Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)/Vorlesung 12/latex

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\setcounter{section}{12}






\zwischenueberschrift{Graduierungen}

Wir möchten Körpererweiterungen beschreiben, die eine besonders übersichtliche Struktur aufweisen und eng mit einfachen Radikalerweiterungen zusammenhängen. Insbesondere sind ihre Galoisgruppen und ihre Zwischenkörper häufig einfach beschreibbar.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und $D$ eine \definitionsverweis {kommutative Gruppe}{}{\zusatzfussnote {Diese Gruppe wird fast immer additiv geschrieben} {.} {.}} Eine $K$-\definitionsverweis {Algebra}{}{} $A$ heißt $D$-\definitionswort {graduiert}{,} wenn es eine \definitionsverweis {direkte Summenzerlegung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{A }
{ =} {\bigoplus_{d \in D} A_d }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit $K$-\definitionsverweis {Untervektorräumen}{}{} $A_d$ derart gibt, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{A_0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist und für die Multiplikation auf $A$ die Beziehung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ A_d \cdot A_e }
{ \subseteq} {A_{d+e} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt.

}






\inputbemerkung
{}
{

In einer $D$-\definitionsverweis {graduierten}{}{} $K$-\definitionsverweis {Algebra}{}{} besitzt jedes Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ A }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine eindeutige Darstellung
\mathdisp {a = \sum_{d \in D} a_d \text{ mit } a_d \in A_d} { , }
wobei nur endlich viele der $a_d$ ungleich $0$ sein können. Die $a_d$ heißen dabei die \stichwort {homogenen Komponenten} {} von $a$, die $A_d$ heißen ebenfalls die \stichwort {homogenen Komponenten} {} von $A$ \zusatzklammer {oder $d$-te Stufe} {} {} und Elemente
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ A_d }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißen \stichwort {homogen} {} vom \stichwort {Grad} {} $d$. Die Gruppe $D$ heißt die \stichwort {graduierende Gruppe} {.} Der Fall
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{A_d }
{ = }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist erlaubt.

Durch eine Graduierung wird die Multiplikation auf einer Algebra $A$ übersichtlicher strukturiert. Man muss lediglich für homogene Elemente \mathkor {} {a \in A_d} {und} {b \in A_e} {} die Produkte
\mathl{ab \in A_{d+e}}{} kennen, dadurch ist schon die gesamte Multiplikation distributiv festgelegt.

}





\inputbeispiel{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{} der \definitionsverweis {Polynomring}{}{} in $n$ Variablen über $K$. Dieser ist in naheliegender Weise $\Z$-\definitionsverweis {graduiert}{}{.} Man definiert für ein \definitionsverweis {Monom}{}{}
\mathl{X_1^{k_1}X_2^{k_2} \cdots X_n^{k_n}}{} den Grad durch
\mathl{k_1+k_2 + \cdots + k_n}{} und setzt $A_d$ als den Vektorraum aller Polynome an, die \definitionsverweis {Linearkombinationen}{}{} von Monomen vom Grad $d$ sind. Bei der Multiplikation von zwei Monomen verhält sich der Grad offensichtlich additiv, so dass dadurch eine graduierte $K$-Algebra entsteht. Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{A_0 }
{ = }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{A_n }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für negativen Grad $n$. Diese Graduierung heißt auch die \stichwort {Standardgraduierung} {} auf dem Polynomring.


}




\inputbeispiel{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,}
\mathl{a \in K}{} und
\mathl{n \in \N}{.} Dann besitzt die \definitionsverweis {Restklassenalgebra}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{A }
{ = }{K[X]/(X^n-a) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Graduierung}{}{} mit der graduierenden Gruppe
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D }
{ = }{ \Z/(n) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} und zwar setzt man \zusatzklammer {wobei $x$ die Restklasse von $X$ sei} {} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{A_d }
{ =} { { \left\{ \lambda x^d \mid \lambda \in K \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Jedes Element
\mathl{f \in A}{} kann man durch ein Polynom repräsentieren, das maximal den \definitionsverweis {Grad}{}{}
\mathl{n-1}{} besitzt. Daher besitzt jedes $f$ eine Summendarstellung mit Summanden aus den $A_d$. Diese Summenzerlegung ist direkt, da man mit der einzigen gegebenen Gleichung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{X^n }
{ = }{a }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nicht weiter reduzieren kann. Die Multiplikationseigenschaft folgt aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \lambda x^d \cdot \mu x^e }
{ = }{ \lambda \mu x^{d+e} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} und dies ist gleich
\mathl{\lambda \mu a x^{d+e - n}}{,} falls
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{d+e }
{ \geq }{n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, und andernfalls gleich
\mathl{\lambda \mu x^{d+e}}{.} So oder so ist es ein Element aus
\mathl{A_{d+e}}{.}


}






\zwischenueberschrift{Graduierte Körpererweiterungen}

Im vorstehenden Beispiel ist es eine nicht-triviale Frage, unter welchen Bedingungen die Algebra $A$ wieder ein Körper ist. Falls ja, so liegt eine graduierte Körpererweiterung im Sinne der folgenden Definition vor.


