Benutzer:Sariisabella
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Online-Präsentation: http://prezi.com/dd_cz4p3rzvf/seminararbeit/
Einleitung
[Bearbeiten]Projektarbeit von Sarah Diehl und Henriette Naumann
Nach einem ein- bzw. zweijährigen Aufenthalt im großartigen Land Australien, hatten wir nach der Rückkehr nach Deutschland einige Schwierigkeiten, die sich vor allem auf die eigene Identität bezogen. Wir wurden in Australien mit offenen Armen empfangen. Die ganze Zeit hindurch empfanden wir Akzeptanz, Fremdenfreundlichkeit, Hilfsbereitschaft und eine unfassbare Wärme, die einem entgegengebracht wurde. Natürlich spielte auch die Größe des Landes, die unendlichen Weiten, die Vielfalt und das Gefühl der Freiheit eine entscheidende Rolle. Alles in allem herrschte eine lockere Mentalität einer multikulturellen Gesellschaft. Der erste Kulturschock wirkte sich also positiv auf uns aus. Nach der Rückkehr in die BRD und dem damit verbundenen Reentry-Schock (Zweite Kulturschock) fingen wir an, an unserer Identität zu zweifeln und mit der Kultur unseres Landes zu hadern. Im Rahmen unserer Projektarbeit wollen wir herausfinden, ob es anderen Abenteurern ähnlich ergangen ist. Des Weiteren wollen wir uns mit den verschiedenen Arten, sich in eine neue Kultur einzugliedern, auseinandersetzen und dabei feststellen, ob die eigene Identität dadurch beeinflusst wird. Somit stellen wir folgende Hypothese auf:
Hypothese
[Bearbeiten]Die deutsche Identität wird nach einem längeren Zeitraum in Australien in Frage gestellt und führt zu Zweifeln an sich selbst und seinem Weltbild.
"Die Geschichte"
[Bearbeiten]Man erreicht in seinem Leben hin und wieder Punkte, an denen man sich fragt, was die Zukunft bringt. Möglicherweise weiß man in solchen Situationen nicht genau, was man als nächstes tun soll oder nicht tun soll und entscheidet sich vielleicht für einen längeren Auslandsaufenthalt. Häufig passiert dies bei gewissen Lebensabschnitten, wie beispielsweise nach Bestehen des Abiturs oder des Studiums. Sehr viele junge Menschen in Deutschland, sowie auch in vielen anderen Ländern, entscheiden sich für eine Reise nach Australien für ein Jahr work & travel. So haben wir es auch getan. Es reizt das weit entfernte, fremde Land durch Bilder von endlosen Stränden, Sonne, unendlicher Weite und Tieren, die man in Deutschland meist nicht einmal im Zoo bewundern kann. Man entscheidet sich dann, ob man auf eigene Faust ein Flugticket kauft und "einfach" hinfliegt oder ob man sich an eine Organisation wendet, die einen in vielen organisatorischen Bereichen unterstützt. Eine solche Organisation kostet natürlich sehr viel Geld, welches man als junger Reisender in der Regel nicht zur Verfügung hat, da der Flug allein schon sehr teuer ist. Man kauft sich also ein Ticket und fliegt ins Ungewisse. Dort angekommen, erwarten einen einige bürokratische Angelegenheiten, vor denen man sich fürchtet, da jeder weiß, dass Bürokratie (vor allem in Deutschland) kein Spaß ist. Kommt man jedoch in eine Bank, um sein eigenes australisches Konto zu eröffnen, so stellt man fest, dass einem problemlos geholfen wird und man durchaus freundlich behandelt und empfangen wird. Dies nimmt einem die Angst vor weiteren Schritten. Alle weiteren Tätigkeiten dieser Art laufen dann in der Regel ebenfalls sehr reibungslos ab und man trifft massenweise nette, zuvorkommende Menschen und weiß, dass man sich für den richtigen Schritt entschieden hat. Natürlich plagt einen hin und wieder Heimweh; den einen mehr, den anderen weniger; doch dieses Heimweh beschränkt sich auf Familie und Freunde. Da es so viel Neues zu sehen gibt und man herzlichst aufgenommen wird, entsteht innerlich eine solche Euphorie, dass man die Phase des Kulturschocks als sehr positiv empfindet oder gar komplett übergeht.
In der Zeit eines solchen Aufenthalts erlebt man die verschiedensten Facetten eines Lebensraumes. Man reist quer durch das Land, entweder auf der Suche nach Arbeit oder weil man nach eigenem Ermessen genug Zeit an einem bestimmten Ort verbracht hat. Ständig lernt man neue Menschen kennen und erlebt, was multikulturell eigentlich bedeutet. Permanent treffen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen aufeinander, welche sich untereinander und mit der australischen Kultur vermischen. In dieser Zeit eines noch relativ jungen Lebens bekommt man Möglichkeiten geboten, die man in Deutschland beispielsweise nicht geboten bekommen hätte. Dies beinhaltet die verschiedensten Arten von Arbeit, sowie das viele Reisen und das Erlernen, Dinge so zu nehmen, wie sie sind. Bekommt man ein Angebot hinsichtlich eines Jobs, so nimmt man dieses gerne an und entdeckt dadurch ganz neue Seiten an sich selbst. Man kommt an seine Grenzen und stellt möglicherweise fest, dass man diese zuvor nie ausgetestet hat. Dies weckt umso mehr die Reiselust und die Lust am Leben.
Fühlt man sich "angekommen", so definiert man für sich selbst die Entscheidung, diesen Schritt ins Ausland gewagt zu haben, als richtig. Schnell fallen einem andere Verhaltensmuster an sich selbst auf und man merkt, wie man mit der Zeit eine Anpassung oder Akkulturation durchlaufen hat. Der eine hat sich eventuell mehr angepasst, der andere weniger; jedoch ist festzuhalten, dass man von seiner neuen Umgebung beeindruckt und insgesamt glücklich ist, wenn man für längere Zeit vor Ort bleibt. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man entscheiden muss, ob man seinen Aufenthalt möglicherweise verlängern möchte - dies ist durch Arbeit in speziellen Gebieten möglich - und man wird sich darüber klar, was dies eigentlich bedeutet. Es bedeutet, dass man sich so sehr in die neue Umgebung beziehungsweise in das neue Land und Leben hineingelebt hat, dass man entschieden hat, ein weiteres Jahr seines Lebens dort zu verbringen. Damit wird schnell klar, dass der Aufenthalt keinesfalls mehr als "kurzes Abenteuer" gilt. Es bleibt ein Abenteuer, aber es wird ganz deutlich zu einem wichtigen und großen Teil des Lebens. Ein beziehungsweise zwei Jahre sind doch eine lange Zeit und für den ein oder anderen reicht diese Zeit nicht einmal aus. Es kommt der Tag, an dem man sich verabschieden muss, um in seine "Heimat" zurückzugehen. Diesem Schritt steht man mit gemischten Gefühlen gegenüber, da man im neuen Land ja quasi auch ein "Zuhause" gefunden hat. Zwar reist man dort möglicherweise ständig herum, jedoch bleibt man während dieser Zeit trotzdem in ein und demselben Land. Es fällt schwer, dieses Land und dessen Leute inklusive aller gesammelten Eindrücke und Freunde hinter sich zu lassen.
Bei der Einreise ins Heimatland kann es durchaus zu Problemen kommen. Man kann zum Beispiel einen Reentry-Schock erleben. Durch die Anpassung und die Adaption in der neuen Umgebung während des Aufenthaltes kann es passieren, dass man Schwierigkeiten bekommt, sich wieder in alte Gewohnheiten hineinzufinden. Bis man dies wieder schafft, dauert es seine Zeit. Entweder kehrt man zu alten Gewohnheiten zurück und passt sich wieder an oder man verspürt auch längere Zeit nach der Rückkehr noch das Gefühl, nicht am richtigen Ort zu sein beziehungsweise immer noch das Bedürfnis, wieder ins Ausland zu gehen.
In den folgenden Kapiteln gilt es nun, zu definieren, was die Gründe für eine solche innere Zerrissenheit sind. Des Weiteren möchten wir herausfinden, inwiefern sich Menschen tatsächlich der neuen Umgebung angepasst haben und Schwierigkeiten bei der Rückkehr oder gar einen Reentry-Schock erlebt hatten.
Australien - das Land
[Bearbeiten]Daten und Fakten
[Bearbeiten]Australien ist wohl eins der faszinierendsten Länder der Welt. Es ist vor allem bekannt für seine Natur und die lockere Art der Einwohner, doch wahrscheinlich haben sich bislang die wenigsten intensiver damit beschäftigt. Wir wollen mit unserer Arbeit nun einen tieferen Einblick in die australische Kultur gewähren und versuchen, näherzubringen, weshalb uns dieses Land und seine Leute so faszinieren. Angefangen bei Flora und Fauna, hat Australien einiges zu bieten. Man findet dort so ziemlich alles - von kilometerlangen Stränden und dem größten Korallenriff der Welt über Regenwald und Wüste bis hin zum Skigebiet. Australien ist umgeben von drei Ozeanen und verfügt über eine Gesamtfläche von 7,69 Millionen Quadratkilometern und ist somit die größte Insel, jedoch der kleinste Kontinent der Welt. Von Norden nach Süden erstreckt es sich über ca. 3700 und von Osten nach Westen über ca. 4000 Kilometer. Im Vergleich zu allen anderen Kontinenten wird Australien als einzelner Staat verwaltet, was es besonders macht.
Geschichte des Landes
[Bearbeiten]Die Ureinwohner Australiens, die Aborigines und Torres-Strait-Islanders, leben seit mehr als 50.000 Jahren auf dem Kontinent. Ab Ende des 18. Jahrhunderts waren sie allerdings fortan nicht mehr alleine dort. Zu der Zeit hatte Großbritannien starke innenpolitische Probleme, die durch die industrielle Revolution hervorgerufen wurden. Großbritannien hatte zu strenge Auflagen gegen Diebstahl auferlegt, die eine mehrjährige Haftstrafe mit sich brachten. Insofern hatte die europäische Macht zu viele Sträflinge, jedoch zu wenig Platz in ihren Gefängnissen. Nachdem Amerika 1776 seine Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet hatte und die Vereinigten Staaten gegründet hatte, war es den Briten nicht mehr möglich, ihre Sträflinge dorthin umzusiedeln. Es bot sich also die Gelegenheit, die Sträflinge in das von James Cook 1770 entdeckte "Terra Australis" abzuschieben. Die erste Flotte wurde 1787 losgeschickt und kam am 26. Januar 1788 am Hafen von Sydney an. Nachdem weitere Siedlungen an Küsten im Osten und auch Westen entstanden, unter anderem für Walfangstationen und Militärposten, begann Anfang des 19. Jahrhunderts der Verkauf von Grundstücken an freie Siedler. Bis zum Jahr 1868, dem Ende der Strafgefangenentransporte, kamen 160.000 Männer und Frauen als Sträflinge nach Australien. Ab 1790 kamen freie Siedler hinzu und das Land war fortan ein beliebtes Auswanderer-Ziel aufgrund des Arbeitskräftemangels und der guten Chancen, in der Landwirtschaft Fuß zu fassen. Für die Ureinwohner brachte dies nachteilig den Verlust ihres heiligen Landes, da die neuen Siedler immer tiefer ins Land eindrungen. Nachdem New South Wales lange Zeit die einzige Kolonie auf dem Land war, entwickelten sich in der Zeitspanne von 1825 bis 1859 fünf weitere, und die kontinentweite Besiedlung begann.
