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Kurs:Welterbe, Kulturgüterschutz und Kommunikation (Sommeruniversität 2016)/Arbeiten/Tiergarten Schönbrunn: Tierschutz versus Denkmalschutz

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Kaiserpavillon im Tiergarten Schönbrunn

Der Tiergarten Schönbrunn wurde 1752 von dem damaligen Kaiser Kranz I. Stephan und seiner Frau Maria Theresia gegründet. Seit 1996 ist er zusammen mit dem Schloss Schönbrunn und den Gärten UNESCO-Weltkulturerbe und steht auch unter Denkmalschutz. Aufgrund der durchgehender Tierhaltung seit der Eröffnung, ist der Wiener Tiergarten der älteste noch bestehende Tiergarten der Welt. Im Laufe der Zeit gab es aber etliche Veränderungen und Erweiterungen im Tiergarten, sodass er heute ca. 17 ha mit über 8.900 Tieren umfasst.[1] Um solche Erweiterungen vorzunehmen zu können, müssen in Schönbrunn mehrere Faktoren berücksichtigt werden.[2]

Tiergartengesetz

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Seit Ende des Ersten Weltkrieges ist der Tiergarten im Besitz des Österreichischen Staates und dieser ist auch für den Erhalt zuständig. Der Nationalrat hat eigens dazu 1991 ein Bundesgesetz erlassen. Das Schönbrunner Tiergartengesetz diente zur Errichtung der Schönbrunner Tiergarten-Gesellschaft und beschreibt unteranderem die Rechtsform, Verwaltung und Aufgaben der Gesellschaft. Gegründet wurde das Unternehmen als Gesellschaft mit beschränkter Haftung und unterliegt dem Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten und dem Finanzministerium. Zusätzlich zur Verwaltung gibt es noch vier verpflichtende Beiräte einen tiergartenbiologischen, zoologischen, ökologischen Beirat und einen Förderungsbeirat. [3]

Aufgaben der Schönbrunner Tiergarten-Gesellschaft

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Neben der Pflicht das ganze Jahr in Betrieb zu sein und den Vertrag auszuführen gibt es weitere für den Tierpark spezifische Aufgaben:

  1. Die wichtigste Aufgabe besteht darin, die Tierhaltung und -pflege nach tiergärtnerischer Erkenntnisse auf dem neuesten Stand zu halten. Dabei darf der Natur- und Artenschutz nicht vergessen und auch auf die Vermehrung der Tiere muss geachtet werden.
  2. Weiterbildung und wissenschaftliche Forschung im Bereich der Tiergartenbiologie, Zoologie, Tiermedizin und Zoopädagogik.
  3. Der Tierpark soll das Interesse und Verständnis der Menschen für Tiere fördern und als Ort der Begegnung für alle zugänglich sein. Dabei muss auf die Auswahl der Tiere, den städtischen Erholungsraum und die Höhe der Eintrittspreise geachtet werden.
  4. Weiters ist auch der Aspekt der Zusammenarbeit mit andern Institutionen wichtig. Diese sollen aus dem nationalen und internationalen Raum kommen und ähnliche Ziele wie der Tiergarten in Wien haben.
  5. Weniger auf die Tiere bezogen, dafür aber auf das kulturelle Erbe, ist die Aufgabe der Erhaltung des Kulturdenkmals "Tiergarten Schönbrunn".[4]

