Zum Inhalt springen

Quasi-Verteilungen im Phasenraum

Aus Wikiversity

Quasi-Verteilungen in der Quantenoptik beschreiben Quantenzustände in einem gegebenen Phasenraum. Sie unterscheiden sich von klassischen Phasenraumverteilungen insbesondere aufgrund der zum Teil auftretenden ungewöhnlichen Eigenschaften, wie beispielsweise der Möglichkeit negativer Werte, Beschreibung von Phasenraumflächen statt -punkten aufgrund der Unschärferelation oder auch auftretender Singularitäten. Sie bilden einen semiklassischen Ansatz für die Quantenoptik und werden auch häufig als Quasi-Verteilungen bezeichnet. Prinzipiell gibt es unbeschränkt viele verschiedene dieser Verteilungen, wobei die wichtigsten durch die Wigner- sowie der P- und Q-Funktion (auch jeweils Glauber-Sudarshan P-Funktion und Husimi-Kano Q-Funktion genannt) gegeben sind. Sie werden häufig für die erleichterte Berechnung von Erwartungswerten genutzt.[1]

Die Wigner-Funktion

[Bearbeiten]

klassisch

[Bearbeiten]

Die Wigner-Funktion ist definiert als:

mit der Wellenfunktion , dem Ort und dem Impuls . Hierbei können jedoch auch andere konjugierte Variablen gewählt werden (beispielsweise die Amplituden des elektrischen- und magnetischen- Feldes). Einen alternativen Zugang bietet der Dichteoperator . Hiermit ist die Wigner-Funktion wie folgt

Eine andere Darstellung der Wigner-Funktion liefert der Verschiebe-Operator .

über die Fourier-Transformation seines Erwartungswertes

Es ist üblich, die Phasenraum-Variablen in eine komplexe Koordinate zusammenzufassen, .

Beispiel für die Wigner-Funktion eines kohärenten Zustandes

[Bearbeiten]

Der kohärente Zustand is ein in der Quantenoptik üblicher Zustand, in dem ein System (Oszillator, elektromagnetische Feldmode) Eigenschaften ähnlich der klassischen Physik zeigt. Nutzt man nun die Definition der Wigner-Funktion über den Erwartungswert des Verschiebeoperators, kann man die Wigner-Funktion wie folgt aufschreiben:

Dann wird die Wigner-Funktion unseres kohärenten Zustands berechnet durch:

Das Resultat ist also eine Gaußfunktion mit Zentrum um , also strikt positiv, was für einen klassischen Charakter des Zustandes spricht.

Eigenschaften der Wigner-Funktion

[Bearbeiten]

Hier werden einige nur genannt, wobei andere auch motiviert werden.

Die Wigner-Funktion ist reell.

Hierbei wurde nach der ersten Zeile substituiert.

Ortsverteilung. Hierfür integrieren wir die Definition der Wigner-Funktion über und vertauschen, dank des Satzes von Fubini, die Integrationsreihenfolge von und .

Und identifizieren

Damit ist

Impulsverteilung. Hierfür integrieren wir, analog zur Ortsverteilung, die Wigner-Funktion über .

Wobei und , welche zwei vollständige Basissysteme bilden

Betrachten wir nun

Erinnere an die Darstellung einer ebenen Welle mit Impuls im Ortsraum :

Damit können wir nun erkennen, dass:

Berechnung von Erwartungswerten. Erwartungswerte von Operatoren können auch über die Wigner-Funktion bestimmt werden.

Dazu ist allerdings für den Operator eine Funktion zu konstruieren, die Produkte der nicht vertauschenden Operatoren , in einer bestimmten Reihenfolge sortiert (“symmetrische Ordnung”).

Bewegungsgleichung der Wigner-Funktion. Die Bewegungsgleichung eines freien Teilchens im Phasenraum verhält sich klassisch:

Liegt ein quadratisches Potential mit der Federkonstanten vor, so gilt:

Für allgemeinere Potentiale ergeben sich Ableitungen höherer Ordnung nach , die mit Potenzen von gewichtet werden. Auf diese Weise kann man Korrekturen zur klassischen Bewegung im semiklassischen Grenzfall diskutieren.

nicht-klassisch

[Bearbeiten]

Zustände in der Quantenoptik

[Bearbeiten]

Fock-Zustände

[Bearbeiten]

Die Eigenzustände der Hamiltonfunktion der freien Strahlung sind aus Anzahlzustände (auch Fock-Zustände genannt) zusammengesetzt. Sie beschreiben die Anzahl der Photonen in einer Mode und werden durch die Relation

charakterisiert. Hierbei bezeichnet den Teilchenzahloperator, ausgedrückt durch den Erzeugungs- sowie Vernichtungsoperator des harmonischen Oszillators. Der Eigenzustand des Strahlungshamilton ist dann aufgrund der Summe über alle möglichen Moden das Tensorprodukt aller Modenzustände [2]

