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Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2019-2020)/Teil II/Vorlesung 47/latex

Aus Wikiversity

\setcounter{section}{47}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Dsc 7112-large.jpg} }
\end{center}
\bildtext {So sah Vorli als Welpe aus.} }

\bildlizenz { Dsc 7112-large.jpg } {} {Odatrulle} {Commons} {CC-by-sa 4.0} {}






\zwischenueberschrift{Partielle Ableitungen}

Es sei \maabb {f} {\R^n } {\R } {} eine durch
\mathdisp {(x_1 , \ldots , x_n) \longmapsto f(x_1 , \ldots , x_n)} { }
gegebene Abbildung. Betrachtet man für einen fixierten Index $i$ die übrigen Variablen
\mathbed {x_j} {}
{j \neq i} {}
{} {} {} {,} als Konstanten, so erhält man eine Abbildung \maabb {} {\R} {\R } {,} die nur von $x_i$ abhängt \zusatzklammer {entsprechend betrachtet man die übrigen Variablen als Parameter} {} {.} Falls diese Funktion, als Funktion in einer Variablen, differenzierbar ist, so sagen wir, dass $f$ \stichwort {partiell differenzierbar} {} bezüglich $x_i$ ist und bezeichnen diese Ableitung mit
\mathl{{ \frac{ \partial f }{ \partial x_i } }}{.} Der Vorteil der partiellen Ableitungen liegt darin, dass man diese einfach berechnen kann. Jedoch hängen sie von der Wahl einer Basis ab. Die partiellen Ableitungen sind selbst Abbildungen von \maabb {} {\R^n} {\R } {.}




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{ {\mathbb R}^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} offen und sei eine Abbildung \maabb {f} { G} { {\mathbb R}^m } {} durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f (x_1 , \ldots , x_n) }
{ =} { (f_1 (x_1 , \ldots , x_n) , \ldots , f_m (x_1 , \ldots , x_n)) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gegeben. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{ (a_1 , \ldots , a_n) }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt. Für fixierte Indizes $i$ und $j$ betrachten wir die Abbildung \maabbeledisp {} {I} { {\mathbb R} } {x_i} { f_j(a_1 , \ldots , a_{i-1}, x_i, a_{i+1} , \ldots , a_n ) } {,} \zusatzklammer {wobei $I$ ein reelles Intervall mit
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{a_i }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} derart sei, dass
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ \{(a_1 , \ldots , a_{i-1}) \} \times I \times \{(a_{i+1} , \ldots , a_{n}) \} }
{ \subseteq }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt} {} {} als Funktion in einer Variablen, wobei die übrigen Variablen
\mathbed {a_k} {}
{k \neq i} {}
{} {} {} {,} fixiert seien. Ist diese Funktion in $a_i$ \definitionsverweis {differenzierbar}{}{,} so heißt $f_j$ \definitionswort {partiell differenzierbar}{} in $P$ bezüglich der Koordinate $x_i$. Man bezeichnet diese Ableitung \zusatzklammer {welche ein Element in ${\mathbb R}$ ist} {} {} mit
\mathdisp {{ \frac{ \partial f_j }{ \partial x_i } } (P)} { }
und nennt sie die $i$-te \definitionswort {partielle Ableitung}{} von $f_j$ in $P$.

Die Abbildung $f$ heißt \definitionswort {partiell differenzierbar}{} im Punkt $P$, falls für alle $i$ und $j$ die partiellen Ableitungen in $P$ existieren. Die $i$-te partielle Ableitung von $f$ in $P$ wird mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial x_i } } (P) }
{ \defeq} { { \left( { \frac{ \partial f_1 }{ \partial x_i } } (P) , \ldots , { \frac{ \partial f_m }{ \partial x_i } } (P) \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} bezeichnet.

