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Kurs:Mathematische Modellbildung/Themen/Tunnelbau für eine ICE Strecke

Aus Wikiversity

Modellierungsproblem

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Die Deutsche Bahn errichtet eine neue ICE-Strecke von München nach Nürnberg. Diese ICE-Strecke verläuft durch das Gebirge der Fränkischen Alb. Ziel ist es, einen Tunnel zu entwickeln mit minimalen Volumen. Um Kosten zu sparen, soll dieser optimiert werden, sodass möglichst wenig Erdmasse entfernt werden muss.


Modellierungszyklen

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1. Zyklus

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Im ersten Modellierungszyklus wird ein parabelförmiger und ein kreisförmiger Tunnel mit dem Programm GeoGebra erstellt. Hierbei wird ebenso der Zug mit den größten ICE-Messwerten (im Bereich der Höhe und der Breite) in das Schaubild integriert. Die Schüler sollen schätzen, welche Tunnelform vorteilhafter ist. Anschließend werden die Flächeninhalte für unterschiedliche Einstellungen (der Messschieber) berechnet und verglichen. Hierbei wird vernachlässigt, dass der kreisförmige Tunnel nicht vollständig berechnet werden muss, da der untere Teil des Kreises abgeschnitten wird. Weiterhin werden die Höhe der Oberleitungen nicht berücksichtigt.

  • GeoGebra
  • Sekundarstufe I

2. Zyklus

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Im zweiten Modellierungszyklus soll eine Extremwertbestimmung der Parabel erfolgen. Da der Scheitelpunkt nicht fest gegeben ist, ergibt sich eine Funktionsschar für die der minimale Flächeninhalt mittels Ableitung bestimmt werden soll.

  • Abbildungen über GeoGebra
  • Sekundarstufe II

3. Zyklus

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Im dritten Modellierungszyklus soll die Bestimmung des nahezu kreisförmigen Flächeninhalts rechnerisch erfolgen. Da bei dem kreisförmigen Tunnel zwei Variablen vorhanden sind, wird das Minimum mittels Gradientenabstiegsverfahren überprüft.

  • Maxima
  • Tabellenkalkulationsprogramm
  • Abbildungen über GeoGebra
  • Universitätsniveau

Zuordnung des Themas zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen

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  • SDG9 Industry, Innovation and Infrastructure

Durch den Bau des Tunnels wird die Bahnstrecke erheblich verkürzt. Die erreichten Zeitersparnisse der Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber eröffnen Potenziale, die die Industrieansiedlung fördert, insbesondere in der Peripherie und in den Zentren der beiden Großstädte. Aufgrund der schnelleren Rohstoffbeschaffung können die kapitalintensiven Ersatzteil- und Vorratslager erheblich reduziert und daher wesentlich rentabler organisiert werden. Somit wird Infrastruktur an beiden Standorten gestärkt.

  • SDG10 Reduced Inequalities

Der Ausbau der ICE-Strecke mithilfe des Tunnels verringert die Ungleichheit von Personengruppen mit eingeschränkter Mobilität.

Der Bau des Tunnels verkürzt die Bahnstrecke merklich. Weiterhin wird mit dem Ausbau der ICE-Strecke und somit auch dem Bau des Tunnels eine vermehrte Verlagerung des Straßenverkehrs auf die Schienen bewirkt. Diese beiden Faktoren haben eine erhebliche Klimaverbesserung zur Folge.


Rohdaten

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ICE Größen:

ICE Typ Höhe Breite
ICE 1 4295 mm 3020 mm
ICE 2 3840 mm 3070 mm
ICE 3 3890 mm 2950 mm
ICE 4 4115 mm 2852 mm

Damit alle ICEs durch den Tunnel fahren können, muss der Tunnel mindestens 4295 mm hoch und 3070 mm breit sein.
Bei dem ersten Modellierungszyklus für die Sekundarstufe I sind wir von den Daten 4300 mm und 3000 mm ausgegangen, damit die Schülerinnen und Schüler nicht zu sehr von den Daten abgelenkt werden.

Stromversorgung:
In Tunneln findet die Stromversorgung mittels Rillenfahrdrähten statt, da diese eine deutlich geringere Höhe aufweisen als andere Oberleitungen. Die Höhe des Rillenfahrdrahts wird oft mit 13,2 mm angegeben.

Sicherheitsabstand:
Der Sicherheitsabstand zu den seitlichen Wänden und der Decke soll 1000 mm betragen. Da keine Sicherheitsabstände für Züge in Tunneln veröffentlicht sind, schätzen wir den Sicherheitsabstand von 1000 mm (Durchmesser eines Technikers). Die Oberleitungen haben eine Höhe von 13,2 mm und müssen somit nicht berücksichtigt werden, da der Sicherheitsabstand zur Wand bereits 1000 mm beträgt.

