Benutzerin:Paddelfee
Universität Augsburg SS 2013 Lehrstuhl für Deutsch als Zweit- und Fremdsprache Proseminar: Die kulturelle Identität im Zeitalter der Globalisierung Eva Sondershaus, M.A.
von Fengli Song
Fee Maxeiner
Karin Weber
Einleitung
[Bearbeiten]Schon seit längerem beschäftigt sich die Wissenschaft mit individualistischen und kollektivistischen Gesellschaften, wobei diese oft einander gegenüber gestellt und miteinander verglichen werden. Diese Auseinandersetzung führt folglich auch zu der Frage nach der besseren Gesellschaftsform.
Die Angehörigen einer individualistischen Gesellschaft handeln nach eigenen Interessen, Gedanken und Vorstellungen. Das lässt den Eindruck gewinnen, dass das Individuum in einem solchen Konstrukt besser aufgehoben sei. Des Weiteren führt dies zu der Annahme, dass jeder Einzelne aus einer individualistischen Kultur so zufrieden sein muss, dass er sich unter keinen Umständen aus seiner Kultur herauslösen würde. Demzufolge macht es den Anschein, dass die Mitglieder aus einer kollektivistischen Gesellschaft unzufrieden sind und danach streben Teil einer individualistischen Kultur zu werden.
Aus dieser auf Beobachtung beruhenden Annahme leitet sich folgende Hypothese ab:
Hypothese
[Bearbeiten]In individualistischen Gesellschaften lebt der Einzelne zufriedener als in kollektivistischen Gesellschaften.
Vorgehensweise
[Bearbeiten]Diese Annahme bildet den Ausgangspunkt der vorliegenden Projektarbeit. Um ihre Gültigkeit zu überprüfen, wurde die Meinung von individualistischen, sowie kollektivistischen Gesellschaftsmitgliedern aus Deutschland und China ermittelt.
Im ersten Teil der Arbeit wird dazu eine theoretische Grundlage geschaffen. Dabei findet eine Einführung in die Begriffe Kulturgrammatik und Kulturdimension statt. Speziell wird auf die Kulturdimension Individualismus/ Kollektivismus eingegangen, da sie den Ansatzpunkt der Studie darstellt. Dazu werden 7 Kategorien gebildet, die zum besseren Verständnis der Dimension verhelfen sollen. Die Kategorien umfassen 7 Lebensbereiche, in denen die Besonderheiten der jeweiligen Gesellschaftsform dargestellt werden. Im Anschluss daran wird das Konzept der Zufriedenheit näher erläutert. Insgesamt wird hierbei die Basis für das anschließende Forschungsprojekt hergestellt.
Der zweite Teil der Arbeit umfasst das empirische Forschungsprojekt. Zunächst wird das Messinstrument vorgestellt. Dabei werden die Situationen näher beschrieben, die auf der Grundlage des theoretischen Hintergrunds in Teil eins verfasst wurden. Sie wurden als Hilfsmittel für die Befragung angewendet. Im Anschluss daran wird die Durchführung der Untersuchung näher beschrieben. Daran schließt die Auswertung der Befragung, wobei die Ergebnisse tabellarisch festgehalten werden. Abschließend folgt die Analyse der Ergebnisse und das Fazit, das sich in Bezug auf die anfangs aufgestellte Hypothese ziehen lässt.
Theoretische Grundlagen
[Bearbeiten]Im Rahmen der theoretischen Grundlagen des Forschungsprojekts wird zuerst der Begriff der Kulturgrammatik erläutert. Von diesem Ausgangspunkt aus werden die Kulturdimensionen nach Hall vorgestellt. Diese wurden von Hofstede und Tromenaars später weiterentwickelt. Wie diese Veränderungen genau aussehen, wird nachfolgend näher beschrieben. Die Projektarbeit wird sich auf die Kulturdimension Individualismus/ Kollektivismus konzentrieren. Anhand von Kategorien wird versucht diese Dimension noch verständlicher darzustellen. Daran anschließend soll der theoretische Rahmen mit einer Darstellung des Konzepts der Zufriedenheit abgerundet werden.
Kulturgrammatik
[Bearbeiten]Mit der Globalisierung wird die Welt immer vernetzter. Verschiedene Kulturen treffen aufeinander, wir lernen Menschen anderer Herkunft kennen und treten in Kontakt miteinander. Über Erfahrungen und Erkenntnisse wird sich ausgetauscht. Um fremde Gesellschaftsstrukturen verstehen zu können, müssen uns die Denk- und Verhaltensweisen der Menschen aus anderen Kulturen verständlich werden (vgl. EMIL 2006, S.42). Die Frage, wie oder mit welchen Hilfsmitteln man die fremde Kultur `dekodieren` kann, bahnte Edward T. Hall, der Begründer der interkulturellen Kommunikation als Wisschenschaft, mit seinem Konzept der 'Kulturgrammatik' einen neuen Weg in diesem Bereich (vgl. ebd.). Nach Hall baut sich eine Kultur wie eine Sprache auf und verfügt somit auch über eine Grundstruktur. Mit seiner Aussage: “if culture is learned, then this means that it can be taught” besagt er nichts anderes, als dass eine Kultur erlernt werden kann (vgl. ebd.). Wie eine Sprache durch feste Regeln der Grammatik angeeignet werden kann, kann auch eine Kultur durch `kulturgrammatikalische Kategorien` erlernt werden. Dies ermöglicht ein Verständniss gegenüber fremden Verhalten und vereinfacht den komplexen Vorgang des Entschlüsselns kultureller Zeichen (vgl. ebd.). Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass das Erlernen einer Kultur durch gegebene Kategorien, hier durch die `Kulturgrammatik`, auch negative Aspekt mit sich bringt. Diese Art des Lernens ist zwar bis heute ein großer Bestandteil der Wissenschaft, birgt aber die Gefahr, den Einzelnen ungenügend zu betrachten und vorschnell zu beurteilen. "Die Kategorien der ‘Kulturgrammatik’ müssen immer differenziert, reflektiert und kritisch eingesetzt werden" (ebd.).
Kulturdimensionen
[Bearbeiten]Diese kulturgrammatikalischen Kategorien nennt Hall `Kulturdimensionen`. Die Dimensionen decken umfangreiche Bereiche des menschlichen Lebens, wie z. B. das Verständnis über Zeit und Raum, die Kommunikation oder das Zusammenleben ab. Sie dienen zur Erklärung der Fremdheit, aber auch zum Vergleichen der Kulturen (vgl. ebd. S.43).Im Folgenden werden einige Kulturdimensionen kurz erläutert.
Zunächst wird auf die Kulturdimensionen nach Edward T. Hall eingegangen: das Raumverständnis, den Kontext, die Zeit, Individualismus/ Kollektivismus und die Machtdistanz.
Raumverständnis
[Bearbeiten]Mit dem Proxemics/Raumverständnis bezieht sich Hall auf den privaten Raum, sowie auf den Umgang mit Raum, die Distanz von einem zum anderen Menschen.(vgl ebd. S.47). Je nach Kultur ist es unterschiedlich, inwieweit die Nähe zu einer fremden Person angenehm ist. Ein nicht passender Abstand bei der Kulturbegegnung kann als distanziert und unangenehm empfunden werden. Durch falsche Interpretationen entstehen häufig Missverständnisse. Auch die Distanz innerhalb einer Gruppe oder Familie ist je nach Gesellschaftsform unterschiedlich. Die Art des Umgangs und der entgegen gebrachte Respekt definieren das Zusammenleben (vgl. ebd.). Nicht in jeder Kultur werden alle Räume geteilt oder besitzt ein Kind ein eigenes Zimmer. "So gibt es Familien, in denen man vor dem Betreten eines Kinderzimmers anklopft - in anderen Gemeinschaften wiederum ist es kein Tabu, ‘unangemeldet’ in besetzte Toilettenräume zu gehen. (ebd., S.48). Das Verständnis für den Raum, privat oder im Umgang mit anderen Menschen, ist durch die Gesellschaftsform vorbestimmt.
Kontext
[Bearbeiten]Der `high und low context` beziehen sich auf besonders wichtige Unterschiede im Kommunitkationskontext. Der `high context`, äußert sich weniger über das gesprochene Wort. Eine wichtigere Rolle spielt dabei die nonverbale Kommunikation, wie Augenkontakt und Körpersprache. Zudem besitzen die Gesprächspartner bei einer `high context` Kommunikation bereits gewisse Hintergrundinformationen über die Gesprächsinhalte. Der Kommunikationspartner braucht mündlich nicht viel auszudrücken (vgl. Hofstede 2006, S.119). Umgekehrt ist beim `low context`, dem geringen Kontext, eine wortreiche Kommunikation unumgänglich. Besonders im Vordergrund stehen hier ein expliziter Ausdruck und eine klare und direkte Formulierung (vgl. EMIL 2006, S.46f.).