Am 01.01.1901 gründeten die bis dahin unabhängigen Kolonien das „Federal Commonwealth of Australia“. Melbourne war die erste Hauptstadt des Landes, wurde 1913 aber von Canberra abgelöst. 1986 wurde der „Australia Act“ unterzeichnet, welcher besagt, dass Großbritannien nun auch die letzte Verfügungsgewalt über Australien abgibt.
Heutzutage ist Australien extrem multikulturell geprägt, denn die deutliche Mehrheit der Einwohner hat Migrationshintergrund. Leider geht die Zahl der Ureinwohner stark zurück und ihre Sprachen sterben aus. Umso gemischter sieht die heutige Bevölkerung aus, da Australien sehr attraktiv für Auswanderer ist und außerdem sehr viele Flüchtlinge aufgenommen hat. Rund 80% der Menschen leben an den Küsten in Ballungszentren rund um Sydney, Melbourne, Adelaide, Brisbane oder Perth. Im Inneren des Landes findet man vor allem Farmen und vereinzelt kleinere Städte, jedoch ist der Großteil des australischen Busches beziehungsweise Inlandes unbewohnt.
Allgemein
[Bearbeiten]Australien hat einen hohen Beliebtheitsgrad für Auswanderer, da der Arbeitsmarkt recht vielversprechend aussieht. Ein sehr großer Teil der australischen Einwohner verdient seinen Lebensunterhalt mit der Landwirtschaft oder der Kohleindustrie. Ein guter Grund für Europäer, dorthin auszuwandern, könnte sein, dass man in diesem Land für ehrliche und schwere Arbeit gerecht entlohnt wird. Ein wichtiger Grund für Australiens Multikulturalität sind die vielen Backpacker, die jedes Jahr das Land aufsuchen, um dort einige Zeit zu verbringen. Backpacker finden vor allem Beschäftigung in der Landwirtschaft, was erstens wichtig für die Farmbesitzer ist und zweitens den Backpackern die Möglichkeit bietet, ihr Visum um ein weiteres Jahr zu verlängern. So profitieren beide Seiten davon.
Ein weiterer, wichtiger wirtschaftlicher Faktor des Landes ist der Tourismus. Neben dem internationalen Tourismus ist auch besonders der nationale und der "Nachbar-Tourismus" durch Neuseeland sehr lebendig. Australier zeigen viel Interesse, Hilfsbereitschaft und Offenheit gegenüber fremden Menschen, was auf ihre lockere Mentalität zurückzuführen ist. Dies ist wohl ein wichtiges Plus für die Beliebtheits-Skala des Landes und seiner Leute. Die Menschen aus Down Under sind es durchaus gewohnt, dass ihr Land (aufgrund des Wetters rund ums Jahr) sehr viel bereist wird. Es ist fast unmöglich, isoliert und verschlossen zu leben, da über 80 Prozent der Menschen ohnehin in Ballungszentren an den Küsten verteilt leben. In diesen Zentren pulsiert das Leben und die Städte sind bunt gemischt. Die Menschen sind nichts anderes außer "Multikulti" gewohnt. Doch selbst wenn man in ruhigere, weiter von der Küste entfernte Gegenden kommt, wird man in der Regel stets positiv aufgenommen. Das in der Farmindustrie weit verbreitete sogenannte WWOOFing (willing workers on organic farms) ist ein weiteres Indiz für die Offenheit und das Vertrauen der Australier. Dieses Projekt bedeutet, dass Backpacker auf Farmen arbeiten, anstelle von Gehalt aber mit Essen und Unterkunft entlohnt werden. Dies setzt ein beidseitiges Vertrauen voraus, da die Farmer die Backpacker in ihren Häusern aufnehmen und ihr Privat- bzw. Familienleben mit ihnen teilen.
Australien steckt voller Nationalstolz. Überall findet man Fahnen beziehungsweise Flaggen, ohne dass dies überheblich wirkt. Es zeigt eher, dass die Menschen ihr Land wirklich lieben und gerne dort leben. Am 26. Januar eines jeden Jahres findet der Australia Day statt. Dies ist ein nationaler Feiertag, an dem Großes veranstaltet wird. Er soll an die damalige Einreise der ersten Sträflinge am 26. Januar 1788 im Hafen von Sydney erinnern. An diesem Tag spielen alle Menschen verrückt und feiern. Im Hafen Sydneys spielen Bands und tausende von Menschen strömen an den Hafen, um gemeinsam zu zelebrieren. An solch einem Tag merkt man, wie glücklich die Menschen dort sind. Überall werden Flaggen gehisst und selbst die Einheimischen tragen T-Shirts mit "I LOVE AUSTRALIA"-Aufdruck. In solch einem Moment kommt die Frage auf, ob man so etwas in Deutschland auch sehen würde, außer bei einer Fußball-Weltmeisterschaft. Ein vergleichbarer Feiertag wäre der 03. Oktober. In Deutschland könnte es problematisch werden, überall Flaggen zu hissen und "Ich liebe Deutschland"-T-Shirts zu tragen, ohne dabei als nationalistisch abgestempelt zu werden. Es ist ein schmaler Grad zwischen nationalistisch und patriotisch. Aufgrund von Deutschlands Vorgeschichte kann patriotisch in Deutschland schnell mit nationalistisch vertauscht werden. In Australien wiederum macht sich darüber niemand ernsthafte Gedanken und jeder zeigt einfach nur, dass er sein Land liebt - ohne dabei in irgendeiner Art ausländerfeindlich zu wirken.
Das Land in Bildern
[Bearbeiten]https://www.facebook.com/SeeAustralia/photos_stream
Prozesse und Entwicklungen während des Aufenthalts
[Bearbeiten]Natürlich verändern sich Menschen im Laufe der Zeit in bestimmte Richtungen, jedoch kann diese Veränderung durch einen längerfristigen Auslandsaufenthalt beschleunigt oder verstärkt werden. Die während des Aufenthaltes entstehende Veränderung ist geprägt durch neue Eindrücke, andere Gewohnheiten und verschiedene Arten kultureller Fremdheit. Man durchläuft dabei verschiedene Prozesse, die im Folgenden erklärt werden sollen.
Anpassung
[Bearbeiten]Von Beginn an befindet man sich in einer fremden Kultur, in einem anderen Land, bei einem großartigen Abenteuer und ist somit vielen neuen Eindrücken ausgesetzt, die in keinster Weise mit den Denkmustern, Einstellungen, Normen und Erfahrungen (in kulturabhängiger Art und Weise) des Reisenden übereinstimmen (im Einzelnen sind hier aber etwaige Übereinstimmungen nicht ausgeschlossen). In der neuen Umgebung hat man das Gefühl, alles was man macht sei falsch und unangemessen; man fühlt sich unverstanden und alles erscheint einem merkwürdig, wodurch ein Unsicherheitsgefühl entsteht, bei dem man fast den Boden unter den Füßen verliert. Viele Gedanken wirbeln im Kopf herum: „Was bedeutet dieses und jenes Verhalten der Bewohner im fremden Land?“, „Welche Tabus gibt es?“, „Wie fassen sie meine Gesten auf?“, „Wie wird auf meine Werte und Normen reagiert und werden diese akzeptiert und kann ich die der neuen Umgebung akzeptieren?“, "Bin ich richtig gekleidet?“, „Wie verhalte ich mich in welcher Situation kulturabhängig richtig?“ usw. Nach der Ankunft, den ersten Tagen im fremden Land und den ersten vielen bunten neuen Eindrücken, kann ein Gefühl der Hilflosigkeit auftreten, bei dem einem alles zu viel wird. Es kann der Eindrück für Außenstehende auftreten, dass man am liebsten allein sein möchte. „Verwirrungen dieser Art führen manchmal zu Resignation, in der Regel jedoch zu neuen Anstrengungen, das Unbekannte zu bewältigen mit dem Ziel, durch Lernen und Neuorientierung die innere Sicherheit zurückzugewinnen." (Maletzke 1996: 160) Der Prozess der Anpassung zieht sich mehr oder weniger über den gesamten Aufenthalt im Ausland hin und bedeutet hier im Folgenden „wertneutral durch Veränderung bei sich selbst mit einer neuen Umgebung zurechtzukommen, das gestörte Gleichgewicht zwischen Person und Umwelt wieder herzustellen. Interkulturelle Anpassung ist somit zu verstehen als ein Lernprozeß zur Bewältigung von Problemen, die sich aus der Begegnung mit einer fremden Kultur ergeben." (Maletzke 1996: 160) Es ist natürlich schwierig, solche Anpassungsprozesse über einen Kamm zu scheren und für jeden Einzelnen gültig zu machen, denn jeder Einzelne empfindet neue Eindrücke, fremde Länder, Menschen und Kulturen unterschiedlich zu anderen. Betrachtet auf einer gewissen Ebene ist es aber möglich, durch Erfahrungen und empirische Untersuchungen gleichartig verlaufende Anpassungsprozesse festzustellen, unabhängig von Kultur und Umgebung.
Nach Taft (Brislin 1981: 305) sind vier Grundaspekte zu erkennen:
- Der Besucher fügt sich als Persönlichkeit in die fremden kulturellen Bedingungen ein
- Beim Akzeptieren neuer Bezugsgruppen identifiziert er sich in hohem Maße mit der Gastkultur; subjektiv stellt sich das Gefühl ein, dieser Kultur nicht mehr als Fremder gegenüberzustehen, sondern ihr persönlich verbunden zu sein
- Der Besucher erwirbt eine "kulturelle Kompetenz", die sowohl Sprachenkenntnisse umfasst als auch die Fähigkeit, sich - im Sinne der Gastkultur - "richtig" zu verhalten
- Durch "Rollenakkulturation" kommt eine Konvergenz zustande zwischen den Attitüden und Wertorientierungen, die der Besucher aus seiner Kultur mitgebracht hat, und denen der Gastkultur
Der Anpassungsprozess ist ein Prozess, der nützlich, positiv und durchaus zweckdienlich zu bewerten ist, allerdings kann es in einzelnen Fällen auch zu einer Überanpassung kommen, in der sich der Besucher in Kleidung, Ausdrucksweise, Sprache und Leben komplett der neuen Kultur anpasst und dies von den Einwohnern als unangemessen betrachtet wird und Ausgrenzung die Konsequenz dafür ist.
