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Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 4/latex

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\setcounter{section}{4}






\zwischenueberschrift{Glatte Punkte auf Achsenraumkonfigurationen}




\inputbeispiel{}
{

Zu \maabbeledisp {} {K^3} {K } {(x,y,z)} { xyz } {,} ist die Nullstellenmenge die Vereinigung der drei Achsenebenen, also zweidimensional. Die \definitionsverweis {Jacobimatrix}{}{} ist
\mathdisp {(yz,xz,xy)} { . }
Im Nullpunkt ist das die Nullmatrix und es liegt ein singulärer Punkt vor. Aber auch in einem Punkt mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{y }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {unabhängig vom Wert von $z$} {} {} liegt die Nullmatrix vor und der Punkt ist singulär. Wenn hingegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist und die beiden anderen Koordinaten
\mathl{y,z}{} nicht $0$ sind, so ist die Jacobimatrix gleich
\mathl{(yz,0,0)}{} und hat den Rang $1$, ein solcher Punkt ist also glatt.


}

Das vorstehende Beispiel kann man auch mit dem Satz über implizite Abbildungen behandeln, doch schon für das folgende brauchen wir das Glattheitskonzept, bei dem die Jacobimatrix nicht unbedingt surjektiv sein muss.


\inputbeispiel{}
{

Zu \maabbeledisp {} {K^3} {K^3 } {(x,y,z)} { (yz,xz,xy) } {,} ist die Nullstellenmenge die Vereinigung der drei Achsen, also das eindimensionale Achsenkreuz im Raum. Die \definitionsverweis {Jacobimatrix}{}{} ist
\mathdisp {\begin{pmatrix} 0 & z & y \\ z & 0 & x \\y & x & 0 \end{pmatrix}} { . }
Im Nullpunkt ist das die Nullmatrix und es liegt ein singulärer Punkt vor. In einem Punkt mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{y }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist die Matrix gleich
\mathdisp {\begin{pmatrix} 0 & z & 0 \\ z & 0 & 0 \\0 & 0 & 0 \end{pmatrix}} { }
und ihr Rang ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{2 }
{ = }{3-1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} also liegt ein \definitionsverweis {glatter Punkt}{}{} vor.


