsohn aus Posern als Lehrer, Meister und Vorbild, dem er nachzueifern habe, soll es endlich mit uns besser werden, dessen schlichte und rechte Aussprüche er sich anzueignen und in Saft und Blut, in Frucht und That umzuwandeln habe,
„damit das Gute wirke, wachse, fromme, damit der Tag dem Edlen endlich komme.“
Wahrlich, es macht uns große Ehre und ist ein schlagender Beweis für den unverwüstlichen sittlichen Kern unseres Volksthums, daß Seume vom deutschen Volke so hoch geehrt, so warm geliebt wird, und wir lassen in diesem stillen Cultus nicht nur ihm, dem herrlichen deutschen Manne, wir lassen uns selbst Gerechtigkeit darin angedeihen. Denn wir würden ihn nicht so lieben und verehren, wenn wir nicht wüßten und gleichsam aus jeder Zeile, die er uns hinterlassen, heraus fühlten, daß er „Fleisch von unserm Fleisch und Bein von unserm Bein“ ist, daß sein Geist ein dem unsern verwandter Funke, seine Seele der unsrigen herzinnig verschwistert, daß die von ihm erkannte Wahrheit auch unsere heiligste Ueberzeugung ist. Sein Wesen ist mit allen Nerven und Fasern unserm Wesen verwachsen, wir auch sind ehrliche, treue, deutsche Männer, wie er war, wir auch lieben alle ehrlichen Deutschen, wie er sie liebte, wir auch glühen für des Vaterlands Einheit, Größe und sittliche Schöne, wie er geglüht.
Komm, ehrliche, brave, deutsche Jünglingschaft, die Du in Deinen Lieder- und Turnhallen treu beisammen stehst, und weide Auge und Herz an diesem herrlichen deutschen Manne Johann Gottried Seume! Vor allen ihr Jünglinge und Männer aus dem Volke, faßt die rauh und finster blickende, schier granitne Gestalt dieses braven Bauernsohns recht scharf in’s Auge, und bald werdet ihr entdecken, welch ein treues, warmes Herz für Recht und Pflicht, für Zucht und Sitte, für Tugend und Wahrheit, für Treue und Dankbarkeit in seiner Brust schlug, wie die hehrste und heiligste Liebe für das Wohl der Menschheit und vorzüglich des deutschen Vaterlandes, als ein lebendiger, heißer Springbrunnen, ein wahrer Gefühls-Geiser, aus seiner Seele hoch emporsprang und unzählige durstige Seelen tränkte, labte, stärkte und begeisterte!
Ja, der Geiser, meine jungen Freunde, ist ein wahres und treffendes Bild unseres verehrungswürdigen Seume; denn wie der große mächtige Springquell dieses Namens kochend heiß und gewaltig aus dem rauhen Felsenthale der eisig kalten Insel Island emporschießt, so brach aus Seume’s rauher, scheinbar kalter und unfreundlicher Gestalt der Strom der Menschen- und Vaterlandsliebe siedend heiß hervor. Und weil er so heiß liebte, so mußte er natürlich eben so heiß hassen. Wie die Größe des Vaterlandes sein glühender Wunsch, so war der Particularismus, der sich dieser Größe stets selbstisch entgegenstellt und sie unter allerlei Verlarvungen zu hindern sucht, der Gegenstand seines heißen Hasses. Und da waren denn das liebe Junkerthum, das nicht minder liebe Schreiberthum und das noch liebere Pfaffenthum die garstigen bösen Bollwerke, die, noch aus dem Mittelalter auf uns gekommen, und aus welchen fort und fort die Leiche des Königs Schlomo dem Volke als lebender Herrscher aufgezwungen wird, er mit allen Waffen des Geistes bekämpfte. Stets erkannte er das Uebel richtig und gab, wenn auch meist mit bittern Worten, der erkannten Wahrheit vor aller Welt die Ehre. Und wenn ihr die Zeit in’s Auge faßt, in welche das letzte und wichtigste Drittel seines Lebens fällt, wo er alle schönen Hoffnungen zu Grabe tragen mußte, die ihm aus dem Beginn der französischen Revolution so leuchtend aufgestiegen und von denen nichts übrig blieb als der Haß gegen den corsischen Soldaten, der als Eroberer den letzten Rest der Freiheit der überwundenen Völker höhnisch zu Boden trat, und die Verachtung der Deutschen, die schweifwedelnd vor dem übermüthigen Emporkömmling krochen, wenn ihr diese jämmerliche, armselige Zeit betrachtet, die allem Deutschthum den Garaus zu machen drohte, so wird euch der freimüthige, ehrliche, wahrheitsliebende Seume um so verehrungswürdiger erscheinen. Welch einen herrlichen Gegensatz bildet er doch zu der Menschenmisère in den deutschen Vaterländchen, vorzüglich zu dem schleppentragenden Pfaffen-, Schreiber,- und Junkerthum! Wie ein sittlicher Riese steht er unter verkommenen Pygmäen! Wie ein Fels erhebt er das Haupt aus dem Meere des widerwärtigen Franzosenthums, das die deutsche Erde überschwemmt hatte und in welchem so viele fürstliche und adelige Herren so behaglich badeten oder wateten!
Es ist für jedes echt deutsche Herz ein schmerzlicher Umstand, daß der edle Patriot Seume, wie sein genialerer Freund Schiller, die Erhebung des deutschen Volkes gegen den frechen Corsen und die glorreiche Besiegung desselben nicht mehr erlebte. Freilich ist ihm auch die bittere Täuschung erspart geblieben, die wir ältern Männer haben erdulden müssen und die sich so tief und schmerzlich in unser Herz eingefressen hat, die Täuschung, die wir von den Thronen des eigenen Vaterlandes erfuhren.
Ludwig Storch: Zu Seume’s hundertjährigem Geburtstag, 29. Januar 1863. Die Gartenlaube, Heft 4, S. 59–62. Herausgeber: Ernst Keil.
Am 211. Todestag von Johann Gottfried Seume (13. Juni 2021) besuchten Mitglieder der Internationalen Johann-Gottfried-Seume-Gesellschaft „ARETHUSA“ e. V. das Grab des berühmten Wanderers in Teplice.
Dem Anlass entsprechend besuchte die Reisegruppe zu Beginn Seumes Grab, wo ein Grabschmuck niedergelegt wurde. Zu einem Moment des Gedenkens wurde Texte des Herausgebers von Seumes Spaziergang, C.A.H. Clodius (1772–1836), gelesen, die der tschechische Seume-Freund und Germanist Jan Kapvil übersetzte.
„Hier also, auf diesem Hügel kalter Erde, legte unser Seume seinen Wanderstab für immer…nieder.
Wohl ihm, und uns, seinen Freunden, dass wir sagen können von Grunde des Herzens! …Was Seume war, ward er durch sich selbst. …
Er suchte die Spuren der allwaltenden Ordnung in den Schönheiten und Schrecknissen der Natur, in den Trümmern gesunkener Völker, …
in den Gesinnungen der Menschen, seiner Brüder. Ach der rauhe Sohn der Natur, mit gradem Blick, mit dem tiefsten, brennendsten Gefühl des Rechts im Herzen, und dieses Herz auf der Zunge tragend, konnte seine Menschen nur zürnend, nur murrend lieben. …
Friede seiner Asche! Die Erde deckt die Bösen, und die Guten drückt sie nicht.“
Anschließend führte ein anderer tschechischer Seume-Bewunderer, Jiri Dušek, die Gruppe durch die Stadt. Teplice wurde zu Hochzeiten als das kleine Paris bezeichnet. 1895 wurde aus den beiden Orten Teplitz (Teplice) und Schönau (Šanov) der Badeort Teplitz-Schönau, lange Zeit einer der bedeutendsten Badeorte in Böhmen. Den Ort und die Badekultur haben auch jüdische Unternehmer in starkem Maße geprägt. Bis zum 2. Weltkrieg war in Teplitz-Schönau die zweitgrößte jüdische Gemeinde in Böhmen mit 5.000 Gemeindegliedern. Auch heute gibt es wieder eine jüdische Gemeinde. Ein Denkmal in Teplice erinnert an der Stelle, an der bis zum zweiten Weltkrieg sich eine der größten Synagogen Böhmens befand, an die leidvolle Geschichte der Juden in Teplitz. Sie wurde am 14. März 1939 niedergebrannt.
Die nächste Station war das 1895 errichtete und eingangs abgebildete J.G. Seume-Denkmal. Zur wechselvollen Geschichte des Denkmals gehören einige bemerkenswerte Details. Zum einen ist ein Teil des Sockels aus Teplitzer Quarzporphyr gefertigt, die Büste von Seume selbst aus Keramik. Das wiederum hat viel mit der Industriegeschichte zu tun, es gab Ton und Kaolinvorkommen sowie reichlich Energie (Braunkohle), um in Keramikschulen Alltagsgegenstände und Kunstwerke herzustellen und zu brennen. Das Denkmal wurde nach dem 2. Weltkrieg, wie vieles Deutsches, zunächst aus dem Stadtbild entfernt, dann aber vor 1989 wieder aufgestellt und restauriert. Begründet wurde das seinerzeit damit, dass Seume ein fortschrittlicher Dichter, ein Revolutionär und ein Kämpfer für die Freiheit des Volkes gewesen wäre - so lauten auch die Worte der Grabinschrift.
Die nächste Station war der Ort, an dem Seume gestorben ist - die Pension „Zum Goldenen Schiff“. Sie ist zwar längst abgerissen, es war eine passende Gelegenheit, um sich über die Geschichte seiner letzten Tage noch einmal auszutauschen. Was kaum jemand weiß: Teplitz ist eine Stadt voller Geschichten. Dazu gehört auch, dass die Stadt Verhandlungs- und Begegnungsort der drei alliierten Monarchen von Österreich, Preußen und Russland in den napoleonischen Kriegen und den folgenden 50 Jahren war.
https://www.seume-verlag.de/journal/der-211-todestag-von-j-g-seume
Seume reiste ja auch nicht mit der Kutsche wie der Minister aus Weimar. Er lief zu Fuß. Auch das – aus heutiger Sicht – ein erstaunlicher Gang, denn die Stiefel, die er sich vom Leipziger Schumacher Heerdegen hatte machen lassen, hielten die ganze Strecke. Nur die Sohlen musste er unterwegs ein paar Mal erneuern lassen. Mit heutigem Material aus den üblichen Schuhläden käme man nicht mal über den Brenner. Und so wie Seume zu Fuß lief und auch dort Obdach suchte, wo er es sich als nichtbetuchter Wanderer leisten konnte, erlebte er Italien eben nicht aus der Touristenperspektive – wie Goethe 1786-1788, sondern mittendrin im Alltag der Leute. Mit allen sozialen Kontrasten. Sein “Spaziergang” ist ein sozialkritisches Buch und in Teilen eine scharf beobachtende Reportage.
Solche Schriftsteller wurden auch in Leipzig nicht gefeiert. Die Tafel an jenem Haus Markt 6, die an seinen Aufenthalt 1787/1788 in der Mansardenstube erinnert, wurde erst 2010 angebracht. Nur gegen Kaution war er zuvor aus preußischem Militärdienst freigekommen. In Leipzig studierte er Jura, Philosophie, Philologie und Geschichte. Nach Grimma holte ihn der Verleger Georg Joachim Göschen, der eigentlich ein Leipziger Verleger war – ab 1797 aber nach und nach seinen Verlag nach Grimma verlegte. Seinen Erfolg hatte Göschen auf der Produktion großer Ausgaben jener Autoren aufgebaut, die wir heute als Klassiker einsortieren – Schiller, Goethe, Klopstock.
1797 holte er Seume als Korrektor nach Grimma, wo es der unruhige Geist bis 1801 aushielt. Dann ließ er sich seine Stiefel herrichten und marschierte los Richtung Syrakus. Das ist ganz unten auf Sizilien an der Ostküste. Die Reisebeschreibung erschien 1803.
https://www.l-iz.de/bildung/zeitreise/2013/01/Geburtstag-von-Johann-Gottfried-Seume-46034
Der erste Hinweis gilt der Seume-Kapelle (SEUMEHO KAPLE), die jetzt in alter Schönheit erstrahlt. Hier wäre auch ein Ort, um mit einem zweisprachigen Flyer, der dort ausliegen kann, über Seume und die Seume-Gesellschaft ARETHUSA zu informieren. In dieser Kombination sollte das Thema Flyer bald angegangen werden. https://www.seumegesellschaft-arethusa.de//index.php?m=0-0-0-1-1-x&C2G_NewsModus=archive&C2G_NewsItem=1628546336#1628546336
Mozart-Denkmal
[Bearbeiten]Aber auch Künstler waren hier zu Gast. Wolfgang Amadeus Mozart beispielsweise, mit einem überlebensgroßen Denkmal, das größte seiner Art in Europa. Entstanden ist es im Auftrag des Prager „Ständetheaters“, geschaffen 1915 vom Bildhauer Franz Metzner. Im Jahre 1925 wurde die Figur auf einem der Teplitzer Marktplätze anstelle des 1918 abgebauten Kaiser Josef II.-Denkmals aufgestellt. Nach 1945 wurde Mozart ebenfalls verbannt, aber nicht zerstört, was wohl am Ende ein Glück bedeutete. Der jetzt, kurz vor 1989 ausgewählte Standort erlaubt eine amüsante Interpretation: Mozart schaut auf Beethoven oder zumindest auf das Kurhaus mit dessen Namen herab.
https://www.seume-verlag.de/journal/der-211-todestag-von-j-g-seume
Goethe-Beethoven-Gedenktafel
[Bearbeiten]Im Juli 1812 trafen sich in Teplitze der Dichter Johann Wolfgang von Goethe und der Komponist Ludwig van Beethoven. Eine Gedenktafel im Boden erinnert daran und an die Geschichte vom dem auf höfische Umgangsformen bedachten Goethe und dem demgegenüber freisinnigeren Verständnis Beethovens. Bei der Gelegenheit: In Beethovens Nachlass befand sich auch ein Buch von Seume. Dessen kritischer Blick auf die Mächtigen seiner Zeit bewegt uns noch heute.
https://www.seume-verlag.de/journal/der-211-todestag-von-j-g-seume
Beethoven und Goethe in Teplitz - Fotografie eines Gemäldes von Ludwig Büchner nach einer Darstellung von Carl Röhling
Beethoven-Haus Bonn, B 2166
Beethoven und Goethe in Teplitz 1812. Deutsche Digitale Bibliothek
Bildpostkarte
Ludwig van Beethoven (1770-1827)
Die Darstellung illustriert eine Begegnung Beethovens und Goethes mit der kaiserlichen Familie in Teplitz, die Beethoven in einem Brief an Bettina von Arnim im August 1812 schildert. Während Goethe Platz machte, ging Beethoven nach eigenem Bekunden "mit untergeschlagenen Armen mitten durch den dicksten Haufen" von Fürsten und "Schranzen" und ließ sich grüßen.
R: Bad Teplitz-Schönau
Heiße (46,5° Cels.) hochradioaktive Thermen von hervorragendster Heilwirkung bei Gicht, Rheuma, Neuralgien (Ischias) etc.
Verlag: Theodor Ascherl, Teplitz-Schönau. Nr. 1028-1928. Nachdr. verbot. (Verlag, Herausgeber, Serie)
unfrankiert, unbeschrieben, datiert 27./31.07.1928 (Datierung, Poststempel)
Knapp 100 Kilometer nordwestlich von Prag liegt das kleine Städtchen Teplitz. Es ist das älteste Heilbad Böhmens und war im 19. Jahrhundert ein mondäner Kurort mit großen Trinkhallen, Kolonnaden zum Flanieren, Souvenirläden, teuren Hotels und gepflasterten Straßen. Im Sommer traf man dort jeden, der Rang und Namen hatte: den König von Sachsen, das österreichische Kaiserpaar und andere Hochadelige. Im Juli 1812 fieberte dort Beethoven der Ankunft Johann Wolfgang von Goethes entgegen, gemeinsam verabredeten sie sich zu einem Spaziergang.
Beethoven und Goethe treffen sich in Teplitz, 1812
"Seht doch, mein lieber Beethoven. Dort kommt uns die Kaiserin mit ihrem Gefolge entgegen. Lasst uns beiseitetreten." – "Bleibt nur in meinem Arm hängen. Sie müssen uns Platz machen. Wir nicht!" Goethe war nicht der Meinung und ihm wurde die Sache unangenehm. Er machte sich aus Beethovens Arm los und stellte sich mit abgezogenem Hut an die Seite, während Beethoven mit unterschlagenen Armen mitten zwischen den Herzogen durchging.
KLASSIK-TITANEN UNTER SICH
Wenn man der Dichterin Bettina Brentano Glauben schenken mag, dann ist es in Teplitz zu einem solchen Zwischenfall gekommen. Möglicherweise ist die Geschichte nur gut erfunden, aber sie trifft den Kern. Denn das lang ersehnte Treffen der beiden Klassik-Titanen, die sich künstlerisch so schätzen, wird menschlich zur Enttäuschung. Der vornehme Geheimrat Goethe ist entsetzt vom flegelhaften Benehmen Beethovens, der sich nicht um gesellschaftliche Umgangsformen schert.
Goethe behagt die Hofluft zu sehr, mehr als es einem Dichter ziemt.
Beethoven über Goethe
"Zusammengefasster, energischer, inniger habe ich noch keinen Künstler gesehen", schreibt Goethe am Abend des 19. Juli 1812 an seine Frau. "Ich begreife recht gut, wie er gegen die Welt wunderlich stehen muss." Beethoven hingegen äußert sich abfällig über Goethes hofmännisches Wesen: "Goethe behagt die Hofluft zu sehr, mehr als es einem Dichter ziemt. Es ist nicht viel mehr über die Lächerlichkeiten der Virtuosen hier zu reden, wenn Dichter, die als die ersten Lehrer der Nation angesehen sein sollten, über diesem Schimmer alles andere vergessen können."
BEETHOVEN UND GOEHTE GEHEN GETRENNTE WEGE
So trennen sich die Wege der beiden Künstler wenige Tage später wieder. Trotz allem findet Goethe gegenüber seinem Freund Carl Friedrich Zelter doch ein paar verständnisvolle Worte für Beethoven: "Er ist leider eine ganz ungebändigte Persönlichkeit. Sehr zu entschuldigen ist er hingegen und sehr zu bedauern, da ihn sein Gehör verlässt, das vielleicht dem musikalischen Teil seines Wesens weniger als dem geselligen schadet. Er, der ohnehin lakonischer Natur ist, wird es nun doppelt durch diesen Mangel."
Er ist leider eine ganz ungebändigte Persönlichkeit.
Goethe über Beethoven
Nach diesen Sommer 1812 haben sich Beethoven und Goethe nie wieder gesehen. Das Bedürfnis war wohl auf beiden Seiten nicht besonders groß.
