Kurs:Reelle und komplexe Analysis (Sheffield 2007)/Abschnitt 2.1/latex

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Wir möchten stetige Abbildungen \maabb {\varphi} {V} {W } {} zwischen Vektorräumen differenzieren, und allgemeiner stetige Abbildungen \maabbdisp {\varphi} {G} {W } {,} wobei
\mathl{G \subseteq V}{} eine gewisse offene Teilmenge ist. Schon in Dimension eins sind viele Funktionen (in natürlicher Weise) nur auf einer gewissenen, meist offenen, Menge definiert. Zum Beispiel ist die Funktion
\mathl{z \mapsto 1/z}{} auf
\mathl{\R \setminus \{0\}}{} oder
\mathl{{\mathbb C} \setminus \{0\}}{} definiert. Wir wiederholen kurz die Situation in einer Variablen: angenommen wir haben eine Abbildung \maabb {\varphi} {\R} {\R } {,} dann ist die Grundidee einer differenzierbaren Abbildung und ihrer Ableitung eine \anfuehrung{Tangente an den Graphen}{} anzulegen. Dabei kann man sagen, dass die Tangente die beste \stichwort {lineare Approximation} {} von $\varphi$ in einem gegebenen Punkt
\mathl{x \in \R}{} darstellt. Da die Steigung wieder eine Zahl ist, wird beim Differenzieren jedem Punkt $x$ wieder eine Zahl zugeordnet. Wir erhalten also eine neue Funktion, welche wir mit $\varphi'$ bezeichnen. Im höherdimensionalen Fall ist dies komplizierter, aber die Idee einer bestmöglichen \stichwort {linearen Approximation} {} bleibt bestehen.

Im Folgenden nehmen wir an, dass alle Vektorräume endlichdimensional und mit einer Norm versehen sind.




\inputdefinition
{}
{

Es seien \mathkor {} {V} {und} {W} {} \definitionsverweis {endlichdimensionale}{}{} ${\mathbb K}$-\definitionsverweis {Vektorräume}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Menge}{}{} und \maabb {\varphi} {G} {W } {} eine Abbildung. Dann heißt $\varphi$ \definitionswort {differenzierbar}{} \zusatzklammer {oder \definitionswort {total differenzierbar}{}} {} {} im Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wenn es eine ${\mathbb K}$-\definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{} \maabb {L} {V} {W } {} mit der Eigenschaft
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi( P+v) }
{ =} { \varphi(P)+ L(v) + \Vert {v} \Vert r(v) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gibt, wobei \maabb {r} { U { \left( 0,\delta \right) } } {W } {} eine in $0$ \definitionsverweis {stetige Abbildung}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r(0) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist und die Gleichung für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P+v }
{ \in }{ U { \left( P,\delta \right) } }
{ \subseteq }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt.

Diese lineare Abbildung $L$ heißt, falls sie existiert, das \definitionswort {(totale) Differential}{} von $\varphi$ an der Stelle $P$ und wird mit
\mathdisp {\left(D\varphi\right)_{P}} { }
bezeichnet.

}

Äquivalent zur totalen Differenzierbarkeit ist die Eigenschaft, dass der Ausdruck
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ r(v) }
{ =} { \frac{\varphi(P+v) - \varphi(P) -L(v)}{ \Vert {v} \Vert } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für
\mathl{v \rightarrow 0}{} gegen $0$ konvergiert. Ebenfalls äquivalent ist die Eigenschaft, dass der Limes (von Funktionen)
\mathdisp {\operatorname{lim}_{ v \rightarrow 0, v \neq 0 } \, \frac{ \Vert {\varphi(P+v)-\varphi(P)-L(v)} \Vert}{ \Vert {v} \Vert }} { }
existiert und gleich $0$ ist.




\inputbemerkung
{}
{

Man beachte, dass dieser Differenzierbarkeits-Begriff auf den Begriff der Stetigkeit beruht und damit von der gewählten Norm abhängen könnte. Da aber alle Normen auf einem endlichdimensionalen reellen Vektorraum die gleiche Topologie erzeugen, ist die totale Differenzierbarkeit unabhängig von der Wahl der Normen in den jeweiligen Vektorräumen.

