Grenzen des Folgenbegriffs
Einleitung
[Bearbeiten]Diese Seite zum Thema Grenzen des Folgenbegriffs kann als Wiki2Reveal Folien angezeigt werden. Einzelne Abschnitte werden als Folien betrachtet und Änderungen an den Folien wirken sich sofort auf den Inhalt der Folien aus. Dabei werden die folgenden Teilaspekte im Detail behandelt:
- (1) Warum reicht der Folgenbegriff im Allgemeinen nicht aus, um Konvergenz in topologischen Räumen zu untersuchen?
- (2) Beispiel für einen topologischen Raum, in dem Folgen die Konvergenz nicht beschreieben können.
Zielsetzung
[Bearbeiten]Diese Lernressource zu Grenzen des Folgenbegriffs in der Wikiversity hat das Ziel, die Grenzen des Folgenbegriffes an einem Beispiel für einen topologischen Raum zu erläutern.
Von Folgen zu Netzen
[Bearbeiten]In der Lernressource wird ein Beispiel eines topologischen Raumes behandelt, bei dem die Grenzen des Folgenbegriffs deutlich werden. Dabei gibt es prinzipiell zwei Wege der Erweiterung
Normen, Metriken, Topologie
[Bearbeiten]Als Lernvoraussetzungen zu dieser Lerneinheit macht es Sinn, das Thema Normen, Metriken, Topologie sich noch einmal anzusehen.
Komplement-abzählbar-Topologie
[Bearbeiten]Im Folgenden wird der topologische Raum definiert, mit dem die Grenzen des Folgenbegriffs veranschaulicht werden. Offenen Mengen werden dabei als Komplemente von abzählbaren Mengen definiert. Die Topologie wird dabei mit der diskreten Topologie verglichen und bzgl. Folgenkonvergenz untersucht.
Grundraum der reellen Zahlen
[Bearbeiten]In diesem Beispiel wird als Grundraum die Menge der reellen Zahlen verwendet. Dieser wird allerdings nicht der vom Betrag induzierten euklidischen Topologie auf versehen, sondern einmal mit einem anderen System von offenen Mengen und mit der diskreten Topologie , bei der alle Mengen offen und zugleich abgeschlossen sind.
Diskrete Topologie
[Bearbeiten]Die diskrete Topologie auf wird durch folgende diskreten Metrik zu einem metrischen Raum :
Aufgabe - Metrikeigenschaften
[Bearbeiten]Weisen die 3 Metrikeigenschaften für die oben definierte diskrete Metrik nach!
Aufgabe - diskrete Topologie
[Bearbeiten]Zeigen Sie, dass jede Teilmenge in der diskreten Topologie zugleich offen und abgeschlossen ist!
Hinweis: Zeigen Sie zunächst, dass Einpunktmengen in offen sind mit ).
Definition des Systems der offenen Mengen
[Bearbeiten]In dem Raum soll das Mengensystem alle Teilmenge enthalten, dessen Komplement abzählbar viele Elemente enthält oder gilt. Die Topologie bezeichnet man im Folgenden "Komplement-abzählbar"-Topologie .
Nachweis der Topologieeigenschaften
[Bearbeiten]Damit mit dem Mengensystem eine Topologie ist, muss man nachweisen, dass die folgenden 3 Eigenschaften erfüllt:
- (T1)
- (T2) für alle .
- (T3) Für eine beliebige Indexmenge und für alle gilt: .
Nachweis von T1
[Bearbeiten]In dem Raum besteht das Mengensystem aus allen Teilmenge , dessen Komplement abzählbar viele Elemente enthält oder gilt.
- Das Komplement von ist . Die leere Menge ist abzählbar.
- Das Komplement von ist nach Voraussetzung offen.
Nachweis von T2
[Bearbeiten]Für (T2) seien beliebig gewählt. Nun ist zu zeigen, dass auch gilt.
Beweisschritt 1 - T2
[Bearbeiten]Wegen sind die Komplemente abzählbar oder ganz .
Beweisschritt 2 - T2
[Bearbeiten]Die Eigenschaft (T2) wird durch Fallunterscheidung
- (Fall A)
- (Fall B)
Beweisschritt 3 - Fall A - T2
[Bearbeiten]Mit Fall A folgt auch mit de Morgan:
Damit ist auch für Fall A der Schnitt eine offene Menge.
Beweisschritt 4 - Fall B - T2
[Bearbeiten]Im Fall B und sind nun nach Voraussetzung beide Komplemente und abzählbar. Im Allgemeinen ist die abzählbare Vereinigung von abzählbaren Mengen wieder abzählbar (also insbesondere die Vereingigung von zwei Mengen).
