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Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2024-2025)/Teil I/Vorlesung 14/latex

Aus Wikiversity

\setcounter{section}{14}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Waeller36.jpg} }
\end{center}
\bildtext {Auch mit dem Ball spielt sie gern.} }

\bildlizenz { Waeller36.jpg } {} {Odatrulle} {Commons} {CC-by-sa 4.0} {}







\zwischenueberschrift{Linearformen}




\inputbeispiel{}
{

In einem Laden stehen $n$ verschiedene Produkte zum Verkauf an. Ein Einkauf wird durch ein $n$-Tupel \zusatzklammer {Einkaufstupel} {} {} beschrieben, wobei der $i$-te Eintrag angibt, wie viel vom $i$-ten Produkt gekauft wird \zusatzklammer {bezogen auf eine jeweilige Einheit} {} {.} Die Menge der Einkäufe \zusatzklammer {einschließlich der Rückgaben} {} {} bilden einen $n$-dimensionalen Vektorraum. Eine Preisliste für die Produkte wird ebenfalls durch ein $n$-Tupel \zusatzklammer {Preistupel} {} {} beschrieben, wobei jetzt der $i$-te Eintrag angibt, wie viel das $i$-te Produkt kostet \zusatzklammer {bezogen auf die gleiche Einheit} {} {.} Die Menge der Preistupel bildet ebenfalls einen $n$-dimensionalen Vektorraum \zusatzklammer {man denke an Preisvergleich, Preissteigerung, Mehrwertsteuer, etc.} {} {.} Es ist aber offenbar unsinnig, ein Einkaufstupel und ein Preistupel als Elemente im gleichen Vektorraum zu betrachten und miteinander zu addieren. Im Gegenteil, die richtige Verarbeitung eines Einkauftupels $\left( x_1 , \, x_2 , \, \ldots , \, x_n \right)$ und eines Preistupels
\mathl{\left( p_1 , \, p_2 , \, \ldots , \, p_n \right)}{} ist es, den Gesamtpreis
\mathl{\sum_{i = 1}^n p_ix_i}{} zu bestimmen, der zu $\R$ gehört. Einkaufstupel und Preistupel sind \stichwort {dual} {} zueinander, der Preistupelvektorraum ist dual zum Einkaufstupelvektorraum.


}


\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei $V$ ein $K$-\definitionsverweis {Vektorraum}{}{.} Eine \definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{} \maabbdisp {} {V } {K } {} heißt eine \definitionswort {Linearform}{} auf $V$.

}




\inputbeispiel{}
{

Eine \definitionsverweis {Linearform}{}{} auf dem $K^n$ ist von der Form \maabbeledisp {} {K^n} {K } { \left( x_1 , \, \ldots , \, x_n \right) } { \sum_{i =1 }^n a_ix_i } {,} zu einem Tupel
\mathl{\left( a_1 , \, \ldots , \, a_n \right)}{.} Besonders einfache Linearformen sind die Projektionen \maabbeledisp {p_j} {K^n} {K } { \left( x_1 , \, \ldots , \, x_n \right) } { x_j } {.} Die Nullabbildung nach $K$ ist ebenfalls eine Linearform, die man auch die \stichwort {Nullform} {} nennt.


}

Wir haben schon eine Vielzahl von Linearformen kennengelernt, beispielsweise die Preisfunktion bei einem Einkauf verschiedener Produkte oder der Vitamingehalt von Obstsalaten aus verschiedenen Obstsorten. Bezüglich einer Basis
\mathl{v_1 , \ldots , v_n}{} von $V$ und einer Basis $w$ von $K$ \zusatzklammer {dabei ist $w$ einfach ein von $0$ verschiedenes Element aus $K$} {} {} besteht die beschreibende Matrix zu einer Linearform einfach aus einer Zeile mit $n$ Einträgen.


