Vollständigkeit

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Einleitung[Bearbeiten]

In dieser Lerneinheit zur Vollständigkeit wird gezeigt, wie man eine metrischen Raum vervollständigen kann. Diese Grundidee ist aus der Zahlbereichsweiterung von rationalen Zahlen auf die reellen Zahlen bekannt. Dabei kann man eine Gleichung mit Zahlenwerten in formulieren, die aber in keine Lösung besitzt (. Die Konzept der Vervollständigung von auf wir hier allgemein auf metrische Räume übertragen.

Vervollständigung[Bearbeiten]

Jeder metrische Raum mit einer Metrik kann vervollständigt werden, das heißt, es gibt einen vollständigen metrischen Raum mit einer Metrik und einer Isometrie , so dass dicht in liegt. Der Raum heißt Vervollständigung von . Da alle Vervollständigungen von isometrisch isomorph sind, spricht man auch von der Vervollständigung von .

Cauchy-Folgen - Cauchy-Netze[Bearbeiten]

Ein uniformen Raum ist vollständig, wenn jedes Cauchy-Netz in auch konvergiert. Dabei verallgemeinert eine uniforme Struktur über Nachbarschaftbeziehungen zwischen Elementen in . In metrischen Räumen wird die Nachbarschaft von zwei Element unimittelbar über die Metrik definiert

Beweisidee und Konstruktion[Bearbeiten]

Der folgende Beweis gliedert sich in die Konstruktion der Vervollständiung von über den Cauchy-Folgenraum auf . Danach wird im Beweis gezeigt, dass jede Cauchy-Folge in in konvergiert. zunächst wird konstruiert und mit einer Metrik versehen.

Konstruktionsidee[Bearbeiten]

Die Vervollständigung von kann man als Menge von Äquivalenzklassen von den Cauchy-Folgen in konstruieren.

Pseudometrik auf Cauchy-Folgenraum[Bearbeiten]

Sei dazu zunächst die Menge der Cauchy-Folgen in , und sei der Abstand zweier Cauchy-Folgen durch

definiert. Dieser Abstand ist wohldefiniert und eine Pseudometrik auf .

Trennungseigenschaft im Cauchy-Folgenraum[Bearbeiten]

Wenn man z.B. zwei konvergente Folgen und in gegeben hat, so gilt und beide haben den gleichen Grenzwert . lassen sich durch die Metrik auf nicht trennen, denn es gilt . Über die Anwendung der Dreiecksungleichung von erhält man:

Definition einer Relation auf dem Cauchy-Folgenraum[Bearbeiten]

Für zwei Cauchy-Folgen und definiert man folgende Relation:

Äquivalenzrelation[Bearbeiten]

definiert eine Äquivalenzrelation auf , die also reflexiv, symmetrisch und transitiv ist.

Reflexivität[Bearbeiten]

Die Reflexivität gilt wegen auch für alle .

Symmetrie[Bearbeiten]

Die Symmetrie der Relation liefert die Symmetrie von , denn mit ist auch symmetrisch und man erhält

Transitivität[Bearbeiten]

Die Transitivität erhält man über die Dreiecksungleichung von bzw. , denn es gilt für und die Ungleichung:

Metrisierung des Quotientenraumes[Bearbeiten]

Die Pseudometrik auf dem Cauchy-Folgenraum lässt sich folgendermaßen auf die Quotientenmenge übertragen:

  • Sind die Repräsentanten der Äquivalenzklassen mit und , dann definiert man den Abstand zwischen wie folgt
  • ist wohldefiniert, und ist genau dann, wenn die Cauchy-Folgen äquivalent sind.

Konvergente Folgen in M[Bearbeiten]

Betrachtet man die Teilmenge der konvergenten Folgen in Menge der Cauchy-Folgen , so sind die zwei konvergente Folgen in der gleichen Äquivalenzklasse in , wenn diesen den gleichen Grenzwert in besitzen. Die Äquivalenzklasse besteht aus allen konvergenten Folgen mit dem Grenzwert . Dabei werden über eine Abbildung der Äquivalenzklasse der konvergenten Folgen zugeordnet. Insbesondere enthält die Äquivalenzklasse die stationäre Folge .

Äquivalenzraum der Folgen - Metrischer Raum[Bearbeiten]

Da eine Pseudometrik ist, ist auch eine Pseudometrik. Durch Bildung von Äquivalenzklassen bzgl. für identifiziert man nicht trennbare Cauchy-Folgen in und wird zu einem metrischen Raum.

Unterschied konstante Folge - stationäre Folge[Bearbeiten]

Bei einer konstanten Folge sind alle Folgenglieder gleich. Bei einer stationären Folge gibt es eine Indexschranke , ab der alle Folgenglieder gleich ist. Damit ist jede konstante Folge eine stationäre Folge aber nicht umgekehrt.

