Kurs:Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018)/Vorlesung 12/latex

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\setcounter{section}{12}


\epigraph { Zum Sehen geboren, Zum Schauen bestellt, } { Johann Wolfgang von Goethe }






\zwischenueberschrift{Das $K$-Spektrum}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Alexander_Grothendieck.jpg} }
\end{center}
\bildtext {Alexander Grothendieck (1928-2014)} }

\bildlizenz { Alexander Grothendieck.jpg } {Konrad Jacobs} {} {Commons} {CC-BY-SA 2.0} {Quelle=Oberwolfach Photo Collection (http://owpdb.mfo.de/detail?photoID=1452)}


Wie hängen affin-algebraische Mengen und deren Koordinatenringe zusammen? Hier kann man nur für nicht-endliche Grundkörper gehaltvolle Antworten erwarten, da es im endlichen Fall zu wenige Punkte gibt. Eine befriedigende Theorie erfordert sogar, dass man sich auf algebraisch abgeschlossene Körper beschränkt, oder aber \zusatzgs {das ist der Standpunkt der von Alexander Grothendieck entwickelten Schematheorie} {} nicht nur $K$-Punkte betrachtet, sondern generell maximale Ideale und Primideale als Punkte mitberücksichtigt.

Eine erste wichtige Frage ist folgende: Eine $K$-Algebra $R$ von endlichem Typ hat mehrere, in aller Regel gleichberechtigte Darstellungen als Restklassenring einer Polynomalgebra, sagen wir
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ K[X_1 , \ldots , X_n]/ {\mathfrak a} }
{ \cong} { R }
{ \cong} { K[X_1 , \ldots , X_m]/ {\mathfrak b} }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dazu gehören die beiden Nullstellengebilde
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V( {\mathfrak a} ) }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V( {\mathfrak b} ) }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ m } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wie hängen diese beiden Nullstellengebilde zusammen?




\inputbeispiel{ }
{

Wir betrachten den Polynomring in einer Variablen
\mathl{R=K[T]}{.} Ihm entspricht zunächst die affine Gerade
\mathl{{\mathbb A}^{1}_{K}}{.} Man kann $R$ aber auch auf ganz verschiedene Arten als Restklassenring einer Polynomalgebra in mehreren Variablen erhalten. Es sei beispielsweise
\mathbed {a \in K} {}
{a \neq 0} {}
{} {} {} {,} und betrachte den Restklassenring
\mathl{K[X,Y]/(aY+bX)}{.} Dieser Ring ist \zusatzklammer {als $K$-Algebra} {} {} isomorph zu $R$, wie die Abbildung
\mathdisp {K[X,Y]/(aY+bX) \longrightarrow K[T],\,
\mathdisplaybruch X \longmapsto T, \, Y \longmapsto -\frac{b}{a} T} { , }
zeigt. Das zugehörige Nullstellengebilde
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V(aX+bY) }
{ \subset }{ {\mathbb A}^{2}_{} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist einfach die Gerade in der affinen Ebene, die durch die Gleichung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y }
{ = }{ - \frac{b}{a}X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} beschrieben wird.

Eine weitere Möglichkeit, den Polynomring in einer Variablen als Restklassenring darzustellen, ist durch
\mathl{K[X,Y]/(Y-P(X))}{} gegeben, wobei
\mathl{P(X)}{} ein beliebiges Polynom in der einen Variablen $X$ ist. Der Ringhomomorphismus
\mathdisp {K[X,Y]/(Y-P(X)) \longrightarrow K[T],\,
\mathdisplaybruch X \longmapsto T, \, Y \longmapsto P(T)} { , }
zeigt, dass wieder ein Isomorphismus zum Polynomring in einer Variablen vorliegt. Das zugehörige Nullstellengebilde ist einfach der \definitionsverweis {Graph}{}{} des Polynoms
\mathl{P(X)}{.}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Lineline.jpg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Lineline.jpg } {Astur1} {} {Commons} {PD} {}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Lineair-cartesiaans.png} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Lineair-cartesiaans.png } {MADe} {} {nl.wikipedia.org} {CC-BY-SA-3.0} {}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Polynomialdeg5.png} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Polynomialdeg5.png } {} {Derbeth} {Commons} {CC-BY-SA-3.0} {}