}

Diese Definition führt die $i$-te partielle Ableitung einer Funktion \maabb {f} { \R^n } { \R } {} auf den Ableitungsbegriff in einer Variablen zurück, indem die anderen Variablen \anfuehrung{festgehalten}{} und als Parameter betrachtet werden. Daher bedeutet die Existenz der $i$-ten partiellen Ableitung von $f$ im Punkt
\mathl{(a_1 , \ldots , a_n)}{} einfach die Existenz des \definitionsverweis {Limes}{}{}
\mathdisp {\operatorname{lim}_{ s \rightarrow 0 } \, { \frac{ f(a_1 , \ldots , a_{i-1}, a_i+s,a_{i+1} , \ldots , a_n) -f(a_1 , \ldots , a_{i-1}, a_i, a_{i+1} , \ldots , a_n) }{ s } }} { . }




\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die Funktion \maabbeledisp {f} {\R^2 \setminus \{(0,0)\}} {\R } {(x,y)} { { \frac{ xy^3 }{ x^2+y^2 } } } {.} Um die \definitionsverweis {partielle Ableitung}{}{} nach $x$ \zusatzklammer {in jedem Punkt} {} {} zu berechnen, betrachtet man $y$ als eine Konstante, sodass eine nur von $x$ abhängige Funktion dasteht. Diese wird gemäß den Ableitungsregeln für Funktionen in einer Variablen abgeleitet, sodass sich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial x } } }
{ =} { { \frac{ y^3(x^2+y^2)-xy^3(2x) }{ (x^2+y^2)^2 } } }
{ =} { { \frac{ -x^2 y^3+y^5 }{ x^4+2x^2y^2+ y^4 } } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ergibt. Für die partielle Ableitung nach $y$ betrachtet man $x$ als eine Konstante und erhält
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial y } } }
{ =} { { \frac{ 3xy^2 (x^2+y^2)-xy^3(2y) }{ (x^2+y^2)^2 } } }
{ =} { { \frac{ 3x^3y^2+xy^4 }{ x^4+2x^2y^2+ y^4 } } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}


}

Die partiellen Ableitungen sind im Wesentlichen die Richtungsableitungen in Richtung der Basisvektoren. Insbesondere machen partielle Ableitungen nur dann Sinn, wenn eine Basis im Vektorraum, der den Definitionsbereich einer Abbildung darstellt, gewählt worden ist, bzw. wenn eben von vornherein ein $\R^n$ betrachtet wird.





\inputfaktbeweis
{Differenzierbarkeit/R/Zusammenhang zwischen partieller Ableitung und Richtungsableitung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{ {\mathbb R}^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} offen,
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt und sei \maabbeledisp {f} { G} { {\mathbb R}^m } {(x_1 , \ldots , x_n)} {f (x_1 , \ldots , x_n) = (f_1(x_1 , \ldots , x_n) , \ldots , f_m(x_1 , \ldots , x_n)) } {,} eine \definitionsverweis {Abbildung}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $f$ in $P$ genau dann \definitionsverweis {partiell differenzierbar}{}{,} wenn die \definitionsverweis {Richtungsableitungen}{}{} von sämtlichen Komponentenfunktionen $f_j$ in $P$ in Richtung eines jeden Standardvektors existieren.}
\faktzusatz {In diesem Fall stimmt die $i$-te partielle Ableitung
\mathl{{ \frac{ \partial f_j }{ \partial x_i } } (P)}{} von $f$ in $P$ mit der \definitionsverweis {Richtungsableitung}{}{}
\mathl{{ \left( D_{e_i} f_j \right) } { \left( P \right) }}{} von $f_j$ in $P$ in Richtung des $i$-ten Standardvektors $e_i$ überein, und $f$ ist in $P$ genau dann partiell differenzierbar, wenn die Richtungsableitungen in $P$ in Richtung eines jeden Standardvektors existieren.}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{(a_1 , \ldots , a_n) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir können uns wegen Lemma 46.6 auf eine einzige Komponentenfunktion $f_j$ beschränken. Da \definitionsverweis {partielle Ableitungen}{}{} die \definitionsverweis {Ableitungen}{}{} von Funktionen in einer Variablen sind, ergibt sich
\mavergleichskettealigndrucklinks
{\vergleichskettealigndrucklinks
{ { \frac{ \partial f_j }{ \partial x_i } } (P) }
{ =} { \operatorname{lim}_{ s \rightarrow 0, s \neq 0 } \, \frac{ f_j(a_1 , \ldots , a_{i-1}, a_i + s, a_{i+1} , \ldots , a_n) - f_j(a_1 , \ldots , a_{i-1}, a_i, a_{i+1} , \ldots , a_n) } { s } }
{ =} { \operatorname{lim}_{ s \rightarrow 0, s \neq 0 } \, \frac{ f_j( P +s e_i) - f_j(P) } { s } }
{ =} { { \left( D_{e_i} f_j \right) } { \left( P \right) } }
{ } { }
} {}{}{.}

