Kontinuitätsgleichung

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Einleitung[Bearbeiten]

Diese Seite zum Thema Kontinuitätsgleichung kann als Wiki2Reveal Folien angezeigt werden, um z.B. in Lehrveranstaltungen in die Kontinuitätsgleichung einzuführen

Animation[Bearbeiten]

Betrachten Sie die folgende Animation eines 2D-Schnitts einer Tragfläche bzgl. der Strömungsdynamik einzelner Teilchen.

Tragfläche - Strömungsdynamik

Erläuterung[Bearbeiten]

  • in der obigen Abbildung können Sie einen Teilchentransport bzgl. eines an der Tragfläche fixierten Koordinatensystems erkennen,
  • engerer Abstand zwischen den Punkten im Modell bedeutet höhere Teilchendichte,
  • ein größerer Abstand zwischen den Punkten im Modell bedeutet geringere Teilchendichte,

Einführende Aufgaben[Bearbeiten]

  • Was können Sie bzgl. einzelner Teilchen oberhalb und unterhalb der Tragfläche erkennen?
  • Auftrieb entsteht durch Druckunterschiede. Begründen Sie, warum das Tragflächenprofil Auftrieb liefert.

Bemerkung 2D - 3D[Bearbeiten]

Betrachtet man zu dem obigen Beispiel eine Realsituation, so kann man z.B. die Dichtefunktion zeitabhängig zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort angeben. Nun gehen wir für die Motivation der Kontinuitätsgleichung von der 2D-Animation zu einer 3D-Situation über, bei die Dichte und der Transport von Masse als Einstiegsbeispiel dient.

Motivation[Bearbeiten]

Dabei betrachtet man z.B. ein Raum mit folgenden Eigenschaften betrachtet:

  • (1) In dem System befindet sich ein Fluid
  • (2) Dieses Fluid hat an dem Ort zum Zeitpunkt eine Dichte
  • (3) Die Abbildung gibt zum Zeitpunkt und Ort über über den Vektor an, in welche Richtung das Fluid fließt.

Bemerkung - Richtung[Bearbeiten]

Die Bezeichnung "Richtung" meint dabei nicht, dass alle Teilchen in dem Modell zum Zeitpunkt und in einer kleinen Umgebung um sich in die Richtung bewegen. Diffusion führt z.B. zu einem Teilchenaustauch in alle Richtungen, dessen Teilchenbewegung insgesamt aber zu keiner örtlichen Veränderung der Teilchendichte führt - also in diesem Fall in der Massebilanz an dem Ort und dem Zeitpunkt die Gleichung gilt.

Richtung und Dichteausgleich[Bearbeiten]

In diesem einführenden Beispiel kann man die Abbildung auch wieder in Abhängigkeit von Dichtefunktion Dichte betrachten. Bei der Betrachtung von Wetter bestimmt die Temperatur die Dichte der Luft zum Zeitpunkt an dem Ort . Der Wind sorgt dabei für einen Luftmassentransport von Hochdruckgebieten in Tiefdruckgebiete.

Partielle Ableitungen[Bearbeiten]

Partielle Ableitungen beschreiben das Veränderungsverhalten bzgl. der Komponente der Funktion. Betrachtet man die Funktion mit den Argumenten und , so unterscheidet man prinzipiell

  • zeitliche Ableitungen nach und
  • räumliche partielle Ableitungen bzgl. der Koordinatenachse .

Dichteveränderung - räumliche partielle Ableitung[Bearbeiten]

Veranschaulicht man Dichte mit Nebel im Raum, so schaut bei an dem Ort in Richtung der Koordinatenachse . Ist nimmt von diesem Ort aus die Dichte des Nebels in -Richtung zu und die Sicht wird schlechter. Wenn man von dem gleichen Ort zum Zeitpunkt nach oben in -Richtung in schaut und der Sicht in diese Richtung besser wird, nimmt die Dichte des Nebels in ab und man hat

Masseveränderung - räumliche partielle Ableitung[Bearbeiten]

Die partiellen Ableitungen der Komponentenfunktionen mit und beschreiben die Masseveränderung in die Koordinatenrichtung .

