Kurs:Exerzitien unter der Straße/Froschfrauen

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"Froschfrauen"[Bearbeiten]

Wir sind doch keine Frauen mehr, sondern nur noch Froschfrauen. (Amy 2012)

  • Amy spielt hier auf die Verscheuselung (O-Ton) durch den unisexen Taucheranzug an, der in Verbindung mit der Tauchermaske unkenntlich macht, ob es ein Froschmann oder eine Froschfrau ist. Diese vollkommene unisexe Uniformierung bietet gleichzeitig Schutz vor sexuellen Blicken und Begehrlichkeiten oder gar sexueller Berührung.


Froschfrauen ist eine Parallelbildung zu Froschmänner, der Begriff Froschmann eine Lehnübersetzung aus dem Englischen zu frogman[1] und bedeutet soviel wie frei beweglicher Taucher mit Gummianzug und Atmungsgerät[2] (zB Schnorchel) oder auch Schwimmer mit Spezialanzug, Tauchgerät, Schwimmflossen und Schutzbrille[3]. Ein anderes Synonym ist der Kampfschwimmer. Froschfrau suggeriert also auch Kampfschwimmerin, ein Begriff, der im Sinne von Überlebenskampftaucherin auch gilt.

Im Deutschen wurde der Begriff bekannt durch Filme wie Froschmann Crabb (englischer Film von 1958) oder Ein Froschmann an der Angel (amerikanischer Film von 1967). Aber auch der erste deutschprachige Edgar Wallace-Film nach dem zweiten Weltkrieg, Der Frosch mit der Maske, hat zur Bekanntheit des Synonyms Frosch(mann) = Taucher beigetragen.

Das Froschfrauenmotiv wird in dem Film Ein Goldfisch an der Leine (amerikanischer Film von 1964) aufgegriffen: die damals 26-jährigen Maria Perschy und Paula Prentiss werden als Froschfrauen auf die Leinwand gebracht.[4]

Aussätzige[Bearbeiten]

Die Froschfrauen sind Aussätzige im doppelten Wortsinne: zum einen nach Aussehen und Lebensart von der Gesellschaft Ausgesonderte (Ausgesetzte, O-Ton Zodiak), zum anderen entwickelt sich bei ihnen recht schnell ein Aussatz auf der Haut, der sie dann auch real von den normalen (O-Ton Amy) Menschen abgrenzt. Sie wollen gar nicht normal sein: Wenn das Durchschnittliche das Normale ist, wollen wir lieber unnormal sein und bleiben. (Amy 2012)

  • Schon nach einigen Wochen (oder Monaten, je nach Hauttyp), und erst recht nach Jahren, entwickelt die Haut infolge der Dauergummierung Ekzeme, die durchaus mit Lepra zu vergleichen sind und im extremen Fall (offene, stinkende Ekzeme) sogar ein schlimmeres Erscheinungsbild abgeben. Diese Entfraulichung (O-Ton Zodiak) ist bei den Froschfrauen bewußt gewollt, um sich dem sexuellen Ausbeutungs- und Verwertungsdruck unserer Gesellschaft zu entziehen.
  • Während früher die von Aussatz (Lepra, aber auch Antoniusfeuer, Schuppenflechte etc.) Befallenen außerhalb menschlicher Siedlungen leben mußten (von der Gesellschaft ausgesetzt und somit von der Gesellschaft ihrer Mitmenschen ausgesondert), weil sie Aussatz hatten, bekommen die Froschfrauen Aussatz, weil sie sich so extrem von der Gesellschaft abgesondert haben
    • auch heute noch gibt es ähnliche Aussondierungen: Für mit Krätze befallene Patienten gilt in Deutschland nach § 34 Infektionsschutzgesetz bereits bei Verdacht ein Verbot des Aufenthalts und Arbeitens in Gemeinschaftseinrichtungen, die Krankheit ist aber dennoch im Obdachlosenmilieu und deren Einrichtungen weit verbreitet

In der Gemeinschaft existiert eine Hierarchie nach Dauer der Zugehörigkeit, aber auch nach dem Grad des Aussatzes. Normalerweise korrespondieren diese beiden Faktoren: der Aussatz ist um so stärker, je länger eine Froschfrau dabei ist. Es ist aber die Tendenz zu verzeichnen, daß der Aussatz durch Tragen extrem enger Gummisachen (die sich dann dehnen und der Haut anpassen) noch zusätzlich gefördert (befeuert) wird. Als Befeuern (O-Ton Zodiak) wird auch die Verwendung von besonders schmutzigem Wasser bezeichnet, um den Ausschlag zu verstärken.