[https://www.br-klassik.de/themen/klassik-entdecken/beethoven-und-goethe-treffen-sich-was-heute-geschah-1812-100.html 19. JULI 1812 - BEETHOVEN UND GOETHE TREFFEN SICH MENSCHLICH ENTTÄUSCHEND] 19.07.2018 von Susanna Felix BR-Klassik
Teplitz im Sommer 1812: Wie immer trifft sich, was Rang und Namen hat, in dem eleganten böhmischen Bad, 90 Kilometer nordwestlich von Prag. Man steigt ab im Grand-Hôtel zur Post, im Goldenen Schiff oder in der Goldenen Sonne – sofern man nicht gleich im Schloss wohnt, das der österreichischen Familie Clary-Aldringen gehört, jedoch dem gesamten Hochadel offensteht. 1812 gibt dort das österreichische Kaiserpaar seine Empfänge, ferner der König von Sachsen, der Großherzog von Würzburg und der Herzog von Sachsen-Weimar.
Es ist eine unruhige Zeit: Europa seufzt unter der Herrschaft Napoleons. Gerade ist die Grande Armée mit 600.000 Mann in Russland eingefallen, und ein Jahr später werden just im Teplitzer Schloss die drei alliierten Monarchen von Österreich, Preußen und Russland ihr Bündnis gegen Napoleon schließen.
Man diskutiert die politische und militärische Lage, man plaudert, man genießt auch des Brunnens – schließlich sind in Teplitz mehr als ein Dutzend Badeärzte tätig – und begutachtet die neu eintreffenden Gäste, deren Namen das "Anzeigs-Protocoll" mitteilt. Als unter dem 15. Juli aufgeführt wird: "Hr. Johann Wolfgang von Goethe, herzogl. Weimarischer Geh. Rat usw. usw., im gold. Schiff Nr. 116", ist nicht zuletzt der "Compositeur" Ludwig van Beethoven elektrisiert, der schon seit dem 5. Juli in Teplitz weilt und im Gasthof Zur Eiche wohnt. Beethoven wartet geradezu auf das Eintreffen des berühmten Dichters, und dieser zeigt sich nicht abgeneigt, das Musikgenie, von dem man allenthalben spricht, persönlich kennenzulernen.
MARTIN GECK
Der Autor ist Professor (em.) für Musikwissenschaft an der Universität Dortmund. Anfang Oktober erscheint im Siedler Verlag seine neue Wagner-Biografie; seine Beethoven-Monografie von 1996 ist weiterhin als Rowohlt-Taschenbuch erhältlich.
Ein Bad wie Teplitz ist der ideale Ort dazu. Denn kaum würde sich Beethoven von Wien nach Weimar aufgemacht haben, bloß um dem Dichterfürsten aufzuwarten. Und fast abwegig erscheint der Gedanke, der über sechzig Jahre alte Goethe hätte von sich aus den Kontakt zu dem eine Generation Jüngeren gesucht. Man sieht: Die damalige Kurkultur diente auch dem kulturellen Austausch, den heute öffentliche Gesprächsrunden oder Talkshows ersetzen müssen. Doch man stelle sich vor: Goethe und Beethoven bei Beckmann!
Das Treffen in Teplitz im Juli 1812 umranken viele Legenden. Wer es verstehen will, sollte die Vorgeschichte kennen – und den sozialhistorischen Hintergrund. Just mit Beginn des 19. Jahrhunderts wird der Komponist vom "Tonsetzer" zum "Tonkünstler" oder "Tondichter" nobilitiert. Für die Frühromantiker ist die Musik die Kunst des "Absoluten" und "Unendlichen", und so legt die gebildete Gesellschaft den großen Meistern die ehrenvolle Verpflichtung auf, das Ihrige zu den Ideen der Zeit beizutragen, anstatt nur für religiöse Erbauung oder angenehme Unterhaltung zu sorgen.
Beethoven ist einer der Ersten, die diese Aufgabe bis ins Letzte ernst nehmen und alles daransetzen, der Forderung der Zeit zu entsprechen. "Es gibt keine Abhandlung", so schreibt er 1809 seinem Leipziger Verleger Gottfried Christoph Härtel, "die sobald zu gelehrt für mich wäre." Denn von Kindheit an habe er sich bemüht, "den Sinn der Bessern und Weisen jedes Zeitalters zu fassen: Schande für einen Künstler, der es nicht für seine Schuldigkeit hält, es hierin wenigstens so weit zu bringen".
Er studiert antike Philosophen, liest Kant, Schiller und Goethe. Er schreibt Klaviervariationen über das Goethe-Lied Ich denke dein und vertont in den Liedersammlungen op. 52, op. 75 und op. 83 Verse des Weimarer Dichters. Vor allem aber komponiert er in den Jahren 1809/10 die Schauspielmusik zum Trauerspiel Egmont op. 84. Vordergründig ist es nur ein Auftrag des Wiener Hoftheaters, tatsächlich jedoch ein Bekenntnis: Namentlich die Ouvertüre gilt bis heute als Musterbeispiel für eine Ideenmusik, in der sich autonomer Gestaltungswille mit einer Hommage an Goethes Dramenfigur des Egmont verbindet, den Inbegriff des heroischen Menschen.
Wie wichtig es Beethoven ist, diese Musik, die er vor allem "aus Liebe zum Dichter geschrieben" hat, Goethe möglichst schnell zukommen zu lassen, zeigt ein mit "Euer Excellenz Großer Verehrer Ludwig van Beethoven" unterzeichneter Brief vom 12. April 1811. Darin kündigt er Goethe die Zusendung der Partitur durch den Verleger an und preist den "herrlichen Egmont, den ich, indem ich ihn eben so warm als ich ihn gelesen, wieder durch Sie gedacht, gefühlt und in Musik gegeben habe".
"Abends bey Beethoven. Er spielte köstlich!"
Goethe dankt im Voraus auf das Liebenswürdigste und zeigt sich willens, die avisierte Musik anlässlich der nächsten Inszenierung des Werkes in Weimar aufzuführen. Beethoven hat seinen Brief persönlich überbringen lassen – von seinem Vertrauten Franz Oliva, den der Dichter mehrmals empfängt und auf dem Flügel aus der Egmont-Musik vortragen lässt.
Der 27-jährige Kunstkenner Sulpiz Boisserée aus Köln, der zur selben Zeit im Haus am Weimarer Frauenplan verkehrt, beschreibt Oliva als "kleines, dünnes, schwarz gekleidetes Herrchen in seidenen Strümpfen" und fährt fort: "In dem Musiksaal hingen Runges Arabesken, oder symbolisch-allegorische Darstellungen von Morgen, Mittag, Abend und Nacht. Goethe merkte, daß ich sie aufmerksam betrachtete, griff mich in den Arm und sagte: Was, kennen Sie das noch nicht? Da sehen Sie einmal, was das für Zeug ist, zum Rasendwerden, schön und toll zugleich. Ich antwortete: ja ganz wie die Beethovensche Musik, die der da spielt, wie unsere ganze Zeit."
Vermutlich ist Boisserées Hinweis auf Beethovens Größe in diesem Moment ohne Echo geblieben. Goethe ist kein Ohren-, sondern ein Augenmensch, der sich zumindest damals weder vorstellen kann noch will, dass ein Komponist großen Ideenkünstlern wie Runge oder Schiller oder ihm selber echte Konkurrenz machen könne.
Also muss der Komponist sich weiterhin um des Dichterfürsten Gunst bemühen. Auf der Reise nach Teplitz trifft er in Prag den Schriftsteller und Diplomaten Karl August Varnhagen von Ense, einen Verehrer Goethes. Beethoven bittet ihn, dem Dichter "seine Verehrung zu bezeugen" und ihn vorsorglich auf seine Taubheit vorzubereiten. Varnhagen ist gern gefällig und teilt Goethe diplomatisch mit, Beethoven werde "aufs neue die Heilkräfte des Töplitzer Bades gegen seine unglückliche Taubheit versuchen, die seiner angeborenen Wildheit nur zu günstig ist und ihn für Solche, deren Liebe er nicht schon vertraut, fast ungesellig macht; für musikalische Töne behält er nichtsdestoweniger die leiseste Empfänglichkeit, und von jedem Gespräch vernimmt er, wenn auch nicht die Worte, doch die Melodie."
Kaum in Teplitz angekommen, wendet sich Beethoven erneut an Varnhagen und bittet ihn, von Prag aus "die 3 Theile von Göthes Wilhelm Meister’s Lehrjahre hieher mit dem Postwagen zu schicken, da sich der 4te fehlende gefunden hat". Will er sich damit für das erhoffte Treffen mit Goethe rüsten?
Beethoven kann es kaum erwarten. In der Tat findet die erste Begegnung schon am 19. Juli statt. Dass Goethe sie in seinem Tagebuch unter den "Visiten" erwähnt, deutet – entgegen der älteren Beethoven-Forschung – keineswegs darauf hin, dass er selbst den Komponisten besucht habe; vielmehr dürfte Beethoven im Goldenen Schiff vorstellig geworden sein, freilich nicht, ohne Eindruck zu hinterlassen. Noch am selben Tag teilt Goethe seiner im benachbarten Karlsbad kurenden Frau Christiane den ersten Eindruck mit. "Zusammengeraffter, energischer, inniger habe ich noch keinen Künstler gesehen. Ich begreife recht gut, wie der gegen die Welt wunderlich stehen muß."
Gut möglich, dass Beethoven Goethe schon bei dieser ersten Begegnung vorgespielt und durch seine konzentrierte Kunst imponiert hat. Immerhin ist der Dichter von der neuen Bekanntschaft so angetan, dass er mit ihr schon am folgenden Abend eine Spazierfahrt in Richtung des benachbarten Kurbads Bilin unternimmt. Der Komponist muss sich dabei keineswegs als Anhängsel betrachten, denn im Umkreis von Teplitz bewegt er sich geradezu auf heimischem Boden: Das Biliner Barockschloss gehört der ihm ungemein wohlgesinnten Familie Lobkowitz. Und auf halbem Weg zwischen Teplitz und Prag liegt Schloss Raudnitz, der Sommersitz des Fürsten Franz Joseph Maximilian Lobkowitz, der dort im Herbst 1804 die Eroica von seinem Hoforchester hat erstaufführen lassen, der Überlieferung nach gleich dreimal hintereinander. Dies entsprach dem Wunsch eines hohen, seinerseits komponierenden und speziell für Beethoven begeisterten Gastes: des preußischen Prinzen Louis Ferdinand.
Unter dem 21. Juli vermerkt Goethe: "Abends bey Beethoven. Er spielte köstlich!" Zwei Tage später taucht Beethovens Name letztmals in Goethes Teplitzer Tagebuch auf. "Nicht gebadet. Biographie [Dichtung und Wahrheit]. Schlossers [Geschichte der] Bilderstürmer. Bey Ihro Majestät [Lektüre des von Goethe bewunderten und übersetzten Schauspiels] Das Leben ein Traum. Bey Fürst Clary zur Tafel. Fürst Paul Esterhazy pp. Spazieren gefahren. Bey Beethoven. [Lektüre von] Diels Obstorangerie. War ich in’s dritte Stock gezogen."
Schon die Eintragungen eines Tages machen deutlich, womit Goethes Kuraufenthalte im Regelfall ausgefüllt sind: mit Treffen bei hohen und höchsten Herrschaften, literarischen Matineen und Soireen, naturkundlich ausgerichteten Ausflügen, schriftstellerischer Arbeit, diverser Lektüre. Die Eintragung "Bey Beethoven" hat in diesem Kontext allerdings beachtlichen Neuigkeitswert: Goethe muss, was den Komponisten angeht, umlernen, hat damit äußerlich auch keine Schwierigkeiten. "Umlernen" bedeutet: Goethe ist in einer Zeit groß geworden, in der selbst bedeutende Komponisten nur als "Tonsetzer" behandelt wurden, also bestenfalls als begnadete Handwerker. Als solche zählten sie nicht zur gesellschaftlichen Elite, denn in den gehobenen Klassen hielten sie sich nur von Berufs wegen auf. Dass selbst dies viel Konfliktstoff in sich barg, sieht man am Beispiel Mozarts, der mit einem Fußtritt des Grafen Arco aus dem Dienst am Salzburger Hof entlassen wurde.
Ganz anders Beethoven. Er verkehrt seit Anbeginn seiner Wiener Zeit zwar nicht gleichberechtigt, aber doch auf gleicher Höhe mit dem Hochadel, der sein "Genie" zu schätzen weiß. Von den vier hochgestellten Mäzenen und Verehrern seiner Kunst ist nur einer älter als er selbst: Fürst Carl Lichnowsky, in seiner Jugend ein Schüler Mozarts. Fürst Franz Lobkowitz, seinerseits ein guter Geiger, ist im selben Alter und von der Musik so besessen, dass er für den Unterhalt seines Orchesters und speziell für die Förderung Beethovens sein Vermögen aufs Spiel setzt. Einiges jünger als Beethoven sind Fürst Ferdinand Kinsky und Erzherzog Rudolph, der Sohn des Kaisers, der Beethovens Kompositionsschüler ist.
"Göthe behagt die Hofluft zu sehr"
Eine solche Konstellation, in der Beethoven als Ideenkünstler geradezu umworben wird, muss Goethe revolutionär erschienen sein. Und er war sensibel genug, um aus den vielleicht nur beiläufigen Kommentaren seiner Umgebung herauszuspüren, dass ihm da womöglich sogar eine Konkurrenz erwuchs – in Gestalt eines Komponisten, der den Anspruch erhob, in den höchsten Kreisen wie ein Napoleon der Musik zu verkehren. Dabei hatte er selbst, Goethe, ein halbes Leben gebraucht, um als "Excellenz" respektiert und als Dichterfürst gewürdigt zu werden, und war darüber in seinem hierarchisch-ständischen Denken befangen geblieben.
Dies verdeutlicht eine Begebenheit, die durch Bettina von Arnim auf uns gekommen ist. Die ebenso geistreiche wie umtriebige Schriftstellerin hatte viel dafür getan, um die beiden Genies zumindest im Geiste zusammenzubringen und als beider Muse akzeptiert zu werden. Jahre später erzählte sie dem Fürsten Pückler-Muskau von einem gemeinsamen Spaziergang Goethes und Beethovens in Teplitz, auf welchem den beiden der kaiserliche Hofstaat entgegengekommen sei. "Bleibt nur in meinem Arm hängen, sie müssen uns Platz machen, wir nicht!", habe Beethoven gesagt, während Goethe "mit abgezogenem Hut" beiseitegetreten und daraufhin von Beethoven gescholten worden sei: "Auf Euch hab’ ich gewartet, weil ich Euch ehre and achte, wie Ihr es verdient, aber jenen habt Ihr zu viel Ehre angetan!"
Das klingt reichlich anekdotisch, hat aber innere Wahrheit – im Gegensatz zu einer anderen gern erzählten Anekdote. Als Goethe und Beethoven während eines Kurspaziergangs auf Schritt und Tritt gegrüßt wurden, habe der Dichter nicht ohne Eitelkeit bemerkt, ein solcher Bekanntheitsgrad sei ihm doch ein wenig lästig, worauf Beethoven erwidert habe, Excellenz möge sich nicht aufregen: "Das gilt vielleicht mir."
Am 27. Juli verlässt Beethoven Teplitz, Goethe reist wenig später ab, nicht ohne drei Gedichte auf die ihm huldvoll begegneten Majestäten zu hinterlassen, allen voran den Kaiser: "Er kommt! Er naht! – Wie fühlt bei diesem Schalle / Die Seele gleich sich ahnungsvoll bedingt! …"
Beide ziehen bald ein Resümee ihrer Begegnung. Goethe berichtet seinem Freund, dem Berliner Komponisten Carl Friedrich Zelter, am 2. September: "Beethoven habe ich in Töplitz kennen gelernt. Sein Talent hat mich in Erstaunen gesetzt; allein er ist leider eine ganz ungebändigte Persönlichkeit, die zwar gar nicht unrecht hat, wenn sie die Welt detestabel findet, aber sie dadurch freilich weder für sich noch für andere genußreicher macht. Sehr zu entschuldigen ist er hingegen und sehr zu bedauern, da ihn sein Gehör verläßt, das vielleicht dem musikalischen Teil seines Wesens weniger als dem geselligen schadet. Er, der ohnehin lakonischer Natur ist, wird es nun doppelt durch diesen Mangel."
Beethoven urteilt härter.
Während er seinem Leipziger Verleger Härtel zunächst noch freudig mitteilt, Goethe habe vage versprochen, für ihn "etwas zu schreiben", informiert er Härtel schon am 9. August aus Franzensbrunn (wo es so kalt sei, "daß man schreiben könnte: am 9ten November 1812"): "Göthe behagt die Hofluft zu sehr – mehr als es einem Dichter ziemt. Es ist nicht vielmehr über die lächerlichkeiten der Virtuosen hier zu reden, wenn Dichter, die als die ersten Lehrer der Nation angesehn seyn sollten, über diesem Schimmer alles andere vergessen können."
Man sieht: Die zwei Jahrhunderte, die hier aufeinanderstoßen, lassen sich so leicht nicht überbrücken. Und dass Goethe Beethovens Genie zu dessen Ärger nicht wirklich wahrzunehmen weiß, die Musik vielmehr weiterhin vor allem dort wertschätzt, wo sie sich ihm in dienender Funktion zeigt, vermag auch ein am Klavier ebenso "energisch" wie "innig" tätiger Virtuose nicht zu ändern. Goethe kann nur mit dem Wort "köstlich" reagieren und verweigert Beethoven damit indirekt die Anerkennung als gleichberechtigter Künstler.
Man sollte jedoch die Lernfähigkeit des Dichters nicht unterschätzen. Im Alter hört er nicht nur "von fern das Meer brausen", als ihm Zelter von der Berliner Wiederaufführung der Bachschen Matthäus-Passion durch Felix Mendelssohn Bartholdy im März 1829 berichtet. Vielmehr reagiert er auch erstaunlich enthusiastisch, als ihm der jugendliche Mendelssohn 1830 – drei Jahre nach Beethovens Tod – die Fünfte persönlich auf dem Flügel darbietet. Da findet der Achtzigjährige diese Musik "sehr groß, ganz toll": "Man möchte sich fürchten, das Haus fiele ein. Und wenn das nun alle die Menschen zusammenspielen!"
Vielleicht musste der Antipode erst gestorben, das eigene Werk abgeschlossen und jegliche Etikette unwesentlich geworden sein, bevor ein genialischer Vertreter der Enkelgeneration – "Du bist mein David" – dem Alten in Weimar etwas von der Größe Beethovens vermitteln konnte.
Bleibt Platz für ein Postskriptum, das ein Beethoven-Verehrer womöglich zur Hauptsache des Teplitzer Sommers 1812 erklären würde: ein Hinweis auf Beethovens Fortsetzungsbrief an die "Unsterbliche Geliebte", deren Identität bis heute ungeklärt ist. Die Brieffolge vom 6. und 7. Juli, die mit der Anrede "Mein Engel, mein alles mein Ich" beginnt und mit dem Ausruf "Welche Sehnsucht mit Thränen nach dir – dir – dir – mein Leben – mein alles – leb wohl – o liebe mich fort – verkenne nie das treueste Herz deines Geliebten L." schließt, ist zwar ohne Jahres- und Ortsangabe. Jedoch hat die Beethoven-Forschung mit kriminalistischem Spürsinn herausgefunden, dass sie aus dem Jahr 1812 und aus Teplitz stammen muss. Auch über die Adressatin wird bis heute leidenschaftlich spekuliert: War es Therese von Brunsvik, Antonie Brentano oder die Fürstin Maria Anna von Liechtenstein? Letztlich bleibt die ganze Begebenheit in ein wohltuendes Dunkel gehüllt: Selbst wenn man den Namen des "Engels" kennte, wüsste man nicht, ob die Briefe überhaupt abgesandt wurden, denn die Originale fanden sich in Beethovens Nachlass.