}





\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{ {\mathbb R}^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{} und sei eine \definitionsverweis {Abbildung}{}{} \maabbeledisp {f} { G} {{\mathbb R}^m } {(x_1 , \ldots , x_n)} { f (x_1 , \ldots , x_n) = (f_1 (x_1 , \ldots , x_n) , \ldots , f_m(x_1 , \ldots , x_n)) } {,} gegeben. Dann heißt $f$ \definitionswort {partiell differenzierbar}{,} wenn $f$ in jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {partiell differenzierbar}{}{} ist. In diesem Fall heißt die Abbildung \maabbeledisp {{ \frac{ \partial f }{ \partial x_i } }} { G } { {\mathbb R}^m } {P} { { \frac{ \partial f }{ \partial x_i } } (P) = { \left( { \frac{ \partial f_1 }{ \partial x_i } } (P) , \ldots , { \frac{ \partial f_m }{ \partial x_i } } (P) \right) } } {,} die $i$-te \definitionswort {partielle Ableitung}{} von $f$.

}




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{ {\mathbb R}^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{} und sei eine \definitionsverweis {Abbildung}{}{} \maabbeledisp {f} { G} { {\mathbb R} ^m } {(x_1 , \ldots , x_n)} {f(x_1 , \ldots , x_n) = (f_1 (x_1 , \ldots , x_n) , \ldots , f_m(x_1 , \ldots , x_n)) } {,} gegeben, die in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {partiell differenzierbar}{}{} sei. Dann heißt die Matrix
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{Jak}(f )_P }
{ \defeq} { \begin{pmatrix} { \frac{ \partial f_1 }{ \partial x_1 } } (P) & \ldots & { \frac{ \partial f_{1} }{ \partial x_{n} } } (P) \\ \vdots & \ddots & \vdots \\{ \frac{ \partial f_{m} }{ \partial x_1 } } (P) & \ldots & { \frac{ \partial f_{m} }{ \partial x_{n} } } (P) \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die \definitionswort {Jacobi-Matrix}{} zu $f$ im Punkt $P$.

}




\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die Abbildung \maabb {f} {{\mathbb R}^3} {{\mathbb R}^2 } {,} die durch
\mathdisp {(x,y,z) \longmapsto { \left( xy^2-z^3, \sin (xy) + x^2 \cdot \exp z \right) } =(f_1(x,y,z),f_2(x,y,z) )} { }
gegeben sei. Die partiellen Ableitungen von $f_1$ sind
\mathdisp {{ \frac{ \partial f_1 }{ \partial x } } = y^2, \, { \frac{ \partial f_1 }{ \partial y } } = 2xy, \, { \frac{ \partial f_1 }{ \partial z } } = -3z^2} { , }
und die partiellen Ableitungen von $f_2$ sind
\mathdisp {{ \frac{ \partial f_2 }{ \partial x } } = y \cos (xy) + 2x \cdot \exp z, \,{ \frac{ \partial f_2 }{ \partial y } } = x \cdot \cos (xy) , \,{ \frac{ \partial f_2 }{ \partial z } } = x^2 \cdot \exp(z)} { . }
Damit erhalten wir für einen beliebigen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{(x,y,z) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Jacobi-Matrix}{}{}
\mathdisp {\begin{pmatrix} y^2 & 2xy & -3z^2 \\ y \cos(xy) + 2x \exp (z) & x \cos (xy) & x^2 \exp(z) \end{pmatrix}} { . }
Für einen speziellen Punkt, z.B.
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{(2,1,3) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} setzt man einfach ein:
\mathdisp {\begin{pmatrix} 1 & 4 & -27 \\ \cos (2) + 4 \exp(3) & 2 \cos (2) & 4 \exp (3) \end{pmatrix}} { . }


}






\zwischenueberschrift{Höhere Richtungsableitungen}

Es seien \mathkor {} {V} {und} {W} {} endlichdimensionale $\R$-Vektorräume und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine offene Teilmenge. Für eine Abbildung \maabb {f} { G } { W } {} und einen fixierten Vektor
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist die Richtungsableitung in Richtung $v$ \zusatzklammer {falls diese existiert} {} {} selbst eine Abbildung \maabbeledisp {D_{ v} f} {G} {W } {P} { { \left( D_{v} f \right) } { \left( P \right) } } {.} Als solche ist es sinnvoll zu fragen, ob
\mathl{D_{ v} f}{} in Richtung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{u }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} differenzierbar ist. Wir sprechen dann von \stichwort {höheren Ableitungen} {.} Dies wird präzisiert durch die folgende induktive Definition.


