Projekt:Klimaskepsis/Kosmische Strahlen

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Argument[Bearbeiten]

Im Zusammenspiel von Sonnen- und kosmischer Strahlung verändert sich die Wolkenbedeckung. Seit einigen Jahrzehnten nimmt diese Bedeckung ab, was die wahre Ursache für die Erderwärmung ist.

Kurze Antwort[Bearbeiten]

Es gibt keinen Trend bei der kosmischen Strahlung und keinen Trend bei der Wolkenbedeckung. Ohne Trend können beide Faktoren nicht für die Erderwärmung verantwortlich sein. Zudem fehlt der Nachweis eines kausalen Wirkungszusammenhangs zwischen kosmischer Strahlung und Wolkenbildung, und ohne einen solchen beweisbaren Effekt fehlt ein zentrales Element, um der Hypothese zustimmen zu können.

Lange Antwort[Bearbeiten]

Temperaturen und galaktische kosmische Strahlung im Phanerozoikum nach Shaviv. GCR rot Temperatur schwarz
Galaktische kosmische Strahlung und gemessene globale Temperatur von 1951 bis 2006
Bei hoher Sonnenaktivität wird die galaktische kosmische Strahlung von der Erde stärker abgeschirmt, Verlauf der Sonnenaktivität seit 1975

Ein Zusammenhang zwischen der Bildung von Wolken und der galaktischen kosmischen Strahlung (GCR) war bereits in den 1970er Jahren in den USA diskutiert worden.[1] In den 1990er Jahren behauptete der Physiker Henrik Svensmark, eine signifikante negative Korrelation zwischen Erderwärmung und kosmischen Strahlen nachweisen zu können. Erhöhte Sonnenaktivität verringere nämlich die Intensität kosmischer Strahlung, die wiederum durch ihre ionisierende Wirkung bedeutenden Anteil an der Wolkenbildung in der unteren Atmosphäre habe.[2] [3] Svensmark und seinem Kollegen Eigil Friis-Christensen zufolge lasse sich für die letzten Jahrzehnte eine bedeutende Korrelation finden, wenn Daten für die Troposphärentemperatur statt für bodennahe Temperaturen herangezogen werden. Die Troposphärentemperatur habe sich in den vergangenen 10 Jahren kaum mehr erhöht, was damit zusammenfalle, dass sich auch die derzeit hohe magnetische Aktivität der Sonne nicht weiter erhöhe.[4]

Sind also die kosmischen Strahlen durch ihr Zusammenspiel mit der Sonnenaktivität Antreiber des Klimawandels?

Nein. Die von Svensmark angenommene Korrelation von Temperatur und kosmischer Strahlung wurde unter anderem als „lediglich indikativ“[5] sowie als „irreführend“[6] kritisiert. Es fehle ein messbarer Effekt auf die Wolkenbildung[7] wie auf den Temperaturverlauf.[8] In den Jahren 1951–2006 (vergleiche Bilddarstellung) zeigen die Lufttemperaturen einen kontinuierlichen Trend, der bei der kosmischen Strahlung aber fehlt.[9] Nach Kasting wäre die These auch deswegen „highly speculative and, furthermore, the mechanism is unlikely to work as well as the proposer thinks it will.“[10]

Was Lockwood und Friis-Christensen ihrerseits herausgefunden haben, ist eine starke Korrelation zwischen kosmischer Strahlung und der Troposphärentemperatur ohne Einflüsse wie El Ninos und Vulkanausbrüche und nachdem die Temperaturserie um den Erwärmungstrend von 0,14°C pro Jahrzehnt „korrigiert“ wurde. Sie haben also genau den anthropogenen Anteil an der Erderwärmung herausgenommen und dann gezeigt, dass die verbliebenen, natürlichen Schwankungen vom Zusammenspiel der Sonne mit kosmischer Strahlung herrühren könnten. Mit anderen Worten: Sie haben belegt, dass die globale Erwärmung nicht von kosmischen Strahlen verursacht ist.[11]