1.Modellierungszyklus

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Kreis
Parabel


Zur Heranführung an die dynamische Geometriesoftware GeoGebra sollen die Schülerinnen und Schüler Flächeninhalte von unterschiedlichen Funktionen berechnen. Die Dateien werden von den Schülerinnen und Schülern eigenständig angefertigt, um das Programm besser kennenzulernen.

Zuerst wird die Fläche des Tunnels mithilfe eines Kreises modelliert. Dabei wurde erst ein Rechteck mit den Punkten A (0/0) B (0/5300) C(5000/5300) D(5000/0) erstellt, da der Zug eine Höhe von 4300 mm hat zu der ein Sicherheitsabstand von 1000 mm kommt und eine Breite von 3000 mm hat zuzüglich 1000 mm Sicherheitsabstand an beiden Seitenwänden. Mithilfe der Mittelsenkrechten wurde der Mittelpunkt H des Rechtecks bestimmt. Anschließend wurde ein Kreis mit Mittelpunkt durch die Punkte A, B, C, D konstruiert. Hierbei wird die Annahme getroffen, dass der Mittelpunkt des Tunnels dem Mittelpunkt des Zuges entspricht. Mittels des Befehls der Textausgabe bestimmen die Schülerinnen und Schüler den Flächeninhalt des Kreises.


Danach konstruieren die Schülerinnen und Schüler das gleiche Problem mithilfe einer Parabel. Dabei wird ebenfalls ein Rechteck mit den obigen Punkten erstellt. Dann wird eine Parabel durch die Punkte B, C, E konstruiert. Da die Lage des Scheitelpunktes den Flächeninhalt beeinflusst, wird hier ein Schieberegler für die y-Koordinate von E eingebaut. Mithilfe dieses Schiebereglers und der Integralfunktion können die Schülerinnen und Schüler durch Ziehen des Schiebereglers den minimalen Flächeninhalt herausfinden. Mittels des Befehls der Textausgabe bestimmen die Schülerinnen und Schüler den Flächeninhalt der Parabel.

Die minimalen Flächeninhalte sowohl für den Kreis als auch für die Parabel werden auf den rechtstehenden Bildern angezeigt.
Bei der Modellierung mittels GeoGebra hat der kreisförmige Tunnel mit 41 696 788,49 mm2 einen geringeren Flächeninhalt als der parabelförmige Tunnel mit dem Flächeninhalt 45 926 626,35 mm2. Somit sollte ein kreisförmiger Tunnel gewählt werden.

2.Modellierungszyklus

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Jede Parabelgleichung entspricht der Form


Bei dieser Modellierung des Zugtunnels muss die Funktion auf folgenden Punkten definiert sein:



wobei zx die Breite des Zuges angibt (zudem der Sicherhietsabstand von 1000 mm dazugerechnet werden muss) und zy die Höhe des Zuges (ebenfalls mit Sicherheitsabstand).

wobei r den Scheitelpunkt der Parabel angibt.

Setzt man nun die Punkte A und B in die Parabelgleichung ein, erhält man folgende Gleichungen:


Durch Gleichsetzten erhalten wir b=0!
Setzt man nun noch den Punkt E in die Funktion ein erhalten wir:

Somit folgt c=r !
Setzt man b=0 und c=r in die Funktion ein, erhält man:

Durch Umstellen erhält man:


Somit ergibt sich die folgende Funktionsschar:


Setzt man nun für die Höhe des Zuges zy = 4295 mm und für die Breite des Zuges zx = 3070 mm ein, ergibt sich folgende Funktion:



Nun werden von dieser Funktion die Nullstellen berechnet, um die Integrationsgrenzen zu erhalten. Für die Nullstellen ergibt sich:

Da r größer als die Höhe des Zuges und dem Sicherheitsabstand sein muss, ist r-5295 mm >0. Somit ist der Ausdruck unter der Wurzel positiv!
Um den Flächeninhalt A(r) (in Anhängigkeit von r) zu berechnen muss man f(x,r) mit den obigen Integrationsgrenzen über x integrieren. Somit ergibt sich:


Somit gilt:

Die entstandene Funktion gibt die Fläche A(r) unter dem Graphen zwischen den Nullstellen in Abhängigkeit von r an.
Da die Fläche positiv ist und f(x)=x2 ist eine streng monoton wachsende Funktion für positive Argumente, kann man das Quadrat der Fläche optimieren.

Um den minimalen Flächeninhalt zu finden, muss A(r)2 nach r (mittels Quotientenregel) abgeleitet werden. Somit ergibt sich:


Um den lokalen Extremwert auszurechnen setze:

Somit

Durch Umformen, Ausklammern und Division durch r2 erhält man:

Somit muss r 1,5 mal Zughöhe plus Mindestabstand sein.

Um die minimale Fläche zu erhalten, muss man r in A(r) einsetzen.




