Kurs:Analysis (Osnabrück 2014-2016)/Teil I/Vorlesung 4/latex

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\setcounter{section}{4}






\zwischenueberschrift{Angeordnete Körper}

Zwei reelle Zahlen kann man ihrer Größe nach vergleichen, d.h. die eine ist größer als die andere oder es handelt sich um die gleiche Zahl. Auf der Zahlengeraden bedeutet dies, dass die eine Zahl rechts von der anderen liegt. Die wesentlichen Eigenschaften der Größerbeziehung werden im Begriff des angeordneten Körpers zusammengefasst. Um dieses Konzept formulieren zu können, führen wir kurz die grundlegenden Begriffe Relation und Ordnungsrelation ein.




\inputdefinition
{}
{

Es seien \mathkor {} {X} {und} {Y} {} Mengen. Eine \definitionswort {Relation}{} zwischen $X$ und $Y$ ist eine Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R }
{ \subseteq }{ X \times Y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}

D.h. bei einer Relation stehen gewisse Paare
\mathl{(x,y)}{} in der gegebenen Relation, und die anderen Paare eben nicht. Man schreibt dafür
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(x,y) }
{ \in }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} oder
\mathl{R (x,y)}{} oder
\mathl{xRy}{.} Im Moment sind wir an Ordnungsrelationen interessiert, die folgendermaßen definiert werden.




\inputdefinition
{}
{

Eine \definitionsverweis {Relation}{}{} $\preccurlyeq$ auf einer Menge $I$ heißt \definitionswort {Ordnungsrelation}{} oder \definitionswort {Ordnung}{,} wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind. \aufzaehlungdrei{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ \preccurlyeq }{i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }{Aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ \preccurlyeq }{j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{j }
{ \preccurlyeq }{k }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt stets
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ \preccurlyeq }{k }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }{Aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ \preccurlyeq }{j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{j }
{ \preccurlyeq }{i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ = }{j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }

}




\inputdefinition
{}
{

Eine \definitionsverweis {Ordnungsrelation}{}{} $\preccurlyeq$ auf einer Menge $I$ heißt \definitionswort {lineare Ordnung}{} \zusatzklammer {oder \definitionswort {totale Ordnung}{}} {} {,} wenn zu je zwei Elementen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x,y }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Beziehung \mathkor {} {x \preccurlyeq y} {oder} {y \preccurlyeq x} {} gilt.

}

Wenn auf einer Menge $M$ eine totale Ordnung vorliegt, so bezeichnet man für zwei Elemente
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x,y }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das kleinere der beiden mit
\mathl{{\min { \left( x , y \right) } }}{} und das größere mit
\mathl{{\max { \left( x , y \right) } }}{.} Man spricht vom \stichwort {Minimum} {} und vom \stichwort {Maximum} {.}




\inputdefinition
{}
{

Ein \definitionsverweis {Körper}{}{} $K$ heißt \definitionswort {angeordnet}{,} wenn es eine \definitionsverweis {totale Ordnung}{}{} $\geq$ auf $K$ gibt, die die beiden Eigenschaften \aufzaehlungzwei {Aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \geq }{ b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a + c }
{ \geq }{ b + c }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {für beliebige
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ a , b , c }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {,} } {Aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \geq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ b }
{ \geq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a b }
{ \geq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {für beliebige
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ a, b }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {,} } erfüllt.

