Benutzer:Methodios/Armut

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Kiel[Bearbeiten]

Aktion am Hauptbahnhof in Kiel

  1. ichbinarmutsbetroffen: „Wir wollen sichtbar werden“

Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter teilen seit Wochen Menschen unter #ichbinarmutsbetroffen ihre Geschichten darüber, was es bedeutet, mit wenig Geld auskommen zu müssen. Mit einer Kundgebung am Hauptbahnhof in Kiel wollten sie am Sonnabend auch im Stadtbild auf ihre Situation aufmerksam machen.


Anne Holbach

23.07.2022


Kiel. Rund 20 Menschen haben sich am Sonnabend auf dem Kieler Bahnhofsvorplatz versammelt. In ihren Händen halten sie ein großes Banner mit dem Hashtag #ichbinarmutsbetroffen und Plakate mit Zitaten vom Kurznachrichtendienst Twitter. „Ich will genug Geld zum Leben. Punkt. Macht die Tafeln überflüssig“, steht da zum Beispiel.

In dem sozialen Netzwerk teilen Menschen seit Wochen ihre Erfahrungen über ein Leben am Existenzminimum. Sie erzählen vom Gefühl, wenn Mitte des Monats das Geld für den Lebensmitteleinkauf zur Neige geht oder wie es ist, bei über 30 Grad im Park zu sitzen und sich kein Eis leisten zu können, weil das über die Hälfte des täglichen Essensbudgets sprengt. Nun gehen sie auf die Straße und wollen nicht nur im Netz, sondern auch im Stadtbild sichtbar werden.

Betroffene wollen für mehr Gerechtigkeit eintreten

„Wir wollen Öffentlichkeit herstellen und darauf hinweisen, dass Armut vielfältig ist“, sagt Organisatorin Beate Behrens. Die 67-Jährige aus dem Kreis Segeberg ist Rentnerin und schwerbehindert. „Ich bekomme Grundsicherung und bin damit armutsbetroffen.“

Ein Mann erzählt, dass er Bekannten in der Tafel von der Aktion erzählt habe, sie sich aber nicht getraut hätten mitzukommen. "Die Scham ist bei vielen groß." Das gehe vielen Betroffenen so, sie zögen sich aus dem öffentlichen Leben zurück, sagt Behrens. "Wir wollen das ändern, wir wollen uns gegenseitig ermutigen und für mehr Gerechtigkeit eintreten. Wir wollen sichtbar werden."

In sechs weiteren Städten fanden am Sonnabend ähnliche Aktionen statt. In Kiel gab es die Kundgebung zum ersten Mal, Behrens würde sie gerne in regelmäßigen Abständen wiederholen. Zum Start sind auch Unterstützer wie Lorenz Gösta Beutin (Linke) oder Vertreter des Kieler Vereins „Groschendreher“ vertreten.

Steigende Lebensmittelpreise verschärfen die Situation In der jetzigen Zeit, in der die Inflation die Preise für Lebensmittel in die Höhe treibe, sei es umso wichtiger auf die Situation von Armutsbetroffenen aufmerksam zu machen, sagt Behrens. Die Politik müsse etwas ändern. „Es gibt Menschen, die hungern schon ab dem 15. eines Monats, weil ihnen das Geld einfach nicht reicht.“ Sie selbst habe gerade von einem Unterstützer der Aktion einen Jutebeutel mit Lebensmitteln bekommen.

Eine Seniorin rechnet vor, dass Empfängerinnen und Empfänger der Grundsicherung rund fünf Euro pro Tag für Lebensmittel, Getränke und Tabak zur Verfügung haben – viel zu wenig. Dieter Schmeißer aus Rendsburg (66) bereitet insbesondere Altersarmut Sorge. Er war auch schon auf einer Kundgebung in Hamburg dabei. „Da war gegenüber eine Essensausgabe und die meisten Leute, die dahin gegangen sind, waren Rentner. Das kann doch nicht sein.“ Die Politik mache nichts dagegen.

Die Aktivisten fordern unter anderem eine Anhebung der Regelsätze auf ein armutsfestes Niveau, die Einführung einer Kindergrundsicherung, eine krisenfeste Absicherung für Alters- und Erwerbsminderungsrentner und die Abschaffung menschenunwürdiger Sanktionen.

Dass die Twitterkampagne großen Zulauf bekomme, wundere sie nicht, sagt Behrens: „Ich habe gewusst, dass es brodelt und viele Leute nicht mehr können. Aber es hat sich keiner getraut, etwas zu sagen.“ Nachdem einige Mutige vorangegangen seien, werde die Bewegung immer größer.

Kieler Nachrichten


Gestern beim #Fotoflashmob in Kiel. Danke den Damen von Groschendreher Kiel, die auch wenn zum teil nicht betroffen, sich Solidarisch gezeigt haben mit #IchBinArmutsbetroffen Menschen.

  • Habe heute über den Spruch nachgedacht, "Gib einem Hungernden nicht einen Fisch. Schenk ihm deine Angel."

Bringt in Deutschland nichts, denn der Armutsbetrofene kann sich keinen Anglerschein leisten.

https://twitter.com/BasilonOlaf/status/1551250965608759296


Flashmob in Kiel mit Unterstützung von Omas gegen Rechts und Groschendreher. Wir freuten uns sehr für die positive Stimmung, wir kommen gerne wieder.

https://twitter.com/alter_rebell/status/1551251818533081088

Aphorismen[Bearbeiten]

Klaus Fenn

@klausfenn

Sozialarbeiter, Jurist, Hobbyphilosoph, Teilzeitrebell

https://twitter.com/klausfenn

"Wo Furcht und Schrecken herrschen, sagt niemand die Wahrheit."

Jörg Baberowski

  • Wahrheiten oder Fakten täten schon reichen ...

Arbeitsamt[Bearbeiten]

Die Übermächtigkeit der #Behörden wird immer mehr zum Problem.

  • Sehe ich auch so. Was mich am meisten verstört ist der stetige Hinweis auf die Rechtssicherheit. Zunehmende Verkomplizierung und Verwirrung führt in Wahrheit zum Gegenteil.

Warum kommt vom Jobcenter eigentlich kein Glückwunsch, wenn jemand eine Arbeit gefunden hat?

  • Weil Wünsche beim Jobcenter nicht vorgesehen sind und Glück dort nicht stattfindet.


Kommt ggf mit einer Unverschämtheit. Sehr lange her. Habe selbst meine jetzige Stelle gefunden und mich abgemeldet. Antwort AA: durch unsere gemeinsamen Bemühungen konnten wir Ihnen folgende Stelle vermitteln... Nix daran hatte was mit dem Amt zu tun. Bin seit 2004 im Konzern.

  • Reichsarbeitsamt, Reichsamt für Arbeitsvermittlung, Amt für Arbeit, Arbeitsamt: Gehaltsempfänger, Dummschwätzer, Dampfplauderer ...


Bei jedem der sich selbst einen Job besorgt, macht der Sachbearbeiter das Kreuz bei Fleisskärtchen ist gut für seine Statistik

Und so wird's auch in den Akten geführt. Viele Akten werden wohl solch irreführende Inhalte haben, bei denen sogar eklatantes Versagen oder Schlimmeres als Leistung dargestellt wird.

  • Papier ist geduldig. Und von Versagen oder Schlimmeren wird "keine Notiz genommen" (Kanzleisprache des 18. Jahrhunderts).

IchBinArmutsbetroffen[Bearbeiten]

1. Hier eine kurze Bio von mir. CN . Ich bin 1970 geboren. Meine Kindheit war eine sehr unruhige, viele Umzüge und damit verbundenen Schulwechsel. In 9 Jahren Schule waren es 7 verschiedene. Dazu Trennung der Eltern. Mit 15 bin ich dann zur See gefahren. Für 2 Jahre, habe danach

2. aber nicht richtig Fuß gefasst im Berufsleben.Bin dann immer mehr ins sog Milieu abgerutscht,was dazu führte das ich mit fast 19 zu einer Gefängnis Strafe verurteilt wurde. Nach einiger Zeit im Knast habe ich das emotional nicht mehr bewältigt bekommen, Einsamkeit, eingesperrt

3. Sein etc. Zu dem Zeitpunkt sind viele Drogen im Umlauf gewesen. Und als gesehen habe das Heroin auch geraucht und durch die Nase konsumiert werden kann....Als ich dann mit 22 Jahren entlassen wurde war ich Heroin Abhängig. Im Laufe der nächsten Jahre habe ich dann auch noch

4. Kokain ( Crack) und Medikamente konsumiert so das ich mehrfach abhängig war. Die Zeit meiner Sucht dauerte 24 Jahre. Im Jahr 2015 gelang es mir endgültig meine Süchte zu überwinden. Seitdem bin ich total Clean. Die 24 Jahre hatten aber ihre Spuren hinterlassen,so das ich

5 mehrfach in der Psychiatrie war . Im Jahr 2018 hatte ich das Glück einen Platz in der teilstationären WG der Diakonie Kiel zu bekommen. Am Anfang noch mit Medikamenten als Unterstützung,seit gut einem Jahr auch ohne Medikamente. Mein nächster Schritt wird der in eine eigene

6. Wohnung sein. Das ist aber wirklich ein großes Problem. Dazu und zu noch einigen anderen Themen schreib ich die Tage noch etwas. Die nächsten Tage nehme ich euch mit wenn ich eine Kochgruppe besuche,zur Ergotherapie gehe ,den Flashmob in Kiel vorbereite. Selbstverständlich

7. Können mir alle schreiben hier . Nur werde ich mich nicht für meine Suchterkrankung rechtfertigen. Punkt.


Nach dem Lebenslauf kann mich nichts mehr aus der Bahn werfen 😉. Ich hoffe auch das meine Offenheit anderen Menschen Mut macht,das es nie zu spät ist für einen Ausstieg (aus was auch immer) Neuanfang.

https://twitter.com/einwortmehr

  1. IchBinArmutsbetroffen: @BasilonOlaf

@einwortmehr

Eine Stimme für #IchBinArmutsbetroffen | Debattenaccount von @sorgeweniger

der OneWorryLess Foundation | KvK 80491529 |

Jeden Montag neu: Heute

@BasilonOlaf

Hannover[Bearbeiten]

Bin heute dabei♥️ Am Brunnen vor dem Ernst-August-Platz Zeit? Dann kommt vorbei 🫶🫶🫶🫶

  1. IchBinArmutsbetroffen

Hannover 23. Juli 2022

Hannover, Lüneburg, Hamburg, Kiel (Wagenburg) - waren mal meine Stationen als Ausgebürgerter. Mit Pale habe ich vor knapp 33 Jahren versucht, dort Demos anzuschieben - der Westen sollte auch demonstrieren. Fehlanzeige, es wurde der Auftakt 1993 in Magdeburg draus. Grüße aus DD

Bananenrepublik[Bearbeiten]

Niemand muss Hrn. Sarrazin mögen oder seine Ansichten teilen! Aber dass Deutschland zur Bananenrepublik Nr. 1 in Europa herabgekommen ist, lässt sich seit geraumer Zeit beobachten. Erschreckend ist, dass wir den "kalten Anschluss" mit Deutschland suchen!

Krankenfabriken[Bearbeiten]

Sinn und Zweck eines Krankenhauses muss es sein, Menschen gesund zu machen. Es darf nicht darum gehen, Profite zu erwirtschaften oder gar Dividenden an Aktionäre auszuzahlen. Denn dann entsteht ein wirtschaftlicher Druck auf Kosten der Gesundheit der Menschen.

KrankenFabriken.

Ich bin immer noch ein Freund der Idee eines solidarischen Systems, was eigentlich bedeutet, dass Gesunde Geld zahlen, das dann die Kranken bekommen, um ihnen nicht zusätzlich zur Krankheit Kosten aufzubürden. Aber das ist wohl ein altmodischer Gedanke eines älter werdenden.

Hasanni-Birgül

https://twitter.com/HasanniBirguel

Ratten jagen[Bearbeiten]

Henner Schmidt: 2008 als Fraktionsvize der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus: Hartz-IV-Empfänger sollen Ratten jagen

  • Neu-Kölln, Neu-Hameln ...
  • Er eifert Westerwelle nach. Der meinte ja, HartzIV-Empfänger könnten den Hundekot von den Straßen sammeln. Ob

@hennerschmidt

mir gutem Beispiel voran geht? Das würde ich gern sehen. Dafür würde ich sogar Entrée zahlen..😡 Ich hab's nicht vergessen. Und behalte auch das!