}





\inputfaktbeweis
{Simplizialer Komplex/Achsenraumkonfiguration/Nullstellengebilde/Singuläre Punkte/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Ein Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ \Delta (K) }
{ = }{ \bigcup_{ F \in \Delta} K^F }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf der \definitionsverweis {Achsenraumkonfiguration}{}{} zu einem \definitionsverweis {simplizialen Komplex}{}{} $\Delta$}
\faktfolgerung {ist genau dann \definitionsverweis {glatt}{}{,} wenn er auf $K^F$ zu einer einzigen Facette $F$ liegt.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{ { \{ 1 , \ldots , n \} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Grundmenge und
\mathl{A_1 , \ldots , A_m}{} eine Aufzählung aller minimalen Nichtseiten. Nach Lemma 3.11 ist \maabbdisp {(\prod_{v \in A_1 }X_v , \ldots , \prod_{v \in A_m }X_v )} {K^n} { K^m } {} eine Abbildung, deren Faser über $0$ die Achsenraumkonfiguration zum simplizialen Komplex $\Delta$ ist. Wir schreiben die \definitionsverweis {Jacobimatrix}{}{} als
\mathdisp {\begin{pmatrix} \prod_{v \in A_1 \setminus \{1\} }X_v & \prod_{v \in A_1 \setminus \{2\} }X_v & \ldots & \prod_{v \in A_1 \setminus \{n\} }X_v \\ \prod_{v \in A_2 \setminus \{1\} }X_v & \prod_{v \in A_2 \setminus \{2\} }X_v & \ldots & \prod_{v \in A_2 \setminus \{n\} }X_v \\ \vdots & \vdots & \vdots & \vdots \\ \prod_{v \in A_m \setminus \{1\} }X_v & \prod_{v \in A_m \setminus \{2\} }X_v & \ldots & \prod_{v \in A_m \setminus \{n\} }X_v \end{pmatrix}} { , }
wobei
\mathl{\prod_{v \in A_i \setminus \{j\} }X_v}{} als $0$ zu verstehen ist, falls
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{j }
{ \notin }{A_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{K^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt, der auf $K^F$ zu genau einer Facette $F$ liegt. Es sei $S$ der Träger von $P$ \zusatzklammer {der in $F$ enthalten ist} {} {.} Für jeden Index
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z }
{ \notin }{ F }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mathl{S \cup \{z \}}{} eine Nichtseite, da der Punkt sonst in einer weiteren Facette liegen müsste. Die Anzahl von $F$ sei $d$, was auch die Dimension von $K^F$ ist, also die Dimension der Achsenraumkonfiguration im Punkt $P$. Es gibt also
\mathl{n-d}{} solche Indizes. Nach Umnummerierung seien
\mathl{\{1 , \ldots , n-d\}}{} diese Indizes und seien
\mathl{A_1 , \ldots , A_{n-d}}{} die Nichtseiten der Form
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{A_j }
{ =} { S \cup \{j \} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{j }
{ = }{1 , \ldots , n-d }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir betrachten die
\mathl{(n-d) \times (n-d)}{-}Untermatrix oben links der Jacobimatrix, also
\mathdisp {\begin{pmatrix} \prod_{v \in A_1 \setminus \{1\} } X_v & \prod_{v \in A_1 \setminus \{2\} }X_v & \ldots & \prod_{v \in A_1 \setminus \{n-d\} }X_v \\ \prod_{v \in A_2 \setminus \{1\} }X_v & \prod_{v \in A_2 \setminus \{2\} }X_v & \ldots & \prod_{v \in A_2 \setminus \{n-d\} }X_v \\ \vdots & \vdots & \vdots & \vdots \\ \prod_{v \in A_{n-d} \setminus \{1\} }X_v & \prod_{v \in A_{n-d} \setminus \{2\} }X_v & \ldots & \prod_{v \in A_{n-d} \setminus \{n-d\} }X_v \end{pmatrix}} { . }
In der Diagonalen ist stets
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{A_j \setminus \{j\} }
{ =} { { \left( S \cup \{j\} \right) } \setminus \{j\} }
{ =} { S }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und die Auswertung der Monome im Punkt $P$ ergibt in der Diagonalen Werte $\neq 0$. An einer Stelle zum Index
\mathl{(i,j)}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ \neq }{j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ A_i \setminus \{j\} }
{ =} { { \left( S \cup \{i\} \right) } \setminus \{j\} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Der Index $i$ gehört nicht zu $S$ und taucht in der Indexmenge des Monoms auf, daher sind diese Einträge an der Stelle $P$ gleich $0$. Daher ist diese Untermatrix eine Diagonalmatrix mit von $0$ verschiedenen Diagonaleinträgen. Daher hat sie den vollen Rang
\mathl{n-d}{,} und das bedeutet, dass der Rang der Jacobimatrix zumindest
\mathl{n-d}{} ist, also glatt nach der Definition.

Es sei nun vorausgesetzt, dass der Träger $S$ des Punktes $P$ in den zwei Facetten \mathkor {} {F} {und} {G} {} liegt, und $F$ aus $d$ Indizes besteht. Wir können \zusatzklammer {nach Umbenennungen} {} {} $F$ als
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ = }{ \{n-d+1 , \ldots , n\} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ansetzen und darüberhinaus annehmen, dass
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ n-d }
{ \in} { G }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} liegt. Es sei nun $A$ eine Nichtseite, die von den $n-d-1$ Nichtseiten
\mathbed {S \cup \{ j \}} {}
{j = 1 , \ldots , n-d-1} {}
{} {} {} {,} verschieden sei. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{k }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{k }
{ \notin }{ A }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} steht an der Stelle
\mathl{(A,k)}{} in der Jacobimatrix die $0$. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{k }
{ \in }{ A }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ A \setminus \{k\} }
{ \not \subseteq} { S }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} da wir
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{A }
{ = }{S \cup \{k\} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ausgeschlossen haben. Somit ist der Wert des Monoms zum Index
\mathl{(A,k)}{} an der Stelle $P$ gleich $0$. Daher ist überhaupt die Zeile zu $A$ in der Jacobimatrix ausgewertet am Punkt $P$ die Nullzeile. Die Jacobimatrix besitzt also höchstens $n-d-1$ Nichtnullzeilen und damit ist ihr Rang höchstens
\mathl{n-d-1}{.} Der Punkt ist also nicht glatt.