Zeit
[Bearbeiten]Beim monochronen bzw. polychronen Zeitverständnis geht es darum, wie mit der Zeit umgegangen wird, besser gesagt, wie man die Zeit einteilt. Das monochrone Zeitverständnis zielt auf ein Einteilen der Zeit ab. Arbeiten werden nacheinander erledigt und der Zeitraum für bestimmte Aufgaben ist fest vorgegeben und wird auch eingehalten. "Pünktlichkeit ist ein hohes Ideal, denn Zeit ist knapp und muss eingeteilt werden" (ebd., S.45). Im Kontrast dazu bedeutet polychrones Zeitverständnis, ein `zerteilen` der Zeit (vgl.ebd.). Viele Arbeiten werden zugleich geplant und je nach Zeitnot auch zur gleichen Zeit erledigt. "Zeit ist lediglich ein Rahmen zur Orientierung und man kann gerne etwas später kommen als vereinbart." (ebd. ,S.45).
Individualismus/ Kollektivismus
[Bearbeiten]In einer kollektivistische Kultur ist die Gruppe als Einheit ein zentrales Element (vgl. Hofstede 2006, S.115). Das Interesse des Einzelnen wird unter das Gruppeninteresse gestellt und führt dadurch zu einer auf der Gemeinschaft basierenden Identität (vgl. EMIL 2006, S.48). Das `Wir` steht hier an erster Stelle und die Treue zur Gruppe ist ausschlaggebend (vgl. ebd.). In einer individualistischen Kultur hingegen steht Individuum selbst im Mittelpunkt. Das Interesse der Einzelnen steht über dem der Gruppe (vgl. ebd.). Diese Kulturdimension ist Ausgangspunkt unserer Hypothese und wird unter 2.4 noch einmal näher erläutert.
Machtdistanz
[Bearbeiten]Die vierte Dimensionen Machtdistanz drückt eine emotionale Distanz aus, die zwischen Familienmitgliedern, Mitarbeitern und Vorgesetzten, sowie anderen Mitmenschen herrscht."Als ‘Macht’ wird jene Kraft und Stärke bezeichnet, die Menschen in verschiedenen sozialen Kontexten über andere entfalten können" (vgl. ebd., S.49). Diese beinhaltet zudem die Einflussnahme oder sogar Herrschaft über andere Gesellschaftsmitglieder (vgl. ebd., S.50). Die Verteilung der Macht kann in bestimmten Kulturen auf alle Menschen ähnlich sein und in anderen Kulturen mit größt möglichem Unterschied (vgl. ebd.) In Gesellschaften mit hoher Machtdistanz wird gehorsam und Anpassung des Einzelnen erwartet, in Gesellschaften mit niedriger Machtdistanz hingegen Unabhängigkeit und Selbstständigkeit (vgl. ebd.).
Weiterentwicklung durch Hofstede und Trompenaars
[Bearbeiten]Halls Ansatz der Kulturdimensionen wurde später hauptsächlich durch den niederländischen Experten für Kulturwissenschaften Geert Hofstede und seinen Schüler Fons Trompenaars weiterentwickelt und ergänzt. "Hofstede zeigt, dass man regionale und nationale Kulturgruppen auf der Welt findet und dass diese Kulturgruppen einen wesentlichen Einfluss auf das Verhalten von Unternehmen, deren Organisation und Führung haben" (Thissen 2007). Hofstede konkretisiert die Unterschiede der nationalen Kulturen zunächst auf vier Dimensionen:Machtdistanz, Unsicherheitsvermeidung und Langzeitorientierung, Individualismus und Kollektivismus, Maskulinität versus Feminität und Im Jahr 2001 wird die fünfte Dimension Langzeitorientierung eingeführt.
Trompenaars orientierte sich an den Kulturmodellen von Hall und Hofstede, sowie von anderen Forschern und entwickelte daraus ein eigenes Kulturdimensions- Modell, dass die kulturellen Differenzen hauptsächlich in drei Lebensbereiche gliedert (vgl.ebd.):
1. Verhältnis der Menschen zur Zeit
2. Verhältnis der Menschen zur Natur
3. Verhältnis der Menschen zu anderen Menschen
Aus dem ersten Bereich entwickelte er die Dimension `Zeitorientierung` und aus dem zweiten `Naturorientierung`. Die anderen fünf Kulturdimensionen, nämlich `Universalismus vs. Partikularismus`:Was ist wichtiger Regeln oder Beziehung?, `Individualismus vs. Kollektivismus`: Funktionieren wir in einer Gruppe oder als Individuum? `Neutralität vs. Affektivität`:Sollten Interaktionen objektiv und vorurteilsfrei sein oder wird der Ausdruck von Gefühlen toleriert?, `Spezifität vs. Diffusität`: Wie weit gewähre ich anderen Menschen Zugang zur eigenen Person? und `Leistung vs. Status`: Was entscheidet über Ansehen und Status in Kulturen?, leitet er vom dritten Bereich ab (vgl. Müller 2007)
Kulturdimensionen im Bezug auf die Hypothese
[Bearbeiten]Wie bereits erläutert wird das Hauptaugenmerk dieser Projektarbeit auf der Kulturdimension `Individualismus und Kollektivismus` liegen. Da unsere Gruppe aus Mitgliedern verschiedener Kulturen besteht und ein Teammitglied in China geboren wurde und aufgewachsen ist, war es naheliegend, die zwei Staaten Deutschland und China miteinander zu vergleichen. Bereits von unseren Denk- und Verhaltensweisen in der Zusammenarbeit ließen sich einige Unterschiede beobachten. Zunächst soll die Dimension Individualismus/ Kollektivismus durch die Bildung von Kategorien näher beschrieben werden.
Kategorien
[Bearbeiten]Bisher wurde die Kulturdimension Individualismus/ Kollektivismus von einem überwiegend theoretischem Standpunkt aus betrachtet. Aus diesem Grund soll die Bildung von Kategorien und damit die Orientierung an konkreten Beispielen die Kulturdimension noch greifbarer und verständlicher machen. Diese Kategorien umfassen sieben Lebensbereiche in denen die Merkmale der jeweiligen Gesellschaftsstruktur heraus gearbeitet werden.
Meinungsäußerung
Beginnend soll ein Blick auf die Meinungsäußerung geworfen werden. Dabei können bereits wesentliche Merkmale der beiden Gesellschaftsstrukturen erkannt werden. In kollektivistischen Gesellschaften orientieren sich die Gesellschaftsmitglieder an der Meinung der Gruppe. „Geäußert werden Gruppenansichten; wer offen abweicht, gilt als illoyal oder sogar destruktiv“ (EMIL 2006, S.49). Dem gegenüber gehört in individualistischen Kulturen die freie Meinungsäußerung zur Moral der Menschen. „Sie denken, fühlen, handeln eigenständig. Daraus entwickeln Individuen einen persönlichen Lebensstil, der sich von anderen unterscheidet“ (Imkamp 2011). In kollektivistischen Kulturen gilt das Bewahren von Harmonie als bedeutende Fähigkeit. „In den meisten kollektivistischen Kulturen gilt die direkte Auseinandersetzung mit anderen Personen als unhöflich und unerwünscht“ (Hofstede 2006, S.116). Dabei wird bereits die Verwendung des Wortes „nein“ als Konfrontation gesehen (vgl. ebd.).
Im Gegensatz dazu sieht man in individualistischen Kulturen die Konfrontation als nützlich und notwendig an, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. „Offen zu sagen, was man denkt, ist das Kennzeichen eines aufrichtigen und ehrlichen Menschen“ (ebd.).Diese Tugenden werden den Kindern von klein auf mit an die Hand gegeben. Seine Gedanken und Gefühle zu offenbaren gilt als eine Charakterstärke. Deshalb gehört es auch zum Alltag des Familienlebens über Konflikte zu sprechen und diese zu bewältigen(vgl. ebd.). In kollektivistischen Familien werden die Kinder dazu erzogen, sich an der Meinung anderer zu orientieren. „`Persönliche Meinungen` gibt es nicht: sie werden von der Gruppe bestimmt“ (ebd., S.117). Kinder die des Öfteren ihre Meinung äußern, die sich von den Ansichten der Gruppe unterscheidet gelten als charakterschwach (vgl. EMIL 2006, S.49).
