Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2011-2012)/Teil I/Vorlesung 1/latex

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\setcounter{section}{1}






\zwischenueberschrift{Zahlen}

Wir arbeiten mit den folgenden Mengen, deren Kenntnis wir voraussetzen.
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\N }
{ =} {\{0,1,2, \ldots \} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} die Menge der \stichwort {natürlichen Zahlen} {} \zusatzklammer {mit der $0$} {} {.}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Z }
{ =} {\{\ldots, -2,-1, 0,1,2, \ldots \} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} die Menge der \stichwort {ganzen Zahlen} {,}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\Q }
{ =} {{ \left\{ a/b \mid a \in \Z , \, b \in \Z \setminus \{0\} \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} die Menge der \stichwort {rationalen Zahlen} {} und die Menge der \stichwort {reellen Zahlen} {} $\R$.






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Real_number_line.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Real number line.svg } {} {Phrood} {Commons} {PD} {}

Diese Mengen sind mit den natürlichen Operationen wie Addition und Multiplikation versehen, an deren Eigenschaften wir bald erinnern werden. Die reellen Zahlen stellen wir uns als die Punkte einer Geraden vor, auf der sich auch die zuvor genannten Zahlenmengen befinden. Zugleich kann man $\R$ als die Menge aller \zusatzklammer {vor dem Komma endlichen, nach dem Komma eventuell unendlichen} {} {} Ziffernfolgen auffassen. Wir werden im Laufe der Vorlesung alle entscheidenden Eigenschaften der reellen Zahlen kennenlernen \zusatzklammer {die sogenannten \stichwort {Axiome} {} der reellen Zahlen, aus denen man alle anderen Eigenschaften logisch herleiten kann} {} {} und dann auch diese vorläufigen Sichtweisen präzisieren.






\zwischenueberschrift{Induktion}

Mathematische Aussagen, die von natürlichen Zahlen abhängen, können mit dem Beweisprinzip der \stichwort {vollständigen Induktion} {} bewiesen werden. Die folgende Aussage begründet dieses Prinzip.




\inputfaktbeweis
{Zahlentheorie/Beweisverfahren/Induktionsprinzip/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Für jede \definitionsverweis {natürliche Zahl}{}{} $n$ sei eine Aussage
\mathl{A(n)}{} gegeben.}
\faktvoraussetzung {Es gelte \aufzaehlungzwei {$A(0)$ ist wahr. } { Für alle $n$ gilt: wenn
\mathl{A(n)}{} gilt, so ist auch
\mathl{A(n+1)}{} wahr. }}
\faktfolgerung {Dann gilt
\mathl{A(n)}{} für alle $n$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { { \left\{ n \in \N \mid A(n) \text{ ist wahr} \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Wir wollen zeigen, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{\N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, denn genau dies bedeutet, dass die Aussage für alle $n$ gilt. Nach der ersten Bedingung ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{0 }
{ \in} {M }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Nach der zweiten Voraussetzung gilt für $M$, dass aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} stets
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n+1 }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt. Damit erfüllt $M$ beide Voraussetzungen im Induktionsprinzip für Mengen, so dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M }
{ = }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt.

}


Der Nachweis von
\mathl{A(0)}{} heißt dabei der \stichwort {Induktionsanfang} {} und der Schluss von
\mathl{A(n)}{} auf
\mathl{A(n+1)}{} heißt der \stichwort {Induktionsschluss} {.} In manchen Situationen ist die Aussage
\mathl{A(n)}{} erst für
\mathl{n \geq n_0}{} für ein gewisses $n_0$ \zusatzklammer {definiert oder} {} {} wahr. Dann beweist man im Induktionsanfang die Aussage
\mathl{A(n_0)}{} und den Induktionsschluss führt man für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{n_0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} durch.