Offen bleibt ferner, ob die intensive "Beziehung", welche der Wortlaut nahelegt, von den Partnern tatsächlich gelebt oder von Beethoven nur fantasiert wurde. Man muss sogar erwägen, dass die erregte Sprache – gleich der des "Heiligenstädter Testaments" – Züge der Stilisierung trägt. Wünschen wir Beethoven ohne weiteres Bohren, dass er damals einige Momente höchsten Glücks erlebt haben möge! Und vergegenwärtigen wir uns, dass er im folgenden Jahr 1813 den äußeren Höhepunkt seiner Laufbahn feiern konnte: als am 8. Dezember Wellingtons Sieg und die Siebte Sinfonie aufgeführt wurden und Wien ihm zu Füßen lag.
Goethe vollendete in diesem Jahr den dritten Band von Dichtung und Wahrheit und schrieb das Gedicht Gefunden: "Ich ging im Walde so für mich hin..."
Das Treffen in Teplitz Nur ein Mal sind sich Beethoven und Goethe begegnet, im Juli 1812 in Böhmen. Es war die Begegnung zweier Generationen, zweier Jahrhunderte.
Von Martin Geck
5. Juli 2012DIE ZEIT Nr. 28/2012
Die böhmischen Kurbäder Karlsbad und Teplice galten in der Monarchie als Treffpunkt der Reichen und Schönen. Längst sind die Städte pittoresk renoviert. Die Quellen, die damals und heute das Publikum anlocken, sprudeln und heilen noch immer.
Auf Euch hab’ ich gewartet, weil ich Euch ehre und achte, wie Ihr es verdient, aber jenen habt Ihr zu viel Ehre angethan." Diesen Satz soll Ludwig van Beethoven zu Johann Wolfgang von Goethe gesprochen haben, als die beiden im Juli 1812 miteinander durch den Kurpark in der böhmischen Kurstadt Teplice spaziert waren. Die Begebenheit ist selbst 200 Jahre später noch eine jener Anekdoten, die man sich im als "Klein-Paris" gehuldigten Ort über die berühmten Sommergäste von einst erzählt.
Die Vorgeschichte zum Eingangssatz soll sich so zugetragen haben: Ludwig van Beethoven war 42 Jahre alt, gesundheitlich bereits schwer angeschlagen. Der beachtete Pianist und Komponist aus Wien bewunderte den knapp 70-jährigen Universalgelehrten und wollte den berühmten Dichterfürsten persönlich kennenlernen. Einige Gedichte Goethes hatte Beethoven zu diesem Zeitpunkt bereits vertont. Schon ein Jahr zuvor hatte der Musiker den Geheimrat angeschrieben. In Teplice in Nordböhmen – als beide sich und ihrer Gesundheit etwas Gutes tun wollten – kam es endlich zur Begegnung. Aber ach: Als sie einige Nachmittage miteinander durch den Kurpark flaniert waren, sollen beide bald festgestellt haben: Uns trennt mehr als uns verbindet.
Wo Beethoven Goethe gekränkt hat
Beethoven überall: Als Statue in Karlsbad
Beim letzten dieser gemeinsamen Wege stieß das Duo auf einen Hofstaat rund um Habsburger-Kaiserin Ludovika. Goethe trat zur Seite, um die aristokratische Gesellschaft um die österreichische Kaiserin vorbeigehen zu lassen; Beethoven nicht. Der Komponist marschierte weiter und soll die Kaiserin dadurch beleidigt haben, dass er sie nicht in tiefer Verbeugung begrüßt hatte. Nur den Hut habe er ein wenig gerückt, heißt es in einem Brief über diese Begegnung. Die Herzöge hingegen traten auf die Seite, um dem Musiker Platz zu machen und grüßten ihrerseits recht freundlich.
Goethe reiste tags darauf ab
Am Ende des Weges blieb Beethoven stehen und sprach den Eingangssatz zu seinem Begleiter. Goethe fand das Benehmen des unter Koliken, Kopfschmerzen und Hörproblemen leidenden Komponisten unziemlich. Der Dichterfürst, dessen Nähe zu den Herrschaftshäusern in der damaligen Zeit der Aufklärung immer wieder kritisch beäugt wurde, reiste tags darauf ab – weiter in das eineinhalb Autostunden entfernte Karlsbad. Dort sind 23 Aufenthalte des im nahen Weimar lebenden früheren Ministers belegt. Zusammengerechnet soll Goethe drei seiner 83 Lebensjahre im mondänen böhmischen Kurort verbracht haben.
Auch Beethoven brach kurz nach diesem Eklat nach Karlsbad auf – einerseits, um seinen Hausarzt dort zu treffen, andererseits, um Kontakte zu spendablen Adeligen aufzubauen – seine ertragreichsten Jahre lagen bereits hinter ihm.
Die beiden Giganten haben einander nie wieder getroffen.
Teplice und Karlsbad vereint nicht nur deren berühmten Gäste aus vergangener Zeit. Geblieben ist der Grund, warum seit Jahrhunderten Heilsuchende dort für Wochen oder Monate ihre Zelte aufschlagen: Die heißen Heilquellen, die mit Mineralien angereichert ohne Unterlass fließen. Und die Architektur aus der Glanzzeit der Kurstädte, teils im Historismus, teils im beginnenden Jugendstil.
Nach der Öffnung 1989 wurden die Häuser renoviert, Investoren – etliche aus Russland – brachten neureichen Glanz zurück. Fünf Fünf-Stern-Häuser und 50 Vier-Stern-Hotels sowie unzählige weitere Hotels und Pensionen mit insgesamt 10.000 Betten belegen die Strahlkraft, die Karlsbad einst hatte und jetzt wieder hat.
Schon die Lage des Ortes ist bemerkenswert. In einem steilen, bewaldeten Tal, durch das sich der kleine Fluss Teplá windet, nimmt eine mondäne Promenade das schmale Flussufer ein. Heute müssen die Gäste über Serpentinen mit ihren Autos vom Wald herunter an die Rückseiten der Hotels kommen. Flussseitig versucht man, den Straßenverkehr hintanzuhalten – was dem historischen Reiz der Stadt guttut.
In diesen Säulengängen spielten früher und heute immer wieder Musiker auf – weil den noblen Kurgästen während ihrer damals noch stundenlangen Behandlungen überaus langweilig war. Nicht umsonst entstand die Nordböhmische Philharmonie in Teplice. Auch in Karlsbad spielte ein eigenes städtisches Ensemble. Beethoven hat in einem Brief freilich formuliert: "Die Musiker könnten besser sein."
Übers Ziel geschossen Die Heilkraft der nordböhmischen Quellen ist seit Jahrhunderten bekannt. Seit dem 16. Jahrhundert wird das Wasser innerlich angewendet, also getrunken. Allerdings meinte man es lange zu gut und verordnete den Kurgästen bis zu fünf Liter Heilwasser pro Tag. Heute misst ein Trinkbecher zwei Zentiliter. Ähnlich war es bei den Bädern. Bis zu zehn Stunden saßen die Kranken in den heißen Bädern. Das öffnete die Haut im wahrsten Sinn des Wortes, weil man glaubte, das verbessere die Wirkung. Heute weiß man, 20 bis 30 Minuten im Heilwasser reichen.
Im ältesten der 36 tschechischen Kurorte, in Teplice, wurde vor zwei Jahren das größte Thermalbecken Mitteleuropas errichtet – mit Sprudeln, Massagedüsen und Wasserfällen. Bis zu 100 Personen gleichzeitig lässt die Kurverwaltung in das 35 Grad warme Wasser. Ursprünglich tritt das Nass dort mit 42 Grad aus der Erde.
Die heilende Wirkung hat August der Starke von Sachsen bei einem Jagdausflug entdeckt. Ein Wildschwein habe sich mit seinem gebrochenen Bein in der Quelle gesuhlt und sei dann geheilt davongesprungen. Deshalb ziert heute ein Schweinskopf die Urquelle.
Aktuell werden zwei Quellen genutzt – zu Beethovens Zeit waren es zwölf. Dafür hört man beim Fußweg durch den Kurpark und die Altstadt stets einen Brunnen plätschern. Rund zwei Dutzend Becken und Sprudel beruhigen die Gäste.
In Teplice soll Beethoven an der 6., 7. und 8. Symphonie gearbeitet haben. Die berühmte Neunte – die erst mehr als zehn Jahre später erstmals aufgeführt werden sollte – sei hier zumindest "geboren" worden. Jenes Eckzimmer, das Beethoven 1812 bewohnte, ist besonders bei Musikern beliebt. Ob der Geist des Meisters noch beflügelt, ist weniger sicher, als die Wirkung des heilenden Wassers.
Wo Beethoven Goethe gekränkt hat nachrichten.at Von Sigrid Brandstätter 08. August 2020
Der sich servil verneigende Goethe und der gebieterisch davonschreitende Beethoven – so präsentierte das Gemälde Der Vorfall von Teplitz 1812 von Carl Röhling aus dem Jahr 1887 der Weltöffentlichkeit die legendäre Begegnung dieser beiden deutschen Größen in Böhmen. Es gibt jedoch noch ein anderes Bild mit denselben Akteuren, welches die bekannte Abbildung in Teilen abweichend darstellt. Das Schicksal vergönnte ihm jedoch leider nicht, größere Bekanntheit zu erlangen, auch wenn es das Potential dazu durchaus hatte. Heute wird es als verschollen betrachtet - nicht einmal die Identität des Künstlers ist übermittelt.
Von Martin Krsek
Die Begegnung zwischen dem Dichter Johann Wolfgang von Goethe und dem Komponisten Ludwig van Beethoven, zu der es am 19. Juli 1812 im nordböhmischen Kurort Teplitz kam, gilt als die erste und einzige zwischen den beiden. Bei einem gemeinsamen Spaziergang durch die Teplitzer Kolonnaden trafen sie auf die österreichische Kaiserin Maria Ludovika. Während Goethe angeblich stehenblieb und sich vor der erlauchten Gesellschaft verneigte, bahnte sich Beethoven eigensinnig seinen Weg durch die Massen. Goethe empörte sich dabei über Beethovens Unhöflichkeit und Arroganz; Beethoven wiederum war es zuwider, wie sich der bewunderte Dichter bei den Regenten anbiederte. Der „Vorfall von Teplitz“ sollte so das definitive Zerwürfnis dieser beiden großen Männer bedeuten.
„Goethe behagt die Hofluft zu sehr, mehr als es einem Dichter ziemt.“
Beethoven im Brief am 9. 8. 1812
WAHRHEIT ODER GERÜCHT?
Eine detaillierte Beschreibung dieses Geschehnisses präsentierte Bettina von Armin, die vertraute Freundin beider Männer bis über deren Tod hinaus, der Welt erst nach Goethes Tod. Die Historiker glauben heute, dass der Geschichte zwar eine wahre Begebenheit zugrunde liegt, für ihre Interpretation jedoch zweifellos die persönlichen Interessen der Autorin eine Rolle spielen. Es lässt sich beispielsweise nachweisen, dass das Vorkommnis möglicherweise die gegenseitigen Erwartungen der beteiligten Akteure enttäuschte, es dadurch zwischen ihnen aber nicht zu einem fatalen Bruch kam. Beethoven hat auch in der späteren Zeit erklärt, dass er Goethe als größten deutschen Dichter erachte. Goethe brauchte zwar länger, um das Verhalten des Komponisten zu verdauen, dennoch trafen sich die beiden noch mindestens vier weitere Male. Interessant ist hierbei, dass dies jedes Mal wieder in Böhmen geschah. Aus Goethes sehr detailreichem Tagebuch erfahren wir, dass weitere drei Treffen noch während ihres gemeinsamen Aufenthaltes im Kurort Teplitz stattgefunden haben. Gleich am Folgetag nach dem angeblich fatalen Spaziergang durch die Kolonnaden seien Goethe und Beethoven zusammen in einer Kutsche in den nicht weit entfernten Kurort Bilin gefahren. Am nächsten Tag, also am 21. Juli, besuchte Goethe Beethoven, um sich dessen Klavierspiel anzuhören. In sein Tagebuch schrieb er: „Er spielte köstlich“. Auch am darauffolgenden Tag verbrachten sie Zeit miteinander.
Die letzte Gelegenheit für eine Begegnung bot sich ihnen am 8. September desselben Jahres. Im Verlauf einer Heilkur kreuzten sich Goethes und Beethovens Wege in Karlsbad. Sie aßen zusammen zu Mittag, wonach sie das Panorama am Aussichtspunkt des Friedrich Wilhelms-Platzes genossen – ungefähr an der Stelle, wo heute die Alte Prager Straße entlang führt. Und gerade diese Szene wurde zum Motiv für das in der Einleitung erwähnte Gemälde. Georg Schicht, der Besitzer der bekannten Fabrik für die Seife mit dem Hirsch und Ceres-Fett in Aussig, ließ es ungefähr 1927 malen.
Karlsbad: Blick vom ehemaligen Kaiser Friedrich Wilhelm Platz um 1898 Postkarte: Brück & Sohn Kunstverlag
Carl Röhling: Der Vorfall von Teplitz, 1812Bild: Gemeinfrei
SEIFEN-EPOS
Das große Ölgemälde, das die Karlsbader Begegnung zwischen Goethe und Beethoven abbildete, war Teil eines 22-teiligen Gemäldezyklus zur tschechischen Geschichte, das sog. Schicht-Epos. Der Fabrikant beabsichtigte damit unter der Bevölkerung der böhmischen Länder zur Verbreitung von Allgemeinwissen zur eigenen Geschichte beizutragen. So ließ er die Motive reproduzieren und schenkte die Abdrucke 1928 allen Schulen der Tschechoslowakei als Geschenk zum zehnjährigen Gründungsjubiläum der Republik. Diese außergewöhnliche Aktion wird durch die Tatsache, dass der Stifter eine der prominentesten Persönlichkeiten unter den deutschen Industriellen der Tschechoslowakei war, noch interessanter.
Das Epos lässt sich auch als Schichts Beitrag zur Befriedung des deutsch-tschechischen Konkurrenzkampfs in den böhmischen Ländern bezeichnen. Das betraf in jenen bedrohlichen Zeiten die stärker werdende Germanisierung während des ersten Weltkriegs und die darauffolgende Tschechisierung nach der Gründung der Tschechoslowakei. Tschechische und deutsche Schulen beschenkte der Mäzen jedoch mit unterschiedlichen Kollektionen, wobei er bei der Auswahl konfliktreiche Themen bewusst in den Hintergrund treten ließ. Für die tschechischen Schulen beispielsweise ließ er die Hussitenkriege mit der Abbildung Jan Žižka vor Prag 1424 illustrieren, in welchen sich der große Heerführer erweichen ließ und auf einen Angriff auf die Hauptstadt verzichtete. Der deutsche Teil des Epos präsentierte den Schülern den Beitrag der deutschsprachigen Helden zur Geschichte Böhmens. Die Entwicklung der Kurbäder wurde dabei durch die Begegnung zwischen Goethe und Beethoven repräsentiert. Der "Vorfall von Teplitz" eignete sich allerdings nicht für eine „friedenstiftende“ Konzeption des Epos. Georg Schicht wollte die weit verbreitete Version der Geschichte durch die Betonung der positiven Ebene der gegenseitigen Beziehung beider Männer zueinander modifizieren. Dieser Versuch bekam leider aufgrund der nachfolgenden geschichtlichen Wendungen nicht die Gelegenheit, einen größeren Erfolg vorweisen zu können.
Die tschechischen und deutschen Kinder haben im Unterricht auch tatsächlich Schichts schulische Schaubilder zum Lernen verwendet. Nach 1945 wurde der überwiegende Teil der „deutschen“ Ausgaben jedoch unbrauchbar, da ihr Inhalt nicht mehr zur damaligen Auslegung der böhmischen Geschichte passte und praktisch ausgeklammert wurde - einschließlich des Motivs aus Karlsbad. Die restlichen Bilder wurden, nachdem die deutschen Beschriftungen und Schichts Name überklebt wurden, in den Schulen weiter genutzt, oft bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Interessant ist dabei nicht nur die Geschichte der Reproduktionen, sondern auch der Originale. Die ursprünglichen Ölgemälde hingen lange im Verwaltungsgebäude der Schicht-Fabrik (später Setuza) in Aussig/Ústí nad Labem, im Laufe der Geschichte verschwand jedoch hier und da das ein oder andere von ihnen – ob nun wegen aktuell politisch unpassender Motive oder weil einfach jemand Gefallen daran gefunden hatte. Bis heute sind so von ursprünglich 22 Ölgemälden nur 15 erhalten geblieben. Unter den sieben verlorenen ist leider auch das von Goethe und Beethoven. Und weil auch die Reproduktionen dieses Motivs für die Schulen in Anbetracht ihres „Deutschtums“ größtenteils einfach „Pech“ hatten, ist es heutzutage nur von einer historischen Werbepostkarte bekannt. Das Museum von Ústí nad Labem, in deren Obhut sich der Restbestand des Epos befindet, ist intensiv auf der Suche nach dem Ölgemälde. Bisher leider vergeblich.
Ludwig-van-Beethoven-Denkmal von Hugo Uher in Karlsbad (1929)
AUTOR
Martin Krsek ist als Historiker im Museum der Stadt Ústí nad Labem tätig. Er ist Autor und Co-Autor zahlreicher Publikationen zu regionalen Themen, z.B. Neznámí hrdinové mluvili i německy (dt.: Die unbekannten Helden sprachen auch Deutsch, 2018), Schichtova epopej (dt.: Das Schicht-Epos, 2018) und Zmizelé Ústí nad Labem (dt.: Das verschwundene Aussig an der Elbe, 2011).
Beethoven 250. DAS VERSCHOLLENE BILDNIS EINER VERGESSENEN BEGEGNUNG Goethe-Institut Tschechien März 2020
Den Namen Schicht kannte in Tschechien einst fast jedes Kind. Der Seifenhersteller hatte das gleiche Renommee wie etwa Škoda oder Baťa. Die Marke mit dem Hirsch war für einige Generationen Tschechen ein bewährtes Produkt, auf das man sich verlassen konnte. Außerdem gehörte die Kosmetik von Elida aus dem Hause Schicht unter jeden Weihnachtsbaum der Tschechoslowakei. Und ohne das Fett Ceres konnten sich die Omas hierzulande das Kochen und Backen eigentlich nicht vorstellen. Im Stadtmuseum in Ústí nad Labem ist nun eine Ausstellung über die nordböhmische Dynastie zu sehen.