}

Das Konzept der totalen Differenzierbarkeit ist eher theoretisch und weniger konkreten Berechnungen zugänglich. Wir werden später dieses Konzept mit dem Konzept der partiellen Ableitungen in Verbindung bringen, welches eher für Berechnungen geeignet ist, jedoch von Koordinaten abhängt \zusatzklammer {siehe Beispiel *****} {} {.}




\inputbeispiel{}
{

Die Funktion \maabbele {\betrag { - }} {\R} {\R } {t} {\betrag { t } } {} ist im Punkt
\mathl{P=0}{} nicht differenzierbar. Eine lineare Abbildung ist hier gegeben durch
\mathl{v \mapsto c v}{} mit einem
\mathl{c \in \R}{.} Wir müssen den Ausdruck
\mathl{\frac{ \betrag { v }-cv}{ \betrag { v } }}{} betrachten. Dieser ist
\mathl{1-c}{} für
\mathl{v>0}{} und
\mathl{1+c}{} für
\mathl{v<0}{.} Also existiert für
\mathl{c \neq 0}{} der Grenzwert nicht \zusatzklammer {da die Limiten von rechts und von links nicht übereinstimmen} {} {,} und bei
\mathl{c=0}{} ist der Grenzwert gleich
\mathl{1 \neq 0}{.}


}





\inputfaktbeweis
{Differenzierbarkeit/K/Eindeutige Approximation/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es seien \mathkor {} {V} {und} {W} {} \definitionsverweis {endlichdimensionale}{}{} ${\mathbb K}$-\definitionsverweis {Vektorräume}{}{} und sei die Abbildung \maabb {\varphi} {G} {W } {} auf einer \definitionsverweis {offenen Teilmenge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definiert. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt.}
\faktfolgerung {Dann existiert höchstens eine lineare Abbildung mit den Eigenschaften aus Definition *****. }
\faktzusatz {Ist $\varphi$ im Punkt $P$ differenzierbar, so ist das \definitionsverweis {totale Differential}{}{}
\mathl{\left(D\varphi\right)_{P}}{} eindeutig bestimmt.}
\faktzusatz {}

}
{

Angenommen, es gelte
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(P+v) }
{ =} { \varphi(P) + L_1(v) + \Vert {v} \Vert \cdot r_1(v) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(P+v) }
{ =} { \varphi(P)+L_2(v) + \Vert {v} \Vert \cdot r_2(v) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit linearen Abbildungen $L_1$ und $L_2$ und mit im Punkt $0$ stetigen Funktionen \maabb {r_1,r_2} { U { \left( 0,\delta \right) } } { W } {} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ r_1(0) }
{ = }{ r_2(0) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir müssen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ L_1 }
{ = }{ L_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} zeigen. Dazu ziehen wir die beiden Gleichungen voneinander ab \zusatzklammer {da es sich hier um Gleichungen von Funktionswerten im Vektorraum $W$ handelt, ist hier werteweises Abziehen gemeint} {} {} und erhalten die Gleichung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ 0 }
{ =} { (L_1-L_2)(v)+ \Vert {v} \Vert \cdot (r_1(v)-r_2(v)) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Daher müssen wir zeigen, dass die \zusatzklammer {konstante} {} {} Nullabbildung die Eigenschaft besitzt, dass die lineare Abbildung $0$ ihre einzige lineare Approximation ist.  Wir nehmen daher an, dass
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{0 }
{ =} { L(v)+ \Vert {v} \Vert \cdot r(v) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt, wobei $L$ linear und $r$ eine in $0$ stetige Funktion mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ r(0) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. Wenn $L$ nicht die Nullabbildung ist, so gibt es einen Vektor
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ L(v) }
{ = }{ w }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann gilt für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{s }
{ \in }{ {\mathbb K} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{0 }
{ =} { L(sv)+ \Vert {sv} \Vert r(sv) }
{ =} { sw + \betrag { s } \cdot \Vert {v} \Vert \cdot r(sv) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dies impliziert, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ r(sv) }
{ = }{ - { \frac{ sw }{ \betrag { s } \cdot \Vert {v} \Vert } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{s }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt. Die Norm von
\mathl{r(sv)}{} ist daher konstant gleich
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \frac{ \Vert {w} \Vert }{ \Vert {v} \Vert } } }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Also gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \operatorname{lim}_{ s \rightarrow 0 } \, \Vert {r(sv) } \Vert }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} ein Widerspruch.