Kulturschock
[Bearbeiten]Die Anfangszeit in einem fremden Land kann sehr belastend auf den Besucher wirken. Das Einströmen der vielen neuen Eindrücke, die auf den Reisenden zukommen, Eindrücke, die nicht mit den bisher für selbstverständlich gehaltentenen Denkweisen, Verhaltensmustern und Wertorientierungen übereinstimmen und zu Verwirrungen führen können, kann zur Folge haben, dass man durchaus nicht im Stande ist, „das Neue einzuordnen und zu verarbeiten“ (Maletzke 1996: 166). Auch die sozialen Verhältnisse und die gegebenen Umstände im Gastland können deprimierend auf den Besucher einwirken. Die Folgen können unter dem Begriff Kulturschock zusammengefasst werden. Der Begriff Kulturschock wurde vom amerikanischen Anthropologen Oberg 1958 geprägt. Charakteristisch sind folgende Merkmale (Bochner 1983: 168):
- angestrengtes Bemühen, die neuen Eindrücke zu verarbeiten
- Angst vor der fremden Kultur
- das Gefühl, isoliert und verlassen dem Unbekannten hilflos ausgeliefert zu sein
- Unsicherheit in der eigenen Identität und in den eigenen Rollenvorstellungen
- die Meinung, von den Einheimischen nicht akzeptiert zu werden
Zahlreiche Symptome weisen auf einen Kulturschock hin:
- allzu große Vorsicht und Besorgnis beim Essen und Trinken
- übertriebenes Sauberkeitsbedürfnis
- Überempfindlichkeit bei leichten Krankheiten und unbedeutenden Schmerzen
- ständige Überzeugung, übervorteilt und betrogen zu werden
- Gefühl der Hoffnungslosigkeit
- Abneigung gegenüber dem Erlernen der Gastsprache
- Rückzug auf Kontakte nur noch mit eigenen Landsleuten
- uvm.
Der Kulturschock kann eine hochgradige Belastung auf den Besucher haben. Manche Reisenden resignieren und kehren schnellstmöglich in ihre Heimat zurück, andere überstehen die Anfangszeit Zweifels ohne und kehren bereichert und gestärkt aus dem ersten Tief heraus und stürzen sich begeistert in ihr weiteres Abenteuer oder übergehen die Durchgangsphase "Kulturschock" vollkommen. Sogesehen kann man die Phase des Kulturschocks als eine positive Bereicherung darstellen, dennoch "ist das Phänomen "Kulturschock" nur schwer begrifflich und deskriptiv zu fassen. [...] So bleiben viele Fragen offen wie etwa diese: Welche Menschen erleben einen Kulturschock und welche nicht? Und Warum? Wie lange dauert ein Kulturschock? [...]" (Maletzke 1996: 166f) Diese Fragen finden im Rahmen unserer Arbeit zunächst keine Beachtung, man sollte sich aber darüber bewusst sein, dass sie noch offen sind. Hierüber kann man gar ein neues Projekt beginnen, in welchem man sich ausschließlich mit Fragen dieser Art befasst.
Reentry-Schock (Rückanpassung)
[Bearbeiten]Aufgrund vielfacher Erfahrungen weiß man heute, dass die Heimkehr nach einem längeren Auslandsaufenthalt nicht immer ohne Probleme verläuft. Eigentlich erwartet man keine Schwierigkeiten, denn es geht zurück in die Heimat, zurück zur eigenen Kultur. Solche Schwierigkeiten treten allerdings unerwartet auf und werden durch den Prozess der "Rückanpassung" bewältigt und verarbeitet. Ursachen dieser Schwierigkeiten können sein:
- gewisse Entfremdung, psychische Distanz zu "zurückgelassenen" Freunden und der Familie
- Unverständnis und Kommunikationsbarrieren nach der Rückkehr
- Veränderungen in der Heimat, die zu Verwirrungen führen und oft überraschend auftreten
Der Prozess der Rückanpassung beginnt meist einige Zeit vor der Heimreise. Es entsteht eine Aufbruchsstimmung, eine Abschiedsstimmung, ein Gefühl der Leere oder die Gedanken wandern bereits in die Zukunft zurück nach Hause. Die Gedanken sind jedenfalls nicht mehr "vor Ort". Doch zu einem sogenannten Reentry-Schock kommt es meist erst nach der Rückkehr. Dann erst werden die Entfremdungen richtig bewusst. Durch mangelndes Interesse der alten Freunde und Bekannten am eigens Erlebten, kann es zu Depressionen und Enttäuschungen kommen. Neu-Orientierungen in Beruf und Lebensraumgestaltung müssen bewältigt werden, Beziehungen zwischen alten Bekannten und neuen Freunden müssen gepflegt, aufgebaut und erneuert werden. Die Umstellung von Essgewohnheiten, Lebensstil, Wohnweise, aber auch die Veränderung des sozialen Status und des Prestige kann mühsam, schwer und manchmal schmerzlich sein. Einige Rückkehrer schaffen die Bewältigung der Rückanpassung nicht von sich aus; hier kann auf Beratungsstellen oder therapeutische Behandlung zurückgegriffen werden.
Akkulturation
[Bearbeiten]Akkulturation ist die Anpassung der kulturellen Identität. Genauer gesagt, versteht man unter Akkulturation das Hineinwachsen eines Individuums in eine neue soziale und kulturelle Umwelt. Das Individuum hat allerdings bereits einen Teil seines Enkultuationsprozesses erfahren. Dieser Prozess vollzieht sich unter sozialem Zwang oder mit einem hohen Maß an Freiheitsgraden. Anders gesagt, kann dieser Prozess erzwungen oder freiwillig ablaufen. Er kann als Belastung oder Bereicherung erlebt werden und sich entweder erfolglos (Marginalität) oder erfolgreich (Integration) vollziehen. "Freiwillige Akkulturation bedeutet eine kulturelle Angleichung an die fremde Gesellschaft. Dies kann im Sinne einer Assimilation zur Aufgabe der eigenen kulturellen Identität führen oder zu erfolgreicher Integration im Sinne der Beibehaltung eigener kultureller Eigenschaften. Wenn Menschen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen aufeinander treffen, findet die Akkulturation meist bei allen Beteiligten statt. Sie ist ein Anpassungsprozess, der einsetzt, wenn bereits eine erste kulturelle Identität angeeignet wurde" (= Enkulturation). (IIKD)
Akkulturation gilt als erfolgreich, wenn:
- eine ethnische Loyalität herrscht
- ein erfolgreicher Sprachgebrauch vorliegt
- die Mediennutzung kulturelle Einflüsse auf Beziehungen hat
- sich die Sprachkompetenz steigert
- eine soziokulturelle Adaption der Alltagsroutine erfolgt
- die Werteorientierung an der neuen Kultur erfolgt
Die Verlaufskurve des Akkulturationsprozesses
[Bearbeiten]nach Grove, C.L./Torbiörn, I. (1985):
-
Akkulturationskurve
Modell des Akkulturatsprozesses
[Bearbeiten]in Anlehnung an Ward (1996, S. 129)
-
Akkulturationsmodell
Veränderungstypen kultureller Identität
[Bearbeiten]nach Bochner, 1982
-
Veränderungstypen
Arten der Akkulturation im Kulturkontakt
[Bearbeiten]nach Berry, J.W. (1990). Psychology of acculturation. Understanding individuals moving between cultures. In R.W. Brislin (Ed.), Applied cross-cultural psychology [pp.232-253]. Newbury Park: Sage)
Erhalt der eigenen Kultur | |||
---|---|---|---|
ja | nein | ||
Herstellen positiver interkultureller Beziehungen | ja | Integration | Assimilation |
nein | Separation | Marginalität |
Reaktionsformen auf kulturelle Überschneidungssituationen
[Bearbeiten]"Eine kulturelle Überschneidungssituation wird wahrgenommen, als Möglichkeit antizipiert oder bereits als real gegeben erlebt"
Abgrenzung
[Bearbeiten]Unterschiede zwischen der eigenen und der fremden Kultur werden sehr deutlich erlebt. Es herrscht ein grundsätzliches Interesse, die Unterschiede der Kulturen zu betonen. Der Wert der eigenen Kultur wird hervorgehoben, um damit die eigene Persönlichkeit zu verstärken oder zu verdeutlichen. Es wird eine räumliche und soziale Isolierung angestrebt. Auseinandersetzungen mit Gruppen der fremden Kultur sind dabei nicht ausgeschlossen. Der Abgrenzungstyp wird auch Kontrasttyp genannt, hier gibt es ethnozentrische Tendenzen bis hin zum Chauvinismus. Zwei Unterformen sind erkennbar: Zum Einen ist eine radikale Isolierung des Fremden möglich, und zum Anderen wird versucht, einzelne Personen oder Gruppen zu assimilieren und zur Übernahme eigenkultureller Verhaltensweisen und Vorstellungen zu bekehren oder zu zwingen.
Dialog
[Bearbeiten]Der Dialogtypus wird auch als Grenztyp bezeichnet. Grundlage ist die Erkenntnis, dass Fremd- und Eigenkultur viele Ähnlichkeiten aufweisen und fremdkulturelle Werte und Normen sowie Verhaltensweisen anerkennungswert sind und somit eine Wertschätzung verdienen. Auch hier sind zwei Unterformen erkennbar: Zum Einen werden fremdkulturelle Denkweisen und Verhaltensmerkmale als Ergänzung und Bereicherung des eigenkulturellen Repertoires übernommen, jedoch unter der Beibehaltung und der Überzeugung der Höherwertigkeit der eigenen Kultur. Zum Anderen konzentriert sich der interkulturelle Dialog auf die Entwicklung gemeinsamer Handlungsziele, die in beiden Kulturen eine hohe Wertschätzung besitzen und nur gemeinsam verwirklicht werden können.
Synthese
[Bearbeiten]Bedeutsame kompatible Elemente aus beiden Kulturen verschmelzen zu einer neuen "Ganzheit". Hier sind drei Unterformen denkbar: Zum Einen werden aus dem fremdkulturellen Gefüge einzelne Elemente herausgebrochen und mit entsprechenden Elementen aus dem eigenen kulturellen System so verschmolzen, dass daraus eine neue Qualität entsteht. Zum Anderen bewegen sich Individuen bzw. Gruppen zwischen beiden Kulturen oder zwischen Elementen beider Kulturen hin und her, ohne der einen oder anderen einen Vorrang zu gewähren und ohne eine neue Qualität aus der Begegnung zu entwickeln oder entwickeln zu können. Zum Dritten ist es möglich, über einen längeren gegenseitigen Austauschprozess zwischen zwei Kulturen eine neue "Ganzheit" zu synthetisieren, wobei die dazu besonders geeigneten Elemente aus beiden Kulturen hervorgehoben werden bzw. auf das ihnen Gemeinsame hin entwickelt und interpretiert werden und andere unpassende Elemente vernachlässigt oder unbeachtet zurück bleiben.
Konversion (Assimilation)
[Bearbeiten]Dies bedeutet, dass eine Person oder Gruppe die eigene Kultur radikal ablehnt und die Werte, Normen und Verhaltensweisen der Fremdkultur vollständig übernimmt. Apeltauer ist sogar der Meinung, dass 'Assimilation' gleich 'die Anpassung eines Individuums an eine neue Umgebung unter Aufgabe seiner ursprünglichen Identität' ist. Zwei Unterformen sind hier möglich: Zum Einen wird die Konversion zwar vollzogen, enge Beziehungen zur Heimatkultur bleiben aber bestehen. Beibehaltung einiger Wertvorstellungen, Denkweisen und Verhaltensmuster der Ursprungskultur. Diese halbe bzw. teilweise Assimilation an die neue Kultur wird mit Ablehnung oder Misstrauen von der sozialen Umwelt beantwortet. Zum Anderen kann durch den radikalen Bruch mit der Ursprungskultur eine feindselige Einstellung zur ursprünglichen Kultur aufgebaut werden und womöglich eine Integration in die neue Kultur über eine aktive Bekämpfung der Ursprungskultur versucht werden.
