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Kurs Diskussion:Dresden im Mittelalter

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Letzter Kommentar: vor 2 Monaten von Methodios in Abschnitt 1335: Inquisitoren für die Diözesen Prag und Olmütz

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1381

Großer Stadtbrand 1491

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"Eigentliche normative Ergebnisse der Reichstage in Form von Abschieden und sonstigen Beschlüssen gab es nur ansatzweise. Ein am 28. Juni 1491 zum Abschluss des Nürnberger Tages gefundener Abschied (Nr. 366), der sich im Wesentlichen mit der Reichshilfe beschäftigte, enthält immerhin den Beschluss, dass das Kammergericht gemäß der ständischen Gerichtsordnung aufgerichtet werden solle. Verfassungsrechtlich noch bedeutsamer ist der Reichsordnungsplan König Maximilians (sog. Reformprojekt), der zu Kammergericht, zum Ablauf der Reichsversammlungen und zur Außenpolitik des Reiches Stellung bezieht (Nr. 367 – 369). Verfassungsgeschichtlich Bedeutsames ist darüber hinaus auch den Instruktionen und Berichten zu entnehmen, die allerdings noch nicht in der Systematik überliefert sind, wie dies bei frühneuzeitlichen Reichstagen der Fall ist. Die Akten zu Organisation und Zeremoniell hingegen lassen zwar keine normativen Bestimmungen erkennen; sie geben aber detailliert Auskunft über logistische Probleme und Lösungen – so, wenn etwa der Nürnberger Stadtrat befiehlt, zur Vorbereitung des Tages „das pettgewand und [den] hausrat durch die juden uf das sloß zu schaffen“. Die dem Schutz des Stadtrats unterstehenden, übrigens wenige Jahre später ganz aus der Stadt vertriebenen Juden wurden offenbar zu wohlfeilen organisatorischen Hilfsdiensten herangezogen (Nr. 511)." Deutsche Reichstagsakten. Mittlere Reihe Deutsche Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 4 Reichsversammlungen 1491-1493, hg.. v. Seyboth, Reinhard, 2 Teilbände.. Oldenbourg, München 2008. 1-842, 842-1402 S. Besprochen von J. Friedrich Battenberg.https://www.koeblergerhard.de/ZRG127Internetrezensionen2010/Deutschereichstagsakten-Reichsversammlungen1491-1493.htm

Wenn es im Mittelalter Monopoly gegeben hätte, wäre die Burgstraße die Schlossallee: Hier waren die schönsten und bedeutendsten Patrizier-/Bürgerhäuser, zum Beispiel Burgstraße 10, das ehemalige Haus des Patriziers Scheuerl. Hier verbarg sich bis 1945 hinter einer verhältnismäßig schlichten Fassade das vielleicht vornehmste, reichste und geschichtsträchtigste bürgerliche Wohnhaus Nürnbergs.

Einige der zahlreichen gekrönten Häupter, die bei Scheuerl wohnten: 1491 Kaiser Maximilian I., der den Hausherren um 233 Gulden anpumpte, 1522 König Ferdinand; auch Kaiser Karl V. weilte als Gast im Haus.

Die deutschen Könige und Kaiser des Mittelalters waren Wanderherrscher, die ihr Regierungsamt unmittelbar und persönlich ausübten. Nachdem die urbane Kultur der Antike untergegangen war, gab es im Frühmittelalter kaum größere Ansiedlungen, die als Residenzstädte hätten dienen können. Wenn auch zeitweilig Orte wie Aachen und Regensburg bevorzugt wurden, bildete sich dennoch kein Zentrum königlicher Herrschaft heraus. Stattdessen überzogen die Könige das Reichsgebiet mit einem Netz von Königshöfen und Pfalzen - und reisten.

Nürnberg gehörte, insbesondere im hohen und späten Mittelalter zu den am häufigsten besuchten Städten im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Der erste verbürgte Besuch eines Kaisers war der 16. Juli 1050. Kaiser Heinrich III. lässt auf Bitten des Edlen Richolfs die Hörige Sigena durch Schatzentwurf (Herausschlagen eines Denars aus der Hand) frei. Die zwei Urkunden aus dem Jahr 1050, die Nürnberg erstmals erwähnen, bezeugen den Aufenthalt des Kaisers.

Mit dem Regierungsantritt von Konrad III. (1138-1152) begann der eigentliche Aufstieg von Burg und Siedlung. Konrad besuchte Nürnberg fast in jedem Jahr seiner Regierungszeit. Solche Kaiser- und Königsbesuche warfen lange Zeit vorher schon ihre Schatten voraus. Sobald die Stadt von solchen Absichten Kenntnis bekam, begannen ihre Vorbereitungen. In der Regel wurden Gesandte vom Nürnberger Rat an den kaiserlichen Hof geschickt, die in Erfahrung bringen sollten, wann der Besuch zu erwarten sei, wie viel Gäste etwa kommen würden, und wo er wohnen wollte.

Die Herrschereinzüge glichen kirchlichen Prozessionen

Die Verpflegung wurde sichergestellt, sowohl für die kaiserliche Tafel, als auch bei den Wirten der Stadt. Für den Empfang wurden Straßen und Märkte geräumt, von Kot und Unrat gesäubert und mit Gras bestreut, geschmückt oder festlich beleuchtet. Traghimmel, Festone (Girlanden), Ehrenpforte, Ehrensäulen und Verkleidungen der Burgtore hergestellt. Bis zur Reformationszeit hatten die Herrschereinzüge einen sakralen Charakter; sie glichen fast kirchlichen Prozessionen.

Der Einzug der gekrönten Herrschaften erfolgte durch verschiedene Stadttore. Mal durch das Spittlertor, mal durch das Frauentor, ein anderes Mal durch das Laufer Tor. Je nachdem, woher der Herrscher anreiste. Wir konzentrieren uns auf die «Panoramastraße»: St. Lorenz, Fleischbrücke, Hauptmarkt, Rathaus, St. Sebald, Burgstraße, Burg.