}

Statt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \geq }{b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} schreibt man auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ \leq }{a }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Die Schreibweise
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ > }{b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} bedeutet \mathkor {} {a \geq b} {und} {a \neq b} {.} Eine wichtige Beziehung in einem angeordneten Körper ist, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \geq }{b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} äquivalent zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a-b }
{ \geq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. Diese Äquivalenz ergibt sich durch beidseitiges Addieren von \mathkor {} {-b} {bzw.} {b} {} aus dem ersten Axiom. In einem angeordneten Körper nennt man ein Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}
\definitionswortenp{positiv}{,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, und
\definitionswortenp{negativ}{}\zusatzfussnote {Man beachte, dass hier negativ in einem neuen Sinn auftritt. In jedem Körper $K$ gibt zu jedem Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das negative Element $-x$, also das Inverse von $x$ bezüglich der Addition. Das Element $-x$ ist aber nicht in einem absoluten Sinn negativ, sondern nur in Bezug auf $x$. Dagegen gibt es in einem angeordneten Körper wirklich negative und positive Elemente} {.} {,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ < }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. Die $0$ ist demnach weder positiv noch negativ, und jedes Element ist entweder positiv oder negativ oder null. Die Elemente
\mathbed {a} {mit}
{a \geq 0} {}
{} {} {} {} nennt man dann einfach
\definitionswortenp{nichtnegativ}{} und die Elemente
\mathbed {a} {mit}
{a \leq 0} {}
{} {} {} {}
\definitionswortenp{nichtpositiv}{.} Für die entsprechenden Mengen schreibt man
\mathdisp {K_+,\, K_-,\, K_{\geq 0} =K_+^0,\, K_{\leq 0} = K_-^0} { }
oder Ähnliches. Die wichtigsten Beispiele für angeordnete Körper sind der Körper der rationalen Zahlen $\Q$ und der Körper der reellen Zahlen $\R$.


\inputfaktbeweis
{Angeordneter Körper/Elementare Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

In einem \definitionsverweis {angeordneten Körper}{}{} gelten die folgenden Eigenschaften. \aufzaehlungdrei{
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{1 }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} }{Aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \geq }{b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \geq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ac }
{ \geq }{bc }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} }{Aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \geq }{b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \leq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ac }
{ \leq }{bc }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }

}
{ Siehe Aufgabe 4.8. }





\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {angeordneter Körper}{}{.} Zu
\mathbed {a,b \in K} {}
{a \leq b} {}
{} {} {} {,} nennt man \auflistungvier{
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ [a,b] }
{ = }{ { \left\{ x \in K \mid a \leq x \text{ und } x \leq b \right\} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das \definitionswort {abgeschlossene Intervall}{.} }{
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ ]a,b[ }
{ = }{ { \left\{ x \in K \mid a < x \text{ und } x < b \right\} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das \definitionswort {offene Intervall}{.} }{
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ ]a,b] }
{ = }{ { \left\{ x \in K \mid a < x \text{ und } x \leq b \right\} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das \definitionswort {linksseitig offene Intervall}{.} }{
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ [a,b[ }
{ = }{ { \left\{ x \in K \mid a \leq x \text{ und } x < b \right\} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das \definitionswort {rechtsseitig offene Intervall}{.} }

}

Für das offene Intervall wird häufig auch
\mathl{(a,b)}{} geschrieben. Die Zahlen \mathkor {} {a} {und} {b} {} heißen die \stichwort {Grenzen des Intervalls} {,} genauer spricht man von oberer und unterer Grenze. Die Bezeichnung linksseitig und rechtsseitig bei den beiden letzten Intervallen \zusatzklammer {die man auch als \stichwort {halboffen} {} bezeichnet} {} {} rühren von der üblichen Repräsentierung der reellen Zahlen als Zahlengerade her, bei der rechts die positiven Zahlen stehen. Zutreffender \zusatzklammer {also weniger konventionsverhaftet} {} {} wäre es von \anfuehrung{größerseitig offen}{} und \anfuehrung{kleinerseitig offen}{} zu sprechen. Manchmal werden auch Schreibweisen wie
\mathl{(a, \infty)}{} verwendet. Dies bedeutet
\betonung{nicht}{,} dass es in $K$ ein Element $\infty$ gibt, sondern ist lediglich eine kurze Schreibweise für
\mathl{{ \left\{ x \in K \mid x >a \right\} }}{.}