Auswirkungen von Auslandsaufenthalten im Bezug auf die eigenen Identität
[Bearbeiten]Kulturspezifische Merkmale, die Einfluss auf die Entwicklung der eigenen Identität haben
[Bearbeiten]- Nationalcharakter
- Wahrnehmung
- Zeiterleben
- Raumerleben
- Denken
- Sprache/Verständigung
- Nonverbale Kommunikation
- Wertorientierung
- Verhaltensmuster
- soziale Beziehungen
Einflussfaktoren:
[Bearbeiten]"Wer längere Zeit in einem anderen Land mit einer fremden Kultur lebt, wird durch eben diese Kultur verändert" (Maletzke 1996:168). Empirisch erweist es sich als schwierig, nachzuweisen, welche Anteile der Veränderung auf die Gastkultur zurückzuführen sind, denn wäre man nicht längere Zeit unterwegs gewesen sondern zuhause geblieben, hätte man sich sicherlich auch verändert, "aber es ist unmöglich zu sagen, auf welche Art und Weise und in welche Richtung" (Maletzke 1996:169). Dennoch weisen zahlreiche Beobachtungen und Erfahrungsberichte auf bestimmte Auswirkungen nach einem Auslandsaufenthalt hin. Die Veränderungen fallen für jedes Individuum unterschiedlich aus und werden durch viele Faktoren beeinflusst, wie zum Beispiel die Länge des Aufenthalts, Vorkenntnisse und Erfahrungen zum Gastland, soziale Beziehungen, ob man allein oder in einer Gruppe reist, wie man die Fremdsprache beherrscht und akzeptiert sowie die Kontaktaufnahme zu den Einheimischen. Das eigene "Ich" stellt ebenfalls einen großen Faktor zur Veränderung dar. Dieser Faktor wird bestimmt durch Wissen, Intelligenz, Persönlichkeit, Fähigkeiten und Fertigkeiten, Werte, Denkweisen, Vorstellungen, Einstellungen und Erwartungen gegenüber dem fremden Land. Ein weiterer Faktor ist die interkulturelle Distanz zwischen Herkunftsland und Gastland, der Einfluss auf die Veränderung eines Individuums nimmt.
Auswirkungen können im Folgenden sein:
[Bearbeiten]- Stärkung des eigenen "Ichs"
- Festigung des Selbstwertgefühls und der persönlichen Identität
- sich selbst besser kennenlernen
- Selbstvertrauen (bzw. der eigenen inneren Kontrolle vertrauen)
- Wertschätzung von Eigeninitiative, Aktivität und Verantwortung
- Freisetzung von Kreativität (Kreativität im Sinne von alteingefahrenen Zusammenhängen, Ganzheiten und Gestalten aufzulösen und neu zu formatieren)
- Zunahme der Leistungsorientierung
- Vermehrung des Wissens / Erweiterung des Horizonts
- Toleranz gegenüber Fremden
- Weltoffenheit (verbunden mit differenziertem Denken, mit Relativierung und mit einem Rückgang ethnozentrischer, nationalistischer und autoritärer Einstellungen)
- Bewusstmachung der eigenen Kultur
- Vorurteile werden abgebaut (können aber auch verstärkt werden)
- uvm.
All diese aufgezählten Auswirkungen können, müssen aber nicht, nach einem längeren Auslandsaufenthalt auftreten. Zudem bedeuten diese Auswirkungen auf keinen Fall den Verlust der eigenen, nationalen Identität. Allerdings wird der Reisende, für den bis dato alles so selbstverständlich war, durch die Konfrontation mit einer anderen Kultur, anderen Denkweisen, fremden Verhaltensmustern sowie differenzierten Werten und Normen seine eigene Kultur in Frage stellen und relativieren. Unbeabsichtigt kann es auch zur Übernahme von Perspektiven und Denkweisen sowie Konzepten des Gastlandes kommen, dies soll aber auch nicht negativ bewertet werden, sondern führt einfach nur zu einer Veränderung des Wissens und der Weltansicht.
weitere Begriffsklärung und Definitionen
[Bearbeiten]Adaption
[Bearbeiten]"Adaption" ist die Anpassung des Menschen an die soziale Umwelt.
Assimilation
[Bearbeiten]"Assimilation meint 'Anpassung bis hin zum Aufgehen in einer neuen Umgebung', also dass man etwa die Gebräuche und Verhaltensweisen der Aufnahmegruppe abschaut und übernimmt: Tun, was die Anderen tun, denselben Regeln folgen. Assimilation bedeutet ursprünglich, dass etwas einem Anderen ähnlich (lateinisch similis) gemacht wird. Biologisch versteht man darunter, dass aufgenommene körperfremde Stoffe unter Energiezuführung schrittweise in körpereigene Verbindungen umgewandelt werden. Assimilation ist auch ein soziologisches Konzept, das die kulturelle und sprachliche Anpassung einer Minderheit an eine Mehrheit meint, also die Aufhebung der Grenzen durch Aufgabe des Eigenen, die dann auch eine neue soziale Identität erzeugt." (Uni Dortmund)
Enkulturation
[Bearbeiten]"Die Enkulturation ist Teil der frühkindlichen Sozialisation und somit ein unbewusster Lernprozess. Der Mensch wächst in die Kultur hinein, die ihn während seiner Kindheit umgibt und übernimmt so Grundverhaltensweisen des Denkens und Handelns dieser Kultur, die während der Enkulturation automatisiert und internalisiert werden. Zum Beispiel lernen wir in Deutschland schon als kleine Kinder, dass es sich gehört, mit Besteck und auf Stühlen sitzend am Tisch zu essen. Ein in China aufwachsendes Kind verinnerlicht automatisch, dass mit Stäbchen und auf dem Boden sitzend das Essen eingenommen wird. Die Enkulturation ist von der Akkulturation abzugrenzen, da letztere sich auf die Anpassung an eine fremde Kultur bezieht, und zudem in den meisten Fällen erst nach der Enkulturation, im Jugend- bzw. Erwachsenenalter stattfindet." (IIKD) Unter Enkulturation versteht man also das Hineinwachsen eines Individuums in seine Gesellschaft. Im Kontext lebenslanger Sozialisation erwirbt jeder Einzelne die für ein Leben in einer Kultur bzw. Gesellschaft relevanten Normen, Werte, Theorien, Verhaltensregeln, Gewohnheiten, Rituale, Konzepte, etc. Diese Prozesse des sozialen Lernens können auch nach der Kindheit einsetzen, wenn man sich auf eine neue Kultur einlässt.
Ethnizität
[Bearbeiten]"[ethnos = griech.: Volk] Ethnizität bezeichnet die individuell empfundene Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe, deren gemeinsame Merkmale z. B. Sprache, Religion bzw. gemeinsame Traditionen sein können. Heute treten auch in Europa noch ethnische Konflikte auf (z. B. in Jugoslawien), von zunehmender Bedeutung sind sie jedoch in der sog. Dritten Welt, wo die oft flexiblen, fließenden Grenzen zwischen den Ethnien durch willkürliche koloniale Grenzziehung in starre Strukturen gezwängt wurden." (bpB)
Hybridität
[Bearbeiten]Der Begriff "Hybridität" entwickelte sich im Wesentlichen aus der postkolonialen Theorienbildung der 30er Jahre. "Angewandt auf Migrationsprozesse bezeichnet er das simultane Agieren von Subjekten in verschiedenen kulturellen Systemen, bei dem neue kulturelle Artikulationen und Sozialitäten entstehen und sich "hybride kulturelle Identitäten" entwickeln. Hall spricht von einer "Krise der Identität", da vermeintlich feste Identitätskategorien permanente Dynamisierungen erfahren und sich aus mehreren, unter Umständen widersprüchlichen und ungelösten Teilidentitäten zusammensetzen. So ist es heute sinnvoller, Identität als einen offenen Identifikationsprozess zu verstehen ohne Sicherheit, Bestand oder Kontinuität. Identitätsstiftende Kohärenz und Linearität werden ausschließlich durch individuell "gebastelte" Erzählungen des Ichs hergestellt unter Rückgriff auf kulturelle Erzählkonventionen und Meta-Narrative wie Ethnizität und Nationalität." (Goethe Institut)
"Migrationsprozesse bedeuten per se tiefgreifende Raum-Zeit-Entbettungen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene; nach dem Konzept der Hybridität befinden sich migrantische Akteure jedoch nicht in einem "Entweder-Oder"-Zustand, sondern vielmehr in "Sowohl-als-auch"-Lebenssituationen. Dabei werden multiple Identitätsprozesse zunehmend zur Normalität. Konzepte wie "kulturelle Hybridität" (Stuart Hall), "Kreolisierung" (Ulf Hannerz), "Kosmolismus" oder "Third Space" bringen dies zum Ausdruck und betonen gleichzeitig das Potenzial eines konstruktiven Umgangs mit krisenhaften Situationen." (Goethe Institut)
Identität
[Bearbeiten]"Sich Erkennen, Erkannt- und Anerkanntwerden" (Greverus 1995: 219)
Integration
[Bearbeiten]Bildungssprachlich ist die "Integration" eine (Wieder-)herstellung einer Einheit. Personen oder Gruppen werden in ein größeres Ganzes miteinbezogen und eingegliedert. Im soziologischen Sinne versteht man unter "Integration" eine "Verbindung einer Vielheit von einzelnen Personen oder Gruppen zu einer gesellschaftlichen und kulturellen Einheit". (Online-Duden)
Kultur
[Bearbeiten]"Die Kultur kann in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schließt nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertesysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen.“ (UNESCO)
Kulturelle Fremdheit
[Bearbeiten]Fremdheit ist keine feste Eigenschaft; sie existiert nie an sich und beruht auf Wechselseitigkeit. Der Blick richtet sich auf die Entdeckung der eigenen sowie der fremden Kultur. Es entsteht eine Kontrastierung zwischen uns und den anderen. Erst nach einem unbewussten Vergleich mit sich selbst und der Feststellung einer Diskrepanz zum eigenen Verhalten ist ein Empfinden von Fremdheit möglich. Fremdheit hat eine psychische Funktion. Sie spielt eine Rolle bei der Unterscheidung zwischen Ingroup und Outgroup. Das Gefühl der Fremdheit ist eine wichtige Voraussetzung für die Stabilität der sozialen und kulturellen Identität. Ausgrenzung und Abgrenzung sind wichtige Prozesse, die in ständiger Dynamik sind. Die Bedeutung von Fremdheit kann in fünf verschiedene Arten unterschieden werden (z.T. fließende Übergänge):
- Auswärtsfremdheit (nicht dazugehörig)
- Fremd im Sinne von attraktiv und exotisch (kein längerfristiges Einlassen auf die Fremdheit)
- Vertraute Fremdheit (Möglichkeit der Integration und des Kennenlernens eingeschlossen)
- Fremd im Sinne von unbekannt und inakzeptabel (Möglichkeit des Kennenlernens und der Integration ausgeschlossen; Kulturelle Bräuche im Sinne von Standards und Techniken werden nicht akzeptiert)
- Fremd im Sinne von unheimlich und bedrohlich (Gegensatz zwischen dem Vertrauten und dem Fremdartigen, emotional)
(EMIL 2006: 17ff)
Marginalität
[Bearbeiten]Marginalität bedeutet im Allgemeinen die Existenz am Rande einer sozialen Gruppe, Klasse oder Schicht.