Kohärente Zustände

[Bearbeiten]

Der zum Vernichtungsoperator zugehörige Eigenzustand ist der kohärente Zustand (auch Glauber-Zustand oder quasi-klassischer Zustand):

Da der Vernichtungsoperator nicht hermitesch ist, sind die Eigenwerte im Allgemeinen komplex. Kohärente Zustände werden häufig in der Basis der Fock-Zustände dargestellt , die Koeffizienten ergeben sich aus der Rekursionsbedingung . Nach Normierung erhält ein Glauber-Zustand letztlich die Form:

Die Eigenwerte lassen sich als komplexe Zahl in der Form schreiben, Realteil und Imaginärteil bilden damit ein Paar Variablen, mit denen ein kohärenter Zustand vollständig charakterisiert werden kann, sie spannen einen Phasenraum auf, der insbesondere für die P- und Q-Funktion von besonderer Bedeutung sind und den klassischen Phasenraum mit den Variablen Ort und Impuls ersetzt.

P-/Q-Funktion

[Bearbeiten]

Momenterzeugende Funktion und Operatorordnung

[Bearbeiten]

Gauß-Zustände und Phasenraumbewegung

[Bearbeiten]

Gaußsche Zustände

[Bearbeiten]

Jeder Zustand kann durch die Form seiner Wignerfunktion charakterisiert werden. Ist diese eine Gaußfunktion, liegt ein Gaußscher Zustand vor. Dies ist gleichwertig damit, dass die charakteristische Funktion eine Gaußfunktion ist. Gauß'sche Zustände lassen sich durch ihre mittlere Position im Phasenraum und die zugehörige Kovarianzmatrix beschreiben.
Dabei gilt . Für die Kovarianzmatrix einer Mode gilt (mit und ):

.

ist positiv, also gilt für alle Quadraturen : .
Bestimmte Transformationen, die den Gauß-Charakter eines Zustandes beibehalten, nennt man Gaußsche Transformationen. Beispiele hierfür sind Rotation, Verschiebung und Squeezing, welche später erläutert werden.
Bei unitären Transformationen, also solche, für die gilt: (mit der Identitätstransformation ), bleibt die Kommutatorrelation von und erhalten:

.

Wie oben bereits beschrieben (siehe 2.1.1), sind kohärente Zustände ein Beispiel für Gaußzustände, da die zugehörige Wignerfunktion eine Gaußfunktion ist.

Verschiebung

[Bearbeiten]

Verschiebungen im Phasenraum werden durch den Verschiebe-Operator beschrieben (im Folgenden werden die Hüte aus Gründen der Einfachheit nicht immer geschrieben, Der Bezeichner meint aber immer den Verschiebe-Operator). Der Operator ist gegeben durch:

.

Dabei sind und die Erzeuger- und Vernichteroperatoren und eine komplexe Zahl. Im Folgenden werden einige Eigenschaften dieses Operators gezeigt:

  • Der Operator ist unitär:
.
  • Der Operator verschiebt um :
Hier wurde in der dritten Gleichheit die Liesche Entwicklungsformel genutzt, wobei die Terme höherer Kommutatoren verschwinden, da und somit mit Operatoren kommutiert.
  • Der Operator verschiebt um :
Auch hier wurde die Liesche Entwicklungsformel genutzt und die Terme höherer Kommutatoren verschwinden ebenfalls, da der Kommutator ist.

Zusammenhang zu kohärenten Zuständen

[Bearbeiten]

Mit dem Verschiebe-Operator lassen sich kohärente Zustände aus dem Vakuumzustand erzeugen. Mit der Definition kohärenter Zustände ergibt sich:

Es gilt also

Rotation

[Bearbeiten]

Neben dem Verschiebe-Operator , definiert man den Phase Shift Operator, also den Phasen-Verschiebe-Operator bzw. . Er ist gegeben durch:

mit dem Anzahl-Operator .

Auch für diesen Operator lassen sich bestimmte Eigenschaften festmachen:

  • ist unitär:
  • . Dies folgt aus der Differentialgleichung, die man erhält, wenn man nach differenziert:
.
Analog erhält man für :

Der Operator fügt also der Phase den Wert hinzu. So können zum Beispiel kohärente Zustände im Phasenraum rotiert werden:

.

Der rotierte Zustand ist ein Eigenzustand des Operators mit Eigenwert und als solcher ebenfalls ein kohärenter Zustand.