\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und $D$ eine \definitionsverweis {endliche}{}{} \definitionsverweis {kommutative Gruppe}{}{.} Unter einer $D$-\definitionswort {graduierten Körpererweiterung}{} versteht man eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} bei der auf $L$ eine $D$-\definitionsverweis {Graduierung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{\bigoplus_{d \in D} L_d }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L_0 }
{ = }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L_d }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mathl{d \in D}{} gegeben ist.

}




\inputbeispiel{}
{

Die \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \R }
{ \subset }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist durch die Gruppe
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D }
{ = }{ \Z/(2) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {graduiert}{}{.} Die $0$-te homogene Komponente ist $\R$ und die $1$-te Komponente ist $\R { \mathrm i}$ \zusatzklammer {das ${ \mathrm i}$ gehört da dazu, während man unter dem \definitionsverweis {Imaginärteil}{}{} einer komplexen Zahl die reelle Zahl vor dem ${ \mathrm i}$ versteht} {} {.} Die übliche Schreibweise
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z }
{ = }{a+b { \mathrm i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist also die Zerlegung in die homogenen Komponenten.


}




\inputbeispiel{}
{

Die $\Q$-\definitionsverweis {Algebra}{}{}
\mathl{\Q[X]/(X^4+4)}{} ist eine $\Z/(4)$-\definitionsverweis {graduierte}{}{} $\Q$-Algebra. Das Polynom
\mathl{X^4+4}{} besitzt keine Nullstelle in $\Q$, es ist aber nicht \definitionsverweis {irreduzibel}{}{,} wie die Zerlegung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ X^4+4 }
{ =} {(X^2-2X+2)(X^2+2X+2) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} zeigt. Es liegt also keine graduierte Körpererweiterung vor.


}




\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten den von \mathkor {} {\sqrt{2}} {und} {\sqrt{3}} {} erzeugten Unterkörper
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{\Q(\sqrt{2}, \sqrt{3} ) }
{ = }{ \Q[\sqrt{2}, \sqrt{3} ] }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} von ${\mathbb C}$ \zusatzklammer {oder von $\R$} {} {.} Die Elemente
\mathl{1, \sqrt{2}, \sqrt{3}, \sqrt{6}}{} bilden dabei unmittelbar ein $\Q$-\definitionsverweis {Erzeugendensystem}{}{} und sogar eine Basis, da man andernfalls $\sqrt{3}$ als rationale Linearkombination von \mathkor {} {1} {und} {\sqrt{2}} {} ausdrücken könnte. Damit liegt insgesamt eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{} vom \definitionsverweis {Grad}{}{} vier vor. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D }
{ = }{ \Z/(2) \times \Z/(2) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir setzen
\mathdisp {L_{(0,0)} =\Q, \, L_{(1,0)} =\Q \cdot \sqrt{2}, \, L_{(0,1)} =\Q \cdot \sqrt{3} \, , L_{(1,1)} =\Q \cdot \sqrt{6}} { , }
und erhalten dadurch eine $D$-\definitionsverweis {graduierte Körpererweiterung}{}{} von $\Q$.


}




\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\Q }
{ \subseteq} {L }
{ \defeq} {\Q[ { \mathrm i} , \sqrt{2} ] }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} in ${\mathbb C}$. Diese besitzt eine $D= \Z/(2) \times \Z/(2)$-\definitionsverweis {Graduierung}{}{,} bei der
\mathl{1, { \mathrm i} ,\sqrt{2}, { \mathrm i} \sqrt{2}}{} eine homogene Basis bilden. Das \zusatzklammer {in dieser Graduierung nicht homogene} {} {} Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \zeta_8 }
{ = }{ { \frac{ 1 }{ 2 } } { \left( \sqrt{2} + \sqrt{2} { \mathrm i} \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist eine $8$-te \definitionsverweis {primitive Einheitswurzel}{}{} und wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \zeta^2 }
{ = }{ { \mathrm i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{\Q(\zeta_8) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der achte \definitionsverweis {Kreisteilungskörper}{}{} Das \definitionsverweis {Minimalpolynom}{}{} zu $\zeta_8$ ist
\mathl{X^4+1}{,} so dass man auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ \cong }{\Q[X]/(X^4+1) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} schreiben kann. Dies zeigt, dass $L$ auch eine
\mathl{\Z/(4)}{-}graduierte Körpererweiterung von $\Q$ ist, bei der $\zeta_8$ homogen ist.


