Projekt Diskussion:Aktion wasserdicht/Wohnungslosigkeit/Allgemein

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Es sollte mehr als eine Geste sein: Mitten in der Corona-Krise blühte neue Menschlichkeit auf, als freundliche Hoteliers Obdachlosen ihre Türen öffneten, damit diese ein gepflegtes Zimmer beziehen konnten und ein eigenes Bett und Dusche für sich hatten. Solche Beispiele gab es bundesweit, um Obdachlosen einen Schutzraum vor Ansteckung zu bieten, oft bezahlt von den Kommunen, manchmal von privaten Spenden. Doch tatsächlich ist die ohnehin schlechte Lage der Obdach- und Wohnungslosen durch die Pandemie noch elender geworden, beklagen Sozialverbände wie die Diakonie. Denn niedrigschwellige Angebote wie Essens- und Kleiderausgaben mit vielen älteren Ehrenamtlichen in der altersbedingten Risikogruppe, aber auch medizinische Versorgung durch freiwillig tätige ältere Ärzte im Ruhestand waren oder sind reduziert. Im Winter werden viele mit Mehrbettzimmer in Notunterkünften wegen der Abstandsregeln nicht voll belegt werden können. Corona-Hilfen trafen nur wenige Glückliche - und nur kurz Und: Die für besonders schutzbedürftige, oft gesundheitlich geschwächten Obdachlosen geöffneten Hotels und Herbergen trafen auch nur wenige Glückliche. In Berlin etwa entstanden so vorübergehend rund 300 Schlafzimmer mehr: Doch allein in diesem Januar wurden in Berlin fast 2000 auf der Straße lebende Menschen angetroffen - von freiwilligen Zählern in der "Nacht der Solidarität". Die Dunkelziffer liegt weit höher. Hinzu kommen 34.051 Wohnungslose in Berliner Sozialunterkünften, rund 4000 Menschen mehr als 2016. Ein Obdachloser schläft auf einer Bank in Berlin (Archivbild) | Bildquelle: dpa Corona-Folgen für Obdachlose "Diese temporäre Erleichterung wird mutmaßlich nicht von Dauer sein", sagt deswegen auch Werena Rosenke von der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) gegenüber tagesschau.de. Sie weist vielmehr darauf hin, dass die Zahl der Wohnungssuchenden ohne festen Wohnsitz in den vergangenen Jahren stetig ansteigt. Für Deutschland gehen die aktuellsten Schätzungen von bundesweit rund 678.000 Menschen aus, in etwa die Einwohnerzahl der Metropole Frankfurt am Main. Fünf Jahre zuvor lag die BAG W-Schätzung noch bei 335.000 Wohnngslosen. Der Wohnungsverlust steht oft am Ende einer Verkettung ungünstiger Lebensumstände: Überschuldung, Arbeitsplatzverlust und Krankheit sind häufige Ursachen. Sie gehen einher mit nicht mehr bezahlbaren gestiegenen Mieten und daraus folgender Zwangsräumung. Bezahlbarer Wohnraum wird gerade in Städten weniger. "Die steigenden Wohnungslosenzahlen sind Ergebnis einer verfehlten Wohnungsbaupolitik", kritisiert Caren Lay, Fraktionsvize der Linkspartei im Bundestag und wohnungspolitische Sprecherin gegenüber tagesschau.de. Der Bund müsse einen besseren Mieter-Kündigungsschutz ermöglichen und einen Systemwechsel in der Wohnungslosenhilfe initiieren, den einige Städte schon praktizieren: "Housing First" heißt das Modell, in dem Menschen zunächst eine Wohnung gesucht wird - und dann ein Job, nicht umgekehrt, so dass der Neustart in ein geregelteres Leben gelingen kann. Sozialwohnungsschwund: Seehofer sieht Länder in der Pflicht Da staatlich bezuschusste Wohnungen nach einiger Zeit an den normalen Mietmarkt gehen dürfen, sank die Gesamtzahl der Sozialwohnungen trotz Neubauten 2019 auf bundesweit 1,219 Millionen. Im Jahr 2006, als die Zuständigkeit für den sozialen Wohnungsbau vom Bund auf die Länder überging, waren es noch fast doppelt so viele, rund 2,1 Millionen. Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) sieht die Bundesländer in der Pflicht.