Denkmalschutz

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Innenraum Affenhaus

Der Denkmalschutz wird durch das Bundesdenkmalamt durchgeführt und überwacht. Dieses hat mehrere Aufgaben, dazu zählen die Umsetzung der Verordnungen und Richtlinien für die Objekte, die unter Denkmalschutz stehen, eine wissenschaftliche Forschung, Denkmalpflege und Vermittlung der Wichtigkeit von Denkmalschutz und der geschützten Objekte. [5] Um eine Änderung an den Gebäuden eines denkmalgeschützten Objektes umzusetzen braucht es auf jeden Fall einen schriftlichen Antrag und die Zustimmung des Bundesdenkmalamtes. [6] Bei Änderungen eines Geheges im Tierpark muss aber auch auf die Art und Weise geachtet werden, wie gebaut wird. Die originale Bausubstanz darf nur so wenig wie möglich verändert werden und das gesamte Erscheinungsbild sollte so erhalten bleiben wie es ist. Wird das Gebäude für eine anderwärtige Nutzung umgebaut, so muss es ebenfalls unter den genannten Voraussetzungen geschehen. Ein Umbau oder eine Renovierung wird, wenn möglich immer mit Planer_innen, Handwerker_innen oder Restaurator_innen in Zusammenarbeit mit den Eigentümern und dem Bundesdenkmalamt umgesetzt. Erweiterungen, sowie Umbauten sollen auch so durchgeführt werden, dass sie jederzeit wieder in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden können. Weiters kann es bei Umbauten dazu kommen, dass auf neue Bau- und/oder Sicherheitsvorschriften Rücksicht genommen werden muss. Sollten diese zu große Änderungen herbeiführen, muss der Projektplan überarbeitet oder erneuert werden, um die Vorschriften zu erfüllen.[7]

Im Tiergarten Schönbrunn ist das Affenhaus ein Beispiel für den Umbau denkmalgeschützter Objekte. Tierpflege und Denkmalpflege gingen bei dem Umbau Hand in Hand, um für beide Seiten ein optimales Ergebnis zu erzielen. Das Affenhaus wurde in der zweiten Etage mit Informationen zu den Affen für die Besucher ausgestattet. Weiters gibt es dort ebenfalls Informationen zum Umbau und den historischen Entwicklungen des Affenhauses. Auch die ORANG.erie wurde unter Auflagen des Denkmalschutzes teilweise wiedererrichtet und renoviert.

Gehege

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Freianlage Elefanten

Da der Tiergarten unter Denkmalschutz steht, ist es meistens schwierig Änderungen vorzunehmen und wenn Änderungen oder Erneuerung gemacht werden wollen unterliegen sie unterschiedlichen Anforderungen. Dennoch ist es für den Schönbrunner Tiergarten wichtig die Gehege sowohl für die Tiere bestmöglich zu gestalten, als auch für die Besucher, so zugänglich wie mögliche zu errichten. [8] Seit Anfang des 20. Jahrhunderts werden, ausgehend von Hamburg, in Zoos immer häufiger sogenannte Freisichtanlagen errichtet. Carl Hagenbeck, deutscher Tierhändler und Begründer des Tierpark Hagenbeck in Hamburg, begann als erster den Tieren mehr Freiraum zu geben und die Gitter der Gehege zu entfernen. Bei dieser neuen Gestaltung dienen Gräben, Felsen oder Bäume als natürliche Abgrenzung zwischen den Gehegen und auch zu den Besuchern hin. Diese Art der Gehege sollen den Tieren auch einen möglichst natürlichen Lebensraum bieten und den Besucher ein Gefühl der Nähe geben. [9] Wie Heini Hediger schreibt soll es sich bei einem Zoo um einen Raum aus Garten- und Parklandschaften für Menschen und Tiere handeln, wo die Tiere in biotopgerechten Gehegen untergebracht sind.[10]

Am Beispiel der Elefantenfreianlage im Tiergarten Schönbrunn sind die Gräben und Steine als natürliche Abgrenzung sehr schön zu sehen.

Sanierung der Gehege

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Das Sanieren von historischen Gebäuden ist alleine schon eine Herausforderung. Noch schwieriger wird es aber wenn der Denkmalschutz und wie im Fall vom Tiergarten Schönbrunn auch noch Tiere mit im Spiel sind. Der Tiergarten hat seit seinem Bestehen einige Gehege renoviert und umgebaut.