Kommunikation
Die Meinungsäußerung stellt ein Element der Kommunikation dar. Im folgenden Abschnitt werden wir diese aus individualistischer und kollektivistischer Sichtweise analysieren. In Anlehnung an den amerikanischen Anthropologen und Autor Edward T. Hall ist es sinnvoll anhand der Dimension „Kontext“ die wesentlichen Merkmale der Kommunikation heraus zuarbeiten( vgl. Hofstede 2006, S.119). Dabei wird zwischen „high context“ und „low context“ unterschieden. Ersterer bezeichnet einen Kommunikationsstil bei welchem die Gesprächspartner den überwiegenden Teil der Informationen aus dem Kontext erschließen können und demzufolge nur sehr wenig sprechen (vgl. ebd.). Diese Form der Kommunikation findet vorwiegend in kollektivistischen Gesellschaften statt. „In einer kollektivistischen Kultur ist die Tatsache des Zusammenseins emotional ausreichend; es gibt keinen Zwang zu sprechen, sofern keine Informationen übermittelt werden sollen“ (ebd., S.118). In individualistischen Gesellschaften hingegen gehört es zum Alltag, ja sogar zum Lebensglück sich nicht nur über wichtige Informationen auszutauschen. Diese Kommunikation zeichnet sich durch einen “low- context“ aus. Das bedeutet, dass ein Großteil der Information im expliziten Teil der Mitteilung bekannt gegeben wird und nur wenig aus dem Kontext erschlossen wird (vgl. ebd.119). „Vieles, was in kollektivistischen Kulturen selbstverständlich ist, muss in individualistischen Kulturen explizit ausgedrückt werden“ (ebd.). Ehrlichkeit zählt zu den elementaren Moralvorstellungen in kollektivistischen Gesellschaften. Durch einen direkten Kommunikationsstil wird versucht diese zu erreichen (vgl. Ibaidi 2008). Dem gegenüber werden Gedanken, Gefühle und Meinungen in individualistischen Gesellschaften auf indirekte Weise mitgeteilt. Zurückhaltung und Höflichkeit stellen dabei die zentralen Begriffe des Kommunizierens dar (vgl. ebd.).
Gefühlsoffenbarung
Die Standards einer Kultur erlernt man schon als Kleinkind durch die Enkulturation. Unter anderem gelten in den unterschiedlichen Kulturen auch verschiedene Grundsätze bezüglich der Offenbarung von Gefühlen. David Matsumoto, ein amerikanischer Psychologe widmete sich diesem Thema mit einer Studie (vgl. Hofstede 2006, S.127). Er „[..] analysierte eine große Anzahl von Untersuchungen über die Erkennbarkeit von Gefühlsregungen am Gesichtsausdruck“ (ebd.). Studenten mussten dabei Portraitfotos Emotionen zu ordnen. Dabei wurden unter anderem Glück und Traurigkeit genannt. Durch weitere Untersuchungen konnten Korrelation zwischen dem Individualismusindex und diesen Gefühlen ermittelt werde(vgl. ebd.). „Unsere Interpretation geht dahin, dass individualistische Kulturen dazu ermutigen, Glück nach außen zu zeigen und zu teilen, nicht aber Traurigkeit, in kollektivistischen Kulturen ist das Gegenteil der Fall“ (ebd.).
Arbeitsplatz
Nachfolgend soll der Blick auf den Arbeitsmarkt gerichtet werden. Auch dort sind die Differenzen der Kulturdimension deutlich zu erkennen. Das Treffen von Entscheidungen, Verfolgen von Interessen und Vertreten der eigenen Meinung wird von einem guten Arbeitnehmer in individualistischen Kulturen vorausgesetzt. Im Idealfall sind diese Einstellungen des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitsgebers vereinbar. „Arbeitnehmer sollen als „wirtschaftliche Menschen“ handeln, oder als Menschen mit einer Kombination aus wirtschaftlichen und psychologischen Bedürfnissen, in jedem Fall aber als Individuen mit eigenen Bedürfnissen“ (ebd. S.133f.). Entgegengesetzt dazu vertritt der Mitarbeiter eines kollektivistischen Unternehmens die Meinungen und Interessen dieses. Auch bei der Einstellung von Mitarbeitern zeichnen sich die Unterschiede zwischen Kollektivismus und Individualismus ab. In kollektivistischen Unternehmen ist die Zugehörigkeit in eine Wir- Gruppe ein wesentliches Einstellungskriterium (vgl. ebd. S.134). Vorzugsweise werden Verwandte des Arbeitsgebers, aber auch Verwandte anderer Mitarbeiter beschäftigt. „In der individualistischen Gesellschaft gelten familiäre Beziehungen bei der Arbeit häufig als unterwünscht, da sie zu Vetternwirtschaft und Interessenkonflikt führen könnten“ (ebd.). Interessant ist hierbei einmal das Konkurrenzverhalten zu analysieren. Kollektivistische Kulturen gelten als konkurrenzorientiert, da persönliche Erfolgsorientierung und materielle Ziele wichtiger sind als gute Beziehungen und Fürsorge (vgl. EMIL 2006, S.49). „Erfolg, Durchsetzungsvermögen und Wettbewerb haben eine hohe Bedeutung. Wenn ein ausgeprägtes Konkurrenzverhalten als positiv gesehen wird, dann entwickelt sich oft eine materialistische Orientierung: Eigentum und Geld besitzen einen vorrangigen Wert, und Eigenschaften wie Ehrgeiz, Größe und Erfolg werden als positiv angesehen“ (ebd.). Dem gegenüber stehen kollektivistische Kulturen „in denen viel Wert auf Zusammenarbeit, Konsens, soziale Kontrolle und Intuition gelegt wird“ (ebd.). Dies spiegelt sich auch in ihrem Berufsethos wieder. Der amerikanische Unternehmensforscher Christopher Early konnte mit Hilfe eines Experiments heraus finden, dass die chinesischen Teilnehmer ab besten abschnitten, wenn sie mit einem Gruppenziel und anonym arbeiteten und am schlechtesten, wenn sie individuell und mit Namensangabe die Aufgaben lösten (vgl. Hofstede 2006, S.135). Die Gruppenmitglieder streben nicht nach dem individuellen Erfolg, da die Gruppe Vorrang hat (vgl. Dahl 2000).
Familienleben
Auch in der Familie lassen sich charakteristische Merkmale für Individualismus und Kollektivismus erkennen. In der kollektivistischen Familie leben häufig Eltern, Kindern, Großeltern, Tanten, Onkel, Hausangestellte und andere Hausmitbewohner eng zusammen, sie wird Großfamilie genannt (vgl. EMIL 2006, S.48). In dieser erfahren die Kinder einen engen Sozialverbund und lernen das Leben in der Gemeinschaft kennen (vgl. Ibaidi 2008). Zugleich entwickelt sich dadurch eine Abhängigkeitsbeziehung, welche unter anderem dazu beiträgt, dass die Großfamilie ein Leben lang bestehen bleibt. Die individualistische Familie hingegen besteht meist nur aus den Eltern und Kindern. Zugleich lässt sich in diesen Gesellschaften feststellen, dass die Zahl alleinerziehender Eltern steigt (vgl. EMIL 2006, S.48). Ein Großteil der Verwandtschaft lebt in anderen Städten, nur selten finden Treffen mit dieser statt. Dieser Familientyp wird als Kernfamilie bezeichnet (vgl. ebd.). „Es wird erwartet, dass das Kind das elterliche Haus verlässt, sobald es dazu in der Lage ist. Nicht selten reduzieren die Kinder nach dem Verlassen des elterlichen Hauses die Beziehungen zu den Eltern auf ein Minimum oder brechen sie sogar ganz ab“ (ebd. S.49).
