Wikiversity:Fellow-Programm Freies Wissen/Einreichungen/Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen zum offenen Austausch von Neuroimaging Daten in der Grundlagenforschung
Rechtliche und ethische Rahmenbedingungen zum offenen Austausch von Neuroimaging Daten in der Grundlagenforschung[Bearbeiten]Projektbeschreibung[Bearbeiten]Das Ziel der kognitiven Neurowissenschaften ist es mit Methoden der nicht-invasiven funktionellen Hirnbildgebung, dem sogenannten Neuroimaging, die Funktionsweise des menschlichen Gehirns zu entschlüsseln[1]. Dazu führen Versuchspersonen typischerweise experimentelle kognitive Aufgaben durch während ihre Hirnaktivität gemessen wird. Eine kognitive Aufgabe ist z.B. das Treffen von einfachen Entscheidungen darüber, welcher von zwei Reizen eine höhere Belohnung vorhersagt. Die vorherrschenden Methoden des Neuroimaging sind die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) und die Magneto- bzw. Elektroenzephalographie (M/EEG)[2][3]. Die fMRT erstellt räumlich hoch aufgelöste Bilder von Blutflussveränderungen, die mit Gehirnaktivität einhergehen. Die M/EEG bildet Gehirnstromveränderungen auf der Kopfhaut mit hoher zeitlicher Auflösung, aber einer gewissen räumlichen Unsicherheit ab. Beide Methoden erzeugen auch bei einfachen Experimenten extrem große numerische Datensätze im Gigabytebereich. Um diese „big data“ Datensätze vor dem Hintergrund der kognitiven Prozesse, die der experimentellen Aufgabe zugrunde liegen, auszuwerten, haben sich in den kognitiven Neurowissenschaften extrem fortschrittliche und komplexe Datenanalysemethoden etabliert[4]. Diese Analysemethoden sind stark von den Methoden der mathematischen Statistik und Informatik, des maschinellen Lernens, und der künstlichen Intelligenzforschung beeinflusst[5]. Generell lässt sich feststellen, dass sich die kognitiv-neurowissenschaftliche Community den Herausforderungen der Open Science gestellt hat und in vielerlei Hinsicht diesen Prozess momentan gestaltet. So besteht zum Beispiel bereits jetzt ein hohes Problembewusstsein hinsichtlich der nachhaltigen Qualität wissenschaftlicher Ergebnisse und der Transparenz des Forschungsprozesses[6][7]. Mehr und mehr werden datenanalytische Methoden als Computerprogramme für die wissenschaftliche Allgemeinheit verfügbar gemacht. Schließlich sind eine Reihe von technischen Lösungen entwickelt worden, die es prinzipiell erlauben, die großen Datensätze der kognitiven Neurowissenschaft öffentlich zugänglich zu machen[8][9]. Ein Beispiel hierfür ist OpenfMRI[10], eine der größten und bekanntesten Online-Plattformen zum Teilen von fMRT Datensätzen. Allerdings muss festgestellt werden, dass die tatsächliche standardisierte Verfügbarkeit von Daten, die kognitiv-neurowissenschaftlichen Studien zugrunde liegen, bisher eine seltene Ausnahme bildet. So wurden seit der Gründung der OpenfMRI Plattform 2010 dort 74 Datensätze eingestellt, während im gleichen Zeitraum etwa 20.000 Studien im Bereich der fMRT-basierten kognitiven Neurowissenschaft veröffentlicht wurden. Ein zentraler Grund für diese Diskrepanz ist die große Unsicherheit der beteiligten WissenschaftlerInnen hinsichtlich der rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen im transparenten Umgang mit Neuroimaging Daten. So bleiben zum Beispiel zentrale Verlautbarungen der betreffenden wissenschaftlichen Communities, wie der Report des Committee on Best Practice in Data Analysis and Sharing (COBIDAS) der Organization for Human Brain Mapping[11] oder die Richtlinien zum Umgang mit Forschungsdaten der Deutschen Gesellschaft für Psychologie[12] in dieser Hinsicht zweideutig: zum einen wird ein Problembewusstsein geschaffen, das neben den wissenschaftlichen Vorteilen von Datentransparenz auch mögliche Nachteile des offenen Umgangs mit Neuroimaging Daten anspricht. Ein Beispiel für einen potentiellen Nachteil ist die mögliche Identifikation der Versuchspersonen aufgrund ihres anatomischen oder funktionellen Aktivierungsmusters[13] . Im gleichen Kontext wird auch darauf hingewiesen, dass sichergestellt werden muss, dass das Teilen von Neuroimaging Daten konform mit den jeweils länderspezifischen Datenschutzregelungen erfolgt. Andererseits werden dann aber keine konkreten, national oder international rechtlich abgesicherten Formulare zur Einwilligung von Probanden in die Online-Veröffentlichung ihrer Neuroimaging Daten bereitgestellt oder eine klare, ethisch und rechtlich abgesicherte Strategie zum Veröffentlichen von Neuroimaging Daten diskutiert. In der Summe führen diese Unklarheiten dann dazu, dass die einzelnen WissenschaftlerInnen vom Teilen der erhobenen Neuroimaging Daten absehen, um potentielle negative rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Um ein Mehr an Datentransparenz in der kognitiven Neurowissenschaft tatsächlich Realität werden zu lassen, gilt es also, diese Unklarheiten zu beseitigen. Fragestellung und Projektziele Ziel des vorgeschlagenen Projektes ist es deshalb, einen ethisch und rechtlich abgesicherten Prozess zum Teilen von Neuroimaging Daten zu erarbeiten. Dazu möchte ich mich folgender Fragestellungen annehmen:
Es sollen zwei konkrete Ergebnisse erreicht werden. Zum einen möchte ich eine mit europäischem und deutschem Datenschutzrecht verträgliche Studieneinwilligungserklärung erarbeiten, die in einem ethisch abgesicherten Rahmen die offene Nachnutzung von Neuroimaging Daten für die Grundlagenforschung ermöglicht. Zum anderen möchte ich ein White Paper erstellen, das zumindest national rechtliche Klarheit zum Austausch von Neuroimaging Daten mithilfe von Online-Datenrepositorien schafft. Um diese Ziele zu erreichen werde ich die Mittel des Fellow-Programms einsetzen, um eine wissenschaftliche Hilfskraft einzustellen, die über den Projektzeitraum intensive Recherchen zum Thema durchführen wird. Dies soll unter anderem in Interaktion mit der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, dem deutschen Ethikrat, der deutschen neurowissenschaftlichen Gesellschaft und der deutschen Gesellschaft für Psychologie geschehen. Ich erwarte, dass dieses Projekt eine zentrale letzte Hürde zur wissenschaftlichen Transparenz im Bereich Neuroimaging und kognitive Neurowissenschaften beseitigt und sowohl an der Freien Universität als auch an den vielen anderen Institutionen, die sich deutschlandweit der Neuroimaging Methoden in der Grundlagenforschung bedienen, wirksam werden wird. Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass dieses Projekt auch für andere biomedizinische und gesellschaftspolitische Themenfelder, in denen zum Zwecke der Grundlagenforschung persönliche Daten von Versuchspersonen erhoben werden, für einen zwar transparenten und offenen, aber auch rechtlich und ethisch legitimierten Umgang mit Forschungsdaten wegweisend sein kann. Referenzen[Bearbeiten]
Datenmanagementplan[Bearbeiten]Siehe /Datenmanagementplan Dirk Ostwald[Bearbeiten]
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