Das älteste in den Ratsakten geschilderte Zeremoniell für einen Kaiserbesuch ist dasjenige für den Einzug Friedrich III. aus dem Jahre 1471. Ihm war die Prozession der Priester, Mönche und Schüler zusammen mit den Ratsherren vor die Stadt entgegengezogen, als er am 23. August 1471 im Wagen ankam.

Am Siechgraben, wo ihn drei der Älteren Herren des Rates und der Schultheiß mit 100 Reitern empfingen, stieg er zu Pferd und ritt hinter der Prozession durch das Frauentor in die Stadt. 1477 stifteten Friedrich III. und seine Gemahlin Eleonora von Portugal zur Fertigstellung des Hallenchores von St. Lorenz das Kaiserfenster.

Michael Wolgemut erhielt den Auftrag, das Fenster zu entwerfen, was eine große Auszeichnung war. Bei der Wahl der Bilder soll der Kaiser mitgewirkt haben.

Schauen Sie sich das Kaiserpaar an; der Kaiser trägt ein Brokatgewand, Reichsapfel und Zepter, er macht ein strenges Gesicht. Seine Gemahlin wirkt jugendlich, frisch und selbstsicher.


Zu Ehren der Kaiser schmückte sich Nürnberg

Achim Burek 3.9.2009 Methodios (Diskussion) 08:34, 18. Aug. 2024 (CEST)Beantworten

Prager Synodalbeschlüsse 1301

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Schon in den Prager Synodalbeschlüssen vom Jahre 1301 ist von päpstlichen Inquisitoren in der Diöcese Prag die Rede, welchen die der Ketzerei Verdächtigen angezeigt werden sollen.

Dudik, Iter Romanum I, S. 213

vgl. https://de.wikisource.org/wiki/Waldenserthum_und_Inquisition_im_s%C3%BCd%C3%B6stlichen_Deutschland_bis_zur_Mitte_des_14._Jahrhunderts

--Methodios (Diskussion) 18:12, 18. Aug. 2024 (CEST)Beantworten

1315: Verbrennung des Neumeisters in Himburg

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Auf Grund von Klagen über den zunehmenden Abfall von der Kirche in den nördlichen Theilen des Patriarchates von Aquileja (also wohl in Kärnthen, Krain und in der südlichen Steiermark) hiess der Patriarch Ottobuono de Razzi (1303–1315) im Jahre 1313 den Karthäuserprior von Seitz (östl. von Cilli in Steiermark) gegen die dortigen Ketzer einschreiten. Für das Bisthum Passau ernannte Bischof [305] Bernhard zwischen 1308 und 1311, im Einvernehmen mit dem Erzbischof Konrad von Salzburg und dem Herzog Friedrich dem Schönen von Oesterreich, eine Anzahl von Inquisitoren, deren Thätigkeit, nach den erhaltenen Nachrichten zu schliessen, sich wieder vornehmlich auf den österreichischen Theil der Passauer Diöcese concentrirte . Im Jahre 1311 finden wir die Inquisitoren in Steyer, wo sie eine Anzahl von Häretikern zum Tragen von Busskreuzen verurtheilten, Andere dem Scheiterhaufen überantworteten; ein Theil der Angeklagten entzog sich der Verfolgung durch die Flucht. In den folgenden Jahren – Kaiser Friedrich’s II. Ketzergesetze waren mittlerweile durch Heinrich VII. erneuert worden – dehnte sich die Untersuchung über ganz Niederösterreich aus. In dem eng begrenzten Gebiete zwischen Traiskirchen und St. Pölten waren es nicht weniger als 36 Ortschaften, in denen die Ketzerei Eingang gefunden hatte; in Krems erlitten 16, in St. Pölten 11, in Wien angeblich gar 102 Ketzer den Feuertod. Unter den Opfern der Verfolgung wird auch ein Bischof der österreichischen Ketzer genannt, der um 1315 zu Himberg (südsüdöstl. von Wien) verbrannte Neumeister, der sein Amt seit 50 Jahren verwaltet hatte. Seinem Zeugnisse zufolge zählte die Secte allein im Herzogthum Oesterreich über 80,000 Anhänger, während in Böhmen und Mähren deren Zahl eine geradezu unermessliche gewesen sein soll.


52: Das Schreiben ist gedruckt bei de Rubeis, Monumenta ecclesiae Aquilejensis S. 831 und von Friess S. 229 benutzt. Dank der Güte des Herrn Archivdirectors von Zahn konnte ich seine Abschrift des Documentes aus den Kanzleibüchern des Melioranza (I f. 37, Museo civico zu Udine) benutzen, die mehrfach correcter ist, als der a. a. O. vorliegende Druck. Da das Schreiben zunächst auf Urkunden des Jahres 1313 folgt, so dürfte es ebenfalls in dieses Jahr zu setzen sein.

53: Vergl. die Formel des sogenannten Formelbuches K. Albrecht’s I., mitgetheilt von Chmel im Archiv f. Kunde österr. Geschichtsquellen II, S. 248, sowie, bezüglich ihrer Datirung, Friess S. 226, Anm. 1.

54: Prevenhueber, Annales Styrenses S. 47 (nach den Jahrbüchern von Garsten).

55: Böhmer, Regesta imperii 1246–1313, S. 302, wo der kaiserliche Erlass wohl mit Recht in das Jahr 1312 gesetzt wird.

56: Die Hauptquelle für die geschilderten Vorgänge und die folgenden Erörterungen ist der wahrscheinlich von einem Kremser Geistlichen herrührende Bericht über die 1315 (oder 1312?) zu Krems angestellte Inquisition, der uns in vier auf eine gemeinsame Quelle zurückgehenden Fassungen vorliegt (Pez, Scriptores rerum Austriacarum T. II, col. 533 ff. nach einer Hs. der Stiftsbibliothek von St. Florian, die, wie scheint, eine ältere und ursprünglichere Form des Berichtes repräsentirt, Friess S. 254 ff. nach einer Klosterneuburger Hs., Annales Matseenses in Mon. Germ. Script. IX, S. 825 f. und die Fassung einer Hs. des Klosters Vorau, ebenda). Die gemeinsame Quelle hatte bereits am Schlusse die Notiz über die Inquisition des Jahres 1266 und die bei dem Passauer Anonymus begegnende Ortsliste beigefügt, welche Friess (a. a. O. 228 und Archiv f. österr. Gesch. 64, S. 89, Anm. 4) und Müller (Die Waldenser S. 154 [128] ff.) auf die Inquisition der Jahre 1311 f., Preger (Beiträge S. 220 ff., Ueber das Verhältniss der Taboriten zu den Waldesiern etc. S. 27) richtig auf die Ketzerverfolgung der Jahre 1260 ff. bezog. In wenig veränderter und erweiterter Form begegnet der Bericht auch in dem Chronicon Hirsaugiense des Joh. von Trittenheim (St. Gallen, 1690, Tom. II, S. 139 f.).