Diese unterschiedlichen Familienstrukturen führen zu verschiedenen Erziehungsstilen der Eltern, sowie Denkweisen der Kinder. Die Kinder einer Großfamilie wachsen umgeben von Jüngeren, Gleichaltrigen und Älteren heran (vgl. Hofstede 2006, S.115). „Kinder, die dort aufwachsen, lernen sich als Teil der Wir-Gruppe zu denken, und dies erscheint naturgegeben. Die Wir-Gruppe unterscheidet sich von den vielen anderen Gruppen der Gesellschaft, den Sie-Gruppen“ (EMIL 2006, S.48). Primäres Ziel der Erziehung ist es, den Kindern diese Gruppenzugehörigkeit zu vermittelt. Denn diese ist Hauptquelle ihrer Identität (vgl. Ibaidi 2008). Unter anderem sind es die Kinder deshalb gewohnt täglich von anderen Familienmitgliedern umgeben zu sein. „Eine afrikanische Studentin, die zum Studium nach Belgien kam, erzählte uns, dass dies das erste Mal in ihrem Leben sei, dass sie sich längere Zeit alleine in einem Raum aufgehalten habe ( Hofstede 2006, S.115). Kinder hingegen, die in einer Kernfamilie groß werden, sind es schon eher einmal gewohnt auch alleine zu sein. Sie werden zur Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit erzogen (vgl. Ibaidi 2008). Die Erziehung soll dazu beitragen, die Kinder auf ein selbständiges und unabhängiges Leben vorzubereiten (vgl. EMIL 2006, S.49). Währenddessen machen diese zahlreiche Erfahrungen durch die sich ihre Identität entwickelt (vgl. Ibaidi 2008). „Kinder, die dort aufwachsen, lernen rasch, von sich selbst als Ich zu denken. Dieses Ich, ihre persönliche Identität, unterscheidet sich vom Ich anderer Menschen. Diese anderen werden nicht als Gruppenmitglieder klassifiziert, sondern entsprechend ihrem individuellen Charakter“ (EMIL 2006, S.48).
Finanzielle Mittel in der Familie
Wie zuvor dargestellt ist die Zugehörigkeit in eine Wir- Gruppe ein zentrales Merkmal der kollektivistischen Familie. Diese ermöglicht den einzigen sicheren Schutz, um vor den Widrigkeiten des Lebens gefeit zu sein (vgl. EMIL 2006, S.48). „Das ist der wichtigste Grund, warum eine lebenslange Loyalität gegenüber der Wir-Gruppe entsteht und auch verlangt wird; diese Loyalität zu brechen ist eine der schlimmsten Taten, die jemand begehen kann“ (EMIL 2006, S.48). Unter anderem beinhaltet diese das Aufteilen von Mitteln untereinander. So wird von einem gut verdienendem Familienmitglied erwartet, dass es etwas von seinem Einkommen an die restlichen Familienmitglieder abgibt, um dadurch die Ernährung der gesamten Familie zu ermöglichen (vgl. Hofstede 2006, S.117). „Auf der Basis dieses Prinzips kann eine Familie gemeinsam die Kosten für die Weiterbildung eines einzigen Familienmitglieds tragen, in der Hoffnung, dass dieses später eine gut bezahlte Arbeit bekommt und das Einkommen dann ebenfalls geteilt wird“ (ebd.). In individualistischen Kulturen hingegen gilt man über 18 Jahre als „[...]selbständig wirtschaftende Person[en]“ (ebd. S.118). „In den USA ist es ganz normal, dass Studenten durch Jobs und Kredite ihr Studium selbst finanzieren; ohne staatliche Unterstützung sind sie auch weniger stark von ihren Eltern abhängig und überhaupt nicht von entfernteren Verwandten“ (ebd.). Bereits die Kinder werden dazu erzogen mit jungen Jahren gelegentlich eine Arbeit auszuüben, um sich ihr Taschengeld aufzubessern (vgl. ebd. S.117). Über die Verwendung dieses Geldes dürfen sie selbst entscheiden. Auch hierbei zeichnen sich die Erziehungsziele Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit deutlich ab. Insgesamt liegt eine große Diskrepanz zwischen den Verpflichtungen gegenüber der Familie vor. In der kollektivistischen Familie wird es schwer geahndet, wenn man an Familienfesten wie Taufen, Hochzeiten und vor allem Beerdigungen nicht anwesend ist(vgl. ebd. S.118). „Ins Ausland entsandte Manager aus individualistischen Gesellschaften sind häufig überrascht über die familiären Gründe, die Mitarbeiter aus einer kollektivistischen Gastgesellschaft anführen, um Sonderurlaub zu beantragen; diese Manager im Ausland glauben dann, hereingelegt zu werden, doch höchstwahrscheinlich sind die Gründe wahr“ (ebd.).
Schulalltag
Die verschiedenen unter 2.4.5 beschriebenen Erziehungsstile werden in der Schule in gleicher Weise fortgesetzt. Vor allem die Beziehungen zwischen dem Individuum und der Gruppe werden weiter entwickelt und gefestigt. In individualistischen Gesellschaften werden die Kinder darauf vorbereitet ihren Weg in der Gesellschaft zu finden, um zu einem selbstständigen Individuum heran zuwachsen (vgl. EMIL 2006, S.48). In kollektivistischen Gesellschaften hingegen werden ihnen Tugenden und Regeln mit an die Hand gegeben, um zu einem akzeptablen Gruppenmitglied zu werden. Am Klassenverhalten wird dies besonders gut erkennbar. In kollektivistischen Kulturen ist es üblich, dass die Schüler sich nicht mündlich am Unterricht beteiligen, auch dann nicht wenn sie vom Lehrer eine Frage gestellt bekommen. „Für einen Schüler, der sich selbst als Teil einer Gruppe sieht, ist es unlogisch zu sprechen, wenn die Gruppe nicht ihre Zustimmung dazu gegeben hat“ (Hofstede 2005, S.131). Die Konsequenz aus diesem Schülerverhalten ist ein sehr schleppender Unterricht. Eine Nische bildet dabei die Kleingruppenarbeit. „In einer großen kollektivistischen oder kulturell gemischten Klasse lässt sich durch die Bildung kleiner Gruppen die Beteiligung der Schüler am Unterricht erhöhen“(ebd.). Trotzdem können viele Unterrichtsmethoden nicht realisiert werden.
Anders ist es in individualistischen Klassen dort findet eine Methodenvielfalt statt. Alleine in einer Unterrichtsstunde wird zwischen zahlreichen Methoden gewechselt. Ebenso gehört die Lehrer-Schüler Interaktion zum Alltagsgeschehen und ist ein zentraler Bestandteil des Unterrichts. Auch dabei kommt der Konfrontation und Meinungsäußerung ein großer Stellenwert zu. Es ist üblich, dass Unterrichtsinhalte durch Schüleräußerungen ergänzt und diskutiert werden. Ebenso wird von den Schülern auch erwartet, dass sie sich an Unterrichtsgesprächen beteiligen. Anderenfalls spiegelt sich ihr Verhalten in einer schlechten Note wieder. „In der kollektivistischen Klasse rangieren die Tugenden Harmonie und `Gesicht`- Wahren an erster Stelle. Konfrontationen und Auseinandersetzungen sollte man vermeiden oder zumindest so formulieren, dass man niemanden verletzt […]“ (ebd., S.132). Interessant ist es auch, dass dort die aus dem familiären Bereich stammende Differenzierung zwischen Angehörigen der Wir- und Fremdgruppe in der Schule bestehen bleiben. Ebenso wird von Schülern aus der gleichen Wir- Gruppe wie der Lehrer oder anderer Schulangestellten eine Vorzugsbehandlung vorausgesetzt(vgl. ebd.). „In der individualistischen Klasse erwarten Schüler natürlich, als Individuen und unparteiisch behandelt zu werden, ohne Berücksichtigung ihrer Herkunft“ (vgl. ebd.).
Konzept Zufriedenheit
[Bearbeiten]In unserem Projekt soll die Zufriedenheit von Menschen aus zwei unterschiedlichen Gesellschaftsformen miteinander verglichen werden. Die Lebenszufriedenheit und das Lebensglück waren bereits für die Philosophen vor Jahrtausenden ein Geheimnis, welches es zu erforschen galt (vgl. Grossarth 2012). Es gilt sich nicht nur mit der Frage zu beschäftigen, wer zufriedener ist, sondern was Zufriedenheit überhaupt bedeutet. Die Zufriedenheit des Menschen ist jedoch mit all ihren unterschiedlichen Facetten schwer zu greifen und sie wird nach wie vor intensiv erforscht. Auch die Abgrenzung von dem Begriff Glück ist noch nicht eindeutig geklärt. "In Studien und Forschungsanträgen ist [...] meist von Glück die Rede. Dass Zufriedenheit aber womöglich etwas ganz anderes sein könnte als Glück, wird gar nicht erst erwogen. Dabei klingt das eine Wort nach Wohlstandsspeck und Frührente, das andere aber auch nach Anstrengung" (ebd.).