Konstante Folgen als Repräsentanten für den Grundraum[Bearbeiten]

Man kann jedem Element die stationäre Folge zuordnen, denn ist eine Cauchy-Folge. Die Äquivalenzklasse liegt in . Auf diese Weise lässt sich der ursprüngliche metrische Raum in einbetten. besteht aus allen konvergenten Folgen gegen

Bild dicht im Äquivalenzklassenraum[Bearbeiten]

Sei ein beliebige Cauchy-Folge gegeben. Wir erzeugen nun ein Folge von konstanten Folgen in , die bzgl. gegen konvergiert. Nach Konstruktion gibt es zu jedem ein sodass für gilt

Das Bild alles konstanten Folgen liegt also dicht in bzgl. , und das lässt sich auf übertragen.

Vollständigkeit des Cauchy-Folgen-Äquivalenzklassenraumes[Bearbeiten]

Im Folgenden sei der Kürze halber der Funktionsname weggelassen.

ist überdies vollständig.

Beweis[Bearbeiten]

Sei eine Cauchy-Folge von Äquivalenzklassen aus . Zu zeigen ist:

besitzt in einen Limes .[1]

Fallunterscheidung: Stationäre und nicht stationäre Folgen[Bearbeiten]

Im folgenden wird eine Fallunterscheidung in stationäre und nicht-stationäre Äquivalenzklassenfolgen vorgenommen.

  • (stationär) Äquivalenzklassenfolge ist stationär, wenn sich ab einer Indexschranke die Folgenglieder sich nicht mehr verändern d.h. für alle .
  • (nicht stationär) bei einer nicht-stationäre Äquivalenzklassenfolge findet man zu für jedem Index einen größeren Index in der Äquivalenzklassenfolge mit . Damit müssen sich auch die Repräsentanten unterscheiden .

Fall1 : Stationäre Äquivalenzklassenfolge[Bearbeiten]

Bei stationären Äquivalenzklassen-Cauchy-Folgen erhält man die Konvergenz unmittelbar, denn wenn such ab einer Indexschranke die Folgenglieder nicht mehr verändern und für alle gilt, so konvergiert die Cauchy-Folge gegen .

Fall 2 : Nicht-stationäre Äquivalenzklassenfolge[Bearbeiten]

Sei nun eine nicht-stationäre Äquivalenzklassenfolge gegeben, bei der man zu jedem Index einen größeren Index mit finden. Man erzeugt nun für die gegebene Cauchy-Folge in eine duplikatfrei Teilfolge, d.h. zu jedem wählt man so, dass sich diese Folgenglied von allen Vorgängern unterscheidet. Die Folgenglieder der Teilfolge sind dann paarweise verscheiden.

Voraussetzung für Repräsentanten im Beweis[Bearbeiten]

Durch die obige Voraussetzung in Fall 2 ergibt sich, dass zwei aufeinanderfolgende Repräsentanten in nicht zueinander äquivalent sind (d.h. ). Wäre das nämlich nicht der Fall, dann bildet man die duplikatfreie Teilfolge, deren Nachweis der Konvergenz auch die Konvergenz der Ausgangsfolge nach sich zieht; oder die Folge wird stationär , dann ist

Übergang zu Repräsentanten der Äquivalenzklasse[Bearbeiten]

Im Folgenden wird an Stelle der Äquivalenzklasse einer ihrer Repräsentanten genommen. Das geht, weil sich die Äquivalenzklasse und dessen Repräsentant unter der Metrik bzw. äquivalent verhalten.

Abstandsfolge von aufeinander folgenden Folgengliedern[Bearbeiten]

Setzung: .

Weil eine Cauchy-Folge ist, ist eine Nullfolge und es gilt .

Approximation 1 von Folgenglieder[Bearbeiten]

Da jedes selbst eine Cauchy-Folge mit Gliedern aus ist, kann zu jedem ein approximierendes mit der folgenden Eigenschaft gewählt werden:

Dabei bildet ein Folgenglied auf die konstante Folge im Cauchy-Folgenraum ab.

Approximation 2 von Folgenglieder[Bearbeiten]

Analog kann man zu jedem Folgenglied der gegebenen Cauchy-Folge ein approximierendes mit . Analog bildet wieder ein Folgenglied auf die konstante Folge im Cauchy-Folgenraum ab.

Approximation 3 für die gegebene Cauchyfolge[Bearbeiten]

Da die gegebene Folge in den Voraussetzungen eine Cauchy-Folge ist, gibt es zu jedem ein , so dass

.

Approximation 4 - Konstante Folge dicht im Cauchy-Folgenraum[Bearbeiten]

Ferner gibt es ein und ein , so dass folgende Aussagen gelten:

Maximum der Indexschranke wählen[Bearbeiten]

Nun wählt man das Maximum der Indexschranken mit und erhält für die Abschäthzungen drei Distanzen gegen mit:

  • ,
  • und

Abschätzung über Dreiecksungleichung[Bearbeiten]

Mit zweimaliger Anwendung der Dreiecksungleichung auf die Pseudometrik erhält man:

Definition des Repräsentanten des Grenzwerts der Cauchy-Folge[Bearbeiten]

Somit ist ist ein Cauchy-Folge in und damit ist . Die zugehörige Äquivalenzklasse sei . Da genauso

,

ergibt sich

und damit ist der gesucht Grenzwert der Cauchy-Folge in .