Einer Reihe von Studien zufolge gibt es bislang keine Belege für eine Verbindung zwischen kosmischer Strahlung und der globalen Erwärmung. Im Gegenteil gibt es gibt zahlreiche Studien, welche die behauptete Verbindung von kosmischer Strahlung und Erdtemperatur widerlegen oder auf erhebliche Probleme mit der Hypothese hinweisen. Eine neuere Untersuchung von Lockwood und Fröhlich beispielsweise verneint zumindest für die letzten 20 Jahre eindeutig einen Zusammenhang zwischen Solaraktivität und Erdtemperatur, ganz gleich welcher der bekannten Mechanismen (was kosmische Strahlen einschließt) dafür herangezogen wird.[12] Das größte Problem ist die Annahme, dass sich signifikante Trends bei der Wolkenbedeckung zeigen ließen.[6] Das International Satellite Cloud Climatology Project (ISCCP) sammelt und wertet Satellitendaten über eben diese aus. Eine Analyse dieser Daten kam 2007 zu dem Schluss, dass in früheren Datensätzen gezeigte, negative Trends der Bewölkung in Wirklichkeit Datenartefakte sind.[7] Die gleichen Daten verwendet noch eine weitere Studie, welche damit einen zuvor behaupteten Zusammenhang zwischen niedriger Wolkenbedeckung und einem Sonnenfleckenzyklus widerlegt.[8]. Bei einer Untersuchung, in welcher der Zeitraum von 1980 bis 2006 betrachtet wurde, wurden die größten Veränderungen in der Wolkenbedeckung in äquatorialen Breiten festgestellt, die mit dem Auftreten von El Nino und La Nina-Ereignissen gekoppelt sind. Weitere Änderungen sind regional begrenzt, ein globaler Trend bei der Wolkenbedeckung ist also nicht feststellbar.[13] Regionale Variationen können dabei möglicherweise auch mit der globalen Erwärmung selbst erklärt werden: Die durch die zunehmenden Treibhausgase steigenden Temperaturen können ihrerseits wiederum Einfluss auf die Wolkenbedeckung nehmen. Eine solche positive Rückkopplung ist für den nordöstlichen Pazifik festgestellt worden.[14] Bei einer statistischen Auswertung von 22 Forbush-Ereignissen (bei denen es zu einem plötzlichen Abfall in die Atmosphäre gelangender kosmischer Strahlung kommt, hervorgerufen durch Sonneneruptionen) konnte keine statistisch signifikante Reaktion der Wolkendecke festgestellt werden.[15]

Einige neuere Studien konnten dem gegenüber leichte Hinweise auf einen minimalen Zusammenhang zwischen kosmischer Strahlung und Klima herausarbeiten, der aber deutlich zu gering ist um eine Rolle bei der globalen Erwärmung zu spielen. Dabei konnte eine von kosmischen Strahlen herrührende und im Einklang mit dem Sonnenfleckenzyklus stehende zyklische Iniosierungsrate in der Atmosphäre zwischen 1956 und 2002 aufgezeigt werden. Der Zyklus der kosmischen Strahlen tritt den Autoren zufolge mit einer Verzögerung von 2 bis 4 Jahren gegenüber der Sonnenaktivität auf, wohingegen die im langfristigen Erwärmungstrend auffindbare, ebenfalls zyklische Schwankung der Lufttemperatur keine Verzögerung gegenüber dem Sonnenfleckenzyklus aufweist. Es liege daher nahe, so die Autoren, dass die Sonnenaktivität und nicht die kosmischen Strahlen der dominierende der beiden Effekte ist. Selbst unter der Anname, es liege eine kausale Verbindung vor, müssten die festgestellten Effekte weniger als 0,07°C zur seitdem aufgetretenen Erwärmung beigetragen haben, ein Anteil von unter 14%.[16] Beim Versuch, den Effekt der kosmischen Strahlung auf die Bildung von wolkenbildenden Teilchen zu quantifizieren, kamem zwei Wissenschaftler der Carnegie Mellon University dann zu dem Schluss, dass der dieser mindestens um den Faktor 100 zu klein ist, um eine nennenswerte Rolle zu spielen.[17] Messungen an einer finnischen Wetterstation über einen gesamten Sonnenzyklus von 1996 bis 2008 bestätigten, dass es sich allenfalls um einen sehr schwachen Effekt handeln kann. Die Rate, mit der sich Aerosole im Beobachtungsraum bildeten, zeigte keine Korrelation mit den gemessenen Werten kosmischer Strahlung und der von ihr ausgehenden Ionisierungsrate. Die Bildung von Aerosolen durch Ionen trage zu weniger als 10% zur allgemeinen Bildung neuer Partikel bei.[18]

Zitate[Bearbeiten]

  • „Here we show that trends observed in the ISCCP data are satellite viewing geometry artifacts and are not related to physical changes in the atmosphere. Our results suggest that in its current form, the ISCCP data may not be appropriate for certain long-term global studies, especially those focused on trends.“ Evan et al. 2007[7]
  • „Here we show that over the past 20 years, all the trends in the Sun that could have had an influence on the Earth’s climate have been in the opposite direction to that required to explain the observed rise in global mean temperatures. [...] Our results show that the observed rapid rise in global mean temperatures seen after 1985 cannot be ascribed to solar variability, whichever of the mechanisms is invoked and no matter how much the solar variation is amplified.“ Lockwood und Fröhlich 2007[12]
  • „The overall conclusion, built on a series of independent statistical tests, is that no clear cosmic ray signal associated with Forbush decrease events [i.e. the response of clouds to sudden decreases in the flux of galactic cosmic rays (GCR)] is found in highly susceptible marine low clouds over the southern hemisphere oceans.“ Kristjánsson et al. 2008[15]
  • „In our simulations, changes in CCN [condensation nuclei concentrations] from changes in cosmic rays during a solar cycle are two orders of magnitude too small to account for the observed changes in cloud properties; consequently, we conclude that the hypothesized effect is too small to play a significant role in current climate change.“ Pierce und Adams 2009[17]
  • „Our main conclusion is that galactic cosmic rays appear to play a minor role for atmospheric aerosol formation, and so for the connected aerosol-climate effects as well.“ Kulmala et al. 2009[18]