}






\zwischenueberschrift{Stanley-Reisner-Ringe}

Wie in der ersten Vorlesung angekündigt, wollen wir einen singulären Raum immer auch über die auf ihm definierten Funktionen verstehen. Im algebraischen Kontext werden diese im affinen Koordinatenring zusammengefasst. Für die simplizialen Komplexe und ihre geometrische Realisierung als Achsenraumkonfigurationen führt das zu den Stanley-Reisner-Ringen.




\inputdefinition
{}
{

Zu einem \definitionsverweis {simplizialen Komplex}{}{} $\Delta$ auf $V$ und einem \definitionsverweis {kommutativen Ring}{}{} $R$ nennt man den \definitionsverweis {Restklassenring}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R[ \Delta] }
{ =} { R[X_v, \, v \in V] / { \left( \prod_{v \in A} X_v:\, A \subseteq V \text{ ist keine Seite von } \Delta \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} den \definitionswort {Stanley-Reisner-Ring}{} zu $\Delta$ \zusatzklammer {über $R$} {} {.}

}

Man macht also aus der Eckenmenge $V$ die Indexmenge für eine Variablenmenge, bildet den Polynomring
\mathl{R[X_v,\, v \in V]}{} und macht das von allen Monomen
\mathl{\prod_{ v \in A} X_v}{,} wenn $A$ eine Nichtseite ist, \definitionsverweis {erzeugte Ideal}{}{} zu $0$. Dieses Ideal nennt man auch das \stichwort {Stanley-Reisner-Ideal} {} zum simplizialen Komplex. Es wird mit $I_\Delta$ bezeichnet. Dieses Ideal wird bereits von den Monomen zu den minimalen Nichtseiten von $\Delta$ erzeugt.

Wichtig ist allein schon die Situation, wenn der Grundring ein Körper ist. Man interessiert sich insbesondere für solche ringtheoretischen Eigenschaften der Stanley-Reisner-Ring, die für alle Grundkörper gelten.




\inputbeispiel{}
{

Zu einem \definitionsverweis {Simplex}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\Delta }
{ = }{ \mathfrak {P} \, (V ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist der zugehörige \definitionsverweis {Stanley-Reisner-Ring}{}{} einfach der Polynomring
\mathl{R[X_v:\, v \in V]}{,} da es keine Nichtseite gibt und daher das \definitionsverweis {Stanley-Reisner-Ideal}{}{} das Nullideal ist.


}




\inputbeispiel{}
{

Zum leeren \definitionsverweis {simplizialen Komplex}{}{} ist der \definitionsverweis {Stanley-Reisner-Ring}{}{} der Nullring, da in diesem Fall die leere Menge eine Nichtseite ist und das Produkt über die leere Menge $1$ ist. Das \definitionsverweis {Stanley-Reisner-Ideal}{}{} ist also das \definitionsverweis {Einheitsideal}{}{} und somit ist der Restklassenring der Nullring.


}




\inputbeispiel{}
{

Zu dem \definitionsverweis {simplizialen Komplex}{}{,} der allein aus der leeren Menge besteht, ist der \definitionsverweis {Stanley-Reisner-Ring}{}{} der Grundring $R$. In diesem Fall ist jede Ecke $v$ eine Nichtseite und daher gehören die Variablen $X_v$ zum \definitionsverweis {Stanley-Reisner-Ideal}{}{} und erzeugen dieses. Der Restklassenring ist daher der Grundring.