\inputbeispiel{}
{

Eine Reihe von prominenten Bespielen von Linearformen auf unendlichdimensionalen Vektorräumen finden sich in der Analysis. Zu einem reellen Intervall
\mathl{[a,b]}{} sind die Menge der Funktionen
\mathl{\operatorname{Abb} ( [a,b], \R)}{} bzw. die Menge der stetigen Funktionen
\mathl{C([a,b],\R)}{} bzw. die Menge der stetig differenzierbaren Funktionen
\mathl{C^1([a,b],\R)}{} reelle \zusatzklammer {ineinander enthaltene} {} {} Vektorräume. Zu einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ [a,b] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist jeweils die Auswertung
\mathl{f \mapsto f(P)}{} eine Linearform \zusatzklammer {wegen der punktweise definierten Addition und Skalarmultiplikation auf diesen Räumen} {} {.} Ebenso ist die Auswertung der Ableitung \maabbeledisp {} { C^1([a,b],\R) } {\R } {f} {f'(P) } {,} eine Linearform. Für
\mathl{C([a,b],\R)}{} ist ferner das Integral, also die Abbildung \maabbeledisp {} { C([a,b],\R)} { \R } {f} { \int_a^b f(t) dt } {,} eine Linearform. Dies beruht auf der Linearität des Integrals.


}






\inputbemerkung
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und seien \mathkor {} {V} {und} {W} {} \definitionsverweis {Vektorräume}{}{} über $K$. Zu einer \definitionsverweis {Linearform}{}{} \maabbdisp {f} {V} {K } {} und einem Vektor
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ w }
{ \in }{W }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist die Abbildung \maabbeledisp {fw} {V} {W } {v} {f(v) w } {,} \definitionsverweis {linear}{}{.} Es handelt sich einfach um die Hintereinanderschaltung
\mathdisp {V \stackrel{f}{\longrightarrow} K \stackrel{\iota_w}{\longrightarrow} W} { , }
wobei $\iota_w$ die Abbildung \maabb {} {s} {sw } {} bezeichnet.

} Der Kern der Nullform ist der gesamte Raum, ansonsten besitzt der Kern einer jeden Linearform
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ \in }{ \operatorname{Hom}_{ K } { \left( V , K \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Dimension
\mathl{\dim_{ K } { \left( V \right) } -1}{.} Dies folgt aus der Dimensionsformel. Abgesehen von der Nullform ist eine Linearform stets surjektiv.


\inputfaktbeweis
{Hyperfläche/Kern einer Linearform/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $V$ ein $n$-\definitionsverweis {dimensionaler}{}{} $K$-\definitionsverweis {Vektorraum}{}{} und es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U }
{ \subseteq }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein $n-1$-dimensionaler \definitionsverweis {Untervektorraum}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es eine \definitionsverweis {Linearform}{}{} \maabb {f} {V} {K } {} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ = }{ \operatorname{kern} f }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 14.5. }





\inputfaktbeweis
{Vektor/Linearform/Nulltest/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $V$ ein $K$-\definitionsverweis {Vektorraum}{}{} und es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein von $0$ verschiedener Vektor.}
\faktfolgerung {Dann gibt es eine \definitionsverweis {Linearform}{}{} \maabb {f} {V} {K } {} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(v) }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Der eindimensionale $K$-\definitionsverweis {Untervektorraum}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Kv }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} besitzt ein \definitionsverweis {direktes Komplement}{}{,} also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{V }
{ =} { Kv \oplus U }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einem Untervektorraum
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U }
{ \subseteq }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Die Projektion auf $Kv$ zu dieser Zerlegung bildet $v$ auf $1$ ab.

}


\inputfaktbeweis
{Lineare Unabhängigkeit/Test mit Linearformen/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und $V$ ein $K$-\definitionsverweis {Vektorraum}{}{,} und seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v_1 , \ldots , v_n }
{ \in }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Zu jedem $k$ gebe es eine \definitionsverweis {Linearform}{}{} \maabbdisp {\varphi_k} { V} {K } {} mit
\mathdisp {\varphi_k(v_k) \neq 0 \text{ und } \varphi_k(v_i) = 0 \text{ für } i \neq k} { . }
}
\faktfolgerung {Dann sind die
\mathl{v_1 , \ldots , v_n}{} \definitionsverweis {linear unabhängig}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 14.7. }







\zwischenueberschrift{Der Dualraum}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und $V$ ein $K$-\definitionsverweis {Vektorraum}{}{.} Dann heißt der \definitionsverweis {Homomorphismenraum}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { V }^{ * } }
{ =} { \operatorname{Hom}_{ K } { \left( V , K \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} der \definitionswort {Dualraum}{} zu $V$.