}





\inputfaktbeweis
{Graduierte endliche Körpererweiterung/Unitär/Elementare Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,} $D$ eine \definitionsverweis {endliche}{}{} \definitionsverweis {kommutative Gruppe}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine $D$-\definitionsverweis {graduierte Körpererweiterung}{}{.}}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Eigenschaften}
\faktfolgerung {\aufzaehlungfuenf{Jede homogene Stufe
\mathl{L_d}{} besitzt die $K$-\definitionsverweis {Dimension}{}{} $1$. }{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \operatorname{grad}_{ K} L }
{ = }{ { \# \left( D \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }{Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D }
{ = }{ (d_1 , \ldots , d_m) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Erzeugendensystem}{}{} von $D$ und es sei
\mathbed {x_i \in L_{d_i}} {}
{x_i \neq 0} {}
{} {} {} {,} fixiert. Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{ K[x_1 , \ldots , x_m] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Insbesondere wird $L$ von homogenen Elementen erzeugt. }{Jedes \definitionsverweis {homogene Element}{}{}
\mathbed {x \in L_d} {}
{x \neq 0} {}
{} {} {} {,} besitzt ein \definitionsverweis {Minimalpolynom}{}{} der Form
\mathl{X^n -a}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }{Die Körpererweiterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist eine \definitionsverweis {Radikalerweiterung}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\teilbeweis {}{}{}
{(1). Nach Voraussetzung ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ L_d }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es seien
\mathl{a,b \in L_d}{} von $0$ verschieden und sei
\mathl{c \in L_{-d}}{} ebenfalls $\neq 0$. Dann sind \mathkor {} {ca} {und} {cb} {} Elemente $\neq 0$ in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ L_0 }
{ = }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und daher besteht die Beziehung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ ca }
{ = }{ \lambda cb }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mathl{\lambda \in K}{,} die sich durch Multiplikation mit
\mathl{c^{-1}}{} \zusatzklammer {dieses Element gibt es, da wir in einem Körper sind} {} {} zurückübersetzt zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ = }{\lambda b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
{} \teilbeweis {}{}{}
{(2) folgt direkt aus (1).}
{} \teilbeweis {}{}{}
{(3) ist klar wegen (1).}
{} \teilbeweis {}{}{}
{(4). Es sei
\mathl{n \in \N}{} die \definitionsverweis {Ordnung}{}{} von
\mathl{d \in D}{.} Für ein \definitionsverweis {homogenes Element}{}{}
\mathbed {x \in L_d} {}
{x \neq 0} {}
{} {} {} {,} ist daher
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{a }
{ =} {x^n }
{ \in} { L_{nd} }
{ =} { L_0 }
{ =} { K }
} {}{}{.} Also ist
\mathl{X^n -a \in K[X]}{} ein \definitionsverweis {annullierendes Polynom}{}{.} Die Potenzen
\mathbed {x^{i}} {}
{0 \leq i \leq n-1} {}
{} {} {} {,} liegen alle in verschiedenen \definitionsverweis {homogenen Stufen}{}{.} Daher sind sie \definitionsverweis {linear unabhängig}{}{} und es kann kein annullierendes Polynom von kleinerem Grad geben.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{(5) folgt aus (3) und (4).}
{}

}






\zwischenueberschrift{Charaktergruppe und Automorphismengruppe bei einer graduierten Körpererweiterung}

Wir wollen nun die Automorphismen auf einer graduierten Körpererweiterung kennenlernen. Die Graduierung erlaubt es, die Automorphismen übersichtlich zu beschreiben, was für eine beliebige Körpererweiterung keineswegs selbstverständlich ist. Die Automorphismen hängen eng mit den sogenannten Charakteren der graduierenden Gruppe zusammen, so dass wir zuerst über Charaktere sprechen.


\inputdefinition
{}
{

Es sei $G$ ein \definitionsverweis {Monoid}{}{} und $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{.} Dann heißt ein \definitionsverweis {Monoidhomomorphismus}{}{} \maabbdisp {\chi} {G} {(K^\times, 1, \cdot) } {} ein \definitionswort {Charakter}{} von $G$ in $K$.

