Es sei
G
⊆
C
{\displaystyle G\subseteq \mathbb {C} }
ein Gebiet und
z
0
∈
G
{\displaystyle z_{0}\in G}
. Ist
f
:
G
∖
{
z
0
}
→
C
{\displaystyle f\colon G\setminus \{z_{0}\}\to \mathbb {C} }
eine holomorphe Funktion, so heißt
z
0
{\displaystyle z_{0}}
eine isolierte Singularität von
f
{\displaystyle f}
.
Je nach dem Verhalten von
f
{\displaystyle f}
in der Umgebung von
z
0
{\displaystyle z_{0}}
unterscheidet man drei verschiedene Arten isolierter Singulariäten von
f
{\displaystyle f}
.
Ist
f
{\displaystyle f}
auf das ganze Gebiet
G
{\displaystyle G}
holomorph fortsetzbar, so sagt man,
z
0
{\displaystyle z_{0}}
sei eine hebbare Singularität . Das ist nach dem Riemannschen Hebbarkeitssatz dann der Fall, wenn
f
{\displaystyle f}
in einer Umgebung von
z
0
{\displaystyle z_{0}}
beschränkt ist.
Ist
z
0
{\displaystyle z_{0}}
keine hebbare Singularität, aber gibt es ein
n
≥
1
{\displaystyle n\geq 1}
, so dass
(
⋅
−
z
0
)
n
⋅
f
{\displaystyle (\cdot -z_{0})^{n}\cdot f}
eine hebbare Singularität in
z
0
{\displaystyle z_{0}}
hat, so sagt man,
f
{\displaystyle f}
habe einen Pol in
z
0
{\displaystyle z_{0}}
. Das kleinste solche
n
{\displaystyle n}
heißt die Ordnung des Pols.
Ist
z
0
{\displaystyle z_{0}}
weder hebbar noch ein Pol, so sagt man,
z
0
{\displaystyle z_{0}}
sei eine wesentliche Singularität von
f
{\displaystyle f}
.
Wegen
lim
z
→
0
sin
z
z
=
1
{\displaystyle \lim _{z\to 0}{\frac {\sin z}{z}}=1}
hat die Funktion
f
1
(
z
)
=
sin
z
z
{\displaystyle f_{1}(z)={\frac {\sin z}{z}}}
eine hebbare Singularität in
z
0
=
0
{\displaystyle z_{0}=0}
.
Die Funktion
f
2
(
z
)
=
1
sin
z
{\displaystyle f_{2}(z)={\frac {1}{\sin z}}}
hat in
z
0
=
0
{\displaystyle z_{0}=0}
keine hebbare Singularität, da
f
2
{\displaystyle f_{2}}
in
0
{\displaystyle 0}
unbeschränkt ist, aber
f
2
{\displaystyle f_{2}}
hat in
0
{\displaystyle 0}
einen Pol erster Ordnung, da
f
2
(
z
)
⋅
(
z
−
0
)
1
=
f
2
(
z
)
z
=
z
sin
z
{\displaystyle f_{2}(z)\cdot (z-0)^{1}=f_{2}(z)z={\frac {z}{\sin z}}}
wegen
lim
z
→
0
z
sin
z
=
1
{\displaystyle \lim _{z\to 0}{\frac {z}{\sin z}}=1}
in 0 eine hebbare Singularität hat.