Die Seife mit dem Hirsch ist hierzulande vermutlich das bekannteste Produkt der Firma Schicht. Das Familienunternehmen dominierte den Kosmetik-Markt schon in der k. u. k. Monarchie. Der Großproduzent von Drogerieartikeln und Lebensmitteln hatte seine Zentrale seit 1882 im nordböhmischen Ústí nad Labem / Aussig. Angefangen habe alles jedoch in der Gemeinde Rynoltice / Ringelshain bei Liberec / Reichenberg, erzählt der Direktor des Stadtmuseums in Ústí, Václav Houfek.
„Georg Schicht Senior war gelernter Fleischer. Er erhielt 1848 die Konzession für die Produktion und den Verkauf von Seife in der Umgebung von Liberec. In Rynoltice richtete er eine kleine Seifensiederei ein. Seine Produkte stellte er zuerst aus minderwertigen tierischen Fetten her. Georg Schicht hatte Erfolg mit seinen Erzeugnissen und baute 1872 einen neuen und größeren Betrieb. Anfang der 1880er Jahre verlegte die Familie Schicht das Unternehmen nach Ústí.“
Von den Schicht-Werken zu Unilever
Das damalige Aussig hatte gute Verkehrsverbindung mit anderen Städten in der Monarchie. Nicht weit von der Stadt entfernt wurde außerdem Kohle gefördert. Zudem mangelte es in dem Industriezentrum nicht an Arbeitskräften. Innerhalb von 10 bis 15 Jahren habe sich der Betrieb der Schichts von einer kleinen Fabrik zum größten Produzenten von Drogerieartikeln und Fetten in Europa gewandelt, erzählt der Museumsdirektor.
„Den Schicht-Werken konnten nur zwei Konzerne konkurrieren: einer in den Niederlanden, und ein anderer in Großbritannien. Die Bemühungen um eine internationale Expansion mündeten Ende der 1920er Jahre in der Entstehung des größten europäischen Produzenten von Margarine unter dem Namen Unilever. Der multinationale Konzern gehört bis heute zur Weltspitze im Bereich der Lebensmittelproduktion sowie der Drogerieartikel.“
Heinrich Schicht, der Enkelsohn des Begründers der Fabrik, stand bis 1945 an der Spitze der Schicht-Werke. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er mit seiner ganzen Familie gezwungen, die Tschechoslowakei zu verlassen. Er ließ sich in der Schweiz nieder. Sein Bruder Georg Schicht wurde schon 1929 erster Präsident des Unilever-Konzerns. Er zog aus diesem Grund von Böhmen nach London. Während des Zweiten Weltkriegs unterstützte er die tschechoslowakische Exilregierung und war mit Außenminister Jan Masaryk befreundet. Seine drei Söhne kämpften in der britischen Armee. Trotzdem wurde sein Privatbesitz nach 1945 vom tschechoslowakischen Staat enteignet. Václav Houfek dazu:
„Georg Schicht klagte schon 1947 vor tschechoslowakischen Gerichten gegen diese Entscheidung. Außenminister Jan Masaryk bestätigte damals, dass Schicht die Exilregierung in London finanziell unterstützte und zudem die tschechischen Piloten förderte, die in der britischen Armee gedient haben. Leider ist es nicht vor Februar 1948 zu einem Prozess gekommen. Die Gegenstände aus dem Privatbesitz der Familie Schicht befinden sich heute in verschiedenen Museen in Tschechien: im Kunstgewerbemuseum in Prag, in der Nationalgalerie, einiges wird auch in unserem Museum aufbewahrt. Die Schichts waren große Kunstmäzene und -sammler.“
Die Angehörigen der Familie leben Houfek zufolge in der ganzen Welt – von London bis Brasilien. Zur Vernissage der Ausstellung sind 17 Nachkommen der Besitzer der Schicht-Werke gekommen.
Geschichte in Bildern
„Schicht-Epos“ (Foto: Martina Schneibergová)
Eine wichtige Spur haben die Unternehmer Schicht auch in den Schulen der ehemaligen Tschechoslowakei hinterlassen. Bis Ende des 20. Jahrhunderts wurden hierzulande im Geschichtsunterricht großformatige Bilder genutzt, die wichtige Momente aus der tschechischen Geschichte darstellten. Zahlreiche Generationen von Tschechen sind mit Kopien der 24 Leinwände großgeworden. Diese ließen die deutschen Fabrikanten Georg und Heinrich Schicht 1928 anlässlich des zehnten Jahrestags der Gründung der Tschechoslowakei malen. Abdrucke davon schenkten sie allen Bildungseinrichtungen in der Republik. Einige der Motive gelten bis heute als wichtigste Darstellungen der tschechischen Geschichte, ohne dass man noch weiß, wo und wie sie entstanden waren. Zu den bekanntesten Gemälden gehören beispielsweise „Die Schlacht am Weißen Berg“ und „Der letzte Besuch bei Magister Jan Hus im Gefängnis“. Anlässlich des 100. Gründungstags der Tschechoslowakei wurde dieses halb vergessene „Schicht-Epos“ (– so nennt man es in Anlehnung an das berühmte Monumentalwerk von Alfons Mucha –) wiederentdeckt. Im Museum habe man gewusst, dass die Originale irgendwo deponiert seien, erklärt der Museumsleiter.
„Eines der Bilder befand sich in unseren Sammlungen. Es handelt sich um die ,Ankunft von Präsident Masaryk in Prag im Dezember 1918‘. Das Gemälde hat in den Betrieben in Ústí sowohl den Nationalsozialismus, als auch den Kommunismus überlebt. Die ehemaligen Angestellten der Schicht-Werke haben das Bild Jahre lang in einer Werkstatt aufbewahrt und es vor der Privatisierung des Unternehmens zu uns gebracht. Andere Bilder hingen in den Betrieben des Staatsunternehmens Setuza. Dieses wurde 1951 gegründet und knüpfte an die Tradition der Schicht-Werke an. Nach 1989 ist Setuza ein Opfer von Privatisierungsbetrügereien geworden. Wir haben gewusst, dass ein Teil des ‚Schicht-Epos‘ schon zuvor verloren gegangen war.“ Die Schichts ließen nicht nur Bilder für die Schulen malen, sie gaben auch eine Serie von patriotischen Ansichtskarten mit Motiven aus der Geschichte Böhmens in tschechischer und deutscher Sprache heraus.
Elida-Girls und Werbeflüge
Der Familienbetrieb der Schichts war ein Vorreiter im Marketingbereich. Nach dem Ersten Weltkrieg brachten die Schichts die neuesten Werbetrends aus den USA nach Böhmen. Es war eines der ersten Unternehmen in Europa, das mit großen Plakaten für ihre Produkte geworben hat. Für ihre Kampagne nutzte die Firma den Film, Musik sowie die neueste Technik. Václav Houfek dazu:
„Der erste Mensch, der in der Tschechoslowakei von einer Filmleinwand sprach, war Heinrich Schicht. Am 26. April 1929 haben ihn die Zuschauer im Aussiger Kino Alhambra erlebt, wie er über die Bedeutung des Tonfilms sprach. In Prag wurde der erste Tonfilm erst vier Monate später gezeigt.“
Für die Kosmetik der Marke Elida warb in den 1920er und 1930er Jahren ein sogenanntes ,Elida Girl‘. Doch nicht nur dieses meist anonyme Model warb für die Produkte des Seifenherstellers, sondern auch namhafte Schauspielerinnen der damaligen Zeit. Die Schichts achteten laut Houfek sehr darauf, dass der Werbetext immer in der Muttersprache der Kunden verfasst wurde. Für die tschechischen Kunden wurden die Werbetexte entweder aus dem Deutschen oder Englischen übersetzt oder aber völlig neu zusammengestellt.
„Zu den bekanntesten Werbesprüchen, die bis heute hierzulande bekannt sind gehören: ,Čistota = půl zdraví.‘ zu Deutsch etwa: Die Sauberkeit ist schon die halbeGesundheit. Oder auch: ,Ať se mládí vydovádí‘ (Die Jugend möge sich austoben). Dieser Werbetext wurde in den 1920er Jahren sogar mit einem Preis für die beste Reklame in der Tschechoslowakei Jahren geehrt.“ Die Gebrüder Schicht waren außerdem Pioniere der Luftfahrt hierzulande. Und auch diese haben sie für die Werbung genutzt. 1923 engagierten sie den erfolgreichsten österreichischen Piloten des Ersten Weltkriegs Julius Arigi. Er hängte ein Reklamebanner für das Fett Vittelo an seinen Doppeldecker und absolvierte eine Serie von Werbeflügen über Böhmen.
Obstsaft für die Arbeiter
Die Schichts hatten dem Museumsleiter zufolge eine sehr durchdachte Sozialpolitik in ihrem Unternehmen. Sie begannen 1919 Häuser für ihre Angestellten zu bauen. Für die Mitarbeiter der Werke entstand 1931 zudem ein Hallenbad. Es war damals eines der modernsten in Europa und stand auch den Stadtbewohnern zur Verfügung. Es habe auch weitere Vergünstigungen gegeben sagte Houfek:
„Um zu verhindern, dass die Arbeiter Alkohol trinken, unterstützten die Schichts finanziell die Produktion von Obstsäften. In den Fabriken und deren Umgebung wurden alkoholfreie Getränke bedeutend billiger verkauft als alkoholische.“
Der tschechoslowakische Staat enteignete die Schicht-Werke nach 1945. Das Staatsunternehmen wurde 1951 in Setuza umbenannt. Der Betrieb ging nach 1989 aber in Insolvenz. Den größeren Teil des Areals von Setuza kaufte 2011 der Konzern Glencore mit Sitz in der Schweiz.
Seife mit dem Hirsch‘ (Foto: Martina Schneibergová)
„Dieser produziert die Speisöle Ceresol und Vegetol, die bereits 1904 als Schutzmarken eingetragen worden sind. Ein Teil der traditionellen Marken der Firma Schicht blieb im Besitz der Nachfolgefirmen von Setuza. Eine davon bemüht sich, die früher populäre ,Seife mit dem Hirsch‘ wieder berühmt zu machen.“
Spuren der Unternehmer Schicht sind aber immer noch im Konzern Unilever zu finden. Bis heute sind Mitglieder der Familie Schicht Besitzer von Anteilen.
Film über mythische Fürstin Libussa
Museumsleiter Houfek macht auf eine Kuriosität in der Ausstellung aufmerksam. Es handelt sich um eine Videoprojektion eines Ausschnitts aus einem historischen Film.
Film über die Fürstin Libussa (Foto: Atypfilm)
„Vor zehn Jahren hat Regisseur Constantin Werner in der US-amerikanisch-deutsch-tschechischen Koproduktion einen Film über die legendäre böhmische Fürstin Libussa gedreht. Werner ist Großenkel von Heinrich Schicht. Die tschechischen Filmkritiker haben den Film, der wirklich misslungen ist, scharf kritisiert und gemeint, in den USA wisse man kaum etwas über die Geschichte Böhmens. Werner sagte damals, er wisse darüber viel, weil seine Familie die Wurzeln in Böhmen habe.“
Die Ausstellung mit dem Titel „Das Schicht-Epos“ ist bis 7. Juli im Stadtmuseum Ústí nad Labem zu sehen. Das Museum ist täglich außer montags von 9 bis 18 Uhr geöffnet.
Das Seifenhersteller-Epos aus Aussig 2019
Goethe-Denkmal
[Bearbeiten]Am 26. April 1813 traf Goethe zu seinem letzten und mit Abstand längsten (107 Tage!) Besuch in Teplitz ein. Davor war der Dichter bereits in den Jahren 1810 und 1812 von Karlsbad, dem häufigsten Ziel seiner insgesamt 17 Reisen zu den nordböhmischen Heilquellen, nach Teplitz gereist. Der Aufenthalt von 1813 war allerdings nicht nur von langer Dauer, sondern auch von langer Weile. Hatte sich die politische Großwetterlage inzwischen doch deutlich verändert. Napoleon war Ende 1812 stark angeschlagen aus Moskau zurückgekehrt, in Deutschland gärte es gewaltig und die Preußen hatten sich gegen den französischen Feldherrn erhoben. Als Resultat zahlreicher Scharmützel waren seit Mai unzählige Verwundete und Flüchtlinge unterschiedlichster Herkunft in Teplitz angelangt. Nach Metternichs Kriegserklärung an Napoleon am 11. August formierten sich die Armeen in Nord- und Nordostböhmen. Goethe hatte noch am Tag vor Ausbruch der Kämpfe Teplitz verlassen, um über Dresden rasch wieder nach Weimar zu gelangen.
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der Dichterfürst dieses Mal nicht die bunte und anregende Gesellschaft vorfand, die ihm bei den vorangegangenen Aufenthalten manche Zerstreuung gebracht hatte. Viele Gäste hatten vorzeitig das Weite gesucht oder waren erst gar nicht gekommen. Goethe konstatierte, „Teplitz (ist) für mich zur Wüste geworden. Innerhalb des Ortes begegnet mir nichts Vergnügliches. Was bleibt mir daher übrig, als meinen Schimmeln zuzusprechen, die mich in alle vier Weltgegenden führen.“ Auch wird er, als Bewunderer Napoleons und von diesem mit dem Orden der Ehrenlegion ausgezeichnet, angesichts der dramatischen Wendung allzu politischen Gesprächen eher aus dem Wege gegangen sein. Vor allem aber vermisste er die Anwesenheit der österreichischen Kaiserin Maria Ludovika. Drei Jahre zuvor hatte Goethe die junge Frau in Karlsbad kennengelernt, seit 1812 verband sie eine vertrauliche Beziehung. So nutzte er die langen Wochen 1813 mehr aus Verlegenheit denn aus innerem Bedürfnis zu zahlreichen Ausflügen in die Umgebung, um sich seinen naturkundlichen Studien zu widmen, und auch seine Autobiographie „Dichtung und Wahrheit“ kam mangels Ablenkung ein gutes Stück voran.
Wie anders verliefen dagegen die beiden vorhergehenden Aufenthalte in Teplitz! Goethe, der auch 1810 zunächst – wie bereits sechsmal vorher – in Karlsbad Linderung seiner Beschwerden suchte, brach Anfang August auf Anraten von Freunden seine Zelte dort ab und reiste erstmals nach Teplitz, in das älteste böhmische Heilbad. Dort hatte sich bereits eine illustre Gesellschaft eingefunden, in deren Mittelpunkt die österreichische Kaiserin stand. Der Anwesenheit seines Gönners und Freundes, des Herzogs von Weimar Carl August, verdankte es Goethe, „daß ich viele Menschen sehe und an viele Orte hinkomme, die mir sonst vielleicht fremd wären“ – für Abwechslung und Ablenkung war also gesorgt.
Eine unerwartete und bis heute rätselhafte „Ablenkung“ trug sich schon bald nach Goethes Ankunft zu: Zufällig kam Bettine Brentano – als Schwester von Clemens Brentano und spätere Gattin Achim von Arnims eng mit der Romantiker-Szene verbandelt – auf ihrer Reise von Prag nach Berlin durch Teplitz. Kaum hatte sie von der Anwesenheit des angebeteten, ja geliebten Dichters erfahren, suchte sie diesen spontan in dessen Zimmer auf. Soweit ist das auch von Goethe in einem Brief an seine Frau Christiane überliefert. Über das weitere Geschehen wissen wir nur aus Bettines brieflichen Erinnerungen nach Goethes Tod: Er habe ihr die Kleidung geöffnet und „heftige Küsse“ auf Brust und Hals gedrückt. Dann habe er ihr die Versicherung abgerungen, künftig stets seiner Küsse zu gedenken, „wenn du (…) abends dich entkleidest und die Sterne leuchten dir in den Busen wie jetzt“.
Glühende Verehrerin Bettine verfolgte Goethe schon seit Jahren mit ihren Besuchen und Briefen. Seit sie die Briefe entdeckt hatte, die Goethes einstige Zuneigung zu ihrer Mutter Maximiliane von La Roche offenbarten, schien ihr Eifer geweckt. Später, erst nach Goethes Tod, brachte sie „Goethes Briefwechsel mit einem Kinde“ heraus. Darin übertrafen Bettines Briefe an Länge, Anzahl und romantisch-exaltierter Sentimentalität die wenigen Briefe Goethes bei weitem. Vor allem aber hatte Bettine sowohl ihre eigenen, wie auch Goethes Briefe nachträglich im Sinne ihrer erträumten Romanze redigiert, also geschönt. Als die Originalbriefe viel später, in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts, bekannt wurden, trat auch diese tendenziöse Diskrepanz (oder sollen wir es Fälschung nennen?) zu Tage. Milan Kundera hat in seinem Roman „Die Unsterblichkeit“ den Fall analysiert mit dem Ergebnis, es sei Bettine nicht um Liebe, sondern um ihre Unsterblichkeit gegangen. Es liegt daher nahe, dass sie auch die abendliche Szene in Goethes Teplitzer Hotelzimmer mit feurigen Farben im Sinne einer wie auch immer motivierten „höheren Wahrheit“ kräftig ausgemalt hat.
Zwei Jahre später, 1812, reiste Goethe erneut von Karlsbad nach Teplitz, diesmal von Carl August, der dort schon die Gesellschaft der Kaiserin Maria Ludovika genoss, geradezu herbeizitiert. Die Kaiserin wollte Goethe nun näher kennenlernen und sich von ihm aus seinen Dichtungen vorlesen lassen. Obwohl sie – ganz im Gegensatz zu Goethe – eine entschiedene Gegnerin Napoleons war und ihn sogar aktiv bekämpfte, kamen sich beide auf poetisch-künstlerischer Ebene rasch nahe. Dass Maria Ludovika als eine geborene d’Este ausgerechnet dem italienischen Adelsgeschlecht entstammte, in dessen Mitte Goethes Drama „Torquato Tasso“ spielt, wird die beiderseitige Sympathie zusätzlich befeuert haben. Bis zur Abreise der Kaiserin am 10. August sahen sie sich fast täglich, tafelten, scherzten und pflegten die Poesie. Goethe war von der Klugheit seiner Gesprächspartnerin ebenso hingerissen wie von ihrer weiblichen Anmut. Die 25-jährige Maria Ludovika fand nicht weniger Gefallen an dem Dichter, der immerhin auf die 64 zuging. Wie schon so oft, war Goethe wieder einmal für eine Unerreichbare entflammt. Zwar blieben die Grenzen zum Unschicklichen wohl unverletzt, aber die Kaiserin musste sich ausdrücklich strengste Diskretion erbitten.
Ungebändigte Persönlichkeit Der Aufenthalt in Teplitz ging dennoch in die Klatschspalten der Literaturgeschichte ein, woran Maria Ludovika buchstäblich nur am Rande beteiligt war. Beethoven, der ebenfalls zur Bäderkur angereist war, begegnete Goethe in Teplitz zum ersten und einzigen Mal. Einige Tage im Juli trafen sich beide sehr häufig, sei es zum Gespräch beim Tee oder zu Spaziergängen im Schlosspark. Und bei einem dieser gemeinsamen Spaziergänge kam ihnen die Kaiserin samt zahlreichem Gefolge entgegen. Während Goethe artig zur Seite trat, seinen Zylinder lüftete und sich grüßend verbeugte, schritt Beethoven stramm und grimmig durch die sich zwangsläufig zum Spalier aufteilende Adelsgesellschaft hindurch und ließ sich von der Kaiserin zuerst grüßen. Danach soll Beethoven dem 20 Jahre Älteren „den Kopf gewaschen (…) und ihm alle seine Sünden vorgeworfen haben“.