Quellen und Senken[Bearbeiten]

Mit der Divergenz summiert man die Masseänderung in alle Koordinatenrichtungen. Ist die Divergenz positiv, fließt anschaulich über alle Koordinatenrichtungen betrachtet mehr Fluid von dem Ort zum Zeitpunkt weg (divergiert von dem Punkt - Quelle). Ist die Divergenz und Ort zum Zeitpunkt negativ, fließt anschlaulich Fluid in die Senke.

Erhaltung[Bearbeiten]

Wenn Masse bei negativer Divergenz in die Senke zum Zeitpunkt fließt und sich dabei die Dichte durch den Massestrom an den Ort zum Zeitpunkt entsprechend erhöht, dann beschreibt die Kontinuitätsgleichung diesen Zusammenhang. Analog erhält man bei positiver Divergenz und über alle Koordinatenrichtungen in Summe auseinanderstrebenden (divergierenden) Massen als Resultate eine Dichtereduktion an dem Ort zum Zeitpunkt .

Zeitableitung der Dichtefunktion[Bearbeiten]

Die Zeitableitung der Dichtefunktion beschreibt, wie sich die Dichte an dem Ort zum Zeitpunkt in der Zeit ändert.

  • Positiver Wert der Zeitableitung bedeutet Dichtetzunahme,
  • Negativer Wert der Zeitableitung bedeutet Dichtetabnahme,
  • Zeitableitung 0 bedeutet Dichte bedeutet, dass die Dichte an dem Ort zum Zeitpunkt weder steigt noch fällt.


Erhaltungsgleichung[Bearbeiten]

Die Kontinuitätsgleichung beschreibt dann, dass sich die räumliche Divergenz des Massenstromes und die Dichteänderung durch die umgekehrten Vorzeichen in der Summe gegenseitig ausgleichen. Dies führt zu der Kontinuitätsgleichung, die zu jedem Ort und Zeitpunkt die Masseerhaltung wie folgt angibt:

Dabei ist die räumliche Divergenz als definiert ist.

Zur Notation - Nabla-Operator[Bearbeiten]

Formal ist der Nabla-Operator ein Vektor, dessen Komponenten die partiellen Ableitungsoperatoren sind:

Nabla-Operator - räumliche Divergenz[Bearbeiten]

Wenn man den Nabla-Operator allerdings auf eine Funktion anwendet, die von einem dreidimensionalen Ort und der Zeit über das Argument abhängt, würde das den folgenden Nabla-Operator ergeben:

räumliche Divergenz in Kontinuitätsgleichung[Bearbeiten]

Da in der Kontinuitätsgleichung allerdings der Nabla-Operator nur auf die räumlichen partiellen Ableitungen angewendet wird, wurde die Notation mit

statt der in der Physik gebräuchlichen Schreibweise verwendet.

Definition der Kontinuitätsgleichung[Bearbeiten]

Sei eine Teilmenge eines Vektorraumes, die die betrachteten Orte beinhaltet. Ferner sei eine Zeitmenge, über die ein System modelliert wird.

  • ist die Dichtefunktion, die zu jedem Ort und zu jedem Zeitpunkt die Dichte angibt.
  • eine partiell differenzierbare Funktion, die die räumliche Änderung in alle Koordinatenrichtungen an dem Ort zm Zeitpunkt über angibt.

Die Kontinuitätsgleichung ist dann die partielle Differentialgleichung


Anwendungen in der Physik[Bearbeiten]

In der Physik beschreibt die Kontinuitätsgleichung als partielle Differentialgleichung den Zusammenhang bzgl. einer Erhaltungsgröße (z.B. der Masse). Dabei verbindet diese die zeitliche Änderung bzgl. der räumlichen Dichte , mit der diese Erhaltungsgröße an einem Punkt und der räumlichen Änderung ihrer Stromdichte :

Zur mathematischen Definition von siehe Divergenz eines Vektorfeldes.