Squeezed States

[Bearbeiten]

gequetscher Vakuumzustand

[Bearbeiten]

Im Vakuumzustand sind die Unschärfen der beiden Quadraturen und gleich groß: . Wenn man nun eine dieser beiden Unschärfen verringert und die andere dafür vergrößert, würde das Produkt immernoch der Unschärferelation genügen. Der Resultierende Zustand ist in einer Variable gequetscht (engl. squeezed). Deswegen nennt man diese Zustände gequetschte Zustände oder squeezed states. Man definiert dazu den Quetschoperator (im Nachfolgenden nur Squeeze-Operator genannt) wie folgt:

Hierbei ist eine komplexe Zahl und und die bekannten Erzeuger- und Vernichter-Operatoren. Für diesen Operator lassen sich wie schon für den Displacement-Operator einige Eigenschaften feststellen:

  • Der Operator ist unitär:
  • Weiterhin ist wie schon beim Displacement-Operator :

Mit diesem Operator lassen sich Zustände squeezen und man schreibt mit dem Vakuumzustand . Man kann auch schreiben indem man den Faktor im Exponenten von in den Parameter integriert. Dann lautet . Hier muss aber beachtet werden, dass , konkret: und . Man nennt den squeezing Parameter.
Um die Eigenschaften dieser Zustände zu betrachten, muss erst festgestellt werden, wie auf die Leiteroperatoren wirkt. Hierfür lässt sich auch ausdrücken als mit einem neuem Operator .

  • Der Squeeze Operator wirkt auf a wie folgt:
Es ist also wichtig zu wissen wie und kommutieren.
.
Außerdem ist
.
Es lässt sich erkennen, dass die wiederholte Ausführung des Kommutators dann lautet:
Damit ergibt sich dann
mit und .
  • Analog ergibt sich für :

Mit diesem Wissen lassen sich nun die gequetschten Zustände betrachten:

  • Der transformierte Vernichter-Operator wirkt auf den gequetschten Zustand, wie der Vernichter-Operator auf den Vakuumzustand.
.
  • Die mittlere Photonenzahl im gequetschten Zustand ist :
.
  • Der gequetschte Vakuumzustand ist um den Ursprung zentriert:

gequetschte Kohärente Zustände

[Bearbeiten]

Wie oben beschrieben, lassen sich die kohärenten Zustände mit Hilfe des Verschiebe-Operators aus dem Vakuumzustand gewinnen. Auf die selbe Art kann nun auch der gequetschte Vakuumzustand verschoben werden, um einen verschobenen und gequetschten Zustand zu gewinnen. Hierbei ist zu beachten, dass der Squeeze-Operator nicht mit dem Verschiebe-Operator kommutiert! Es ist also:

kanonische bzw. symplektische Transformationen

[Bearbeiten]

Gaußsche Transformationen (auch kanonisch oder symplektisch genannt) lassen sich mit der symplektischen Form formulieren. Die symplektische Form zweier Vektoren und ist gegeben durch

und entspricht der von den beiden Vektoren aufgespannten Fläche.
Eine unitäre Transformation heißt nun symplektisch, wenn sie zwei Eigenschaften erfüllt:

  • bzw. (linear mit Darstellung durch Matrix )
  • (die symplektische Form ist erhalten)

Nun ist interessant zu betrachten, was mit der Wignerfunktion unter einer solchen Transformation geschieht. Die charakteristische Wignerfunktion lautet:

und transformiert zu

.

Hier wird also nur zuerst die Inverse der Matrix auf angewandt und dann die ursprüngliche Funktion ausgewertet. Hierbei wurde der Term zu umgeschrieben, was man mit und ergibt wenn man die Vektoren und einführt. Man beachte, dass dieser Term eine reine Phase darstellt und keinen Realteil besitzt. Nun setzen wir die transformierte charakteristische Funktion in die Formel für die Wigner-Funktion ein. Die resultierende Wigner Funktion ist dann:

.

Auch hier sieht man wieder, dass die transformierte Funktion einfach nur die ursprüngliche Funktion ist, aber erst nach der inversen Transformation ausgewertet wird. Die Substitution im zweiten Schritt beruht darauf, dass ist. Die oben genannten Transformationen Translation, Rotation und Squeezing sind Beispiele für solche symplektischen Transformationen.

Setzt man als entsprechende Transformation beispielsweise die Verschiebung ein, erhält man die Wignerfunktion des verschobenen Zustandes:

Nutze also als Transformation den Verschiebe Operator:
Jetzt Formulieren wir das Argument der Exponentialfunktion entsprechend um:
Wir nutzen und . Das ergibt beim Einsetzen:
Und mit den Vektoren und identifizieren wir , sodass wir die transformierte charakteristische Funktion schreiben können als:
.

Betrachten wir nun die transformierte Wigner Funktion, die sich aus dieser charakteristischen Funktion ergibt:

.

Man sieht also, dass die Transformation mit dem Verschiebe Operator die Wigner Funktion tatsächlich nur verschoben hat, nicht aber ihre Gestalt verändert.


  1. W. P. Schleich: Quantum Optics in Phase Space, 1st ed, 2001, WILEY-VCH, Berlin, pp. 321-324
  2. G. Gilbert, A. Aspect, C. Fabre: Introduction to Quantum Optics, 1st ed, 2010, Cambridge University Press, New York, pp. 320 f.