Beweisschritt 5 - Fall B - T2
[Bearbeiten]Auch in Fall B lässt sich durch die Anwendung von de Morgan nachweisen, dass das Komplement von wieder abzählbar ist.
Damit ist auch für Fall B der Schnitt eine offene Menge.
Nachweis von T3
[Bearbeiten]Für die Eigenschaft (T3) sei eine beliebige Indexmenge gegeben, sodass für alle nach Voraussetzung gilt. Nun ist zu zeigen, dass .
- (Fall A)
- (Fall B)
Beweisschritt 1 - Fall A - T3
[Bearbeiten]Mit folgt, dass für alle die Bedingung gilt. Damit erhält man und diese Menge ist nach Voraussetzung eine offene Menge.
Beweisschritt 2 - Fall B - T3
[Bearbeiten]Mit gibt es wenigstens einen Index , für den mit . Mit Komplementbildung erhält man ferner:
Beweisschritt 3 - Fall B - T3
[Bearbeiten]Betrachtet man so erhält man mit de Morgan die Gleichung:
Damit ist als Teilmenge einer abzählbaren Menge und ist selbst wieder abzählbar. Also ist .
Folgenkonvergenz
[Bearbeiten]Mit dem oben beschriebenen Nachweis der drei Eigenschaft (T1), (T2) und (T3) ist nun ein topologischer Raum. Betrachtet man nun eine beliebige Folge und einen potentiellen Grenzwert , so definiert man die folgende Teilmenge der Folgenglieder.
Vereinigung von Folgenglieder
[Bearbeiten]Wenn man die Definition der Menge betrachtet, so entsteht eine abzählbare Menge als Teilmenge der Vereinigung aller Folgenglieder.
Diese Menge wird als Komplement einer Umgebung von verwendet.
Komplemente von abzählbaren Mengen als Umgebung
[Bearbeiten]Man betrachtet nun für ein beliebig gewähltes das Komplement von abzählbaren Mengen als Umgebung. Da nach Voraussetzung und das Komplement abzählbar ist, gilt und ist damit eine Umgebung von .
Anwendung der Konvergenzdefinition
[Bearbeiten]Durch Anwendung der Konvergenzdefinition, muss man für jede Umgebung von bei Vorliegen eine Konvergenz von gegen eine Indexschranke geben, sodass für alle die Folgenglieder in der Umgebung liegen:
Folgenkonvergenz
[Bearbeiten]Die obige Bedingung zur Folgenlkonvergenz gilt für alle Umgebungen , also insbesondere für die Menge . Die Folge kann demnach nur dann gegen konvergieren, wenn es eine Indexschranke gilt, ab der für alle die Folgenglieder mit dem potentiellen Grenzwert übereinstimmen. Alle anderen Folgenglieder liegen per Definition von in .
Vergleich mit der diskreten Topologie
[Bearbeiten]In der diskreten Topologie sind Einpunktmenge (und damit auch jede Teilmenge von ) offen. In der diskreten Topologie konvergiert eine Folgen nur dann, wenn für jede Umgebung von eine Indexschranke existiert, aber alle Folgenglieder mit höherem Index in liegen. Daher müssen konvergente Folgen auch in der diskreten Topologie aber einer Folgenindex konstant sein und dem Grenzwert entsprechen.
Bemerkung - diskrete Topologie
[Bearbeiten]Die diskrete Topologie ist allerdings feiner als die oben definierte , bei der die Komplemente von offenen Menge () abzählbar sein müssen, obwohl diese auf den ersten Blick die gleichen konvergenten Folgen erzeugen.
Mächtigkeit der Indexmenge
[Bearbeiten]Die Grenzen der Beschreibung der Konvergenz mit Folgen liegen in der Mächtigkeit der Indexmenge , mit der die Folgen indiziert werden. Notwendig wird daher der Übergang zu mächtigeren Indexmengen mit einer partiellen Ordnung (Halbordnung) bei Netzen (bzw. alternativ der Übergang zu Filtern).
Aufgaben für Lernende / Studierende
[Bearbeiten]Mit den folgenden Aufgaben zum Thema Grenzen des Folgenbegriffs wird eine nicht-konstante Folge definiert, die in der obigen Topologie ("Komplement von offenen Mengen abzählbar") konvergiert
Definition der Indexmenge
[Bearbeiten]Als Indexmenge verwenden man die Topologie mit der folgenden Relation , wenn .