  • Das ist an Widerlichkeit und Menschenfeindlich nicht zu überbieten. Typisch AFDP.

https://twitter.com/sorgeweniger/status/1529950232028622848/photo/1

Müll fressen[Bearbeiten]

Vor vier Tagen abgelaufenen Räucherlachs von der Tafel zu essen, statt selbst zu kochen, war eine ziemlich semi gute Idee.

https://twitter.com/LavendulaGrey/status/1551271249179037696

Köln[Bearbeiten]

Protest in Vingst

23. Juli 2022


  1. IchBinArmutsbetroffen
  1. SmartMob
  1. Köln 5.0 Vingst

Ich habe gestern meinen Mut zusammen genommen und mich an einem kleinen Redebeitrag versucht, das erste Mal in meinem Leben! Überwindung hat es gekostet. Aber ich weiß eines, ich habe was zu sagen und werde weiter machen!

https://twitter.com/_el_fee_/status/1551279192377118722

Auch die langen Gespräche im Anschluss z.B. mit

@aus_drea

, 

@Marc_Kersten

u.a. die solidarisch zu unserer Unterstützung da waren, haben mich wieder darin bestärkt!

Wir #IchBinArmutsbetroffen |e, Experten in eigener Sache, müssen uns vehement zu Wort melden, für uns eintreten!

https://twitter.com/_el_fee_/status/1551279210404220944


https://twitter.com/aus_drea - Offizieller Account von Andrea Browers

Schulpolitische Sprecherin Volt Köln|

City Lead Köln

https://twitter.com/Marc_Kersten

Marc Kersten

@Marc_Kersten

Langjähriger #Journalist mit starker Affinität für #Demokratie, #Privacy und #Gerechtigkeit. Grün, aber nicht #grün hinter den Ohren. My private thoughts here!


Hamburg[Bearbeiten]

327.000 in #Hamburg die #IchBinArmutsbetroffen sind und Sie haben nichts Besseres zu tun, als in Ihren Sommerurlaub von 3 Monaten die Seele baumeln zu lassen. 13,8 Millionen Menschen, die nicht abschalten können. @Ricarda_Lang

@Bundeskanzler

@c_lindner

https://twitter.com/FemmeWiken/status/1551251434427105280

Berlin[Bearbeiten]

Protest am Kotti (Cotbusser Tor)

23. Juli 2022


Beim 2.Flashmob der #IchbinArmutsbetroffen Ien in Berlin war ein junger Mann dabei, dem durch die Pandemie der Job weggebrochen ist. Kurz vor dem Bachelor seines Traum-Studiums.. Nun in ALG2 Maßnahme/perspektivischer Sackgasse/deplatziert. 30% der Studierenden leben in Armut...

https://twitter.com/MariaWa85740570/status/1551468258963881989


Wir #IchbinArmutsbetroffen I e wollen gesehen & gehört werden! Es gibt 827.000 BerlinerInnen die weit unter dem errechneten Existenzminimum ( Paritätischer u.a.) leben. Folge: Ernährungsarmut, Energiearmut, Wohnungsarmut,... #Berlin #ArmutAbschaffen !

https://twitter.com/MariaWa85740570/status/1546187214526337024

Dresden[Bearbeiten]

Lutz (52): Gelber Brief für Germanist, Meisterschüler und Maler


Marcel (44): Hartz IV trotz Studium


Lutz* legt mir nach dem Mittagessen in der Kantine den gelben Brief auf den Tisch. Mit weiten Augen und den Händen im Schoß blickt er mich fragend und hoffnungsvoll an und schiebt den Umschlag zugleich noch ein bisschen zu mir herüber. "Ich habe überlegt, ob ich ihn vor dem Mittagessen öffne - oder jetzt mit Dir", erklärt er. "Ich habe mich für jetzt entschieden." Eigentlich ist mein Kopf voll, ich muss schnell wieder zur Arbeit. Es geht um den Waldbrand in Treuenbrietzen, dessen Rauch bis Dresden zog. Ein Forstwissenschaftler hatte erklärt, die Brände in der Lausitz würden oft wegen alter Munition ausufern. Mögliche Explosionen machen es für die Feuerwehr unmöglich, nah vorzudringen. Das Interview musste dringend fertig werden.

Was ist Armut?

Lutz (52): Gelber Brief für Germanist, Meisterschüler und Maler

Jetzt aber der gelbe Brief: Ich weiß nicht genau, was die gelbe Farbe bedeutet, doch es mutet wichtig an. Ich reiße das Ding auf, darin wohlgemerkt ein ganzer Papierberg, Zahlen und Buchstaben verschwimmen, na los, wo ist sie, die fettgedruckte Summe? Fließtext, Fließtext, ist es vielleicht doch keine Rechnung mit einer Geldforderung? Zu früh gefreut. Galante 2.875 Euro möchte die Arbeitsagentur zurückhaben. Es ist der 20. Juni, gerade habe ich Lutz das Essen bezahlt. Bis zur nächsten ALG-II-Zahlung, im Volksmund auch als Hartz IV bekannt, sind es noch zehn Tage.

Verkehrsschild "Sackgasse" darunter Schild "Jobcenter"

Viele Aufstocker befinden sich beim Jobcenter im Hartz-IV-Kreislauf und können nicht ausbrechen - weil die Einkünfte nicht ausreichen.

Malereien gingen nach Berlin

Lutz (52) ist studierter Germanist, Maler und war Meisterschüler an der Dresdner Kunsthochschule. Er kommt aus Niedersachsen, lebt als Selbstständiger und Hartz IV-Aufstocker und wird gerade zum Opfer seines eigenes Erfolges. Anders als bei vielen anderen mauserte sich bei ihm die Corona-Pandemie als dezente Erfolgsrampe. Vielleicht, weil viele Kunstinteressierte Zeit hatten, zu Hause waren, nach Malerei stöberten. Wer weiß. Ein Interessent aus Berlin meldete sich jedenfalls, war völlig aus dem Häuschen und kaufte für seine großen Räume in seiner großen Berliner Wohnung gleich zwei riesengroße Malereien.

50 Prozent Galerieabgabe

Die Einnahmen abzüglich 50 Prozent Galerieabgabe beliefen sich auf etwa 6.500 Euro. Lutz meldete wie immer den Umsatz abzüglich seiner Betriebskosten beim Amt. Doch die Mühlen mahlen langsam, die Bürokratie ist groß. Erst zehn Monate später stellt das Amt jetzt fest, dass - hochgerechnet auf sechs Monate - für vier Monate kein Anspruch auf ALG II mehr bestand. Das macht insgesamt eine Rückforderung von 2.875 Euro. Ratenzahlung nicht möglich. Das Schreiben klingt Respekt einflößend. Lutz ist in sich zusammengesunken, als habe man die Luft aus ihm herausgelassen. "Wir rufen dort jetzt gleich mal an", sage ich und wir verlassen die Kantine.

Eine Bettlerin sitzt mit einem Becher in der Hand vor einem Discounter

Haben Sie genug Geld zum Leben?

Trost an der Hotline

Die Frau am Arge-Telefon ist sehr nett. Ich stelle mich der Einfachheit als "die Freundin" vor. Nach erfragter Verifikation und Vollmacht (Lutz: "Ja, das ist ok.") ruft sie die Daten auf und erklärt - erstens - Ratenzahlung sei möglich, diese müsse jedoch einzeln mit dem Inkasso-Institut der Arge vereinbart werden. Sie erklärt - zweitens - wie der Betrag zustande kam, das weitere Betriebskosten berücksichtigt werden könnten, es dafür einen Widerspruch brauche, der innerhalb von vier Wochen eingelegt werden könne.

Ein Junge sitzt auf der Straße vor einer beschmierten Hauswand.

Tabu, Stigma, Selbstzweifel. Über Ungleichheit und Armut in Deutschland

Verständnis am Telefon

Die Dame erläutert verständnisvoll mit sonorer Stimme und mütterlicher Fürsorge. So weit so gut. Doch wie soll es denn Lutz in der Zukunft handhaben, wenn er wieder Bilder verkauft? Sich für drei Monate vom Amt abmelden und alles persönlich zurücklegen? "Für kurze Zeit abmelden ist keine Option, allein wegen der Krankenkasse", meint die Dame und beginnt zu überlegen. "Ich rufe Sie gleich zurück, ich kann die Hotline nicht zu lange besetzen."

Ich darf Sie ja nicht beraten.

Kundenbetreuerin Hotline Arbeitsagentur

Die Arge darf nicht beraten

Nur wenige Sekunden später klingelt das Telefon. "Ich darf sie ja nicht beraten", fährt sie fort. "Doch ich habe selbst viele Freunde, die selbstständig und künstlerisch arbeiten. Sie bieten ihren Kunden immer eine Bezahlung in Raten, so können sie ihre Einnahmen besser verteilen." Als wir auflegen, scheint Lutz nicht nur ein Stein, sondern ein ganzer Brocken vom Herz gerollt zu sein.

Malträtiertes Selbstbewusstsein

"Ich dachte, ich bin allein auf dieser Welt. Ich dachte, nur ich bin unfähig", sagt er. Da ist sie, die Selbstzweifel-Keule, die viele sofort erwischt, wenn sie mit ihren Einnahmen (das reicht vom Kindergeld bis zur Rente) abhängig sind und irgendetwas mal nicht glatt läuft. Sie leiden, hinterfragen, zerfleischen sich. Selbstbewusstsein sieht anders aus. Was dabei oft untergeht: Auch viele andere Menschen können mit Bürokratie nur schwer oder auch gar nicht umgehen, vergessen mal ein Häkchen zu machen, schleppen ihre Steuererklärung vor sich her oder müssen mal Strafe zahlen. Der Unterschied: Sie verdienen mehr, haben Vermögen und Status. Wer nach unten abgefedert ist, setzt nicht so schnell auf. Anderenfalls kann jede Bodenwelle zum Achsbruch führen.

Ein Mann zeigt ein leeres Portmonee

Wer keine Reserven hat, kann selbst kleinste Erschütterungen nicht abfangen. Was für Wohlhabende oft nur eine Randnotiz ist - Beispiel kaputte Waschmaschine - kann für andere zum großen Problem erwachsen.

Ich dachte, nur ich bin unfähig.

Lutz Germanist, Maler, Meisterschüler

Von unten an eine Glasdecke stoßen

Natürlich, ganz allein ist Lutz nicht. Andere versinken in tiefer Schockstarre, sind bewegungsunfähig und machen es damit nur noch schlimmer. Für Lutz springen abwechselnd Freunde ein, bezahlen ihm die Stromrechnung oder einen neuen Bildschirm, ermöglichen eine Fahrt zu seiner Mutter in den Norden und geben Geld, wenn es mal brennt. Gerade wartet er auf 3.000 Euro für die künstlerische Bearbeitung eines Nachlasses. Damit kann er die Forderung fast begleichen, doch spätestens in einem Jahr hat er das gleiche Problem. Es ist, als würde er immer von unten an eine Glasdecke stoßen.

Wieso hat er das Geld nicht zurückgelegt?

Natürlich kann man ihm vorwerfen: Warum hat er sich das nicht eher ausgerechnet? Warum die Summe nicht zurückgelegt? Wieso hat er Geld ausgegeben, was ihm nicht gehört hat - diese ganzen Fragen stehen im Raum.

Demonstrantin hält ein Schild: Reichtum verteilen statt Armut vermehren.

Armut funktioniert nicht ohne Reichtum - seit Jahren werden deshalb Stimmen nach einer Umverteilung laut.

Lutz hat seiner Mutter ein (günstiges) Tablet gekauft, sodass er mit ihr reden und sie sehen kann. Sie, die so fern im Norden, hunderte Kilometer entfernt, im Altenheim liegt. Er hat seine Schulden bezahlt und sich nach sieben Jahren eine neue Hose gekauft. Das gehört eigentlich nicht zu seinem Repertoire, Freunde versorgen ihn sonst mit ausrangierten Sachen. Ich selbst hatte einmal in der Dresdner Neustadt Lederschuhe in der Verschenke-Ecke entdeckt und ihm mitgebracht. Sie passten ausgezeichnet. Bis heute wienert er sie regelmäßig auf Hochglanz, sie sehen wir neu aus. Mensch, wir leben in solch' einem reichen Land, denke ich in solchen Momenten. Hier werden Lederschuhe einfach auf die Straße gestellt.

Der Paritätische Armutsbericht für das Jahr 2022

Der Paritätische Wohlfahrtsverband schlägt mit dem Armutsbericht 2022 Alarm: Noch nie seit der Wiedervereinigung war die Armutsquote so hoch wie jetzt - 13,8 Millionen Menschen gelten in Deutschland aktuell als arm.

Bettdecke und Kopfkissen für 300 Euro

Lutz hat auch seinem guten Freund aus Afghanistan im Winter einfach einmal ein Federbett und ein Kissen gekauft, für 300 Euro! Ich bin fast umgefallen, als ich hörte, dass er knapp ein Drittel seines Monatsbudgets für ein Geschenk ausgibt, obwohl er selbst nichts hat. Dann hat mich die Scham überwältigt. Habe ich jemals mehr als 100 Euro gespendet? Würde ich ein Drittel meines Einkommens für ein Geschenk ausgeben? Könnte ich so selbstlos sein?

Geben, ohne zu nehmen?