}

Der Punkt an diesem Beispiel ist, dass alle drei geometrischen Objekte die Nullstellenmengen zu verschiedenen Restklassendarstellungen von
\mathl{K[T]}{} sind. Vom Standpunkt der algebraischen Geometrie sind das drei gleichberechtigte Darstellungen der affinen Geraden, auch wenn sie unterschiedlich \anfuehrung{aussehen}{.} In der algebraischen Geometrie muss man so hinschauen, dass sie gleich aussehen. Was man sieht sind nur verschiedene Einbettungen des \anfuehrung{eigentlichen und wahren}{} geometrischen Objektes, das zu einer $K$-Algebra intrinsisch gehört, nämlich das $K$-Spektrum.




\inputdefinition
{}
{

Zu einer kommutativen $K$-\definitionsverweis {Algebra}{}{} $R$ von endlichem Typ bezeichnet man die Menge der $K$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismen}{}{}
\mathdisp {\operatorname{Hom}_K(R,K)} { }
als das \definitionswort {Spektrum}{} von $R$. Es wird mit
\mathl{K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} bezeichnet.

}

Die Elemente in einem $K$-Spektrum
\mathl{K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} betrachten wir als Punkte und bezeichnen sie üblicherweise mit $P$, obwohl es definitionsgemäß Abbildungen sind, nämlich $K$-Algebrahomomorphismen von $R$ nach $K$. Für ein Ringelement
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ \in }{ R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} schreiben wir dann auch einfach
\mathl{f(P)}{} \zusatzklammer {statt \mathlk{P(f)}{}} {} {} für den Wert von $f$ unter dem mit $P$ bezeichneten Ringhomomorphismus \zusatzklammer {es ist nicht unüblich, einen Punkt als eine Auswertung von Funktionen anzusehen, die in einer gewissen Umgebung des Punktes definiert sind} {} {.}

Das $K$-Spektrum wird wieder mit einer \stichwort {Zariski-Topologie} {} versehen, wobei zu einem Ideal
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak a} }
{ \subseteq }{ R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {oder zu einer beliebigen Teilmenge aus $R$} {} {} die Teilmenge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ V( {\mathfrak a} ) }
{ =} { { \left\{ P \in K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } \mid f(P) = 0 \text{ für alle } f \in {\mathfrak a} \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} als abgeschlossen erklärt wird. In der Tat wird dadurch eine Topologie definiert, siehe Aufgabe 12.6. Die komplementären offenen Mengen werden mit $D( {\mathfrak a} )$ bezeichnet.





\inputfaktbeweis
{Polynomring über Körper/Punkte im affinen Raum und K-Algebra-Homomorphismen/Identifizierung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein Körper und sei
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{} der \definitionsverweis {Polynomring}{}{} in $n$ Variablen.}
\faktfolgerung {Dann stehen die $K$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismen}{}{} von
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{} nach $K$ in natürlicher Weise in Bijektion mit den Punkten aus dem \definitionsverweis {affinen Raum}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ = }{K^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}}
\faktzusatz {und zwar entspricht dem Punkt
\mathl{(a_1 , \ldots , a_n)}{} der \definitionsverweis {Einsetzungshomomorphismus}{}{}
\mathl{X_i \mapsto a_i}{.} Mit anderen Worten,
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( K[X_1, \ldots, X_n] \right) } }
{ =} { { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}

}
{

Ein $K$-Algebrahomomorphismus ist stets durch ein $K$-Algebra-Erzeugendensystem festgelegt. D.h. die Werte an den Variablen $X_i$ legen einen $K$-Algebrahomomorphismus von
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]}{} nach $K$ fest. Ein solcher Einsetzungshomomorphismus ist durch
\mathl{X_i \mapsto a_i}{} definiert. Zugleich ist hier jede Vorgabe von Werten
\mathl{(a_1 , \ldots , a_n)}{} erlaubt.