Mentalität
[Bearbeiten]Die Mentalität ist die Geistes- und Gemütsart eines Individuums oder einer Gruppe oder gar einer Kultur. Es handelt sich hierbei um eine besondere Art des Denkens und Fühlens, die unter anderem Zusammengehörigkeit vermittelt.
Multikulturell
[Bearbeiten]Der Begriff „multikulturell“ hat „seinen wesentlichen Bezugspunkt darin, dass unter den Bedingungen weltweiter Migration zunehmend mehr Menschen unterschiedlichster kultureller Orientierungen, individueller Wertvorstellungen, religiöser Bekenntnisse, ethnischer Herkunft und Muttersprachen in einer Gesellschaft zusammenleben, bzw. aufeinander treffen […]“ (Brockhaus), wobei Multikulturalität eher ein Nebeneinander mehrerer Kulturen beschreibt.
Normen (Sitten, Riten, Tabus)
[Bearbeiten]Normen bauen auf den Werten auf und verdeutlichen diese als Aussagen über 'richtig' und 'falsch'. Es ist nicht zwingend notwendig, sich an alle Normen einer Kultur zu halten, um ein vollständiges Mitglied dieser Kultur zu werden, sondern um das Wissen dieser und die Konsequenzen ihrer Verletzung. Diese kulturspezifischen Verhaltensmuster können durchaus in den verschiedenen Kulturen unterschiedliche Bedeutungen haben. Wichtig ist hier, dass einem auch die Tabus einer Kultur, also strikte Verbote, die man als Gast oder neues Mitglied der Kultur nicht verletzen sollte, bekannt sind. Dies beinhaltet zum Beispiel heilige Orte, die man nicht mit Schuhen betreten sollte, Trennung von Geschlechtern in manchen Religionen, Mimik und Gestik, auf die man gegebenenfalls verzichten sollte usw.
"Normen und Sitten sind Regeln, die festlegen, wie sich Menschen einer Kultur zu verhalten haben. [...] Damit sind sie oft mit ganz speziellen Situationen verknüpft." (Maletzke 1996:91) Solche Situationen können zum Beispiel Heiratsriten, Essen, Erziehung, Sexualverhalten und viele mehr sein.
Separation
[Bearbeiten]Separation bedeutet die Abtrennung, Isolation bzw. der Ausschluss eines Individuums oder einer Gruppe zu anderen Gruppen oder Personen.
Sozialisation
[Bearbeiten]Im soziologischen Sinne ist die Sozialisation ein "Prozess der Eingliederung bzw. Anpassung des heranwachsenden Menschen in die ihn umgebende Gesellschaft und Kultur. Da der Mensch nicht über Instinkte verfügt, die sein Handeln steuern, muss er im Prozess der Sozialisation soziale Normen, Verhaltensstandards und Rollen erlernen, um ein im jeweiligen sozialen Kontext handlungsfähiges und verhaltenssicheres soziales Wesen zu werden und seine soziokulturelle Persönlichkeit zu entwickeln." (Gabler) Im wirtschaftspädagogischen Sinne ist die Sozialisation ein fortlaufender Prozess der Entwicklung bzw. der Entstehung oder Ausbildung von Persönlichkeitsstrukturen in beruflichen Interaktions- und Strukturzusammenhängen.
Werte
[Bearbeiten]"Werte sind abstrakte Vorstellungen über wünschenswerte Zustände und über die Wege ihres Erreichens. Im anthropologischen Sinne sind es 'Sollte sein'-Aussagen, die außerhalb des Bewußten angesiedelt sind und erst über ihren Niederschlag in den sozialen Normen greifbar werden. Dabei gibt es keine 'positiven' oder 'negativen' Werte." (EMIL)
Werteorientierung
[Bearbeiten]Werteorientierungen verorten sich auf einer recht allgemein abstrakten Ebene und gehören meist zu den Selbstverständlichkeiten einer Kultur. Diese Werteorientierungen beeinflussen unser Denken, Handeln und Erleben in einem enormen Ausmaß und können von Kultur zu Kultur sehr unterschiedlich ausfallen. "Diese Orientierungen werden im Prozess der Sozialisation von einer Generation zur nächsten weitergegeben, wobei durchaus Veränderungen im Rahmen eines sozialen Wandels möglich sind." (Maletzke 1996:80) Ein Beispiel wäre die Religion, nach der man lebt.
Messinstrument
[Bearbeiten]Wir haben 4 Personen im Alter von 20 bis 30 Jahren, die alle einen längeren Zeitraum in Australien verbracht haben, zu unserem Thema befragt und haben folgende Fragen erstellt.
- Wie lange war dein Aufenthalt?
- Warum hast du dich ausgerechnet für Australien entschieden?
- Bist du innerhalb des Landes gereist oder hast du dich auf einen bestimmten Ort fixiert?
- Wie wurdest du aufgenommen?
- Konntest du markante Unterschiede zwischen der australischen und der deutschen Kultur feststellen hinsichtlich Normen & Werte, Gewohnheiten und dem Umgang mit anderen bzw. fremden Menschen?
- Hat sich der Aufenthalt auf deine Identität ausgewirkt?
- Siehst du die Welt nach dem Aufenthalt mit anderen Augen?
- Haben sich deine Erwartungen bestätigt?
- Vermisst du Australien?
- Würdest du es wieder tun?
- Hattest du Probleme bei der Eingliederung in Deutschland nach deinem Aufenthalt oder lief diese reibungslos ab?
- Bitte nenne Schlagwörter, die am besten deine Faszination an "down under" beschreiben.
- Kannst du dich nach deinem Aufenthalt mit der deutschen Kultur identifizieren?
- Kam es während oder nach deinem Aufenthalt zu Zweifeln an deinem Weltbild?
- Haben sich deine Gewohnheiten oder Dinge, die dir wichtig sind, nach deinem Aufenthalt verändert oder sind es dieselben geblieben?
Unser Ziel war es, herauszufinden, wie sich ein längerer Aufenthalt in Australien auf die befragten Personen ausgewirkt hat und ob es möglich ist, Parallelen festzustellen, die unsere Hypothese bestätigen können.
Leitfadeninterview
[Bearbeiten]Interviews
[Bearbeiten]F = Frage; A = Antwort
Interview 1: Proband 1, weiblich, 30 Jahre alt
01.
F: Wie lange war dein Aufenthalt?
A: 2 Jahre.
02.
F: Warum hast du dich ausgerechnet für Australien entschieden?
A: Es war eigentlich aus einem Witz heraus. Ich bin in diese Sache reingerutscht und habe dann das weit entfernteste Land ausgesucht, was mir auf die Schnelle eingefallen ist.
03.
F: Bist du innerhalb des Landes gereist oder durchgehend an einem Ort geblieben?
A: Ja, die ersten sechs Monate bin ich gereist, immer an die Orte, wo wir Arbeit finden konnten. Anschließend war ich aber 18 Monate lang in Perth.
04.
F: Wie wurdest du aufgenommen, wie war diesbezüglich dein Gefühl?
A: Unfassbar gut! Ich wurde von der ersten Sekunde an aufgenommen, als wäre ich dort zuhause. Mein Gefühl war durchweg gut. Nach drei Monaten wusste ich schon, dass ich meinen Aufenthalt um ein Jahr verlängern möchte.
05.
F: Konntest du markante Unterschiede zwischen der deutschen und der australischen Kultur feststellen hinsichtlich Gewohnheiten und dem Umgang mit anderen bzw. fremden Menschen?
A: Auffällig war auf jeden Fall das Vertrauen der australischen Menschen gegenüber Fremden. Sie haben einen mit offenen Armen empfangen, überhaupt keine Vorurteile gezeigt, egal aus welcher Nation man kam. Dies war also nicht nur auf Deutsche zu beschränken, denn meinen Reiseleuten ging es auch so. Sie waren sehr hilfsbereit. Ohne, dass man nach Hilfe gefragt hat, wurde einem Hilfe angeboten. Die Freundlichkeit ist unfassbar. Wenn dir jemand was erklärt, wiederholen sie es auch fünf Mal, wenn du es nicht verstanden hast. In Deutschland hingegen fragst du einmal nach und wirst dann schon zum Teil angegrummelt.
06.
F: Hat sich der Aufenthalt auf deine Identität ausgewirkt?
A: Meiner Meinung nach auf jeden Fall. Ich bin gegenüber Fremden viel offener geworden und fühle mich auch nicht mehr wie eine Deutsche, sondern eher wie ein Ausländer.
07.
F: Siehst du die Welt nach deinem Aufenthalt mit anderen Augen?
A: Ja.
08.
F: Haben sich deine Erwartungen an das Land bzw. an den Aufenthalt bestätigt?
A: Übertroffen!
09.
F: Vermisst du Australien?
A: Auf jeden Fall, ganz arg!
10.
F: Würdest du es wieder tun?
A: Definitiv. Ganz sicher! Ich setz alles dran, dass ich da wieder hinkomme.
11.
F: Hattest du Probleme bei der Eingliederung in Deutschland oder lief diese reibungslos ab?
A: Auf jeden Fall hatte ich Probleme. Ich hab bestimmt ein halbes Jahr gekämpft, mit den Deutschen zurechtzukommen, mit dem, wie sie sind, einfach wie sie mit anderen umgehen. Und natürlich hatte ich auch Probleme, vom deutschen Staat Unterstützung zu bekommen. Finanziell und auch krankenversicherungsmäßig. Keiner wollte zuständig sein. Zwei Jahre im Ausland seien angeblich zu viel gewesen, das ginge so nicht, und so weiter.
12.
F: Nenne Schlagwörter, die am besten deine Faszination an dem Land beschreiben.
A: Freiheit. Vielfalt. Großzügigkeit. Vertrauen. Alles ist nah beieinander, bzw. alles in einem Land: Outback. Strand. Sonne. Stadt.
13.
F: Kam es während oder nach deinem Aufenthalt zu Zweifeln an deinem Weltbild?
A: Ja, also Weltbild in dem Sinne, ob ich hier (Deutschland) überhaupt hergehöre. Daran habe ich sehr lange gezweifelt und ich glaube, ich zweifle auch immer noch. Ich werde hier meine Ausbildung fertig machen und erstmal noch hier eine Weile sein, aber dann möchte ich auf jeden Fall zurück, weil ich hier nicht klarkomme.
14.
F: Kannst du dich nach deinem Aufenthalt noch mit der deutschen Kultur identifizieren?
A: Nicht wirklich. Also in einigen Punkten klar, ich bin zum Beispiel pünktlich, aber wenn es jemand nicht ist, dann ist mir das ziemlich egal. (I: Sprich, du erfüllst nicht unbedingt diese Stereotypen?) Ich entspreche nicht den deutschen Stereotypen.
15.
F: Haben sich deine Gewohnheiten oder Dinge, die dir wichtig sind, nach deinem Aufenthalt verändert oder sind es dieselben geblieben?
A: Auf jeden Fall haben sie sich verändert. Ich habe das Gefühl, ich lerne jetzt viel mehr die kleineren Dinge im Leben zu schätzen, die einen glücklich machen können, wie zum Beispiel eine heiße Dusche. Es muss sich nicht immer nur Geld und Reichtum sein, sondern auch einfach mal in den Himmel gucken und Sterne zählen. Generell bin ich einfach relaxter geworden; wenn was nicht klappt, dann probiert man’s halt nochmal.