Ist es nicht das, wovon alle reden, wenn es um Menschlichkeit geht, um soziale Beziehungen, um gesellschaftlichen Zusammenhalt und um Zivilgesellschaft? Dass man gibt, ohne zu nehmen. Dass man schenkt, ohne aufzurechnen. Dass man Wärme vermittelt, anstatt Kalkül. Ist es nicht die Nächstenliebe, die aus der Bibel so oft rezitiert wird? Soll ich ihm allen Ernstes sagen, er darf keine Bettwäsche zu diesem Preis verschenken. Wer bin ich denn? Innerlich verneige ich mich ob dieser Selbstlosigkeit. Bei mir würde im Hinterkopf der Taschenrechner die Zahlen hochrattern lassen.

Würdest Du Dich als arm einschätzen?

Für diesen Text erlaube ich mir eine Frage, die ich mir sonst nicht getraut hätte, so zu stellen. Ich warte einen guten Moment ab. Erzähle ihm von meinem Vorhaben, hole mir seine Erlaubnis und frage: "Lutz, würdest Du Dich als arm einschätzen?" Lutz zögert nicht lange. "Ja, definitiv", kommt es wie aus der Pistole geschossen. "Materiell auf alle Fälle." Lutz überlegt kurz: "Ja, ich fühle mich ständig konfrontiert mit meiner finanziellen Situation und frage mich, wie die Bewertung von Arbeit zustande kommt. Letztlich geht es ja um die Frage, wer bekommt für was wie viel Geld."

Letztlich geht es ja um die Frage, wer bekommt für was wie viel Geld.

Lutz Germanist, Maler, Meisterschüler

Marcel (44): Hartz IV trotz Studium

Wer jetzt denkt, der Text endet hier, der irrt. Lutz ist nicht mein einziger Freund, der per Definition als arm gilt. Auch Marcel* lebt unter der definierten Armutsgrenze. Marcel (44) kommt aus dem Vogtland, ist studierter Musiker und Geisteswissenschaftler. Sein Vater arbeitete bis zu seiner Rente im öffentlichen Dienst, seine Mutter als Krankenschwester. Marcel ist in einem Einfamilienhaus aufgewachsen, mit Blick auf den Wald. Zum Studium ging er nach Dresden, war danach auf Hartz IV angewiesen und promovierte schließlich - mit einem Stipendium aus Sozialleistungen sozusagen. Sein Doktorvater war der Gründer eines renommierten Instituts an der Humboldt-Universität in Berlin. Marcel hat ein Buch geschrieben und seit zwei Monaten - nach mehreren Jahren unterbezahlten Gastro-Aufstockerjobs und Hartz IV - seine erste richtig Stelle, 20-Stunden Teilzeit in einer anderen Stadt.


Video: Wohlstand, Reichtum, Erbenglück - Für Ostdeutsche ein Wunschtraum?

15 Jahre alter Laptop

Abzüglich der Kosten für das Pendeln und das Zimmer, das er sich mit einem anderen Mitarbeiter teilt, hat er jetzt monatlich 300 Euro mehr als mit Hartz IV. Für Marcel ein Vermögen! Bei ihm ist es ähnlich wie bei Lutz. Freunde versorgen ihn mit ausrangierter Kleidung, seine Schuhe sind abgetragen, für die günstigste Waschmaschine mussten er und sein Bruder (sie wohnen zusammen) ein dreiviertel Jahr sparen. Marcel zahlt mit seinem niedrigen Einkommen seinen Studienkredit ab, arbeitet mit einem 15 Jahre alten Laptop, seine Möbel sind gebraucht. Er fährt ein klappriges Damenfahrrad, ist das Gegenteil von Konsum und Dauernutzer der Bibliothek.

Kochen für alle

Für Geburtstage backt Marcel Schokokuchen und das Lieblingsgericht des Geburtstagskindes. Wer Inspiration braucht, wie man Ressourcen sparen und Konsum minimieren kann, sollte zu Marcel gehen. Marcel hat nicht viel und ist - wie Lutz - überaus großzügig. Er gibt quasi sein letztes Brot, kocht mit einfachen Mitteln, was das Zeug hält, lädt seine Freunde ein, die Sonntag nach der Kirche mit Familien mindestens zu zehnt in sein Wohnzimmer zum Mittagessen einfallen und rechnet niemals irgendetwas auf. Einmal war das Geld so knapp, dass er sich mit dem letzten Mehl und Olivenöl zehn Brötchen backte, die eine Woche reichen sollten. Sein damaliger Mitbewohner freute sich ob der frischen Backwaren und verschlang gleich vier Exemplare. Marcel verlor kein Wort.

Kind hält Fünfeureoschein in der Hand.

Schaffen Sie es, für fünf Euro für vier Menschen zu kochen? Viele Menschen müssen es möglich machen - und es kann klappen.

Besitz ist nicht wichtig

Wie Lutz frage ich auch Marcel, ob ich Details zu seinem Leben veröffentlichen darf. Wie Lutz, stelle ich ihm meine Frage, die ich so noch nie gestellt habe. "Marcel, empfindest Du Dich als arm oder von Armut betroffen?" Marcel ist fast entrüstet: "Auf keinen Fall! Ich bin doch nicht arm. Ich kann mir etwas dazu verdienen. Alte Leute oder Alleinerziehende, die keine Möglichkeiten auf einen Zuverdienst haben, die sind wirklich arm." Marcel lässt sich langsam auf seinen Sitz fallen. Fast wirkt es, als habe ich ihn mit meiner Frage etwas beleidigt. Das tut mir natürlich schrecklich leid, ich will ihn ja nicht verletzen oder im Stolz kränken. Marcel lehnt sich an seinen Sitz und überlegt. "Das ganze Besitzzeugs, das ist mir nicht wichtig. Ich brauche keine großen Spiegel oder neue Kühlschränke (wir hatten uns vorher über die neue Einrichtung von Freunden unterhalten)." Natürlich brauche man wichtige und essentielle Dinge, doch eben nicht mehr.

Ein alter Mann läuft mit einem Rollator auf einem Bürgersteig.

Marcel sieht sich nicht als arm. Alte Menschen seien wirklich betroffen. Ihnen schwinde die Kraft, meist brauchten sie Geld für Medikamente und könnten nicht mehr viel dazu verdienen.

Armut hat mit Ausgrenzung zu tun

Marcel überlegt weiter. "Armut ist ein subjektives Gefühl, das mit Ausgrenzung und Einsamkeit zu tun hat. Das ist mit meinen Freunden nicht so, wir passen gut zusammen. Sie alle wissen, wie es ist, Jobs zu suchen, arbeitslos zu sein und prekär zu leben." Marcels Freunde sind verbeamtete Lehrer, promovierte IT-Entwickler, Wissenschaftler, Sozialarbeiter, Soziologen, Gewandmeisterinnen. Damit übertreibt er nicht. Da ich Marcel schon lange kenne, kenne ich auch die Geschichte seiner Freunde nach dem Studium. Marcel kommt jetzt in Fahrt, er fährt fort. "Unglücklich wird man durch den Vergleich." Nur um beim Konsum mithalten zu können, nehmen Leute Kredite auf. Natürlich hat er Recht. Doch zweifelsohne lässt sich diese Position einfacher umsetzen, wenn nicht Kinder mit weinerlichem Gesicht auf das neue Lego verweisen, das der Klassenkamerad gerade bekommen hat.

Armut ist ein subjektives Gefühl, das mit Ausgrenzung und Einsamkeit zu tun hat. Das ist mit meinen Freunden nicht so, wir passen gut zusammen. Sie alle wissen, wie es ist, Jobs zu suchen, arbeitslos zu sein und prekär zu leben.

Marcel Promovierter Geisteswissenschaftler

Café servieren für 6,50 Euro

Ich selbst weiß auch, wie es ist, kein Geld zu haben. Meine Eltern stockten im Studium meine 350 Euro Bafög mit 150 Euro Kindergeld auf, mehr gab es nicht. Das war nicht wenig und ich dankbar. Natürlich arbeitete ich nebenbei. Im Hotel Westin brachte ich den Gästen früh um sieben ihren Café. Die Stunde für 6,50 Euro (ja, das war vor dem Mindestlohn). Manchmal blieb trotzdem am Ende des Geldes so viel Monat übrig. Dann zählten wir unser Kleingeld, suchten in allen Taschen nach verbliebenen Münzen, verordneten uns eine Woche Kartoffeln mit Quark oder das 1,50-Euro-Mensa-Essen. Wenn es ganz knapp wurde, spendeten wir Blut. Wir hatten wenig. Doch zweifelsohne lässt sich das besser ertragen, wenn es (fast) allen so geht, man zumindest nicht allein ist.


Mach mal...! Jung und pleite

Keine Gespräche über Aktien, dafür Literatur

Lutz und Marcel sind eben immer noch "arm", beziehungsgweise leben in bescheidenen Verhältnissen. Bei ihnen geht es in Gesprächen niemals um neue Einbauküchen, Aktien, gute Anlageprodukte, das neue Auto, diverse Versicherungen, Immobilien, das neueste iPhone, den VW-Bus oder den geplanten Trip nach Ibiza. Wenn die Probleme abgearbeitet sind - und das kann schon passieren - bleibt Platz für Bücher, das Leben, für Musik und manchmal auch Gedichte. Manchmal habe ich den Eindruck, sie sind viel freier. Vielleicht rede ich mir das schön, zumindest müssen sie sich nicht um ihren Besitz sorgen.

*Armut ist in Deutschland ein Stigma. Auch deswegen wollen Lutz und Marcel ihre echten Namen nicht veröffentlicht sehen, nicht erkannt und genannt werden.

Absolute und relative Armut

Dieses Thema im Programm:

MDR SACHSEN | Dienstags direkt | 05. Juli 2022 | 20:00 Uhr


Kein Unsinn, denn hier geht es ums Prinzip, nicht um Einzelfälle. Schon Brecht meinte völlig zu recht, "wär ich nicht arm wärst du noch reich". Allgemein entsteht Armut durch das, was man Ausbeutung nennt. Wenn Wertschöpfung nicht angemessen honoriert wird zugunsten des eigenen Profites.

Jeder Mensch trifft mal falsche Entscheidungen. Haben die nur kurzfristig Auswirkungen, dann ist dies zu verschmerzen. Doch kann eine unbedachte Berufswahl in Existenznot führen. Rückblickend gebe ich zu, dass ich auch recht unbedarft meine Bürolehre antrat. Mit der Folge, mich jahrelang finanziell von einem Monat zum anderen "zu hangeln", da Gehaltsempfänger in der DDR recht kurz gehalten wurden. Glücklicherweise kam die Wende noch rechtzeitig genug, um mich vor der Mindestrente zu bewahren. Übrigens, das Alter ist schneller ran, als man es sich mit 30 vorstellt... Angesichts der benannten Beispiele rate ich eine schnelle Abkehr vom Beharren auf eine ausbildungsgerechte Beschäftigung an. Es droht sonst ein lausiges Alter.

DAS LEBEN WIRD TEURER

Die Armut meiner Freunde

von Katrin Tominski, MDR SACHSEN

Stand: 05. Juli 2022, 21:38 Uhr

Als arm wird bezeichnet, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen gesellschaftlichen Einkommens zur Verfügung hat. Zwei meiner Freunde gehören definitiv dazu.

Laut Definition sind zwei meiner Freunde arm. Wie anders sie den Alltag erleben, welche Hürden für sie riesig sind, welche Grenzen knallhart, und welche besondere innere Freiheit sie erleben - davon handelt dieser persönliche Text.


Deutschlandfunk[Bearbeiten]

Die Inflation steigt stark, besonders Waren des täglichen Bedarfs werden teurer, doch in der aktuellen Debatte um die Folgen der höheren Preise finden die Menschen mit geringem Haushaltseinkommen bisher nur wenig Gehör.

Stattdessen werden an vielerlei Orten Stereotype aufgerufen und aktualisiert, wie man sie aus der Boulevardpresse und Reality-Formaten im Privatfernsehen kennt. Die Botschaft lautet in etwa: Arbeitslose sind faul, sie sind selbst schuld an ihrer Armut, und eigentlich kommen sie doch ganz gut auf Kosten der Allgemeinheit klar.

Toastbrot am Monatsende

In diese Richtung gehen auch Artikel, die in den letzten Wochen immer wieder bei „Focus Online“ erschienen sind. Sie haben Titel wie „Wer am Monatsende nur noch Toastbrot isst, kann mit Geld nicht umgehen“. Oder: „Berliner Hartz-IV-Empfänger: 449 Euro Stütze sind eigentlich zu viel“. Hier gibt es auch eine Reihe von vermeintlichen Spartipps, mit deren Hilfe man auch jetzt noch gut über die Runde kommen soll.

In Reaktion auf solche Berichte schrieb Anni W. ihre ersten Tweets mit dem Hashtag #IchBinArmutsbetroffen: „Hi, ich bin Anni, 39 und habe die Schnauze voll! Ich lebe von Hartz IV und es reicht ganz einfach nicht!“

Artikel, die Menschen beschämen

Anni W. ist alleinerziehende Mutter aus Nordrhein-Westfalen und möchte aufgrund von Beleidigungen und anderen negativen Reaktionen anonym bleiben. Artikel wie oben machen sie wütend. Diese dienten „einfach nur dazu, Menschen zu beschämen“.