vgl. https://de.wikisource.org/wiki/Waldenserthum_und_Inquisition_im_s%C3%BCd%C3%B6stlichen_Deutschland_bis_zur_Mitte_des_14._Jahrhunderts

--Methodios (Diskussion) 18:18, 18. Aug. 2024 (CEST)Beantworten

1318: Ketzerverfolgung in Meißen, Böhmen, Mähren und Polen

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[306] Wie unsere im Anhang mitgetheilte Untersuchung über die religiöse Stellung der österreichischen Sectirer von 1311 ff. zeigen wird, haben wir dieselben der waldensischen Secte zuzurechnen, die demnach die Verfolgungen der sechziger Jahre des 13. Jahrhunderts siegreich überdauert und namentlich in Niederösterreich ihr Verbreitungsgebiet weit ausgedehnt hatte. Den hasserfüllten Aeusserungen gegen die Hierarchie und den Cultus des Katholicismus zufolge, welche die Inquisitionsberichte den Häretikern in den Mund legen, war die Kluft zwischen ihnen und der Kirche eine noch tiefere als vordem geworden. Schon standen die österreichischen Waldenser, wie ein in St. Pölten verbrannter Anhänger der Secte aussagte, im Begriffe, ihren Glauben öffentlich zu predigen und mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen; einer der Inquisitoren, der Kremser Dominicanerprior Arnold soll angeblich im Jahre 1318 von den Ketzern in Krems auf der Kanzel angefallen und ermordet worden sein. Am deutlichsten verräth sich die Leidenschaft des von der Kirche gegen das Waldenserthum geführten Kampfes in den Anklagen, welche jetzt die österreichische Inquisition gegen die Secte erhob und welche ihren Zweck, die Waldenser zum Abscheu der frommen Gemüther zu machen, wohl vielfach erreicht haben. Satansdienst und grauenvolle Unsittlichkeit, die in unterirdischen Räumen verübt wird, diese Vorwürfe werden auf Jahrzehnte hinaus stehende Anklageartikel in den gegen die Waldenser geführten Untersuchungen, deren eigentlichen Lehrbegriff wir erst in den Inquisitionsacten des ausgehenden 14. Jahrhunderts [307] wieder zu erkennen vermögen. Die letzte Consequenz aus diesem Anklagesystem hat man bekanntlich im 15. Jahrhundert in den romanischen Ländern gezogen, wo „Vauderie“ geradezu der technische Ausdruck für die Anklage auf Zauberei und Teufelsbuhlschaft geworden ist.

Die Angabe des Inquisitionsberichts von 1315, dass die in Ober- und Niederösterreich verfolgte Secte auch in den Nachbarländern massenhaften Anhang gehabt habe, legt es nahe, die Berichte über gleichzeitige Ketzerverfolgungen in anderen südostdeutschen Landschaften gleichfalls mit den Waldensern in Verbindung zu bringen. In erster Linie gilt dies bezüglich Böhmens und Mährens, wo, wie wir sahen, die Inquisition bereits zur Zeit der Waldenserverfolgung von 1260 ff. in Thätigkeit getreten, und wo nach der Aussage des österreichischen Waldenserbischofs Neumeister das Waldenserthum um 1315 besonders tief eingewurzelt war. Die Irrthümer, die Papst Johann XXII. den um 1318 verfolgten böhmischen Ketzern auf Grund der ihm aus Böhmen zugegangenen Berichte beilegt, sind zum Theile dieselben wie diejenigen, welche uns in dem Kremser Inquisitionsberichte begegnen: Verwerfung des Eides, Verwaltung der Busssacramente innerhalb der Secte, Erwartung der Erhöhung Lucifers, Veranstaltung von schändlichen Orgien, welche sich an die in Höhlen stattfindenden Predigten der ketzerischen Bischöfe anschliessen; ausserdem wird den böhmischen Ketzern noch die Vornahme der Wiedertaufe, Leugnung der Auferstehung der Todten und der Trinität und die Irrlehre, [308] Christus habe einen Scheinleib gehabt, vorgeworfen. An ihrer Spitze stand angeblich ein Erzbischof mit sieben Bischöfen, deren jeder über 300 Gläubige gesetzt war. Ohne Frage hat ein Gemisch von zum Theil arg missverstandenen Zügen des waldensischen und katharischen Lehrsystems als Unterlage für die Aufstellung jener Anklagepunkte gedient. Wir fügen aber auch sofort hinzu, dass durch dieselben Gründe, welche uns die Zugehörigkeit der Kremser Ketzer zu den Katharern verneinen liessen, die Annahme, das Katharerthum habe in Böhmen bis ins 14. Jahrhundert hinein fortbestanden, ausgeschlossen wird; für eine Beziehung des Berichtes auf die Secte vom freien Geiste sind Anhaltspunkte überhaupt nicht gegeben. Weist andererseits das päpstliche Schreiben von 1318 im Zusammenhalt mit dem gleichzeitigen entschiedenen Vorgehen der Curie gegen die Häretiker in Böhmen und den Nachbarländern auf eine straffe Organisation und weite Verzweigung der verfolgten Secte hin, so werden wir auch hierdurch wieder auf die Waldenser geführt; die Thatsache ferner, dass nur deren Secte, abgesehen von den hier nicht in Betracht kommenden Begharden, in der Folge die böhmische Inquisition beschäftigt und dass insbesondere die von den besprochenen Ereignissen nur durch eine kurze Spanne Zeit getrennte Inquisition der Jahre 1330 ff. sich gegen die waldensische Secte kehrte, lässt kaum einen anderen Schluss zu als den, dass die böhmischen Häretiker von 1318 ff. Waldenser gewesen sind.