}

Diese drei angeführten Möglichkeiten nennt man auch die trivialen simplizialen Komplexe.




\inputbeispiel{}
{

Auf einer zweielementigen Menge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{ \{e,f\} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist der einzige nichttriviale \definitionsverweis {simpliziale Komplex}{}{} gleich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Delta }
{ =} { \{ \emptyset, \{e\}, \{f\} \} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Die einzige Nichtseite ist
\mathl{\{e,f\}}{} und daher ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R [\Delta] }
{ =} { R[X_e,X_f]/ { \left( X_eX_f \right) } }
{ \cong} { R[X,Y] /(XY) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}


}




\inputbeispiel{}
{

Auf einer dreielementigen Menge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{ \{e, f, g\} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} betrachten wir die nichttrivialen \definitionsverweis {simplizialen Komplexe}{}{} und ihre \definitionsverweis {Stanley-Reisner-Ringe}{}{,} wobei wir die Variablen mit
\mathl{X,Y,Z}{} bezeichnen.

Bei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Delta }
{ =} { \{ \emptyset, \{e\}, \{f\}, \{g \} \} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R [\Delta] }
{ =} { R[X,Y,Z]/ { \left( XY,XZ,YZ \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}


Bei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Delta }
{ =} { \{ \emptyset, \{e\}, \{f\}, \{g \}, \{e,f\} \} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R [\Delta] }
{ =} { R[X,Y,Z]/ { \left( XZ, YZ \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

Bei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Delta }
{ =} { \{ \emptyset, \{e\}, \{f\}, \{g \}, \{e,f\} , \{e,g\} \} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R [\Delta] }
{ =} { R[X,Y,Z]/ { \left( YZ \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

Bei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Delta }
{ =} { \{ \emptyset, \{e\}, \{f\}, \{g \}, \{e,f\} , \{e,g\} , \{f,g\} \} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R [\Delta] }
{ =} { R[X,Y,Z]/ { \left( XYZ \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}


}




\inputbeispiel{}
{

Zu einem \definitionsverweis {ungerichteten Graphen}{}{}
\mathl{(V,E)}{,} aufgefasst als \definitionsverweis {simplizialer Komplex}{}{,} besteht das \definitionsverweis {Stanley-Reisner-Ideal}{}{} aus sämtlichen Dreierprodukten
\mathl{X_uX_vX_w}{} mit
\mathl{u,v,w}{} paarweise verschieden und aus denjenigen Produkten $X_uX_v$ mit der Eigenschaft, dass
\mathl{\{u,v\}}{} keine Kante des Graphen ist \zusatzklammer {die Dreierprodukte, die eine Nichtkante beinhalten, braucht man nicht als Erzeuger} {} {.}


}

Die Nullstellenmenge des Stanley-Reisner-Ideals ist die Achsenraumkonfiguration, also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V(I_\Delta) }
{ = }{ \Delta(K) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wie in Lemma 3.11 gezeigt wurde. Die folgende Aussage zeigt, dass umgekehrt der Stanley-Reisner-Ring über einem unendlichen Körper der affine Koordinantenring der Achsenraumkonfiguration ist.