Die Zahl der obdachlosen Frauen steigt, auch die der alleinerziehenden Mütter unter ihnen. Schon lange fordert die BAG W hingegen einen nationalen Aktionsplan, um das Thema nicht weiter an Länder und Kommunen zu verschieben. Denn Wohnungslose werden nicht nur mehr, sondern auch jünger, internationaler und die Zahl der obdachlosen Frauen steigt - bisher eher eine Minderheit in dieser Gruppe. Auch die der betroffenen Familien mit Kindern werden mehr, fast die Hälfte davon alleinerziehende Frauen. Flüchtlinge mit anerkanntem Asylstatus und Anspruch auf Wohngeld finden häufig keine Wohnung - sie werden oft qua Herkunft als Mieter auf dem weitestgehend privat gesteuerten Mietmarkt diskriminiert. Eingewanderte EU-Bürger ohne Job haben mitunter keinen Anspruch auf deutsche Sozialleistungen - sie werden als Obdachlose teilweise sogar in Notunterkünften abgewiesen. Außer im tiefsten Winter, wenn ein Erfrieren solcher Menschen auf der Straße droht. Was unternimmt die Politik? Was macht die Politik? Die Bundesregierung duckt sich weg. Zwar steht eine Wohnraumoffensive und auch das Ziel "bezahlbarer Mieten" im Koalitionsvertrag, doch im Kabinett spielen Obdachlose als besonders zu stärkende Gruppe keine Rolle. Baukindergeld wurde eingeführt, doch gleichzeitig wird offenbar nicht genügend unternommen, dass arme Familien mit Kindern nicht aus ihren immer teurer werdenden Wohnungen gekündigt oder gar zwangsgeräumt werden, ohne bezahlbaren Ersatz zu finden. Die Bundestags-Grünen fordern von der Bundesregierung kommende Woche erneut in einem Antrag das Nachhaltigkeitsziel, bis 2030 keinen Obdachlosigkeit mehr zu haben. Dies als Ziel auszugeben, traut sich nicht einmal die der Linkspartei angehörende Berliner Sozialsenatorin Elke Breitenbach auf Nachfrage von tagesschau.de. Und das, obwohl die Stadt nach eigenen Angaben aktuell die Ausgaben gegenüber 2015 auf 8,6 Millionen Euro mehr als verdreifacht hat, um die Zahl der Wohnungslosen zu reduzieren und deren Versorgung "zu verbessern". Berlin: Ein Obdachloser bittet vor einer Filiale der Deutschen Bank am Kurfürstendamm um eine Spende. | Bildquelle: dpagalerie Um Obdachlose besser zu versorgen, weg von der Straße und möglichst wieder in Wohnungen zu bekommen, gibt der Berliner Senat 2020 rund 8,6 Millionen Euro aus. "Bundesregierung hat sich für nicht zuständig erklärt" Deutschlandweit bleibt es ein unübersichtlicher und unkoordinierter Flickenteppich an Maßnahmen, abhängig von der Finanzkraft der Kommunen. Zudem liegen auf Bundesebene und für die meisten Bundesländer keine wirklich belastbaren Zahlen vor - dies wurde lang von Sozialpolitikern kritisiert. Wenigstens eine einheitliche Wohnungslosenstatistik zu beschließen, hat der Bundestag nach vielen Debattenjahren Anfang 2020 geschafft. "Die Bundesregierung hatte sich bisher immer dagegen gewehrt und für nicht zuständig erklärt", kritisiert der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Wolfgang Strengmann-Kuhn. Selbst ein Mitglied der Regierungsfraktion befürchtet Flickschusterei und sagt: "Es könnte eine strukturelle Veränderung sein, dass der Bund einheitliche Rahmenbedingungen für Fördermaßnahmen vorgibt", so der CDU-Bundestagsabgeordnete Frank Heinrich, der sich lange in der Obdachlosenarbeit engagierte.

Tag der Wohnungslosen. Warum das Elend weiter wächst. Stand: 11.09.2020 15:50 Uhr Weniger Sozialwohnungen, steigende Mieten: Die Zahl der Wohnungslosen wächst. Ihr Elend auch. Es trifft nun häufiger Familien mit Kindern. Was unternimmt die Politik dagegen? Von Corinna Emundts, tagesschau.de