Somit würde der parabelförmige Tunnel einen Flächeninhalt von 46 498 030,04 mm2 besitzen.


3.Modellierungszyklus

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Kreisfunktion

Bei der Modellierung eines kreisförmigen Zugtunnels ist die Funktion von dem Radius r anhängig. Da der Tunnel im unteren Teil abgeschnitten ist, hängt ein Teil der Funktion auch von der weiteren Größe h ab, welche für die Bestimmung des Teilhalbkreises zuständig ist. Wichtig ist, dass der Mittelpunkt des Tunnels nicht mit dem Mittelpunkt des Zuges übereinstimmen muss. Dies wurde nur in der Skizze zur besseren Überschaubarkeit gewählt.

Somit besteht die Funktion aus zwei Teilen:

Die Funktion k1(r) beschreibt die obere Hälfte des Kreises. Somit ist k1(r) definiert durch:

Der zweite Halbkreis wird nicht ganz benötigt, deswegen besteht k2(r,h) aus zwei Kreissektoren, welche vom Winkel α abhängen und zwei Dreiecken. Somit wird k2(r,h) definiert durch:

wobei c die Breite des Dreiecks angibt.

Da es sich um rechtwinklige Dreiecke handelt, wird der Winkel α trigonometrisch bestimmt:

und somit

Die Breite c der Dreiecke wird mittels Pythagoras berechnet:

und somit

Plot der Kreisfunktion

Mit diesen Berechnungen ergibt sich die Funktion für den Tunnel:


Minimiere k(r,h) mit den Bedingungen:
1)

wobei zx die Breite des Zuges angibt. Setzt man für c ein:


2)

wobei zy die Höhe des Zuges angibt.
Setzt man die Bedigung 2) in Bedingung 1) für r ein, so erhält man:


Berechnung des Gradienten

Durch Quadrieren beider Seiten erhält man:


Setzt man die gegebenen Größen aus der Tabelle für Höhe und Breite des Zuges ein ergibt sich:





Gradientenabstiegsverfahren


Setzt man h in Bedingung 2) ein, erhält man die Bedingung für r:


Somit:



Das Gradientenabstiegsverfahren ergibt für den minimale Flächeninhalt die Werte r = 3253 mm und für h = 2823 mm. Wenn man diese Werte in die Funktion einsetzt, bekommt man einen minimalen Flächeninhalt von:




Somit wäre der minimale Flächeninhalt bei einem kreisförmigen Tunnel 32 304 650,7 mm2.

Modellierungsergebnis

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Laut erstem Zyklus ist der Bau eines kreisförmigen Tunnels zu bevorzugen. Wie bereits in dem ersten Zyklus gezeigt wurde, beträgt der Flächeninhalt eines kreisförmigen Tunnels 41 696 788,49 mm2 und der eines parabelförmigen Tunnels 45 926 626,35 mm2.

Den Berechnungen aus Zyklus 2 und 3 sollte ebenfalls ein kreisförmiger Tunnel bevorzugt werden, da ein parabelförmiger Tunnel einen Flächeninhalt von
46 498 030,04 mm2 besitzt und ein kreisförmiger Tunnel 32 304 650,7 mm2 groß ist.


Der im zweiten Zyklus (für einen parabelförmigen Tunnel) berechnete Wert hat einen relativen Fehler von 1,2 % zum Wert der Geogebra Modulation. Durch den niedrigen relativen Fehler von 1,2 % kommt die geographische Modellierung von Zyklus 1 von den SchülerInnen der Sekundarstufe I sehr nah an die berechnete Modulation von Zyklus 2 der Sekundarstufe II.

Der im dritten Zyklus (für einen kreisförmigen Tunnel) berechnete Wert hat einen relativen Fehler von 29,1 % zum Wert der Geogebra Moddulation. Hierbei zeigt sich ein großer Unterschied der Werte, welche auf die Lage des Kreismittelpunktes zurückzuführen ist.

Modellierungsalternativen

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Diese Modellierungen beruhen alle auf zweidimensionalen Betrachtungen. Alternativ könnte man die Tunnellänge als weitere Messgröße hinzuziehen. Jedoch verändert dies das Ergebnis nicht, da das Volumen bei gleichbleibender Länge bei der kleineren Fläche ebenfalls kleiner ist. Dafür könnte man Kosten für das Entfernen dieses Volumeninhalts kalkulieren. Eine weitere Möglichkeit der Modellierung wäre eine Betrachtung der unterschiedlichen Gesteinsschichten. Hierbei wäre es interessant zu recherchieren, welche Tunnelbohrmaschinen für einen parabelförmigen und welche für einen kreisförmigen Tunnel zu den unterschiedlichen Gesteinen gehört. Danach müssten Gesteinsproben an der entsprechenden Stelle genommen werden, um mit der entsprechenden Maschine zu bohren.

Literatur

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