Verhüllter Reichstag
Der Verhüllte Reichstag war ein Kunstprojekt des Künstlerehepaars Christo und Jeanne-Claude. Im Rahmen des Projekts, dessen Realisierung von 1971 bis 1995 dauerte, wurde das Reichstagsgebäude in Berlin vollständig mit Aluminium-bedampftem Polypropylengewebe verhüllt.
Das Kunstwerk
[Bearbeiten]Der Reichstag wurde komplett mit einem speziellen Stoff umhüllt. Dazu wurden teilweise Hilfskonstruktionen am Gebäude angebracht, um möglichst einfache geometrische Formen entstehen zu lassen, was eine gute Fernwirkung bedeutete. Die Stoffe wurden ähnlich einem Kleidungsstück um das Gebäude gelegt, der Reichstag erhielt dadurch weiche Formen.
Rezeption und Interpretation
[Bearbeiten]Christo und Jeanne-Claude schufen mit dem Projekt Verhüllter Reichstag ein Kunstwerk, das neben dem ästhetischen Wert auch enormes gesellschaftspolitisches Potenzial mit sich brachte. Der Verhüllte Reichstag veranschaulichte nach der Wende das progressive Denken der Berliner, da er traditionelle Werte wie die Demut vor historisch wichtigen Gebäuden auf eindrucksvolle, künstlerische Weise angriff und damit das Paradebeispiel für einen Neuanfang verkörperte.
Bildrechte
[Bearbeiten]Das Kunstwerk Verhüllter Reichstag ist in Rechtskreisen als Musterfall der Panoramafreiheit bekannt geworden. Nach Ablauf des Projekts entbrannte ein Rechtsstreit zwischen dem Künstlerpaar und einem Berliner Postkartenverlag, der Postkarten mit Motiven des verhüllten Reichstags ohne Zustimmung der Künstler vertrieb. Der Verlag berief sich auf die Panoramafreiheit des § 59 des deutschen Urherberrechtsgesetzes, gemäß dem Aufnahmen von Werken, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, auch ohne Zustimmung des Urhebers hergestellt und vertrieben werden dürfen. Der Verlag wies darauf hin, dass sich das Kunstwerk für seine gesamte Lebenszeit an einem öffentlichen Ort befand.
Christo und Jeanne-Claude verklagten den Verlag auf Unterlassung, da sie der Ansicht waren, dass ihr Werk nicht als „bleibend“ einzustufen wäre.
Der Bundesgerichtshof bestätigte am 24. Januar 2002 die Auffassung der Künstler, da es sich bei dem Kunstprojekt Verhüllter Reichstag um eine zeitlich befristete Präsentation gehandelt habe. Es wurde hervorgehoben, dass Bilder des Projekts zwar nicht ohne Lizenz öffentlich gezeigt werden dürfen, Aufnahmen für private Zwecke und für die Berichterstattung über Tagesereignisse jedoch von dieser Regelung ausgenommen sind.[1]