Projekt Diskussion:Pathologien der Religion

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Hier ist der Platz für Fragen, Anregungen, Kommentare aller Art zu dem Projekt "Pathologien der Religion".

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Sirius am 13. Okt. 2006[Bearbeiten]

Was dein Projekt angeht... gibt es dazu eine Art Arbeitsseite? Habe bisher nur solche Vorschlagsseiten gefunden... Wenn ich mithelfe, kann ich aber nich mit psychologischem/psychoanalytischem Wissen dienen, falls du so was vorraussetzt, dein Artikel in der Wikipedia hat doch einen argen Einschlag in diese Richtung... --Sirius 11:42, 13. Okt. 2006 (CEST) (Hierher kopiert von meiner Benutzer-Diskussionsseite --Almeida 12:38, 13. Okt. 2006 (CEST))[Beantworten]

Danke für Deinen Hinweis - jetzt habe ich hier eine erste Arbeitsseite eingerichtet. Bei einem interdisziplinären Projekt ist es ja immer so, dass man sich die Arbeit aufteilt und vorwiegend Anregungen aus seiner Fachrichtung einbringt.
Aber soweit sind wir noch gar nicht. In diesem frühen Stadium des Projekts bin ich dankbar für alle Fragen, Gedanken, Anregungen und Hinweise dazu - da reicht erstmal die Lebenserfahrung und der gesunde Menschenverstand. Ich stelle mir diese erste Phase wie ein Brainstorming vor, und jeder (wirklich jeder) hier in der Wikiversity kann mitmachen!

Zielvorstellung[Bearbeiten]

Vielleicht sollte man sich ersteinmal über die Fragen unterhalten, welche das Projekt versuchen soll, zu beantworten... Der Titel "Pathologien der Religionen" lässt viele Wege der Religionskritik übrig... wenn man sich fragt, inwiefern Religion pathologische Züge tragen, kommt man schnell in den bereich der Kleinstuntersuchungen, deren Relevanz dann im Erdboden versinkt...

Ich formuliere eingangs folgende Fragen: Welche pathologischen Züge tragen die Religionen? Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind hier vorzufinden? Inwiefern sind die pathologisch ausgelebten Züge der Religion pathologische Züge der menschlichen Existenz?

In Anbetracht meiner Fragestellungen und eventueller weiterer Fragestellungen, würe ich vorschlagen, den Begriff "Pathologie" zu definieren im Hinblick auf dieses Thema... Isoliert man ihn auf seine psychologische Bedeutung, kann man das Thema nur noch auf dieser Eben behandeln, eine gesellschaftliche Dimension muss damit verschwinden. Erweitert man ihn auf eine gesellschftliche/philosophische Dimension trifft man auf die Schwierigkeit, dass der Begriff negativ behaftet ist... es dürfte also schwierig werden, mit ihm ohne weitere Modifikation Theoriebildung zu betreiben... --Sirius 20:04, 13. Okt. 2006 (CEST)[Beantworten]