Interview 2: Proband 2, weiblich, 25 Jahre
01.
F: Wie lange war dein Aufenthalt?
A: ca. 12 Monate.
02.
F: Warum hast du dich ausgerechnet für Australien entschieden?
A: Weil das der einzige Kontinent war, auf dem ich noch nie war.
03.
F: Bist du innerhalb des Landes gereist oder hast du dich auf einen bestimmten Ort fixiert?
A: Ich bin von Sydney die ganze Ostküste nach Cairns hochgereist und dann noch für einige Wochen bzw. Monate nach Perth an die Westküste.
04.
F: Wie wurdest du aufgenommen?
A: Von den Australiern selbst an sich sehr positiv. Sie sind sehr interessiert, andere neue Leute kennenzulernen und auch sehr bereit, einem weiterzuhelfen und einem das Land und die Leute zu erklären und näherzubringen.
05.
F: Konntest du markante Unterschiede zwischen der deutschen und der australischen Kultur feststellen hinsichtlich Gewohnheiten oder dem Umgang mit anderen bzw. fremden Menschen?
A: Ja, also hinsichtlich der Grundeinstellung, was die Pünktlichkeit zum Beispiel angeht. In Deutschland ist dies ja sehr strikt gehandhabt; in Australien ist dies anders. Alles ist dort spontaner und es gibt keine ganz genauen festen Absprachen. Dadurch, dass das Land so viel bereist wird, sind die Menschen generell offener.
06.
F: Hat sich der Aufenthalt auf deine Identität ausgewirkt?
A: Ich weiß nicht genau, ob es sich meine Identität ausgewirkt hat, aber auf jeden Fall auf meine Kommunikationsbereitschaft.
07.
F: Siehst du die Welt nach deinem Aufenthalt mit anderen Augen?
A: Auf einer Seite schon, ja, denn ich hatte dadurch die Möglichkeit, aus dieser eigenen deutschen Welt für längere Zeit herauszukommen. Ich sehe meine eigene Welt mit anderen Augen, wenn man das so nennen kann, durch gewisse Aufgaben, die ich dort getätigt habe wie z.B. Farmarbeit. Diese Möglichkeit hätte ich hier in Deutschland nie bekommen.
08.
F: Haben sich deine Erwartungen bestätigt?
A: Ja, also bestätigt und übertroffen. Ich bin mit relativ wenigen Erwartungen dort hineingegangen und war eher offen für Neues und konnte noch garnicht wissen, was auf einen zukommt.
09.
F: Vermisst du Australien?
A: Joa, also für mich war es ganz klar ein Teilabschnitt in meinem Leben, bei dem von Anfang an klar war, dass er endlich ist. Ich vermisse schon dieses freiere Gefühl und das Reisen, aber es ist jetzt nicht so, dass es mich tagtäglich verfolgt oder mir begegnet.
10.
F: Würdest du wieder hingehen?
A: Ja. Darüber hab ich auch schon nachgedacht. Ich würde auch nochmal für eine längere Zeit nach Australien gehen, um dort auch zu arbeiten, bestmöglich natürlich in meinem Job.
11.
F: Hattest du bei der Eingliederung in Deutschland nach deinem Aufenthalt Probleme oder lief diese reibungslos ab?
A: Die lief schon reibungslos ab. Freunde und Bekannte können allerdings oft nicht so ganz nachvollziehen, was man erlebt hat. Das ist ein bisschen schwierig, weil man viele Dinge dann schlecht teilen kann und auch die Erfahrung nicht wirklich teilen kann. Man kann immer nur erzählen. Es kann schwierig werden, wenn andere irgendwann genervt oder gelangweilt von den Geschichten reagieren, weil sie es einfach nicht nachvollziehen können.
12.
F: Nenne einige Schlagwörter, die am besten deine Faszination an dem Land beschreiben.
A: Vegetation. Weite. Die Menschen. Die Tiere.
13.
F: Kam es während oder nach deinem Aufenthalt zu Zweifeln an deinem Weltbild?
A: Nein.
14.
F: Kannst du dich nach deinem Aufenthalt immer noch mit der deutschen Kultur identifizieren?
A: Die Frage ist, ob man sich davor schon immer damit identifizieren konnte. Also hm, es ist schon an manchen Punkten schwer. Ich weiß aber nicht, ob das jetzt nur mit Australien zu tun hat, aber es hat auf jeden Fall damit zu tun, dass man ins Ausland geht. Das war halt in meinem Fall nunmal Australien. Man sieht einfach Neues und ich glaube, dass man in gewissen Momenten die eigene Kultur auch mal hinterfragt, ob da alles so in die richtigen Bahnen geht, was man sein Leben lang so mitbekommen bzw. vorgelebt bekommen hat.
15.
F: Haben sich deine Gewohnheit bzw. Dinge, die dir wichtig sind, verändert oder sind es dieselben geblieben?
A: Ja, meine Gewohnheiten haben sich schon geändert. Ich kann schon viel mehr auf gewisse Dinge verzichten, wie zum Beispiel einen Fernseher. Seit ich aus Australien wiedergekommen bin, habe ich keinen eigenen Fernseher mehr in meinem Zimmer, da ich lange darauf verzichten konnte und mich daran gewöhnt habe. Jegliche medialen Dinge sind mir nicht allzu wichtig und ich glaube, es hat sich auch verändert, dass man nicht mehr so viele Menschen oder lockere Bekanntschaften um sich herum braucht, sondern es eher wichtig ist, dass man ein paar sehr wichtige Menschen um sich herum schart.
Interview 3: Proband 3, weiblich, 22 Jahre alt
01.
F: Wie lange war dein Aufenthalt?
A: Genau ein Jahr.
02.
F: Warum hast du dich ausgerechnet für Australien entschieden?
A: Ich war fertig mit dem Abitur und wusste, bevor ich studier, möchte ich erst nochmal was von der Welt sehen und möchte reisen. Abgesehen davon, wusste ich auch nicht genau was ich studieren möchte und hab deswegen ein Aufenthalt im Ausland als ziemlich sinnvoll eingeschätzt und Australien wurde damals oder auch natürlich immer noch sehr gehypet und jeder wollte irgendwie dahin. Mich hat das einfach faziniert ans andere Ende der Welt zu gehen und wirklich mal Distanz zu erleben. Und ich dachte dafür scheint Australien dann ziemlich geeignet.
03.
F: Bist du innerhalb des Landes gereist oder durchgehend an einem Ort geblieben?
A: Ich bin insgesamt schon ziemlich viel gereist. Ich war alles in allem letztlich insgesamt vier Monate in Sydney aber zwischendurch immermal wieder woanders und bin auch arbeitsbedingt rumgereist. Joa doch, es hat sich zwar auf die östliche Seite des Landes beschränkt aber auch Outback, ich bin schon rumgekommen, auf jeden Fall.
04.
F: Wie wurdest du aufgenommen, wie war diesbezüglich dein Gefühl?
A: Sehr, sehr gut. Also ich kam im Hostel an und hatte direkt zu Beginn Probleme, weil meine Kreditkarte nicht funktioniert hat und das war zwar kein gebürtiger Australier, der da im Hostel gearbeitet hat, jedoch hat der sich da sehr gut angepasst, weil der schon seit Jahren da lebt und mir wurde sofort geholfen. Es war alles überhaupt kein Problem und ich wurde auch von Australiern selbst sehr gut aufgenommen. Es gab mir gegenüber nie Vorurteile, also sowas hab ich noch nie erfahren.
05.
F: Konntest du markante Unterschiede zwischen der deutschen und der australischen Kultur feststellen hinsichtlich Gewohnheiten und dem Umgang mit anderen bzw. fremden Menschen?
A: Ja, vor allem hinsichtlich des Umgangs mit anderen oder fremden Menschen. Man wird mit offenen Armen empfangen und Vorurteile gibt es so gut wie keine. Es gibt mit Sicherheit gewisse Stereotypen, wie man zum Beispiel in Deutschland immer mit Lederhose und Bierkrug verglichen wird; dass einem das in den Sinn kommt, ist natürlich. Aber das hindert ja nicht an dem netten Umgang mit Menschen und ich finde, dass Deutsche gegenüber Ausländern, natürlich nicht alle ist klar, aber generell hab ich eher das Gefühl, dass Deutsche gegenüber Ausländern oft ein bisschen distanziert sind, was ich jetzt in Australien nicht gefühlt habe. Also da kam es mir nicht so vor. Ich finde es waren schon Unterschiede da, auf jeden Fall.
06.
F: Hat sich der Aufenthalt auf deine Identität ausgewirkt?
A: Ja, ich finde schon. Es wurde mir auch von vielen Menschen gesagt, dass ich mich verändert hab in der Zeit und anders zurück kam als ich hier war und definitiv generell weltoffener geworden bin. Hab viel mehr Lust ständig zu reisen, leide eigentlich seitdem unter Fernweh und das jetzt nicht unbedingt nur Australien-bedingt. Nicht, dass ich nur nach Australien möchte, sondern generell einfach mehr sehen möchte und mehr reisen möchte. Aber ich bin generell offener gegenüber allem geworden und auch lockerer, weil ich weiß, dass es immer möglich ist, eine Lösung für ein Problem zu finden und ich seitdem einfach auch nicht mehr ganz so ängstlich irgendwie durch die Welt gehe wie früher. Da hatte ich früher sogar Angst, mich in einen falschen Zug zu setzen und dann irgendwo rauszukommen und nicht zu wissen, was ich machen soll. Also das hat sich alles verändert, weil ich genau gemerkt habe, es gibt einfach immer eine Lösung für egal welches Problem.
07.
F: Siehst du die Welt nach deinem Aufenthalt mit anderen Augen?
A: Ja! Ich denke, es sollte viel mehr darauf geachtet werden, wie man mit seinen Mitmenschen umgeht. Man sollte niemanden von Vornherein verurteilen, sondern erstmal die Person kennen lernen und mehr Vertrauen schenken und ja, ja...
08.
F: Haben sich deine Erwartungen an das Land bzw. an den Aufenthalt bestätigt?
A: Ja definitiv! Ich wusste allerdings auch vorher nicht so ganz, was ich zu erwarten hab. Ich hab mich, muss ich sagen, vor meinem Aufenthalt nicht arg mit dem Ganzen befasst. Ich hab mehr oder weniger einfach mein Ticket gebucht, bin hingeflogen und hab gedacht, mal schauen was mich erwartet. Ich werd's schon sehen. Aber was ich erwartet habe, war natürlich einfach die Größe dieses Landes und die Vielfalt, das wurde definitiv natürlich bestätigt.
09.
F: Vermisst du Australien?
A: Ja, sehr.
10.
F: Würdest du es wieder tun?
A: Ja, auf jeden Fall, immer wieder. Ich kann's auch nur jedem empfehlen, muss ich sagen.
11.
F: Hattest du Probleme bei der Eingliederung in Deutschland oder lief diese reibungslos ab?