}

Die Addition und die Skalarmultiplikation sind wie allgemein im Fall von Homomorphismenräumen definiert, also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(f+g)(v) }
{ \defeq }{f(v)+g(v) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(s f)(v) }
{ \defeq }{s \cdot f(v) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Bei endlichdimensionalem $V$ ist nach Korollar 13.12 die Dimension des Dualraumes ${ V }^{ * }$ gleich der Dimension von $V$.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $V$ ein \definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{} $K$-\definitionsverweis {Vektorraum}{}{} mit einer \definitionsverweis {Basis}{}{}
\mathl{v_1 , \ldots , v_n}{.} Dann nennt man die \definitionsverweis {Linearformen}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ v_1^* , \ldots , v_n^* }
{ \in} { { V }^{ * } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} die durch\zusatzfussnote {Das so definierte Symbol heißt \definitionsverweis {Kronecker-Delta}{}{}} {.} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ v_i^* (v_j) }
{ =} { \delta_{ij} }
{ =} { \begin{cases} 1, \text{ falls } i = j\, ,\\ 0, \text{ falls } i \neq j\, , \end{cases} }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} festgelegt sind, die \definitionswort {Dualbasis}{} zur gegebenen Basis.

}

Wegen Satz 10.10 ist durch die Vorschrift in der Tat jeweils eine Linearform festgelegt. Die Linearform $v_i^*$ ordnet einem beliebigen Vektor
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die $i$-te Koordinate von $v$ bezüglich der gegebenen Basis zu. Zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ = }{\sum_{j = 1}^n s_jv_j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist ja
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ v_i^*(v) }
{ =} { v_i^* { \left( \sum_{j = 1}^n s_jv_j \right) } }
{ =} { \sum_{j = 1}^n s_j v_i^*(v_j) }
{ =} { s_i }
{ } { }
} {}{}{.} Es ist wichtig zu betonen, dass $v_i^*$ nicht nur von dem Vektor $v_i$, sondern von der gesamten Basis abhängt. Es gibt keinen \anfuehrung{dualen Vektor}{} zu einem Vektor. Dies sieht beispielsweise anders aus, wenn auf $V$ ein Skalarprodukt gegeben ist.





\inputbeispiel{}
{

Zur \definitionsverweis {Standardbasis}{}{}
\mathl{e_1 , \ldots , e_n}{} im $K^n$ besteht die \definitionsverweis {Dualbasis}{}{} aus den Projektionen auf eine Komponente, also gleich
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{e_i^* }
{ = }{p_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit \maabbeledisp {p_i} { K^n} { K } { \left( x_1 , \, \ldots , \, x_n \right) } { x_i } {.} Sie heißt die \stichwort {Standarddualbasis} {.}


}





\inputfaktbeweis
{Endlichdimensionaler Vektorraum/Dualbasis ist Basis/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $V$ ein \definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{} $K$-\definitionsverweis {Vektorraum}{}{} mit einer \definitionsverweis {Basis}{}{}
\mathl{v_1 , \ldots , v_n}{.}}
\faktfolgerung {Dann bildet die \definitionsverweis {Dualbasis}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ v_1^* , \ldots , v_n^* }
{ \in} { { V }^{ * } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} eine Basis des \definitionsverweis {Dualraums}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\sum_{j = 1}^n a_jv_j^* }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a_j }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wenn wir diese Linearform auf $v_i$ anwenden, so ergibt sich direkt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{a_i }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Die
\mathl{v_1^* , \ldots , v_n^*}{} sind also \definitionsverweis {linear unabhängig}{}{.} Nach Korollar 13.12 besitzt der Dualraum die Dimension $n$, daher muss bereits eine Basis vorliegen.

}





\inputfaktbeweis
{Basis/Dualbasis/Tautologisches Lemma/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $V$ ein \definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{} $K$-\definitionsverweis {Vektorraum}{}{} mit einer \definitionsverweis {Basis}{}{}
\mathl{v_1 , \ldots , v_n}{} und der \definitionsverweis {Dualbasis}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ v_1^* , \ldots , v_n^* }
{ \in} { { V }^{ * } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gilt für jeden Vektor
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v }
{ \in }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Gleichheit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{v }
{ =} { \sum_{i = 1 }^n v_i^*(v) v_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {D.h. die Linearformen $v_i^*$ ergeben die Skalare \zusatzklammer {Koordinaten} {} {}}
\faktzusatz {} eines Vektors bezüglich einer Basis.