Das folgende Standardbeispiel für einen Induktionsbeweis verwendet das Summenzeichen. Für gegebene reelle Zahlen
\mathl{a_1 , \ldots , a_n}{} bedeutet
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \sum_{k = 1}^n a_k }
{ \defeq} { a_1 + a_2 + \cdots + a_{n-1} + a_n }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dabei hängen im Allgemeinen die $a_k$ in einer formelhaften Weise von $k$ ab. Entsprechend ist das Produktzeichen definiert, nämlich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \prod_{k = 1}^n a_k }
{ \defeq} { a_1 \cdot a_2 { \cdots } a_{n-1} \cdot a_n }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}





\inputaufgabeloesung
{

Beweise durch Induktion die folgende Formel für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \geq }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \sum_{k = 1}^n k }
{ =} {{ \frac{ n(n+1) }{ 2 } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}
{

Beim Induktionsanfang ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} daher besteht die Summe links nur aus einem Summanden, nämlich der $1$, und daher ist die Summe $1$. Die rechte Seite ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \frac{ 1 \cdot 2 }{ 2 } } }
{ = }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} so dass die Formel für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} stimmt.

Für den Induktionsschritt setzen wir voraus, dass die Formel für ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \geq }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt, und müssen zeigen, dass sie auch für
\mathl{n+1}{} gilt. Dabei ist $n$ beliebig. Es ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{\sum_{k = 1}^{n+1} k }
{ =} {\left(\sum_{k = 1}^{n} k\right) + n+1 }
{ =} { { \frac{ n(n+1) }{ 2 } } + n+1 }
{ =} { { \frac{ n(n+1) +2(n+1) }{ 2 } } }
{ =} { { \frac{ (n+2)(n+1) }{ 2 } } }
} {} {}{.} Dabei haben wir für die zweite Gleichheit die Induktionsvoraussetzung verwendet. Der zuletzt erhaltene Term ist die rechte Seite der Formel für
\mathl{n+1}{,} also ist die Formel bewiesen.


}







\zwischenueberschrift{Mengen}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Georg_Cantor.jpg} }
\end{center}
\bildtext {Georg Cantor (1845-1918) ist der Schöpfer der Mengentheorie.} }

\bildlizenz { Georg Cantor 1894.jpg } {} {Taxiarchos228} {Commons} {PD} {}







\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {David_Hilbert_1886.jpg } }
\end{center}
\bildtext {David Hilbert (1862-1943) nannte sie ein
\betonung{Paradies}{,} aus dem die Mathematiker nie mehr vertrieben werden dürfen.} }

\bildlizenz { David Hilbert 1886.jpg } {Unbekannt (1886)} {} {Commons} {PD} {}


Mathematische Strukturen, wie die eingangs erwähnten Zahlen, werden als Mengen beschrieben. Eine \stichwort {Menge} {} ist eine Ansammlung von wohlunterschiedenen Objekten, die die \stichwort {Elemente} {} der Menge heißen. Mit \anfuehrung{wohlunterschieden}{} meint man, dass es klar ist, welche Objekte als gleich und welche als verschieden angesehen werden. Die \stichwort {Zugehörigkeit} {} eines Elementes $x$ zu einer Menge $M$ wird durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{x }
{ \in} {M }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ausgedrückt, die Nichtzugehörigkeit durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{x }
{ \notin} { M }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Für jedes Element(symbol) gilt stets genau eine dieser zwei Möglichkeiten.

Für Mengen gilt das \stichwort {Extensionalitätsprinzip} {,} d.h. eine Menge ist durch die in ihr enthaltenen Elemente eindeutig bestimmt, darüber hinaus bietet sie keine Information. Insbesondere stimmen zwei Mengen überein, wenn beide die gleichen Elemente enthalten.

Die Menge, die kein Element besitzt, heißt
\definitionswortenp{leere Menge}{} und wird mit
\mathdisp {\emptyset} { }
bezeichnet.

Eine Menge $N$ heißt \stichwort {Teilmenge} {} einer Menge $M$, wenn jedes Element aus $N$ auch zu $M$ gehört. Man schreibt dafür
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{N }
{ \subseteq }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {manche schreiben dafür $N \subset M$} {} {.} Man sagt dafür auch, dass eine \stichwort {Inklusion} {}
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{N }
{ \subseteq }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} vorliegt. Für die oben erwähnten Zahlenmengen gelten die Inklusionen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\N }
{ \subseteq} { \Z }
{ \subseteq} {\Q }
{ \subseteq} {\R }
{ } { }
} {}{}{.} Im Nachweis, dass
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{N }
{ \subseteq }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, muss man zeigen, dass für ein beliebiges Element
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{x }
{ \in }{N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ebenfalls die Beziehung
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{x }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt. Dabei darf man lediglich die Eigenschaft
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{x }
{ \in }{N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} verwenden.