--Methodios (Diskussion) 21:46, 12. Sep. 2020 (CEST)Beantworten

Der Weg in die Obdachlosigkeit beginnt bei vielen ähnlich: Prekäre Arbeitsverhältnisse oder Jobverlust, bald türmen sich Mietschulden und bis zur Räumungsklage ist es oft nur eine Frage der Zeit. Hinzu kommen oft auch noch private Probleme, die Trennung vom Partner, meist auch Alkohol. Schicksalsschläge und individuelle Probleme seien oft ein Auslöser für den Verlust der Wohnung, sagt Thomas Specht, stellvertretender Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W). Doch die gesellschaftlichen Ursachen liegen seiner Ansicht nach tiefer: in zunehmender Verarmung und einem extremen Wohnungsmangel. 860.000 Menschen wohnungslos Nach Schätzungen der BAG W lebten 2016 52.000 Menschen in Deutschland auf der Straße. Ein Anstieg von 33 Prozent im Vergleich zu 2014 (39.000). Gemeint sind hier all die Menschen, die tatsächlich unter freiem Himmel schlafen. Betrachtet man das Problem der Wohnungslosigkeit insgesamt, sind die Zahlen noch deutlich höher: Demnach waren 2016 422.000 Menschen wohnungslos, ein Anstieg von 15 Prozent gegenüber 2014. Dazu zählen auch all diejenigen, die in öffentlichen Einrichtungen unterkommen oder bei Freunden und Bekannten Unterschlupf finden. Bei dieser aktuellsten verfügbaren Schätzung hat die BAG W erstmals auch anerkannte wohnungslose Flüchtlinge in die Statistik mit aufgenommen. Also Flüchtlinge mit Schutzstatus, die eigentlich Anspruch auf eine Wohnung hätten, aber keine finden und deshalb in der Regel weiterhin in Gemeinschaftseinrichtungen leben. Rechnet man sie zur Zahl der Wohnungslosen hinzu, kommt man auf eine Gesamtzahl von 860.000 Menschen, die in Deutschland ohne Wohnung sind. Zuwanderung eine der Ursachen "Die Zuwanderung ist sicher eine der Ursachen für den starken Anstieg der Wohnungslosigkeit", sagt Specht im Gespräch mit tagesschau.de. "Auf einen ohnehin angespannten Wohnungsmarkt kommen die Flüchtlinge noch einmal obendrauf." Doch die Zahlen sind auch vor dem starken Zuzug von Asylbewerbern im Jahr 2015 bereits gestiegen. Die größere Ursache sieht Specht in einer seit Jahrzehnten verfehlten Wohnungspolitik. Seit 1990 sei der Bestand an Sozialwohnungen um 60 Prozent gesunken. "Jedes Jahr fallen bundesweit etwa 60.000 bis 80.000 Sozialwohnungen weg, es kommen aber nur 20.000 bis 25.000 hinzu", so Specht. Da keine ausreichenden Maßnahmen zur Verbesserung der Situation eingeleitet worden seien, werde die Zahl der Wohnungslosen bis zum Jahr 2018 auf 1,2 Millionen steigen. Zu hohe Mieten Besonders schwierig ist die Situation wegen der steigenden Mieten. Wer seine Wohnung verliert, weil er sich die Miete nicht mehr leisten konnte, wird kaum eine neue finden, die bezahlbar ist. "Der Mietmarkt ist in allen deutschen Ballungszentren derart leer gefegt, dass er für eine bestimmte Einkommengruppe gar nicht mehr zugänglich ist", sagt auch Robert Veltmann von der Berliner Kältehilfe und Geschäftsführer der Wohnungslosenorganisation GEBEWO - Soziale Dienste. Und wer einmal aus dem Raster rausfalle, habe es umso schwerer, wieder rein zu kommen. Vor allem, wenn Menschen bereits länger ohne Wohnung sind. Zwar gibt es zahlreiche Anlaufstellen für Menschen ohne Bleibe, doch auch dieses Hilfessystem ist vielerorts überlastet. Laut Veltmann gibt es auf allen Ebenen des Hilfesystems zu wenig Bewegung. Das fange schon ganz unten bei den Notübernachtungen an, wie sie beispielsweise die Berliner Kältehilfe, ein Netzwerk aus zahlreichen Initiativen für Obdachlose in Berlin, organisiert. Die Schlafplätze für diesen Winter wurden in Berlin auf 1100 aufgestockt. Aktuell sind noch Kapazitäten frei. Doch, wenn es richtig kalt wird, so Veltmann, werde es eng. Mindestens drei Obdachlose sind in diesem Winter in Deutschland bereits erfroren. Zu wenige Plätze - auf allen Ebenen Bei diesen Notübernachtungsplätzen geht es lediglich darum, die Menschen vor dem Kältetod zu retten, ihnen eine warme Mahlzeit und einen sicheren Schlafplatz zu geben. Ein Beratungsangebot, um den Menschen aus ihrer Situation herauszuhelfen, könne schon kaum mehr stattfinden, sagt Veltmann. "Dafür gibt viel zu wenige qualifizierte Mitarbeiter. Und selbst wenn es Beratung gibt, ist es schwer die Menschen weiterzuvermitteln: Denn auch an Plätzen in Wohngemeinschaften oder Wohnheimen für Obdachlose fehlt es." Eigentlich sind die Städte und Kommunen in der Pflicht, Wohnungslose unterzubringen. Doch die sind häufig überfordert, weil ihnen die Mittel fehlen, um für ausreichend Unterkünfte zu sorgen. Hier müssten auch baurechtliche Vorschriften geändert werden, meint Veltmann von der GEBEWO im Gespräch mit tagesschau.de. "In Berlin gibt es beispielsweise leer stehende Häuser, die sich in einem Gewerbegebiet befinden. Die Bauordnung sagt aber, dass da keine Menschen wohnen dürfen. Man kann Obdachlose dort also nicht unterbringen." Zu wenig Neubau 400.000 Neubauwohnungen bräuchte es nach Auffassung des Deutschen Mieterbunds und zahlreicher Experten der Branche jährlich, um den Bedarf zu decken. Doch 2017 wurden gerade einmal etwa 320.000 Wohnungen gebaut. Noch problematischer wird die Situation, wenn sich der Bund aus der Förderung des Sozialen Wohnungsbaus zurückzieht. Im Zuge der Neuregelung der Finanzen hatten sich Bund und Ländern auf weitere Zahlungen bis 2019 geeinigt, ab dann sind die Länder auf sich gestellt. Die BAG W fordert nicht zuletzt angesichts der sich verschärfenden Situation bei der Wohnungslosigkeit, dass der Bund deutlich mehr Verantwortung in der Wohnungspolitik übernehmen müsse. Die Beschaffung bezahlbaren Wohnraums allein werde aber auch nicht ausreichen. Es brauche weitere gezielte Maßnahmen: Beispielsweise Quoten für die Vermietung von geförderten Wohnungen an Menschen, die wohnungslos sind.