Aufgabe 1 - Partielle Ordnung
[Bearbeiten]Zeigen Sie, dass eine partielle Ordnung liefert.
Überabzählbare und abzählbare Mengen
[Bearbeiten]Wenn eine das Komplement einer Menge abzählbar ist und der Grundraum überabzählbar ist, dann enthält eine offene Menge mit immer überabzählbar viele Elemente. Für und festen definiert man sonst wählt man aus der überabzählbaren Menge ein beliebiges
Aufgabe 2 - Konvergenz
[Bearbeiten]Zeigen Sie, dass mit der partiellen Ordnung gegen konvergiert! Verwenden Sie dabei die Konvergenzdefinition für Netze:
Begründen Sie, warum das Netz zwar konvergiert, aber nicht ab einer gewissen Indexschranke konstant ist.
Aufgabe 3 - Konvergenz diskrete Topologie
[Bearbeiten]Wählen Sie nun ein beliebiges Netz , das mit der partiellen Ordnung in der Topologie gegen konvergiert! Verwenden Sie dabei die Konvergenzdefinition für Netze und zeigen Sie, dass ein solches Netz ab einer Indexschranke konstant sein muss:
Abschließende Bemerkung
[Bearbeiten]Wenn man in dem obigen Beispiel die "Komplement abzählbar"-Topologie mit der diskreten Topologie nur bezüglich der Folgen vergleicht, dann müssen Folgen in beiden Topologien und ab einer Indexschranke konstant sein und dem Grenzwert entsprechen.
Feinere Topologie
[Bearbeiten]Die diskrete Topologie ist allerdings feiner als "Komplement abzählbar"-Topologie (also ). Die folgende Menge ist in als Vereinigung von Einpunktmengen offen (und auch abgeschlossen) und in nur abgeschlossen als ein Komplement einer offenen Menge.
Konvergenz von Netzen
[Bearbeiten]Wenn man das in definiert Netz betrachtet, dann konvergiert dieses Netz zwar "Komplement abzählbar"-Topologie aber nicht in der diskreten Topologie, weil es keine Indexschranke in gibt, ab der das Netz konstant ist.
Feinheit der Topologie und Konvergenz
[Bearbeiten]Mit Netzen kann man Unterschiede in der Feinheit der Topologie identifizieren identifizieren. Im obigen Beispiel wurde ein Netz definiert, gröbere Topologie noch konvergiert aber in der feineren Topologie nicht konvergiert. Bezogen auf Folgen führte unterschiedliche Topologien zum gleichen Anforderung für Folgenkonvergenz.
Grenzen des Folgenbegriffs
[Bearbeiten]Der Folgenbegriff ist damit unzureichend für Untersuchung von unterschiedlichen Topologien. In dem obigen Beispiel war es die "Komplement-abzählbar"-Topologie und die diskrete Topologie .
Literatur/Quellennachweise
[Bearbeiten]Zu den Anwendungen in der mengentheoretischen Topologie:
- Boto von Querenburg: Mengentheoretische Topologie. 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2001, ISBN 3-540-67790-9.
- Thorsten Camps, Stefan Kühling, Gerhard Rosenberger: Einführung in die mengentheoretische und die algebraische Topologie (= Berliner Studienreihe zur Mathematik. Bd. 15). Heldermann, Lemgo 2006, ISBN 3-88538-115-X.
- Lutz Führer: Allgemeine Topologie mit Anwendungen. Vieweg, Braunschweig 1977, ISBN 3-528-03059-3.
- Horst Schubert: Topologie. 4. Auflage. B. G. Teubner, Stuttgart 1975, ISBN 3-519-12200-6.
Siehe auch
[Bearbeiten]- Filter
- Kurs:Maßtheorie auf topologischen Räumen
- Normen, Metriken, Topologie
- partielle Ordnung - Halbordnung
- Wiki2Reveal
Seiteninformation
[Bearbeiten]Diese Lernresource können Sie als Wiki2Reveal-Foliensatz darstellen.
Wiki2Reveal
[Bearbeiten]Dieser Wiki2Reveal Foliensatz wurde für den Lerneinheit Kurs:Funktionalanalysis' erstellt der Link für die Wiki2Reveal-Folien wurde mit dem Wiki2Reveal-Linkgenerator erstellt.
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- Link zur Quelle in Wikiversity: https://de.wikiversity.org/wiki/Grenzen%20des%20Folgenbegriffs
- siehe auch weitere Informationen zu Wiki2Reveal und unter Wiki2Reveal-Linkgenerator.