\inputdefinition
{}
{

Es seien \mathkor {} {V} {und} {W} {} \definitionsverweis {endlichdimensionale}{}{} ${\mathbb R}$-\definitionsverweis {Vektorräume}{}{,} \maabbdisp {f} {G} {W } {} eine \definitionsverweis {Abbildung}{}{} auf einer offenen Menge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mathl{v_1 , \ldots , v_n}{} Vektoren in $V$. Man sagt, dass die \definitionswort {höhere Richtungsableitung}{} von $f$ in Richtung
\mathl{v_1 , \ldots , v_n}{} existiert, wenn die höhere Richtungsableitung in Richtung
\mathl{v_1 , \ldots , v_{n-1}}{} existiert und davon die \definitionsverweis {Richtungsableitung}{}{} in Richtung $v_n$ existiert. Sie wird mit
\mathdisp {D_{ v_n}(... (D_{ v_2} (D_{ v_1}f )) \ldots )} { }
bezeichnet.

}




\inputbeispiel{}
{

Wir bestimmen die \definitionsverweis {Richtungsableitung}{}{} zur Funktion \maabbeledisp {f} { \R^2} {\R } {(x,y)} {x^2-xy-y^3 } {,} in Richtung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v }
{ = }{ \left( 4 , \, -1 \right) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Zu einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ = }{(x,y) }
{ \in }{\R^2 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} müssen wir die Funktion \maabbeledisp {p} {\R} {\R } {t} { f(P+tv) } {,} nach $t$ im Nullpunkt ableiten. Es ist
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{p(t) }
{ =} { f(P+tv) }
{ =} { (x+4t)^2 -(x+4t)( y-t)-(y-t)^3 }
{ =} { x^2+ 8xt+16t^2 -xy - 4ty +xt +4t^2-y^3 +3y^2t -3yt^2+t^3 }
{ =} { x^2-xy-y^3 + 9xt - 4ty +3y^2t +20 t^2 -3yt^2+t^3 }
} {} {}{.} Die Ableitung von dieser Funktion im Nullpunkt ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ p'(0) }
{ =} { 9x-4y +3y^2 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} also ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ g(x,y) }
{ \defeq} { (D_vf) (x,y) }
{ =} { 9x-4y +3y^2 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Für diese Funktion können wir nun die Richtungsableitung in Richtung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{u }
{ = }{ \left( 2 , \, -3 \right) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ausrechnen. Es ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{q (t) }
{ \defeq} { g(P+tu) }
{ =} { 9(x+2t)-4(y-3t) +3(y-3t)^2 }
{ =} { 9x-4y +3y^2 + 18t+12t-18yt +27t^2 }
{ } { }
} {} {}{.} Die Ableitung von dieser Funktion im Nullpunkt ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ q'(0) }
{ =} { 30 -18y }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} also ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (D_ug) (x,y) }
{ =} { (D_u (D_vf)) (x,y) }
{ =} { 30 -18y }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}


}




\inputdefinition
{}
{

Es seien \mathkor {} {V} {und} {W} {} \definitionsverweis {endlichdimensionale}{}{} ${\mathbb R}$-\definitionsverweis {Vektorräume}{}{} und \maabbdisp {f} {G} {W } {} eine \definitionsverweis {Abbildung}{}{} auf einer \definitionsverweis {offenen Menge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Man sagt, dass $f$ $n$-mal \definitionswort {stetig differenzierbar}{} ist, wenn für jede Auswahl
\mathl{v_1 , \ldots , v_{n}}{} von $n$ Vektoren aus $V$ die \definitionsverweis {höhere Richtungsableitung}{}{}
\mathdisp {D_{ v_n}(... D_{ v_2} (D_{ v_1}f) \ldots)} { }
in Richtung
\mathl{v_1 , \ldots , v_{n}}{} existiert und \definitionsverweis {stetig}{}{} ist.

