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Kurs:Der erste Kontakt - Eine Einführung in die Philosophie/Geschichte

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Wer hat's erfunden?

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An dieser Stelle wird das große staubige Buch vom obersten Regal genommen und aufgeschlagen. Wie Sie sicher schon vermutet haben, handelt es sich bei dabei um das Geschichtsbuch und es soll uns helfen, etwas Licht in den Ursprung der Philosophie zu bringen.

Vorspiel

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Ptolemäischer Hieroglyphentext am Tempel von Kom Ombo

Alles beginnt so um 4000 vor unserer Zeitrechnung. Damals waren Ägypten und Babylon die Hochkulturen der Welt. Die Ägypter haben Spaß daran, Ideogramme (kleine Bildchen) auf Papyrus und Häuser zu malen und erfinden damit das erste Schriftsystem der Welt.


Die Priester sowohl der Babylonier, als auch der Ägypter schauen in den Himmel und beobachteten die Bewegungen der Gestirne.

Im Mittelmeer kreuzten Schiffe von Händlern und Piraten, was zu dieser Zeit noch weitgehend dasselbe war. Die Völker des Mittelmeerraums handeln und tauschen Wissen und Kulturgüter über den Seeweg, wenn sie sich nicht gerade die Köpfe einhauen.

In diesem geschichtlich wilden Hin und Her, wird während der nächsten paar Jahre die Küste des heutigen Griechenlands besiedelt. Dabei darf man sich das antike Griechenland nicht wie einen modernen Staat heutiger Tage vorstellen. Also ein großes Stück Land mit Namen Griechenland und verschiedenen Städten in diesem Land.

Es waren eine Reihe kleiner autonomer Staaten mit eigenen Gesetzen, unterschiedlichen Dialekten und jeweils eigenen Interessen.

Diese Staaten bestanden häufig aus nicht mehr, als einer Stadt und ein wenig Ackerland drumherum. Es gab Krieg und Handel zwischen den einzelnen Staaten und es muss eine sehr abwechslungsreiche Kultur in diesem Land geherrscht haben.

Spartanischer Hoplit
Da gab es zum Beispiel die Spartaner. Ein Volk von Aristokraten, welche sich von Leibeigenen anderer Stämme versorgen ließen.

Daneben gab es Bauernregionen, welche hauptsächlich von den Erzeugnissen ihrer Landwirtschaft lebten wie zum Beispiel Arkadien. In solchen Landstrichen herrschten oftmals alte Fruchtbarkeitskulte und das Denken der Menschen war durchsetzt vom Aberglauben, der zu Menschenopfern führte.

Städte mit Zugang zur See kamen im allgemeinen durch Handel und Piraterie schnell zu Reichtum, was zu einer Begrenzung des Aberglaubens führte, so dass man sich begnügt, den Göttern Sachgegenstände und Tiere zu opfern. Der Reichtum wurde in eine wirtschaftliche Industrie investiert, welche durch Sklavenarbeit zu einem noch größeren Reichtum der Bürger führte.

Reiche Stadtstaaten wie Korinth und Athen bestanden aus einer Stadt und dem Ackerland drumherum.

Sie wurden erst von Monarchen und Aristokraten beherrscht, bevor die Bürger an Macht gewannen und Tyrannen die Aristokratie ablösten. In blutigen Unruhen forderten die Bürger schließlich die Macht für sich selbst und schufen so die Demokratie (welche sich dann für einige Jahre immer wieder mit der Tyrannis abwechselte).

Aber natürlich schlug man sich nicht nur mit seinen Herrschern und den Nachbarn die Köpfe ein, sondern da gab es eben auch noch die Phönizier.

Phönizier und Griechen betrieben Handel und kämpften miteinander um die Vorherrschaft im Mittelmeerraum.

Das Wissen von der Welt wurde durch ägyptische und babylonische Einflüsse geprägt.

Dies ist die Zeit von Homer, von dem die Wissenschaft heute annimmt, dass es sich nicht um einen einzelnen Dichter, sondern um eine ganze Reihe von Dichtern handelt, die etwa 750 bis 550 v. Chr. wirkten.

Homer hatte einen großen Einfluss auf die griechische Kultur. So mussten zum Beispiel die jungen Athener die homerische Dichtung in ihrer Ausbildung auswendig lernen.