Die Froschfrauen haben gelernt, ihre Lebensweise zu akzeptieren und erfreuen sich ihres Lebens in besonders intensiver Art und Weise.

Inkorporation durch das Christentum[Bearbeiten]

Schinden des hl. Bartholomäus.

In Dresden gab es bereits im Mittelalter weit außerhalb der Stadtmauer eine Aussätzigen-Einrichtung (Leprosorium), das Bartholomäus-Hospital, ursprünglich Hospital zum Sünder Siechen, mit einer Bartholomäus-Kapelle.

Aussatz wurde als Strafe Gottes für den sündigen Menschen verstanden, der deswegen in Abgeschiedenheit und Klausur ein besonders gottgefälliges, christliches Leben zu führen hatte.

Im wasserreichen Dresden (altsorbisch, svw. Ort der Sumpfwaldbewohner) sprudelte vor dem Wilsdruffer Tor angeblich gegen Lepra heilkräftiges Wasser.

Genau dort wurde das Aussätzigen-Hospital der Legende nach durch den Meißner Weihbischof Niclas zu Costnitz nach dessen Aussatz-Heilung durch das Wasser gegründet - die Grabplatte des 1391 verstorbenen Weihbischofs befand sich in der späteren Bartholomäus-Kirche.

Im 15. Jahrhundert nahm der Komplex von Spital und Kapelle den Namen des Patrons der Aussätzigen an - Bartholomäus war auf Befehl des Astyages, eines Bruders des armenischen Herrschers Polymios, geschunden worden.

Die St.-Bartholomäus-Kirche mit angrenzenden Hospitalbauten
Innenraum Bartholomäus-Kirche

Die St.-Bartholomäus-Kirche war neben Hospitalkirche auch die Pfarrkirche für die spätere Wilsdruffer Vorstadt mit ihren Gemeinden Gerbergasse, Viehweide, Fischersdorf und Poppitz.

Während die Gemeindemitglieder im Inneren der Kirche Platz nahmen, konnten die Kranken des Hospitals aufgrund möglicher Ansteckung die Predigten nur über die Fensterluken mitverfolgen.

1519/20 wurde die Kirche ausgebaut, 1539 das Pfarramt der Kirche im Zuge der Reformation dem Pfarrer der Gemeinde Plauen übertragen, so daß zusätzlich Plauen, Naußlitz, Roßthal, Löbtau, Dölzschen und Coschütz eingepfarrt waren.

Heiliges Grab im Altar der Bartholomäuskirche

Ebenfalls ab dem 16. Jahrhundert stand der ehemalige Altar der Busmannkapelle mit einem integrierten Heiligen Grab in der Bartholomäuskirche

Die Froschfrauen sehen sich als eine Art Katakombenchristen, wobei sie den ahistorischen Begriff als KloakenchristInnen erweitert haben.

Statt reines Wasser nutzen sie besonders verschmutztes Wasser zur Taufe und regelmäßiger Tauferinnerung. Dies erinnert an die Äquatortaufe (auch: Linientaufe oder Neptunstaufe).

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. duden.de: Lehnübersetzung von englisch frogman.
  2. wissen.de: frei beweglicher Taucher mit Gummianzug und Atmungsgerät.
  3. Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute (dwds.de): Froschmann: Schwimmer mit Spezialanzug, Tauchgerät, Schwimmflossen und Schutzbrille (Bedeutung) - Synonymgruppe Taucher (Froschmann ugs.)
  4. Vgl. Ein Trailer und 39 Photos - Maria Perschy und Paula Prentiss als Froschfrauen (beide 1938 geboren).