}
{

Der Vektor $v$ hat eine eindeutige Darstellung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{v }
{ =} { \sum_{j =1}^n s_j v_j }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ s_j }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Die rechte Seite der behaupteten Gleichheit ist somit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \sum_{i = 1 }^n v_i^*(v) v_i }
{ =} { \sum_{i = 1 }^n v_i^* { \left( \sum_{j =1}^n s_j v_j \right) } v_i }
{ =} { \sum_{i = 1 }^n s_i v_i }
{ =} { v }
{ } { }
} {}{}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Vektorraum/Dualbasis/Basiswechsel/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $V$ ein \definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{} $K$-\definitionsverweis {Vektorraum}{}{} und sei
\mathl{v_1 , \ldots , v_n}{} eine \definitionsverweis {Basis}{}{} von $V$ mit der \definitionsverweis {Dualbasis}{}{}
\mathl{v_1^* , \ldots , v_n^*}{.} Es sei
\mathl{w_1 , \ldots , w_n}{} eine weitere Basis mit der Dualbasis
\mathl{w_1^* , \ldots , w_n^*}{} und mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{w_r }
{ =} { \sum_{ k = 1}^n a_{kr} v_k }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ w_j^* }
{ =} { \sum_{i = 1}^n b_{ij} v_i^* }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} wobei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \left( b_{ij} \right) }_{ij} }
{ = }{ { { \left( A^{-1} \right) } ^{ \text{tr} } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Transponierte}{}{} der \definitionsverweis {inversen Matrix}{}{} von
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{A }
{ = }{ { \left( a_{kr} \right) }_{kr} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ { \left( \sum_{i = 1}^n b_{ij} v_i^* \right) } (w_r) }
{ =} { { \left( \sum_{i = 1}^n b_{ij} v_i^* \right) } { \left( \sum_{k = 1}^n a_{kr} v_k \right) } }
{ =} { \sum_{1 \leq i,k \leq n} b_{ij} a_{kr} v_i^*(v_k) }
{ =} { \sum_{i = 1}^n b_{ij} a_{ir} }
{ } { }
} {} {}{.} Hier steht das \anfuehrung{Produkt}{} aus der $j$-ten Spalte von $B$ und der $r$-ten Spalte von $A$, also das Produkt aus der $j$-ten Zeile von
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { B^{ \text{tr} } } }
{ = }{ A^{-1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und der $r$-ten Spalte von $A$. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r }
{ = }{j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist dies $1$ und bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r }
{ \neq }{j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist dies $0$. Daher stimmt die angegebene Linearform mit $w_j^*$ überein.

}

Mit Basiswechselmatrizen kann man dies auch als
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ M^{ \mathfrak{ w^* } }_{ \mathfrak{ v^* } } }
{ =} { { ({ \left( M^{ \mathfrak{ w } }_{ \mathfrak{ v } } \right) }^{-1}) ^{ \text{tr} } } }
{ =} { { (M^{ \mathfrak{ v } }_{ \mathfrak{ w } }) ^{ \text{tr} } } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ausdrücken.