\inputfaktbeweis
{Simplizialer Komplex/Stanley-Reisner-Ring/Achsenraumkonfiguration/Ideal/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $\Delta$ ein \definitionsverweis {simplizialer Komplex}{}{} auf der Grundmenge $V$, $\Delta(K)$ die zugehörige \definitionsverweis {Achsenraumkonfiguration}{}{} in $K^V$ und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ K[\Delta] }
{ =} { K[X_v,\, v \in V]/I_\Delta }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} der zugehörige \definitionsverweis {Stanley-Reisner-Ring}{}{} über einem unendlichen Körper $K$.}
\faktfolgerung {Dann definiert ein Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ \in }{ K[ X_v,\, v \in V ] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} genau dann die Nullfunktion auf
\mathl{\Delta(K)}{,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ \in }{ I_\Delta }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Inklusion
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ I_\Delta }
{ \subseteq }{\operatorname{Id} \, { \left( \Delta (K) \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist klar nach Lemma 3.11. Es sei nun
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f }
{ \notin} {I_\Delta }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Wir schreiben
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f }
{ =} { \sum_\nu a_\nu X^\nu }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} wobei wir direkt davon ausgehen können, dass nur solche Monome $X^\nu$ mit einem Koeffizienten
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a_\nu }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auftreten, deren Träger eine Seite des simplizialen Komplexes ist \zusatzklammer {da die Monome zu Nichtseiten die Nullfunktion induzieren} {} {.} Dabei sei $S$ eine Seite des simplizialen Komplexes, die als Träger eines Monoms in $f$ vorkommt. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{S }
{ \subseteq }{F }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Facette}{}{} und $K^F$ der zugehörige Achsenraum, der nach Korollar 3.12 eine \definitionsverweis {irreduzible Komponente}{}{} der Achsenraumkonfiguration ist. Ein Monom $X^\nu$, das in $f$ vorkommt und dessen Träger nicht in $F$ liegt, induziert auf dem Achsenraum $K^F$ die Nullfunktion und man kann es weglassen, da dies den Wert der Polynomfunktion auf diesem Achsenraum nicht ändert. Ohne Einschränkung liege also der Träger eines jedes Monoms von $f$ in $F$. Dann ist aber $f$ einfach ein Polynom in den Variablen
\mathbed {X_v} {}
{v \in F} {}
{} {} {} {,} und der $K^F$ ist der natürliche affine Raum, auf dem diese Polynome als Funktionen wirken. Bei einem unendlichen Körper ist aber nach Aufgabe 2.35 ein vom Nullpolynom verschiedenes Polynom nicht die Nullfunktion auf dem affinen Raum.

}






\zwischenueberschrift{Lokale Ringe}

Der Satz über implizite Abbildung macht eine Aussage über die \stichwort {lokale Gestalt} {} der Faser in einem regulären Punkt, nämlich, dass lokal eine Mannigfaltigkeit vorliegt. Es wird keine Aussage über die globale Gestalt der Faser gemacht, ob es dort auch noch singuläre Punkte gibt. In der Singularitätentheorie interessiert man sich entsprechend für die lokale Gestalt eines geometrischen Objektes in einem singulären Punkt. Man möchte wissen, wie das geometrische Objekt in einem fixierten Punkt $P$ aussieht, und damit meint man, wie das geometrische Objekt in der Nachbarschaft des Punktes aussieht, in einer offenen Umgebung. Geometrische Phänome des Objektes, die keine Auswirkung auf die Nachbarschaft des Punktes haben, sind für das Verständnis der Singularität irrelevant. Bei \mathkor {} {\R} {oder} {{\mathbb C}} {} versteht man unter einer offenen Umgebung typischerweise eine offene Ballumgebung zu einem \anfuehrung{kleinen}{} Radius. Bei einem beliebigen Körper meint man eine Zariski-offene Umgebung des Punktes.

Das Konzept Nachbarschaft zeigt sich deutlich auch für die Funktionsklassen. Eine \zusatzklammer {je nach Kontext, stetige, differenzierbare, polynomiale} {} {} Funktion besitzt in $P$ den Wert $f(P)$. Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(P) }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, so ist wegen der Stetigkeit von $f$, die in allen angesprochenen Beispielklassen gegeben ist, die Funktion auch in einer gewissen Umgebung von $P$ nullstellenfrei. Auf einer solchen Umgebung ist dann auch die invertierte Funktion $1/f$ definiert und wieder stetig oder stetig differenzierbar, auch wenn $f$ außerhalb der Umgebung Nullstellen hat und dort $1/f$ nicht definiert ist. Die im Punkt $P$ nullstellenfreien Funktionen sind also lokal invertierbar. Für den algebraischen Kontext bedeutet dies, dass zu einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{V }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und eine durch ein Polynom
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{F }
{ \in} { K[X_1 , \ldots , X_n ] }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gegebene Funktion des affinen Koordinatenringes
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R }
{ = }{K[X_1 , \ldots , X_n ]/ \operatorname{Id} \, { \left( V \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F(P) }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die inverse Funktion
\mathl{1/F}{} zu den in $P$ definierten Funktionen gehören sollte. Dies wird durch die algebraische Konstruktion Nenneraufnahme und Lokalisierung realisiert.