A: Ich hatte durchaus Probleme verschiedener Hinsicht. Also ich hatte zum einen Probleme mit dem Amt, was das Kindergeld betrifft; die wollten mir mein Kindergeld nicht mehr bezahlen, weil ich ja im Ausland war und prinzipiell nicht sofort mit dem Studieren angefangen habe, da ich zu spät für die Anmeldung war. Dann gab's da bürokratische Probleme, was mich nochmal extra genervt hat. In meiner Familie und im Freundeskreis war es in Ordnung, wobei ich gemerkt habe, dass dadurch dass ich mich verändert habe, ich erstmal zusehen musste, dass ich mit denen wieder irgendwie klarkomme. Meine Familie ist auch relativ locker aber dadurch, dass ich mich verändert hab, musste ich mich erstmal, irgendwie, langsam versuchen wieder einzugliedern und das ist mir schwer gefallen, weil ich prinzipiell gar nicht nach Hause wollte. Ich bin nach Hause geflogen, weil ich musste zu der Zeit und wollte das aber gar nicht. Dementsprechend ist es mir sehr schwer gefallen wieder zu Hause anzukommen. Ja, weil ich mein Herz in Australien gelassen habe.
12.
F: Nenne Schlagwörter, die am besten deine Faszination an dem Land beschreiben.
A: Es sind zum einen die Menschen. Eben einfach der Multikultifaktor, dass alle möglichen Nationen aufeinandertreffen und es irgendwie schaffen, harmonisch miteinander zu leben. Es ist die Freiheit, die man verspürt, wenn man sich einfach in ein Auto setzt und irgendwo hinfährt und 500km lang niemanden sieht, dann fühlt man sich frei. Es ist die Vielfalt in dem Land, dass man einfach alles, alle Klimazonen, alles was es irgendwie gibt auf einem Haufen hat. Man kann Skifahren gehen, man kann aber auch 200km weiter zum Strand gehen und baden. Es sind irgendwie exotische Tiere, die man von Deutschland nicht gewohnt ist, die einem da über den Weg laufen. Ja und es ist einfach diese Schönheit da, die mich fasziniert.
13.
F: Kam es während oder nach deinem Aufenthalt zu Zweifeln an deinem Weltbild?
A: Schwierige Frage! Ich muss erstmal überlegen, wie mein Weltbild vorher war..... Prinzipiell hat sich mein Weltbild an sich nicht verändert. Es hat sich eher meine Identität irgendwie verändert, aber ich seh ja die Welt prinzipiell noch mit den gleichen Augen.
F: Also keine Zweifel?
A: Nein, keine Zweifel.
14.
F: Kannst du dich nach deinem Aufenthalt noch mit der deutschen Kultur identifizieren?
A: Schwierig! Ich bin ja nunmal Deutsche und wars auch eigentlich immer gerne aber ich weiß, dass ich auf Dauer hier nicht glücklich werde in diesem Land. Das hab ich schon während meines Aufenthalts gemerkt, dass es mir da einfach besser geht und besser gefällt und nachdem ich zurückkam eigentlich auch. Ich weiß, dass mich hier in Deutschland viele Dinge stören, was zum Beispiel die Bürokratie betrifft. [...] Ich glaube nicht, dass ich mich hiermit noch zu 100% identifizieren kann, sonst hätt ich auch nicht den Drang auszuwandern oder wieder wegzugehen, denn würde ich mich nicht zu 100& hiermit eindeutig identifizieren, dann wäre ich definitiv glücklich und würde nicht ständig nachdenken was ich nach dem Studium mache. Wo ich hingehen kann. Wie ich es schaffe in Australien zu bleiben.
15.
F: Haben sich deine Gewohnheiten oder Dinge, die dir wichtig sind, nach deinem Aufenthalt verändert oder sind es dieselben geblieben?
A: Naja, was mir schon immer sehr, sehr wichtig war, war einfach der Kontakt zu Freunden und Familie. Ich hab schon immer großen Wert auf Freundschaft, also ehrliche Freundschaft gelegt. Das hat sich nicht verändert. Gewohnheiten haben sich nicht unbedingt verändert. Dinge, die mir wichtig sind, ja einfach das Leben zu schätzen, jeden Tag. Sich nicht so schnell aufzuregen über irgendwelche belanglosen Dinge. Einfach irgendwie gelassener zu bleiben oder zu sein. Das sind Dinge, die sich verändert haben. Ich würd sagen, dass durch die Mentalität, die man da unten erlebt, man einfach lockerer wird und das ist mir viel wichtiger geworden, dass ich einfach beruhigter bin, also eher ruhig bleibe bevor ich ausraste. Das ist mir ganz wichtig!
Interview 4: Proband 4, weiblich, 23 Jahre
01.
F: Wie lange war dein Aufenthalt?
A: Insgesamt 10 Monate mit 1-monatiger Unterbrechung.
02.
F: Warum hast du dich ausgerechnet für Australien entschieden?
A: Das war eigentlich eher die Idee einer damaligen Freundin, mit der ich den Trip gemeinsam machen wollte. Da sie den Abschluss nicht geschafft hat, bin ich dann alleine los. Sonst hatte ich vorher keinen Bezug zu Australien.
F: Hast du es bereut, allein loszufahren?
A: Nein überhaupt nicht. Da man so schnell Leute kennenlernt, eigentlich schon am Flughafen in Deutschland und in den Hostels sowieso, war es überhaupt kein Problem. Sobald man in der Gruppe unterwegs ist, lernt man auch weniger Leute kennen. Also hätte es auch nicht besser passieren können!
03.
F: Bist du innerhalb des Landes gereist oder hast du dich auf einen bestimmten Ort fixiert?
A: Eigentlich bin ich innerhalb des Landes gereist. Der Süden ist sozusagen "abgedeckt". Allerdings bin ich von Ort zu Ort gezogen und immer länger an den einzelnen Orten geblieben. Je besser es war, oder je besser die Joblage, desto länger bin ich geblieben
04.
F: Wie wurdest du aufgenommen?
A: Ich habe mich in dem Land sofort wohl gefühlt. Da das australische Volk sehr aufgeschlossen und freundlich ist, habe ich mich immer und überall willkommen gefühlt. Es wurde einem geholfen, sobald man Hilfe benötigte und es gibt keine negativen Erfahrungen, dass man nicht erwünscht wäre.
05.
F: Konntest du markante Unterschiede zwischen der deutschen und der australischen Kultur feststellen hinsichtlich Gewohnheiten oder dem Umgang mit anderen bzw. fremden Menschen?
A: Auf jeden Fall!!! Ich beschreibe es gerne so, dass wenn man in Australien Leute kennenlernt, wird man zunächst gemocht, wenn man dann "Mist" baut ändern sie vielleicht Ihre Meinung. In Deutschland hingegen wird man zunächst nicht gemocht und muss sich erst beweisen, dass man doch ganz in Ordnung ist. Generell ist Australien aufgeschlossener gegenüber fremden Personen. Im Großen und Ganzen ist das Leben in Australien entspannter. Man legt mehr Wert darauf glücklich zu sein und nicht immer nur besser als alle anderen.
06.
F: Hat sich der Aufenthalt auf deine Identität ausgewirkt?
A: Laut meinen Freunden habe ich mich sehr verändert. Da es ein schleichender Prozess ist, ist es mir selber nie so recht bewusst gewesen. Eher der Moment, wenn man seine Freunde/Bekannte wiedersieht macht dann klar, dass sich was verändert hat. Auf jeden Fall habe ich eine Menge Lebenserfahrung gesammelt, bin erwachsener geworden und durch gewisse Hürden, die man meistern muss, wird man im Leben stärker.
07.
F: Siehst du die Welt nach deinem Aufenthalt mit anderen Augen?
A: Die Welt ist größer geworden. Der Aufenthalt hat auf jeden Fall die Horizonte erweitert. Man stellt fest, dass es ganz andere Kulturen gibt, bzw weiß man das ja vorher, allerdings ist es nochmal was anderes, wenn man das selber erlebt hat. Da es die erste große Reise war, ist nun auch der Rest der Welt attraktiver geworden. Ich habe ein größeres Interesse, mehr von der Welt zu entdecken.
08.
F: Haben sich deine Erwartungen bestätigt?
A: Sie wurden übertroffen. Da ich eigentlich keine großen Erwartungen bzw Vorstellungen hatte, konnte ich auch nicht enttäuscht werden. Ich hab das mal so auf mich zukommen lassen.
09.
F: Vermisst du Australien?
A: Ja sehr. Darum ist auch schon der nächste Aufenthalt geplant. Sobald die Möglichkeit besteht, werde ich zurück sein. Am liebsten dauerhaft. Ich habe Australien in mein Herz geschlossen.
10.
F: Würdest du wieder hingehen?
A: Definitiv. Ich werde!!!
11.
F: Hattest du bei der Eingliederung in Deutschland nach deinem Aufenthalt Probleme oder lief diese reibungslos ab?
A: Da mein weiteres Vorgehen (Studium) bereits im Vornherein geplant war, und somit auch eine neuer Lebensabschnitt begann, war dies noch das beste was passieren konnte. Hätte ich allerdings vorher einen Beruf ausgeübt und den dann danach einfach weitergeführt, wäre es eine Herausforderung gewesen. Allerdings war ich schon in einer leichten Depriphase nach meiner Rückkehr. Vom schönen Wetter in den Winter und die Aussicht auf den anstehenden Alltagstrott waren nicht gerade rosig. Dazu kommt, dass ich während der Zeit viele Freundschaften beendet habe (was ich auch nicht bereue) und nichts mehr beim Alten war. Man war irgendwie in einer "Traumwelt" und irgendwie vergaß man, dass das Leben zu Hause ja auch ohne einen weiterging.
12.
F: Nenne einige Schlagwörter, die am besten deine Faszination an dem Land beschreiben.
A: Lifestyle, traumhafte Landschaft, Individualität, Backpacking, Kulturenvielfalt.
13.
F: Kam es während oder nach deinem Aufenthalt zu Zweifeln an deinem Weltbild?
A: Nein eigentlich nicht.
14.
F: Kannst du dich nach deinem Aufenthalt immer noch mit der deutschen Kultur identifizieren?
A: Ich würde sagen, dass ich nach etwa einem Jahr mich (LEIDER) wieder zu einem typischen Deutschen entwickelt habe.. Ich passe mich wohl recht schnell an meine Umwelt an. Das ist aber eine generelle Eigenschaft von mir und wohl von meiner Vergangenheit geprägt. Genauso schnell werde ich mich aber auch wieder davon abwenden, sobald ich wieder in Australien bin. Also fühle ich mich gerade wohl schon als typische Deutsche, vor allem mit den Eigenschaften Korrektheit, Perfektionismus, usw. Stolz bin ich nicht, aus Deutschland zu sein. Es könnte aber auch schlimmer kommen. Wenn ich hätte wählen können, hätte ich mich aber nach aktuellem Stand nicht für Deutschland entschieden.
15.
F: Haben sich deine Gewohnheit bzw. Dinge, die dir wichtig sind, verändert oder sind es dieselben geblieben?
A: Was sich stark verändert hat ist der Bezug zu Freunden. Früher legte ich wohl mehr Wert darauf, so viele Freunde wie möglich zu haben. Heute ist mir wohl doch eher wichtig, wenige gute Freunde zu haben. Wenn man mal für längere Zeit weg ist, merkt man ganz schnell wer die wahren Freunde sind. Ich lege jetzt wohl auch mehr Wert darauf, das Leben zu genießen, und versuche so viel wie möglich mitzunehmen, vor allem was das Reisen angeht. Da ich noch sehr jung war, als ich nach Australien ging, und mein Leben eh grad im Umbruch war, kann ich das sonst nicht so gut beantworten.....
