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Projekt Diskussion:Dresdner Chronik/806

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Letzter Kommentar: vor 1 Monat von Methodios in Abschnitt 1200 Jahre Waldau

1200 Jahre Waldau

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1200 Jahre Waldau

von Karsten Falke, Berlin

Veröffentlicht im „Super Sonntag“ vom 8. Januar 2006

Das bevorstehende Jahr 2006 bietet der Stadt Bernburg die seltene Gelegenheit, ein Jubiläum zu begehen, von dem man ohne jede Übertreibung sagen darf, daß es nicht nur von zentraler Be-deutung für die Geschichte unserer Stadt ist, sondern durchaus auch weit über Bernburgs manch-mal etwas enge Grenzen hinaus Beachtung verdient, wenn nicht gar fordert. Bernburgs ältester Stadtteil, das 1870/ 71 eingemeindete Waldau, wird 1.200 Jahre alt. Den Anlaß gibt uns die erste namentliche Erwähnung Waldaus in einer Chronik aus dem südfranzösischen Kloster Moissac. Jene Chronik von Moissac wurde im 9. Jahrhundert verfaßt und ist uns in einer Abschrift aus dem 11. Jahrhundert erhalten, die in der französischen Nationalbibliothek in Paris aufbewahrt wird. In gedruckter Form findet man den Wortlaut der Handschrift in der Monumenta Germaniae Historica (MGH SS II S.257ff). Dort ist zum Jahr 806 die folgende Nachricht zu lesen:

„Kaiser Karl feierte Ostern in Nimwegen, und schickte seinen Sohn den König Karl nach Thüringen zu einem Ort, der Waladala genannt wird, und dort hielt er seine Heerschau ab. Und von dort schickte er seine Heerscharen über die Elbe; er selbst zog über die Saale ins Guerenaveldo. Und dann wurde der stolze König Milito, der im Gebiet der Sorben herrschte, getötet; und später kehrte er zur Elbe zurück; und er verwüstete jene Landstriche, und zerstörte deren Burgen. Und die übrigen Könige ebendieser kamen zu ihm, und versprachen, dem Herrn und gottesfürchtigen Kaiser zu dienen, und stellten Geiseln nach seinem Willen. Und diesen trug König Karl auf, zwei Burgen zu errichten, die eine nördlich der Elbe gegenüber Magdeburg, die andere östlich der Saale an einem Ort, der Halle genannt wird; darauf kehrte er zu seinem Vater zurück.“

Die Waldau betreffende Textstelle in der Chronik von Moissac bzw. der davon überlieferten Abschrift aus dem 11. Jahrhundert. In der dritten Zeile wird der thüringische Ort Waladala (Waldau) genannt. Die in der Chronik genannte Region Thüringen entspricht in seiner Ausdehnung nicht dem heutigen Thüringen.

Kein geringerer als Otto von HEINEMANN, damals Leiter des herzoglichen Staatsarchivs in Bern-burg und einer der angesehensten Historiker seiner Zeit, machte schon 1865 in einem Vor-trag auf die Identität jenes in der Chronik genannten Waladala mit unserem Waldau aufmerksam. Durch SIEBIGK, KNOKE, REISCHEL u.a. fand Heinemanns Auffassung später Bestätigung und schließlich allgemeine Anerkennung. Ganz folgerichtig setzt PEPER (1938) Waldau an den Anfang seiner „Geschichte der Stadt Bernburg“. Und ebenso selbstverständlich steht für Franz STIELER Waldau am Beginn seiner bis heute für die Bernburger Stadtgeschichte grundlegenden Arbeit „Wann tritt Bernburg in das Licht der Geschichte“ (1961).

Der Waldauer Anger mit der 1787 erbauten (Flut-)Brücke, als Nachfolgerin einer im 30jährigen Krieg (1644) zerstörten Holzbrücke

Waldau lag damals an der durch die Saale markierten östlichen Grenze des Frankenreiches unter Karl dem Großen, nachdem dieser erst kurz zuvor in langwierigen Kriegen die Sachsen unterworfen hatte. Der Sachzusammenhang, in dem Waldau genannt wird, erlaubt die Schlußfolgerung, daß es hier zu dieser Zeit einen fränkischen Königshof gab, den wir mit großer Wahrscheinlichkeit auf dem Schäferberg zu suchen haben. Dieser Waldauer Königshof deckte eine alte Heer- und Handelsstraße, die hier die Saale querte und deren Verlauf durch eine Reihe zum Teil noch heute erkennbarer naturräumlicher Gunstfaktoren vorgezeichnet war. Ein flaches Seitental ermöglichte einen relativ bequemen Abstieg von der Hochfläche hinab ins Saaletal, das sich im Gebiet der heutigen Stadt Bernburg auf wenige hundert Meter verengt, und Furten erleichterten die Querung des Flusses, dessen Hauptarm damals dicht an Waldau vorbeiführte. Jenseits des Waldauer Angers, der nichts anderes als das alte Flußbett der Saale ist, markiert die heutige Breite Straße den weiteren Verlauf, ehe man auf der gegenüberliegenden, östlichen Seite über den Kugelweg wieder die Hochfläche erreichte, wo Schmidts Ausspann lag und in unmittelbarer Nähe die 961 erstmals erwähnte Burg. Entlang ebenjenes alten Heer- und Handelsweges, den 806 auch der Sohn Karls des Großen genutzt haben dürfte, als er von Waldau aus gegen die Sorben zog, entwickelte sich später die Stadt Bernburg.


Ganz zutreffend hat Franz STIELER den fast geradlinig von Nordwest nach Südost verlau-fenden Straßenzug als das städtebauliche Rück-grat Bernburgs bezeichnet. Es waren letztlich die selben Gegebenheiten, der wichtige Flußüber-gang, der zunächst den fränkischen Königshof in Waldau und später, als die Saale nicht mehr Grenze war, in dessen unmittelbarer Nähe die Stadt Bernburg entstehen und wachsen ließ. So stehen denn der Waldauer Hof von 806 und die Anfänge der Stadt Bernburg durchaus in einem engen Zusammenhang.

Mit Waldau beginnt die Geschichte der Stadt Bernburg.

Die Waldauer Dorfkirche St. Stephani wurde Ende des 12. Jhd. erbaut und hatte auf diesem Platz eindeu-tig eine Vorgängerin. Die erste Nennung einer dorti-gen Pfarrkirche fand sich in einer Urkunde von 964. Wenn es nun darüber hinaus noch eines Argumentes bedarf, das Waldau-Jubiläum im kommenden Jahr angemessen und würdig zu begehen, dann vielleicht noch dieses: Waldau ist der älteste Ort in Anhalt! Und nicht nur das. Auch bezogen auf das heutige Bundesland Sachsen-Anhalt läßt sich nach ihrer namentlichen Überlieferung nur für wenige Orte ein vergleichbares Alter bezeugen. Älter sind nur Seeburg, Aschersleben und Magdeburg. Dann schon erscheinen 806 Halle und eben unser Waldau. In Magdeburg wurde die 1200-Jahrfeier im laufenden Jahr öffentlichkeitswirksam mit zahlreichen Veranstaltungen und einer Sonderausstellung begangen. In Halle hat sich schon Ende 2002 ein Kuratorium „1200 Jahre Halle“ gegründet, unter dessen Dach vielfältige Aktivitäten vor-bereitet werden. Und wie wird Bernburg „1200 Jahre Waldau“ begehen?

https://web.archive.org/web/20071024025826/http://www.val-anhalt.de/kaleidoskop/waldau1200.html Methodios (Diskussion) 17:56, 12. Nov. 2024 (CET)Beantworten