Die folgenden zwei Definitionen sollen den Begriff verständlicher machen. Auch in der Studie wurde sich an diesen Beschreibungen orientiert. Zufrieden sein ist "sich mit dem Gegebenen, den gegebenen Umständen, Verhältnissen in Einklang befindend und daher innerlich ausgeglichen und keine Veränderung der Umstände wünschend"( Bibliographisches Institut 2013). Folgende Aussage beschreibt die Zufriedenheit aus psychologischer Sicht: "Als Zufriedenheit wird in der Psychologie ganz allgemein die Übereinstimmung einer bestimmten Erwartung eines Menschen vor einer Handlung mit deren tatsächlichem Erleben danach bezeichnet. Der Zufriedenheitsgrad ist dann abhängig vom Ausmaß der Abweichung zwischen dieser Erwartung und dem Handlungsergebnis. Ist die Erwartung höher als das Erlebnis, entsteht Unzufriedenheit, ist das Erlebnis mindestens gleich oder höher als die Erwartung, entsteht Zufriedenheit." (Stangl 2012). Sobald unsere Probanden sich also in Eintracht mit den gegebenen Situationen sehen und das Gegebene gerne annehmen ohne es zu modifizieren, sind sie für uns zufrieden.
Empirisches Forschungsprojekt
[Bearbeiten]Die beschriebenen Theorien stellen die Grundlage des empirisches Forschungsprojekts dar. Durch dieses soll Gültigkeit der Hypothese überprüft werden: Stimmt es, dass die Mitglieder einer individualistischen Gesellschaft zufriedener sind, als die einer kollektivistischen Gesellschaft? Mithilfe unserer Untersuchung soll diese Frage bestätigt oder widerlegt werden und vor allem beantwortet werden. Um einen genauen Einblick in unser Projekt zu erhalten, wird zunächst das Messinstrument und die Durchführung der Studie beschrieben. Im Anschluss daran folgt eine Übersicht der Ergebnisse, welche als Ausgangspunkt für die darauf folgende Analyse dienen.
Das Messinstrument
[Bearbeiten]Als Messinstrument haben wir uns für Situationsbeschreibungen entschieden, welche die verschiedenen Gesellschaftsstrukturen bestmöglich darstellen sollen. Der Grundgedanke bestand darin, den Probanden diese Beschreibungen auf DIN A4 Bögen gedruckt vorzulegen, von ihnen durchlesen und anschließend bewerten zu lassen. Diese Bewertungen miteinander zu vergleichen und auszuwerten. Das Ergebnis sollte bestenfalls unsere Hypothese bestätigen. Auf Basis der oben genannten Kategorien wurden von uns zehn Situationen formuliert, jeweils fünf Situationen aus individualistischer Sicht und fünf aus kollektivistischer Sicht. Der Leser allerdings wird nicht darauf hingewiesen, um welche Sichtweise es sich handelt, er soll die Situationen möglichst unbefangen beurteilen. Sie sind so formuliert, dass sich der Leser direkt angesprochen fühlt und dadurch auch nach seiner eigenen Meinung bewerten kann. Das Ziel dieser Art des Messinstrumentes war, eine möglichst schnelle und direkte Antwort und Entscheidung der Probanden zu erreichen. Allgemeine Leitfadeninterviews könnten den Probanden dazu verleiten, ausweichend zu antworten und somit eine eindeutige Auswertung erschweren. Im folgenden Teil werden diese zehn Situationskarten vorgestellt.
Situationen
[Bearbeiten]Meinungsäußerung
Wahrheit unter Freunden
Du bist bei einer Freundin zum Essen eingeladen. Du nimmst die erste Gabel und verziehst das Gesicht, weil das Essen sehr versalzen ist. Scherzhaft meinst du zu ihr: „ Bist du verliebt? Das Essen ist schon etwas salzig geworden, das kann man ja kaum essen!“
Macht es dich zufrieden, wenn du die Wahrheit sagst, auch wenn sie schmerzt?
Meinungsäußerung gegenüber eines Höhergestellten
Du sitzt in einer Veranstaltung an der Uni und der Dozent erläutert einen Sachverhalt. Dieser entspricht weder deiner Meinung noch deinen Erfahrungen. Du ärgerst dich darüber. Dir ist jedoch bewusst, dass sich der Dozent professionell und langfristig mit dem Thema auseinander gesetzt hat und somit Recht hat. Zudem siehst du ihn als autoritär an. Niemals würdest du eine solche Person bloß stellen.
Macht dich diese Situation der Meinungsäußerung zufrieden?
Kommunikation
Du bist bei Freunden zum Essen eingeladen. Nachdem ihr euch begrüßt habt und über das Wichtigste gesprochen habt, gibt es Abendessen. Während dem Essen redet ihr nicht sehr viel. Durch deine Mimik ist den Gastgebern bewusst, dass dir das Essen gut schmeckt. Nachdem ihr fertig seid mit Essen, sitzt ihr noch kurz zusammen und dann begibst du dich auf den Heimweg.
Hat dich dieser Abend mit deinen Freunden zufrieden gemacht?
Gefühlsoffenbarung
Nach langer Zeit in deiner Arbeit ruft dich eines Tages dein Vorgesetzter zu sich. Er möchte dich gerne befördern und dich zur Projektleitung ernennen. Du freust dich ungemein und versicherst freudestrahlend deine volle Konzentration und Energie für diese neue Aufgabe. Nach dem Gespräch verlässt du das Zimmer und erzählst alles deinen Kollegen und Freunden. Du kannst es gar nicht erwarten, dieses Glück, mit der ganzen Welt zu teilen und möchtest, dass alle an deinem Glück teilhaben können. Bis spät in die Nacht zieht ihr nach Arbeitsschluss um die Häuser und feiert deine lang ersehnte Beförderung.
Bist du zufrieden, wenn du deine Freude in der Menschenmenge zeigst und weißt, dass sich die Anderen mit dir freuen und mit dir feiern?
Arbeitsplatz
Du bist mit einem Kommilitone durch Zufall bei der gleichen Firma zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Im Abschlusszeugnis habt ihr die gleichen Noten erreicht. Dein Kommilitone hat allerdings während des Studiums noch in einer anderen Firma gearbeitet und auch an vielen Projektarbeiten teilgenommen. Offensichtlich hat er mehr Erfahrungen und höhere Kompetenz als du. Glücklicherweise ist der Abteilungsleiter ein alter Freund von dir, mit dem du aber in den letzten Jahren den Kontakt verloren hast. Letztendlich wirst du bei dieser Firma angestellt und dein Kommilitone hat die Chance verloren.
Bist du zufrieden, dass du trotz weniger Erfahrungen den Arbeitsplatz bekommen hast?
Familienleben
Familienstruktur
Du bist 26 Jahre alt und lebst zu Hause bei deinen Eltern. Du hast noch nie alleine gelebt, wirst jedoch nach der Hochzeit mit deinem Ehepartner in eine Wohnung ziehen. Du verbringst mit deinen Eltern sehr viel Zeit und du bist froh mit ihnen zusammen leben zu können. Auch nach dem Umzug wirst du unter keinen Umständen den Kontakt zu ihnen abbrechen. Euer Vertrauen ist so verfestigt, dass sie auch einen Teil der Erziehung deiner zukünftigen Kinder übernehmen werden.
Macht dich diese Lebenssituation zufrieden?
Erziehung
Dein Kind ist diesen Sommer in die Schule gekommen. Du möchtest dein Kind zur Selbstständigkeit erziehen, deshalb hat es von Anfang an ein eigenes Zimmer. Die Aufgaben, die es selbst bewältigen soll sind: das Packen des Schulranzen, das Vorbereiten des Pausenbrots und das Bearbeiten der Hausaufgaben. Dabei hilfst du diesem, wenn es nicht mehr weiter kommt.
Macht es dich zufrieden, dein Kind zur Selbstständigkeit zu erziehen?
Finanzielle Mittel in der Familie
Du bist 19 Jahre alt und hast gerade dein Abitur hinter dich gebracht. Nun ist es dein großer Traum Grundschullehrer/in zu werden. Die 500,00€ Studiengebühren, die dabei pro Semester anfallen, kannst du nicht finanzieren. Du hattest dich mit dem Gedanken abgefunden niemals studieren zu können…Auf einem Familienfest geschah das für dich schon unmöglich gewordene. Dein Vater rief dich auf die Bühne, weil er dir eine Überraschung mitzuteilen hatte. Er berichtete, dass es durch die Unterstützung der gesamten Familie möglich geworden sei, dein Studium zu finanzieren. Du erinnerest dich daran, dass dein Onkel eine ähnliche finanzielle Unterstützung für seine Weiterbildung erhalten hatte. Heute teilt dieser sein Einkommen unter allen Familienmitgliedern auf, um die Ernährung dieser zu ermöglichen. Somit ist auch dir bewusst, wie du später einmal deiner Familie dafür danken kannst.
