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Kurs:Komplexe Systeme

Aus Wikiversity
Dieses Lehrangebot ist ein Bestandteil vom Projekt:Wiwiwiki Organizational Behaviour




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Wintersemester 2024/25
Komplexe Systeme
Ein akademisches Lehrangebot von Dr. Falko Wilms & Dr. Viktoria Reuschel




Lehrpersonen

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Die Ausgangslage

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Die Luhmann'sche Systemtheorie bzw. die Theorie sozialer Systeme von Luhmann liefert vielfältige Anschlussfähigkeiten im Spannungsfeld zwischen wissenschaftlicher Theoriebildung und professioneller Praxis der Sozialen Arbeit. Folgt man der erkenntnistheoretischen Konzeption der Systemtheorie, dann ergeben Begriffe wie Realität, Rationalität oder Vernunft nur noch einen sehr bedingten Ordnungsgewinn. Formulierte Inhalte sind und bleiben dann immer Konstruktionen, die ausschliesslich über die Operation der Beobachtung (von Objekten, Prozessen und eigenen Gedanken) möglich ist.

Beobachten bedeutet in diesem Theoriezweig: Unterscheiden und Bezeichnen. Das Ergebnis einer Beobachtung sagt etwas aus über die Art des Beobachtens und nicht etwa über Dinge, Objekte, Sachverhalte oder Essenzen der Realität. Insofern stellt sich die Frage: Mit welcher Art von Beobachtung kommt das zustande, was ich mit „Realität“ verwechsle?. Es ergibt sich, dass „Realität“ eine soziale Konstruktion ist, auf die man sich einigen kann oder soch gereinigt hat. Ihnen liegt nichts Objektives, Wesenhaftes zugrunde. Dshalb gilt: Beobachten verweist auf den Vollzug einer Beobachtung mit den dazugehpörenden Strukturen und Funktionen!

Für die Praxis der Sozialen Arbeit ergibt sich daraus u.a. die Einsicht, dass Personen (z. B. Klienten) eine Ausschnitt der Wirklichkeit so konstruieren, wie sie es tun. Das individuelle Erleben hängt maßgeblich an dieser (eigenen, fremden oder gemeinsamen) Konstruktionsleitung, die auf Kommunikation aufbaut. Wie in einzelnen sozialen Systemen eine Realität konstruiert wird, hängt von den wirksamen Strukturen ab. Im Hinblick auf Soziale Arbeit könnte man in einem Altersheim fragen, wie in dieser Organisation offizielle Selbstbeschreibungen (Leitbildern, Hausordnungen etc.) generiert werden und welche Unterschiede zwischen diesen Formulierungen und dem einzelne Erleben der Betreuungspersonen, der Bewohnerinnen und der Bewohner beobachtet werden.

Personen bezeichnen in der Theorie sozialer Systeme lediglich bestimmte Adressaten für Kommunikationen. Jede Person ist ein Ergebnis einer (sozialen) Konstruktionsleistung mit dem Ziel, Verhaltenserwartungen zu bilden, die durch sie und nur durch sie eingelöst werden können. Das soziale Konstrukt Person ist praxisnah nachzuvollziehen: Frau Schulze ist als Sozialarbeiterin an ihrer Arbeitsstelle anderen Erwartungen ausgesetzt, als sie es in Sportverein ist und zu Hause werden wiederum andere Erwartungen an sie gestellt. Indem Personen ihre aufeinander bezogenen Kommunikationen an einen Geltungsbereich von Spielregeln ausrichten, entsteht das soziale System dieses Geltungbereiches.

Auch eine Intervention ist eine soziale Konstruktion. Sie ist eine zeitlich und räumlich eng beschränkte Festschreibung von Operationen und Strukturen, die niemals stehen bleiben und sich laufend reproduzieren respektive neu anordnen. Auch dies ist praxisnah nachzuvollziehen: Die Problemformulierung eines Klienten in einem Beratungsgespräch führt zu unterschiedlichen Konstruktionen:

  • Der Klient vergleicht während Formulierung seines Problem das (gleich wieder entschwundene) Gesagte mit dem gedanklich Gemeintem. Er fragt sich, ob er in Worte fassen konnte, was ihn beschäftigt und – da er in einem Statement nicht alles sagen konnte – ob er die richtigen Details weggelassen und das Notwendige gesagt hat.
  • Die Sozialarbeiterin Frau Schulze erarbeitet sich anhand der beobachteten Formulierungen des Klienten eigene Vorstellung über den Klienten und fragt sich, inwieweit ihr Verständnis des Gemeinten ausreicht und inwiefer ihr Klient ihr etwas Notwendiges verschwiegen haben könnte.
  • Anhand der Fragen der Sozialarbeiterin macht sich der Klient eine Vorstellung davon, inwieweit die Sozialarbeiterin seine Schilderungen so aufnehmen konnte, wie er es gemeint hat.

Der professionelle Alltag in der Sozialen Arbeit ist zu komplex, um aus theoretischen Überlegungen konkrete Anweisungen für den Einzelfall abzuleiten. Jede Theorie biett allenfalls Hinweise auf Tendenzen, die es bei der fallbezogenen Konzeption konkreter Interventionen zu beachten gilt. Systemtheoretische Reflexionen helfen, bei der Beobachtung der Praxis von Nähe auf Distanz umzustellen. Aufgfrund dieser Distanz wird es dann möglich, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den einzelnen Situationen und Fällen zu beobachten und zu beschreiben. Daraufhin können dann verschiedene mögliche Interventionsmöglichkeiten miteinander abgewogen werden. Und nebenbei: Wo Konstruktion passiert, kann auch Dekonstruktion (kritisches Hinterfragen und Aufklären) erfolgen.

