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Wikiversity:Fellow-Programm Freies Wissen/Einreichungen/Wie beeinflusst Aufmerksamkeit die Wahrnehmung?

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Wie beeinflusst Aufmerksamkeit die Wahrnehmung?

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Projektbeschreibung

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Unsere Sinne ermöglichen es uns, schnell auf unserer Umwelt zu reagieren. Allerdings ist das, was wir wirklich wahrnehmen (und was nicht!), stark beeinflusst durch unsere Aufmerksamkeit sowie Erwartungen und frühere Erfahrungen (siehe auch https://www.youtube.com/watch?v=vJG698U2Mvo, „selective attention test“). Unser Gehirn filtert und moduliert also aktiv Informationen, die wir von unseren Sinnen erhalten, vor allem durch die Verwendung sogenannter „top-down“ Eingänge. „Top-down“ Systeme sind Hirnareale, die beispielsweise über Ziel und Zweck gebundene aber auch multimodale Information verfügen und mit einer Vielzahl von anderen Hirngebieten verschaltet sind. Bei einer Störung dieser Systeme kann es zu schweren Erkrankungen wie beispielsweise dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom oder Autismus kommen. Man weiß allerdings bisher nur wenig darüber wie diese „top-down“ Eingänge sensorische Informationsverarbeitung früher Verschaltungen im Gehirn beeinflussen. Modulationen in diesen frühen Verarbeitungsarealen sind dabei von entscheidender Bedeutung, da sie auch alle nachfolgenden Verarbeitungsschritte beeinflussen. In unserem Labor untersuchen wir diese „top-down“ Modulationen und verwenden das olfaktorische System (Geruchssinn) als Model. „Top-down“ Eingänge zur frühsten Stufe der Geruchsin-formationsverarbeitung, dem Riechkolben oder olfaktorischen Bulbus (OB), scheinen dabei besonders wichtig zu sein, da sie sogar die Anzahl der direkten sensorischen Eingänge überwie-gen.

In meiner Arbeitsgruppe untersuchen wir die neuronalen Zielgruppen von „top-down“ Systemen, sowie die Verhaltenskontexte, die zu ihrer Aktivierung führen. Alle dazu benötigen Methoden, inklusive der in vivo 2-Photon Mikroskopie im wachen Tier, sind in meinem Labor etabliert. Eine der wichtigsten innovativen Komponenten dieses Projektes, die ich im Labor von Prof. Wachowiak entwickelt habe, besteht in einer selektiven und robusten Expression von transgenen Farbstoffen oder optogenetischen Proben in axonalen Ausläufern von „top-down“ Gebieten (Rothermel and Wachowiak 2014). In Kombination mit unsere Fähigkeit neuronale Subpopulationen mit Hilfe von genetischen und anatomischen Kriterien zu isolieren, verwenden wir diesen Ansatz um zwei grundlegende Fragenstellungen zu beantworten (Projekt 1 und 2). Diese sollen als Grundstein dienen, die Rolle von neuromodulatorischen und kortikalen Rückprojektionsgebieten in der sensorischen Verarbeitung besser definieren zu können.


Projekt 1: Identifizierung der neuronalen Zielgruppen der „top-down“ Systeme im olfaktorischen Bulbus

In diesem Projekt untersuchen wir, wie sich eine selektive Aktivierung von „top-down“ Rückprojektionen auf die spontane sowie sensorisch evozierte Aktivität von definierten Zelltypen im olfaktorischen Bulbus im anästhesierten und wachen Zustand auswirkt. Eine Modulation von individuellen Neuronen wird dabei von uns mit Hilfe von bildgebenden (2-Photonen-Mikroskopie) sowie elektrophysiologischen (Multikanal-Ableitungen) Methoden untersucht. Basierend auf unseren bereits publizieren Daten vermuten wir, dass die Aktivierung unterschiedlicher „top-down“ Zentren spezifische Effekte auf Zielzellen im olfaktorischen Bulbus auslöst (Rothermel et al., 2014, Rothermel and Wachowiak 2014, McIntyre et al., 2017). Dies hätte weitreichende Konsequenzen für unser generelles Verständnis, wie unterschiedliche „top-down“ Systeme in die Repräsentation von sensorischer Information eingreifen. Open Methodology und Open Sources würden den Vergleich der Ergebnisse aus verschiedenen Forschungsgruppen weltweit erleichtern, um so die Einflüsse von „top-down“ Systemen in verschiedenen sensorischen Modalitäten (z. B. Sehen oder Hören) besser vergleichen zu können.


Projekt 2: Untersuchung von Verhaltenskontexten, die zu einer Aktivierung von „top-down“ Gebieten führen

In meinem Labor visualisieren wir die axonalen Eingänge von definierten „top-down“ Systemen in den OB und leiteten von ihnen funktionale Signale mit Hilfe der 2-Photonen-Mikroskopie ab. So versuchen wir Verhaltenskontexte zu identifizieren, die selektiv ein bestimmtes „top-down“ Sys-tem aktivieren. Eine erfolgreiche Umsetzung dieses Projektes wird daher für unser Verständnis wie verschiedene „top-down“ Systeme in Abhängigkeit vom jeweiligen Verhaltenskontext an der Optimierung von sensorischen Repräsentation, und damit schlussendlich unserer Wahrnehmung, beteiligt sind, von entscheidender Bedeutung sein. Erste Ergebnisse unserer Arbeit wurden vor kurzem in dem Open Access Journal Frontiers in Neural Circuits (Rothermel und Wachowiak 2014) veröffentlicht. In dieser Publikation konnten wir die Aktivität eines „top-down“ Systems visualisieren und zeigen, dass dessen Aktivität kontextabhängig moduliert wird. Basierend auf diesen Ergebnissen haben wir viele weitere Daten gesammelt, die zeitnah veröffentlicht werden sollen.

In den jüngst publizierten Forschungsergebnissen um meine Arbeitsgruppe arbeiteten wir an der Aufklärung der Rolle des „Glückshormons“ Serotonin an der Geruchswahrnehmung (Brunert et al., 2016), sowie an der Entwicklung neuer Methoden für die Auswertung komplexer Bilddaten des Gehirns (Strauch et al., 2016). Die dabei entwickelten neuen Auswertalgorithmen könn-ten für ein breites wissenschaftliches Publikum interessant sein und wären somit für die Implementierung eines Open Source Ansatzes ideal.

Auf lange Sicht wird ein verbesserter Einblick, wie unser Gehirn mit Hilfe von „top-down“ Gebieten sensorische Informationen filtert, auch einen wertvollen Beitrag zum Verständnis von Krankheiten liefern, in denen diese Filterprozesse gestört sind.

Markus Rothermel

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  • Name: Markus Rothermel
  • Institution: RWTH Aachen University
  • Kontakt: m.rothermel@sensorik.rwth-aachen.de
  • Web: www.neuromodulation.rwth-aachen.de