Auswertung
[Bearbeiten]In der folgenden Tabelle sind prägnant die Antworten der Probanden zusammengefasst worden. Gemeinsamkeiten unter zweien oder gar allen Probanden sind fett gedruckt. Die Tabelle soll einen besseren Überblick über die jeweiligen Antworten verschaffen und es leichter machen, diese unter den vier Befragten zu vergleichen.
Proband 1 | Proband 2 | Proband 3 | Proband 4 | |
---|---|---|---|---|
Länge des Aufenthalts | 2 Jahre | 1 Jahr | 1 Jahr | 10 Monate |
Grund für Reise | Wette | einziger noch nicht bereister Kontinent | Lebensabschnitt: Abitur, Interesse am Land | Idee einer Freundin |
gereist? | erste 6 Monate ja, dann 18 Monate Perth | Ostküste, dann Perth | Ostküste, Outback, Sydney | ja |
Empfang | positives Gefühl | positives Gefühl | positives Gefühl | positives Gefühl |
Unterschiede | Vertrauen gegenüber Fremden. keine Vorurteile. Hilfsbereitschaft. Offenheit. | Spontanität. Offenheit. | Offenheit. keine Vorurteile. | Offenheit. Entspannteres Leben. |
Identitätsauswirkung? | offener geworden. | auf Kommunikationsbereitschaft | weltoffener geworden, mehr Reiselust & Fernweh | erwachsener & stärker geworden, mehr Lebenserfahrung |
Welt mit anderen Augen sehen? | ja. | ja, die eigene. | ja, mehr auf Umgang mit anderen Menschen achten. keine Vorurteile, sondern mehr vertrauen | ja, Welt ist größer geworden, Horizont erweitert. |
Erwartungen bestätigt? | ja. | ja. | ja. | ja. |
vermissen? | ja, ganz arg. | joa, Vermissen des freien Gefühls & des Reisens | ja, sehr. | ja. |
wieder tun? | ja. | ja. | ja. | ja. |
Eingliederungsprobleme bei Rückkehr? | ja. Umgang mit Deutschen untereinander. | eher reibungslos. aber schwierig, dass Mitmenschen Erlebtes nicht nachvollziehen können. | ja, mit dem Amt und den Menschen wieder klarzukommen. außerdem Rückkehr ungewollt. | leichte Depri-Phase |
Schlagwörter Faszination | Freiheit. Vielfalt. Großzügigkeit. Vertrauen. Outback. Strand. Sonne. Stadt. | Vegetation. Weite. Die Menschen. Die Tiere. | Die Menschen. Multikultifaktor. Freiheit. Vielfalt. Exotische Tiere. Strand. Schönheit. | Lifestyle. Traumhafte Landschaft. Individualität. Backpacking. Kulturenvielfalt. |
Zweifel am Weltbild? | ja, gehöre ich nach Deutschland? | nein. | nein, nur an Identität. | nein, eigentlich nicht. |
identifizieren mit deutscher Kultur? | nicht wirklich. | Frage ist, ob vorher schon? an manchen Punkten schwer. | nicht zu 100%. Drang, auszuwandern. auf Dauer hier nicht glücklich. | hat sich nach einem Jahr wieder zur typisch Deutschen entwickelt. schnell anpassungsfähig. aber nicht stolz, Deutsch zu sein. |
Gewohnheiten verändert? | ja. auf jeden Fall. kleine Dinge im Leben mehr schätzen. relaxter. | ja. kann eher auf Dinge verzichten. wichtig, ein paar wichtige Menschen bei sich zu haben anstatt viele lockere Bekanntschaften. | ja. Leben mehr schätzen jeden Tag. nicht so schnell aufregen. lockerer durch andere Mentalität. | ja. stark verändert. anderer Bezug zu Freunden. Leben genießen. |
Es fällt auf, dass es durchaus Parallelen unter den Antworten gibt. So geben beispielsweise alle an, dass sie vom Land Australien begeistert sind und die Reise jederzeit wieder antreten würden. Bei den Schlagwörtern, mit denen ihre Faszination am Land beschrieben werden sollte, finden sich ebenfalls viele gleiche oder bedeutungsähnliche Wörter. Auch wenn sich nicht bei allen das Weltbild verändert hat oder Zweifel an diesem aufgetreten sind, so ist es unschwer zu erkennen, dass sie durch ihre Reise sich selbst, sowie ihre Sicht auf gewisse Dinge und ihre Gewohnheiten geändert haben.
Fazit
[Bearbeiten]Durch unsere Interviews, die wir mit vier weiblichen Probanden geführt haben, den Recherchen und unseren eigenen Erfahrungen, können wir unsere Hypothese "Die deutsche Identität wird nach einem längeren Zeitraum in Australien in Frage gestellt und führt zu Zweifeln an sich selbst und seinem Weltbild" nicht eindeutig bestätigen.
Im Rahmen unserer Befragung konnten wir nicht belegen, dass man seine deutsche Identität in Frage stellt. Vielmehr hat sich herausgestellt, dass man während eines Auslandsaufenthaltes beginnt, die deutsche Kultur zu hinterfragen, nicht aber an sich selbst zweifelt. Dies muss nicht zwangsläufig mit einem Aufenthalt in Australien verbunden sein, sondern könnte generell bei längeren Reisen auftreten. Definitiv hat ein Auslandaufenthalt Auswirkungen auf die Veränderung der eigenen Persönlichkeit. In den meisten Fällen ist es eine positive Veränderung, vor allem in Bezug auf die Kommunikationsbereitschaft, den Umgang mit anderen Menschen und die Ansammlung an Lebenserfahrung. Allerdings ist diese Veränderung durch einen Aufenthalt nicht zwangsläufig von Australien abhängig sondern vielmehr vom Reisen, dem Willen, Neues zuentdecken sowie dem Mut und der Tatsache, dass man seinen Horizont erweitert, bestimmt. Dennoch muss hier zugegeben werden, dass Australien, oder besser gesagt der positive Empfang, die Fremdenfreundlichkeit, die Hilfsbereitschaft der Menschen mit ihrem vorurteilsfreien Dasein allen Probanden und uns das Gefühl gegeben haben, dort willkommen zu sein und die Phase des Kulturschocks definitiv übergangen wurde. Man wird praktisch von der lockeren, positiven Mentalität angesteckt. Die Erfahrungen einer solchen Reise haben alle Probanden gestärkt und weltoffener gemacht.
Ebenso können wir nicht nachweisen, dass man an seinem Weltbild zweifelt, da sich dieses insgesamt nicht durch eine Reise verändert. Es kann jedoch festgehalten werden, dass man die Welt beziehungsweise seine eigene Welt mit anderen Augen sieht. Auf einer längeren Reise bekommt man Möglichkeiten geboten, die man zuhause nicht unbedingt geboten bekommen hätte, und die sich wiederum als Veränderung mancher Ansichten wiederspiegeln können. Eine Reise oder ein Auslandsaufenthalt kann beispielsweise dazu führen, dass man mehr darauf achtet, wie man mit seinen Mitmenschen umgeht aufgrund von entweder sehr positiven oder negativen Erfahrungen. Man erweitert seinen Horizont und merkt gleichzeitig durch längeres Nicht-Dasein, wer wahre Freunde sind und lernt diese deutlich mehr zu schätzen, genauso wie die kleinen Dinge im Leben. Die euphorischen Seiten am Reisen und die lockere Mentalität sind Gründe dafür, dass sich eine Rückkehr nach Deutschland durchaus schwierig gestalten kann. Dies kann, muss aber nicht der Fall sein.
Literatur
[Bearbeiten]Apeltauer, E. (1997): Grundlagen des Erst- und Zweitspracherwerbs. Eine Einführung. Fernstudieneinheit 15, Berlin, Langenscheidt
Berchem, D.J. (2008): Wanderer zwischen den Kulturen. Ethnizität deutscher Migranten in Australien zwischen Hybridität, Transkulturation und Identitätskohäsion, Bielefeld, transcript Verlag
Bochner, S., Hrsg. (1983): Cultures in contact. Studies in cross-culture interaction, Oxford
Brislin, R.W. (1981): Cross-culture encounters, New York/Frankfurt
Eickelpasch, R., Rademacher C. (2013): Identität, Bielefeld, transcript Verlag
Greverus, I.M. (1995): Die anderen und ich, Darmstadt, Wiss. Buchgesellschaft
Hofmeister, B., Lutz, W. (2001): Australien und Neuseeland, Harenberg, Dortmund
Maletzke, G. (1996): Interkulturelle Kommunikation. Zur Interaktion zwischen Menschen verschiedener Kulturen, Opladen, Westdeutscher Verlag
weitere Quellen
[Bearbeiten]Bundesamt für Kultur BAK
http://www.bak.admin.ch/themen/04117/index.html aufgerufen am 28.06.2013 um 20:45 Uhr
Bundeszentrale für politische Bildung (bpB)
http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon/17421/ethnizitaet aufgerufen am 30.08.2013 um 15:54 Uhr
EMIL: Europäisches Modularprogramm für Interkulturelles Lernen in der Lehreraus- und fortbildung, Interkulturelle Kompetenzen in der Grundschule (Handbuch), Sofia 2006
Goethe Institut
http://www.goethe.de/lhr/prj/daz/glo/glh/de8496474.htm aufgerufen am 03.07.2013 um 15:43 Uhr
Institut für interkulturelle Kompetenz und Didaktik IIKD
http://www.ikud.de/Akkulturation.html aufgerufen am 30.06.2013 um 14:50 Uhr
http://www.ikud.de/Enkulturation.html aufgerufen am 30.06.2013 um 15:13 Uhr
Online Duden
http://www.duden.de/rechtschreibung/Mentalitaet aufgerufen am 30.08.2013 um 15:48 Uhr
http://www.duden.de/rechtschreibung/Separation aufgerufen am 30.08.2013 um 15:55 Uhr
http://www.duden.de/rechtschreibung/Integration aufgerufen am 03.07.2013 um 15:48 Uhr
http://www.duden.de/rechtschreibung/Marginalitaet aufgerufen am 03.07.2013 um 15:53 Uhr
http://www.duden.de/rechtschreibung/Adaptation aufgerufen am 03.07.2013 um 16:38 Uhr
Universität Dortmund
http://home.edo.uni-dortmund.de/~hoffmann/ABC/Assimilation.html aufgerufen am 30.08.2013 um 16:10 Uhr
Universität Regensburg
www.uni-regensburg.de/Fakultaeten/phil_Fak_II/.../Kapitel_11.ppt aufgerufen am 20.06.2013 um 10:46 Uhr
Wirtschaftslexikon Gabler
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/sozialisation.html#definition aufgerufen am 03.07.2013 um 21:58 Uhr
Daten & Fakten über Australien
http://www.in-australien.com/geschichte_10235 aufgerufen am 30.08.2013 um 21:12 Uhr
IPK im SS 2013
[Bearbeiten]Name | Studiengang | vhb | Wiki | Thema | Forschungsland | Homepage | Video | abgeschlossen |
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Sarah-Isabella Diehl | BA DaF/DaZ, Anglistik | sariisabella | ||||||
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Dietz Laura | BA HF Kunstpädagogik/ NF DaF/DaZ | Laura Dietz |