So jedenfalls berichtet es uns Bettine, die diese und weitere Einzelheiten aus einem Brief von Beethoven erfahren haben will. Dass Bettine nicht nur die eigenen, sondern auch fremde Briefe nachträglich für ihre Zwecke zu überarbeiten pflegt, ist bekannt. Sie hatte guten Grund, Goethe gram zu sein. Nachdem nämlich Bettine und Goethes Frau Christiane im Herbst 1811 in Weimar heftig aneinandergeraten waren, angeblich mit Handgreiflichkeiten, war Bettine bei Goethe in Ungnade gefallen. In Teplitz – mit ihrem Mann Achim von Arnim war Bettine ebenfalls anwesend – ignorierte er sie einfach; seiner Christiane schrieb er: „Von Arnims nehme ich nicht die geringste Notiz, ich bin sehr froh daß ich die Tollhäusler los bin.“ Ganz erfunden hat Bettine die Begebenheit vermutlich nicht, denn verbürgt ist Beethovens Feststellung: „Goethe behagt die Hofluft sehr. Mehr als einem Dichter ziemt.“ Und Goethe resümiert: „Er (Beethoven) ist eine ganz ungebändigte Persönlichkeit, die zwar nicht unrecht hat, wenn sie die Welt detestabel findet, aber sie freilich dadurch weder für sich noch für andere genußreicher macht.“
Untröstlich war Goethe, als Maria Ludovika im April 1816 mit noch nicht 30 Jahren an Lungenschwindsucht starb. „Der große Verlust“, so schrieb er seinem Verleger Cotta, „den ich dieses Jahr durch den Tod (…) der Kaiserin von Österreich erlitten, hat mich so getroffen, daß mein poetisches Talent darüber verstummt.“ So weit ist es glücklicherweise nicht gekommen. Bekanntlich fand er in den verbleibenden 16 Jahren seines Lebens noch die Kraft für einige seiner schönsten Dichtungen.
Zwischen Dichtung und Wahrheit Vor 200 Jahren besuchte Goethe zum letzten Mal Teplitz. Dort traf er auf die ambitionierte Bettine von Arnim und einen ungehobelten Beethoven
Prager Zeitung 24. 4. 2013
Schiller-Denkmal
[Bearbeiten]Novalis an Schiller. Teplitz, 23. Juli 1798.
Verlag: Marbach, 1972
1 Doppelblatt mit eingelegtem 2-fach gefaltetem faksimilierten Brief. Faksimiledruck des Schiller Nationalmuseum Marbach am Neckar Nr. 16.
Novalis an Schiller. Teplitz, 23. Juli 1798. Faksimiledruck Nr. 16. Novalis:
Verlag: Marbach: Schiller-Nationalmuseum, 1972
Inhalt: Faksimile, Transkription und Erläuterung. Loseblatt-Faksimile in bedrucktem Faltumschlag.
Novalis-Gedenktafel
[Bearbeiten]1798: Im Sommer hält er sich für vier Wochen zur Kur in Nordböhmen auf; dort entstehen die »Teplitzer Fragmente«. http://novalis.autorenverzeichnis.de/zeittafel/index.html
IV. Teplitzer Fragmente: https://www.projekt-gutenberg.org/novalis/aphorism/chap004.html
Englert: Auf den Spuren von Novalis in Ostdeutschland
Seine letzten Jahre verbrachte Novalis vornehmlich in Sachsen.
Von einem zusätzlichen Studium an der nach wie vor bestehenden
Bergakademie, an der kurz zuvor auch Alexander von Humboldt
studierte, versprach er sich verbesserte Aufstiegschancen, um sich
in Zukunft seine Existenz sichern zu können. Aber auch im persönlichen Bereich vollzogen sich bei Novalis tiefgreifende Wandlungen. Durch die Bekanntschaft mit dem Berghauptmann Charpentier gewann er die Liebe zu seiner Tochter, die ihm anfangs
noch als ein „schleichendes Gift" vorkam, das ihn lediglich zu
„leichten, fröhlichen Vibrationen" reizte. Doch die Verhältnisse
änderten sich recht bald. In einem späteren Brief kündigte er die
Heirat mit Julie von Charpentier an, von der er wußte, daß sie ihm
eine „treue, zuverlässige und zärtliche Gattin" sein wird. Doch die
Heirat mit Julie wurde durch Novalis' „frühen Tod" vereitelt -
jenen „frühen Tod", den er noch Ende 1798, lange nach der Bekanntschaft mit Julie, in einem Brief an Friedrich Schlegel als ein
„großes Los" bezeichnete. Gerade während der Freiberger Zeit
verstärkten sich bei Novalis, gepaart mit einem zunehmenden
Nachlassen seiner physischen Kräfte, Depressionssymptome und
Todessehnsüchte. In der Zeit nach Sophies Tod sieht sich Novalis
in seiner Annihilationsmetaphysik bestärkt, die die Aufhebung des
vergänglichen Lebens im ewigen Tod als höchste Vollendung begriff. Noch auf der Erde wandelnd, kam er sich als Zombie vor, der
durch sein ständiges „Nachsterben" ihrem Tod und somit der
„Verlobung im höheren Sinn" näherkommt. In christlich-platonischer Manier sieht er sein Leben zusehends durch die Immaterialität einer Flamme annihiliert - einer Flamme, „die alles Irdische
nachgerade verzehrt" und nicht eher ruhen läßt, bis sie alles in
einen „Haufen Asche" verwandelt hat. Durch diesen Reggressionswunsch zu den Urelementen - „schon fangen die organischen
Teile an sich zu trennen und zu ihren Elementen zurückzukehren"
-, durch diese Apotheose des Todestriebes erfüllt sich das Leben.
Nach dem „stillen, traurigen Genuß ihres Todes" empfindet er
sein eigenes Selbst bis zur „ächten Aufopferung" im eigenen Tod
verzehrt.2
Es erstaunt aufgrund dieser ganzen Phantasien nicht, daß Novalis' Schwächeanfälle während seiner Freiberger Zeit überhand nahmen. Die Folge war, daß er sein Quartier in Charpentiers Haus,
das noch heute unweit des schönen Freiberger Marktes zu sehen ist
(bedauerlicherweise ist das Schild am Portal entfernt worden, da
man angeblich über Novalis' Bleibe nicht vollends sicher war),
eintauschen mußte gegen einen Kuraufenthalt im böhmischen Badeort Teplitz, dem heutigen Teplice, wo zehn Jahre später auch
Caspar David Friedrich weilte. Novalis beschrieb den Ort in einem Brief an Friedrich Schlegel mit geradezu überschwenglichen
Worten: „Der Ort ist sehr angenehm. Die Gegend ist die Schönste,
die ich sah. Einige angenehme englische Gärten sind dicht an der
Stadt."3
Auch Richard Wagner, der 44 Jahre nach Novalis und 30
Jahre nach Caspar David Friedrich in Teplitz zur Kur weilte, war
ausnahmslos begeistert. Kurz vor der Uraufführung seines „Rienzi" 1842 schrieb er: „Ach, dieß Töplitz mit seiner weitesten Umgebung ist wohl das Schönste das ich kenne!"4
Novalis wird damals
die böhmische Gegend mit ähnlich euphorischen Gefühlen empfunden haben, wie es dem heutigen Besucher geschehen mag, der
sich von den ersten Eindrücken berauschen läßt.
Der Kuraufenthalt konnte den Zustand des tuberkulosekranken Novalis nur vorübergehend lindern, was ihn jedoch nicht daran hinderte, langwierige und anstrengende geologische Expeditionen in Sachsen durchzuführen, um dann im Herbst 1800, nur wenige Monate bevor man den Todkranken zurück ins heimatliche Weißenfels brachte, ins geliebte Dresden zu übersiedeln. Mit Sicherheit ist Dresden nicht mehr das „Elb-Florenz" des 18. Jahrhunderts, von seinem ehemaligen Glanz ist allenfalls der Goldene Reiter übriggeblieben, ansonsten sind die historischen Gebäude und Denkmäler schwarz wie die Sternenlose Nacht. Wichtig bleibt jedoch Dresden als Zentrum der Frühromantik. Gegenüber dem monumentalen Albertinum, das in einer jahrzehntelangen Interimslösung die früher im Zwinger beherbergte „Gemäldegalerie" umfaßte, ist das „Museum der Dresdner Frühromantik" im Kugelgen Haus, unweit des Goldenen Reiters, vielleicht nicht mehr als ein Hintertreppenmuseum, aber allemal einen Besuch wert. Der Besucher wird sich kaum des Eindrucks erwehren können, Dresden habe in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gleichsam magnetische Kräfte auf die verschiedensten Künstlerpersönlichkeiten ausgeübt, von denen Philipp Otto Runge, Theodor Körner, Ludwig Tieck, Caspar David Friedrich, Heinrich von Kleist und E.T.A. Hoffmann nur einige wenige sind. Es war in der Gemäldegalerie, wo sich Novalis knapp drei Jahre vor seinem Tod mit Schelling, seiner Frau Caroline und den Brüdern Schlegel mit ehrfürchtigem Staunen vor Raffaels „Sixtinischer Madonna" versammelte. Für Novalis muß die „Sixtinische Madonna" das gewesen sein, was er kurze Zeit später in seinem Allgemeinen Brouillon als Himmel und Erde verbindende „transzendentale Physik", als „Evangelium der Natur"5 beschrieben hatte. Und in der Tat vermochte Raffael durch die pyramidale Zuspitzung der Linien, ausgehend von den äußeren Figuren Sixtus und Barbara hin zur Madonna, und durch die kreisförmige Fluchtlinie der Blickrichtung die Epiphanie des Heiligen mit den Mitteln der Geometrisierung zu erzeugen. Novalis war sich durchaus der höheren Bedeutung der bildenden Kunst bewußt, Insofern er in ihr das Ausdrucksmittel des Geistes erblicken konnte. Die „Sixtinische Madonna" erschien ihm gleichsam als eine Allegorisierung der Liebe. In den größten Darstellungen der Kunst inkarniere sich die Poesie, weshalb Novalis kurz vor seinem Tode schreiben konnte, daß in ihnen „die schöne Haushaltung des Universums"6 zum Ausdruck komme. Kunst als Erscheinenlassen des poetischen Geistes ist für Novalis per se schöne Kunst; deshalb ist er auch, noch vor der modernen Kunst, einer ihrer ersten Kritiker: „Das technische ist mir durchaus fremd - aber die schöne Gestalt - da hab ich doch, wie mich dünckt, Sinn für. Ich rede blos von der schönen Gestalt - Von Composition etc. weiß ich gar nichts - daher ich auch nur die einzelne Gestalt sehe - und die Perspective, die Farben und alles übrige schlechthin ignoriere".7
- 2 Die im Text angeführten Zitate stammen aus den Briefen von Novalis: dem Brief an Caroline Just vom 5. 2, 1798, an Friedrich Schlegel vom 10. 12. 1798, an Caroline Just vom 24. 3. 1797 und an Friedrich Schlegel vom 13. 3. 1797, zudem wurden die Tagebuchnotizen vom 25. 5. und 29./30. 5. 1797 herangezogen (Novalis, Werke, Tagebücher und Briefe, Bd. 1, I.e.)
- 3 Brief vom 20. 7. 1798 (Novalis, Werke, Tagebücher und Briefe, Bd. 1).
- 4 Richard Wagner, Sämtliche Briefe (hrsg. im Auftrage der Richard-WagnerStiftung Bayreuth von Gertrud Stobel und Werner Wolf), Bd. 2, Brief der Jahre 1842-1849, S. 103.
- 5 Novalis, Werke, Tagebücher, Briefe Friedrich von Hardenbergs, Bd. 2, I.e., S. 478 ff.
- 6 Novalis, I.e., S. 322.
- 7 Novalis, Bd. l,l.c, S. 662.
https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/6250/englert.pdf?sequence=1
Im Übrigen beweisen Anspielungen im erhaltenen Briefwechsel des Novalis und
neue Brieffunde – wie der ungedruckte Brief von Herberts an Erhard aus Teplitz
vom 5. August 1798 –, dass der Kontakt Hardenbergs mit seinen Studienfreunden nach der Zeit von 1790/91 fortbestanden hat, während die Briefe zwischen
den Freunden für verloren gelten müssen. Der Klagenfurter Fabrikant, ReinholdSchüler und Reinhold-, Erhard-, Forberg- und Niethammer-Mäzen Baron Franz
Paula de Herbert, den Novalis bei Reinhold kennen lernte, zu dem er zeitlebens
freundschaftlichen Kontakt unterhielt und bei dem er noch kurz vor seinem Tod
einen Erholungsurlaub zu verbringen gedachte (Novalis: Schriften. Die Werke
Friedrich von Hardenbergs. Hg. v. Paul Kluckhohn und Richard Samuel. Bd. I:
Das dichterische Werk. 2. Aufl. Stuttgart 1977, S. 540; Ders.: Dass. Bd. IV: Tagebücher, Briefwechsel, Zeitgenössische Zeugnisse. Hg. v. Richard Samuel in Zusammenarb. mit Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz. Stuttgart 1975, S. 60,
S. 84, S. 259, S. 534 f., S. 557), weilte zur Heilung einer Gonorrhö zur gleichen
Zeit in Teplitz, zu der auch Novalis dort (begleitet von seinem Vater) einen Kururlaub machte und seine »Teplitzer Fragmente« aufzeichnete; vgl. Hermann F.
Weiss: »Zu Friedrich von Hardenbergs Aufenthalt in Teplitz im Sommer
1798«. In: Aurora. Jahrbuch der Eichendorff-Gesellschaft 59 (1999), S. 265-272.
Der folgende Auszug aus von Herberts Brief an Erhard (dessen Original mir Wilhelm Baum in Kopie überließ) macht deutlich, dass die beiden sich dort regelmäßig trafen und dass von Herbert seine Briefe von dem und an den Arzt und
Revolutionär Erhard ›unter dem Kuvert‹ des adeligen Friedrich von Hardenberg empfing bzw. an der politischen Zensur vorbeischleuste. »Ich bin überhaupt der Meynung, daß, so ausgemacht gewiß als Browns System das einzige
Konsequente ist, was die Medicin noch bis [?] nun gefunden, hat, es in den Händen der meisten Ärzte so unbrauchbar wird, als ihr voriger Quark [?] war; in meinen Händen ist er nicht in viel bessere gefallen, denn ich weiß das aus der
Apotheke nicht zu ersetzen, was er anzugeben versäumt hat, nämlich jene solide
stärkende Mittel, deren Wirkung langsamer, aber anhaltend und mithin die Gesundheit wirklich herbeiführend wäre; weißt du eines, so säume nicht, nur plötzlich deinen Rath unter Couvert des Friedrich Baron von Hardenberg (im
goldenen Löwen in Teplitz) zu geben, und verzeihe mir, daß ich dir nicht mehr
schreibe, denn meine Geduld und Hoffnung sind so erschöpft, daß es auch dieser
Präparation zuzuschreiben, daß ich nicht schon längst den Weg suchte, mich bei
dir Raths zu erholen. Adieu. Mein Herz schlägt doch, wenn ich dich vor meiner
Phantasie habe!« (Meine Transkription, M. F.).
https://d-nb.info/1181796202/34 MANFRED FRANK. Was heißt ›frühromantische Philosophie‹?
Am 1. April 1801 teilte durch eine Anzeige in der „Leipziger Zeitung“ der kursächsische Salinendirektor H. U. Erasmus von Hardenberg (1738 - 1814) „unseren Freunden und Verwandten“ mit, „daß mein ältester Sohn, Georg Philipp Friedrich von Hardenberg, Assessor bey der Local-Salinendirection, am 25sten dieses an der Auszehrung im 29sten Jahre seines Alters ... in Weißenfels ... gestorben ist und verbitte alle Beileidsversicherungen“. Der Verstorbene wurde am 28. März, „auf hiesigen Gottesacker“ beigesetzt.
Damit endete das Leben und Schaffen des bedeutendsten Repräsentanten der literarischen deutschen Frühromantik, des philosophischen Denkers und Bergingenieurs Friedrich von Hardenberg, der sich den Künstlernamen Novalis gegeben hatte. Dazu kann man im Nachhinein sicherlich ergänzen, dass er die wichtigste Persönlichkeit der deutschen Kultur- und Geistesgeschichte war, die in Weißenfels gewirkt hat.
Seit 1786 in der Saalestadt
Von Hardenberg, 1772 in Oberwiederstedt bei Hettstedt geboren, kam im Spätsommer 1786 in die Saalestadt. Nach Schulbesuch in Eisleben, Studium in Jena, Leipzig und Wittenberg, war er beruflich im Verwaltungsdienst tätig und kam von Ende 1797 bis 1799 an die Bergakademie Freiberg. Vom Herbst 1797 an finden wir bei ihm, der von schwächlicher Konstitution war, die ersten Erwähnungen von Krankheitssymptomen, die ihn auch veranlassen im Sommer des folgenden Jahres zur Kur nach Teplitz zu fahren. Nach und nach nehmen die gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu, wie er im Herbst 1798 in einem Brief mitteilte. Eine Zeit lang setzte dann der leidende Salinenassessor, nunmehr wieder vorwiegend in Weißenfels ansässig, seine Arbeit und seine schriftstellerische Tätigkeit fort.
Dabei hat sicherlich die geologische Landesuntersuchung Sachsens Anfang Juni 1800 alle seine Kräfte beansprucht. Im August habe sich dann, wie der Bruder Karl berichtet, „einiges Blutspeien gezeigt“. Von Hardenbergs körperliche und geistigen Schwächen nahmen zu und man suchte Hilfe bei mehreren prominenten mitteldeutschen Ärzten. Während eines kurzen Aufenthaltes in Jena im September 1800 - also mehrere Wochen, nachdem seine tödliche Lungenkrankheit deutlich erkennbar wurde - ließ sich von Hardenberg vom Mediziner J. Chr. Stark dem Älteren behandeln. Dieser untersuchte den dann inzwischen todkranken Dichter letztmalig Anfang 1801, woraufhin er ihn für unheilbar erklärte.
Die Familie von Hardenberg ließ nichts unversucht, im Oktober 1800 ergriff sie einen „letzten Notanker“ zur Rettung des Schwerkranken - er übersiedelte nach Dresden, wo er Heilung suchen sollte. Da sich in Dresden keine Besserung einstellte, obgleich „er täglich vier Stunden spazieren fährt und Kalkwasser und Eselsmilch braucht“ und die beiden behandelnden Ärzte in Dresden selbst krank waren, drang der Vater auf Rückkehr nach Weißenfels.