Hallo Sirius, Du gibst in Deinem Beitrag gleich mehrere wesentliche Hinweise und Denkanstöße. Ich will sie nochmal kurz in meinen Worten wiederholen und dabei vielleicht gleich ein wenig zu präzisieren versuchen.
Zunächst machst Du darauf aufmerksam, dass wir darauf achten müssen, genauere Fragestellungen zu erarbeiten. Du formulierst drei Fragen, die Du Dir vorstellen könntest. Die erste: "Welche pathologischen Züge tragen die Religionen?"
Dazu will ich sagen, dass es mir nicht um Religionskritik im allgemeinen geht. Natürlich könnte man auch die Frage stellen, ob es vielleicht als "pathologisch" bezeichnet werden kann, überhaupt religiöse Glaubensvorstellungen zu haben bzw. eine Religion zu praktizieren. Wenn man daran interessiert ist, würde man sich vermutlich anschauen, was z.B. die Neurowissenschaften, die Evolutionspsychologie oder die Psychoanalyse dazu erarbeitet haben, warum Religionen überhaupt ein so verbreitetes Kulturphänomen sind (darüber wurde ja gerade in den letzten Jahren in diesen Wissenschaftszweigen viel veröffentlicht). Darum geht es mir persönlich aber nicht. Ich gehe, um das kurz einzuflechten, davon aus, dass sehr viele Menschen so etwas wie ein tiefverwurzeltes Bedürfnis nach einem religiösen Glauben haben und möchte weder dieses Bedürfnis noch den größten Teil der üblichen religiösen Formen als "pathologisch" ansehen. Neulich habe ich dazu eine treffende Aussage gelesen: "Gelingt es der Religion eines Menschen, ihn vollkommener zu machen und ihm Inspiration zu sein, hat sie ihren Zweck erfüllt." [1]
Deine erste Frage würde ich daher meinem persönlichen "Erkenntnisinteresse" folgend schrittweise umformulieren: Können Religionen "pathologische" Formen annehmen? Noch allgemeiner: Macht es überhaupt Sinn, mit der Frage bzw. Kategorie der "Pathologie" an religiöse Phänomene heranzugehen? Unser gegenwärtiger Papst tut das offenbar, und zwar schon lange und immer wieder (meistens übrigens im Zusammenhang mit der Vorstellung, dass auch die Vernunft pathologische Züge annehmen kann). Dann könnte man weiter fragen, ob bereits gewissermaßen "offizielle" Glaubensansätze "pathologisch" sein können, also Glaubensvorstellungen und Praktiken, die zum typischen Glaubenskanon der großen Religionen gehören (beschränken wir uns zunächst mal auf die), oder ob man diese Kategorie nur auf pervertierte Formen der Religionen anwenden will, auf Abarten, was der Papst offenbar im Sinn hat.
Deine zweite Frage nach den Unterschieden und Gemeinsamkeiten müsste auch präzisiert werden. Einen möglichen Unterschied habe ich gerade genannt (typische Form - Abart). Man könnte aber auch gleich etwas kühn weiterfragen, ob denn die verschiedenen Religionen vielleicht in unterschiedlichem Ausmaß "pathologieanfällig" sind oder bereits vom Ansatz her einen mehr oder weniger großen "gesunden" oder "pathologischen" Keim in sich tragen. Wir sind ja noch dabei, uns das gesamte Gebiet zunächst zu erschließen, den "Raum" möglicher sinnvoller oder weniger sinnvoller Fragen abzustecken. Z.B. hat die Psychoanalytikerin und Kulturwissenschaftlerin Julia Kristeva interessante Vorstellungen darüber entwickelt, wie die verschiedenen großen Religionen (eine polytheistische wie der Hinduismus, und monotheistische wie die jüdische und die christliche Religion) mit unterschiedlichen mentalen bzw. psychischen Entwicklungsformen zusammenhängen. Aber an einer derart weitgefassten Fragestellung bin ich im Zusammenhang mit diesem Projekt eigentlich nicht interessiert, oder nur am Rande.
Deine dritte Frage führt uns - wieder etwas umformuliert - auf den Kern der Angelegenheit: "Inwiefern sind die pathologisch ausgelebten Züge der Religion pathologische Züge der menschlichen Existenz?" Bisher hängt ja das Bedenken, ob sich die Kategorie des Pathologischen denn überhaupt eignet, auf Religionsphänomene angewandt zu werden, noch wie ein Damoklesschwert über dem gesamten Projekt - Papst hin, Papst her. Als Vorausstzung für die Eignungsfrage wäre es, wie Du richtig sagst, unbedingt erforderlich, den Begriff der Pathologie oder des Pathologischen zunächst einmal genauer zu explizieren, zumindest den Sinn, in dem er hier Anwendung finden soll. Aus meinem Projektvorschlagstext und aus meinem Artikel bei Wikipedia ist ja deutlich geworden, dass ich davon ausgehe, dass es mehr oder weniger "gesunde" mentale Formen (Funktionen, Mechanismen) gibt, und dass sich diese in verschiedenen Glaubensinhalten bzw. -praktiken widerspiegeln können. Dies im einzelnen herauszuarbeiten ist am Ende vermutlich der Kern des gesamten Projekts. Deine dritte Frage würde ich daher in Form meiner Grundthese beantworten: Pathologische Züge von Religionsausübung sind nicht pathologische Züge menschlicher Existenz, sondern Ausdruck pathologischer (unterentwickelter, unreifer, evtl. sogar "kranker") Mentalformen. Man müsste also zunächst vermutlich beschreiben, wie gut entwickelte, "reife" mentale Formen ausschauen und welche Pathologiemöglichkeiten i.S. von gravierenden Abweichungen davon es gibt. Bei psychischen Störungen können wir darüber schließlich im allgemeinen Einigung erzielen (ich kenne wenige Menschen, die einen Psychotiker oder z.B. einen schweren Zwangsneurotiker für gesund halten oder die Pathologiekategorie in diesen Fällen ablehnen). Dann müsste man schauen, ob und wie man diese Erkenntnisse über gesunde (reife) und weniger gesunde (unreife) Mentalstrukturen auf Religionsformen und -praktiken anwenden kann, in denen sie zum Ausdruck kommen - übrigens dann mit der gleichen Berechtigung sicher auch auf andere Kulturformen und -praktiken. Ich breche jetzt aus Zeitgründen hier mal ab. Aber Du siehst, wieviel Denkanstöße Deine Fragen gegeben haben. Wäre schön, wenn Du weiter mitmachst.
  1. Butler-Bowden, Tom: 50 Klassiker der Spiritualität, S. 194, Heidelberg 2006, ISBN 3-636-06281-6. Mit dem Satz soll die Hauptaussage des Buchs "Die Vielfalt religiöser Erfahrung" (1902) von William James zusammengefasst werden.
  2. --Almeida 17:00, 15. Okt. 2006 (CEST) [Beantworten]

    Bitte keine Schindluderei mit dem Wort pathologisch[Bearbeiten]

    • In meinem Weltverständnis entscheiden Ärzte (inkl. Psychiater), ob ein Individuum pathologische Züge hat oder nicht. Fanatiker, Terroristen, Fundamentalisten und Psychotiker sind zwar schwierige Charaktere, zum Teil auch Verbrecher, aber sie ohne medizinische Einzelbegutachtung als pathologisch zu verunglimpfen ist unredlich.
    • Dieses ganze Projekt (und auch die Wortwahl Seiner Heiligkeit Ratzinger, sowie die umgangssprachliche Verwendung) zeigen, dass die Wörter pathologisch und Pathologie daran sind, Karriere zu machen, vergleichbar mit der Karriere des Worts schizophren, das zum Synonym für widerspüchlich oder inkohärent geworden ist, was für Schizophrenie-Kranke sehr belastend ist, weil sie ständig mit falschen Vorstellungen ihres Leidens konfrontiert sind. Vom wissenschaftlichen Standpunkt her sind solche Wortkarrieren ein Fall für die Sprachwissenschaftler.
    • Die Wendungen «Pathologien der Religion» und «Religionspathologie» verdienen eine satirische Kritik – etwa durch ein «Bullshit-Bingo».

    Falls diese Zeilen gar bärbeissig klingen, so entschuldige ich mich dafür und mache die Pathologie meines heutigen Kaffeekonsums dafür verantwortlich, ätsch. Liebe Grüsse --par 21:19, 24. Sep. 2007 (CEST) [Beantworten]