Homers Götter sind sehr menschliche Wesen, die sich vom Menschen eigentlich nur durch ihre Unsterblichkeit und die übermenschlichen Kräfte unterscheiden. Aus heutiger Sicht hat der Olymp mit seinen Göttern nur wenig Religiöses an sich.

Die Götter haben die Welt nicht erschaffen, sondern das Land erobert. Sie kämpfen, essen, musizieren und betrinken sich. Der Olymp ist ein Ort der Intrigen. Die Götter dieses Olymps betrachten die Menschen als Spielzeuge.

Die Menschen sehen in Homers Dichtung allerdings auch nicht besser aus. So wird von Gotteslästerung, Mord, Betrug, Ehebruch, Kannibalismus und Menschenopfern erzählt.

Die großen Fragen zum Zusammenhang zwischen Leben, Menschen und Göttern werden von den überlieferten Sagen beantwortet. Aber in den verschiedenen Regionen des Landes herrschen viele widersprüchliche Geschichten über die Götter im Olymp.

Der antike Dichter Hesiod bringt schließlich Ordnung in die Götterwelt, in dem er eine Abstammungsliste der Götter erstellt.

So sind die Schriften Homers oder Hesiods auch nicht als reine Unterhaltung zu verstehen, sondern eben als Lehre zu den Ursachen der Welt und einzelner Probleme. So werden bereits die Vergänglichkeit, der Ursprung des Übels, das Leben nach dem Tod und Fragen von Verantwortung und Schuld von Homer und Hesiod thematisiert.

In diesem Umfeld wurden Naturwissenschaft und westliche Philosophie geboren.

Geburtsstunde

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Heute wird Thales von Milet (ca. 624-546 v. Chr.) im Allgemeinen als "Vater der Philosophie" bezeichnet.

Er unterhielt eine nautische Schule, gab politische Ratschläge, beobachtete die Bewegungen der Gestirne am Himmel und betätigte sich als Architekt. Es ist wahrscheinlich, dass er in jüngeren Jahren Ägypten besucht hat, was heute mit dem Besuch von Harvard, dem MIT oder einer anderen berühmten Universität zu vergleichen ist.

Es existiert ein freiverfügbarer etwa 60 minütiger Amateurfilm über Thales von Milet von Bodo Gaßmann. Der Film ist allerdings nicht zur Berieselung gedacht. Sein Inhalt sollte kritisch betrachtet werden und seine Aussage hinterfragt werden. Vielleicht spornt er ja zu einer Diskussion in der Lerngruppe an.

Warum aber wird er als "Vater der Philosophie" bezeichnet?

Nun, diesen Titel hat er Aristoteles zu verdanken. Aristoteles berichtet uns, von Thales als Ersten, der eine gewisse Art des Denkens praktizierte.

Thales lebte in Milet, einer damals mächtigen Handelsstadt an der Küste Kleinasiens, im heute türkischen Teil der Ägäisküste.

Die Landschaft Kleinasiens, durch die mäandernden Flüsse reich versorgt, erlaubte seinen Bauern zwei und mehr Ernten pro Jahr.

Milets vier Häfen bildeten gewissermaßen das Tor zur Welt für dieses Land. Der Handel zwischen vorderem Orient und dem antiken Griechenland wird quasi über diese Stadt abgewickelt.

Thales der zu den sieben Weisen der Antike gezählt wird, betrachtet, soweit überliefert, die Welt zum ersten Mal nach rationalen Gesichtspunkten.

Auf seiner Reise nach Ägypten erfuhr Thales wahrscheinlich von den babylonischen Himmelsbeobachtungen. Dort hatte man herausgefunden, dass sich gewisse Ereignisse am Himmel regelmäßig wiederholten. Zum Beispiel konnten sie eine Mondfinsternis vorhersagen und wussten, dass alle 18 Jahre und 11 Tage das Eintreten einer Sonnenfinsternis sehr wahrscheinlich ist.

Mit diesem Wissen gelingt es Thales eine Sonnenfinsternis im Jahre 585 v. Chr. erfolgreich vorherzusagen.

Diese Vorhersage sorgte damals für viel Aufsehen. Er, ein Mensch, sagte eine Sonnenfinsternis richtig voraus und dann hatten es ihm nicht einmal die Götter zugeflüstert, sondern er hatte es an den Fingern abgezählt, es errechnet.