Die fünftägige Rückreise Mitte Januar 1801 in das Haus in der Weißenfelser Klostergasse muss für den Schwerkranken eine Qual gewesen sein. Als letzter Brief von Novalis’ Hand ist ein Brief an seinen väterlichen Freund Just vom 1. Februar 1801 überliefert.
Zustand verschlechtert sich Über die letzten Tage von Hardenbergs und seinen Gesundheitszustand gibt es verschiedene schriftliche Zeugnisse aus der Familie und von Freunden. So schreibt am 15. Februar sein Bruder Karl: „Mit Fritz geht es nicht gut; die Aussichten werden mit jeden Tag trüber; wenn nur seine Leiden nicht gemehrt werden.“ Es gibt Nachrichten über weitere Blutstürze.
Der Freund H. G. von Carlowitz aus Oberschönau schreibt am 14. März: „Hardenberg bittet mich, ihn in Weißenfels noch einmal zu besuchen, er lässt mir schreiben, dass alle Ärzte sein Leben nur noch auf einige Tage berechnet haben.“ Carlowitz ist dann vom 20. bis 22. März bei dem Sterbenden. Und am 23. März 1801 eilt Friedrich Schlegel „durch die Nachricht von Hardenbergs Gesundheit bewogen“ von Jena nach Weißenfels, wo „alle Ärzte Hardenberg, der äußerst matt ist, aufgegeben haben“. Schlegel wurde dann Zeuge vom Tod Friedrich von Harnbergs am 25. März 1801 im Haus der Familie.
Berühmter Weißenfelser: Novalis tragisches Ende vor 215 Jahren MZ 225. März 2016
Die Neuerscheinung Die Poesie des Unendlichen. Dichtungen und Texte des Universalgeistes der Frühromantik aus dem Marix Verlag legt dagegen den Schwerpunkt auf die Fragmentensammlungen von Novalis und ihre Vorarbeiten. So findet man hier die selten veröffentlichten Teplitzer Fragmente und ihre Ergänzungen, die während eines einmonatigen Kuraufenthaltes in dem böhmischen Badeort Teplitz, dem heutigen Teplice, im Sommer 1798 entstanden. In den kurzen Texten setzte sich Novalis mit poetisch-philosophischen Fragen, der christlichen Religion sowie Sitten und Gebräuche auseinander.
https://literaturkritik.de/novalis,28842.html Dichter, Philosoph, aber auch Geologe und Salinentechniker. Der 250. Geburtstag von Novalis wird mit zahlreichen Neuerscheinungen gewürdigt
Das kurze Leben des Friedrich von Hardenberg hielt für ihn die Einweihung am Grab seiner Geliebten bereit. Aus dieser Erfahrung schuf er seine heute noch zu uns sprechenden Werke. Ihm zum 250. Geburtsjahr.
Bei Dante war es ein Abstieg in die Unterwelt, das Inferno; bei Novalis ein Abstieg in die Nacht, in die Unterwelt des Bewusstseins und eine Abkehr vom Tage. Dante zählte 25 Jahre, als ihm die Geliebte, Vertraute Beatrice wegstarb, Novalis war ebenfalls 25-jährig, als ihm die heimliche Verlobte und Erweckerin seiner Liebe in den Tod voranging. Bei Dante führte diese Erfahrung zu einem neuen Leben und der buchstäblichen Verfassung seiner ‹Vita Nova›, bei Novalis zur Geburt einer Geistigkeit, die ihn zum Mystiker, zum Propheten und zum Instrument einer gänzlich neuen Christus-Erfahrung machen sollte. Drei Jahre walteten daraufhin: mit 28 Jahren setzt Dante einen Schlusspunkt unter das letzte Blatt der ‹Vita Nova›; im selben Alter trägt Novalis die vollendete Fassung der ‹Hymnen an die Nacht› zur Druckerei. Beide Wege, beide Werke würden schließlich einmünden in Schau und Lobpreis des Ewig-Weiblichen, der Göttlichen Sophia, der Himmelskönigin, der höchsten Liebe: versammelnd aller Strahlen Macht, im Menschenherzen Liebe weckend. Zwei Jahre später erfolgt bei beiden Dichtern eine Rückkehr zur Erde, heiratet Dante Gemma Donati, die er in keinem Werk erwähnt, verbindet sich Novalis mit Julie von Charpentier. Ihren Geburtstag, wenigstens, finden wir, wenn auch ohne Namensnennung, verewigt im Bergkapitel des ‹Heinrich von Ofterdingen›: «Mit welcher Andacht sah ich zum ersten Mal in meinem Leben am sechzehnten März, vor nunmehr fünfundvierzig Jahren, den König der Metalle in zarten Blättchen zwischen den Spalten des Gesteins.» Er hatte in Erdenfinsternis neues Gold aufglänzen sehen.
Die Zahl 45, in ihrer Quersumme die Neun ergebend, mündet in die Zehn, als die irdische Zahl der Summe von 16 und 3, Zahl der Menschwerdung.
Aber der Prophet in dem Jüngling Hardenberg hatte schon längst zuvor mit den Zahlen sein visionäres Spiel getrieben. Was sollen wir sagen zur Hochzeitskarte des Novalis und der Sophie von Kühn, gedruckt nur vier Monate nach ihrer ersten Begegnung in Grüningen.
- Unsern wechselseitigen Verwandten und Freunden machen wir hierdurch unsere Verbindung am 19. März dieses Jahres bekannt und versichern uns im voraus ihrer freundlichen Teilnahme.
- Schlöben, am 25. März 1798. Friedrich von Hardenberg und Sophie von Hardenberg geb. von Kühn
Es ist die Ankündigung einer Hochzeit, eines Namenwechsels, die ja nie stattfinden sollten. Allerdings nimmt die Karte beider Todestage vorweg – den 19. März als den Sophies, den 25. als den Hardenbergs selbst. Todestage als Vorwegnahme späterer mystischer Hochzeit! Was also sagen wir zu solchen Rätseln? Das Lebensschicksal vollzieht sich dem jungen Manne in Bildern von Zahl und Figur, in Imagination anderer Welten, als Sprache des verborgenen geheimen Worts.
- Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
- Sind Schlüssel aller Kreaturen,
- Wenn die, so singen oder küssen,
- Mehr als die Tiefgelehrten wissen …
- Dann fliegt vor einem geheimen Wort
- Das ganze verkehrte Wesen fort.
Erweckung als Lebenspfingsten
Alles begann in Hardenbergs 22. Lebensjahr. Genau gesagt: am Montag, dem 17. November 1794. Zehn Tage zuvor hatte er im Kreisamt Tennstedt seinen Dienst zu einem einjährigen Praktikum angetreten und meldet übermütigen Sinns und Mutes seinem Bruder: «Hier geht es mir sehr gut. Ich war schon in Langensalza. Auch dort hoff ich in Train zu kommen. Durch die Welt durchsponsiert – dort ist wie überall Mangel an Tänzern.» Und am Sonntag, dem 16. November, lässt er seinen Amtskollegen in ironisiertem Beamtendeutsch wissen, dass «in der alten räuchrigen Amtsstube ein wahres Pandämonium zu sein scheint, in welchem ihn» – denn er spricht von sich selbst distanzierend in der dritten Person – «unaufhörlich der Wollustteufel chikaniert und mit wollüstigen Bildern vor ihm herum auf dem Papier tanzt … Sonst gefällt es ihm ganz wohl, besonders da er zwischen vier Nachbarinnen wohnt, die Stück vor Stück zu 18 Jahren taxiert sind, und besage ihres Anschlags einen guten fundum dotalem nebst ansehnlichen Pertinenzien und Nutzungen aller Art besitzen», kurzum aufgekratzt, übermütig, sinnenfreudig. Tags darauf begibt er sich mit einem Bekannten, Adolph von Selmnitz, der damit zu seinem einzigen, aber nachhaltigen Auftritt im Werdegang des Novalis kommen würde, auf eine Kutschenfahrt ins nahe gelegene Schlösschen Grüningen, wo die verwitwete Frau von Kühn mit ihren beiden Töchtern als wiederum verheiratete Frau von Rockenthien lebt. Die eine der Töchter ist nun also Sophie von Kühn – und diese sollte sehr wohl in die Literaturgeschichte eingehen, obschon sie kein Wort fehlerfrei schreiben kann, noch nicht einmal 13-jährig ist, ihm aber aufmerksam und offen begegnet an diesem Montag.
Bild: Porträt von Novalis von Franz Gareis, um 1799
Denn nun fallen in einer Stunde, in einer Viertelstunde, alle früheren Beziehungen und Tändeleien von ihm ab. Zu diesem Mädchen fasst er tiefe Vertrautheit, fühlt diese erwidert und sich im Innersten bewegt, getroffen, erschüttert. Er hört in sich die ‹Stimme des Genius›, der sein Ich ruft, weckt, anschaut zugleich. Dem Bekannten, Selmnitz, der ihn nach Grüningen gebracht hatte, schreibt er noch am selben Abend in der Stimmung der Ergriffenheit einen Dank für diesen Ausflug, und gleichsam schlagartig findet er seinen dichterischen Ton.
An Adolph Selmnitz
- Was paßt, das muß sich ründen,
- Was sich versteht, sich finden,
- Was gut ist, sich verbinden,
- Was liebt, zusammensein.
- […]
- Gib traulich mir die Hände,
- Sei Bruder mir und wende
- Den Blick vor Deinem Ende
- Nicht wieder weg von mir.
- […]
- Ein Ort – wohin wir ziehen,
- Ein Glück – für das wir glühen
- Ein Himmel – mir und Dir.
Es ist ein Blick, eine Angerührtheit, die das Lebensende bereits mit formuliert, und davon berichtet Hardenberg kurz darauf seinem Bruder Erasmus: eine Viertelstunde habe sein Leben verwandelt – der dies freilich für eine kurzlaunige Verliebtheit, bestenfalls einen Rausch hält und ihm vorhält: «Du schreibst mir, eine Viertelstunde hätte Dich bestimmt; wie kannst Du in einer Viertelstunde ein Mädchen durchschauen? … Wenn Du mir ‹ein Vierteljahr› geschrieben hättest …»
Darauf nun reagiert der Schreiber empört, klarstellend und christologisch mit dem Gedicht ‹Anfang›. Darin hält er seinem Bruder entgegen: Wenn das ein Rausch nur wäre, so sei er «nicht für diesen Stern geboren»; was sei dann das Leben überhaupt? Es sei die Stimme des Genius, die er vernommen, sei die geschaute Unsterblichkeit, sei die Fackel zu höherem Sein, sei Bewusstsein wahren Wertes, der nur zu selten von Menschen erkannt werde – sei Vorwegnahme höheren Menschseins, sei eben kein Rausch – so wenig, wie das Brausen des Pfingstgeistes Rausch und das apostolische Bewusstsein Trunkenheit gewesen sei:
- Du bist nicht Rausch, du Stimme des Genius …
- […]
- Einst wird die Menschheit sein, was Sophie mir
- Jetzt ist – vollendet – sittliche Grazie –
- Dann wird ihr höheres Bewußtsein
- Nicht mehr verwechselt mit Dunst des Weines.
So erfuhr der sprachlos Gewordene vom Lebenspfingsten seines Bruders. Er erfuhr, dass Friedrich die Seele seines Lebens, den Schutzgeist seines Daseins gefunden und mit ihm eine künftige Welt geschaut habe, erfuhr zudem, dass sehr fraglich sei, ob ein solches Finden nur ein bräutliches, liebendes Zusammenfinden und nicht vielmehr Eintritt in eine gänzlich verwandelnde ‹Vita Nova› sei.
Der Menschenkreis um Friedrich von Hardenberg
Vom Kind Hardenberg ging die Rede, es sei verträumt, schwächlich, kränkelnd. Geboren am 2. Mai 1772, ward es getauft auf Georg Friedrich Philipp in kalten Schlossräumen von Oberwiederstedt, damals Grafschaft Mansfeld. Das Schloss war nur durch ein Seitentor betretbar. Vor 150 Jahren hatte ein Hardenberg am Haupttor seine Braut erwartet; die vom Blitz erschlagen ward, als sie eben aus der Kutsche steigen wollte, worauf der Eingang zugemauert wurde. Damit sind die Motive angeschlagen: Brautschaft, Hochzeit, Tod als die Schicksalswelt, in die der spätere Novalis hineinwachsen würde.
Bild: Porträt von Sophie von Kühn
Mit neun Jahren erkrankt das Kind schwer an der Ruhr. Der strenge und introvertierte Vater schickt den Jungen zu den Zinzendorfer Herrnhutern nach Neudietendorf, deren Konfirmation sich der Heranwachsende aber instinktiv entzieht und endlich zum Onkel nach Lucklum bei Braunschweig gebracht wird – einem Herrn des Deutschritterordens und Landkomtur der Ballei Sachsen. Hier findet der Jüngling Kontakt zu Büchern, die nie über die Schwelle des Vaterhauses gekommen wären: Goethes ‹Werther›, ‹Goetz›, Lessing natürlich, Wieland, Cervantes, Shakespeare, französische Enzyklopädisten. Zu Beginn des dritten Jahrsiebtes zieht die Familie nach Weißenfels, wo der Vater Salinendirektor wird. Gymnasialjahre in Eisleben folgen darauf, ehe der junge Mann mit 20 Jahren in Jena zum Studium der Rechtswissenschaft eintrifft. Verehrter und erster Dozent, auf den er dort stößt, ist freilich Friedrich Schiller. Und Hardenberg lauscht ihm zu Füßen, gefesselt im Zusammenklang von Dichtung, Historie, Kunst, Philosophie, dem er hier begegnet. Und es ist Wieland, der ein erstes Gedicht des 21-jährigen Studenten im ‹Teutschen Merkur› veröffentlicht. Der Vater reagiert unwirsch, sieht das Rechtsstudium vernachlässigt und schickt den Sohn übers Jahr nach Leipzig. Hier ist es, wo er dem lebenslangen Freunde Friedrich Schlegel begegnet; einem Freunde, der ihn formt, kritisiert, fördert, inspiriert, der als ironisch-skeptischer Mephisto dem schwärmerischen Träumer an die Seite tritt. Aber Leipzig ist auch jenes Klein-Paris, worin schon der junge Goethe nicht gediehen war, und in den Briefen tauchen Lucies, Luischens, Lauras, Lottchens auf, von Koketterien ist die Rede, und von Schulden auch. Übers Jahr finden wir Hardenberg an der nächsten Station: Wittenberg, wo er denn endlich nach knapp eineinhalb Jahren sein Studium abschließt. Erwähnt sei seine Bekanntschaft und der Briefwechsel mit dem Philosophen und Freimaurer Carl Leonhard Reinhold, dessen Schrift über ‹Hebräische Mysterien› Schiller zu seiner Vorlesungsreihe über die ‹Sendung Moses›, die ‹Ballade vom Jüngling zu Sais› und auf diesem Wege den späteren Novalis zu seinem Roman ‹Die Lehrlinge zu Sais› angeregt hat. Hier berührt er die biblische und ägyptische Sphäre. Schillers ‹Don Carlos› hatte der Student zeitgleich mit der ‹Odyssee› gelesen, in einem Weinberge sitzend, und Schiller großmütig-pathetisch von seiner Einsicht berichtet, dass «ein Fehler ganzer Generationen auf Unkosten des gemeinen, reinen Menschensinnes, der die Entweihung unserer Lieblinge angeht – einen zum Feuereifer eines Elias berechtigen könnte, der die Baalspfaffen auf gut jüdisch am Bach Kidron schlachten ließ».
Fichte war der Student, in Gesellschaft Hölderlins, schon in Jena begegnet. Mit Schelling Freundschaft geschlossen hat er unterwegs in Freiberg – «wir sind schnell Freunde geworden, freimütig habe ich ihm unser Mißfallen an seinen Ideen erklärt». Denn neben Studium, Juristerei, jugendlichem Lebensdurst einher geht eine Schärfung und Ausbildung des eigenen Denkens, in wachsendem Kampf gegen die Kant’sche Nüchternheit und auf der Suche nach dem Wesen des Ich: «Spinoza stieg bis zur Natur – Fichte bis zum Ich. Ich bis zur These Gott. – Natur und Ich sind wie zwei Pyramiden, die eine Spitze haben.»
Frucht dieser philosophischen Bemühungen ist ‹Blütenstaub›, die erste zum Druck bestimmte Veröffentlichung von 1798, drei Jahre vor dem Tod, und erstmals mit dem Decknamen Novalis versehen, nach einem alten Hardenberg’schen Landgut gewählt – «welcher Name ein alter Geschlechtsname von mir ist und nicht ganz unpassend». Er meint damit novum agrum, Neuland. Hardenberg hat Neuland betreten!
Tod Sophies und Weihe am Grab
Dieses Neuland war das Grab der Sophie, der Braut, und die Schwelle über dieses Grab hinweg in das Neuland mystischer, spiritueller Erfahrung. Im Tagebuch steht vermerkt: «Am Sonntagmorgen, dem 19. März, früh halb 10 Uhr ist sie gestorben, 15 Jahre und zwei Tage alt.» Er war nicht dabei, erfuhr die Ereignisse erst zwei Tage später.
Was machte ihr Tod mit dem 25-jährigen Hardenberg? In einem Brief, drei Tage darauf, lesen wir: «Drei Jahre ist sie mein stündlicher Gedanke gewesen. Sie allein hat mich an das Leben, an das Land, an meine Beschäftigungen gefesselt. Mit ihr bin ich von allem getrennt, denn ich habe mich selbst fast nicht mehr. Aber es ist Abend geworden, und es ist mir, als würde ich früh weggehen, und da möchte ich doch gern ruhig werden und lauter wohlwollende Gesichter um mich sehen – ganz in ihrem Geiste möchte ich leben, sanft und gutmütig sein, wie sie war.» Am Ostertage darauf begibt er sich erstmals zu ihrem Grab. Es beginnt das Neuland, eine zweite Zeitrechnung; das Journal der Totenklage, der Wiedererstehungsfreude, es wächst der Wille, «ihr nachzusterben».
- Meine Liebe ist
- zur Flamme geworden,
- die alles Irdische
- nachgerade verzehrt.
- Und tags darauf:
- Du starbst – und da währte es
- noch ein ängstliches Weilchen,
- da folgte ich Dir nach.
Diese Zeit von Ostern zu Pfingsten bis Johannis bedeutet das eigentliche Wachstum, die Geburt, die Freisetzung des Sehers, Propheten, Mystikers auf seinem Neuland: die Geburt des Novalis. Am 13. Mai 1797 hatte er morgens die soeben erschienene Neuübersetzung des Schlegel-Bruders, Shakespeares ‹Romeo und Julia›, erhalten und darin gelesen.
«Ich fing an in Shakespeare zu lesen – ich las mich recht hinein. Abends ging ich zu Sophien. Dort war ich unbeschreiblich freudig – aufblitzende Enthusiasmusmomente – das Grab blies ich wie Staub vor mir hin – Jahrhunderte waren wie Momente – ihre Nähe war fühlbar – ich glaubte, sie solle immer vortreten.»