Erhaltungsgrößen in der Physik[Bearbeiten]

Die Kontinuitätsgleichung tritt in allen Feldtheorien der Physik auf. Die erhaltenen Größen können sein:


Bermerkung zur Notation in der Physik[Bearbeiten]

Die Stromdichte in der Physik ist in der Regel auch eine zeitabhängige Funktion, da sich die Stromdichte im zeitlichen Verlauf ändert. Daher muss man in der Skalarproduktnotation und der Definition des Nabla-Operator nur angewendet auf die räumlichen Komponenten von als lesen.

Bilanzgleichungen als Verallgemeinerung[Bearbeiten]

Die Verallgemeinerung der Kontinuitätsgleichung auf physikalische Größen, die keine Erhaltungsgrößen sind, ist die Bilanzgleichung. In ihr tritt auf der rechten Seite der Gleichung ein zusätzlicher Quellterm auf. Der Quellterm in der Differentialgleichung beschreibt dann z.B. die Masseveränderung im modellierten System.

Zusammenhang mit einer Erhaltungsgröße[Bearbeiten]

Die in einem Volumen V enthaltene „Ladung“ (das Volumenintegral über die Dichte) kann sich aufgrund der Kontinuitätsgleichung nur dadurch ändern, dass unausgeglichene Ströme aus der Oberfläche des Volumens hinausfließen. Demnach ändert sich die Gesamtladung für zeitlich nicht und ist eine Erhaltungsgröße, wenn keine (Netto-)Ströme durch die Oberfläche des betrachteten Volumens fließen.

Änderung der Ladung[Bearbeiten]

Denn die zeitliche Änderung der Ladung , gegeben durch

in einem zeitlich unveränderlichen Volumen , ist wegen der Kontinuitätsgleichung

gleich dem Flächenintegral über die Randfläche des Volumens über den Anteil der Stromdichte , der in Richtung der Flächennormalen nach außen fließt.

Randflächen und Landungsänderung[Bearbeiten]

Die Ladung im Volumen ändert sich nur, sofern unausgeglichene Ströme in der angegebenen Weise durch die Randfläche fließen.

Begründung - Umformung[Bearbeiten]

Neben der Kontinuitätsgleichung geht oben in die Umformung der Integralsatz von Gauß ein.

Spezielle Kontinuitätsgleichungen[Bearbeiten]

Nun werden spezielle Anwendung der Kontinuitätsgleichung aus den Bereichen:

  • Hydrodynamik,
  • Elektrodynamik und
  • Quantenmechanik

behandelt.

Hydrodynamik[Bearbeiten]

Verändert sich in der Hydrodynamik die Massendichte , weil die Flüssigkeit mit der Geschwindigkeit längs der Bahnkurven strömt, so ist die zugehörige Stromdichte

und die Kontinuitätsgleichung lautet

(Begründung: Produktregel)

Für die zeitliche Änderung der Dichte bei einem Teilchen, das die Bahn durchläuft, besagt dies:

(Begründung: totales Differential).

Entlang einer Trajektorie ändert sich also die Dichte mit der Divergenz der Strömung

Die Strömung ist inkompressibel, wenn die Dichte entlang einer Trajektorie konstant bleibt:

Daraus folgt, dass in diesem Fall die Divergenz der Strömung Null ist:

Elektrodynamik[Bearbeiten]

In der Elektrodynamik ergibt sich die Kontinuitätsgleichung für die elektrische Ladungsdichte und die elektrische Stromdichte mithilfe der Identität und den beiden inhomogenen Maxwellgleichungen

d. h., es folgt mit der anderen inhomogenen Maxwell-Gleichung[1]

In Halbleitern beschreibt die Verletzung der Kontinuitätsgleichung

die Änderung der Raumladungsdichte durch die Rekombinationsrate pro Volumen, , und die Generationsrate .

Aus den Maxwellgleichungen der Elektrodynamik folgt (in CGS-Einheiten) für die Energiedichte

und die Energiestromdichte (auch Poynting-Vektor)

nahezu eine Kontinuitätsgleichung:

Die Kontinuitätsgleichung für die Energie im elektromagnetischen Feld ist dort erfüllt, wo die elektrische Stromdichte verschwindet, beispielsweise im Vakuum. Dort kann sich Energiedichte nur durch Energieströme ändern. Wo die elektrische Stromdichte nicht verschwindet, leistet das elektrische Feld Arbeit und tauscht Energie mit den Ladungsträgern aus.