  1. Ein gutes Beispiel ist die neue ORANG.erie. Im Jahr 2006 wurde mit den umbauarbeiten begonnen und nach zweieinhalb Jahren fertiggestellt. Während der umbauarbeiten hat man entdeckt, dass sich in den Mauern das älteste Palmenhaus der gesamten Anlage befindet. Der Bau wurde 1821 unter Kaiser Franz I. beendet und heute in mühsamer Arbeit wurde die Eisen-Glas-Konstruktion freigelegt und für die neue Nutzung saniert. Heute befinden sich in dem Gebäude die Orang-Utans des Tiergartens, die Bibliothek, ein Mehrzwecksaal und das Café Nonja, welches nach einem Orang-Utans benannt ist. In der Zeit ab 1920 beherbergte das Gebäude außerdem Filmateliere, Studios des ORF und auch die Wiener Filmakademie. Durch den Umbau erhielten die Orang-Utans ein neues, größeres Gehege, welches ihrer Größe und Bedürfnissen angepasst ist.[11][12]
  2. Auch das Affenhaus wurde unter größter Sorgfalt und in Zusammenarbeit mit dem Baudenkmalamt renoviert. Das Gebäude welches 1845 errichtet wurde, litt bei den umbauarbeiten 1906 schwer, so wurden die Gehege und vor allem der Sprungturm im Freien zum Leid der Tiere verkleinert. Allerdings wurde schnell klar, dass die Veränderungen zum Nachteil der Tiere geschehen waren und ab 1929 fanden immer wieder umbauten am Gebäude statt. Durch die neue ORANG.erie war im historischen Affenhaus mehr Platz vorhanden und die Tiergartenleitung, die Architekten und das Bundesdenkmalamt hatten mehr Möglichkeiten bei der Sanierung. Das Gebäude selber wurde in einen ursprünglicheren Zustand zurückgebaut. So wurden die Fenster teilweise wieder geöffnet und die Außengehege vergrößert und neu errichtet. Die Maßnahmen ermöglichen den Tieren einen besseren Lebensraum und den Menschen einen offeneren Zugang zu den Tieren.[13]
  3. Derzeit wird die historische Giraffenanlage renoviert und saniert.

Tierschutz

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Infotafeln zum Tierschutz der Großen Pandas

Der Tierschutz ist im Lauf der Zeit entstanden und hat sich immer mehr in Tiergärten durchgesetzt. Auch in Schönbrunn steht der Tierschutz schon seit Anfang 20. Jahrhundert auf dem Programm. Am Anfang dieser Entwicklung war es das Ziel, die Tiere zu verstehen und zu studieren bis hin zur Tierpflege, am Ende des 20. Jahrhunderts. Heute sind Tiergärten Teil von Arten- und Naturschutzzentren, wo es nicht nur darum geht die Tierwelt den Menschen näher zu bringen. Die zentralen Aufgaben dafür sind, bedrohten Tierarten einen Platz zu bieten, sie zu erhalten, für ein Leben in der freien Wildbahn vorzubereiten oder Wiederanzusiedeln. Wiederansiedlung bedeutet in diesem Zusammenhang,

die Überlebenschancen einer Art auf lange Sicht verbessern, eine für ein Ökosystem im ökologischen oder kulturellen Sinn wichtige Art wiederbringen, natürliche Biodiversität erhalten oder wiederherstellen, finanziellen Nutzen für die lokale und/oder nationale Wirtschaft bieten, Umweltbewusstsein fördern oder eine Kombination einzelner beziehungsweise aller Punkte.[14]

Der Tiergarten Schönbrunn beschäftigt sich sehr intensiv mit der Wiederansiedelung und ist Mitglied in diversen Verbänden, Zoologischen Instituten und Wiederansiedelungsprogrammen. Erfolgreiche Wiederansiedelungen unter Beteiligung des Tiergarten Schönbrunns sind jene des Alpensteinbocks, des Bartgeiers oder des Waldrapps. Wichtig ist auch, dass im Tiergarten selber über die Projekte informiert wird, um den Menschen zu zeigen welche Tierarten betroffen sind und was dagegen unternommen wird. Dazu gibt es einige Kooperationen mit Tierschutzorganisationen. [15]

Zusammenfassung

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Dem Tiergarten Schönbrunn liegt sehr viel an dem wohl des Tieres und daher wird ständig versucht die Gehege so zu gestalten, dass sie dem natürlichen Lebensraum möglichst nahekommen. Diese Aufgabe ist unter den Bedingungen des Denkmalschutzes oft schwer umzusetzen und zu erfüllen. Daher werden die Gehege in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt, den Tierpfleger_innen und dem Tiergarten geplant und verändert. Weiters ist es dem Tiergarten Schönbrunn wichtig sich im Tierschutz zu engagieren und Kooperationen mit größeren Tierschutzorganisationen zu fördern.