Bild: Porträt von Johann Gottlieb Fichte von Albrecht Fürchtegott Schultheiß
Was in den verbleibenden drei Schaffensjahren nun entsteht, wächst aus diesem Erleben am Grab der Braut. ‹Blütenstaub›, ‹Fragmente von Teplitz›, ‹Das allgemeine Brouillon›, ‹Hymnen an die Nacht›, ‹Marienlieder›, ‹Geistliche Lieder›, Märchendichtungen, Romanfragmente, die im Freundeskreis vorgetragene, erst viel später gedruckte und wohl erst heute verstandene Rede ‹Christenheit oder Europa›, der unvollendete letzte Roman ‹Heinrich von Ofterdingen›, als die Suche nach der Blauen Blume und zugleich die große Auseinandersetzung mit dem nah-fernen, befremdlich vertrauten Goethe.
Zuerst, in den Jahren und Jahrzehnten nach des Novalis’ Tod, meinte man in ihm den Schöpfer der Romantik zu finden; vielleicht, weil er einmal geschrieben hatte:
Romantisieren heißt dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Aussehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein geben.
Aber das greift zu kurz, und es trifft manches in den Romantexten, in den philosophischen Gedanken, nicht aber die Christusnähe der ‹Geistlichen Lieder›, nicht jenes:
- Wen ich sah, und wen an seiner
- Hand erblickte, frage keiner,
- Ewig werd ich dies nur sehn;
- Und von allen Lebensstunden
- Wird nur die wie meine Wunden
- Ewig, heiter offen stehn.
Oder jene Strophe aus dem achten der ‹Geistlichen Lieder›:
- Wenn sie seine Liebe wüßten,
- Alle Menschen würden Christen,
- Ließen alles andre stehn;
- Liebten alle nur den einen,
- Würden alle mit mir weinen
- Und in bitterm Weh vergehn.
Das ist nicht im herkömmlichen Sinn Romantik; es ist orphische Klassik. Mit Recht sagt von ihm Professor Friedrich Hiebel: «Mit ihm begann eine neue Epoche christlicher Existenz, die sich auf dem Boden des Bewusstseins vom reinen Ich gründet. Er lebte uns einen Typus christlicher Jüngerschaft vor, den es bisher nicht gab, seine Sehnsucht nach der Wiederkehr des Goldenen Zeitalters entsprang seiner reinen Botschaft zum Kindsein, zu johanneischer Gotteskindschaft. Das empfanden selbst Menschen, die ihn in seiner Zeit nur ferne ahnten. Wie wären sonst Worte erklärbar, wie sie Otto von Loeben an den Bruder Karl geschrieben hat: Der innerste Geist unserer Zeit hat sich in ihm verkörpert und ist uns dann vorangeschwebt, nach dem Ziel und der wahren Heimat der Menschheit.»
Novalis in der Schilderung Rudolf Steiners
Diese Worte werden uns umso verständlicher, wenn wir frühen Aussagen Rudolf Steiners folgen, mit welchen er im Oktober 1908 eine Rezitationsmatinee eingeleitet hat. «Dieser junge Mann, der mit 29 Jahren den physischen Plan verlassen hat und der dem deutschen Geiste mehr gegeben hat als Hundert und Tausend andere, er hat ein Leben gelebt, das eigentlich die Erinnerung war an ein vorhergehendes.[…] Er sah die Zeit, wo die Seelen der Pflanzen, der Tiere und der Menschen noch Genossen von göttlichen Wesenheiten waren […]. Da schlug ein in dieses Leben der Götter und göttlichen Erdenwesen der Gedanke des Todes, und herunter in die irdische Welt ging die geistige. […] Und er lernt entzaubern, was in den Reichen der Natur schwebt. Das trat in Novalis’ Seele ein, als er in seinem Ewigen mit der Seele seiner Sophie verbunden war – und ihr nachstarb. […] Da hatte er dieses ‹Stirb und werde› erlebt, und da ging ihm auf, was er nennt seinen ‹magischen Idealismus›.»
Bild: Gedenktafel für Sophie von Kühn an der Dorfkirche von Grüningen
Heute, im Jahr seines 250. Geburtsjahres 1772, vermögen wir mit ganz anderen Augen und Ohren die Botschaften seiner Sätze, seiner Märchen, Imaginationen und christlichen Meditationen zu vertiefen. Weder ist er nur Bestandteil der gängigen Literaturgeschichte und ihrer Erforschung wie er nur ein Phänomen mitteleuropäischer Geistigkeit ist. Er ist, was Herman Grimm auch von Raphael sagte: ein globaler, ein interkonfessioneller und kosmopolitischer Botschafter des Höheren, des Besten im Menschen. Er ist Künder reinster Weisheit vom Menschen bis in alle Einzelheiten, ist durchdrungen von einem zukünftigen Christentum. Aus diesen beiden Gründen nenne ich ihn den ‹Schutzgeist der Anthroposophie› überhaupt.
https://dasgoetheanum.com/novalis/ Novalis, ein Schutzgeist MARCUS SCHNEIDER·28. APRIL 2022
Marcus Schneider, born in 1954, studied history, German and piano. He was a class teacher at the Rudolf Steiner School in Basel for 18 years. Busy course and travel activity at home and abroad on music, pedagogy, life issues. Until 2019, director of the Höheren Fachschule Anthroposophische Pädagogik HFAP Dornach and chairman of the Paracelsus branch in Basel. Author of "Enigma and Work of Giuseppe Verdi".
Allianzverträge von Teplitz
[Bearbeiten]w:de:Allianzverträge von Teplitz
Die Allianzverträge von Teplitz wurden am 9. September 1813 zwischen Russland, Österreich und Preußen gegen Napoleon abgeschlossen. Am 3. Oktober 1813 schloss Österreich in Teplice (dt. Teplitz) auch einen Vertrag mit Großbritannien. Damit entstand ein breites Bündnis gegen Frankreich.
Auch Schweden trat der Koalition bei. Damit stand Napoleon erstmals einem bislang nicht gekannten breiten Bündnis gegenüber. Metternich gelang es zudem, Bayern zum Austritt aus dem Rheinbund zu bewegen. Nach der Völkerschlacht von Leipzig schlossen sich weitere 29 deutsche Staaten dem Bündnis an.
Kudlichdenkmal
[Bearbeiten]w:de:Hans Kudlich (Politiker, 1823)
https://www.hans-kudlich.eu/denkmaeler/tschechien/teplitz-schoenau.html
https://www.kulturforum.info/de/kk-magazin/6384-1020379-vor-125-jahren-hans-kudlich-in-teplitz
Königin Judith
[Bearbeiten]Sie war die zweite böhmische Königin nach Świętosława von Polen, der Frau von König Vratislaus II., die den Titel 1085 erhalten hatte. Der Hauptgrund für die Heirat war, dass Judith durch ihren Bruder Landgraf Ludwig II . und seine Frau Judith von Hohenstaufen mit dem neuen deutschen König Friedrich Barbarossa verwandt war.
Vermutlich 1155, zwei Jahre nach der Hochzeit, brachte Judith den ersten Sohn zur Welt. Im Mittelalter wurden die Namen für Babys hauptsächlich von Müttern gewählt, daher war es wahrscheinlich Judiths Idee, den Sohn Přemysl nach dem legendären Gründer der Přemysliden-Dynastie zu benennen. Ein Chronist schrieb über Judith, sie sei von großer Schönheit und Verstand, gebildet in Latein und Politik. Es wird gesagt, dass sie Vladislaus in seiner Abwesenheit oft vertrat. w:en:Judith of Thuringia
- w:de:Swatawa von Polen: Swatawa von Polen (polnisch Świętosława, tschechisch Svatava Polská; * vor 1050; † 1. September 1126) war die zweite Gemahlin des böhmischen Königs Vratislav II. und die erste böhmische Königin. Ostern 1085 erhielt Vratislav II., seit 1055 Herzog von Olmütz, von Heinrich IV. in Mainz die Königskrone ad personam als Vratislav I (erster) König von Böhmen. Im Juni wurde er zusammen mit seiner Ehefrau in Prag vom Trierer Erzbischof Egilbert gekrönt und gesalbt. Nach dem Tod Vratislavs 1092 lebte sie noch 34 Jahre als Witwe in Böhmen. Nachfolger und gesetzlicher Vertreter der Kinder Vladislavs wurde Soběslav I. Swatawa hatte nach dem Tod ihres Mannes sechs nachfolgende Herrscher Böhmens erlebt, darunter drei eigene Söhne als Herzöge und Fürsten von Böhmen. Obwohl keiner dieser Herrscher die Königswürde wiedererlangte, behielt sie zeit ihres Lebens den Titel einer Königin bei.
Die Quellen von Teplitz sollen entsprechend der Sage 762 entdeckt worden sein. Urkundlich wurde die Stadt im 12., die Bäder im 16. Jahrhundert erwähnt. Königin Judith war es, die in den Jahren 1158–1164 etwa an der Stelle des heutigen Schlosses ein Benediktinerinnenkloster „ad aquas calidas“ (bei den warmen Wassern) gründete und es reich ausstattete. Der slawische Wortstamm für „Wärme“ findet sich auch im Ortsnamen wieder sowohl in der tschechischen als auch in der von dieser abgeleiteten deutschen Form. Das Kloster wurde in den Hussitenkriegen zerstört. w:de:Teplice
- Der Name Teplice ist ein alttschechisches Wort und bedeutet "heiße Quelle".
Judith von Thüringen (tschechisch: Judita Durynská; * vermutlich zwischen 1130 und 1135 auf der Wartburg; † 9. September nach 1174) war von 1158 bis 1172 Königin von Böhmen. Judith war die Tochter des Landgrafen Ludwig I. von Thüringen. Sie wuchs auf der Wartburg auf. 1153 heiratete sie den etwa zwanzig Jahre älteren böhmischen Fürsten Vladislav II.
1158 erhielt Vladislav II. von Friedrich Barbarossa für seine Hilfe in Italien die Königskrone. Judiths Krönung ist nicht schriftlich überliefert. Aus den Quellen geht aber hervor, dass ihr der Titel einer Königin zustand und dass sie ihn verwendete. Sie vertrat den Fürsten während seiner Abwesenheit und traf auch eigene, nicht immer populäre Entscheidungen. So setzte sie durch, dass ihre Verwandten Gotpold (1169) und Friedrich (1169–1179) nacheinander das Prager Bischofsamt besetzen konnten.
Judith gründete mit Vladislav mehrere Klöster, unter anderem in den Jahren 1158–1164 das Benediktinerkloster in der nordböhmischen Stadt Teplice. In die Geschichte des Landes ging sie schließlich ein, als in den 1160er Jahren die erste steinerne Brücke über die Moldau gebaut wurde.
Judith trug vierzehn Jahre den Titel einer Königin. Nachdem Vladislav 1172 ohne Zustimmung des Kaisers Friedrich Barbarossa zugunsten seines Sohnes Friedrich auf den Thron verzichtet hatte, wurde er zur Emigration ins Ausland gezwungen. Judith begleitete ihn nach Thüringen. Zwei Jahre später starb er auf Judiths Hochzeitsgut, der Burg Meerane, ohne dass er die Thronbesteigung seines Sohnes Ottokar Přemysl erlebt hätte. Judiths weiteres Schicksal ist unbekannt. Nach einer Analyse ihres Schädels starb sie im hohen Alter von etwa 75 bis 80 Jahren. Sie wurde in Teplitz in der Kirche des von ihr begründeten Klosters bestattet.
Laut den Annales Bohemorum von 1541 des Chronisten Wenceslaus Hajek sollen die Thermalquellen bereits 762 entdeckt worden sein; Die erste authentische Erwähnung der Bäder erfolgte jedoch im 16. Jahrhundert. Die Besiedlung von Trnovany wurde erstmals in einer Urkunde von 1057 dokumentiert, während das eigentliche Teplice erstmals 1154 erwähnt wurde, als Judith von Thüringen , Königingemahlin von König Vladislaus II. von Böhmen , ein Benediktinerkloster in der Nähe der heißen Quellen gründete, das zweite in Böhmen . [3] Um das Kloster herum entstand eine befestigte Stadt, die im Zuge der Hussitenkriege nach 1426 zerstört wurdeSchlacht bei Aussig . Ende des 15. Jahrhunderts ließ die Gemahlin der Königin Johanna von Rožmitál , Ehefrau des Königs Georg von Podiebrad , auf den Ruinen eine Burg errichten. w:en:Teplice
Laut Dalimils Chronik wurde die Königin in einem Kloster in Teplice begraben ; die Chronik erwähnt Judith als ihre Gründerin. Vielleicht hat sie die letzten Jahre ihres Lebens in dieser Stadt verbracht. Die Überreste der Königin wurden in den 1950er Jahren bei archäologischen Untersuchungen der romanischen Basilika und des Klosters in Teplice entdeckt, die Judith zu Beginn der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts gründete (das Kloster verschwand am Ende oder kurz nach dem Ende der Hussitenherrschaft ). Kriege ).
Die Überreste der wahrscheinlichen Königin wurden einer anthropologischen Untersuchung durch den Anthropologen Emanuel Vlček unterzogen . Emanuel Vlček gelang es, die Identität des Schädels mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu bestätigen. Die anderen Teile des Skeletts, deren Identität zunä
chst wahrscheinlich, aber nicht sicher schien, die während der erwähnten archäologischen Forschungen im Kloster Teplice ausgegraben und von dort zur gründlichen Untersuchung mitgenommen wurden, gelten heute leider als verschollen. Die Ergebnisse der Forschung zeigen, dass Judith 80 Jahre alt wurde (andere Umstände weisen auch darauf hin, dass sie nach 1210 starb) und bei ausgezeichneter Gesundheit (z. B. ihre Zähne zeigen keine Anzeichen von Karies). In diesem Fall würde sie noch die Herrschaft ihres ältesten Sohnes Přemysl erleben.
Die Meeraner Burg ist eine abgegangene Burg (Burgstall), da von ihr weder Mauerreste noch archäologische Funde gemacht wurden. Ihr genauer Standort ist unklar.
„Mer“ (Meerane) war im Mittelalter ein bedeutender Ort. Dies wird von einem Historiker des 12. Jahrhunderts und vom Pirnaer Dominikanermönch Johannes Lindner im 16. Jahrhundert überliefert. Hier residierte zeitweise der böhmische Herzog (ab 1158 König) Vladislav II. (* um 1110; † 18. Januar 1174 „in predium Mer“ (Meerane)) mit seiner Frau Jutta (Judith). Jutta war die Tochter des Thüringer Landgrafen Ludwig I. († 12. Januar 1140). Im Jahr 1174 musste Königin Jutta vor ihrem tyrannischen Sohn Sobieslaw nach „Mer“ fliehen und bezog hier (sicher auf der Burg) Residenz. „Mer“ war ihr eigener Besitz. Dies war zugleich die erste Erwähnung von Meerane in Urkunden. Für 1174 ist die Existenz der Burg Meerane belegt.[4] Nach einem Zerwürfnis von Vladislav II. von Böhmen mit dem deutschen Kaiser Friedrich I. (* um 1122; † 1190) nahm Vladislav II. 1173 in „Mer“ auf der Burg seine neue Residenz – außerhalb Böhmens im Exil. Nach nur vier Monaten verstarb Vladislav II. hier 1174 in Meerane.
Meerane wurde vermutlich im 10. Jahrhundert als Grenzort zwischen den sorbischen Distrikten und gegenüber dem erweiterten Reichsgebiet des Ostfrankenreiches unter Heinrich I. gegründet. Das wendische (sorbische) Wort „Mer“ hat die Bedeutung „Grenze“. Der Ort „Mer“ grenzte zu dieser Zeit weiterhin an die Reichsstraße „via imperii“, die in diesem Abschnitt von Altenburg über Ponitz nach Zwickau führte. Für die Meeraner Kirche ist als frühestes Datum das Jahr 1005 überliefert, d. h. die Christianisierung des Gebiets hat sich bis spätestens Ende des 10. Jahrhunderts durchgesetzt.
Die urkundliche Ersterwähnung von Meerane steht im Zusammenhang mit dem Tod des böhmischen Königs Wladislaw II., der im Jahr 1174 nach nur viermonatigem Aufenthalt auf der Burg Mare (Mer) starb. Wladislaw II. war im Jahr 1172 zur Emigration ins Ausland gezwungen worden, nachdem er ohne Zustimmung des Kaisers Friedrich Barbarossa zugunsten seines Sohnes Friedrich auf den Thron verzichtet hatte. Er ging nach Thüringen auf die Güter seiner zweiten Frau Judith von Thüringen, die eine Tochter des Landgrafen Ludwig I. von Thüringen war. Zwei Jahre später starb er auf Judiths Hochzeitsgut, der Burg Meerane, ohne dass er die Thronbesteigung seines Sohnes Ottokar Přemysl erlebt hätte. Judith von Thüringen erhielt nach dem Tod ihres Mannes die Herrschaft Meerane als Witwensitz. Diese kam über die Heirat von Vladislav II. mit seiner ersten Frau Gertrud von Babenberg an Böhmen.
2009: Taucher der Prager Flusspolizei fanden aller Wahrscheinlichkeit nach den vierten Pfeiler der alten Judithbrücke im Wasser der Moldau von der Seite der Insel Kampa - die erste Prager Steinbrücke, die 1342 durch eine Flut zerstört wurde. Die Polizei trainiert regelmäßig an der Moldau, daher beschlossen die Archäologen, sich mit ihnen zusammenzuschließen. Die Judithbrücke wurde 1170 erbaut und befand sich wenige Meter flussabwärts von der heutigen Karlsbrücke. Seine Länge betrug ungefähr 514 Meter und er ruhte auf 20 Pfeilern. Archäologen planen, die Position und die Abmessungen des Pfeilers genau zu vermessen, damit die Konstruktion der alten Brücke und der Abstand zwischen ihren Bögen bestimmt werden können. Von der Yuditina-Brücke, die beim Wiederaufbau am Fluss Chertovka entdeckt wurde, ist nur ein Bogen in Malaya Strana erhalten geblieben.
https://www.votpusk.ru/news.asp?msg=255608
1172 musste Vladislav II. zugunsten des ältesten Sohnes aus erster Ehe, Friedrich (Berjiha) , abdanken und ging selbst ins Exil. Jutta folgte ihm mit den Kindern. Sie fanden Zuflucht in Thüringen , der Geburtsstadt von Jutta. Vladislav starb 1174.