Auch zeitlich gehören die österreichische und böhmische Ketzerverfolgung zusammen. Die letztere hatte aller Wahrscheinlichkeit nach, nachdem bereits die Prager Synodalstatuten des Jahres 1301 die Aufmerksamkeit des Klerus auf die Häretiker gelenkt hatten, um 1315 erhebliche Ausdehnung gewonnen; in Prag bestiegen in diesem Jahre 14 Verurtheilte den Scheiterhaufen. Wohl die Gewaltthätigkeit des Vorgehens der Inquisitoren hatte heftige Conflicte zwischen diesen und dem Prager Bischof Johann von Dražik (1301–1343) zur Folge, in deren [309] Verlauf der Bischof, aber auch König Johann von Böhmen dem Papste als Beschützer der Ketzer denuncirt wurden. Bekanntlich haben die gegen den Bischof von einem persönlichen Feinde, dem Domherrn Heinrich von Schönburg, erhobenen Anklagen im Jahre 1318 zur Suspension und Vorladung desselben nach Avignon geführt, von wo er erst im Jahre 1329 in seine Diöcese zurückkehrte. In wieweit jene Wirren durch den gleichzeitig in Böhmen tobenden Bürgerkrieg mitherbeigeführt waren, entzieht sich der Entscheidung.

Die unmittelbar nach der Abberufung des Prager Bischofs von der Curie ergriffenen Massregeln belehren uns, dass man die Gefahren, mit welchen die Verbreitung der Häresie in Böhmen und den Nachbarländern die Kirche bedrohte, als sehr ernste angesehen hat. Eine wahre Fluth von päpstlichen Bullen ging am 1. Mai 1318 an die Bischöfe von Olmütz, Meissen und Krakau, an den König von Böhmen, den Markgrafen von Meissen, die Herzöge von Krakau und Breslau, die böhmischen Landherren und die Magistrate der böhmischen und mährischen Städte aus, welche den Adressaten die geschehene Ernennung von päpstlichen Inquisitoren für die bezeichneten Gebiete ankündigten und deren eifrige Unterstützung in dringlichster Weise forderten. Die an die Bischöfe gerichteten Bullen enthalten den Vorwurf, dass diese nicht wachsam genug ihres Amtes gewaltet und damit dem Umsichgreifen der Ketzerei Vorschub geleistet hätten. Zu Inquisitoren für die Diöcesen Krakau und Breslau werden der Dominicaner Peregrinus von Oppeln und der Minorit Nicolaus Hyspodinet von Krakau, zu solchen für die Diöcesen Prag und Olmütz der Dominicaner Colda aus dem böhmischen Herrengeschlechte von Colditz und der Minorit Hartmann von Pilsen ernannt.

[310] Ueber die Ergebnisse der in Böhmen angestellten Inquisition sind wir ohne Nachricht. Wir erfahren nur beiläufig, dass die Glaubensrichter auch diesmal wieder dort auf Widerstand stiessen; einen Ordensbruder des Dominicaners Colda, Nicolaus Otachari, den dieser zu seinem Subdelegaten ernannt hatte, haben angeblich die ihm aus Anlass seiner gewissenhaften Ausübung erwachsenen Anfeindungen sogar zum Austritt aus seinem Orden genöthigt. In Schlesien war dagegen schon vor Aufstellung der päpstlichen Inquisitoren eine systematische Ketzerverfolgung seitens der vom Breslauer Bischof Heinrich I. damit beauftragten Breslauer Dominicaner und Minoriten eingeleitet worden. Im Jahre 1315 bestiegen 50 Personen, unter ihnen Weiber und Kinder, in Schweidnitz den Scheiterhaufen; andere Autodafé’s fanden in Breslau, Neisse und anderen Plätzen statt, nicht ohne dass auch hier in weltlichen und klerikalen Kreisen oppositionelle Stimmen gegen das Vorgehen der Inquisition laut geworden wären.

57: So berichtet F. Steill, Ephemerides Dominicano-sacrae I, 2, S. 69 f. „ex registr. conv. Crembsensis“. Andere Nachweise bei Friess S. 231.

58: Auffallend ist angesichts der im Folgenden zu besprechenden Thatsachen die Aeusserung des Bischofs Bruno von Olmütz in seinem Schreiben an Papst Gregor X. vom 1. Januar 1273 über den Zustand seiner Diöcese: de infidelibus vero inter nos conversantibus, deo teste, de haereticis nihil scimus (Codex dipl. et epistolar. Moraviae VI, 369). Auch in den Olmützer Synodalstatuten von 1318 (ib. VI, 385) geschieht der Häretiker nicht Erwähnung.

59: Bulle vom 1. April 1318, abgedruckt bei Dudik, Iter Romanum II, 136 ff., auch erwähnt bei Peter von Königsaal (Königsaaler Geschichtsquellen, hrsg. v. Loserth S. 366); die Anzeige über das Ueberhandnehmen der Ketzerei in Böhmen war dem Papste von dem mit dem Prager Bischof aufs heftigste verfeindeten Domherrn Heinrich von Schönburg erstattet worden, was bei der Beurtheilung der Glaubwürdigkeit der diesbezüglichen Angaben der Bulle nicht ausser Acht gelassen werden darf.

60: Die zuerst von Dubravius (Hist. Boh. l. XX, p. 168) ausgesprochene, jeder Begründung entbehrende Ansicht, die böhmischen Ketzer von 1315 ff. hätten der Secte der Apostoliker angehört, ist bis auf die Gegenwart vielfach wiederholt worden. Die genannte Secte hat auf deutschem Gebiete nie Boden gefasst.

61: Dudik I, 213.

62: Vergl. Palacky, Ueber die Beziehungen und das Verhältniss der Waldenser zu den ehemaligen Secten in Böhmen (1869) S. 12 ff.; Tomek, Gesch. der Stadt Prag S. 580 f.; Dudik II, 136 f., 101 Nr. 146.

63: Vergl. Palacky, Geschichte von Böhmen II, 2, S. 113 ff.