Wohnungslosigkeit in Deutschland. Zu wenig Wohnungen, zu wenig Hilfe. Stand: 04.01.2018 15:50 Uhr Schätzungsweise 860.000 Menschen in Deutschland haben keine Wohnung. Schuld ist nach Auffassung von Wohnungshilfeorganisationen vor allem der angespannte Mietmarkt. Und Abhilfe ist nicht in Sicht. Von Sandra Stalinski, tagesschau.de

--Methodios (Diskussion) 21:58, 12. Sep. 2020 (CEST)Beantworten


Eigentlich hätten sie doch zufrieden sein müssen, die Teilnehmer des am Mittwoch zu Ende gegangenen Treffens der Selbstvertretung wohnungsloser Menschen e.V., in diesem Jahr Corona-bedingt online veranstaltet. Zufrieden darüber, dass das Thema Wohnungsnot in so gut wie allen Medien präsent ist. Finden sich doch seit fünf, sechs Jahren in der Presse regelmäßig Schlagzeilen zum Mietenwahn und zu fehlendem Wohnraum. Nur: von den Wohnungslosen kein Wort. Wie erklärt sich das Paradoxon, dass in Fernsehen und Gazetten immer öfter über Wohnungsnot berichtet wird, jedoch ausgesprochen selten über Wohnungslosigkeit? Als Problem der Gesellschaft habe die Wohnungsnot nicht erst im Jahr 2013 angefangen, so der Stadtsoziologe Andrej Holm bei seinem Workshop. Es habe schon immer Menschen gegeben, die in prekären und unsicheren Verhältnissen leben mussten, in Substandardwohnungen, ohne Toilette und ohne fließend Wasser - oder eben auch in gar keinen Wohnungen, auf der Straße oder in Obdachlosenunterkünften. Da sei es doch außerordentlich bemerkenswert, zu welchem Zeitpunkt die Medien das Thema für sich entdeckt hätten. Erst als das Lehrerehepaar in München keine Wohnung mehr finden konnte, die junge Polizistin an den Stadtrand ziehen musste, also erst als die Mittelschicht in ihrer Breite eine große Verunsicherung spürte, erst dann hätten die meisten Redaktionen begonnen, sich der Wohnungsnot zu widmen - was einiges zum Thema sagt, noch mehr aber über jene Redakteure, deren soziokultureller Horizont offenbar kaum über die eigene bürgerliche Lebenswelt hinausgeht. In ihren Berichten würden nur selten alleinerziehende Mütter auftauchen oder andere Menschen, die von Hartz IV leben müssen - Holm spricht von «wohnungspolitischen Robbenbabys», die das Publikum dann zu Tränen rühren, etwa die Oma, die vierzig Jahre gearbeitet und vier Kinder großgezogen hat und nun die neue Miete nicht mehr bezahlen kann. Ach, dann denke an den Winter. Diese Art des Journalismus führe in der Konsequenz dazu, dass zwar die Wohnungsnot thematisiert werde, jene Menschen aber, die schon früher von der Wohnungsnot betroffen waren - nicht zuletzt die Obdachlosen - fast immer unsichtbar blieben. Stefan Schneider von der Selbstvertretung resümiert: «Die Obdachlosigkeit ist der Gesellschaft scheißegal. Erst wenn ein großer Teil der wohnenden Bevölkerung unter Druck gerät, weil die Mieten steigen und sie wirtschaftlich nicht mehr zurande kommen, erst dann, wenn noch viele andere betroffen sind, wird das Thema diskutierbar.» Die Berichterstattung in den Medien war nicht immer so, zumindest in Berlin. Stefan Scheider war dabei, als vor zwanzig Jahren Obdachlose die Lobby des Kempinski-Hotels besetzten, mit Transparenten: «Es sind noch Betten frei!» Fotos der Aktion schmückten tags darauf die Titelseiten von «BZ» und «Berliner Kurier»; so gut wie alle Tageszeitungen berichteten davon, ebenso das Radio und die Fernsehnachrichten. Und das war