Die Willkür der Götter ist für Thales nicht länger Ursache für das Geschehen in der Welt. Der Sturm ist nicht länger Götterfurz, sondern, so vermutet Thales, der Ausgleich zweier unterschiedlicher Temperaturen, ähnlich des Vorgangs im Kamin. Zum ersten Mal wird versucht, für die Natur Gesetzmäßigkeiten zu finden. Thales stellt Regeln auf, die für gleichartige Dinge gelten sollen und ist dadurch nicht länger von zufälligen Beobachtungen der Natur für einzelne Gegenstände abhängig.

Wie alle Naturphilosophen war Thales auch auf der Suche nach dem Urstoff der Welt. Er glaubte ihn im Wasser gefunden zu haben, d.h. für Thales war Wasser der Stoff aus dem die ganze Welt gemacht war.

Heute wissen wir, dass Thales mit dieser Annahme ganz schön daneben gelegen hat. Wir wissen von Atomen und noch kleineren Bausteinen, die Protonen, Neutronen und Elektronen heißen (es scheint sogar noch kleinere zu geben). Trotzdem hat Thales mit seiner Idee, dass der Urstoff dieser Welt Wasser ist, die antike Welt ganz schön in Aufregung versetzt und unser heutiges rationales Denken erst ermöglicht.

Indem er Wasser als den Urstoff der Welt bezeichnete, setzte er für die Welt ebenso eine Ursache voraus wie für die Sonnenfinsternis und den Wind.

Was heißt das aber für das Weltverständnis?

Es heißt, dass der Welt Prinzipien zugrunde liegen müssen. Alles hat eine Ursache, einen Grund, den man erkennen kann. Und wer die Gründe für etwas erkannt hat, kann die Welt beeinflussen. Wenn ich erkannt habe, dass heiße Herdplatten eine Ursache für Schmerz sind, werde ich im Umgang mit Herdplatten vorsichtig sein. Wenn ich weiß, dass meine Tomaten im Garten bei guter Pflege besser wachsen, als wenn ich sie sich selbst überlasse, werde ich sie regelmäßig düngen und wässern.

Das alles heißt 'nicht', das Thales nicht mehr an die Götter glaubte, aber sein Verständnis der Götter war ein radikal Anderes, als das vieler seiner Zeitgenossen. So soll Thales gesagt haben: "Alles ist voll von Göttern". Er war also kein Materialist oder Atheist vielmehr unterschied er zwischen dem Sein und dessen Grundprinzip, nach seiner Meinung dem Wasser und dem Ursprung des Seins, dem Göttlichen.

Nach Thales beschäftigten sich noch Andere mit der Frage nach dem Urgrund des Seins - unter anderem Pythagoras und Heraklit.

Den Vorsokratikern folgten die Sophisten, welche den Menschen ins Zentrum ihrer Überlegungen stellten und die Natur zurückließen. Sie waren Gelehrte und begabte Redner. Die Jugend der vermögenden Bürger konnte bei ihnen die Kunst des Argumentierens lernen. Eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit im antiken Griechenland. Zu einer Zeit, in welcher man vor Gericht selbst sprechen musste, um seine Interessen durchzusetzen war die Kunst der Rhetorik ein hilfreiches und wichtiges Mittel. Dennoch genossen die Sophisten keinen guten Ruf, sie stellten alles in Frage und waren der Auffassung, dass es darauf ankäme, den Gesprächspartner rhetorisch aus der Bahn zu werfen und seine eigenen Argumente durchzuboxen, anstatt mit den Mitteln der Vernunft zu überzeugen.

Sokrates überwindet den Skeptizismus und die zersetzende Kritik der Sophisten, obwohl er selbst mit diesen oft verglichen wird. Er öffnet der Philosophie eine neue Tür.

Sein Schüler Platon und dessen Schüler Aristoteles führen die Philosophie schließlich zum Höhepunkt der Antike. Ihre Ideen wirken in unserem heutigen Denken noch nach. Sie widmen sich den ewigen Fragen der Philosophie und beeinflussen das Denken kommender Generationen in nicht unerheblichen Maß.

Literatur

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  • Johannes Hirschberger Geschichte der Philosophie Komet ISBN 978-3-89836-656-4
  • Bertrand Russell Philosophie des Abendlandes Europa Verlag Zürich ISBN 978-3-89340-080-5
  • Zur Geschichte Spartas gibt es einen frei verfügbaren Geoartikel der einen Eindruck vom Leben dieses antiken griechischen Volkes vermittelt. Es sind nur vier Doppelseiten, also werfen sie ruhig einen Blick darauf.
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