Für uns werden Mengen hauptsächlich Zahlenmengen sein.






\zwischenueberschrift{Mengenoperationen}

Es gibt mehrere Möglichkeiten, aus gegebenen Mengen neue Mengen zu bilden. Die wichtigsten sind die folgenden. \auflistungdrei{\stichwort {Vereinigung} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ A \cup B }
{ \defeq} {{ \left\{ x \mid x \in A \text{ oder } x \in B \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} }{\stichwort {Durchschnitt} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ A \cap B }
{ \defeq} {{ \left\{ x \mid x \in A \text{ und } x \in B \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} }{\stichwort {Differenzmenge} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ A \setminus B }
{ \defeq} {{ \left\{ x \mid x \in A \text{ und } x \notin B \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} } Diese Operationen ergeben nur dann einen Sinn, wenn die beteiligten Mengen als Teilmengen in einer gemeinsamen Grundmenge gegeben sind. Dies sichert, dass man über die gleichen Elemente spricht. Häufig wird diese Grundmenge nicht explizit angegeben, dann muss man sie aus dem Kontext erschließen. Ein Spezialfall der Differenzmenge bei einer gegebenen Grundmenge $G$ ist das \stichwort {Komplement} {} einer Teilmenge
\mathl{A \subseteq G}{,} das durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \complement A }
{ \defeq} { G \setminus A }
{ =} { { \left\{ x \in G \mid x \notin A \right\} } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} definiert ist. Wenn zwei Mengen einen leeren Schnitt haben, also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{A \cap B }
{ = }{ \emptyset }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt, so nennen wir sie
\definitionswortenp{disjunkt}{.}






\zwischenueberschrift{Produktmenge}

Wir wollen die Rechenoperationen auf den oben erwähnten Zahlenmengen, insbesondere die Addition und die Multiplikation, mengentheoretisch erfassen. Bei der Addition \zusatzklammer {beispielsweise auf $\N$} {} {} wird zwei natürlichen Zahlen \mathkor {} {a} {und} {b} {} eine weitere natürliche Zahl, nämlich
\mathl{a+b}{,} zugeordnet. Die Menge der Paare nennt man Produktmenge und die Zuordnung führt zum Begriff der Abbildung.

Wir definieren\zusatzfussnote {Definitionen werden in der Mathematik zumeist als solche deutlich herausgestellt und bekommen eine Nummer, damit man auf sie einfach Bezug nehmen kann. Es wird eine Situation beschrieben, bei der die verwendeten Begriffe schon zuvor definiert worden sein mussten, und in dieser Situation wird einem neuen Konzept ein Name \zusatzklammer {eine Bezeichnung} {} {} gegeben. Dieser Name wird
\betonung{kursiv}{} gesetzt. Man beachte, dass das Konzept auch ohne den neuen Namen formulierbar ist, der neue Name ist nur eine Abkürzung für das Konzept. Sehr häufig hängen die Begriffe von Eingaben ab, wie den beiden Mengen in dieser Definition. Bei der Namensgebung herrscht eine gewisse Willkür, so dass die Bedeutung der Bezeichnung im mathematischen Kontext sich allein aus der expliziten Definition, aber nicht aus der alltäglichen Wortbedeutung erschließen lässt.} {.} {.}




\inputdefinition
{}
{

Es seien zwei Mengen \mathkor {} {L} {und} {M} {} gegeben. Dann nennt man die Menge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ L \times M }
{ =} { { \left\{ (x,y) \mid x \in L , \, y \in M \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die \definitionswort {Produktmenge}{} der beiden Mengen.

}

Die Elemente der Produktmenge nennt man \stichwort {Paare} {} und schreibt
\mathl{(x,y)}{.} Dabei kommt es wesentlich auf die Reihenfolge an. Die Produktmenge besteht also aus allen Paarkombinationen, wo in der ersten \stichwort {Komponenten} {} ein Element der ersten Menge und in der zweiten Komponenten ein Element der zweiten Menge steht. Zwei Paare sind genau dann gleich, wenn sie in beiden Komponenten gleich sind.