Bemerkung: Definition des Grenzwertes[Bearbeiten]

Im letzten Schritt des Beweises hätte man ebenfalls auch die Grenzwert-Cauchy-Folge als definieren können. Auch diese Cauchy-Folge wäre ein Repräsentant der gleichen Äquivalenzklasse gewesen.

Bemerkung: Begriffsbildung[Bearbeiten]

Damit wird die aus dem Wort „vervollständigt“ resultierende Erwartung „vollständig“ tatsächlich eingelöst, und die Vervollständigung eines bereits vollständigen Raumes bringt nichts Neues.

Rationale Zahlen - reelle Zahlen Vervollständigung der rationalen[Bearbeiten]

Cantors Konstruktion der reellen Zahlen aus den rationalen ist ein Spezialfall des Satzes zur Vervollständigung eines metrischen Raumes. In Analogie zu dem Satz würde man dazu zunächst einmal eine Metrik auf definiert:

Allerdings sieht man an der Definition, dass die Metrik die Existenz der reellen Zahlen im Wertebereich schon voraussetzt. Daher muss man die Äquivalenzrelation auf dem Folgenraum in dadurch definieren, dass die Differenzfolge zweier Cauchy-Folgen , eine Nullfolge ist.

Normierte Räume[Bearbeiten]

Ist ein normierter Raum, so kann man seine Vervollständigung auch einfacher bilden, indem man

als den Abschluss des Bildes von im Bidualraum unter der kanonischen Einbettung wählt.

Banachräume[Bearbeiten]

Vervollständigt man einen normierten Vektorraum, so erhält man einen Banachraum, der den ursprünglichen Raum als dichten Teilraum enthält. Daher erhält man auch einen Hilbertraum, wenn man einen euklidischen Vektorraum vervollständigt, denn die Parallelogrammgleichung bleibt in der Vervollständigung als normierter Raum erfüllt und das vollständige Skalarprodukt ergibt sich dann über die Polarisationsformel.

Gleichmäßige Stetigkeit[Bearbeiten]

Gleichmäßig stetige Abbildungen eines metrischen Raumes in einen vollständigen metrischen Raum lassen sich stets eindeutig zu (automatisch ebenfalls gleichmäßig) stetigen Abbildungen auf der Vervollständigung mit Werten in fortsetzen.

Topologische Vektorräume[Bearbeiten]

Jeder topologische Vektorraum lässt sich vervollständigen.

Aufgabe für Lernende[Bearbeiten]

  • Betrachten Sie das Konzept der Gaugefunktionale und erläutern Sie, wie man mit einem topologieerzeugenden System von Gaugefunktionalen eine uniforme Struktur auf topologischen Vektorräumen erzeugen kann.
  • Kann man eine topologische Algebra analog vervollständigen wie einen topologischen Vektorraum? Ist die Stetigkeit der Multiplikation auf der vervollständigten topologischen Algebra ebenfalls gegeben?
  • Zeigen Sie, dass der Raum der stetigen Funktionen nicht vollständig ist (siehe Animation)!

Funktionenfolge von stetigen Funktionen[Bearbeiten]

Die Grundidee der Beweisidee kann durch die folgende Animation zunächst veranschaulicht werden.

Vektorraum der stetigen reellwertigen Funktion auf einem Intervall ist nicht stetig

Siehe auch[Bearbeiten]

Seiteninformation[Bearbeiten]

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Wiki2Reveal[Bearbeiten]

Dieser Wiki2Reveal Foliensatz wurde für den Lerneinheit Kurs:Topologische Invertierbarkeitskriterien' erstellt der Link für die Wiki2Reveal-Folien wurde mit dem Wiki2Reveal-Linkgenerator erstellt.


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Topologische Vektorräume[Bearbeiten]

Jeder topologische Vektorraum lässt sich vervollständigen.

Aufgabe für Lernende[Bearbeiten]

  • Betrachten Sie das Konzept der Gaugefunktionale und erläutern Sie, wie man mit einem topologieerzeugenden System von Gaugefunktionalen eine uniforme Struktur auf topologischen Vektorräumen erzeugen kann.
  • Kann man eine topologische Algebra analog vervollständigen wie einen topologischen Vektorraum? Ist die Stetigkeit der Multiplikation auf der vervollständigten topologischen Algebra ebenfalls gegeben?

Siehe auch[Bearbeiten]

Quellennachweis[Bearbeiten]

  1. B. L. van der Waerden Algebra I. 8. Auflage. Springer, 1971 S. 243f

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