Macht es dich zufrieden, dass dir deine Familie deine Weiterbildung ermöglicht und du ihnen im Gegenzug dazu später etwas von deinem Einkommen abgeben wirst?
Schulalltag
Unterrichtsform
Du bist in der 8. Klasse. Deine Lehrerin hat heute ein Stationentraining zum Thema „Umweltschutz“ vorbereitet. Ihr müsst in Gruppen gemeinsam euer Wissen erarbeiten. Dazu wird von euch aktive Zusammenarbeit gefordert. Ihr müsst über die neuen Lerninhalte diskutieren, reflektieren und euch eine Meinung bilden! Eure Lehrerin fungiert als Lernbegleiter und steht euch bei Fragen zur Seite, ansonsten lässt sie euch arbeiten.
Macht dich diese Unterrichtsform zufrieden?
Klassenverhalten
Du bist Schüler/in. Deine Lehrer/innen sind sehr auf Mitarbeit bedacht. Wenn sie eine Frage stellen, melden sich fast alle, da jeder seine Meinung äußern möchte. Dabei darf sich diese von der des Lehrers/ der Lehrerin unterscheiden. Zugleich darf jeder auch Fehler machen.
Macht es dich zufrieden, dass du dich aktiv am Unterricht beteiligen darfst?
Durchführung
[Bearbeiten]Die Durchführung der Befragung lässt sich in fünf wesentliche Punkte gliedern. Hierzu gehören die Probanden, das Bewertungssystem mit Smilies, der Bewertungsbogen und die Zeitbegrenzung. Das Projekt wurde innerhalb einer Woche durchgeführt, wobei zu jeder Befragung alle drei Teammitglieder anwesend waren.
Probanden
[Bearbeiten]Wie bereits erläutert sind die zwei Gesellschaftsformen Individualismus und Kollektivismus Ausgangspunkt unserer Hypothese. Uns war bewusst, dass wir Probanden aus beiden Kulturen benötigen würden, um ein eindeutiges Ergebnis der Befragung ermitteln zu können. Die individualistische Kultur wurde durch deutsche Staatsangehörige vertreten. Chinesische Gesellschaftsmitglieder repräsentierten die kollektivistische Kultur. Infolgedessen zeichnete sich eine weitere Bedingung für die Untersuchung ab. Von jedem Land sollten gleich viele Personen befragt werden, um ein aussagekräftiges Fazit ziehen zu können. Wir erhofften uns, mit einer Anzahl von fünf Probanden pro Kultur ein möglichst repräsentatives Ergebnis erzielen zu können . Befragt wurden zwei junge Frauen und drei junge Männer aus Deutschland, die an der Universität Augsburg studieren. Leider ist es uns nicht gelungen in China lebende Probanden zu kontaktieren. Aus diesem Grund, führten wir die Untersuchung mit drei älteren Frauen und zwei jüngeren Männern aus China durch, die allerdings in Deutschland leben und ebenfalls die Universität Augsburg besuchen. Das Alter, Geschlecht und der Bildungsstand wird für die später folgende Auswertung nicht von Bedeutung sein.
Smiley-System
[Bearbeiten]Das Bewertungssystem für die eigens für unser Projekt entwickelten Situationen sollte möglichst effektiv sein. Die Situationen spiegeln die beiden Kultur sehr spezifisch und extrem wieder. Aus diesem Grund war uns durchaus bewusst, dass einige Testpersonen ausweichend antworten könnten. Um unsere These jedoch verifizieren oder falsifizieren zu können, waren eindeutige Antworten notwendig. Unter anderem formulierten wir deshalb Entscheidungsfragen. Außerdem führten wir zu diesem Zweck Smilies zur Bewertung ein. Einlaminierte fröhliche und traurige Gesichter symbolisierten die Zufriedenheit und die Unzufriedenheit. Die Testteilnehmer legten je nach ihrer Entscheidung das entsprechende Smiley auf die Situationskarte. Diese nonverbale Art der Bewertung sollte die spontane Entscheidung des Probanden erleichtern. Der Proband legte nach kurzer Überlegung das Smiley seiner Wahl vor, ohne sich gezwungen zu sehen, direkt mit "Ja" oder "Nein" zu antworten und somit vielleicht unsicher zu werden. Wir wollten das spontane Gefühl des Befragten einfangen und ein zu langes Abwägen seinerseits vermeiden. Auch erschien uns diese Methode weniger formell und wir erhofften uns dadurch, eine ungezwungene Atmosphäre aufbauen zu können, in welcher die ehrliche Meinung der Probanden zu Tage kommt.
Bewertungsbogen
[Bearbeiten]Der Bewertungsbogen ist das von uns erstellte Formular, um die Antworten der Probanden schriftlich festzuhalten. Für jeden Befragten wurde ein neues Formular angelegt. Der Kopf des Blattes beinhaltet jeweils die Informationen zum Probanden. So wurden der Name, das Alter, das Geschlecht, die Nationalität, sowie der Beruf festgehalten. Falls dies später für die Auswertung relevant waren, konnte die Informationen gleich verwendet werden. Außerdem beinhaltet der Bogen die Situationen mit der jeweiligen Beurteilung. Dazu wurde eine Tabelle angelegt, welche sich vertikal in die Situationen und horizontal in die Bewertungen "Zufrieden" und "Unzufrieden" gliedert. Jede Antwort eines jeden Probanden konnte somit, durch ein Kreuz an entsprechender Stelle, notiert werden. Auch wurden die zusätzlichen Kommentare der Befragten, zu den jeweiligen Situationen oder ihren Antworten, aufgeschrieben. Dieser hatte durchaus die Möglichkeit, nach seiner Bewertung durch die Smilies, seine Antwort zu begründen.
Zeitbegrenzung
[Bearbeiten]Um die Antwort, wie schon im Punkt 3.2.2 beschrieben, möglichst einfach zu halten, wurde die Zeit der Bewertung begrenzt. Den Probanden wurde genug Zeit gegeben um die Situationen nach ihrem jeweiligen individuellen Tempo zu lesen. Anschließend mussten sie sich innerhalb von einer Minute für ein Smiley entscheiden. Wieder sollte vermieden werden, dass sich der Befragte, durch aufkommende Zweifel, umentscheidet und von seiner ursprünglichen, instinktiven Wahl abweicht.