Die Funktion
f
3
(
z
)
=
sin
1
z
{\displaystyle f_{3}(z)=\sin {\frac {1}{z}}}
hat in
z
0
=
0
{\displaystyle z_{0}=0}
eine wesentliche Singularität, da für jedes
n
≥
1
{\displaystyle n\geq 1}
die Funktion
f
3
(
z
)
z
n
=
z
n
sin
1
z
{\displaystyle f_{3}(z)z^{n}=z^{n}\sin {\frac {1}{z}}}
in jeder Umgebung der Null unbeschränkt ist. Um das einzusehen, betrachte
sin
z
−
1
=
e
i
z
−
1
−
e
−
i
z
−
1
2
i
{\displaystyle \sin z^{-1}={\frac {e^{iz^{-1}}-e^{-iz^{-1}}}{2i}}}
. Für
z
=
i
t
{\displaystyle z=it}
mit
t
∈
R
{\displaystyle t\in \mathbb {R} }
ist also
f
3
(
i
t
)
(
i
t
)
n
=
(
i
t
)
n
e
t
−
1
−
e
−
t
−
1
2
i
{\displaystyle f_{3}(it)(it)^{n}=(it)^{n}{\frac {e^{t^{-1}}-e^{-t^{-1}}}{2i}}}
, was für
t
→
0
+
{\displaystyle t\to 0^{+}}
divergiert.
Die Art der isolierten Singularität lässt sich auch an der Laurententwicklung von
f
{\displaystyle f}
um
z
0
{\displaystyle z_{0}}
ablesen. Sei nämlich
f
(
z
)
=
∑
n
=
−
∞
∞
a
n
(
z
−
z
0
)
n
{\displaystyle f(z)=\sum _{n=-\infty }^{\infty }a_{n}(z-z_{0})^{n}}
die Laurent-Reihe von
f
{\displaystyle f}
um
z
0
{\displaystyle z_{0}}
. Wir setzen
o
z
(
f
)
=
sup
{
n
∈
Z
|
∀
k
<
n
:
a
k
=
0
}
{\displaystyle o_{z}(f)=\sup\{n\in \mathbb {Z} |\forall k<n:a_{k}=0\}}
.
Dann hat
f
{\displaystyle f}
im Falle
o
z
(
f
)
≥
0
{\displaystyle o_{z}(f)\geq 0}
, d.h. alle negativen Koeffizienten verschwinden, der Hauptteil der Reihe ist Null, eine hebbare Singularität
−
∞
<
o
z
(
f
)
<
0
{\displaystyle -\infty <o_{z}(f)<0}
, d.h. nur endlich viele negative Koeffizienten sind von Null verschieden, einen Pol der Ordnung
−
o
z
(
f
)
{\displaystyle -o_{z}(f)}
o
z
(
f
)
=
−
∞
{\displaystyle o_{z}(f)=-\infty }
, d.h. unendlich viele negative Koeffizienten sind von Null verschieden, eine wesentliche Singularität.
Wir betrachten unsere drei Beispiele von oben noch einmal:
Es ist
f
1
(
z
)
=
sin
z
z
=
∑
k
=
0
∞
(
−
1
)
n
z
2
n
(
2
n
+
1
)
!
{\displaystyle f_{1}(z)={\frac {\sin z}{z}}=\sum _{k=0}^{\infty }(-1)^{n}{\frac {z^{2n}}{(2n+1)!}}}
, also
o
0
(
f
1
)
=
0
{\displaystyle o_{0}(f_{1})=0}
, eine hebbare Singularität.
Es ist
f
2
(
z
)
=
1
sin
z
=
1
z
+
z
6
+
7
360
z
3
+
…
{\displaystyle f_{2}(z)={\frac {1}{\sin z}}={\frac {1}{z}}+{\frac {z}{6}}+{\frac {7}{360}}z^{3}+\ldots }
also
o
0
(
f
2
)
=
−
1
{\displaystyle o_{0}(f_{2})=-1}
, ein Pol erster Ordnung.
Es ist
f
3
(
z
)
=
sin
z
−
1
=
∑
n
=
−
∞
0
(
−
1
)
n
(
−
2
n
+
1
)
!
z
2
n
−
1
{\displaystyle f_{3}(z)=\sin z^{-1}=\sum _{n=-\infty }^{0}{\frac {(-1)^{n}}{(-2n+1)!}}z^{2n-1}}
, also
o
0
(
f
3
)
=
−
∞
{\displaystyle o_{0}(f_{3})=-\infty }
, eine wesentliche Singularität.