Literatur

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  • Walter Friedler: Tiergarten Schönbrunn: Geschichte und Aufgaben. Verband der wissenschaftlichen Gesellschaften Österreich, Wien 1976.
  • Gerhard Heindl: Start in die Moderne. Die Kaiserliche Menagerie unter Alois Kraus. Braumüller, Wien 2006, ISBN 978-3-7003-1540-7.
  • Heini Hediger: Zoologische Gärten. Gestern-Heute-Morgen. Hallwag Verlag, Bern und Stuttgart 1977, ISBN 3-444-10229-1.
  • Gerhard Kunze: Tiergarten Schönbrunn: Von der Menagerie des Kaisers zu Helmut Pechlaners Zoo der glücklichen Tiere. LW Werbe- u. Verlagsgesellschaft m.b.H., St. Pölten Wien 2000, ISBN 3-9501179-0-3.
  • Dagmar Schratter / Gerhard Heindl: Tiere Unterwegs. Historisches und Aktuelles über Tiererwerb und Tiertransport. Braumüller, Wien 2007, ISBN 978-3-7003-1575-9.
  • Dagmar Schratter / Oliver Lehmann: Tiergarten Schönbrunn. Mythos und Wahrheiten. Christian Brandstätter Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-85033-505-8
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Einzelnachweise

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  1. "Tiergarten Schönbrunn" – Über uns. Online unter: https://www.zoovienna.at/ueber-uns/tiergarten-schonbrunn/, abgerufen am 15.01.2017
  2. Dagmar Schratter / Oliver Lehmann: Tiergarten Schönbrunn. Mythos und Wahrheiten. Christian Brandstätter Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-85033-505-8, S. 23-47.
  3. "Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich – Nr.420/199. Bundesgesetz über die Errichtung einer Schönbrunner Tiergarten-Gesellschaft m.b.H., abgerufen am 15. Jänner 2017.
  4. "Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich – Nr.420/199. Bundesgesetz über die Errichtung einer Schönbrunner Tiergarten-Gesellschaft m.b.H., abgerufen am 15. Jänner 2017.
  5. Bundesdenkmalamt: Statut des Bundesdenkmalamtes. BDA-Statut 2011. Online unter: http://www.bda.at/documents/717654724.pdf, abgerufen am 15.01.2017
  6. http://www.bda.at/documents/466820996.pdf, Gesamte Rechtsvorschrift für Denkmalschutzgesetz, Fassung vom 06.02.2014, abgerufen am 15. Jänner 2017.
  7. http://www.bda.at/documents/890637022.pdf, Standards der Baudenkmalpflege, abgerufen am 15. Jänner 2017.
  8. Dagmar Schratter / Oliver Lehmann: Tiergarten Schönbrunn. Mythos und Wahrheiten. Christian Brandstätter Verlag, Wien 2012, ISBN 978-3-85033-505-8, S. 70.
  9. Walter Friedler: Tiergarten Schönbrunn: Geschichte und Aufgaben. Verband der wissenschaftlichen Gesellschaften Österreich, Wien 1976, S. 82-84.
  10. Heini Hediger: Zoologische Gärten. Gestern-Heute-Morgen. Hallwag Verlag, Bern und Stuttgart 1977, ISBN 3-444-10229-1
  11. Burghauptmannschaft Österreich: Tiergarten ORANG.erie. Das Haus für Menschen und Menschenaffen Generalsanierung Altes Palmenhaus
  12. http://derstandard.at/1833136/Altes-Palmenhaus-wird-Teil-des-Tiergartens
  13. Bundesdenkmalamt: Das Affenhaus. Im Tiergarten Schönbrunn
  14. Regina Pfistermüller: Vom Zoo in die freie Wildbahn – Wiederansiedelungsprojekte als Aufgabe zeitgemäßer Tiergärten. Braumüller, Wien 2007, ISBN 978-3-7003-1575-9. S. 159.
  15. Dagmar Schratter / Gerhard Heindl: Tiere Unterwegs. Historisches und Aktuelles über Tiererwerb und Tiertransport. Braumüller, Wien 2007, ISBN 978-3-7003-1575-9. S. 157-183.