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Robert E. Dickinson, Solar variability and the lower atmosphere, Bulletin of the American Meteorological Society (PDF), 12/1975, Bd. 56, Ausgabe 12, S. 1240–1248, doi 10.1175/1520-0477(1975)056<1240:SVATLA>2.0.CO;2
  2. Henrik Svensmark (1998): Influence of Cosmic Rays on Earth's Climate, in: Physical Review Letters, Vol. 81, S. 5027–5030, doi:10.1103/PhysRevLett.81.5027 (PDF)
  3. Danish National Space Center: A brief summary of cosmoclimatology
  4. H. Svensmark und E. Friis-Christensen: Reply to Lockwood and Fröhlich - The persistent role of the Sun in climate forcing (PDF)
  5. Usoskin, I. G. & Kovaltsov, G. A. (2008):Cosmic rays and climate of the Earth: Possible connection.C. R. Geoscience 340: 441–450.doi:10.1016/j.crte.2007.11.001
  6. 6,0 6,1 Laut, Peter (2003): Solar activity and terrestrial climate: an analysis of some purported correlations, in: Journal of Atmospheric and Solar-Terrestrial Physics, Vol. 65, S. 801– 812, doi:10.1016/S1364-6826(03)00041-5 (PDF)
  7. 7,0 7,1 7,2 Evan, Amato T., Andrew K. Heidinger und Daniel J. Vimont: Arguments against a physical long-term trend in global ISCCP cloud amounts, in: Geophysical Research Letters, Vol. 34, 2007, L04701, doi:10.1029/2006GL028083
  8. 8,0 8,1 Sloan, T. und A.W. Wolfendale (2008): Testing the proposed causal link between cosmic rays and cloud cover, in: Environ. Res. Lett., Vol. 3, 024001, doi:10.1088/1748-9326/3/2/024001 (PDF, preprint), Gegenargumentation unter anderem bei Is the causal link between cosmic rays and cloud cover really dead?? 11. April 2008
  9. Richardson, I. G., Cliver, E. W. & Cane, H. V. (2002):Long-term trends in interplanetary magnetic field strength and solar wind structure during the twentieth century. J. Geophys. Res., 107(A10), 1304, doi:10.1029/2001JA000507
  10. Kasting, J. F. (2005): Methane and climate during the Precambrian era. Precambrian Research, 137: 119–129.
  11. SkepticalScience.com: Svensmark and Friis-Christensen rebut Lockwood's solar paper vom 8. Oktober 2007
  12. 12,0 12,1 M. Lockwood und C. Fröhlich (2007): Recent oppositely directed trends in solar climate forcings and the global mean surface air temperature, in: Proceedings of the Royal Society A, doi:10.1098/rspa.2007.1880 (PDF)
  13. J. R. Herman, G. Labow, N. C. Hsu, D. Larko (2009): Changes in cloud and aerosol cover (1980–2006) from reflectivity time series using SeaWiFS, N7-TOMS, EP-TOMS, SBUV-2, and OMI radiance data. In: J. Geophys. Res., 114, D01201, doi:10.1029/2007JD009508
  14. Amy C. Clement, Robert Burgman, Joel R. Norris (2009): Observational and Model Evidence for Positive Low-Level Cloud Feedback. In: Science, 24 July 2009, Vol. 325. no. 5939, pp. 460-464, doi:10.1126/science.1171255
  15. 15,0 15,1 Kristjánsson, J.E.; Stjern, C. W.; Stordal, F. et al. (2008): Cosmic rays, cloud condensation nuclei and clouds – a reassessment using MODIS data. In: Atmospheric Chemistry and Physics, 8, S. 7373–7387 (PDF)
  16. Erlykin, A.D.; Sloan, T.; Wolfendale, A.W. (2009): Solar activity and the mean global temperature. In: Environmental Research Letters, Vol. 4, 014006, doi:10.1088/1748-9326/4/1/014006 (PDF)
  17. 17,0 17,1 Pierce, J. R.; P. J. Adams (2009): Can cosmic rays affect cloud condensation nuclei by altering new particle formation rates? In: Geophys. Res. Lett., 36, L09820, doi:10.1029/2009GL037946
  18. 18,0 18,1 Kulmala, M.; I. Riipinen; T. Nieminen et al. (2009): Atmospheric data over a solar cycle: no connection between galactic cosmic rays and new particle formation, in: Atmos. Chem. Phys. Discuss., 9, S. 21525–21560, (PDF)