\inputdefinition
{}
{

Ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} $R$ heißt \definitionswort {lokal}{}, wenn $R$ genau ein \definitionsverweis {maximales Ideal}{}{} besitzt.

}

Dazu ist äquivalent, dass das Komplement der Einheitengruppe von $R$ abgeschlossen unter der Addition ist. Die einfachsten lokalen Ringe sind die Körper. Zu jedem lokalen Ring $R$ gehört der Restklassenkörper $R/{\mathfrak m}$, den man den \stichwort {Restekörper} {} von $R$ nennt.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und sei ${\mathfrak p}$ ein \definitionsverweis {Primideal}{}{.} Dann nennt man die \definitionsverweis {Nenneraufnahme}{}{} an
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{S }
{ = }{ R \setminus {\mathfrak p} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionswort {Lokalisierung}{} von $R$ an ${\mathfrak p}$. Man schreibt dafür $R_{\mathfrak p}$. Es ist also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ R_{\mathfrak p} }
{ \defeq} { { \left\{ \frac{f}{g} \mid f \in R , \, g \not\in {\mathfrak p} \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}

Der folgende Satz zeigt, dass diese Namensgebung Sinn macht.




\inputfaktbeweis
{Kommutative Ringtheorie/Lokalisierung/Lokaler Ring/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und sei ${\mathfrak p}$ ein \definitionsverweis {Primideal}{}{} in $R$.}
\faktfolgerung {Dann ist die \definitionsverweis {Lokalisierung}{}{} $R_{\mathfrak p}$ ein \definitionsverweis {lokaler Ring}{}{} mit \definitionsverweis {maximalem Ideal}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p}R_{\mathfrak p} }
{ \defeq} { { \left\{ \frac{f}{g} \mid f \in {\mathfrak p} , \, g \notin {\mathfrak p} \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die angegebene Menge ist in der Tat ein Ideal in der \definitionsverweis {Lokalisierung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ R_{\mathfrak p} }
{ =} { { \left\{ \frac{f}{g} \mid f \in R , \, g \not\in {\mathfrak p} \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Wir zeigen, dass das Komplement von
\mathl{{\mathfrak p} R_{\mathfrak p}}{} nur aus Einheiten besteht, sodass es sich um ein \definitionsverweis {maximales Ideal}{}{} handeln muss. Es sei also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{q }
{ = }{ { \frac{ f }{ g } } }
{ \in }{R_{\mathfrak p} }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} aber nicht in
\mathl{{\mathfrak p} R_{\mathfrak p}}{.} Dann sind
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f,g }
{ \notin }{ {\mathfrak p} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und somit gehört der inverse Bruch
\mathl{{ \frac{ g }{ f } }}{} ebenfalls zur Lokalisierung.

}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {affin-algebraische}{}{} Teilmenge mit \definitionsverweis {affinem Koordinatenring}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R }
{ = }{K[X_1 , \ldots , X_n ]/ \operatorname{Id} \, { \left( V \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt mit zugehörigem \definitionsverweis {maximalen Ideal}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak m}_P }
{ \subseteq }{ R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann nennt man die \definitionsverweis {Lokalisierung}{}{} $R_{ {\mathfrak m}_P}$ den \definitionswort {lokalen Ring}{} von $V$ im Punkt $P$. Er wird mit
\mathl{{\mathcal O}_{V,P}}{} bezeichnet.

}