}





\inputfaktbeweis
{Differenzierbarkeit/K/Lineare Abbildungen sind differenzierbar/Fakt}
{Proposition}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei \maabb {L} {V} {W } {} eine ${\mathbb K}$-\definitionsverweis {lineare Abbildung}{}{} zwischen den \definitionsverweis {endlichdimensionalen}{}{} ${\mathbb K}$-\definitionsverweis {Vektorräumen}{}{} \mathkor {} {V} {und} {W} {.}}
\faktfolgerung {Dann ist $L$ in jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {differenzierbar}{}{} und stimmt in jedem Punkt mit ihrem totalen Differential überein.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Aufgrund der Linearität gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ L(P+v) }
{ =} { L(P)+L(v) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Also können wir
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} wählen.

}




\inputbeispiel{ }
{

Ist \maabb {\varphi} {V} {W } {} konstant mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\varphi (v) }
{ = }{ w }
{ \in }{ W }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} so ist $\varphi$ differenzierbar mit totalem Differential $0$ \zusatzklammer {siehe Aufgabe *****} {} {.}


}





\inputfaktbeweis
{Differenzierbarkeit/K/Summe differenzierbarer Abbildungen ist differenzierbar/Fakt}
{Proposition}
{}
{

\faktsituation {Es seien \mathkor {} {V} {und} {W} {} \definitionsverweis {endlichdimensionale}{}{} ${\mathbb K}$-\definitionsverweis {Vektorräume}{}{} und es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Es seien \maabb {\varphi_1,\varphi_2} {G} {W } {} im Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} differenzierbare Abbildungen mit den \definitionsverweis {totalen Differentialen}{}{}
\mathl{\left(D\varphi_1\right)_{P}}{} und
\mathl{\left(D\varphi_2\right)_{P}}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi }
{ = }{ \varphi_1 + \varphi_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in $P$ differenzierbar und es gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left(D(\varphi_1 + \varphi_2)\right)_{P} }
{ =} { \left(D\varphi_1\right)_{P} + \left(D\varphi_2\right)_{P} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {Ebenso gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \left(D(a \varphi_1)\right)_{P} }
{ = }{ a \left(D\varphi_1\right)_{P} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ {\mathbb K} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}

}
{

Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi_1(P+v) }
{ = }{ \varphi_1(P)+L_1(v)+ \Vert {v} \Vert \cdot r_1(v) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi_2(P+v) }
{ = }{ \varphi_2(P) + L_2(v) + \Vert {v} \Vert \cdot r_2(v) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann gilt
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{(\varphi_1+\varphi_2) (P+v) \latexdruckdreikurz }
{ =} { \latexdruckdreikurz \varphi_1(P+v) + \varphi_2(P+v) }
{ =} { \latexdruckdreikurz \varphi_1(P) + \latexdruckeinskurz L_1(v) + \latexdruckeinskurz \Vert {v} \Vert \cdot r_1(v) + \latexdruckeinskurz \varphi_2(P) + \latexdruckeinskurz L_2(v) + \latexdruckeinskurz \Vert {v} \Vert \cdot r_2(v) }
{ =} { \latexdruckdreikurz (\varphi_1 + \varphi_2)(P) + (L_1 +L_2)(v)+ \Vert {v} \Vert (r_1(v) +r_2(v)) }
{ } { }
} {} {}{.} Wir erhalten also die gewünschte Gestalt, da auch
\mathl{r_1 + r_2}{} in $0$ stetig mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (r_1+r_2)(0) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. Der Beweis der zweiten Aussage ist ähnlich.

}





\inputfaktbeweis
{Differenzierbarkeit/K/Differenzierbar impliziert stetig/Fakt}
{Proposition}
{}
{

\faktsituation {Es seien \mathkor {} {V} {und} {W} {} \definitionsverweis {endlichdimensionale}{}{} ${\mathbb K}$-\definitionsverweis {Vektorräume}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Es sei \maabb {\varphi} {G} {W } {} eine in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {differenzierbare Abbildung}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $\varphi$ auch \definitionsverweis {stetig}{}{} im Punkt $P$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Nach Definition gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(P+v) }
{ = }{ \varphi(P)+L(v)+ \Vert {v} \Vert \cdot r(v) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} Die rechte Seite ist stetig \zusatzklammer {nach Definition ***** und Fakt *****} {} {} in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Damit ist $\varphi$ stetig in $P$.

}


Die Schönheit des totalen Differentials wird in der folgenden allgemeinen Version der Kettenregel deutlich.