Wenn eine der beiden Mengen leer ist, so ist auch die Produktmenge leer. Wenn die beiden Mengen \stichwort {endlich} {} sind, und es in der ersten Menge $n$ Elemente und in der zweiten Menge $k$ Elemente gibt, so gibt es in der Produktmenge
\mathl{n \cdot k}{} Elemente. Man kann auch für mehr als nur zwei Mengen die Produktmenge bilden.




\inputbeispiel{}
{

Es sei $V$ die Menge aller Vornamen \zusatzklammer {sagen wir der Vornamen, die in einer bestimmten Grundmenge an Personen wirklich vorkommen} {} {} und $N$ die Menge aller Nachnamen. Dann ist
\mathdisp {V \times N} { }
die Menge aller Namen. Elemente davon sind in Paarschreibweise beispielsweise
\mathl{(\text{Heinz},\text{Müller})}{,}
\mathl{(\text{Petra}, \text{Müller})}{} und
\mathl{(\text{Lucy},\text{Sonnenschein})}{.} Aus einem Namen lässt sich einfach der Vorname und der Nachname herauslesen, indem man entweder auf die erste oder auf die zweite Komponente des Namens schaut. Auch wenn alle Vornamen und Nachnamen für sich genommen vorkommen, so muss natürlich nicht jeder daraus gebastelte mögliche Name wirklich vorkommen. Bei der Produktmenge werden eben alle Kombinationsmöglichkeiten aus den beiden beteiligten Mengen genommen.


}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {SquareLattice.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { SquareLattice.svg } {} {Jim.belk} {Commons} {PD} {}

Bei einer Produktmenge können natürlich auch beide Mengen gleich sein. Dann ist es verlockend, die Reihenfolge zu verwechseln, und also besonders wichtig, darauf zu achten, dies nicht zu tun.

Die Produktmenge
\mathl{\R \times \R}{} stellt man sich als eine Ebene vor, man schreibt dafür auch $\R^2$. Die Produktmenge
\mathl{\Z \times \Z}{} kann man sich als eine Menge von Gitterpunkten vorstellen.






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Geometri_cylinder.png} }
\end{center}
\bildtext {Ein Zylindermantel ist die Produktmenge aus einem Kreis und einer Strecke} }

\bildlizenz { Geometri cylinder.png } {} {Anp} {sv Wikipedia} {PD} {}





\inputbeispiel{}
{






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Geometri_cylinder.png} }
\end{center}
\bildtext {Ein Zylindermantel ist die Produktmenge aus einem Kreis und einer Strecke} }

\bildlizenz { Geometri cylinder.png } {} {Anp} {sv Wikipedia} {PD} {}

Es sei $S$ ein Kreis, worunter wir die Kreislinie verstehen, und $I$ eine Strecke. Der Kreis ist eine Teilmenge einer Ebene $E$ und die Strecke ist eine Teilmenge einer Geraden $G$, so dass für die Produktmenge die Beziehung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ S \times I }
{ \subseteq} { E \times G }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt. Die Produktmenge
\mathl{E \times G}{} stellt man sich als einen dreidimensionalen Raum vor, und darin ist die Produktmenge
\mathl{S \times I}{} ein Zylindermantel.


}






\zwischenueberschrift{Abbildungen}




\inputdefinition
{}
{

Seien \mathkor {} {L} {und} {M} {} Mengen. Eine \definitionswort {Abbildung}{} $F$ von $L$ nach $M$ ist dadurch gegeben, dass jedem Element der Menge $L$ genau ein Element der Menge $M$ zugeordnet wird. Das zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eindeutig bestimmte Element wird mit
\mathl{F(x)}{} bezeichnet. Die Abbildung drückt man als Ganzes häufig durch \maabbeledisp {F} {L} {M } {x} {F(x) } {,} aus.