}





\inputbeispiel{}
{

Das $K$-Spektrum zur $K$-Algebra $K$ besteht einfach aus einem Punkt, und zwar ist die Identität \maabb {} {K} {K } {} der einzige $K$-Algebrahomo\-morphismus von $K$ nach $K$. Es gibt im Allgemeinen weitere Körperautomorphismen auf $K$, doch diese sind keine $K$-Algebrahomomorphismen.


}

Entscheidend ist nun der folgende Satz, der eine bijektive Beziehung zwischen dem $K$-Spektrum von $R$ und dem Nullstellengebilde stiftet, das von einer Restklassendarstellung von $R$ herrührt.





\inputfaktbeweis
{Endlich erzeugte K-Algebren/K-Spektrum/Isomorph zu Einbettung/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei $R$ eine \definitionsverweis {endlich erzeugte}{}{} kommutative $K$-\definitionsverweis {Algebra}{}{} mit $K$-\definitionsverweis {Spektrum}{}{}
\mathl{K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ R }
{ = }{ K[X_1 , \ldots , X_n]/{\mathfrak a} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Restklassendarstellung}{}{} von $R$ mit dem zugehörigen Restklassenhomomorphismus \maabbdisp {\varphi} { K[X_1 , \ldots , X_n] } { R } {} und dem \definitionsverweis {Nullstellengebilde}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V( {\mathfrak a} ) }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann stiftet die \definitionsverweis {Abbildung}{}{} \maabbeledisp {} { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } } { { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } } {P} { P \circ \varphi } {} eine \definitionsverweis {Bijektion}{}{} zwischen
\mathl{K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} und
\mathl{V( {\mathfrak a} )}{,} die bezüglich der \definitionsverweis {Zariski-Topologie}{}{} ein \definitionsverweis {Homöomorphismus}{}{} ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Zunächst ist die angegebene Abbildung wohldefiniert, da die Hintereinanderschaltung
\mathdisp {P \circ \varphi : K[X_1 , \ldots , X_n] \stackrel{\varphi}{\longrightarrow} K[X_1 , \ldots , X_n]/ {\mathfrak a} \cong R
\mathdisplaybruch \stackrel{P}{\longrightarrow} K} { }
einen $K$-Algebrahomomorphismus vom Polynomring nach $K$ definiert, der nach Lemma 12.3 der Einsetzungshomomorphismus zu
\mathl{(a_1 , \ldots , a_n)}{} ist und mit dem entsprechenden Punkt des affinen Raumes identifiziert werden kann \zusatzklammer {und zwar ist \mathlk{a_i=P(\varphi(X_i))}{}} {} {.}

Da der Homomorphismus
\mathl{P \circ \varphi}{} durch $R$ faktorisiert, wird das Ideal ${\mathfrak a}$ auf $0$ abgebildet. D.h. der Bildpunkt
\mathl{P \circ \varphi = (a_1 , \ldots , a_n)}{} liegt in
\mathl{V( {\mathfrak a} )}{,} und es liegt eine Abbildung \maabbeledisp {} { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } } { V({\mathfrak a} ) \subseteq { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } } {P} { P \circ \varphi } {} vor, die wir als bijektiv nachweisen müssen.

Es seien dazu
\mathl{P_1, P_2 \in K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} zwei verschiedene Punkte. Es liegen also zwei verschiedene $K$-Algebrahomomorphismen vor, und da ein $K$-Algebraho\-momorphismus auf einem $K$-Algebra-Erzeugendensystem festgelegt ist, müssen sich die beiden auf mindestens einer Variablen unterscheiden. Dann ist aber auch der Wert der zugehörigen Koordinate verschieden, d.h.
\mathl{P_1 \circ \varphi \neq P_2 \circ \varphi}{,} und die Abbildung ist injektiv.