Seit ihrem ersten Tweet haben es ihr zahlreiche Menschen gleichgetan und ebenfalls aus ihrem Alltag berichtet: „Man erfährt, man ist nicht allein“, sagt Anni W.

Janine Wissler, Vorsitzende der Partei Die Linke, hat einige der Schilderungen im Bundestag vorgelesen.

Im Teufelskreis gefangen

Die Scham zu überwinden, über die eigene Not zu sprechen und Hilfe anzunehmen, das seien große Hürden, sagt Anni W.:

Man ist in diesem Teufelskreis gefangen, dass man selbst glaubt, man verdient keine Hilfe, weil einem ständig suggeriert wird: Es muss reichen. Wir sind ein Sozialstaat, wir kümmern uns. Ihr seid nur zu doof, um damit klar zu kommen. Das sitzt tief. Und ich glaube auch nicht, dass es so leicht ist, aus diesem Gedankengang rauszukommen. Ich spüre das bei mir selbst. Und ich glaube, anderen geht es da sogar noch wesentlich schlimmer.

Während die Kosten für Lebensmittel und Energie steigen und steigen, berichten Menschen auf Twitter von ihrem Leben in Armut. Dabei wenden sie sich auch gegen mediale Bilder, die arme Menschen als faul und inkompetent zeichnen.

  1. IchBinArmutsbetroffen

Scham, Not und eine volle Schnauze DLF Kultur

Über die eigene Not sprechen und Hilfe annehmen: Das sei eine große Hürde, sagt Anni W.

Anni W. im Gespräch mit Gesa Ufer · 30.05.2022

Längere Arbeitszeit[Bearbeiten]

Längere Wochenarbeitszeit – »Nur so könne der Wohlstand erhalten bleiben.« sagt Sigmar Gabriel (SPD).

Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssenkrupp Steel, Aufsichtsrat der Deutschen Bank, Siemens Energy, Vorsitzender der Atlantik-Brücke uvm.

Fragt sich nur, wessen Wohlstand...

https://twitter.com/sorgeweniger/status/1551461665505509377

  • "Fragt sich nur, wessen Wohlstand..." - Für den Wohlstand des Wohl-Standes natürlich. Oder wie schon immer: Bonze im SpECK, und Volk im DrECK.

https://twitter.com/AhamAberniya/status/1551469405707681792

Bundesregierung[Bearbeiten]

Die Bundesregierung hat ihren Armuts- und Reichtumsbericht in einigen entscheidenden Passagen deutlich entschärft. Klare Aussagen, ob Menschen mit mehr Geld einen stärkeren Einfluss auf politische Entscheidungen haben als Einkommensschwache, sind in der überarbeiteten Fassung des Berichts gestrichen. So fehlt zum Beispiel jetzt der Satz: "Die Wahrscheinlichkeit für eine Politikveränderung ist wesentlich höher, wenn diese Politikveränderung von einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt wird." Dies geht aus einem Vergleich der ersten, vom Bundesarbeitsministerium verfassten Version mit der zweiten Version der Regierungsanalyse hervor, bei dem das Kanzleramt und andere Ministerien mitschreiben konnten.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) hatte im März 2015 angekündigt, in dem Bericht erstmals den Einfluss von Eliten und Vermögenden auf politische Entscheidungen untersuchen zu lassen. Ihr Ministerium gab daher eine Studie bei dem Osnabrücker Politikwissenschaftler Armin Schäfer in Auftrag. Dessen Erkenntnisse flossen in den Bericht, den das Arbeitsministerium im Oktober vorlegte. So wurde in dieser ersten Fassung noch von einer "Krise der Repräsentation" gewarnt: "Personen mit geringerem Einkommen verzichten auf politische Partizipation, weil sie Erfahrungen machen, dass sich die Politik in ihren Entscheidungen weniger an ihnen orientiert." Diese Aussagen fehlen nun. Ebenso gestrichen wurde dieser Satz aus der Studie der Forscher: In Deutschland beteiligten sich Bürger "mit unterschiedlichem Einkommen nicht nur in sehr unterschiedlichem Maß an der Politik, sondern es besteht auch eine klare Schieflage in den politischen Entscheidungen zulasten der Armen".

In der neuen Fassung des Regierungsberichts wird nur erwähnt, dass dieser Studie zufolge "eine Politikänderung wahrscheinlicher ist, wenn diese den Einstellungen der Befragten mit höherem Einkommen mehrheitlich entsprach". Die Untersuchung liefere aber "keine belastbaren Erkenntnisse über Wirkmechanismen". Ebenfalls herausgenommen sind die Hinweise auf den "Einfluss von Interessensvertretungen und Lobbyarbeit".

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Brigitte Pothmer, kritisierte die Korrekturen: "Über Demokratie-Defizite muss offen geredet werden, alles andere ist Wasser auf den Mühlen der Populisten." Christina Deckwirth vom Verein Lobbycontrol sagte: Die Studie zeige, dass Vermögende bessere Möglichkeiten hätten, in der Politik Gehör zu finden. "Solche Erkenntnisse sind der Bundesregierung aber offenbar zu brisant, um sie zu veröffentlichen."

Der mehr als 600 Seiten starke Armuts- und Reichtumsbericht wird alle vier Jahre erstellt. Er enthält Informationen unter anderem über die Lage am Arbeitsmarkt, die Entwicklung der Löhne und Einkommen. Auch beim Bericht aus dem Jahr 2013 hatte es Ärger gegeben. Damals setzte die FDP durch, dass Aussagen über die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland verschwanden.

Armut in Deutschland

Regierung strich heikle Passagen aus Armutsbericht SZ

14. Dezember 2016

Ministerin Nahles hatte den Einfluss von Reichen auf die Politik untersuchen lassen. Manche Ergebnisse fehlen in der zweiten Fassung - an ihr hat auch das Kanzleramt mitgeschrieben.

Von Thomas Öchsner, Berlin


Petition[Bearbeiten]

https://weact.campact.de/petitions/wir-wollen-in-wurde-leben-schafft-armut-ab

An: Bundeskanzler Olaf Scholz, Arbeitsminister Hubertus Heil, Finanzminister Christian Lindner, Abgeordnete des Bundestages

Wir wollen in Würde leben – schafft Armut ab!

Noch nie lebten so viele Menschen in Deutschland am Existenzminimum wie heute. 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen und 16 Prozent der Erwachsenen waren laut einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Ende 2021 von Armut betroffen. Von sozialer Ausgrenzung und Armut bedroht waren zum gleichen Zeitpunkt, so das Statistische Bundesamt, sogar 24 Prozent. Und dabei ist noch nicht die hohe Dunkelziffer der "verdeckten Armut" erfasst. Expert:innen rechnen damit, dass bis zu 40 Prozent aller Leistungsberechtigten ihren Anspruch aus Angst, Scham oder Unwissenheit nicht geltend machen. Die Gründe dafür sind so vielfältig wie Armut selbst.

Wie divers Armut ist, demonstrieren seit dem 12. Mai 2022 Tausende Nutzer:innen unter dem Hashtag #IchbinArmutsbetroffen auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. In ihren Tweets berichten sie über alltägliche Überlebenskämpfe, über Anfeindungen, Ausgrenzungen, Abwertung und Angst, aber auch über Wut – Und sie verstecken sich nicht länger.

  1. IchBinArmutsbetroffen ist inzwischen zu einer basisdemokratischen linken, parteien-unabhängigen Bewegung angewachsen, die Druck auf die Politik ausübt und sich jeder Vereinahmung von rechts verwehrt. Wir fordern eine gesellschaftliche Umverteilung hin zu mehr Gerechtigkeit, unter anderem durch
  • armutsfeste Mindestlöhne,
  • existenzsicherndes BAföG,
  • Einführung einer Grundsicherung für Kinder,
  • Abschaffung der Bedarfsgemeinschaft,
  • Anhebung von Regelsätzen auf ein lebenswürdiges Niveau,
  • krisenfeste Absicherungen für Alters- und Erwerbsminderungsrentner:innen,
  • Abschaffung von Bürokratie und menschenunwürdigen Sanktionen.

Diese und weitere Forderungen befinden sich in unserem Offenen Brief [1]. Mehr als 200 Unterstützende aus allen gesellschaftlichen Milieus und aus verschiedensten Tätigkeitsbereichen haben sich den Forderungen angeschlossen. Menschen, die erkennen, was um sie herum falsch läuft und dringend geändert werden muss.

Warum ist das wichtig? Angesichts der aktuellen Inflation steigt die Armutsgefährdung in Deutschland rasant. Einmalige Ausgleichszahlungen etwa für Energie verpuffen. Immer mehr Armutsbetroffene wissen bereits Mitte des Monats nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen. Es geht um Essen, Energiekosten und Angst vor der zukünftigen Entwicklung, die Menschen sind verzweifelt.

Zeitgleich steigt die Armutsgefährdungsquote für immer mehr Erwerbstätige an, da Löhne und Gehälter nicht mit den steigenden Lebenshaltungskosten Schritt halten. Nach Angaben der Verbraucherzentrale sind im Nahrungsmittelbereich im Vergleich zum Vorjahr vor allem die Kosten für Speisefette und Speiseöle (+27,3 Prozent) sowie für Molkereiprodukte und Eier (+9,4 Prozent) gestiegen. Frisches Obst und Gemüse (Preissteigerung um 9,3 Prozent) können sich nur noch wenige Armutsbetroffene leisten. Gleiches gilt für Fleisch und Fleischwaren (Preissteigerung um 11,8 Prozent). Der Anstieg der Energiekosten wird mit 38,3 Prozent beziffert. Der soziale Frieden ist in Gefahr.

  1. IchBinArmutsbetroffen möchte mit einer neuen Solidaritätsbewegung dagegen angehen. Armut darf sich nicht verstecken. Sie kann jede:n treffen. Wir sind Menschen mit Ausbildungen, Studienabschlüssen, mit Kindern oder mit Erwerbszeiten, in denen wir unsere Angehörigen gepflegt oder Kinder begleitet haben. Wir sind Menschen mit chronischen Erkrankungen, mit Behinderungen, mit Gewalterfahrungen und mit Kräften, die einfach nachlassen. Deshalb werden wir laut.

Quellen

  • [1] Der Offene Brief als PDF
  • [2] Statistisches Bundesamt: Lebensbedingungen und Armutsgefährdung
  • [3] Verbraucherzentrale: Steigende Lebensmittelpreise: Fakten, Ursachen, Tipps
  • [4] ZDF Morgenmagazin: Initiative gegen Ausgrenzung von Armen
  • [5] Perspective Daily: Von Twitter in den Bundestag: Jetzt machen Betroffene *ihre Armut sichtbar
  • [6] Deutschlandfunk Kultur: Scham, Not und eine volle Schnauze
  • [7] ZDF Satire: Punks auf Sylt und #IchbinArmutsbetroffen | Bosetti will reden!
  • [8] Twitterperlen: Ich bin armutsbetroffen: 20 Tweets gegen Vorurteile und Klischees