}

Bei einer Abbildung \maabb {F} {L} {M } {} heißt $L$ die
\definitionswortenp{Definitionsmenge}{} \zusatzklammer {oder Definitionsbereich} {} {} der Abbildung und $M$ die
\definitionswortenp{Wertemenge}{} \zusatzklammer {oder \stichwort {Wertevorrat} {} oder \stichwort {Zielbereich} {}} {} {} der Abbildung. Zu einem Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt das Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F(x) }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der \stichwort {Wert} {} von $F$ an der \stichwort {Stelle} {} $x$. Statt Stelle sagt man auch häufig \stichwort {Argument} {.}

Zwei Abbildungen \mathkor {} {F \colon L_1\rightarrow M_1} {und} {G \colon L_2\rightarrow M_2} {} sind gleich, wenn die Definitionsmengen und die Wertemengen übereinstimmen und wenn für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{ L_1 }
{ = }{ L_2 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Gleichheit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F(x) }
{ = }{G(x) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M_1 }
{ = }{M_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt. Die Gleichheit von Abbildungen wird also zurückgeführt auf die Gleichheit von Elementen in einer Menge.

Abbildungen werden häufig auch \stichwort {Funktionen} {} genannt. Wir werden den Begriff \stichwort {Funktion} {} für solche Abbildungen reservieren, deren Wertemenge die reellen Zahlen $\R$ sind.

Zu jeder Menge $L$ nennt man die Abbildung \maabbeledisp {} {L} {L } {x} {x } {,} also die Abbildung, die jedes Element auf sich selbst schickt, die \stichwort {Identität} {} \zusatzklammer {auf $L$} {} {.} Sie wird mit
\mathl{\operatorname{Id}_{ L }}{} bezeichnet. Zu einer weiteren Menge $M$ und einem fixierten Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nennt man die Abbildung \maabbeledisp {} {L} {M } {x} {c } {,} die also jedem Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} den \stichwort {konstanten Wert} {} $c$ zuordnet, die
\definitionswortenp{konstante Abbildung}{} \zusatzklammer {mit dem Wert $c$} {} {.} Sie wird häufig wieder mit $c$ bezeichnet\zusatzfussnote {Von Hilbert stammt die etwas überraschende Aussage, die Kunst der Bezeichnung in der Mathematik besteht darin, unterschiedliche Sachen mit denselben Symbolen zu bezeichnen} {.} {.}

Für eine Abbildung gibt es mehrere Darstellungsmöglichkeiten, z.B. Wertetabelle, Balkendiagramm, Kuchendiagramm, Pfeildiagramm, den Graph der Abbildung. Dabei sind die Übergänge zwischen der formalen Definition einer Abbildung und den visuellen Realisierungen fließend. In der Mathematik wird eine Abbildung zumeist durch eine Abbildungsvorschrift beschrieben, die es erlaubt, die Werte der Abbildung zu berechnen.

Die Rechenoperationen Addition und Multiplikation innerhalb der reellen Zahlen fassen wir als eine Abbildung \maabbdisp {} {\R \times \R } {\R } {} auf, d.h. es wird dem Paar
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (x,y) }
{ \in} { \R \times \R }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die reelle Zahl
\mathl{x+y}{} (bzw. \mathlk{x\cdot y}{}) zugeordnet. Eine solche Abbildung heißt eine Verknüpfung.




\inputdefinition
{}
{

Eine \definitionswort {Verknüpfung}{} $\circ$ auf einer Menge $M$ ist eine \definitionsverweis {Abbildung}{}{} \maabbeledisp {\circ} {M\times M} {M } {(x,y)} {\circ(x,y) = x \circ y } {.}

}

Der Definitionsbereich ist also die Produktmenge von $M$ mit sich selbst und der Wertebereich ist ebenfalls $M$. Addition, Multiplikation und Subtraktion (auf $\Z$, auf $\Q$ oder auf $\R$) sind Verknüpfungen. Auf \mathkor {} {\Q} {und} {\R} {} ist die Division keine Verknüpfung, da sie nicht definiert ist, wenn die zweite Komponente gleich $0$ ist \zusatzklammer {und schon gar nicht auf $\Z$} {} {.} Allerdings ist die Division eine Verknüpfung auf
\mathl{\R \setminus \{0\}}{.} In der nächsten Vorlesung werden wir die algebraischen Eigenschaften der Addition und der Multiplikation auf den reellen Zahlen im Begriff des \anfuehrung{Körpers}{} zusammenfassen.



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Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF) (PDF englisch)