Kurs:Mathematische Modellbildung/Themen/Beeinflussung der Wahlbeteiligung
Das Projekt widmet sich der Wahlbeteiligung bei der Wahl des Deutschen Bundestages und der Frage, wie diese durch die Einführung einer Internetwahl beeinflusst werden kann. Außerdem soll ein geeignetes Verfahren zur Darstellung der Ergebnisse gefunden werden.
Modellierungsproblem
[Bearbeiten]Die Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen in Deutschland variiert im Schnitt zwischen 70% und 78% (im Jahr 2017 betrug sie 76,2% [1]). Es steht zur Debatte, ob durch die Einführung von Internetwahlen bestimmte Zielgruppen (u.a. junge Wähler, Kranke, Wähler aus sozial schwachen Milieus) zur Teilnahme an zukünftigen Wahlen motiviert werden können. Dies würde insgesamt zu einer höheren Wahlbeteiligung führen, politische Strukturen stärken und v.a. die Legitimation der Abgeordneten des deutschen Bundestages erhöhen.
Im Folgenden soll eine Prognose diesbezüglich erstellt werden. Als Datengrundlage steht eine Statistik der Bundestagswahl 2013 zur Verfügung, die die Wahlbeteiligung der Bevölkerung in Altersgruppen 18-25 Jahre, 26-35 Jahre, 36-45 Jahr, 46-55 Jahre, 56-65 und 66-75 Jahren Jahren aufschlüsselt[1]] . Außerdem fließt eine Statistik zur durchschnittlichen Internetnutzung pro Tag für entsprechende Altersgruppen[2] in die Prognose ein.
Die Darstellung der ermittelten Werte in oben genannte Altersgruppen ist für den Rezipienten jedoch unter Umständen nicht ausreichend, z.B. zur Argumentation bei der Debatte, ob die Einführung einer Internetwahl gemessen an Aufwand, Kosten, Begleitproblemen etc. einen effizienten Effekt erzielt. Mehr zu diesem Problemaufriss in Zyklus 2.
Zuordnung des Themas zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen
[Bearbeiten]- SDG9 Industry, Innovation and Infrastructure
Durch die Einführung einer Internetwahl wird das deutsche Wahlsystem sinnvoll ergänzt. Technische Innovationen werden gefördert und im Wahlprozess etabliert.
- SDG10 Reduced Inequalities
Durch die Einführung einer Internetwahl wird weiteren Zielgruppen der Zugang zu Wahlen ermöglicht. Insbesondere Menschen mit besonderen Bedürfnissen (z.B. mit körperlichen Einschränkungen) wird der Wahlgang erleichtert.
- SDG16 Peace, Justice and Strong Institutions
Allen Menschen muss der Zugang zu Wahlen ermöglicht werden. Durch eine möglichst hohe Wahlbeteiligung wird die Legitimation politischer Institutionen erhöht.
Fachwissenschaftliche Grundlagen
[Bearbeiten]Bevölkerungsanteile werden in einzelnen Altersgruppen erhoben.
- 18-25 Jahre
- 26-35 Jahre
- 36-45 Jahre
- 46-55 Jahre
- 56-65 Jahre
- ab 66 Jahren
In Abhängigkeit von der Altersgruppe verändert sich die Wahlbeteiligung bei dem Wechsel zur Online-Wahl. Bei manchen Altersgruppen steigt die Wahlbeteiligung (z.B. 18-25 Jahren), bei anderen ist keine Änderung zu erwarten, z.B. bei 66-75 Jahren.
Bei 6 Altersgruppen:
Fachmathematische Werkzeuge
[Bearbeiten]- Zyklus 1:
- Tabellenkalkulationsprogramm (Sek I)
- Säulendiagramm (Sek I)
- Matrizen (Sek II)
- Zyklus 2:
- Tabellenkalkulationsprogramm (Sek II)
- Geogebra (Uni)
- Funktionsgraph (Uni)
- Maxima (Sek II)
Modellierungszyklus
[Bearbeiten]Zyklus 1
[Bearbeiten]Zunächst wird mit Hilfe eines Säulendiagramms die aktuelle Wahlbeteiligung (Grundlage sind die Ergebnisse der BTW 2013) dargestellt. Anhand der Internetnutzungsdauer pro Tag wird daraufhin die These aufgestellt, dass die Einführung der Internetwahl die Wahlbeteiligung je nach Altersgruppe positiv beeinflusst.