} Einmal stetig differenzierbar bedeutet also, dass die Richtungsableitung
\mathl{D_{ v} f}{} in jede Richtung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} existiert und stetig ist.

Polynomfunktionen sind beliebig oft stetig differenzierbar, siehe Aufgabe 47.11.

Auch partielle Ableitungen kann man wie Richtungsableitungen hintereinanderausführen. Dies führt zu Schreibweisen wie
\mathdisp {{ \frac{ \partial }{ \partial x } } { \frac{ \partial }{ \partial y } } f} { }
und Ähnliche.






\zwischenueberschrift{Der Satz von Schwarz}




\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die Funktion \maabbeledisp {f} {\R^2} {\R } {(x,y)} { x^4-x^3y+5xy^2+2y^3 } {.} Die \definitionsverweis {partiellen Ableitungen}{}{} sind
\mathdisp {{ \frac{ \partial f }{ \partial x } } (x,y) = 4x^3-3x^2y+5y^2 \text{ und } { \frac{ \partial f }{ \partial y } } (x,y) = -x^3+10xy+6y^2} { . }
Diese Funktionen sind selbst wiederum partiell differenzierbar, und wir berechnen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial }{ \partial y } } { \left( { \frac{ \partial f }{ \partial x } } \right) } }
{ =} { { \frac{ \partial }{ \partial y } } { \left( 4x^3-3x^2y+5y^2 \right) } }
{ =} { -3x^2+10y }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial }{ \partial x } } { \left( { \frac{ \partial f }{ \partial y } } \right) } }
{ =} { { \frac{ \partial }{ \partial x } } { \left( -x^3+10xy+6y^2 \right) } }
{ =} { -3x^2+10y }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Die beiden zweiten partiellen Ableitungen \mathkor {} {{ \frac{ \partial }{ \partial y } } { \frac{ \partial }{ \partial x } } f} {und} {{ \frac{ \partial }{ \partial x } } { \frac{ \partial }{ \partial y } } f} {} stimmen also überein.


}

In diesem Beispiel zeigt sich ein allgemeiner Sachverhalt, der \stichwort {Satz von Schwarz} {} \zusatzklammer {oder auch \stichwort {Satz von Clairaut} {}} {} {} heißt.