64: Vergl. über ihn – er war zugleich päpstlicher Pönitentiar und Lector im Prager Dominicanerkloster – Tomek’s Geschichte von Prag I, S. 485, 520.

65: Die päpstlichen Schreiben in Codex dipl. et epistol. Moraviae VI, 101–106, auch bei Wadding, Annales minorum VI, ad a. 1318 Nr. 2–6 und Theiner, Vetera monum. Poloniae et Lithuaniae I, 137–139.

66: Vergl. Dudik II, 102, 104, 194.

67: Vergl. Grünhagen, Geschichte Schlesiens I, 162 und Anhang 63. Erwünschte Aufschlüsse gewährt auch das von Wattenbach herausgegebene Formelbuch des Domherrn Arnold von Protzan (Codex diplomaticus Silesiae V); Nr. 64 des Formelbuches unterrichtet von der Absetzung eines Geistlichen der Breslauer Domkirche durch Bischof Heinrich I. (1301–1319), der u. a. in einer zu Breslau gehaltenen Predigt für die der Ketzerei Verdächtigen eingetreten war; in Nr. 69 werden die Ketzerverbrennungen in Schweidnitz und Neisse erwähnt und der Klerus zur Verfolgung der flüchtig gewordenen und sich verborgen haltenden Ketzer ermuntert; Nr. 70 und 71 behandelt die Ernennung von Inquisitoren; nach Nr. 72 sind Ketzer nach Neisse geflüchtet, wo sie ihre Lehren verbreiten; in Nr. 89 wird der Famulus eines Breslauer Bürgers, der als Helfer der Ketzer aufgetreten ist und die Inquisitoren bedroht hat, excommunicirt; in Nr. 95 wird der Archidiacon von Glogau, Magister Mirislaus, als der Ketzerei im höchsten Grade verdächtig genannt.

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--Methodios (Diskussion) 18:31, 18. Aug. 2024 (CEST)Beantworten

1327 bis 1330: Ketzerverfolgung in Böhmen und Polen

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Im Herzogthum Oesterreich dauern auch nach der blutigen Verfolgung von 1311–1318 die Klagen über das Ketzerthum fort. In den Mittheilungen des Abtes Johann von Victring über die um 1327 in Oesterreich und Böhmen verbreiteten Häretiker wird die frühere Anklage der Veranstaltung von Orgien in unterirdischen Höhlen gegen die „adamitische Secte“ – zum ersten Male begegnet uns hier die Bezeichnung in diesem Zusammenhang – wiederholt, daneben der Vorwurf der Verwerfung der Messe [311] und der Fürbitte für die Todten erhoben. Ganz ins Fratzenhafte verzerrt erscheint das Bild der österreichischen Häretiker bei Johann von Winterthur (zum Jahre 1338), der die Schilderung der schamlosen Zusammenkünfte der Secte noch durch Teufelserscheinungen verschiedener Art belebt. Gemeinsam ist beiden Berichten die Angabe, dass die Ketzer heftig verfolgt und in grosser Zahl auf den Scheiterhaufen geführt worden seien. Aus anderen Quellen erfahren wir, dass 1336 in Klosterneuburg, 1338 in Enns, Steyer und sonstigen Orten zahlreiche Ketzerverfolgungen stattfanden; die Inquisition begegnete dabei, wie es scheint, mehrfach einem sehr entschlossenen Widerstande, der auch einer Reihe von katholischen Geistlichen das Leben kostete. Dass es sich bei diesen Vorgängen um ein planmässiges Vorgehen gegen das immer bedrohlicher sich ausbreitende Waldenserthum [312] handelte, machen die zu derselben Zeit gegen die Waldenser in Franken, der Mark Brandenburg, in Böhmen und Polen eingeleiteten Processe in hohem Grade wahrscheinlich. Die Acten über eine um 1330 in Böhmen und Polen gegen die dortigen Waldenser angestellte Untersuchung waren noch im Besitz des Flacius; seinen Mittheilungen daraus ist die Thatsache des Fortbestehens einer engen Verbindung der lombardischen Centralleitung der waldensischen Secte mit deren Anhängern in Böhmen und Polen zu entnehmen. Auf diese Inquisition bezieht sich ohne Frage eine Reihe von päpstlichen Schreiben, die in den Jahren 1327 und 1330 nach Polen und Ungarn gerichtet wurden. Am 1. April 1327 theilt Papst Johann XXII. dem Erzbischof von Gnesen und dessen Suffraganen, ferner dem Bischof von Kammin und dem König Wladislaw von Polen mit, dass er es für nothwendig befunden, Massregeln gegen die aus Deutschland und Böhmen nach Polen eindringende Ketzerei zu treffen; er habe desshalb dem polnischen Dominicanerprovinzial Vollmacht zur Aufstellung von Inquisitoren ertheilt, die von den Adressaten unterstützt werden sollen. Am 1. Februar desselben Jahres [313] hatte der Papst bereits für den Dominicanerprovinzial in Ungarn die gleiche Vollmacht ausgestellt und dem ungarischen Klerus, dem König Karl II., dem Ban von Slavonien, dem Grossfürsten von Siebenbürgen und der Walachei, sowie den ungarischen Magnaten die Förderung der Inquisition anbefohlen; von der das ungarische Reich bedrohenden Ketzerei heisst es hier, dass sie ihren Ausgangspunkt in den deutschen und polnischen Landschaften habe. Drei Jahre später, am 16. März 1330, fand es der Papst für nothwendig, die Behinderung der ungarischen Inquisitoren bei der Verfolgung der aus Deutschland und Polen sich einschleichenden Ketzer nochmals unter allen Umständen zu untersagen. In Schlesien endlich finden wir im Jahre 1330 den Dominicaner Johann von Schwenkenfeld aus dem Kloster von Schweidnitz als päpstlichen Inquisitor thätig.