Altersgruppen | Wahlbeteiligung in % | Internetnutzung in min/d | Internetnutzung in % |
---|---|---|---|
18-25 Jahre | 62,3% | 311 | 21,60% |
26-35 Jahre | 63,7% | 233 | 16,18% |
36-45 Jahre | 70,1% | 179 | 12,43% |
46-55 Jahre | 75,0% | 157 | 10,90% |
56-65 Jahre | 77,8% | 129 | 8,96% |
≥ 66 Jahre | 76,9% | 43 | 2,99% |
Gesamt | 71,0% |
Die Prognose wird mit folgender Formel berechnet.
Erkenntnis
Die Wahlbeteiligung wird unter Berücksichtigung der Internetnutzung positiv beeinflusst, wobei sich dieser Effekt vor allem in den jüngeren Altersgruppen auswirkt. Im Mittel betrachtet steigt die Wahlbeteiligung von tatsächlichen 71% auf prognostizierte 74,6%.
Zyklus 2
[Bearbeiten]In Zyklus 1 erfolgte die Einteilung der potentiellen Wähler in Altersgruppen, die 8 bzw. 10 Jahrgänge umfassen. Da dies eine relativ ungenaue Einteilung ist und somit keine genaue Aussage für einzelne Jahrgänge möglich ist, soll in Zyklus 2 versucht werden, die Wahlbeteiligungprognose für einzelne Jahrgänge zu verbessern. Dazu werden verschiedene Interpolationsverfahren auf die vorhandenen diskreten Intervalle angewendet.
Anschließend wird versucht, die Ergebnisse aus den verschiedenen Interpolationsverfahren zu bewerten um ein möglichst realitätsnahes Ergebnis zu erhalten.
Warum eine genauere Darstellung? Begründung des Zyklus 2
Die in Zyklus 1 gewählte Darstellung bietet einen groben Überblick über die ermittelten Daten. In mancher Hinsicht ist diese jedoch nicht exakt genug:
1. Die Einteilung in 8 bzw. 10 Jahre umfassende Altersgruppen ist sehr grob. Eine solche Gruppe vereint jedoch mehrere Zielgruppen, da die Bedürfnisse eines 18jährigen sich z.B. von denen eines 25-jährigen schon deutlich unterscheidet, ebenso die tägliche Internetnutzung. Auch die Kanäle, um an entsprechende Zielgruppen heranzutreten, sind verschieden. Dies ist vor allem für Politiker und Wahlwerbende von Bedeutung.
2. Bei der Debatte, ob eine Internetwahl eingeführt werden sollte, ist nicht nur entscheidend, ob ein positiver Effekt zu erzielen ist, sondern auch wie gravierend dieser ist. Es würden nicht nur Kosten anfallen, sondern auch logistischer Aufwand entstehen (Programmierung Vorbereitung, Durchführung usw.). Demographische Betrachtung: Die meisten deutschen Wahlberechtigten sind zwischen 45 und 60 Jahren alt. Der Effekt in dieser Gruppe ist jedoch nicht so groß wie z.B. bei den
18 bis 25jährigen. Wie ist die Entwicklung der Wahlbeteiligung also in Relation zur absoluten Zahl der Wahlberechtigten der Altersgruppen zu bewerten?
Newtonsches Interpolationsverfahren
Zu den sechs Punkten soll ein Polynom möglichst kleinen Grades gefunden werden mit x_Werte der Punkte y_Werte der Punkte
Die Newtonsche Interpolationsformel lautet:
Man bestimme nun also die Koeffizienten mit
und setze diese in die Newtonsche Interpolationsformel ein. Es ergibt sich die im Bild dargestellte Funktion (pinker Graph).
Die Punkte liegen alle auf dem Graphen. Für und ist die ermittelte Funktionsvorschrift jedoch nicht brauchbar.
Für gilt: Unter-18jährige sind nicht wahlberechtigt und somit ist die Funktion in diesem Intervall nicht definiert.
Für gilt: Die Funktionswerte sind laut Graph ab ca. 85 Jahren < bzw =0. Dies ist nicht möglich.
Man betrachte zur Interpratation also den Graph im Intervall .
Gegeben sind die Punkte
Diese werden in GeoGebra zunächst dargestellt, um anschließend Wichtungsfunktionen zu jedem Punkt zu erstellen.