Zur Surjektivität sei ein Punkt
\mathl{(a_1 , \ldots , a_n) \in V( {\mathfrak a} )}{} vorgegeben. Der zugehörige $K$-Algebrahomomorphismus \maabbeledisp {} {K[X_1 , \ldots , X_n] } { K } {X_i} { a_i } {,} annulliert daher jedes
\mathl{F \in {\mathfrak a}}{,} so dass dieser Ringhomomorphismus durch
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n]/ {\mathfrak a}}{} faktorisiert. Dieser Ringhomomorphismus ist das gesuchte Urbild aus
\mathl{K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{.}

Zur Topologie muss man einfach nur beachten, dass für
\mathl{G \in R}{} und ein Urbild
\mathl{\tilde{G} \in K[X_1 , \ldots , X_n]}{} und einen Punkt
\mathl{P \in K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} mit Bildpunkt
\mathl{\tilde{P}= P \circ \varphi \in V( {\mathfrak a} )}{} gilt:
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ G(P) }
{ =} { P(G) }
{ =} { P(\varphi(\tilde{G})) }
{ =} { ( P \circ \varphi ) (\tilde{G}) }
{ =} { \tilde{G} (\tilde{P}) }
} {}{}{,} so dass auch die Nullstellen übereinstimmen.

}


Dieser Satz besagt also, dass man jedes $K$-Spektrum einer endlich erzeugten $K$-Algebra $R$ mit einer Zariski-abgeschlossenen Menge eines
\mathl{{ {\mathbb A}_{ K }^{ n } }}{} identifizieren kann. Man spricht von einer \stichwort {abgeschlossenen Einbettung} {.}





\inputfaktbeweis
{Endlich erzeugte K-Algebren/Nullenstellengebilde zu verschiedenen Restklassendarstellungen sind isomorph/über K-Spektrum/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und $R$ eine \definitionsverweis {endlich erzeugte}{}{} kommutative $K$-\definitionsverweis {Algebra}{}{} mit zwei \definitionsverweis {Restklassendarstellungen}{}{}
\mathdisp {R \cong K[X_1 , \ldots , X_n]/ {\mathfrak a} \text{ und } R \cong K[X_1 , \ldots , X_m]/{\mathfrak b}} { }
mit zugehörigen \definitionsverweis {Nullstellengebilden}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V({\mathfrak a}) }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V({\mathfrak b}) }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ m } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann sind die beiden Nullstellengebilde \mathkor {} {V({\mathfrak a})} {und} {V({\mathfrak b})} {} mit ihrer induzierten \definitionsverweis {Zariski-Topologie}{}{} \definitionsverweis {homöomorph}{}{} zueinander.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Nach Satz 12.5 sind beide Nullstellengebilde homöomorph zu
\mathl{K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{,} so dass sie auch untereinander homöomorph sein müssen.

}

Wenn $R$ der Nullring ist, so ist das $K$-Spektrum davon leer. Wenn $K$ nicht algebraisch abgeschlossen ist, so kann das Spektrum auch zu anderen Ringen leer sein. Wenn aber $K$ ein algebraisch abgeschlossener Körper ist, so ist bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das Spektrum auch nicht leer. In der Tat gilt unter dieser Voraussetzung wieder ein Hilbertscher Nullstellensatz, siehe Aufgabe 12.8.