68: Böhmer, Fontes rerum Germanicar. I, 402 69: Ausgabe von G. v. Wyss im Archiv f. schweizerische Geschichte XI (1856) S. 129 und 130 f. Vergl. auch seinen monströsen Bericht über die brandenburgischen Ketzer des Jahres 1338 a. a. O. S. 136. 70: Catalogus abbatum Glunicensium in Pez, Scriptor. rer. Austriac. II, 330: eo tempore (1336), praecipue autem anno 1338 in civitate Laureacensi et Styrensi aliisque vicinis locis suborta est inquisitio haereticoram et ab istis econtra persecutio catholicorum, praesertim cleri et religiosorum. Annales Mellicenses (Mon. Germ. Script. IX, 512) zum Jahre 1338: magna multitudo hereticorum in lucem deducta est, qui clericos seculares et religiosos plures occiderunt. Kleine Klosterneuburger Chronik im Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen VII, 232: 1336 hat man die Ketzer zerstört, was man ir fandt, in der Drischlergassen und in der Gaysluecken. Zum Jahre 1340 berichtet Johann von Victring (ed. Böhmer S. 438), ein Priester Rudolf habe in Reichenhall und dann wiederholt in Salzburg den Kelch vom Altare genommen und den consecrirten Wein verschüttet; desshalb zur Rechenschaft gezogen, habe er sich gegen die Taufe und das Altarsacrament ausgesprochen und sich zu der Ansicht, dass die gefallenen Engel wieder erhöht werden könnten, bekannt. Er wurde als unbussfertiger Ketzer verbrannt. Ein bestimmtes Urtheil über seine religiöse Stellung ermöglichen diese Angaben nicht. Um 1327 erklärte sich Erzbischof Friedrich III. von Salzburg dem Papste Johann XXII. gegenüber bereit, mit seinen Suffraganbischöfen und den päpstlichen Inquisitoren seiner Provinz gegen etwaige Anhänger und Vertheidiger der Lehren der Fraticellen einzuschreiten (Mayer, Beiträge zur Gesch. des Erzbisth. Salzburg II, im Archiv für österr. Geschichte 62, S. 165); ein Zusammenhang zwischen den Fraticellen, über deren Verbreitung in den österreichischen Ländern sonst nichts bekannt ist, und der oben geschilderten religiösen Bewegung in Oesterreich hat keinesfalls bestanden. 71: Vergl. meine „Religiösen Secten in Franken“ S. 4 und 18 ff. Johann von Winterthur berichtet unter dem Jahre 1334 und 1346 über Ketzerverbrennungen in Nürnberg (a. a. O. S. 108 und 236), die ebenso wie die grosse Untersuchung vom Jahre 1332 am ungezwungensten mit der waldensischen Secte, zu deren hauptsächlichsten Stützpunkten Nürnberg zu Ende des 14. und Anfang des 15. Jahrhunderts gehörte, in Verbindung gebracht werden. 72: Vergl. Wattenbach. Berliner Sitzungsberichte 1887, S. 518, und meine „Husitische Propaganda in Deutschland“ im Histor. Taschenbuch, 6. Folge, VII, (1888) S. 237, Anm. 1. Johann von Winterthur a. a. O. S. 136 (zum Jahre 1338). 73: Catalogus testium (Frankf. 1666) S. 638. Ein irgendwie stichhaltiger Grund, der Angabe des in seinen Mittheilungen über die Waldenser durchaus zuverlässigen Flacius bezüglich der zeitlichen Ansetzung dieser Inquisition mit Preger (Ueber das Verhältniss etc. S. 6) zu misstrauen, liegt nicht vor; wir werden im Gegentheil im Folgenden das Zeugniss des Flacius über die von Preger angezweifelte polnische Ketzerverfolgung um 1330 ausdrücklich bestätigt sehen. 74: Theiner, Monumenta vetera Poloniae et Lithuaniae I, 297 f. Der am Anfang des 17. Jahrhunderts schreibende Wengierski gibt an, um 1330 sei die waldensische Secte in der Gegend von Krakau verbreitet gewesen (Krasinski, Histor. sketch of the reformation in Poland I, 53). Ausser den Waldensern wurden um diese Zeit auch Begharden durch die polnische Inquisition verfolgt, u. a. um 1319 in der Diöcese Wladislaw (Theiner I, 150, 163) und 1354 im ganzen polnischen Reiche (Theiner I, 555). Eine an den polnischen Dominicanerprovinzial gerichtete päpstliche Bulle vom 29. April 1327 erwähnt Wattenbach (nach Bullar. praedicat. II, 175) im Codex dipl. Silesiae V, 1 Nr. 69 Anm. 75: Theiner, Vetera monumenta historica Hungariam sacram illustrantia I, 511 ff., 527. Eine Beziehung der Schriftstücke auf die im südlichen Ungarn und namentlich in Bosnien verbreiteten südslavischen Katharer, gegen die im gleichen Jahre das Kreuz gepredigt wird, sowie auf die 1326 in Ungarn genannten Fraticellen (Theiner, I, 506, 513) ist jedenfalls ausgeschlossen. 76: Grünhagen, König Johann von Böhmen und Bischof Nanker von Breslau. Sitzungsberichte der Wiener Akademie. Philos.-hist. Classe 47 (1864) S. 86; Wattenbach, Codex dipl. Siles. V, 1, Nr. 69 Anm., wornach Joh. von Schwenkenfeld am 23. November 1330 als Inquisitor für die Diöcese Breslau bevollmächtigt wurde.

vgl. https://de.wikisource.org/wiki/Waldenserthum_und_Inquisition_im_s%C3%BCd%C3%B6stlichen_Deutschland_bis_zur_Mitte_des_14._Jahrhunderts