Das weitere Schicksal von Jutta ist unbekannt, ebenso ist unbekannt, wo und wann sie starb. Die Überreste von Judit wurden jedoch Mitte des 20. Jahrhunderts im Kloster Teplice entdeckt , das sie wahrscheinlich gegründet hatte. Laut einer anthropologischen Studie von Emanuel Vlcek wurde Jutta 75–80 Jahre alt und starb möglicherweise nach 1210. Damit gelang es ihr, die erfolgreiche Regentschaft ihres ältesten Sohnes Přemysl Ottokar abzufangen. Premysl Ottokar I. (1155/1170 - 15. Dezember 1230), Fürst von Böhmen 1192-1193, 1197-1198, König von Böhmen ab 1198
w:ru:Ютта Тюрингская (королева Чехии)
Johann Wolfgang
[Bearbeiten]geb. 1832
Gymnasialprofessor
1854 anwesend bei der Lindenpflanzung durch Sissi und den Kaiser in Teplitz
Gustav Karl Wilhelm
[Bearbeiten]geb. 1881
Gymnasialprofessor
Hochzeit 1910 mit Sophie
1911 Marie geb. (Mariechen)
1912 Kurt geboren
1913 Artur geb. (verhungert 1917)
1914 Heinz geb. (verhungert 1917)
Kriegsbrot, Volksschuhe und Wärmestuben
Verwaltung des Mangels
Ein Volk von Bettlern
Amt für Volksernährung
Die Zentralen waren auf gesamtstaatlicher Ebene für die Rohstoffbeschaffung im In- und Ausland sowie deren Verteilung zuständig. Bis Herbst 1917 entstanden 91 solcher Kriegszentralen, wobei allein 20 davon auf die Bereiche Landwirtschaft sowie Nahrungs- und Lebensmittelindustrie fielen, wie die Zuckerzentrale oder die Kriegskaffeezentrale.
Die erste für die Lebensmittelwirtschaft bedeutende dieser Zentralen, war die Kriegs-Getreide-Verkehrsanstalt“, deren Gründung am 27. Jänner 1915 im Reichsgesetzesblatt veröffentlicht wurde:
- „§1 Die zur geschäftlichen Durchführung der Aufteilung der Vorräte an Getreide und Mahlprodukten bestimmte Getreide-Verkehrsanstalt führt die Firma „Kriegs-Getreide-Verkehrsanstalt“ und hat ihren Sitz in Wien. [...]“
Die Grazer Zweigstelle wurde im September 1916 errichtet. Sie war für die Beschaffung von Getreide im gesamten Kronland zuständig. Dazu gehörten, die rechtzeitige Einbringung der Ernte, der Ankauf von Getreide, die Durchführung des Drusches und der Weiterverkauf. Alles musste über die Kriegsgetreideverkehrsanstalt, kurz K.G.V. genannt, abgewickelt werden. Ebenso fielen die Kontrollen der Mühlen in ihren Aufgabenbereich. Um den florierenden Schwarzmarkt zu unterbinden, wurden kleine Hausmühlen auf Anordnung der K.G.V. geschlossen.
Die zweite wichtige Institution war das im November 1916 geschaffene Amt für Volksernährung. Es war für alle mit Ernährung zusammenhängenden Angelegenheiten zuständig. Das Amt unterstand direkt dem Ministerpräsidenten210 und hatte zusätzlich ein 40- köpfiges Beratungskomitee, den Ernährungsrat, an seiner Seite stehen. Diese Zentralstelle für alle Ernährungsangelegenheiten, der von nun an alle Anstalten zur Bewirtschaftung von Lebensmitteln und Tierfutter unterstanden, sollte die bisherige Zersplitterung in die einzelnen Ressorts beseitigen und ein effektiveres Arbeiten ermöglichen. Das Amt war bemächtigt Vorschriften über die Erzeugung, Verarbeitung, Verteilung sowie über die Preisgestaltung zu erlassen. Im Endeffekt konnte es die Erwartungen nicht erfüllen. Es entpuppte sich als komplizierter Behördenapparat in dem sich die Landes-, Bezirks-, und Gemeindewirtschaftsämter, Ernährungsinspektoren sowie Ernährungsrat nicht selten gegenseitig behinderten. Außerdem steckte die österreichische Hälfte der k.u.k. Monarchie im Jahr 1916 bereits in solch tiefgreifenden Versorgungsproblemen, dass sich diese nicht mehr durch ein koordiniertes Vorgehen und eine gleichmäßige Verteilung beseitigen ließen.
https://unipub.uni-graz.at/obvugrhs/download/pdf/5267273?originalFilename=true
Freund Artur Haberzetil Teplitz - Baumeister, Architekt, im Krieg Oberleutnant, schwer verwundet
Freund Julius Klausnitzer Teplitz - Baumeister, Ing. - im Krieg Oberleutnant
Freund Emil Kraus Teplitz gefallen 7. August 1918 in Durazzo (der italienische Name der albanischen Hafenstadt w:de:Durrës)
Mit der Melasseverteilung zur Melassefuttererzeugung betraut das Ministerium für Volksverpflegung die Landesgetreideanstalten in Prag, Brünn und Troppau.
Mit dem langersehnten Frieden hatten die Menschen auf eine rasche Verbesserung der Lebensmittelversorgung gehofft, jedoch war genau das Gegenteil der Fall.
Landesgetreideverkehrsanstalt
aus Mangel an Heizmaterial werden die Allee-Bäume gefällt
w:de:Demonstration der Sudetendeutschen am 4. März 1919
Die Opfer des 4. März 1919 erhielten keine Entschädigung, die Schützen wurden nicht ermittelt und bestraft. Für die Sudetendeutschen wurde der 4. März als „Tag der Selbstbestimmung“ zu einem Gedenktag, der nach dem Münchner Abkommen 1938 von den NS-Machthabern vereinnahmt und propagandistisch missbraucht wurde.
Gustav sammelte Spenden für die Opfer - in seinem Kegelverein, in seiner Billard-Runde etc.
März 1919 Rauswurf aus Dienst und Dienstwohnung, Verhaftung
März 1919 [angeblicher] erweiterter Selbstmord der Frau Sophie geb. 1889 keine dreißig Jahre mit Marie (1911) und Kurt (1912) - werden auch zu den Märzgefallenen gerechnet
- 1917/18 zwei Kleinkinder verhungert - Artur und Heinz
zwei Engel auf dem evangelischen Friedhof Teplitz - bis 1967 noch vorhanden, danach gestohlen - auch eine Stickerei nach den Engeln wurde "abgeschwatzt"
1920 Paula geheiratet (1898 geb.)
Familienkoffer mit den wichtigsten Papieren
Rudolf Schröter
[Bearbeiten]w:de:Rudolf Schröter (Glasgestalter) - wurde nach 1945 nicht die tschechische Staatsbürgerschaft entzogen
1917
[Bearbeiten]Die Schlacht bei Zborów (tschech. bitva u Zborova, ukr. Зборівська битва 1917) am 1. und 2. Juli 1917 war neben den Angriff auf Kalusz die einzige Operation der Kerenski-Offensive, die für Russland erfolgreich verlief. Es gelang dabei der russischen 11. Armee unter General Iwan Georgijewitsch Erdeli einen Durchbruch der Front der österreichisch-ungarischen 2. Armee zu erreichen.
Während des Angriffes bewährten sich auf russischer Seite die erstmals eingesetzten Tschechoslowakischen Legionen. Ihr erfolgreicher Einsatz bildete nach dem Ende des Ersten Weltkrieges einen Grundstein des tschechoslowakischen Patriotismus und legitimierte auch die nationale Staatsbildung.
Der militärische Erfolg hatte keinerlei Wirkung auf die Kerenski-Offensive der Russen, die insgesamt verloren ging. Der Sieg in diesem Gefecht gab jedoch der Führung des tschechischen und slowakischen Widerstands erheblichen Rückenwind.
Der Erfolg der tschechoslowakischen Einheiten war derart überraschend, dass die russische provisorische Regierung danach jegliche Einschränkung aufhob, neue Einheiten aus tschechischen und slowakischen Kriegsgefangenen zu formieren.
Darüber hinaus hörten die Tschechen in Österreich-Ungarn erstmals, dass tschechische Widerständler auf Seiten der Entente kämpften. Jedoch zensierten die Behörden jeglichen Hinweis auf tschechische Freiwillige im Kampf gegen die Mittelmächte. Allerdings forderten einige Politiker Österreich-Ungarns nach dem überraschenden Sieg, nach angeblichen Hochverratsfällen in den regulären tschechischen Einheiten der k.u.k. Armee zu suchen, was indirekt den Sieg der Legionäre in der gesamten Monarchie bekannt machte.
Nach dem Krieg wurde die Schlacht dazu benutzt, den militärischen Heldenkult um die Tschechoslowakischen Legionen zu inszenieren, welcher einen der patriotischen Ecksteine des neuen Tschechoslowakischen Staates bildete. Während der deutschen Besetzung der Tschechoslowakei 1939–45 sowie nach der Machtübernahme der Kommunisten 1948 wurde die Geschichte verschwiegen oder ignoriert.
In der Schlacht bei Zborow kämpften auf gegnerischen Seiten zwei spätere tschechoslowakische Präsidenten: Klement Gottwald auf österreichischer und Ludvík Svoboda auf russischer Seite.
Bei Zborow kämpfte das 1. Schützenregiment noch unter dem Namen Regiment Svatý Václav (‚Regiment Hl. Wenzel‘). Nach der Schlacht, als Tomáš Garrigue Masaryk die Soldaten besuchte, gestattete er als Präsident des Tschechoslowakischen Nationalrates sich in Regiment Mistr Jan Hus (‚Regiment Magister Jan Hus‘) umzubenennen. Gemeinsam wurden die o. g. Regimenter durch die russische Führung mit dem Ehrennamen Regiment 18. Juni (nach dem gregorianischen Datum der Schlacht) geehrt und mit den Ehrenbändern des Sankt-Georgs-Orden für die Truppenfahne ausgezeichnet.
Tomáš G. Masaryk bemühte sich nach Zborow um die Vergrößerung der ersten Brigade um weitere zwei Regimenter (das o. g. 3. Regiment Jan Žižka z Trocnova und das 4. Regiment Prokop Holý Veliký) und der Gründung einer zweiten Division, deren erstes Schützenregiment nach ihm benannt wurde (5. Regiment T. G. Masaryk). Ebenso entstanden das Kavallerieregiment Jan Jiskra z Brandýsa und das Kavallerieregiment Nitraer Kosaken aufgrund Masaryks Verhandlungen. Bei der Abreise Masaryks aus Sibirien (7. März 1918) entstand bereits die dritte Division, und das 9. Schützenregiment Jan Sladký Kozina z Hrádku und das 10. Schützenregiment Karel Havlíček Borovský. Als Masaryk in Wladiwostok als Quartiermeister der tschechischen Legionäre eintraf, kämpften diese bereits mit zwölf Schützenregimentern und zwei Panzerzügen.
Noch vor der Schlacht, die in der Nähe des ukrainischen Dorfes Zborov stattfand , wurden zwei später bedeutende tschechoslowakische Generäle , Jan Syrový (Auge verloren) und Otakar Husák , während des Artillerietrainings schwer verletzt .
Drei zukünftige tschechoslowakische Präsidenten werden mit der Schlacht in Verbindung gebracht . Während T. G. Masaryk die Schlacht von St. Petersburg aus mit Hilfe von Telegrammen und Kriegsnachrichten verfolgte, nahm Ludvík Svoboda als Legionär im Feld daran teil. Als Angehöriger der österreichisch-ungarischen Armee nahm Klement Gottwald nach Angaben des Historischen Instituts der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik wahrscheinlich an der Schlacht teil . [1] Die Anwesenheit von Klement Gottwald in der Schlacht kann jedoch nach zeitgenössischen Quellen nicht bestätigt werden. Laut der Historikerin Lenka Bobíková wurde er im Juni 1917 an der Ostfront verwundet und kehrte erst im August desselben Jahres aus dem Krankenhaus in Marmaros-Sighet zurück.
General Alexei Alexejevič Brusilov , ehrte die tschechoslowakischen Legionäre, indem er sich danach vor ihrem Kommandanten T. G. Masaryk verneigteMann , bis zur Hüfte.
Die Schlacht bei Zborov wurde zum Symbol des vorbildlichen Heldentums der tschechoslowakischen Soldaten in der Zwischenkriegszeit. Zu Ehren der Teilnehmer wurden Denkmäler errichtet, Bücher geschrieben und ein Film gedreht. 1937 wurde der Schlacht durch die Ausgabe einer tschechoslowakischen Briefmarke gedacht (Autoren: Jindřich Vlček , Bohumil Heinz ).
Unvollständige Liste:
- Filmchöre ( 1938)
- Denkmal in Prag 4 - Spořilov
- Denkmal in Prag 4 - Nuslích , Unter Nuselská sokolovná
- Denkmal in Blansko
- Denkmal in České Budějovice
- Denkmal in Kalynivka
Vor der Schlacht von Zborover wurde schwer verwundet. Nach seiner Genesung war er Kommandant des ersten Schiffstransports von Legionären auf der Nordroute von Archangelsk (Abfahrt am 15. Oktober 1917) nach Frankreich, wo er als Bataillonskommandant an der Schlacht bei Terron teilnahm . w:cs:Otakar Husák
1919
[Bearbeiten]Vom 11. Dezember 1918 bis 3. Februar 1919 war Žilina Sitz der ersten (vorübergehenden) slowakischen Regierung innerhalb der Tschechoslowakei unter dem Vorsitz Vavro Šrobárs.
w:de:Žilina: Žilina (deutsch Sillein oder Silein, ungarisch Zsolna, polnisch Żylina, lateinisch Solna) ist eine wichtige Industriestadt und Zentrum der Nordwest-Slowakei.
1. Januar: Verbände der Tschechoslowakischen Legionen besetzen gegen den Protest der Bevölkerung die ungarische Stadt Preßburg. Am 4. Februar zieht die tschechoslowakische Regierung, die bisher ihren Sitz in Žilina hatte, in die Stadt ein. Am 12. Februar findet eine Demonstration gegen die Besetzer statt, die von tschechoslowakischen Einheiten blutig niedergeschlagen wird. Am 6. März wird die Stadt endgültig in Bratislava umbenannt.
1945
[Bearbeiten]Gajda wurde am 12. Mai 1945 inhaftiert und 1947 zu zwei Jahren Haft verurteilt . In der Urteilsbegründung tauchte nichts auf, was seine Kollaboration mit den Nazis bezeugen würde, er wurde wegen seiner Aktivitäten während der Zweiten Republik, der Förderung des tschechischen Faschismus und der Annahme einer Position im Tschechischen Nationalkomitee verurteilt. Der Staatsanwalt in seinem Fall war Josef Urválek , der eine lebenslange Haftstrafe für ihn vorschlug. Nach Anrechnung der Untersuchungshaft wurde er sofort freigelassen. Im Untersuchungsgefängnis wurde er gefoltert, durch die grausame Behandlung verlor er praktisch sein Augenlicht. Er starb am 15. April 1948 an Leukämie.
w:cs:Radola Gajda: Als russischer Legionär befehligte er praktisch den gesamten Südabschnitt der tschechoslowakischen Brigade in der Schlacht bei Zborov am 2. Juli 1917. Im Mai 1918 befehligte er das 7. Tatransk-Schützenregiment, mit dem er Mariinsk und Novonikolajevsk eroberte. Er wurde Kommandeur der Ostgruppe, die Irkutsk am 11. Juli 1918 eroberte . Im August 1918 überquerte er den Baikalsee und schloss sich der Wladiwostok-Gruppe der Tschechen an. Chor. Im September 1918 wurde er zum Generalmajor befördert. Er stand in engem Kontakt mit Admiral Kolchak, der sogar Gajda als Befehlshaber der Operation zur Eroberung Moskaus vorschlug.
1948
[Bearbeiten]Während des Zweiten Weltkriegs nahm Janoušek am tschechoslowakischen Widerstand gegen die Nazi-Besatzung teil, bevor er nach Frankreich und Großbritannien flog, wo er tschechoslowakische Einheiten mit der britischen Royal Air Force organisierte. Er wurde in den Rang eines Air Vice-Marshal befördert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg diente er in der tschechoslowakischen Armee, wurde dann verhaftet und im November 1948 zu 19 Jahren Gefängnis verurteilt. 1950 wurde Janouszka des Fluchtversuchs angeklagt und zu lebenslanger Haft verurteilt. Janoushkas Haft dauerte schließlich 12 Jahre, in denen er die schlimmsten Gefängnisse des Landes besuchte, darunter Leopold - dieser Ort galt wie die Lager in den Uranminen in Jachymov als das schlimmste Gefängnis, viele Gefangene starben an den Folgen der harten Bedingungen.
1949
[Bearbeiten]Am Ende des Krieges wurde er von der UdSSR mit der weiteren Koordinierung der Luftabwürfe von Material für den Widerstand im Protektorat Böhmen und Mähren betraut . Aus diesem Grund zog er von London in das befreite Košice . In seiner Eigenschaft als Koordinator stellte er jedoch bald fest, dass die sowjetische Seite wenig Interesse daran hatte, den nationalen Widerstand in den tschechischen Ländern zu stärken.
Nach dem Krieg erhielt er als Offizier der HŠ-Nachrichtenabteilung Berichte von überlebenden Fallschirmjägern aus Spezialoperationen und bereitete gleichzeitig die Schaffung der ersten tschechoslowakischen Luftlandeeinheiten, der sogenannten Luftlandeeinheiten ( JDV) vor. 1948 wurde er, bereits im Rang eines Brigadegenerals, zum Kommandeur der Luftlandetruppen ernannt.
Im November 1949 wurde er zusammen mit seinem Stabschef Rudolf Krzák verhaftet und unter erfundenen Anklagen zu 9 Jahren Gefängnis, Degradierung , Verlust der Bürgerrechte für zehn Jahre, Beschlagnahme der meisten seiner eigenen verurteilt Eigentum und eine Geldstrafe. Seine Strafe verbüßte er zuerst in Pilsen Bory und dann in Leopoldov. 1952 wurde sein Verfahren wieder aufgenommen und Karel Paleček in einem nichtöffentlichen Prozess freigesprochen und freigelassen.
Er starb am 12. März 1962 nach mehreren schwierigen Operationen.
w:cs:Karel Paleček: Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde er in die österreichisch-ungarische Armee eingezogen und ging in den Reihen des 35. Regiments an die russische Front. Er kämpfte in Galizien und in Russland . Dort überlief er im September 1916 und trat am 1. Dezember 1916 in die tschechoslowakischen Legionen ein, mit denen er die Schlacht bei Zborov und die Durchquerung Sibiriens erlebte .
- ↑ Der Verfasser dieses Aufsatzes, der sich als Knabe schon für Seume’s herrliches Wesen begeisterte, hat seinem Herzen zur Genüge sich mit seinem Landsmanne und Freunde, dem für alles echte Menschen- und Deutschthum warm fühlenden Herausgeber der Gartenlaube, verbunden, um den Manen des herrlichen Seume an dem neuen Hause, welches neuerdings an der Stätte erbaut worden ist, wo die arme, kleine, baufällige Hütte stand, in welcher Seume geboren wurde, eine Votivtafel aufzuhängen. Wir glauben damit im Sinne und gewissermaßen im Auftrage aller wackern Deutschen gehandelt zu haben. Die Tafel führt die Inschrift: Geburtsstätte/ des Dichters/ Johann Gottfried Seume,/ geb. 29. Januar 1763,/ gest. 13. Juni 1810./ Natur-, Menschen-, Vaterlandsfreund./ Rauhe Schale, edler Kern.+ Ludwig Storch: Zu Seume’s hundertjährigem Geburtstag, 29. Januar 1863. Die Gartenlaube, Heft 4, S. 59–62. Herausgeber: Ernst Keil.