ERSTUNTERZEICHNER:INNEN

Stephan Abendroth Michael Anbergen Franziska Anders Markus Angermeier Tanja Ahrend Zoe Anuschka Ahrend Sabine Arandt Undine Balk Jonas Bartels Christian Baron Michael Basilon Michael Baudler Aurin Azadî Becker Beate Behrens Peter Bentsch Benjamin Bertram Nadire Biskin Gabriele Biwanke-Wenzel Christian Blau A. Bodendorf Sascha Boelcke Stefan Boes Melanie Bohn Monika Bosbach Oliver Böhm Janina Böttger Daniela Brodesser Wiken Bronst Andrea Browers Brigitte Bruschwitz Peter Brückner Pascal Buckting Dirk Bullerdiek Arnhild Büchner Marco Bülow Corinna Cerruti Björn Christiansen Ann Clausing Beatrice Daum Olivier David Manuela Denia Anna Dickerhoff Anke Domscheit-Berg Marion Dosz Bernd Dorer Nicola Dülk Susanne Dunger Karsten Dunzweiler Britta Ehrhardt Yasmin Eisenmann Olaf Engel Janina Enning Frederik Enning Jessica-Samantha Esberger Felicia von Falkenstein Oliver Frey Gabriele Freytag Ulrike Friese Benjamin Fuchs Ursula Fuchs Claire Funke Lea G. Claudia Gens Beate Geibel Wilma Gerdes Giovanna Gilges Belinda Göres Sara Großer Manuel Guntermann Anne Güntert Jenny Günther Jens Christian Hanke Caro H. Inge Hannemann Susanne Hansen Meike Hartmann Sarah-Lee Heinrich Annabella Hellwich Jürgen Helten Gaby Herbst Maximilian Herzog Jörg Heurich Sonja Heurich David Hinder Lisa Hoffmann Manuela Hoffmann Stefan Hogland Marc Hollenbach Claudius Holler Nina Honerkamp Oliver Hume-Cook Stefan Hübner Markus Hüls Kai Jansson Christiane Jörg Natascha K. J. J. Karney Bettina Kastner Daniela Kemedinger Benjamin Keller Michaela Kirchberger Marlies Kindling Lukas Klenner Thomas Kluge Nancy Knobel Ulrike Köbele Katharina König-Preuss Hubertus Koch Ilse Kramer Florian Krawitz Rafael Kreißig Angelina Kroening Daniela Krüger Dominik Lehmann Christian Linder Rena Lingen Torsten Link Monika Lobinger Janina Lütt Juli Maëlle Rebecca Maisolle Dorothea Martin Gloria H. Manderfeld Nicky Meinecke Daniel Mészáros Karina Mildahn Petra Mohr Simone Möller Anke Müller Sebastian Murrer Peter Ochsenkühn Tine Öfner Denny Peters Lisa Poettinger Jörg Mertens Thomas Müller Rebekka Müller Katrin Päleke Maria-Christina Piwowarski Juliane Potapski Andrea Premm Nicole Prehn Brigitte Pültz Christine Pültz Silvia Rachner Torsten Radtke Sabine-Simmin Rahe Oliver Rath Carolin Reinhold Hilde Rektorschek Martin Riester Matthias Jörg Richter Dr. Karl-Albert Rinast Jasmin Rohling Stefan Röhl Carmen Rosenburg Irma S. Saegge Jörn Sander Dr. Francis Seeck Falk Schacht Luise Schaefer Ramona Schiller Dieter Schmeißer Morena Schmitt Dr. Ulrich Schneider Milla Schön Angela Schöttler Karl-Heinz Schöttler Natalie Schöttler Diana Schrenk Mario Schubring Andrea Christina Schulz Danny Schulz Yvonne Schulze Konstantin Seefeldt Annette Siegert Robert Spillner Annika Sprenger Alex Siegel Carmen Steiner Michael Stiefel Frauke Straatman Wolfgang Strößner Melanie Thede Maik Thiel Michel Triemer Gerhard Trabert Susanne Velden Gordon Vett Chris Vielhaus Klaus Völkel Oliver Waack-Jürgensen Maria Wagner Christian-R. Wagner Benjamin Walczak Nicole Wähner Gudrun Weber Tobias Weber Viviane Weber Astrid Werner Rita Werner Melanie Wery-Sims Cindy Weichert Katrin Weichert Sieglinde Welz Sandra Werba Annika Werner Uta Weyring Corinna Wilhelmi Janine Wissler Monika van den Woldenberg Joachim van den Woldenberg Sonja Wolfram Morgan Woinzeck Ali Zatata Sasa Zatata Regina Zauchner Lisa Zimmermann Christoph Zindel-Kostelecky Dr. Sven Zöphel

Wie die Unterschriften übergeben werden

Persönliche Übergabe in Berlin

Heult leiser, sterbt schneller, faules Pack[Bearbeiten]

Kinder sind arm, weil ihre Eltern arm sind. Und das ist staatlich gewollt.

Heult leiser, sterbt schneller, faules Pack: Das ist das Motto der Politik derzeit. Denn Grüne und SPD lassen die Afdp schalten und walten.

  • sozialverträgliches Ableben

https://twitter.com/andreeatribel/status/1551291448640913411

Andreea Tribel

@andreeatribel

Semeiotician | Style Maven of Twitter | Beautybloggerin & Stylistin | (she/her) RO/DE/EN

https://twitter.com/andreeatribel

München[Bearbeiten]

Für morgen klappt es bei uns #München nicht ganz, aber wir wollen dann am 6.8.2022 vor dem Grünwalderstadion so um 12 Uhr uns für einen flashmob #IchbinArmutsbetroffen treffen.

https://twitter.com/ArnoldSchiller/status/1550725071307694081


Ich bin leider nach dem Foto ganz schnell wieder abgehauen, sorry dafür! Die Polizei hat mich mit ihren Ausweiskontrollen nervös gemacht, ich hab nämlich im Moment gar keinen Ausweis und wollte Ärger vermeiden. Hoffe das läuft dann beim nächsten Mal besser. 🤭 Was trotzdem schön!

https://twitter.com/IrgendwasKreat1/status/1555902466339872768

  • Ausweise sind für Arme zum Luxus geworden. Sollte die Polizei wissen. Erbärmlich ist natürlich wieder dieser Einschüchterungsversuch durch die Staatsgewalt. München. Wo sonst. Reisende, meidet Bayern (Goethe), dieses kleine räuberische Bergvolk (Venantius Fortunatus).

https://twitter.com/AhamAberniya/status/1555931724277850114

Osnabrück[Bearbeiten]

Osnabrück ist gescheitert! Ich war vor zwei Wochen Vorort. Da war niemand :( Also außer zwei Polizisten!

https://twitter.com/Huegel_Alfons/status/1550752823696134147

...ich glaube unsere armut ist sehr schambehaftet... was, wenn mich einer sieht der mich kennt usw... wir #IchBinArmutsbetroffen .e sind sehr gut im verschleiern, verstecken, im ausreden erfinden... isso... 😔 hier im chat sind alle frei.........

https://twitter.com/Kubajaschimaru/status/1550757308220710913

Leider war niemand da mit Plakaten. Also war es nicht organisiert oder es ist jemand ausgefallen. Ich kannte aber auch keine Verantwortliche Schade. Aber nun findet nix statt . . . . 😢😢😢

https://twitter.com/Huegel_Alfons/status/1550759799230455810

Bochum[Bearbeiten]

23. Juli 2022 14 Uhr

Hauptbahnhof

Emden[Bearbeiten]

23. Juli 2022 13 Uhr

Glaspaläste, Barenburg

Neuer Armutsrekord[Bearbeiten]

Junge Welt - Aus: Ausgabe vom 30.06.2022, Seite 4 / Inland

KLASSENGESELLSCHAFT

Neuer Armutsrekord. Sozialverband stellt Armutsbericht vor. Pandemie wirkte als Verstärker von jahrelangem Trend

Von Nick Brauns

Die Befunde seien erschütternd, konstatiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, am Mittwoch bei der Vorstellung des Armutsberichts 2022 im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin: »Die Armut hat in den Pandemiejahren sprunghaft zugenommen. Nie hatten wir seit der Vereinigung mehr Armut, nie war Deutschland gespaltener.« Der Paritätische Armutsbericht basiert auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Als arm gilt jede Person, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens auskommen muss. Gemessen wird jeweils das gesamte Nettoeinkommen eines Haushalts inklusive Transferleistungen und Zuwendungen wie Wohn- und Kindergeld.

Mit einer Quote von 16,4 Prozent – das sind 13,8 Millionen Menschen – hat die Armut im vergangenen Jahr einen bisherigen Höchststand erreicht. Das sind 600.000 mehr als vor Ausbruch der Coronapandemie. Diese habe die Armut zwar »ganz massiv gepusht«, so Schneider, sei aber nur »die Spitze eines Trends« in Deutschland. Der Geschäftsführer verwies dabei auf eine Zunahme der Armen um zwei Millionen Menschen in den vergangenen 15 Jahren.

Auffällig sei der »ganz ungewöhnliche Zuwachs« der Armut unter Erwerbstätigen während der Pandemie, von neun auf über 13 Prozent. Insbesondere Selbständige hatten große finanzielle Einbußen zu erleiden. Betroffen sind aber auch abhängig Beschäftigte – infolge von Einkommensverlusten bei der Kurzarbeit sowie durch einen rapiden Anstieg bei der Teilzeitarbeit. Traurige Rekorde zeigten sich zudem bei der Kinder- und Altersarmut – 17,9 Prozent der Rentner und 20,8 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind arm.

junge Welt-Fotowettbewerb - jetzt teilnehmen. Im regionalen Vergleich deutlich höher als im BRD-Schnitt ist die Armutsquote in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Berlin und – mit 28 Prozent weit abgeschlagen – Bremen. Doch sei die »armutspolitische Problemregion Nummer eins« das Ruhrgebiet, so Schneider. Mehr als jeder fünfte der 5,8 Millionen Einwohner im größten Ballungsraum der Republik lebe in Armut. Während die bundesweite Quote der Hartz-IV-Beziehenden bei 8,1 Prozent liegt, sind es im Ruhrgebiet 14,4 Prozent. Vier von zehn Kindern sind dort von der Stütze abhängig.

Kein Verständnis zeigte der Sozialverband dafür, dass die Bundesregierung angesichts des derzeitigen extremen Anstiegs der Lebenshaltungskosten mit ihrem Entlastungspaket »wie mit der Gießkanne übers Land zieht«, denn Pandemie und Inflation treffen eben nicht alle gleich. Von 29 Milliarden Euro des Entlastungspakets fließen so gerade einmal zwei Milliarden ausschließlich an einkommensschwache Haushalte – und die würden durch die Inflation »verpuffen«, befürchtet der Verband. Notwendig sei ein weiteres, zielgerichtetes und nachhaltiges Entlastungspaket.

Zustimmung kommt von der Partei Die Linke. »Das Anwachsen der Armut ist schrecklich, aber das Ergebnis schlechter Politik«, betonte deren Kovorsitzende Janine Wissler in einer Presseerklärung. Finanziert werden könnten ein solches Entlastungspaket sowie die Erhöhung aller Sozialleistungen durch die Einführung von Millionärs- und Übergewinnsteuer sowie die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen. »Statt der Lohnabhängigen müssen endlich die Reichen und vor allem die Krisengewinnler stärker besteuert werden«, so Wissler.


Junge Welt 03.08.2022 / Thema / Seite 12

Akzeptiertes Elend Ideologen der »Wohlstandsgesellschaft« kritisieren den Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands

Suitbert Cechura

Auf der einen Seite sind die Medien voll von Warnungen aus Politik, Verbänden und Expertenkreisen vor wachsender Armut der Massen dank Inflation und nachhinkender Lohnentwicklung, auf der anderen Seite wird der aktuelle Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands (siehe Bericht und Kommentar in: junge Welt, 30.6.2022) ganz forsch mit halbseidenen Argumenten zurückgewiesen.

Moderne Armut[Bearbeiten]

Vor der Reformation galt Armut als edel, weil man annahm, dass Arme in der Nachfolge Jesu leben. Reiche bzw. Wohlhabende unterstützten Arme, um in den Himmel zu kommen, indem sie sich die Fürbitte der Armen durch Almosen "erkauften".

Man kann in Augsburg sogar noch ein Beispiel der "Edelmut" eines sehr reichen Menschen besichtigen. Jakob Fugger, genannt "der Reiche" gründete die sog. "Fuggerei", in der arme Menschen für eine nur symbolische Miete wohnen konnten und immer noch können, aber verpflichtet sind (auch heute noch) zweimal täglich für Jakob Fugger zu beten.

Dann kam Luther (also der Gründer der Kirche, die hunderte Jahre später extrem stark mit den Grünen verbandelt ist). Nach der Reformation teilte man dann Arme in "gute" Arme (Witwen, Waisen, Kranke, Alte) ein und "böse" Arme (Faulenzer, Hallodris, Arbeitslose) ein.

Die Betrachtung der Armut hatte sich massiv verändert.

Diese Betrachtung hielt sich dann für ein paar Jahrhunderte; also die Einteilung, wer ein „guter“ und wer ein „schlechter“ Armer ist.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich das Ganze dann nochmal krass verändert.

"Gute" Arme sind jetzt Menschen, die aus anderen Ländern kommen, "schlechte" Arme die, die es in einem Land wie dem unseren nicht schaffen, sich aus eigener Kraft aus ihrer Armut zu befreien. Auch innerhalb der "guten" Armen gibt es inzwischen ein Hierarchie-Gefälle. Die derzeit "besten Armen" kommen aus der Ukraine. Völlig egal, dass viele in Oberklasse-Autos ankommen. Sie gelten trotzdem als bedürftig. Da müssen die anderen Armen zurückstehen. Die aus Syrien, die aus Afghanistan und vor allem die, die in diesem Land geboren wurden.

Die "normalen Armen" in diesem Land bekommen inzwischen zwar mehr als die Almosen, die vor der Reformation verteilt wurden, aber sie werden im Grunde verachtet. Armut gilt nicht mehr als edel, sondern in aller Regel als persönlicher Makel, ganz im Gegensatz zur Zeit Jakob Fuggers, in der ein Reicher Vorkehrungen treffen musste, um nicht in die Hölle zu kommen. Die grüne Religion geht jetzt aber noch einen Schritt weiter in der Verachtung des „Pöbels“ (also 90% der Bevölkerung).

Man benötigt keine Fürsprecher gegenüber Gott mehr (an den ohnehin keiner mehr glaubt, schon gar nicht diese NGO, die sich „Evangelische Kirche“ nennt), damit man als Reicher trotzdem in den Himmel kommt.