Vor diesem Hintergrund werden im Kurs einige Facetten der Theorie sozialer Systeme entfaltet und reflektiert. Die Studierenden werden sich dabei als Beobachter von Ausschnitten der erlebnten Wirklichkeit erkennen. Die einzelnen Beobachter verkörpern mit ihrer eigene Persönlichkeit auf Grundlage einer persönlichen Lebensphilosophie und einer bewussten Berufsethik schriftliche/mündliche Kommunikationsprozesse, in denen eine individuelle, gruppenbezogene und gesellschaftliche Konstruktionen von Wirklichkeiten erfolgt. Aufbauend auf ihren in den letzten Semestern persönlich erarbeiteten Ansichten bezüglich ihrer Lebensphilosophie, Berufsmotivation und Berufsethik erarbeiten sich die Studierenden ein Verständnis für die Gestaltung von Kommunikationen und Interventionen in komplexen Systemen und verankern ihre Erkenntnisse in einem zur Orientierung dienenden theoretischen Rahmen.

Hilfreich zu wissen

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  • gemäß dieser Studie bewirken handschriftliche Notizen weitaus mehr „verstehen“ als digital getippte Dokumente!
  • gemäß dieser Studie bleiben handschriftliche Notizen inhaltlich länger im Gehirn abrufbar als digital getippte Dokumente!
  • gemäß dieser Studie erinnern sich digital tippende Personen schlechter an die formulierten Inhalte als diejenigen, die handschriftliche Notizen erstellen!

Daraus folgt für das erfolgreiche Studieren:
Handschriftliche Notizenschreiber

  1. verwenden eher eigene Worte, machen weniger Notizen und können sich im Anschluss besser an das Geschriebene erinnern.
  2. schneiden im anschließenden Test besser ab, selbst bei rein faktischen Fragen.
  3. farbige Markierungen in handschriftlichen Texten wirken sich positiv auf das Gedächtnis aus. Nur wenn alles bunt eingefärbt wird, kehrt sich dieser Effekt um.
  4. Veranschaulichende Skizzen fördern das spätere Erinnern.

Fahrplan

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  • 16.09.24 asynchrone Lehreinheit für VZ und VB
  • 19.09.24 Lehreinheit in Präsenz für VZ und VB
  • 28.09.24 asynchrone Lehreinheit für VB
  • 15.10.24 Lehreinheit in Präsenz für VZ Gr.1
  • 16.10.24 Lehreinheit in Präsenz für VZ Gr.2
  • 24.10.24 Lehreinheit in Präsenz für VZ und VB
  • 28.10.24 asynchrone Lehreinheit für VZ
  • 30.10.24 asynchrone Lehreinheit für VB
  • 25.11.24 asynchrone Lehreinheit für VZ
  • 28.11.24 Lehreinheit in Präsenz für VZ und VB


Präsenztreffen

Es sind folgende Präsenztreffen vorgesehen


Einstiegsliteratur

Martin Hafen: Luhmann in der Sozialen Arbeit? oder: Wie kann die soziologische Systemtheorie für die professionelle Praxis genutzt werden

Das persönliche Kurslogbuch

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Das bewusste Führen eines Kurslogbuches ermöglicht ein tieferes Verständnis der im Kurs behandelten Themen, da regelmäßige Nachbereitungen und Reflexionen des Gelernten angeregt werden. Dies hilft, den Lernstoff auch tiefergehend zu verstehen und schließlich zu verinnerlichen. Ein Grund dafür ist das Erinnern und Wiederholen des Gelernten.
Das aktive Führen eines Logbuches ist daher eine Fähigkeit, die für das lebenslange Lernen erhebliche Vorteile bringt. Ob im (digital vermittelten) Selbststudium, in der erfolgreichen Teilnahme an akademischen Kursen, in der Vorbereitung von Abschlussprüfungen oder in im Rahmen von Praxisphasen in Weiterbildungen.
Damit die Studierenden ihr persönliches Kurslogbuch erstellen können, wird rechts das Logbuch als Lerninstrument vorgestellt und ein beispielhafter Eintrag gezeigt. Darüber hinaus ein WORD-Template bereitgestellt. Manche Studierende finden es sinnvoll, jeden Eintrag eine neue Datei zu schreiben und am Ende alle Einträge in das Template des Kurslogbuches zu kopieren. Hierfür liegt rechts auch das dazugehörige WORD-Template bereit.

Die individuellen Kurslogbücher werden in diesen ILIAS-Ordner hineingelegt.

Empfohlene Fachliteratur

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  • Luhmann, Niklas (2013): Soziale Systeme. 45. Berlin: Akademie Verlag.
  • Maturana, Humberto R; Zur Lippe, Rudolf (1997): Was ist erkennen?: mit dem Kolloquium Systemtheorie und Zukunft. 2. Aufl. München; Zürich: Piper
  • Maturana, Humberto R; Varela, Francisco J (2015): Der Baum der Erkenntnis die biologischen Wurzeln menschlichen Erkennens. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
  • Staub-Bernasconi, Silvia (1995): Systemtheorie, soziale Probleme und Soziale Arbeit: lokal, national, international, oder, Vom Ende der Bescheidenheit. Bern: P. Haupt.
  • Janosch (2016): The trip to Panama. 7. Aufl. Weinheim: Beltz & Gelberg.

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