\inputfaktbeweis
{Totale Differenzierbarkeit/K/Kettenregel/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es seien $V,\, W$ und $U$ \definitionsverweis {endlichdimensionale}{}{} ${\mathbb K}$-\definitionsverweis {Vektorräume}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D }
{ \subseteq }{W }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offene Mengen}{}{,} und \maabb {\varphi} {G} {W } {} und \maabb {\psi} {D} {U } {} \definitionsverweis {Abbildungen}{}{}}
\faktvoraussetzung {derart, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(G) }
{ \subseteq }{ D }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt. Es sei weiter angenommen, dass $\varphi$ in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und $\psi$ in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(P) }
{ \in }{ D }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {total differenzierbar}{}{} ist.}
\faktfolgerung {Dann ist \maabb {\psi \circ \varphi} {G} {U } {} in $P$ differenzierbar mit dem \definitionsverweis {totalen Differential}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left(D(\psi \circ \varphi)\right)_{P} }
{ =} { \left(D\psi\right)_{\varphi(P)} \circ \left(D\varphi\right)_{P} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir haben nach Voraussetzung \zusatzklammer {wobei wir
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ Q }
{ \defeq }{ \varphi(P) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} setzen} {} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(P+v) }
{ =} {\varphi(P)+L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \psi(Q+w) }
{ =} { \psi(Q)+M(w)+ \Vert {w} \Vert s(w) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit linearen Abbildungen \maabb {L} {V} {W } {} und \maabb {M} {W} {U } {,} und mit in $0$ stetigen Funktionen \maabb {r} { U { \left( 0,\delta \right) }} {W } {} und \maabb {s} {U { \left( 0,\delta' \right) }} {U } {,} die beide in $0$ den Wert $0$ annehmen. Damit gilt
\mavergleichskettealigndrucklinks
{\vergleichskettealigndrucklinks
{ (\psi \circ \varphi)(P+v) }
{ =} { \zeilemitteil { \psi(\varphi(P+v)) } {} }
{ =} { \zeilemitteil { \psi { \left( \varphi(P)+L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v) \right) } } {} }
{ =} { \zeilemitteil { \psi(\varphi(P))+M(L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v)) } {+ \Vert {L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v)} \Vert s(L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v))} }
{ =} { \zeilemitteil { \psi(\varphi(P))+M(L(v))+ M(\Vert {v} \Vert r(v)) } {+ \Vert {L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v)} \Vert s(L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v))} }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { \zeilemitteil { \psi(\varphi(P))+(M \circ L)(v)+ \Vert {v} \Vert M(r(v)) } {+ \Vert {\Vert {v} \Vert L { \left( \frac{v} { \Vert {v} \Vert } \right) } + \Vert {v} \Vert r(v)} \Vert s(L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v))} }
{ =} { \zeilemitteil { \psi(\varphi(P))+(M \circ L)(v) } {+ \Vert {v} \Vert { \left( M(r(v))+ \Vert {L { \left( \frac{v} { \Vert {v} \Vert } \right) } + r(v)} \Vert s(L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v)) \right) }} }
{ } { \zeilemitteil {} {} }
{ } { \zeilemitteil {} {} }
}{}{.} Dabei haben wir in der dritten Gleichung die lineare Approximation für
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ w }
{ =} { L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} eingesetzt. Die beiden letzten Gleichungen gelten nur für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Der Ausdruck
\mavergleichskettedisphandlinks
{\vergleichskettedisphandlinks
{ t(v) }
{ \defeq} { M(r(v)) + \Vert {L { \left( \frac{v} { \Vert {v} \Vert } \right) } + r(v)} \Vert s(L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v)) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist unser Kandidat für die Abweichungsfunktion. Der erste Summand
\mathl{M(r(v))}{} ist in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} stetig und hat dort auch den Wert $0$. Es genügt also den zweiten Summanden zu betrachten. Der $\Vert {-} \Vert$-Ausdruck ist in einer Umgebung der Null beschränkt, da $L$ auf der \definitionsverweis {kompakten}{}{} \definitionsverweis {Einheitssphäre}{}{} nach Fakt ***** beschränkt ist und da $r$ in $0$ stetig ist. Daher hängt die Stetigkeit nur von dem rechten Faktor ab. Aber
\mathl{L(v) + \Vert {v} \Vert r(v)}{} hat für
\mathl{v \rightarrow 0}{} den Grenzwert $0$. Damit ist auch
\mathl{s(L(v)+ \Vert {v} \Vert r(v))}{} in $0$ stetig und hat dort den Grenzwert $0$.

}