\zwischenueberschrift{Das K-Spektrum als Funktor}





\inputfaktbeweis
{Affine Varietäten/K-Spektren als Funktor/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und seien $R$ und $S$ kommutative $K$-\definitionsverweis {Algebren von endlichem Typ}{}{.} Es sei \maabb {\varphi} {R} {S } {} ein $K$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismus}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann induziert dies eine Abbildung \maabbeledisp {\varphi^*} { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( S \right) } } { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } } {P} { P \circ \varphi } {.} Diese Abbildung ist \definitionsverweis {stetig}{}{} bezüglich der \definitionsverweis {Zariski-Topologie}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Existenz der Abbildung ist klar, dem $K$-Algebrahomomorphis\-mus \maabbdisp {P} {S} {K } {} wird einfach die Hintereinanderschaltung
\mathdisp {R \stackrel{\varphi}{\longrightarrow} S \stackrel{P}{\longrightarrow} K} { }
zugeordnet. Das Urbild der offenen Menge
\mathl{D(f) \subseteq K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} ist dabei
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{ (\varphi^*)^{-1} (D(f) ) }
{ =} { { \left\{ P \in K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( S \right) } \mid \varphi^*(P) \in D(f) \right\} } }
{ =} { { \left\{ P \in K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( S \right) } \mid P \circ \varphi \in D(f) \right\} } }
{ =} { { \left\{ P \in K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( S \right) } \mid ( P \circ \varphi) (f) \neq 0 \right\} } }
{ =} { { \left\{ P \in K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( S \right) } \mid P ( \varphi(f)) \neq 0 \right\} } }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} {D( \varphi(f)) }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{.} Daher sind generell Urbilder von offenen Mengen wieder offen und die Abbildung ist stetig.

}


Die in Satz 12.7 eingeführte Abbildung $\varphi^*$ nennt man die \stichwort {Spektrumsabbildung} {} zu $\varphi$.





\inputfaktbeweis
{Endlich erzeugte K-Algebren/K-Spektren als Funktor/Verschiedene Homomorphismen/Fakt}
{Proposition}
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und zu einem $K$-\definitionsverweis {Algebrahomo\-morphismus}{}{} \maabb {\varphi} {R} {S } {} zwischen $K$-\definitionsverweis {Algebren von endlichem Typ}{}{} sei $\varphi^*$ die zugehörige \definitionsverweis {Spektrumsabbildung}{}{.} Dann gelten folgende Aussagen. \aufzaehlungfuenf{Zu einem $K$-Algebrahomomorphismus \maabb {P} {R} {K } {} ist die induzierte Spektrumsabbildung $P^*$ einfach die Abbildung, die dem einzigen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \{ \operatorname{id}\} }
{ = }{ K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( K \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} den Punkt
\mathl{P \in K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} zuordnet. }{Der durch ein Element
\mathl{F \in R}{} definierte \definitionsverweis {Einsetzungshomomorphismus}{}{} \maabbeledisp {\varphi} {K[T] } { R } {T} { F } {,} induziert die Spektrumsabbildung \maabbeledisp {\varphi^*} { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } } { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( K[T] \right) } = {\mathbb A}^{1}_{K} } {P} { F(P) } {.} }{Zu einer \definitionsverweis {surjektiven}{}{} Abbildung \maabb {\varphi} {R} {S } {} von $K$-Algebren von endlichem Typ ist die zugehörige Spektrumsabbildung \maabbdisp {\varphi^*} { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( S \right) } } { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } } {} eine \definitionsverweis {abgeschlossene Einbettung}{}{,} und zwar ist das Bild gleich
\mathl{V(\ker (\varphi))}{.} }{Die zu einer surjektiven Abbildung
\mathl{K[X_1 , \ldots , X_n] \longrightarrow S}{} gehörende Spektrumsabbildung \maabbdisp {\varphi^*} { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( S \right) } } { K-\operatorname{Spek} \, (K[X_1 , \ldots , X_n]) \cong { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } } {} stimmt mit der in Satz 12.5 definierten Abbildung überein. }{Es seien
\mathl{F_i \in K[X_1 , \ldots , X_n]}{} für
\mathl{i=1 , \ldots , m}{} und es sei \maabbeledisp {\varphi} {K[Y_1 , \ldots , Y_m]} { K[X_1 , \ldots , X_n] } {Y_i} { F_i } {,} der zugehörige \definitionsverweis {Einsetzungshomomorphismus}{}{.} Dann stimmt die \definitionsverweis {Spektrumsabbildung}{}{} \maabbdisp {\varphi^*} { { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } = K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( K[X_1 , \ldots , X_n] \right) } } { { {\mathbb A}_{ K }^{ m } }=K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( K[Y_1 , \ldots , Y_m] \right) } } {} \zusatzklammer {über die Identifizierung aus Lemma 12.3} {} {} mit der direkten \definitionsverweis {polynomialen Abbildung}{}{}
\mathdisp {(x_1 , \ldots , x_n) \longmapsto (F_1(x_1 , \ldots , x_n) , \ldots , F_m(x_1 , \ldots , x_n))} { }
überein. }