Nein, die jetzigen bzw. künftigen Armen (und damit sind jetzt 90% der Bevölkerung gemeint) benötigt man nun, um durch deren Verzicht das Klima zu retten.

Jakob Fugger war kein Wohltäter, der hatte Angst schlicht und einfach Schiss vor der Hölle. Der wollte ein starres Kastensystem gar nicht ändern, der wollte auch das Prinzip von Reichtum und Armut nicht ändern, der hatte einfach nur Angst vor dem Fegefeuer.

Menschen wie z.B. Carla Reemtsma oder Luisa Neubauer, die aus der Oberschicht kommen, predigen nun der großen Mehrheit Verzicht, um selbst der Klima-Hölle zu entkommen.

Im Gegensatz zu Jakob Fugger dem Reichen sind diese Leute aber der Realität völlig entrückt.

Zur Zeit Jakob Fuggers war nämlich klar: man kommt mit diesem Lebenswandel in die Hölle. Es war demzufolge eine rationale Entscheidung, die Fuggerei zu gründen, um der Hölle zu entkommen. Der Deal von Jakob Fugger bestand in Leistung und Gegenleistung. Wohnen gegen Beten. Ein Dach über dem Kopf gegen sein Seelenheil.

Jakob Fugger kannte sich aus mit Deals. Der war Geschäftsmann und hieß nicht umsonst „Jakob Fugger der Reiche.“

Die Grünen und ihre saturierte Wählerschaft hingegen haben nichts anzubieten, außer Verzichts-Appelle und eine hochgehaltene Pseudo-Moral, die sich viele bald nicht mehr werden leisten können.

Was meinen die? Dass die Leute sich weiterhin begeistert in den Untergang schwätzen lassen?

Sorry, wenn man Deals machen will, muss man etwas anbieten und Verzicht zu predigen ist kein Angebot. Wie kommen diese Leute auf die Idee, sie könnten damit durchkommen, wenn es hart auf hart kommt und wir dann hier wirklich wieder Arme haben wie zu Jakob Fuggers Zeiten?

https://www.facebook.com/profile.php?id=100012396588262

--Methodios (Diskussion) 12:29, 30. Aug. 2022 (CEST)


Der Spiegel[Bearbeiten]

#IchBinArmutsbetroffen[Bearbeiten]

Unter dem Hashtag #IchBinArmutsbetroffen, den die alleinerziehende Mutter »Finkulasa« in Gang gebracht hatte, beschreiben gegenwärtig Menschen, was es bedeutet, in Deutschland von Armut betroffen zu sein. Diese Formulierung »von Armut betroffen« ist hier sehr wichtig, denn es geht eben nicht darum, arm zu sein, als sei es eine Eigenschaft, sondern man muss Armut als etwas begreifen, das einem widerfährt, als einen Schicksalsschlag. Und das ist vielleicht auch die Essenz dieses Hashtags: deutlich zu machen, dass Armut in verschiedenen Konstellationen jeden treffen kann. In den zahlreichen Schilderungen wird jedoch auf detaillierte Weise anschaulich, wie schwer es ist, hierzulande mit Hartz IV, Niedriglöhnen, Aufstockung oder einer geringen Rente ein würdevolles Leben zu führen. Diese Berichte reihen sich ein in die Erzählungen von Menschen, die momentan besonders durch Preissteigerungen belastet werden, wie beispielsweise »LuffyLumen«, die darüber schreibt, dass sie ihren Kindern schlicht keine Wassermelone kaufen kann. Die bittere Wahrheit der vielen geschilderten Lebenswirklichkeiten: Für eine von Armut betroffene Person wird in Deutschland die eigene Existenz zum reinen Überleben degradiert.

Hinzu kommt der aktuelle Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, nach welchem jeder und jede dritte Studierende in Armut lebt. Verbandsleiter Ulrich Schneider stellt fest : »Bin baff erstaunt. Nach unserer Studie zur #Armut unter Studierenden keinerlei Kommentare der sonst üblichen Armutsleugner, keine Beschimpfungen der @Paritaet, nichts dergleichen. Stattdessen scheint langsam auch der letzte begriffen zu haben: Ja, es ist Armut!«

Samira El Ouassil

1984 in München geboren, ist Schauspielerin und Autorin. Für ihre medienkritische Kolumne »Wochenschau« auf uebermedien.de wurde sie mit dem Bert-Donnepp-Preis für Medienpublizistik ausgezeichnet. Jüngst wurde sie vom »Medium Magazin« zur Kulturjournalistin des Jahres gekürt. Im Oktober 2021 veröffentlichte sie zusammen mit Friedemann Karig den Bestseller »Erzählende Affen«.

Das wäre tatsächlich ein Fortschritt. Denn jedes Mal, wenn ich irgendwo über Armut schreibe, können Sie Ihre Rolex darauf verwetten, dass etliche Kommentare darauf hinweisen, dass von Armut betroffene Menschen im Grunde doch immer auch selbst an ihrer Situation schuld seien. Von »Die sollen halt arbeiten gehen!« über »Warum geben sie sich nicht mehr Mühe beim Geld haben?« bis zu »Faul, drogensüchtig und dumm!« ist alles an ätzenden Erniedrigungen dabei. Von Armut betroffene Menschen werden auch in Deutschland traditionell verachtet, weil die unterstellte Disziplinlosigkeit, das angebliche Sichgehenlassen vielen hier geradezu als frech erscheint, stellt es doch die verteidigte Funktionalität einer Leistungsgesellschaft infrage. Die Idee der Eigenverantwortlichkeit für das persönliche Schicksal scheint sich konsequent logisch aus dem Geiste der Aufklärung entwickelt zu haben.

Denn wenn weder Götter noch Könige unsere Geschicke lenken und bestimmen und es keine Stände gibt, die durch Kastensysteme unseren Platz in der Welt von Geburt an festlegen, dann können nur unser eigener Fleiß und Schweiß, unser Talent und unsere Leistung dafür verantwortlich sein, wo wir uns gerade in unserem Leben befinden. Die finanzielle Stabilität als Indikator eines stabilen, tüchtigen Menschen versus die Armut als Beleg eines individuellen Scheiterns, persönlichen Unvermögens oder aber eines Unwillens, mehr aus sich zu machen. Um diesen Mythos erfolgreich aufrechtzuerhalten, kommt vor allem ein soziales Instrument zum Einsatz: Scham. Genauer: Beschämung. Ein Mechanismus, der zur Verhaltenskontrolle eingesetzt wird. Sie funktioniert auf zwei Arten:


Die Beschämung ist ein fabelhaftes soziales Tool, um das Ideal der Eigenverantwortlichkeit aufrechtzuerhalten, denn sie führt zu einer gern gedrehten Armuts-Beschämungs-Spirale, die es ökonomisch abgesicherten Bürgerinnen und Bürgern einfacher macht, sich Armut – was? In Deutschland? Unmöglich! – nicht konkret vorstellen zu müssen. Durch sie entsteht die Wahrnehmungslücke einer naiven Elendsleugnung. Analog zum berühmten Konzept der Schweigespirale der Kommunikationswissenschaftlerin Elisabeth Noelle-Neumann funktioniert diese Armuts-Beschämungs-Spirale folgendermaßen: Eine Gesellschaft hält an der vorherrschenden These »Wer arm ist, der ist selbst dran schuld!« fest – vor allem in einem aufgeklärten, liberalen, prosperierenden Land.

Klischees von Armut

Auf Grundlage dieser gesellschaftlichen Ansicht werden einkommensschwache Menschen als randständig stigmatisiert, weshalb sie nicht darüber sprechen, weshalb sie unsichtbar bleiben und die Schicksale vieler in einer Schweigespirale des Sichgenierens verstummen; weshalb im wohlständigen Teil der Gesellschaft wiederum gedacht wird, dass es den meisten ja gut gehe – und sie folglich zum Schluss kommen: Wer arm ist, muss also selbst daran schuld sein! In einer Mischung aus Klischees über Arme, die auch in deutscher Unterhaltung und schlechter Berichterstattung transportiert werden, aber auch aus reiner, dumpfer Ignoranz und fehlender Verfügbarkeit, weil man die Gesamtheit an prekär lebenden Menschen ja nicht immer vor Augen hat, erkennt die Mehrheit der Gesellschaft das Problem nicht als ein gesamtgesellschaftliches an, sondern als individuelles Versagen einiger aus einer abseitigen Minderheit. Aus diesem Grund müsste zur Bekämpfung der Armut neben ökonomischen Lösungen auch eine Entstigmatisierung erfolgen sowie eine Sichtbarkeit geschaffen werden, welche eine grundlegende Auseinandersetzung erzwingt. Deswegen ist der Hashtag in seiner Formulierung »Von Armut betroffen« auch so wirkmächtig.

Zur ökonomischen Ausgrenzung kommt nicht nur eine soziale hinzu, sondern auch eine innerliche Selbstausgrenzung.

Der zweite Hebel der Beschämung: Mit der Behauptung von Schuld und Faulheit, von Charakterschwäche und der potenziellen Möglichkeit, es ja aus eigenem Antrieb besser machen zu können, wenn man denn nur wollte, gibt man Menschen erfolgreich so lange die Schuld an der eigenen Armut, bis sie die Scham verinnerlicht haben und gegen sich selbst einsetzen; bis sie sich selbst für unzureichend und schwach halten, für nicht zugehörig und zu Recht in der aussichtslosen Position gelandet. Das heißt, zur ökonomischen Ausgrenzung kommt nicht nur eine soziale hinzu, die z.B. den Zugang zum Gesundheits- und Bildungssystem erschwert, sondern auch eine innerliche Selbstausgrenzung. Dieses Gefühl geht einher mit der Feststellung, dass man im tiefsten Inneren machtlos ist.

Der Soziologe Kurt Salentin erklärt : »Der Blockierung des Selbsthilfepotentials durch die Scham, die man als Dilemma der Hilfesuchenden bezeichnen könnte, muss entgegengewirkt werden. Wer in einer Notlage unbefangen von allen Informations- und Beratungsangeboten Gebrauch machen soll, muss dies entweder in dem Bewußtsein einer moralischen Berechtigung tun, was eine gesellschaftliche Neubewertung der Armut voraussetzt, die sich derzeit nicht wirklich abzeichnet. Oder er bzw. sie muss sich auf die vertrauliche Behandlung seines/ihres Problems verlassen können.«

Scham also als eine Waffe, die marginalisierte Menschen gegen sich selbst richten, eine Fessel, die verhindert, dass man über sein Elend öffentlich spricht, und somit ein Instrument, welches die Sichtbarkeit dieser Ungerechtigkeiten verhindert. Das Dilemma beziehungsweise die Stärke symbolischer Gewalt ist die Internalisierung der Ungleichheiten, bis sie selbstverständlich erscheinen. Diese Dreifaltigkeit der Scham beschreibt der französische Schriftsteller Édouard Louis sehr gut in seinem ersten Roman »Das Ende von Eddy« (»En finir avec Eddy Bellegueule«):

»Wir hatten weniger Geld und es war eine Schande [...], wenn wir zu den Restos du Coeur [das französische Pendant zu den Tafeln] gingen, um Essenspakete abzuholen. [...] Und meine Eltern ermahnten mich zum Schweigen. Du darfst es nicht erzählen, vor allem nicht, dass wir zu den Restos du Coeur gehen, das muss in der Familie bleiben. Sie waren sich nicht bewusst, dass ich schon vor langer Zeit, ohne dass sie es mir sagen mussten, verstanden hatte, welche Schande das bedeutete, dass ich um nichts in der Welt darüber gesprochen hätte.«


Aus eigener Erfahrung weiß ich: Von Armut betroffen zu sein heißt, ein Leben als eine Art heimliches Alien zu führen. Niemand darf mitbekommen, dass man in Wirklichkeit kein richtiger Mensch ist. Und dieses Gefühl ist nicht mal ganz verkehrt: Betrachtet man die politische Auseinandersetzung und die gescheiterte Sozialpolitik der letzten Jahrzehnte, dann ist man offenbar wirklich kein richtiger Mensch, sondern nur ein zählbares Element in einer Statistik. Diese Entmenschlichung wird hoffentlich durch die Sichtbarmachung und das Aufbrechen der Armuts-Beschämungs-Spirale reduziert, wenn hoffentlich endlich klar wird: Da Armut jeden Menschen treffen kann, betrifft sie uns alle.

#IchBinArmutsbetroffen. Warum der Hashtag so wirkmächtig ist

Eine Kolumne von Samira El Ouassil

Von Armut betroffene Menschen werden auch in Deutschland traditionell verachtet. Scham wird dabei zu einer Waffe – die marginalisierte Menschen auch gegen sich selbst richten.