\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten den $\R^2$ mit der Standardbasis
\mathl{e_1,e_2}{,} seiner Dualbasis
\mathl{e_1^*,e_2^*}{} und die Basis bestehend aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ u_1 }
{ = }{ \begin{pmatrix} 2 \\1 \end{pmatrix} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ u_2 }
{ = }{ \begin{pmatrix} -1 \\3 \end{pmatrix} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir wollen die Dualbasis \mathkor {} {u_1^*} {und} {u_2^*} {} als Linearkombinationen der Standarddualbasis ausdrücken, also in
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{u_1^* }
{ =} { ae_1^* + be_2^* }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} \zusatzklammer {bzw. in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{u_2^* }
{ = }{ ce_1^* + de_2^* }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} die Koeffizienten \mathkor {} {a} {und} {b} {} \zusatzklammer {bzw. $c$ und $d$} {} {} bestimmen. Dabei ist \mathkor {} {a = u_1^*(e_1)} {und} {b = u_1^*(e_2)} {.} Um dies berechnen zu können, müssen wir \mathkor {} {e_1} {und} {e_2} {} als Linearkombination der \mathkor {} {u_1} {und} {u_2} {} ausdrücken. Dies ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{e_1 }
{ =} { { \frac{ 3 }{ 7 } } \begin{pmatrix} 2 \\1 \end{pmatrix} - { \frac{ 1 }{ 7 } } \begin{pmatrix} -1 \\3 \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{e_2 }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 7 } } \begin{pmatrix} 2 \\1 \end{pmatrix} + { \frac{ 2 }{ 7 } } \begin{pmatrix} -1 \\3 \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Also ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{a }
{ =} { u_1^*(e_1) }
{ =} { u_1^* { \left( { \frac{ 3 }{ 7 } } u_1 - { \frac{ 1 }{ 7 } } u_2 \right) } }
{ =} { { \frac{ 3 }{ 7 } } }
{ } { }
} {}{}{} und entsprechend
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{b }
{ =} {u_1^*(e_2) }
{ =} { u_1^* { \left( { \frac{ 1 }{ 7 } } u_1 + { \frac{ 2 }{ 7 } } u_2 \right) } }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 7 } } }
{ } { }
} {}{}{} und somit ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ u_1^* }
{ =} { { \frac{ 3 }{ 7 } } e_1^* + { \frac{ 1 }{ 7 } } e_2^* }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Mit den gleichen Rechnungen ergibt sich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ u_2^* }
{ =} { - { \frac{ 1 }{ 7 } } e_1^* + { \frac{ 2 }{ 7 } } e_2^* }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Die \definitionsverweis {Übergangsmatrix}{}{} von
\mathl{u^*}{} zu
\mathl{e^*}{} ist daher
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ M^{ \mathfrak{ u^* } }_{ \mathfrak{ e^* } } }
{ =} { \begin{pmatrix} { \frac{ 3 }{ 7 } } & - { \frac{ 1 }{ 7 } } \\ { \frac{ 1 }{ 7 } } & { \frac{ 2 }{ 7 } } \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

Die transponierte Matrix davon ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { { \left( M^{ \mathfrak{ u^* } }_{ \mathfrak{ e^* } } \right) } ^{ \text{tr} } } }
{ =} { \begin{pmatrix} { \frac{ 3 }{ 7 } } & { \frac{ 1 }{ 7 } } \\ - { \frac{ 1 }{ 7 } } & { \frac{ 2 }{ 7 } } \end{pmatrix} }
{ =} { \begin{pmatrix} 2 & -1 \\ 1 & 3 \end{pmatrix}^{-1} }
{ =} { { \left( M^{ \mathfrak{ u } }_{ \mathfrak{ e } } \right) }^{-1} }
{ } { }
} {}{}{.}

Die umgekehrte Aufgabe, die Standarddualbasis durch \mathkor {} {u_1^*} {und} {u_2^*} {} auszudrücken, ist einfacher zu lösen, da man dies aus der Darstellung der $u_i$ bezüglich der Standardbasis direkt ablesen kann. Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ e_1^* }
{ =} { 2u_1^* + u_2^* }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ e_2^* }
{ =} { - u_1^* + 3 u_2^* }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} wie man überprüft, wenn man beidseitig an
\mathl{u_1,u_2}{} auswertet.


}






\zwischenueberschrift{Die Spur}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ M }
{ = }{{ \left( a _{ i j } \right) }_{ i j } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine $n \times n$-\definitionsverweis {Matrix}{}{} über $K$. Dann heißt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{Spur} { \left( M \right) } }
{ \defeq} {\sum_{ i = 1 }^{ n } a_{ii} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die \definitionswort {Spur}{} von $M$.

}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei $V$ ein \definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{} $K$-\definitionsverweis {Vektorraum}{}{.} Es sei \maabb {\varphi} {V} {V } {} eine \definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{,} die bezüglich einer \definitionsverweis {Basis}{}{} durch die \definitionsverweis {Matrix}{}{} $M$ beschrieben werde. Dann nennt man
\mathl{\operatorname{Spur} { \left( M \right) }}{} die \definitionswort {Spur}{} von $\varphi$, geschrieben
\mathl{\operatorname{Spur} { \left( \varphi \right) }}{.}

}

Nach Aufgabe 14.15 ist dies unabhängig von der gewählten Basis. Die Spur ist eine Linearform auf dem Vektorraum der quadratischen Matrizen bzw. auf dem Vektorraum der Endomorphismen.