Übersicht der Ergebnisse
[Bearbeiten]Individualistische Situation | Kollektivistische Situation | Zufriedenheit | Unzufriedenheit |
---|---|---|---|
Wahrheit unter Freunden | - | Insgesamt hat diese Situation 6 Probanden zufrieden gestimmt. Davon gehören 5 Probanden einer individualistischen Gesellschaft an und ein Proband einer kollektivistischen Gesellschaft. | Insgesamt hat diese Situation 4 Probanden unzufrieden gestimmt, sie sind alle kollektivistische Gesellschaftsmitglieder. |
Gefühlsoffenbarung | - | Insgesamt hat diese Situation 5 Probanden zufrieden gestimmt, sie sind alle individualistische Gesellschaftsmitglieder. | Insgesamt hat diese Situation 5 Probanden unzufrieden gestimmt, sie sind alle kollektivistische Gesellschaftsmitglieder. |
Familienleben - Erziehung | - | Insgesamt hat diese Situation 9 Probanden zufrieden gestimmt. Davon gehören 4 Probanden einer individualistischen Gesellschaft an und 5 Probanden einer kollektivistischen Gesellschaft | Insgesamt hat diese Situation einen Probanden unzufrieden gestimmt, er ist ein individualistisches Gesellschaftsmitglied. |
Schulalltag - Unterrichtsform | - | Insgesamt hat diese Situation 8 Probanden zufrieden gestimmt. Davon gehören 3 Probanden einer individualistischen Gesellschaft an und 5 Probanden einer kollektivistischen Gesellschaft. | Insgesamt hat diese Situation 2 Probanden unzufrieden gestimmt, sie sind beide individualistische Gesellschaftsmitglieder. |
Schulalltag - Klassenverhalten | - | Insgesamt hat diese Situation 9 Probanden zufrieden gestimmt. Davon gehören 4 Probanden einer individualistischen Gesellschaft an und 5 Probanden einer kollektivistischen Gesellschaft. | Insgesamt hat diese Situation einen Probanden unzufrieden gestimmt, er ist ein individualistisches Gesellschaftsmitglied. |
- | Meinung gegenüber eines Höhergestellten | Insgesamt hat diese Situation 2 Probanden zufrieden gestimmt. Davon gehört ein Proband einer individualistischen Gesellschaft an und ein Proband einer kollektivistischen Gesellschaft. | Insgesamt hat diese Situation 8 Probanden unzufrieden gestimmt. Davon gehören 4 Probanden einer individualistischen Gesellschaft an und 4 Probanden einer kollektivistischen Gesellschaft. |
- | Kommunikation | Insgesamt hat diese Situation 5 Probanden zufrieden gestimmt. Davon gehören 4 Probanden einer individualistischen Gesellschaft an und ein Proband einer kollektivistischen Gesellschaft. | Insgesamt hat diese Situation 5 Probanden unzufrieden gestimmt. Davon gehört ein Proband einer individualistischen Gesellschaft an und 4 Probanden einer kollektivistischen Gesellschaft. |
- | Arbeitsplatz | Insgesamt hat diese Situation alle Probanden zufrieden gestimmt. | - |
- | Familienleben- Familienstruktur | Insgesamt hat diese Situation 5 Probanden zufrieden gestimmt. Davon gehört ein Proband einer individualistischen Gesellschaft an und 4 Probanden einer kollektivistischen Gesellschaft. | Insgesamt hat diese Situation 5 Probanden unzufrieden gestimmt. Davon gehören vier Probanden einer individualistischen Gesellschaft an und ein Proband einer kollektivistischen Gesellschaft. |
- | Finanzielle Mittel in der Familie | Insgesamt hat diese Situation 7 Probanden zufrieden gestimmt. Davon gehören 3 Probanden einer individualistischen Gesellschaft an und vier Probanden einer kollektivistischen Gesellschaft. | Insgesamt hat diese Situation 3 Probanden unzufrieden gestimmt. Davon gehören zwei Probanden einer individualistischen Gesellschaft an und ein Proband einer kollektivistischen Gesellschaft. |
Analyse
[Bearbeiten]Um die Ergebnisse unsere Befragung bestmöglich auswerten zu können, wurden die Antworten der Probanden in ein separates Auswertungsformular eingetragen. Dieses wurde in Form einer Tabelle angelegt. Den ersten beiden Spalten der Tabelle kann entnommen werden aus welcher Perspektive die jeweiligen Situation geschildert wird. In der dritten und vierten Spalte wird die Anzahl der zufriedenen beziehungsweise unzufriedenen Bewertungen dargestellt. Unter Punkt 4.3 können die Ergebnisse genauer eingesehen werden.
Ausgangspunkt der Analyse bildet der theoretische Hintergrund, der bereits im ersten Teil der Arbeit erläutert wurde. Beginnend sollen die Situationen aus individualistischer Perspektive analysiert werden. Zunächst soll ein Blick auf die Situation `Wahrheit unter Freunden` geworfen werden. Im Gegensatz zu unseren deutschen Befragten, welche die offene Meinungsäußerung als notwendigen Akt der gegenseitigen Verständigung ansahen, ist diese direkte Art für Personen aus kollektivistischen Gesellschaften undenkbar. Nicht erstaunlich ist daher, dass vier der befragten Chinesen von der ehrlichen und konfrontierenden Art dieser Äußerung abgeneigt waren. Die Situation `Gefühlsoffenbarung` entspricht ebenfalls den in 2.4. beschriebenen Erkenntnissen nach Hofstede. Nach seinen Interpretationen scheinen individualistische Kulturen Freude und Glück eher mit der Gemeinschaft teilen und ausdrücken zu wollen, als Trauer (vgl. Hofstede 2006, S.127). Die Situation dazu beschreibt genau so einen `Ausbruch der Freude` aus individualistischer Sicht. Alle deutschen Befragten stimmt diese Situation zufrieden und würden selbst ähnlich vorgehen. Alle chinesischen Probanden hingegen sind damit unzufrieden. Einige meinten dazu, eine solche Gefühlsoffenbarung wäre nur in Anwesenheit der engsten Bekannten und Freunde möglich, nicht jedoch gegenüber den Arbeitskollegen oder gar fremden Personen. Die Situation zum Thema `Erziehung` hat neun Probanden zufrieden gestimmt. Gegen diese Art der Erziehung war sogar ein deutscher Teilnehmer. Er empfand die Anforderungen an das Kind verfrüht. Der Erziehung zur Selbstständigkeit stimmte er zu, jedoch nicht in diesem Ausmaß. Beide Situationen zu der Kategorie `Schulalltag` wurden ähnlich beurteilt. Die meisten Probanden sind mit den gegebenen Situationen zufrieden. Die moderne Unterrichtsform mit Gruppenarbeiten und interaktiven Stationen im Klassenraum fanden beide Gruppen ansprechend und effektiv. Vor allem bei den chinesischen Probanden führte dieses Thema zu einer regen Diskussion. Viele waren der Meinung, dass der normale Frontalunterricht veraltet sei und den Anforderungen der heutigen Zeit nicht mehr entspreche. Auch erzählten sie von dem enormen Leistungsdruck, welcher auf den chinesischen Schülern hafte, ohne, dass diese auch nur eine Chance hätten, sich individuell zu entwickeln oder sich in ihrem Interessensgebiet zu vertiefen. Die mit diesen Situationen unzufriedenen Deutschen äußerten, dass sie im Allgemeinen keine Vertreter von Teamarbeit seien und diese Unterrichtsform somit nicht positiv bewerten könnten.
Nun findet ein Perspektivwechsel statt. Nachfolgend werden die Ergebnisse der Situationen aus kollektivistischer Sichtweise untersucht. Die Situation `Meinungsäußerung gegenüber eines Höhergestellten` bringt ein interessantes Ergebnis mit sich. Die offene Konfrontation, welche die Personen aus individualistischen Kulturen anwenden, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, wird in dieser Situationsbeschreibung abgelehnt (vgl. Hofstede 2006, S.116). Diese Tatsache stimmt jedoch nicht nur vier deutsche Probanden unzufrieden, sondern auch vier chinesische Teilnehmer. Nach Hofstede streben diese eigentlich nach Harmonie und suchen nicht die direkte Auseinandersetzung (vgl. ebd.). Als herausragend erwies sich das Ergebnis der Situationen `Kommunikation` und `Arbeitsplatz`. Mit beiden Situationen ist die Mehrzahl der Probanden aus individualistischen Gesellschaften zufrieden, mit der Situation `Arbeitsplatz` sogar alle zehn Befragten. Individualistische Kulturen kommunizieren durch ihren "low context" mehr und ausgiebiger als kollektivistische Kulturen im "high context". Somit wäre es nicht verwunderlich, wenn alle Befragten aus Deutschland mit einer unzureichenden Kommunikation unzufrieden wären. Jedoch sind vier von fünf deutschen Probanden durchaus zufrieden mit einer weniger ausführlichen Kommunikation. Personen aus einer kollektivistischen Gesellschaften sind eine große Familie gewöhnt und müssten sich dementsprechend auch positiv zu den von uns geschilderten Familiensituationen äußern (vgl. EMIL 2006, S.48). Tatsächlich wurde die Situation `Familienstruktur` von einem deutschen und vier chinesischen Probanden positiv bewertet. Unzufrieden sind mit dieser Situation demnach vier deutsche und ein chinesischer Teilnehmer. Dies zeigt, dass sich die Art des Zusammenlebens in einer Familie bei beiden Gesellschaftsformen grundlegend unterscheiden. In kollektivistischen Kulturen ist es üblich nach Abschluss der Universität noch bei seinen Eltern zu leben. Die gegenseitige Unterstützung ist eine Selbstverständlichkeit und somit ist es kein Wunder, dass junge Familien mit den Eltern im selben Haus leben. Diese Situation ist jedoch für junge Menschen einer individualistischen Kultur undenkbar. In Deutschland ist es sogar üblich, sich als junger Erwachsener von der Familie zu trennen um seinen eigenen Weg zu gehen und Erfahrungen zu sammeln. Auch bei der zweiten Situation, der `finanziellen Mittel in der Familie`, überwiegt die Zufriedenheit seitens der Probanden aus einer kollektivistischen Kultur. Jedoch muss hier auch beachtet werden, dass ebenfalls drei Deutsche diese Art der familiären Unterstützung positiv bewertet haben. Durch Gespräche mit den Probanden konnten wir herausfinden, dass sich durch die hohe Arbeitslosigkeit und die hohen Kosten, welche auf einen Studenten zukommen erklären lässt. Die wirtschaftliche Situation der heutigen Zeit bewege auch junge Menschen aus individualistischen Gesellschaften dazu, den Rückhalt bei der Familie zu suchen.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Probanden sechs Situationen mit Zufriedenheit bewertet haben. Die individualistischen Situationen ´Selbstständigkeit´, ´Wahrheit unter Freunden´, ´Unterrichtsform´ und ´Klassenverhalten´ sind vier dieser. Drei Situationen stimmten fünf Personen zufrieden, sowie fünf Personen unzufrieden. Und nur eine Situation, die der ´Meinungsäußerung gegenüber eines Höhergestellten´ stimmte den Großteil der Befragten unzufrieden. Welche Schlussfolgerung dieser Befund zulässt, soll im nachfolgenden Fazit erläutert werden.