}

Die Menge der Charaktere von $G$ nach $K$ bezeichnen wir mit
\mathl{\operatorname{Char} \, (G, K )}{.} Mit dem \stichwort {trivialen Charakter} {} \zusatzklammer {also der konstanten Abbildung nach $1$} {} {} und der Verknüpfung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( \chi_1 \cdot \chi_2 \right) } (g) }
{ \defeq} {\chi_1(g) \cdot \chi_2(g) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist
\mathl{\operatorname{Char} \, (G, K )}{} selbst ein Monoid, und zwar ein Untermonoid des Abbildungsmonoid von $G$ nach $K^\times$. Da es zu jedem Charakter den \definitionsverweis {inversen Charakter}{}{} $\chi^{-1}$ gibt, der durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \chi^{-1}(g) }
{ =} {(\chi(g))^{-1} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} definiert ist, bildet
\mathl{\operatorname{Char} \, (G, K )}{} sogar eine \definitionsverweis {kommutative Gruppe}{}{}\zusatzklammer {siehe unten} {} {.}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $G$ ein \definitionsverweis {Gruppe}{}{} und $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{.} Dann nennt man die Menge der \definitionsverweis {Charaktere}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ G^{ \vee } }
{ \defeq} { \operatorname{Char} \, (G, K ) }
{ =} { { \left\{ \chi: G \rightarrow K^\times \mid \chi \text{ Charakter} \right\} } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die \definitionswort {Charaktergruppe}{} von $G$ \zusatzklammer {in $K$} {} {.}

}




\inputbeispiel{}
{

Zur Gruppe
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ = }{ \Z/(n) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und zum Körper ${\mathbb C}$ besteht die \definitionsverweis {Charaktergruppe}{}{} aus allen Gruppenhomomorphismen \maabb {\varphi} {\Z/(n) } { {\mathbb C}^{\times} } {.} Da ein solcher durch das Bild des Erzeugers $1$ festgelegt ist, und dieser auf eine $n$-te Einheitswurzel geht, besteht eine natürliche Isomorphie zwischen der Charaktergruppe
\mathl{{ \left( \Z/(n) \right) }^{ \vee }}{} und der Gruppe $\mu_n$ der $n$-ten komplexen Einheitswurzeln. Diese Gruppe ist selbst isomorph zu $\Z/(n)$, aber nicht in kanonischer Weise.


}


\inputfaktbeweis
{Gruppe/Charaktergruppe/Einfache Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $G$ eine \definitionsverweis {Gruppe}{}{,} $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G^{ \vee } }
{ = }{ \operatorname{Char} \, (G, K ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Charaktergruppe}{}{} zu $G$.}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Aussagen.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungzwei {$G ^{ \vee }$ ist eine kommutative Gruppe. } {Bei einer \definitionsverweis {direkten Gruppenzerlegung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ = }{G_1 \times G_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (G_1 \times G_2)^{ \vee } }
{ = }{ G_1 ^{ \vee } \times G_2^{ \vee } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 12.12. }





\inputfaktbeweis
{Graduierte Algebra/Körper/Charakter definiert Automorphismus/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,} $D$ eine \definitionsverweis {kommutative Gruppe}{}{} und $A$ eine $D$-\definitionsverweis {graduierte}{}{} \definitionsverweis {kommutative}{}{} $K$-\definitionsverweis {Algebra}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es einen \definitionsverweis {Gruppenhomomorphismus}{}{} \maabbeledisp {} {D^{ \vee } = \operatorname{Char} \, (D, K ) } { \operatorname{ Aut}_{ K } ^{ } { \left( A \right) } } {\chi} { (a_d \mapsto \chi(d) a_d ) } {,} der \definitionsverweis {Charaktergruppe}{}{} von $D$ in die \zusatzklammer {\definitionsverweis {homogene}{}{}} {} {} $K$-\definitionsverweis {Automorphismengruppe}{}{} von $A$.}
\faktzusatz {Wenn alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{A_d }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sind, so ist diese Zuordnung \definitionsverweis {injektiv}{}{.}}
\faktzusatz {}