19.05.2022, 18.45 Uhr

--Methodios (Diskussion) 15:52, 6. Aug. 2022 (CEST)

Klassizismus[Bearbeiten]

SPIEGEL: Wer wenig oder nichts verdient, hat schlechteren Zugang zu Bildung, Kultur, Arbeitsmarkt und medizinischer Versorgung, schreiben Sie in Ihrem neuen Buch. Dabei dürften soziale Teilhabe und Chancengleichheit noch nie so groß gewesen sein wie jetzt, oder?

Seeck: Darauf berufen wir uns als Gesellschaft gern und unterschätzen dabei, wie wirkmächtig der Klassismus noch ist, also die Diskriminierung aufgrund von sozialer Herkunft und Position. Er durchdringt nahezu alle Bereiche unseres Alltags und trifft sehr viele Menschen, vor allem Wohnungs- und Erwerbslose sowie Arbeiter*innen und ihre Kinder.


Francis Seeck, 1987 in Ost-Berlin geboren, ist Kulturanthropolog*in und Antidiskriminierungstrainer*in. Als Kind einer alleinerziehenden, erwerbslosen Mutter setzte sich Seeck schon früh mit den Auswirkungen der Klassengesellschaft auseinander. Heute forscht und lehrt Seeck zu Klassismus und sozialer Gerechtigkeit, nach einer Vertretungsprofessur an der Hochschule Neubrandenburg nun als Post-Doc an der Humboldt-Universität Berlin.

SPIEGEL: Wo macht er sich bemerkbar?

Seeck: Ich werde als Wissenschaftler*in manchmal für Podiumsdiskussionen und Talkshows angefragt und schlage dann vor, zum Beispiel auch jemanden von der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen als Expert*in einzuladen. Ich höre dann häufig die Frage: Sind die denn podiumstauglich? Einkommensarme Menschen dürfen ihre persönlichen Geschichten erzählen, aber man traut ihnen selten eine Expertise zu, weil sie nicht im Erwerbsleben stehen oder nicht studiert haben.

SPIEGEL: Aber ein Hochschulstudium dient doch dazu, Fachwissen und Expertise aufzubauen.

Seeck: Das ist richtig, doch Mitarbeiter*innen einer Erwerbsloseninitiative, die seit vielen Jahren Beratungen organisieren und sich täglich mit den Herausforderungen des Hartz-IV-Systems auseinandersetzen, wissen oft genauso viel oder mehr als jemand, der sich damit nur theoretisch befasst. Bildungszertifikate und andere Hürden verwehren ihnen jedoch, als Expert*innen wahrgenommen zu werden.

SPIEGEL: Woran liegt es, dass wir solche Hürden nicht längst abgeschafft haben?

Seeck: Klassismus ist eine Diskriminierungsform, die soziale Ungleichheiten aufrechterhalten soll. Die Kluft zwischen Armen und Reichen wächst stetig, die acht reichsten Menschen der Welt haben inzwischen ein Gesamtvermögen, das dem der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung entspricht. Das ist krass, daran muss sich etwas ändern. Wir könnten Reichtum stärker besteuern oder den Mindestlohn drastisch anheben. Stattdessen legitimieren wir diese Ungleichheit, indem wir uns gegenseitig weismachen: Wer arm ist, ist selbst schuld. Dieses Herabschauen auf eine große und sehr heterogene Gruppe in der Gesellschaft, das ist Klassismus.


SPIEGEL: Ihre Mutter war erwerbslos. Wann haben Sie selbst Klassismus erlebt?

Seeck: Ich bin in Kreuzberg zur Schule gegangen, wir lebten von Sozialhilfe und konnten uns selten erlauben, in einem Restaurant zu essen. Doch als ich etwa zehn Jahre alt war, lud mich meine Mutter in eine Pizzeria ein. Dort sah uns eine Pädagogin, die mich aus der Schule kannte. Am nächsten Tag fing sie mich ab und fragte mich, wie wir es uns denn leisten könnten, Pizza essen zu gehen. Da habe ich zum ersten Mal gespürt, dass wir unter Beobachtung standen und dass andere darüber urteilen, was wir tun und wie wir uns ernähren, à la: »Wer arm ist, soll es auch schlechter haben.« Das hat sich sehr abwertend angefühlt.


SPIEGEL: Studien zeigen seit Jahren, dass Kinder aus materiell armen Familien in der Schule schlechter abschneiden als wohlhabende Kinder, obwohl sie gleiche Leistungen erbringen. Dasselbe gilt auch für Schülerinnen und Schüler aus zugewanderten Familien.

Seeck: Ja, oft vermischen sich Unterdrückungsformen wie Klassismus und Rassismus. Die Vorurteile, mit denen wir aufwachsen, sind in diesem Fall sogar ganz ähnlich: Menschen, die Hartz IV beziehen oder aus bestimmten Regionen der Erde zugewandert sind, seien faul, ernährten sich schlecht und bekämen zu viele Kinder, mit denen sie dann überfordert seien. Jungen aus migrantischen und einkommensarmen Familien haben einen besonders schweren Stand. Es gibt verschiedene Gründe, wieso sie an Universitäten vergleichsweise selten zu finden sind. Einer davon ist, dass ihnen Lehrer*innen und andere Menschen in ihrem Umfeld das Gefühl vermitteln, es sowieso nicht dorthin zu schaffen.

SPIEGEL: Was müsste geschehen, damit diese Diskriminierungen abnehmen?

Seeck: Wir brauchen mehr Lehrer*innen, die einen Bezug zu den Lebensrealitäten ihrer Schüler*innen haben. Die verstehen, dass manche Kinder ihre Eltern auf Arzttermine begleiten müssen, um zu übersetzen, und dass sie womöglich kein eigenes Zimmer haben, in dem sie ungestört ihre Hausaufgaben machen können. Alleinerziehende Mütter haben, wenn sie mehreren Jobs nachgehen, wenig Zeit, um ihre Kinder zu Schulveranstaltungen zu begleiten. Wir sollten nicht solch einen negativen Blick auf diese Familien richten, sondern auch schauen: Welche Ressourcen bringen sie mit? Was leisten sie?

SPIEGEL: Zum Beispiel?

Seeck: Menschen, die Hartz IV beziehen, müssen sich mit einer Bürokratie herumschlagen, die sehr aufwendig und zeitraubend ist. Das sollte wertgeschätzt werden, statt Erwerbslose in TV-Sendungen wie »Hartz und herzlich« dabei zu präsentieren, wie sie Alkohol trinken und rauchen. Auch für materiell arme und junge Mütter wünsche ich mir mehr Respekt und soziale Anerkennung, nicht nur für sie müssten die Hartz-IV-Sätze dringend angehoben werden. Kinder, die mehrere Sprachen können, sollten ebenfalls stärker gesehen werden. Bei uns war es früher in den Pausen verboten, Türkisch oder Arabisch zu sprechen. Latein oder Französisch wären hingegen ziemlich sicher kein Problem gewesen. Das zeigt, wie viel Klassismus in der Frage steckt: Was gilt eigentlich als Bildung, und wer entscheidet das?

SPIEGEL: Wie definieren Sie den Begriff?

Seeck: Bildung hat zwei Seiten: Sie ist zum einen die Möglichkeit, sich mit der Welt auseinanderzusetzen und sich Wissen anzueignen. Und sie ist ein Herrschaftsinstrument: Sie teilt die Gesellschaft in Gebildete und Ungebildete, und sie verleiht denen, die Abschlüsse und Bücherregale vorweisen können, ein kulturelles und auch wirtschaftliches Kapital, weil diese Form der Bildung zu besser bezahlten Jobs führt. Dabei manifestiert sich Bildung nicht vor allem im akademischen Kontext. Man kann sich auch mit TV-Sendungen weiterbilden – nicht nur mit Büchern. Und es ist ein Klischee, dass in sogenannten bildungsfernen Haushalten dauernd der Fernseher liefe.

Seeck, Francis

Zugang verwehrt: Keine Chance in der Klassengesellschaft: wie Klassismus soziale Ungleichheit fördert (Atrium Zündstoff)

Verlag: Atrium Verlag AG

Seitenzahl: 126

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SPIEGEL: Gilt ein großer Fernseher in der Arbeiterklasse jedoch nicht eher als Statussymbol?

Seeck: Wenn es so wäre, wäre das nicht per se problematisch. Jede Klasse hat ihre Statussymbole, sie drücken Zugehörigkeit aus. In bildungsbürgerlichen Gruppen sind es vielleicht bestimmte Zeitungsabos oder hochwertige Outdoorkleidung, ein Rennrad oder teure Gemälde. Schwierig finde ich allerdings, dass sich einkommensreiche Menschen über die Statussymbole anderer Gruppen lustig machen und sie abwerten. Es ist ein Vorurteil, dass materiell arme Menschen materialistischer seien und einen größeren Teil ihrer Ersparnisse in Fernseher oder Handys investieren, während die Ober- und Mittelklasse angeblich nachhaltiger lebt. Dort wandert auch sehr viel Geld in Produkte, die man kritisieren könnte.

SPIEGEL: Sie raten ab, von »sozialem Aufstieg« zu sprechen. Wie kann man es dann nennen, wenn jemand, dessen Eltern nicht studiert haben, an eine Hochschule geht und in einen Beruf einsteigt, in dem er gut verdient?

Seeck: Das ist eine komplizierte Frage. Einige Begriffe, die man hinterfragen sollte, benutze ich ja selbst, auch wenn ich lieber von Klassenwechsler*innen spreche. Doch natürlich will jede Person in finanzieller Sicherheit leben und sich keine Sorgen machen müssen, wie sie über den Monat kommt. Deswegen kann man das schon als Aufstieg bezeichnen. Aber es schwingt darin eben auch mit, dass es besser ist zu studieren. Das hat jedoch mit den viel zu großen Einkommensunterschieden zwischen Professorinnen und Pflegerinnen, zwischen Maurern und Intendanten zu tun. Darin manifestieren sich Klassenpositionen.

SPIEGEL: Wie sehr macht sich die Klasse am Einkommen fest – und wie sehr an Sprache oder Kleidungsstil?

Seeck: Beides ist wichtig, Geld und Habitus. Auch die Kontakte, das Netzwerk, das man unterhält, spielen dort hinein, ebenso wie ein sehr subjektives Gefühl der Zugehörigkeit. Das hängt alles miteinander zusammen, deswegen ist es auch schwer, die Klasse tatsächlich zu wechseln, wenn sich das Gehalt ändert. Wie wir aufgewachsen sind, prägt uns sehr. Meine Mutter hatte zum Beispiel studiert. Das hat es mir sicher erleichtert, selbst an eine Hochschule zu gehen.

SPIEGEL: Sie forschen auch zu Transfeindlichkeit. Hat sich in diesem Bereich nicht viel verbessert? Mit Begriffen wie LGBTQ und nicht binär können mehr Menschen etwas anfangen als noch vor einigen Jahren.

Seeck: Die Sichtbarkeit und das Verständnis sind gerade in der jungen Generation gewachsen. Aber auch hier mischen sich Diskriminierungsformen: So sind einkommensarme transgeschlechtliche Personen besonders stark von Klassismus betroffen, es kommt immer noch vor, dass sie ihren Job verlieren, wenn sie sich outen. Wer weiter oben in der sozialen Hierarchie steht, hat es zwar meist leichter, sich zu seinem Transsein zu bekennen. Aber der Wissenschaftsbereich beispielsweise, in dem ich arbeite, ist noch nicht besonders queerfreundlich. Ich sortiere mich selbst nicht in die Box »männlich« oder »weiblich« ein und weise stets darauf hin, wie ich angesprochen werden möchte. Trotzdem bekomme ich oft Post, die mit »Sehr geehrte Damen und Herren« oder »Lieber Herr Seeck« beginnt. Auch da würde ich mir mehr Offenheit für andere Optionen wünschen.

Soziale Herkunft und ihre Folgen. Wer arm ist, ist selbst schuld?

Habitus und Einkommen: Daran zeigt sich, zu welcher Klasse wir gehören. Was Klassismus mit uns macht und was wir dagegen tun können.

Ein Interview von Heike Klovert • 09.04.2022, 15.37 Uhr

--Methodios (Diskussion) 16:24, 6. Aug. 2022 (CEST)

Auch Herkunft wird benotet[Bearbeiten]

Soziale Ungleichheit. Auch Herkunft wird benotet

Je gebildeter und reicher die Eltern, desto besser die Note. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie und zeigt: Seit Pisa hat das deutsche Bildungssystem nicht genug dazu gelernt. Experten warnen zwar vor Lehrerschelte - attackieren aber die derzeitige Notengebung.

Von Frauke Lüpke-Narberhaus 14.12.2011, 17.23 Uhr

Schulanfänger: Ob sie später aufs Gymnasium wechseln, hängt stark vom Elternhaus ab

Schulnoten führen regelmäßig zu Diskussion. Schüler streiten sich mit Mitschülern und Lehrern, Lehrer mit Eltern und Schulleitern - durchaus zu Recht wie eine am Mittwoch veröffentlichte Studie zeigt: Denn die Notenvergabe lässt sich nur zum Teil mit der Leistung eines Schüler erklären. Darüber hinaus beeinflussen Abstammung, Geschlecht und vor allem das Elternhaus die Benotung. Das Fazit der Wissenschaftler: "Herkunft wird mit zensiert."