\inputfaktbeweisnichtvorgefuehrt
{Differenzierbarkeit/Satz von Schwarz/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} offen und \maabb {\varphi} {G} {W } {} eine Abbildung derart,}
\faktvoraussetzung {dass für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{u,v }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die zweiten Richtungsableitungen
\mathl{D_{ v} D_{ u}\varphi}{} und
\mathl{{ \left( D_{v} D_{ v}\varphi \right) } { \left( u \right) }}{} existieren und stetig sind.}
\faktfolgerung {Dann gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ D_{ v} D_{ u}\varphi }
{ =} { D_{ u} D_{ v}\varphi }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Durch Betrachten der einzelnen Komponenten von $\varphi$ bezüglich einer \definitionsverweis {Basis}{}{} von $W$ können wir annehmen, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ W }
{ = }{ {\mathbb K} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathbb K} }
{ = }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. Wir wollen den eindimensionalen Mittelwertsatz der Differentialrechnung anwenden. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein fixierter Punkt. Wir betrachten die Abbildung
\mathl{(s,t) \mapsto \varphi(P+su+tv )}{} und studieren diese für hinreichend kleine $s$ und $t$. Wir fixieren diese \zusatzklammer {für den Moment} {} {} und betrachten die differenzierbare Abbildung
\mathdisp {\sigma \longmapsto \varphi(P+\sigma u + tv) - \varphi(P + \sigma u)} { . }
Nach dem Mittelwertsatz gibt es ein \zusatzklammer {von $s$ und $t$ abhängiges} {} {}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ s_1 }
{ \in }{ {]0,s[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisphandlinks
{\vergleichskettedisphandlinks
{ \varphi(P+su+tv)-\varphi(P+su)-\varphi(P+tv)+\varphi(P) }
{ =} { s \cdot ({ \left( D_{u} \varphi \right) } { \left( P+s_1 u + t v \right) } - { \left( D_{u} \varphi \right) } { \left( P+s_1 u \right) }) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Nun wenden wir erneut den Mittelwertsatz auf die differenzierbare Abbildung
\mathdisp {\tau \longmapsto { \left( D_{u} \varphi \right) } { \left( P+s_1 u + \tau v \right) }} { }
an, und erhalten die Existenz eines
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ t_1 }
{ \in }{ {]0,t[} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisphandlinks
{\vergleichskettedisphandlinks
{ { \left( D_{u} \varphi \right) } { \left( P+s_1 u + t v \right) }- { \left( D_{u} \varphi \right) } { \left( P+s_1 u \right) } }
{ =} { t \cdot { \left( D_{v} D_{ u}\varphi \right) } { \left( P+s_1u+t_1v \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Zusammen erhalten wir
\mavergleichskettedisphandlinks
{\vergleichskettedisphandlinks
{ \varphi(P + su + tv) - \varphi(P + su) - \varphi(P+tv)+\varphi(P) }
{ =} {st \cdot { \left( D_{v} D_{ u}\varphi \right) } { \left( P+s_1u+t_1v \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Wenden wir denselben Trick in umgekehrter Reihenfolge an, so erhalten wir \mathkor {} {s_2} {und} {t_2} {,} sodass dieser Ausdruck auch gleich
\mathdisp {st \cdot { \left( D_{u} D_{ v}\varphi \right) } { \left( P+s_2 u+t_2 v \right) }} { }
ist. Somit schließen wir für \zusatzklammer {hinreichend kleine} {} {} gegebene
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ s,t }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} dass positive
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ s_1,s_2 }
{ \leq }{ s }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ t_1,t_2 }
{ \leq }{ t }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} existieren mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( D_{v} D_{ u}\varphi \right) } { \left( P+s_1u+t_1v \right) } }
{ =} { { \left( D_{u} D_{ v}\varphi \right) } { \left( P+s_2u+t_2v \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Für
\mathl{s \rightarrow 0}{} und
\mathl{t \rightarrow 0}{} konvergieren auch
\mathl{s_1, s_2,t_1}{} und $t_2$ gegen $0$. Die Stetigkeit der beiden zweiten Richtungsableitungen impliziert für
\mathl{s,t \rightarrow 0}{} die Gleichheit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( D_{v} D_{ u}\varphi \right) } { \left( P \right) } }
{ =} { { \left( D_{u} D_{ v}\varphi \right) } { \left( P \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}


\inputfaktbeweis
{Höhere Differenzierbarkeit/R/Stetigkeit/Beliebige Reihenfolge/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es seien \mathkor {} {V} {und} {W} {} \definitionsverweis {endlichdimensionale}{}{} ${\mathbb R}$-\definitionsverweis {Vektorräume}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{} und \maabbdisp {\varphi} {G} {W } {} eine}
\faktvoraussetzung {$n$-mal \definitionsverweis {stetig differenzierbare Abbildung}{}{.} Es sei
\mathl{v_1 , \ldots , v_{n}}{} eine Auswahl von $n$ Vektoren aus $V$.}
\faktfolgerung {Dann gilt für jede \definitionsverweis {Permutation}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \sigma }
{ \in }{S_n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Gleichheit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ D_{ v_n}(... D_{ v_2} (D_{ v_1}\varphi )) }
{ =} { D_{ v_{\sigma(n)} }(... D_{ v_{\sigma(2)} } (D_{ v_{\sigma(1)} }\varphi )) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 47.16. }





\inputfaktbeweis
{Satz von Schwarz/R/Partielle Version/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{\R^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{} und sei \maabb {f} {G} {\R } {} eine Abbildung derart,}
\faktvoraussetzung {dass für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{1 }
{ \leq }{i,j }
{ \leq }{ n }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die zweiten partiellen Ableitungen
\mathl{{ \frac{ \partial }{ \partial x_i } } { \frac{ \partial }{ \partial x_j } } f}{} und
\mathl{{ \frac{ \partial }{ \partial x_j } } { \frac{ \partial }{ \partial x_i } } f}{} existieren und stetig sind.}
\faktfolgerung {Dann gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial }{ \partial x_i } } { \frac{ \partial }{ \partial x_j } } f }
{ =} { { \frac{ \partial }{ \partial x_j } } { \frac{ \partial }{ \partial x_i } } f }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Des folgt aus Satz 47.11 und Lemma 47.3.

}


$\,$