\inputbemerkung
{}
{ Ein äquivalenter Zugang zum Begriff des angeordneten Körpers funktioniert so: Man hat einen Körper $K$, bei dem eine Teilmenge
\mathl{P\subseteq K}{} \zusatzklammer {die \anfuehrung{positive Hälfte}{}} {} {} ausgezeichnet ist mit den folgenden Eigenschaften \aufzaehlungdrei{Entweder
\mathl{x \in P}{} oder
\mathl{-x \in P}{} oder
\mathl{x=0}{.} }{Aus
\mathl{x,y \in P}{} folgt
\mathl{x+y \in P}{.} }{Aus
\mathl{x,y \in P}{} folgt
\mathl{x \cdot y \in P}{.} } In einem angeordneten Körper erfüllen die positiven Elemente diese Bedingungen. Man kann aber umgekehrt aus einem Körper mit einer solchen positiven Teilmenge einen angeordneten Körper machen, indem man
\mathdisp {x \geq y \text{ durch } x=y \text{ oder } x-y \in P} { }
definiert, siehe Aufgabe 4.26. }






\zwischenueberschrift{Der Betrag}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Absolute_value.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Absolute value.svg } {} {Ævar Arnfjörð Bjarmason} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}




\inputdefinition
{}
{

In einem \definitionsverweis {angeordneten Körper}{}{} $K$ ist der \definitionswort {Betrag}{} eines Elementes
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgendermaßen definiert.
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \betrag { x } }
{ =} { \begin{cases} x,\, \text{ falls } x \geq 0 \, , \\ -x,\, \text{ falls } x < 0 \, . \end{cases} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{}

}

Der Betrag ist also nie negativ \zusatzklammer {da aus
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{x }
{ < }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Beziehung
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{-x }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt, vergleiche Aufgabe 4.6} {} {} und hat nur bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} den Wert $0$, sonst ist er immer positiv. Die Gesamtabbildung \maabbeledisp {} {K} {K } {x} {\betrag { x } } {,} nennt man auch \stichwort {Betragsfunktion} {.} Der Funktionsgraph setzt sich aus zwei Halbgeraden zusammen; eine solche Funktion nennt man auch \stichwort {stückweise linear} {.}


\inputfaktbeweis
{Angeordneter Körper/Betragseigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {angeordneter Körper}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann erfüllt die \definitionsverweis {Betragsfunktion}{}{} \maabbeledisp {} {K} {K } {x} {\betrag { x } } {,} folgende Eigenschaften \zusatzklammer {dabei seien $x,y$ beliebige Elemente in $K$} {} {.} \aufzaehlungacht{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { x } }
{ \geq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { x } }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} genau dann, wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. }{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { x } }
{ = }{ \betrag { y } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} genau dann, wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} oder
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ = }{-y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. }{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { y-x } }
{ = }{ \betrag { x-y } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { xy } }
{ = }{ \betrag { x } \betrag { y } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }{Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { x^{-1} } }
{ = }{ \betrag { x }^{-1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { x+y } }
{ \leq }{ \betrag { x } + \betrag { y } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {\stichwort {Dreiecksungleichung für den Betrag} {}} {} {.} }{Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { x+y } }
{ \geq }{ \betrag { x } - \betrag { y } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 4.23. }


Die Zahl
\mathl{\betrag { x-y }}{} nennt man auch den \stichwort {Abstand} {} der beiden Zahlen \mathkor {} {x} {und} {y} {.}






\zwischenueberschrift{Bernoulli'sche Ungleichung}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Bernoulli_inequality.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Bernoulli inequality.svg } {} {Oleg Alexandrov} {Commons} {gemeinfrei} {}


In der folgenden Aussage verwenden wir für ein Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in einem Körper und einer natürlichen Zahl
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{\N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Schreibweisen
\mathdisp {nz=\underbrace{z + \cdots + z}_{n\text{-mal} } \text{ und } z^n=\underbrace{z { \cdots } z}_{n\text{-mal} }} { . }