Die Untersuchung unter dem Titel "Herkunft zensiert? Leistungsdiagnostik und soziale Ungleichheit in der Schule" im Auftrag der Vodafone-Stiftung zeige, dass auch Noten und Schulempfehlungen zur sozialen Ungleichheit beitragen, sagte der Stiftungs-Geschäftsführer Mark Speich. Besonders gravierend wirkt sich diese Praxis beim Übergang von der Grundschule zum Gymnasium aus.

Fotostrecke Schulnoten: So unfair können Zensuren sein


8 Bilder Foto: Vodafone Stiftung

Die Bildungsforscher Kai Maaz von der Uni Potsdam, Ulrich Trautwein von der Uni Tübingen und Franz Baeriswyl von der Uni Freiburg in der Schweiz haben die Untersuchung als Meta-Studie durchgeführt: Sie bedienten sich dazu bei den Ergebnissen der Timss-Übergangsstudie, der Berliner Element-Studie sowie die der Tosca-Studie. Deren Ergebnisse setzten sie mit den Schulnoten und beispielsweise mit dem Geschlecht, der Herkunft und dem Bildungsstand der Eltern in Verbindung.


Die zentralen Ergebnisse lauten:

Die Wissenschaftler haben den Grad der Korrelation zwischen sich teilweise überlagernden Merkmalen und der Notengebung gemessen: Demnach lassen sich Schulnoten zwar zum größten Teil mit der Leistung erklären (knapp 50 Prozent). Mit einem Einflussgrad von rund 20 Prozent und in etwa gleichstark spielten kognitive Fähigkeiten, der Bildungshintergrund der Eltern, der Bücherbesitz im Elternhaus sowie der sozioökonomischen Status eine Rolle.

Auch ob ein Schüler ausländische Wurzeln hat, beeinflusst die Notenvergabe, wenn auch weniger stark, als die vorangegangenen Faktoren. "Die Annahme, dass Schüler mit Migrationshintergrund an der Übergangsschwelle von der Grundschule in die weiterführende Schule wegen ungerechter Notenvergabe benachteiligt werden könnten, wurde durch die Studie nicht bestätigt", heißt es in der Zusammenfassung.

Das Geschlecht spielt dagegen nur eine marginale Rolle. Allerdings fällt auf, dass Mädchen etwas besser (2,58) benotet werden als Jungen (2,67), obwohl sie in den standardisierten Leistungstest etwas schlechter abschnitten.

Bei der Notenvergabe spielt auch eine Rolle, wie sehr ein Schüler bereit ist, sich anzustrengen (rund 14 Prozent) und wie gewissenhaft er arbeitet (9 Prozent).

Heute sind etwa ein Fünftel der Gymnasiasten Arbeiterkinder. Wenn sich die soziale Herkunft nicht mehr aus die Leistung auswirken würde, könnte deren Anteil auf fast ein Drittel steigen.

Umgekehrt vergeben Lehrer auch Gymnasialempfehlungen, die sie selbst nicht für angemessen halten. So erhielten Schüler in knapp sechs Prozent aller Fälle eine zu positive Empfehlung. Diese Abweichung ist statistisch signifikant dem sozialen Hintergrund der Schüler geschuldet.


Diese Erkenntnisse sind nicht neu - in ihrer neuen Zusammenstellung zeigen sie aber, dass sich an den längst bekannten Problemen, die spätestens seit der erste Pisa-Studie von 2001 breit diskutiert werden, kaum etwas gebessert hat.


Bekannt ist längst, dass Jungen in der Schule oft eher schlechter bewertet werden als Mädchen. Selbst der falsche Vorname kann Kindern die schulische Zukunft verbauen.

Und auch die jüngste internationalen Iglu-Grundschulstudie zeigte, dass es Kinder aus Unterschichts- und Einwandererfamilien in kaum einem anderen Land so schwer haben wie in Deutschland.

Die Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Marianne Demmer, sagte zu den Ergebnissen: "Die Grundschullehrer müssen bei der Schullaufbahnempfehlung jedes Mal einen Spagat bewältigen, der ihnen von einem selektiven Schulsystem aufgezwungen wird." Bei Kindern aus begüterten Familien würden die Lehrer trotz Zweifel eher zur Gymnasialempfehlung neigen - in der Gewissheit, dass die Eltern notfalls mit Nachhilfe ihr Kind schon zum Abitur bringen werden.

Der Geschäftsführer Speich warnt vor einer kollektive Lehrerbeschimpfung. "Die Konsequenz darf aber nicht Lehrerschelte sein", sagt er. "Vielmehr sollten die üblichen Formen der Leistungsdiagnostik und Übertrittsregelungen überdacht werden."

Mit Material von dpa

--Methodios (Diskussion) 16:31, 6. Aug. 2022 (CEST)


Alternativen[Bearbeiten]

Gut gemeinte Finanztipps auf Twitter:

"Du MUSST günstiger leben, ich komm auch ohne Probleme über die Runden!"

  • sagt der Single ohne Kinder

"Mach dich selbstständig!"

"Mehr Schwarzarbeit annehmen!"

"Tja, hättest du mal was anständiges gelernt!"

"Verkauf deinen Körper!"

🙄

https://twitter.com/MaximalesD/status/1565379267365576704


Vergesse nicht Sparbuch, Haushaltsbuch führen, Organhandel, nimm jeden Job an, Drogendealer, Verkauf doch alle deine Möbel die nicht nutzt. Du kannst aber gut tanzen mach doch Table dance, hier schau mal dieses Schneeballsystem nun bin ich reicher..oh mach doch Influencer..

https://twitter.com/Gurkensalat1989/status/1565398420403245057

Die Kohle geht Grad weg wie nix. Zum Glück trägt das Töchterchen grade Klamotten von meiner Frau auf, Vintage und so 😁 Körper verkaufen geht nur in Teilen, Haare sind schon weg......

https://twitter.com/Mic0512/status/1565384180522967040

Verkauf eine Niere, ein Stück Leber, vom Lungenflügel kann auch großzügig was weg…

https://twitter.com/DaniBaerHH/status/1565459669115600898

Mit Körper verkaufen ist ja wohl hoffentlich nur die Niere gemeint

https://twitter.com/TrolliTheEagle/status/1565408752240574464

Also, eigentlich ist da vermieten gemeint...😇

https://twitter.com/Jenerwelcher1/status/1565433503969431560

Ich fürchte nicht...

https://twitter.com/MaximalesD/status/1565411573094662150 TE!

Oh man dann will ich lieber gar nicht wissen was für ein Schweinkram damit gemeint sein könnte 🙈😂


https://twitter.com/TrolliTheEagle/status/1565414522118180867

Also ich schon 🙄

https://twitter.com/ichwarswirklich/status/1565415109832359936

--Methodios (Diskussion) 16:35, 7. Sep. 2022 (CEST)

"Ich habe zwar keine Ahnung, aber jede Menge Meinung!" Knicklichter. Wenn ich meinen Körper verkaufen würde, dann, tjahaaa DANN...wäre ich nach drei Wochen verhungert.

https://twitter.com/MDirtydeeds/status/1565380222496686080

Also, ich kann mich nicht davon ausnehmen, hin und wieder mal gedacht zu haben "wenn ich meinen Körper verkaufe könnte es einfacher sein"...

https://twitter.com/chaos_mutter/status/1565447371391209472

Wenn du deinen Körper verkaufst, freuen sich bestimmt einige Medizinstudenten.... Bin ja schon weg....

https://twitter.com/_einfach_M/status/1565392457545793537

Deinen Körper verkaufst Du schon mit Deinem körperlichen Einsatz am Arbeitsplatz. 🤔

https://twitter.com/KaySB200/status/1565606299680866305

Hat mein Bruder mir mal geraten. Mach doch Domina. Musst nicht mal mit denen schlafen!! Klar, super Idee. Warum bin ich da nicht früher drauf gekommen 😒🙄 (Mein Bruder u ich haben ein super Verhältnis, und natürlich war das zu 99% scherzhaft gemeint. Aber das eine Prozent...😉)

https://twitter.com/grueneolive/status/1565662040240361472

Warum muss ich jetzt an Werbetatoos denken.? Der Esso-Tiger der Michelinmann auf der Brust. 😂

Tut mir leid, ich hoffe, mein Beitrag heute mittag war nicht übergriffig.

https://twitter.com/HerminePotterxx/status/1565380340713242630

Letzteres wäre eine Überlegung wert.. so langsam...

https://twitter.com/CptNiightmare/status/1565380289815367689

Lauter im Wohlstandsspeck lebende Schrumpfhirne, diese Tipps sind so viel Wert wie benutztes Klopapier.

https://twitter.com/JustoQua/status/1565451438934876161

--Methodios (Diskussion) 08:40, 8. Sep. 2022 (CEST)

TOKIO, 6. September (Reuters) – Shoji Morimoto hat, was manche als Traumjob ansehen würden: Er wird dafür bezahlt, so gut wie nichts zu tun.

Der 38-jährige Einwohner von Tokio verlangt 10.000 Yen (71 US-Dollar) pro Buchung, um Kunden zu begleiten und einfach nur als Begleiter zu existieren.

„Im Grunde vermiete ich mich selbst. Meine Aufgabe ist es, dort zu sein, wo meine Kunden mich haben wollen, und nichts Besonderes zu tun“, sagte Morimoto gegenüber Reuters und fügte hinzu, dass er in den letzten vier Jahren rund 4.000 Sitzungen abgewickelt habe.

Mit einem schlaksigen Körperbau und einem durchschnittlichen Aussehen kann Morimoto jetzt fast eine Viertelmillion Follower auf Twitter vorweisen, wo er die meisten seiner Kunden findet. Etwa ein Viertel von ihnen sind Stammkunden, darunter einer, der ihn 270 Mal eingestellt hat.

Sein Job hat ihn mit einer Person, die auf einer Wippe spielen wollte, in einen Park geführt. Er hat auch durch ein Zugfenster einem völlig Fremden gestrahlt und zugewunken, der eine Verabschiedung wollte.

Nichts zu tun bedeutet nicht, dass Morimoto irgendetwas tun wird. Er hat Angebote abgelehnt, einen Kühlschrank zu transportieren und nach Kambodscha zu gehen, und nimmt keine Anfragen sexueller Natur an.

Letzte Woche saß Morimoto Aruna Chida gegenüber, einer 27-jährigen Datenanalystin in einem Sari, und führte ein spärliches Gespräch bei Tee und Kuchen.

Chida wollte das indische Kleidungsstück in der Öffentlichkeit tragen, hatte aber Angst, dass es ihre Freunde in Verlegenheit bringen könnte. Also wandte sie sich hilfesuchend an Morimoto.

Shoji Morimoto, der 10.000 Yen (71,30 $) pro Buchung berechnet, um Kunden zu begleiten und einfach als Begleiter zu existieren, benutzt ein Mobiltelefon, während er seinen Kunden Aruna Chida in einem Café in Tokio, Japan, am 31. August 2022 trifft.

„Mit meinen Freunden habe ich das Gefühl, dass ich sie unterhalten muss, aber mit dem Mietmann (Morimoto) habe ich nicht das Bedürfnis, gesprächig zu sein“, sagte sie.

Bevor Morimoto seine wahre Berufung fand, arbeitete er bei einem Verlag und wurde oft wegen „Nichtstuns“ gescholten.

"Ich begann mich zu fragen, was passieren würde, wenn ich meine Fähigkeit, nichts zu tun, als Dienstleistung für Kunden anbieten würde", sagte er.

Das Gesellschaftsgeschäft ist nun Morimotos einzige Einnahmequelle, mit der er seine Frau und sein Kind ernährt. Obwohl er es ablehnte, offenzulegen, wie viel er verdient, sagte er, er sehe etwa ein oder zwei Kunden pro Tag. Vor der Pandemie waren es drei oder vier am Tag.

Als er einen Mittwoch damit verbrachte, nichts Nennenswertes in Tokio zu tun, dachte Morimoto über die bizarre Natur seines Jobs nach und schien eine Gesellschaft in Frage zu stellen, die Produktivität schätzt und Nutzlosigkeit verhöhnt.

„Die Leute neigen dazu zu denken, dass mein ‚Nichtstun‘ wertvoll ist, weil es (für andere) nützlich ist … Aber es ist in Ordnung, wirklich nichts zu tun. Die Leute müssen nicht auf eine bestimmte Weise nützlich sein“, sagte er.

($1 = 140,25 Yen)

(Die Geschichte und die Bilder korrigieren Morimotos Preis auf 10.000 Yen pro Buchung, nicht pro Stunde)

Traumjob: der Japaner, der dafür bezahlt wird, nichts zu tun Reuters 6. Sept. 2022

--Methodios (Diskussion) 11:37, 7. Sep. 2022 (CEST)