nicht die einzige Aktion dieser Art. Im Winter zuvor war der Obdachlose Willy King vor dem Eingang des Bahnhofs Friedrichstraße erfroren, nachdem Wachschützer der Bahn ihn der Halle verwiesen hatten. Die Trauerfeier fand im Bahnhof statt - Willy Kings Freunde hatten sich zu einem Sit-in verabredet. Die herbeigerufene Polizei bildete einen Kessel, griff aber nicht ein. Ein Pfarrer hielt die Predigt; Bettina Wegner und Karsten Troyke spielten «The Rose» von Bette Midler auf Deutsch: «Wenn die Nächte einsam waren/ War der Weg, dein Weg zu lang/ Und du glaubst, du kannst nicht lieben/ Weil es dir noch nie gelang/ Ach, dann denke an den Winter/ Der versteckt das Moos im Schnee/ Und die Blumen, die noch schlafen/ Werden Rosen sein wie je. Der Slogan der Selbstvertretung Wohnungsloser Menschen - »Alles verändert sich, wenn wir es verändern!« - war damals Programm. Nur gab es in Berlin leider noch keine linke Sozialsenatorin, und auch das Ressort Bauen war fest in SPD-Hand. Heute ist die Mieterbewegung in der Hauptstadt stärker denn je, während die Netzwerke der sozial Schwachen als Gesprächskreise fungieren. Dabei ist die Selbstvertretung inhaltlich in vielen Punkten weiter als die unbehausten Spontis anno 2000. Beim jährlichen Treffen nimmt die Obdachlosigkeit von Frauen immer einen besonderen Stellenwert ein; neuerdings wird die Mitarbeit im Bündnis »LeaveNoOneBehindNoWhere« gesucht und praktiziert. Ein ehemals Wohnungsloser aus Leipzig hat in dieser Woche sogar die Frage nach LGBTQI-Themen gestellt. Überhaupt spielt Corona den Wohnungslosen praktisch in die Hände: Wegen der Ansteckungsgefahr wird derzeit die gängige Praxis der Massenunterkünfte reformiert. Übung in Solidarität. Allein in Berlin ist im Bereich Wohnen sehr viel in Bewegung geraten. Bezirke kaufen ganze Häuser zurück. Der vom rot-rot-grünen Senat beschlossene Mietendeckel kommt einer tiefgreifenden Zäsur gleich: Seit Ende Februar dürfen keine Mieterhöhungen mehr vorgenommen werden - und zwar fünf Jahre lang! Bis dahin sollen genügend preiswerte Wohnungen gebaut werden. Neuvermietungen dürfen nur in Höhe der jeweiligen Tabellenmiete vorgenommen werden. Wenn das Landesgesetz in Karlsruhe nicht kassiert wird - derzeit ist beim Bundesverfassungsgericht eine Normenkontrollklage von CDU und FDP anhängig -, müssen in der Stadt ab November überteuerte Mieten abgesenkt werden. Dem nicht genug: Auf eine kleine Revolution - immerhin! - läuft die Berliner Mieterinitiative »Deutsche Wohnen & Co enteignen« hinaus. In der Geschichte der Bundesrepublik hat es dergleichen noch nie gegeben: eine Enteignung zum Zwecke der Sozialisierung, gemäß Artikel 15 des Grundgesetzes. Innerhalb kurzer Zeit wurden für das Volksbegehren 77 000 gültige Unterschriften gesammelt, fast viermal so viel als notwendig war, um den Senat dazu zu bewegen, die zweite Unterschriftenphase einzuleiten, in der dann 170 000 Unterschriften gesammelt werden müssen, um das Volksbegehren zur Abstimmung zu stellen. Während dieser zweiten Phase werden auch die Berliner Wohnungslosen, die in den Heimen untergebracht und polizeilich angemeldet sind, unterschriftberechtigt sein. Wie wäre es, wenn sich die Selbstvertretung wohnungsloser Menschen in das Projekt einbringt und symbolisch tausend Unterschriften sammelt? Wer Solidarität einfordert, sollte auch selbst Solidarität üben.