Fazit
[Bearbeiten]Die eingangs aufgestellte Hypothese lautet: "In individualistischen Gesellschaften lebt man zufriedener als in kollektivistischen Gesellschaften.".
Diese Annahme ließe sich dann bestätigen, wenn die individualistischen Situationsbeschreibungen alle Probanden zufrieden gestimmt hätten, sowie die kollektivistischen Situationsbeschreibungen alle Probanden unzufrieden gestimmt hätten. Die Befragung der Probanden zeigt, dass ein Großteil der individualistischen Situationsbeschreibungen von den deutschen Probanden mit Zufriedenheit bewertet wurden. Diese Situationsschilderungen wurden auch von Personen aus kollektivistischen Kulturen positiv angenommen. Die befragten Chinesen scheinen vor allem von dem interaktiven Unterricht angetan zu sein und auch der Erziehung zur Selbstständigkeit standen alle positiv gegenüber. In diesem Bereich kann somit eine Bestätigung unserer Annahme festgestellt werden. Allerdings beurteilten sowohl die Probanden auch einen Großteil der Schilderungen aus kollektivistischer Sichtweise mit Zufriedenheit.
Menschen in individualistischen Gesellschaften leben also zufrieden, sind jedoch nicht vollkommen zufrieden und können sich auch mit kollektivistischen Situationen indentifizieren. Befragte aus kollektivistischen Kulturen sind zu einem großen Teil mit der individualischten Kultur zufrieden, fühlen sich jedoch auch in ihrer Kultur wohl und möchten in gewissen Punkten nicht mit der anderen tauschen. Dies deutet daraufhin, dass sich der Einzelne seinen eigenen Weg zur Zufriedenheit sucht und unter Umständen auch von der eigenen Kultur abwendet. Diesen Schritt zu wagen, sich seine eigene Nische zu suchen, kann natürlich als eine individualistische Verhaltensweise erachtet werden .
Es zeigt sich, dass beide Kulturen sowohl zur Zufriedenheit, als auch zur Unzufriedenheit führen. Die Hypothese kann zum jetzigen Zeitpunkt weder verifiziert noch falsifiziert werden. Die qualitative Forschung zu Beginn mit wenigen Probanden und Beachtung der individuellen Meinungen ist in eine quantitative Forschung gewandelt. Um ein deutliches Ergebnis bezüglich der Hypothese zu erreichen, muss mit einer quantitativen Befragung weiter geforscht werden. Der hier bewiesene Teil stellt, wie wir nun feststellen können, nur den Anfang dar.
Quellenangabe
[Bearbeiten]Um ein besseres Verständnis über die Befragungsbögen und dem Messinstrument zu erlangen, weisen wir hiermit auf die Präsentation des Projektes hin. Der folgende Link führt auf den gehaltenen Vortrag, auf welcher man unter dem Punkt 2.3 "Analyse" alle Bögen einsehen kann. <http://prezi.com/nndhqbxv5iq1/seminararbeit-iks-ss-2013/>, zuletzt abgerufen am 30.08.2013
Literatur
[Bearbeiten]Hofstede, Geert (2006): Lokales denken, globales Handeln. Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management, Deutscher Taschenbuch Verlag, 3.Aufl., München.
Trompenaars, Fons (2012): Riding the waves of culture, Understanding Cultural Diversity in Business, Nicholas Brealey Publishing, 3.Aufl., London.
Internetquellen
[Bearbeiten]Bibliographisches Institut (2013). Duden. <http://www.duden.de/shop/service/impressum/>, zuletzt abgerufen am 01.09.2013
Dahl, Stephan (2000): Individualismus und Kollektivismus. <http://www.intercultural-network.de/einfuehrung/individualismus.shtml>, zuletzt abgerufen am 30.08.2013
Elze, Tobias (2011): Individualismus und Kollektivismus.<http://www.tobias-elze.de/vortr/individ.pdf>, zuletzt abgerufen am 30.08.2013
EMIL - Europäisches Modularprogramm für Interkulturelles Lernen in der Lehreraus- und -Fortbildung (2006): Handbuch für interkulturelles Lernen. <http://www.emil.ikk.lmu.de/deutch/Handbuch-EMIL-Volltext.pdf>, zuletzt abgerufen am 01.09.2013
Grossarth, Jan (2012): Die Berechnung des Glücks. <http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/welt-der-statistiker-die-berechnung-des-gluecks-11708043.html>, zuletzt abgerufen am 02.09.2013
Ibaidi, Said (2008): Merkmale und Indikatoren von Individualismus und Kollektivismus. http://web.fu-berlin.de/xenos/doc/Individualismus_und_Kollektivismus.pdf, zuletzt abgerufen am 30.08.2013
Imkamp, Wolfgang (2011): Individualismus und sein interkultureller Gegenpol - der Kollektivismus. <http://www.experto.de/b2b/unternehmen/management/individualismus-und-kollektivismus.html>, zuletzt abgerufen am 30.08.2013
Müller, Stefan (2007): Kulturdimensionen. <http://tudresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/fakultaet_wirtschaftswissenschaften/bwl/marketing/lehre/lehre_pdfs/Mueller_IM_D_Hofstedes_Kulturdimensionen.pdf>, zuletzt abgerufen am 02.09.2013
Nefzger, Andreas (2013): Das Glück ist ein U. <http://www.faz.net/aktuell/lebensstil/leib-seele/studie-zur-zufriedenheit-das-glueck-ist-ein-u-12292441.html>, zuletzt abgerufen am 02.09.2013
Stangl, Wolfgang (2012): Lexikon für Psychologie und Pädagogik. <http://lexikon.stangl.eu/6737/zufriedenheit/>, zuletzt abgerufen am 02.09.2013.
Thissen, Frank (2007): Kulturportal. <http://www.to-study-in.de/Kulturwissenschaftler.php>, zuletzt abgerufen am 02.09.2013
Kurs
[Bearbeiten]Name | Studiengang | vhb | Wiki | Thema | Forschungsland | Homepage | Video | abgeschlossen |
Kursleiterin Eva Sondershaus, M.A. | Eva Sondershaus | |||||||
Moor Irina | BA DaF/DaZ Geschichte | Moor Irina | ||||||
Raphael Grethen | Erasmus, DaF | raphael grethen | ||||||
Fengli Song | BA DaF / DaF-DaZ | Fengli Song | ||||||
Veronika Angersbach | LA GS DaZ Erw. | Veronika Angersbach | ||||||
Gianmarco Suomi | Daf-Daz | Gianmarco Suomi | ||||||
Maria Eberle | LA GS | Maria | ||||||
Liu Yang | BA DAFDAZ | Liu Yang | ||||||
Christiane Rudhart | LA GS DiDaZ | Christiane Rudhart | ||||||
Johanna Dreyer | LA GS DaF/DaZ | Johanna | ||||||
Nadja Vollmer | BA Germanistik / DaF/DaZ | Nadja-viola | ||||||
Friederike Lamprecht | LA GS DaZ/DaF | Friederike Lamprecht | ||||||
Veronika Linder | LA HS DaF/DaZ | Veronika Linder | ||||||
Hannah Schreiber | BA DaF/DaZ | Hannah Schreiber | ||||||
Hedwig Paret | BA DaF/Daz, Franko-Romanistik | Hedwig Paret | ||||||
Paulina Owsianka | Erasmus, Germanistik | Paulina Owsianka | ||||||
Josephine Cyrol | LA GS D/DaZ | Josephine Cyrol |
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