Projekt:FE Beobachtung 1/TOVS/Entwicklung

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Anfänge der atmosphärischen Vertikalsondierung mit Hilfe von Satelliten[Bearbeiten]

Die Anfänge der satellitengebundenen, atmosphärischen Vertikalsondierung sind eng mit dem NOAA-Satellitenprogramm verknüpft. Die zahlreichen Wettersatelliten ermöglichten schon sehr früh eine intensive Atmosphärenforschung vom Weltraum aus. Auch die Aufnahme von Vertikalprofilen war jeher von besonderen meteorologischen Interesse. Die ersten experimentellen Messgeräte zur Erfassung von Temperatur- und Feuchtewerten in der Atmosphäre werden an Bord des TIROS-7 (1963) installiert. Es handelt sich dabei um eine Temperatur- und Feuchtesonde: das Medium Resolution Infrared Radiometer (MRIR). Auf Grund der geringen spektralen Auflösung konnte damit allerdings lediglich die Durchschnittstemperatur der unteren Stratosphäre beobachtet werden.

Der Nachfolger des MRIR, das Satellite Infrared Spectrometer (SIRS), startet mit Nimbus-3 (1969) in den Weltraum. Dieses Gerät ermöglicht erstmals eine Erfassung auf mehreren Ebenen und damit eine Erfassung vertikaler Strukturen des atmosphärischen Temperaturverlaufs. Nimbus-3 wird zusätzlich mit einem Infrared Interferometer Spectrometer (IRIS) ausgestattet, das die Erfassung weiterer vertikaler Strukturen der Atmosphäre ermöglicht.

Mit Nimbus-4 (1970) kommt eine verbesserte Version des IRIS sowie das im United Kingdom entwickelte Selective Chopper Radiometer (SCR) zum Einsatz.

Alle bisher genannten Messinstrumente und Sensoren können als erste Generation bzw. Vorläufermodelle der heutigen Instrumente zur Vertikalsondierung genannt werden. Um auch unter bewölkten Bedingungen satellitengestützte Messungen verwenden zu können, ist es notwendig das Rückstrahlverhalten im Mikrowellen- und im Infrarotbereich zu erfassen.


Spätere Satelliten werden zunehmend mit mehr-kanaligen Instrumenten ausgestattet. In diesem Zusammenhang zu nennen, sind: das Infrared Temperature Profile Radiometer (ITPR) des Nimbus-5 (1972), das Vertical Temperature Profile Radiometer (VTPR) der operationellen TIROS-Satelliten (ab 1972) und der High Resolution Infrared Radiation Sounder (HIRS) des Nimbus-6 (1975). Der Satellit TIROS-N (1978) und seine Nachfolger werden mit einer verbesserten Version des HIRS, dem HIRS/2 (oder höher), mit einem Vierkanalspektrometer (Microwave Sounding Unit MSU), sowie mit einer im United Kingdom entwickelten Stratospheric Sounding Unit (SSU) ausgestattet. Diese drei Instrumente werden zu den sogenannten TIROS Operational Vertical Sounder (TOVS) zusammengefasst.

Die Entwicklung der TOVS[Bearbeiten]

Das ursprüngliche TOVS-Paket besteht aus drei sich ergänzenden Sensoren:

  • Stratospheric Sounding Unit (SSU): Die SSU erfasst das Temperaturprofil in der oberen Atmosphäre (Stratosphäre). Es handelt sich um ein spezielles Infrarotradiometer. Anhand der Kohlenstoffdioxid-Absorptionslinien und deren spektralen Eigenschaften bzw. Rückstrahlverhalten im infraroten Wellenlängenbereich werden Vertikalprofile erfasst.
  • Microwave Sounding Unit (MSU): Bei der MSU handelt es sich um ein passives Messsystem. Auch diese Einheit dient der Erfassung von Temperaturprofilen, im Gegensatz zur SSU, aber im unteren Bereich der Atmosphäre. Die MSU ist ein Mikrowellenradiometer mit vier Kanälen, welches die thermische Mikrowellen-Emission der Atmosphäre beobachtet. Die Mikrowellenbereiche sind so gewählt, dass Wolkenerscheinungen keinen störenden Einfluss auf die Messungen nehmen können.
  • High Resolution Infrared Radiation Sounder (HIRS): Beim HIRS handelt es sich um ein Infrarotradiometer mit insgesamt 20 spektralen Kanälen. Es dient der Erfassung von Temperatur- und Feuchteprofilen, sowie des atmosphärischen Wasserdampfs (Bewölkung). Auch Ozonmessungen sind möglich. Das HIRS wird erstmals 1975 an Bord von Nimbus 6 eingesetzt. Nach Verbesserung der Sensorleistung, Erhöhung der Zuverlässigkeit, betrieblichen Änderungen und weiteren Verbesserungen entwickelt es sich über HIRS/2 zu HIRS/2I und anschließend weiter zu HIRS/3 und HIRS/4. So erfasst es das Temperaturprofil bis etwa in 40 km Höhe. Dafür nutzt das HIRS multispektrale Daten. Diese setzen sich aus den Daten eines sichtbaren Kanals (0,69 µm) sowie sieben kurzwelligen Kanälen zwischen 3,7 und 4,6 µm und zwölf langwelligen Kanälen zwischen 6,5 und 15 µm im infraroten Bereich zusammen.