Wohnungslosigkeit. Wohnungspolitische Robbenbabys. Die Wohnungsnot wird gesellschaftlich präsenter - nicht aber die Wohnungslosen. Von Karsten Krampitz. ND vom 22. August 2020


https://www.youtube.com/watch?v=e5fx1QDaf8c&feature=youtu.be

--Methodios (Diskussion) 08:50, 22. Aug. 2020 (CEST)Beantworten


Ja, Steinmeier wird einsehen, daß er mit dem gesetzlich angeordneten Sozialterror des Hartz-Regimes gegen die Minderheit der Mittellosen als Schröders Kanzleramtschef & als Kanzlerkandidat der sPD eine falsche Politik betrieben hat. Er wird erkennen, daß es unfair ist, Frauen & Männer & auch deren Kinder unter Existenzangst zu setzen, um sie für einen künstlich aufgeblähten Niedriglohn- & Leiharbeitssektor ausbeuten zu können. Mein GOtt, wie naiv seid Ihr eigentlich???

Meine Partei, die LINKE. jubelt: Bundespräsident Steinmeier, Schlüsselfigur & Architekt von Hartz IV, Schlüsselfigur & Architekt der gesetzlich angeordneten Verarmung der Minderheit der Mittellosen im Land will sich kompetenten Rat bei Gerhard Trabert holen, äh, also, -- er hat ihn ins Schloß Bellevue eingeladen. Dietmar Bartsch erfährt eine irrwitzige Vision: (zitat) "Gut, dass Bundespräsident Steinmeier es bei dem wichtigen Thema Armut und Ungerechtigkeit nicht bei einer Sonntagsrede in der Bundesversammlung belässt, sondern sich kompetenten Rat bei Gerhard Trabert holt. Wirksam wäre ein breites, parteiübergreifendes Bündnis." Die Fraktionsführung der LINKE.n hat auch nach der 4,9%-Ohrfeige noch nicht begriffen, daß Hartz IV keine fehlgeschlagene, neoliberale Arbeitsmarkt- & Sozialpolitik ist, sondern ein beabsichtigtes menschenverachtendes Programm zur Beschaffung von Lohnsklavinnen & Lohnsklaven für den künstlich aufgeblähten Niedriglohn- & Leiharbeitssektor & darüber hinaus der effektiven, lebenszeitverkürzenden Ausgrenzung der ökonomisch wertlosen Menschen im Lande dient. Hartz IV funktioniert genauso wie es von Anfang an funktionieren sollte. Der peinliche Traum von einem breiten, parteiübergreifenden Bündnis kommt der absurden Kopfgeburt gleich, mit den kriegslüsternden Kriegstreibern im entstandenen, gewollten Krieg ein Bündnis für den Frieden zu schmieden. Es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre.

https://www.facebook.com/thomas.e.suckow

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--Methodios (Diskussion) 12:07, 17. Feb. 2022 (CET)Beantworten