- x-Wert des Punktes
Die Wichtungsfunktionen sollen an jedem x-Wert mit den Funktionswert 1 haben, ansonsten gegen 0 konvergieren. Mithilfe eines Schiebereglers s kann reguliert werden, wie schnell dies geschehen soll. Anschließend wird eine Funktion erstellt, die die Wichtungsfunktionen subsummiert mit Berücksichtigung der y-Werte der Punkte .
- y-Wert des Punktes
Bei ergibt sich eine angenäherte Funktion , bei der alle Punkte auf dem Graphen liegen. ist jedoch nur im Intervall zu betrachten, da Minderjährige nicht wahlberechtigt sind und Realwerte zum Vergleich nur bis zur Altersgruppe 75 Jahre vorliegen (je größer der x-Wert, desto weniger entspricht der Graph der Approximation einem realen Ergebnis, da z.B. die Altersgruppe 140 Jahre nicht existiert).
Gegeben sind die Punkte
Diese werden in GeoGebra zunächst dargestellt, Ziel der Konvexkombination ist es eine Linearkombination der Punkte zu erstellen und somit den Punkt X zu erhalten.
Damit diese Linearkombination als Konvexkombination bezeichnet werden darf, müssen folgende Bedingungen gelten.
- .
Um diese Bedingung zu erfüllen definiert man die wie folgt.
Dann ergibt sich für die Summe der Skalare folgendes.
Bei einer Konvexkombination n-ter Ordnung ergeben sich die Vorfaktoren mithilfe der (n-1)-ten Zeile des Pascalschen Dreiecks.
Nun wird die Zahl in Geogebra als Schieberegler dargestellt um den Wert dynamisch ändern zu können. Beim Ändern entsteht die in der Animation gezeigt Ortskurve für den Punkt X.
Fazit
Um entscheiden zu können, welches Verfahren möglichst realitätsnahe Ergebnisse liefert, wurde bei jedem Verfahren zu empirisch erfassten Punkten die Abweichungen zu den interpolierten Werten berechnet. Die punktuellen Abweichungen wurden anschließend aufsummiert und durch die Anzahl der Punkte geteilt, damit ein vergleichbares Fehlermaß zu Grunde liegt.
Da die durchschnittliche Abweichung beim Approximationsverfahren mit Wert 1 am niedrigsten ausfällt, bietet dieses rein rechnerisch die beste Interpolation der zuvor gegebenen diskreten Werte.
Insgesamt gab es in den betrachteten Altersgruppen 58,7 Mio. Wahlberechtige im Jahr 2013. Bei der BTW nahmen 42 Mio. Menschen aus diesen Altersgruppen teil. Mit Einführung einer Online-Wahl hätten laut Prognose ca. 2,1 Mio. Menschen mehr, also absolut 44,5 Mio. Menschen teilgenommen (unter Berücksichtigung der absoluten Wahlberechtigten pro Jahrgang). Dies bedeutet eine Steigerung der Wahlbeteiligung um 4,3%. Der im Zyklus 2 ermittelte Wert ist im Gegensatz zum im Zyklus 1 ermittelten Wert um 0,68% höher. Die Verfeinerung in einzelne Jahrgänge ändert die Prognose also kaum.
Zyklus 3
[Bearbeiten]Weitere Faktoren, um adäquate Prognose zu erstellen:
- Zugang zu Internet
- Zeitraum der Wahl
- Konkrete Einbeziehung realer Vergleichssituationen (bereits durchgeführte Internetwahlen)
- Demographischer Wandel
außerdem zu berücksichtigen: Verfahrenssicherheit, Kosten/ Nutzen, Entwicklungsaufwand
Weitere Abbildungen
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Literatur
[Bearbeiten]- ↑ Wahlbeteiligung - Der Bundeswahlleiter - (aufgerufen 2018/02/05) - https://www.bundeswahlleiter.de/service/glossar/w/wahlbeteiligung.html
- ↑ Initiative D21. (n.d.). Durchschnittliche tägliche Internetnutzungsdauer nach Altersgruppen in Deutschland im Jahr 2016 (in Minuten). In Statista - Das Statistik-Portal. Zugriff am 5. Februar 2018, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/633745/umfrage/taegliche-internetnutzung-nach-altersgruppen-in-deutschland/.