\inputfaktbeweis
{Angeordneter Körper/Bernoulli Ungleichung/Fakt}
{Satz}
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {angeordneter Körper}{}{} und $n$ eine natürliche Zahl. Dann gilt für jedes
\mathbed {x \in K} {mit}
{x \geq -1} {}
{} {} {} {} die Abschätzung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (1+x)^n }
{ \geq} { 1 +nx }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}
{

Wir führen Induktion über $n$. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} steht beidseitig $1$, so dass die Aussage gilt. Es sei nun die Aussage für $n$ bereits bewiesen. Dann ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ (1+x)^{n+1} }
{ =} { (1+x)^{n} (1+x) }
{ \geq} { (1+nx)(1+x) }
{ =} { 1+(n+1)x + nx^2 }
{ \geq} { 1+(n+1)x }
} {} {}{,} da Quadrate \zusatzklammer {und positive Vielfache davon} {} {} in einem angeordneten Körper nichtnegativ sind.

}







\zwischenueberschrift{Archimedisch angeordnete Körper}

Wenn man sich wie üblich die reellen Zahlen als Zahlengerade vorstellt, so ist das nächste Axiom selbstverständlich. Es gibt aber auch sehr interessante angeordnete Körper, in denen dieses Axiom nicht gilt; es gilt auch nicht im Rahmen der sogenannten Nichtstandardanalysis. Zur Formulierung dieses Axioms muss man jede natürliche Zahl in einem Körper $K$ interpretieren können. Dies geschieht, indem man einer natürlichen Zahl
\mathl{n \in \N}{} das Körperelement
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{n_K }
{ =} { \underbrace{1_K + \cdots + 1_K}_{n\text{-mal} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} zuordnet.






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Archimedes_(Idealportrait).jpg} }
\end{center}
\bildtext {Archimedes (ca. 287 -212 v. C.)} }

\bildlizenz { Archimedes (Idealportrait).jpg } {} {Ixitixel} {Commons} {PD} {}





\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {angeordneter Körper}{}{.} Dann heißt $K$ \definitionswort {archimedisch angeordnet}{,} wenn das folgende \definitionswort {Archimedische Axiom}{} gilt, d.h. wenn es zu jedem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine natürliche Zahl $n$ mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{n }
{ \geq} {x }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gibt.

}

Diese Eigenschaft ist für negative Elemente stets erfüllt, für positive Elemente handelt es sich aber um eine echte neue Bedingung, die nicht jeder angeordnete Körper erfüllt. Die rationalen Zahlen und die reellen Zahlen bilden jeweils einen archimedisch angeordneten Körper, ein nicht-archimedisch angeordneter Körper wird in Aufgabe 11.28 besprochen. Einen archimedisch angeordneten Körper kann man sich als eine \stichwort {Zahlengerade} {} vorstellen, auf denen auch die ganzen Zahlen liegen. Mit Zahlengerade wird noch nichts genaues über \anfuehrung{Lücken}{} oder \anfuehrung{Kontinuität}{} behauptet.





\inputfaktbeweis
{Angeordneter Körper/Archimedisch/Formulierung mit zwei Elementen/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {archimedisch angeordneter Körper}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x,y }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} stets ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{nx }
{ > }{y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir betrachten
\mathl{y/x}{.} Aufgrund des Archimedes-Axioms gibt es ein $n$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \geq }{ y/x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Da $x$ positiv ist, gilt nach Lemma 4.5  (6) auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{nx }
{ \geq }{y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Angeordneter Körper/Archimedisch/Stammbrucheigenschaft/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {archimedisch angeordneter Körper}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es eine natürliche Zahl
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \frac{ 1 }{ n } } }
{ \leq }{ x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es ist $x^{-1}$ eine nach Fakt *****  (1) positive Zahl und daher gibt es eine natürliche Zahl
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \geq }{ x^{-1} }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dies ist nach Fakt *****  (4) äquivalent zu
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ 1 }{ n } } }
{ =} { n^{-1} }
{ \leq} { { \left( x^{-1} \right) }^{-1} }
{ =} { x }
{ } {}
} {}{}{.}