--Methodios (Diskussion) 19:30, 18. Aug. 2024 (CEST)Beantworten

1335: Inquisitoren für die Diözesen Prag und Olmütz

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Es lässt sich nicht deutlich erkennen, ob bei der 1335 erfolgten Aufstellung von Inquisitoren für die Diöcesen Prag und Olmütz es sich um die Fortsetzung einer unmittelbar vorausgegangenen Ketzerverfolgung, zu der die 1326 von dem Mainzer Erzbischof angeordnete Visitation der Diöcese Prag Veranlassung gegeben haben mochte, oder um die Einleitung einer neuen Inquisition gehandelt hat; die eben besprochenen auf Polen und Ungarn bezüglichen Schriftstücke machen die erstere Annahme wahrscheinlicher. Wie in den genannten Ländern, so werden auch in Böhmen und Mähren der zum Inquisitor [314] für die Prager Diöcese ernannte Dominicaner Gallus de Novo Castro (Nimburg, Gratzen bei Budweis, Neuhaus?) und sein für die Olmützer Diöcese bestimmter Amtsbruder, der Minorit Petrus von Naczeracz, dem König und dem Thronfolger, dem Burggrafen von Prag, den Bischöfen und dem Klerus behufs thatkräftiger Förderung der Inquisition empfohlen. Und wie dort so heisst es auch von den böhmischen Ketzern, dass sie aus Deutschland und den umliegenden Landschaften eingedrungen seien; auch in dem sofort zu besprechenden päpstlichen Schreiben vom Jahre 1340 werden die in ganz Böhmen, besonders aber auf den Herrschaften des Ulrich von Neuhaus verbreiteten Ketzer als „Deutsche und Fremdlinge“ bezeichnet. Aus all’ dem scheint hervorzugehen, dass die Inquisition von 1327 ff. in erster Linie die erst jüngst germanisirten, an das Herzogthum Oesterreich anstossenden Landestheile von Böhmen, Mähren und Ungarn, dann auch Schlesien und die angrenzenden polnischen Gebiete, wo in vielen der bedeutenderen Städte, wie z. B. in Krakau, das deutsche Element die Oberhand hatte, betroffen haben wird. Auf einer weit in das tschechische Sprachgebiet [315] hineinragenden deutschen Sprachinsel des südlichen Böhmens, in Neuhaus, finden wir den böhmischen und mährischen Inquisitor im Jahre 1338 in vereinter Thätigkeit. Nachdem eine Anzahl der häretischen Unterthanen des Dynasten Ulrich III. von Neuhaus – sein Gebiet umschloss unter anderm das südwestlich von Tabor gelegene Deschna und die mährischen Orte Zlabings und Teltsch – ihre Ketzerei abgeschworen hatte, führte die Abreise des Inquisitors Gallus an den päpstlichen Hof zu Avignon um 1339 zu einem abermaligen allgemeinen Abfall von der Kirche. Wir erfahren aus einem an Ulrich von Neuhaus gerichteten Schreiben des Papstes Benedict XII. vom 6. März 1340, dass, ganz analog den früher von uns im Herzogthum Oesterreich beobachteten Verhältnissen, die böhmischen und mährischen Ketzer der gegen sie eingeleiteten Verfolgung entschlossen entgegentraten und durch Brandstiftung und Gewaltthätigkeiten verschiedener Art – der Papst spricht sogar von einer Fehdeerklärung der Häretiker gegenüber Ulrich von Neuhaus – die Inquisition lahmlegten. Die Angelegenheit war ernst genug, um den Neuhauser zu einer Reise nach Avignon zu veranlassen, wo ein förmlicher Kreuzzug gegen die Rebellen verabredet wurde; die Theilnehmer sollten dieselben kirchlichen Gnaden wie die Kreuzfahrer nach Palästina geniessen. Dass der Inquisitor Gallus nach seiner Rückkunft nach Böhmen mit grosser Entschiedenheit gegen die Häretiker eingeschritten ist, ersehen wir aus einem Briefe des Papstes Benedict XII. vom 13. September 1341, worin er die Ueberführung der durch Gallus verhafteten Ketzer in die Gefängnisse des Prager Bischofs anordnet, da für dieselben sonst keine Kerker vorhanden seien. Zur gleichen Zeit wird Ulrich von Neuhaus von dem [316] Papste ersucht, für die Durchführung dieser Massregel einzutreten, und ebenso der böhmische Thronfolger, der spätere Kaiser Karl IV., zur Unterstützung des Inquisitors Gallus aufgerufen. Bereitwillig gab Karl dem Verlangen des Papstes nach; schon um 1344 sehen wir das Inquisitionsgericht im Besitze einer Anzahl von Häusern in Prag, welche aus dem confiscirten Vermögen der verurtheilten Häretiker bezahlt werden. Nichts desto weniger erhebt Papst Clemens VI. in einem Schreiben vom 30. Juni 1346, auf Beschwerden des Inquisitors Gallus sich berufend, bei dem Prager Erzbischof abermals Klage über den Mangel von Gefängnissen für die böhmischen Ketzer und heisst den Erzbischof Abhilfe treffen. Im Vertrauen auf die in ihrer Art in Deutschland einzig dastehende mächtige Unterstützung seitens des Landesfürsten scheint der Inquisitor Gallus in Ausübung seines Amtes den Bogen allzu straff gespannt zu haben. In der Zeit nach seiner Rückkehr aus Avignon wurde er in Prag von einem im Einvernehmen mit Mitverschworenen handelnden gewissen Albert überfallen und verwundet; wohl nur durch glücklichen Zufall ist er dem Schicksal seines Ordensbruders, des ermordeten schlesischen Inquisitors Johann von Schwenkenfeld entgangen.

Dass die auf den Neuhausischen Gütern verfolgten Ketzer in ihrer Mehrheit den Waldensern zuzurechnen sind, dürfte aus dem [317] Zusammenhang der bisher besprochenen Thatsachen mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit hervorgehen. Es kommt hinzu, dass das päpstliche Schreiben vom 6. März 1340 geheime Zusammenkünfte der Ketzer „mit ihren Meistern, die sie Apostel nennen“, erwähnt, dass die Ketzer, wie schon bemerkt, als „insgemein Eingewanderte und Deutsche“ bezeichnet werden, dass endlich in der Nähe des im Süden an Niederösterreich anstossenden und Theile des mährischen Thaya-Thales einschliessenden Neuhauser Gebietes die in den Untersuchungen von 1260 ff. und 1390 ff. als Sitze von Waldensern genannten Orte Drosendorf und Hardeck, beide an der Thaya gelegen, sich befinden.

77: Vergl. Emler, Regesta Bohemiae et Moraviae P. III, 459, 469.