Die Kontinuitätsgleichung für die elektromagnetische Feldenergie ist der Satz von Poynting.

In der relativistischen Formulierung der Elektrodynamik mit Minkowski-Vektoren fasst man und j zu einem Vierervektor zusammen . Wie oben, folgt aus den Maxwellgleichungen, dass dessen Viererdivergenz verschwindet [2] Diese Formulierung ist unabhängig von der gewählten Minkowski-Signatur, äquivalent zur Kontinuitätsgleichung und kann auf relativistische Feldtheorien verallgemeinert werden.

Quantenmechanik[Bearbeiten]

In der nichtrelativistischen Quantenmechanik wird der Zustand eines Teilchens, etwa eines einzelnen Elektrons, durch eine Wellenfunktion beschrieben.

Das Betragsquadrat

gibt die Wahrscheinlichkeitsdichte dafür an, ein Teilchen zur Zeit am Ort vorzufinden. Mit der zugehörigen Wahrscheinlichkeitsstromdichte

gilt ohne äußeres Magnetfeld als Folge der Schrödingergleichung die Kontinuitätsgleichung

.

Ist ein äußeres Magnetfeld vorhanden, muss auf die Pauli-Gleichung zurückgegriffen werden und es ergibt sich

wobei für die Pauli-Matrizen stehen. Der letzte Term verschwindet zwar bei der Divergenzbildung und ist nicht direkt aus der Pauli-Gleichung ableitbar, ergibt sich aber aus dem nichtrelativistischen Grenzfall der Dirac-Gleichung.

Im Rahmen der relativistischen Quantenmechanik gehorchen Teilchen der Klein-Gordon-Gleichung (für Skalarbosonen) beziehungsweise der Dirac-Gleichung (für Fermionen). Da die Gleichungen der Speziellen Relativitätstheorie gehorchen, können die Kontinuitätsgleichungen für diese Fälle in manifest kovarianter Form

geschrieben werden und es ergibt sich

wobei beziehungsweise für die skalare bosonische/vektorwertige fermionische Wellenfunktion stehen und die Dirac-Matrizen sind.

Im Rahmen der Klein-Gordon-Kontinuitätsgleichung kann – im Gegensatz zum nichtrelativistischen oder fermionen Fall – die Größe nicht als Wahrscheinlichkeitsdichte gedeutet werden, da diese Größe nicht positiv semidefinit ist.

Weitere Anwendungen: Allgemeine Erhaltungsgrößen[Bearbeiten]

Man erkennt an der Analogie zum „elektrischen“ Fall, dass Kontinuitätsgleichungen immer dann gelten müssen, wenn eine ladungsartige Größe und eine stromartige Größe wie oben angegeben zusammenhängen. Als weiteres konkretes Beispiel könnte man etwa den in der Thermodynamik wichtigen Wärmestrom angeben. Die „Ladungsdichte“ muss bei Integration über den Gesamtraum eine Erhaltungsgröße ergeben, z. B. die elektrische Gesamtladung, bzw. – im Falle der Quantenmechanik – die Gesamtwahrscheinlichkeit, 1, oder im dritten Fall, die gesamte zugeführte Wärme, bei Systemen, deren Wärmeinhalt als „erhalten“ angesehen werden kann (z. B. Wärmediffusion).

In der Strömungsmechanik folgt aus der Kontinuitätsgleichung das Kontinuitätsgesetz für (inkompressible) Fluide.

Literatur[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

  • Video: Kontinuitätsgleichung. Institut für den Wissenschaftlichen Film (IWF) 2004, zur Verfügung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek (TIB), doi:10.3203/IWF/C-14818.

Einzelnachweise und Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Bei der Herleitung wird u. a. die Divergenz der sog. Maxwellschen Ergänzung gebildet und die Vertauschbarkeit der partiellen Ableitung mit dem Divergenzoperator benutzt.
  2. Torsten Fließbach: Elektrodynamik Spektrum Akademischer Verlag, 3. Auflage, S. 159.

Siehe auch[Bearbeiten]

Seiteninformation[Bearbeiten]

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