}
{

\teilbeweis {}{}{}
{Zu jedem Charakter \maabbdisp {\chi} {D} {K^\times } {} ist die durch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi_{\chi} { \left( \sum _{d \in D} a_d \right) } }
{ = }{\sum _{d \in D} \chi(d) \cdot a_d }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definierte Abbildung $\varphi_{\chi}$ mit der Addition verträglich. Die Verträglichkeit mit der Multiplikation folgt für homogene Elemente \mathkor {} {a_d \in A_d} {und} {a_e \in A_e} {} aus
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi_{\chi} (a_d \cdot a_e) }
{ =} { \chi(d+e) a_d \cdot a_e }
{ =} { \chi(d) \cdot \chi(e) a_d \cdot a_e }
{ =} { \varphi_{\chi} (a_d) \cdot \varphi_{\chi} (a_e) }
{ } { }
} {}{}{,} woraus sich aufgrund des Distributivgesetzes auch der allgemeine Fall ergibt. Für
\mathl{a \in A_0}{} \zusatzklammer {und insbesondere für
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ a }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} ist ferner
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi_{\chi} (a) }
{ = }{ \chi(0) a }
{ = }{ a }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} so dass ein $K$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismus}{}{} vorliegt.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Der triviale \zusatzklammer {konstante} {} {} Charakter geht bei dieser Zuordnung auf die Identität. Es seien nun zwei Charaktere
\mathl{\chi_1, \chi_2 \in \operatorname{Char} \, (D, K )}{} gegeben. Für ein homogenes Element
\mathl{a_d \in A_d}{} ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \varphi_{\chi_1 \cdot \chi_2} (a_d) }
{ =} { { \left( \chi_1 \cdot \chi_2 \right) } (d) \cdot a_d }
{ =} { \chi_1 (d) \cdot \chi_2 (d) \cdot a_d }
{ =} { \chi_1 (d) \cdot \varphi_{\chi_2} ( a_d) }
{ =} { \varphi_{\chi_1} { \left( \varphi_{\chi_2} ( a_d) \right) } }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { { \left( \varphi_{\chi_1} \circ \varphi_{\chi_2} \right) } (a_d) }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{,} so dass die Gesamtzuordnung mit den Verknüpfungen verträglich ist. Daher gilt auch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi_\chi \circ \varphi_{\chi ^{-1} } }
{ =} {\varphi_{\chi \circ \chi^{-1} } }
{ =} { \varphi_{1} }
{ =} { \operatorname{Id}_{ A } }
{ } { }
} {}{}{,} so dass jedes $\varphi_\chi$ ein $K$-\definitionsverweis {Algebraautomorphismus}{}{} und die Gesamtzuordnung ein \definitionsverweis {Gruppenhomomorphismus}{}{} ist.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Die \definitionsverweis {Injektivität}{}{} ergibt sich unter Verwendung von Lemma 4.9 folgendermaßen. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \chi }
{ \neq }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ d }
{ \in }{ D }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \chi (d) }
{ \neq }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Nach Voraussetzung ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{A_d }
{ \neq} {0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} sei also
\mathbed {a \in A_d} {}
{a \neq 0} {}
{} {} {} {.} Damit ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi_\chi (a) }
{ = }{ \chi(d) a }
{ \neq }{ a }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} da
\mathl{\chi(d)-1}{} eine \definitionsverweis {Einheit}{}{} ist. Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi_\chi }
{ \neq }{ \operatorname{Id}_{ A } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
{}

}





\inputbeispiel{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,}
\mathl{a \in K}{} und
\mathl{n\in \N}{} derart, dass
\mathl{X^n - a}{} \definitionsverweis {irreduzibel}{}{} ist. Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{K[X]/(X^n-a) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nach Korollar 7.7 und nach Beispiel 9.5 eine $\Z/(n)$-\definitionsverweis {graduierte Körpererweiterung}{}{.}

Eine notwendige Voraussetzung für die Irreduzibilität von
\mathl{X^n-a}{} ist, dass $a$ in $K$ keine $n$-te Wurzel besitzt, da sonst das Polynom sofort einen Linearfaktor besitzt. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} oder
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{3 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist diese Bedingung auch hinreichend. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und wenn die \definitionsverweis {Charakteristik}{}{} von $K$ nicht gleich $2$ ist, so ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{1 }
{ \neq }{-1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und der nichttriviale Charakter \maabbdisp {\chi} {D = \Z/(2) } {K^\times } {} mit \mathkor {} {\chi(0)=1} {und} {\chi(1)=-1} {} definiert über Lemma 12.15 den nichttrivialen $K$-\definitionsverweis {Körperautomorphismus}{}{} mit
\mathl{x \mapsto -x}{} \zusatzklammer {wobei $x$ die Restklasse von $X$ sei} {} {,} also die \definitionsverweis {Konjugation}{}{} in der \definitionsverweis {quadratischen Körpererweiterung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{K[X]/(X^2-a) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}


}