78: Die gewöhnliche Uebersetzung für Neuhaus ist im 14. Jahrhundert „Nova Domus“; in früherer Zeit kommt mehrfach auch der Name „Novum Castrum“ vor. Vergl. Pangerl, Die Witigonen, Archiv f. österr. Geschichte 51, 559, 562. Nimburg a. d. Elbe war Sitz eines Domincanerklosters.

79: Codex diplom. et epist. Moraviae VII, 52–56; Dudik, Auszüge für Mährens allgem. Gesch. aus den Regesten der Päpste (1885) S. 6 f.; Raynaldus ad a. 1335, Nr. 61–62. Wenn es heisst, dass die Ketzer „de remotis tam Alamaniae quam circumpositis regionibus“ nach Böhmen gekommen sind, so ist hier wie an den entsprechenden Stellen der nach Polen und Ungarn gerichteten Schreiben der Nachdruck offenbar darauf gelegt, dass die Häretiker ans fremden (remotis) Ländern kommen, deren Namen dann erklärend beigesetzt werden; dagegen können die Stellen unmöglich so verstanden werden, dass nach Ungarn die Häretiker aus entfernten Gegenden Deutschlands und Polens, nach Polen aus entfernten Landschaften Deutschlands und Böhmens u. s. w. kommen. Die deutschen Einwanderer, welche die päpstlichen Briefe nennen, haben wir uns gewiss nur zum kleineren Theil als Flüchtlinge, – vergl. über solche z. B. die Urkunde von 1336, worin König Johann von Böhmen verheisst, die aufrührerischen Unterthanen der Herzöge von Oesterreich nicht aufzunehmen (Codex dipl. Morav. VII, 94) – in ihrer Hauptmasse aber als Colonisten zu denken.

80: Ueber die deutsche Einwanderung in Böhmen, Mähren und Ungarn, namentlich im 13. Jahrhundert, vergl. Huber, Geschichte Oesterreichs I, 464 ff., 576 ff. – Ueber die deutsche Colonisation in Polen und Schlesien vergl. Caro, Geschichte Polens II, 525 ff., 555 f.; Grünhagen, Gesch. Schlesiens I, 36 ff., 58 ff., 87 ff., 111, 131.

81: Zur Geschichte der Germanisirung dieses Theiles von Südböhmen und zur Geschichte der Herren von Neuhaus vergl. Tupetz, Gesch. der deutschen Sprachinsel von Neuhaus und Neubistritz in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen. Jahrgang XXVI (1888) Nr. 3 und 4, S. 283 ff., 359 ff.

82: Am 18. November 1338 besiegeln beide Inquisitoren als Zeugen eine in Neuhaus von Ulrich von Neuhaus ausgestellte Urkunde. Codex dipl. et epist. Moraviae VII, 157.

83: Cod. dipl. Mor. VII, 190.

84: Dudik S. 14 und 23.

85: Vergl. die Formel in der „Summa Gerhardi“, hrsg. von Tadra, Archiv f. österr. Gesch. 63, 369. Der in der Formel genannte Prager Stadtrichter W[enceslaus Rokyczaner], welcher für die Bezahlung der Kaufsumme für die zu Gunsten der Inquisition angekauften Häuser Bürgschaft geleistet hatte, bekleidete jenes Amt 1337 – Mai 1342 und Juli 1343 – März 1344. Vergl. Tomek, Gesch. der Stadt Prag I, 634, 646. – Frind, Kirchengesch. Böhmens II, 86, nennt als Nachfolger des Gallus als Inquisitor den Dominicaner Konrad, bemerkt aber an einer späteren Stelle (II, 273), dass derselbe mit dem Inquisitor Johann von Schwenkenfeld verwechselt werde.

86: Dudik S. 31.

87: Vergl. die Formel in dem von Tadra herausgegebenen Formelbuch des Erzbischofs Arnest von Prag (1343–1364) im Archiv für österr. Geschichte 61, 405. Eine genauere Bestimmung des Datums der Formel, als „um 1350“, ist schwerlich möglich. Nach Tadra S. 272 rühren die Formeln der „Concellaria Arnesti“ meist aus der Zeit 1350–1360 her. Ob das gleichfalls in der Cancellaria (S. 324 ff., 426) erwähnte Attentat auf den Canonicus von Wyssegrad, Ulrich Neumburger, mit dem berührten Vorgang in Verbindung steht, muss dahingestellt bleiben.

88: Cod. dipl. Mor. VII, 190: in errores pristinos sunt relapsi, conventiunculas illicitas cum magistris eorum, quos vocant apostolos, faciendo. Preger (Ueber die Taboriten S. 8 f.) erblickt mit Recht in der Stelle einen Hinweis auf die waldensische Secte. Die Apostoliker und Katharer können aus den früher angegebenen Gründen nicht in Betracht kommen. Zwar heisst es auch einmal von den Begharden (Erlass des Erzbischofs Heinrich I. von Köln vom Jahre 1306 bei Mosheim, De beghardis et beguinabus S. 211 ff.), dass sie sich Apostel nennen; aber auf pantheistische Grübler kann die Erzählung von den Bauernaufständen im Neuhauser Gebiete am allerwenigsten bezogen werden. Die Unwahrscheinlichkeit der früheren Auffassungen von einer massenhaften Verbreitung der Secte vom freien Geiste und von deren angeblichen communistischen Tendenzen habe ich an anderer Stelle (Zeitschrift für Kirchengeschichte VII [1885], S. 533 ff) darzulegen gesucht. Dass einzelne Glieder der Secte sich auch in Mähren fanden, zeigen die von Wattenbach (Sitzungsberichte der Berliner Akademie 1887, S. 517 ff.) mitgetheilten Bekenntnisse der Begharden Johannes und Albert von Brünn, welche sie vor Gallus de Novadomo ablegten, deren Glaubwürdigkeit allerdings von Punkt zu Punkt festzustellen sein wird. Von „Aposteln“ der Secte vom freien Geiste ist auch hier nicht die Rede.

vgl. https://de.wikisource.org/wiki/Waldenserthum_und_Inquisition_im_s%C3%BCd%C3%B6stlichen_Deutschland_bis_zur_Mitte_des_14._Jahrhunderts

--Methodios (Diskussion) 19:45, 18. Aug. 2024 (CEST)Beantworten