Mit der Entwicklung des NOAA-15-Satelliten (1998) haben sich die Instrumente für die Vertikalsondierung der Atmosphäre nochmals wesentlich weiterentwickelt und werden nun unter dem Begriff Advanced TIROS Operational Vertical Sounder (ATOVS) zusammengefasst. Die MSU mit vier Spektralkanälen wird durch das Mikrowellenradiometer Advanced Microwave Sounding Unit (AMSU) mit 20 Spektralkanälen ersetzt. Dieses setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: AMSU-A und AMSU-B.

  • AMSU-A ist ein mehr-kanaliges Mikrowellenradiometer und ist wiederum in zwei separate Einheiten unterteilt: AMSU-A1 und AMSU-A2. Sie dienen der Erfassung von Temperaturprofilen bis in 45 km Höhe (AMSU-A1) und der Erfassung atmosphärischen Wassers in all seinen Formen mit Ausnahme kleiner Eispartikel (AMSU-A2). Es arbeitet mit 15 Kanälen (23-90 GHz). Damit hat die SSU ausgedient, ihre Funktionen werden durch AMSU-A vollständig ersetzt.
  • AMSU-B ist ein fünf-kanaliges Mikrowellenradiometer zur Erfassung von Feuchteprofilen.

Mit der Weiterentwicklung der TOVS zu den sogenannten ATOVS kann neben Auflösung, Arbeitsweise und Zuverlässigkeit der Sensoren ebenso die Messumgebung deutlich verbessert, dass heißt vergrößert werden.

Messgröße TOVS (ab 1978) ATOVS (ab 1998)
Vertikalprofile des Wasserdampfes 0 - 10 km 0 - 65 km
Vertikalprofile der Temperatur 0 - 30 km 0 - 65 km

Aktuelle Entwicklungen/ MetOp[Bearbeiten]

Parallel beschäftigt sich ein Forschungsteam um Jinxue Wang Ende der 1980-er Jahre mit der Entwicklung des hochauflösenden Multiorder Etalon Sounder (MOES). Dieses Instrument ist eine Kombination aus einem hoch auflösendem Fabry-Perot-Interferometer und einem damals neuartigem Kreis-zu-Linie-Konverter, entwickelt an der Universität Michigan. Nach eigenen Angaben des Forschungsteams deuten Tests darauf hin, dass der MOES dem HIRS/2 deutlich überlegen ist. Über einen tatsächlichen Einsatz ist jedoch nichts bekannt.

In den letzten Jahrzehnten nimmt auch der Einfluss auf europäischer Seite im Bezug auf satellitengestützte Beobachtungssysteme zu. In Zusammenarbeit von EUMETSAT, ESA und NOAA sind drei polarumlaufende Umweltsatelliten für 2006, 2010 und 2015 geplant. Das Projekt erhielt den Namen MetOp (Meteorological Operational satellite). MetOp-A (2006) ist mit dreizehn Instrumenten zur Beobachtung und messtechnischen Erfassung des Wettergeschehens ausgestattet. Einige entsprechen den Instrumenten des amerikanischen NOAA-18-Wettersatelliten. Unter anderem befindet sich ein HIRS (HIRS/4) und die Instrumenteneinheit AMSU-A zur Erfassung von vertikalen Temperatur- und Feuchteprofilen an Bord. Ebenfalls an Bord ist der europäische Microwave Humidity Sounder (MHS). Dabei handelt es sich um ein Mikrowelleninstrument zur Bestimmung vertikaler Feuchteprofile in der Atmosphäre. Es gehört zum Paket der ATOVS.

Eine europäische Neuentwicklung des MetOp ist das Infrared Atmospheric Sounding Interferometer (IASI). Dieses Instrument ermöglicht es, atmosphärische Temperatur- und Feuchteprofile in einer hohen Auflösung und mit einer hohen Genauigkeit zu bestimmen. Das Konzept beruht auf der spektralen Unterteilung der thermischen Emission der Erde mit einem Michelson Interferometer. Die Temperatur in der Troposphäre und der unteren Stratosphäre kann unter wolkenfreien Bedingungen mit einer vertikalen Auflösung von 1 km, einer horizontalen Auflösung von 25 km und mit einer Genauigkeit von 1 K erfasst werden. Die Feuchte wird unter gleichen Bedingungen und mit gleicher horizontaler bzw. vertikaler Auflösung mit einer Genauigkeit von 10 % gemessen.

Zeitstrahl[Bearbeiten]

Entwicklung der Instrumente zur Verikalsondierung in ihrer zeitlichen Abfolge

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Sonden und Messgeräte stetig hinsichtlich Auflösung, Genauigkeit und Zuverlässigkeit weiterentwickelt und verbessert werden. Oftmals handelt es sich um Nachfolgemodelle der „frühen“ Messegeräte (wie beispielsweise im Fall des HIRS), welche noch immer eingesetzt werden. Aber auch an der Entwicklung völlig neuer Instrumente, wie unter anderem das MOES oder das IASI, wird gearbeitet. Ziel ist es die hohe Dynamik in der Atmosphäre hochaufgelöst und möglichst genau zu erfassen und zu beobachten.

Referenzen[Bearbeiten]

  • Davis, G., 2007: History of the NOAA Satellite Program Journal of Applied Remote Sensing, Vol. 1, 012504, Jan. 2007 (pdf)
  • Wang, J., P.B. Hays, S.R. Drayson, E.W. Koenig 1993: Multiorder Etalon Sounder (MOES): A New Technique for Passive High Resolution Atmospheric Temperature and Moisture Sounding from Satellite. IEEE Transactions on Geoscience and Remote Sensing Vol. 31, NO. 1, Jan. 1993 (pdf)
  • European Space Agency: [1], [2]