}
{

(1) Dies folgt aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \operatorname{Id} \circ P }
{ = }{ P }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

(2) Unter der hintereinandergeschalteten Abbildung
\mathdisp {K[T] \stackrel{\varphi }{\longrightarrow} R \stackrel{P}{\longrightarrow} K} { }
wird $T$ auf
\mathl{P(F)=F(P)}{} geschickt.

(3) beruht auf ähnlichen Betrachtungen, wie sie im Beweis zu Satz 12.5 durchgeführt wurden. Das zeigt auch (4). Zu (5) siehe Aufgabe 12.16.

}


Die unter (2) formulierte Aussage besagt insbesondere, dass man die Elemente des Ringes $R$ als Funktionen auf dem $K$-Spektrum
\mathl{K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} nach ${\mathbb A}^{1}_{K}$ auffassen kann. Wir haben also ein geometrisches Objekt eingeführt, mit dem man Ringelemente als Funktionen realisieren kann.






\zwischenueberschrift{Weitere Eigenschaften des K-Spektrums}





\inputfaktbeweis
{Affine Varietäten/K-Spektren/Polynomring und affine Gerade/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein Körper und $R$ eine endlich erzeugte kommutative $K$-Algebra.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R[X] \right) } }
{ \cong} { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } \times {\mathbb A}^{1}_{K} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Ein $K$-Algebrahomomorphismus \maabb {} {R[T]} {K } {} induziert einen $K$-Algebrahomomorphismus \maabb {} {R} {K } {,} und zugleich wird $T$ auf ein bestimmtes Element
\mathl{a \in K}{} abgebildet. Diese Daten definieren aber auch einen eindeutig bestimmten $K$-Algebrahomomorphismus \maabb {} {R[T]} {K } {.}

}


Achtung: Die vorstehende Aussage liefert nur eine natürliche Bijektion auf der Punktebene. Würde man die Produktmenge rechts mit der Produkttopologie versehen, so würde hier keine Homöomorphie mit der Zariski-Topologie links vorliegen. Insbesondere ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathbb A}^{2}_{K} }
{ = }{ {\mathbb A}^{1}_{K} \times {\mathbb A}^{1}_{K} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} aber die Zariski-Topologie der affinen Ebene ist nicht die Produkt-Topologie der affinen Geraden mit sich selbst.

\inputbemerkung
{}
{ Sind
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{X }
{ = }{ \operatorname{Spek} { \left( R \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Y }
{ = }{ \operatorname{Spek} { \left( S \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} so lässt sich die Produktmenge
\mathl{X \times Y}{} ebenfalls als $K$-Spektrum einer $K$-Algebra darstellen, und zwar ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ X \times Y }
{ \cong} { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \otimes_{ K } S \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} wobei $\otimes$ das Tensorprodukt bezeichnet. Wir werden darauf nicht im Einzelnen eingehen. Um aber doch ein Gefühl dafür zu geben betrachten wir
\mathl{R=K[X_1 , \ldots , X_n]/ {\mathfrak a}}{} und
\mathl{S=K[Y_1 , \ldots , Y_m]/ {\mathfrak b}}{.} Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ R \otimes_{ K } S }
{ \cong} { K[X_1 , \ldots , X_n,Y_1 , \ldots , Y_m]/({\mathfrak a} +{\mathfrak b} ) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} \zusatzklammer {bei dieser ad hoc Definition ist nicht klar, dass sie unabhängig von den Darstellungen als Restklassenring ist} {} {.} }