}


Im folgenden Lemma verwenden wir, dass man zunächst die ganzen Zahlen $\Z$ in einem angeordneten Körper $K$ wiederfindet und dass man dann auch die rationalen Zahlen $\Q$ in $K$ wiederfindet. Die rationale Zahl
\mathl{n/m}{} ist als das Element
\mathl{n_K \cdot (m_K)^{-1}}{} zu interpretieren, siehe auch Aufgabe 4.25.





\inputfaktbeweis
{Archimedisch angeordneter Körper/Rationale Zahlen liegen dazwischen/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {archimedisch angeordneter Körper}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es zwischen je zwei Elementen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ < }{y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auch eine rationale Zahl
\mathl{n/k}{} \zusatzklammer {mit $n\in \Z,\, k \in \N_+$} {} {} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ x }
{ <} { { \frac{ n }{ k } } }
{ <} { y }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y }
{ > }{x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y-x }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und daher gibt es nach Lemma 4.13 ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{k }
{ \in }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \frac{ 1 }{ k } } }
{ < }{ y-x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Nach Lemma 4.12 gibt es auch ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ n { \frac{ 1 }{ k } } }
{ >} { x }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n' }
{ \in }{ \Z _- }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ n' { \frac{ 1 }{ k } } }
{ \leq} { x }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Daher gibt es auch ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{ \Z }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} derart, dass
\mathdisp {n { \frac{ 1 }{ k } } > x \text{ und } (n-1){ \frac{ 1 }{ k } } \leq x} { }
ist. Damit ist einerseits
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ x }
{ <} { { \frac{ n }{ k } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und andererseits
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ n }{ k } } }
{ =} { { \frac{ n-1 }{ k } } + { \frac{ 1 }{ k } } }
{ <} { x + y-x }
{ =} { y }
{ } {}
} {}{}{} wie gewünscht.

}


In einem archimedisch angeordneten Körper bilden die ganzzahligen Intervalle
\mathbed {[n,n+1[} {}
{n \in \Z} {}
{} {} {} {,} eine disjunkte Überdeckung, d.h. es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{K }
{ =} { \bigcup_{n \in \Z} [n,n+1[ }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ [m,m+1[ \cap [n,n+1[ }
{ = }{ \emptyset }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{m }
{ \neq }{n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} Deshalb ist die folgende Definition sinnvoll.




\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Floor_function.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Floor function.svg } {} {Omegatron} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}





\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {archimedisch angeordneter Körper}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Die \definitionswort {Gaußklammer}{} von $x$ ist durch
\mathdisp {\left \lfloor x \right \rfloor =n, \text{ falls } x \in [n,n+1[ \text{ und } n \in \Z} { , }
definiert.

} Da die Werte der Gaußklammer die ganzen Zahlen sind, kann man die Gaußklammer auch als eine Abbildung \maabb {} {K} {\Z } {} auffassen.





\inputfaktbeweis
{Archimedisch angeordneter Körper/x größer 1/x^n unbeschränkt/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {archimedisch angeordneter Körper}{}{}}
\faktvoraussetzung {und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ > }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es zu jedem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{B }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine natürliche Zahl
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{ \N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{x^n }
{ \geq} {B }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir schreiben
\mathbed {x=1+u} {mit}
{u>0} {}
{} {} {} {.} Aufgrund von Lemma 4.12 gibt es eine natürliche Zahl $n$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{nu }
{ \geq }{ B-1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Damit gilt unter Verwendung der Bernoulli-Ungleichung die Abschätzung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ x^n }
{ =} { (1+u)^n }
{ \geq} { 1+nu }
{ \geq} { 1+ B-1 }
{ =} { B }
} {}{}{.}

}