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Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2018-2019)/Teil II/Vorlesung 57/latex

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\setcounter{section}{57}






\zwischenueberschrift{Unabhängige Ereignisse}

Bei einem mehrfachen Münzwurf hat das Ergebnis beim $i$-ten Wurf nichts mit dem Ergebnis beim $j$-ten Wurf \zusatzklammer {
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ j }
{ \neq }{ i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} zu tun. Die Kenntnis des Ergebnisses beim $i$-ten Wurf erlaubt keine Rückschlüsse auf die anderen Würfe. Wenn man hingegen weiß, dass bei $10$ Münzwürfen $8$ mal Kopf geworfen wurde, und man schätzen soll, was beim $3.$Wurf geworfen wurde, so wird man wohl eher auf Kopf als auf Zahl tippen. Solche Phänomen werden in der Wahrscheinlichkeitstheorie durch die stochastische Unabhängigkeit bzw. Abhängigkeit erfasst.




\inputdefinition
{}
{

Zwei Ereignisse \mathkor {} {E} {und} {F} {} in einem \definitionsverweis {endlichen Wahrscheinlichkeitsraum}{}{}
\mathl{(M,P)}{} heißen \definitionswort {unabhängig}{,} wenn
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{P (E \cap F) }
{ =} {P (E) \cdot P (F) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist.

}

Man spricht auch von \stichwort {stochastischer Unabhängigkeit} {.} Wenn die Ereignisse nicht unabhängig sind, werden sie abhängig genannt.





\inputfaktbeweis
{Endlicher Wahrscheinlichkeitsraum/Unabhängigkeit/Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{(M, P)}{} ein \definitionsverweis {endlicher Wahrscheinlichkeitsraum}{}{.}}
\faktfolgerung {\aufzaehlungdrei{Jedes \definitionsverweis {Ereignis}{}{} ist zu $\emptyset$ und zu $M$ \definitionsverweis {unabhängig}{}{.} }{Wenn die Ereignisse \mathkor {} {E} {und} {F} {} unabhängig sind, so sind auch \mathkor {} {E} {und} {M \setminus F} {} unabhängig. }{Wenn ein Ereignis $E$ zu sich selbst unabhängig ist, so ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{P(E) }
{ =} { 0 \text{ oder } 1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\aufzaehlungdrei{Für die leere Menge gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P (E \cap \emptyset) }
{ =} { P ( \emptyset) }
{ =} { 0 }
{ =} { P (E) \cdot P (\emptyset) }
{ } { }
} {}{}{} und für die Gesamtmenge ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P (E \cap M) }
{ =} { P (E) }
{ =} { P (E) \cdot 1 }
{ =} { P (E) \cdot P (M) }
{ } { }
} {}{}{.} }{Seien \mathkor {} {E} {und} {F} {} unabhängig. Dann ist nach Lemma 55.8  (3)
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ P (E \cap (M \setminus F)) }
{ =} { P ( E \setminus E \cap F) }
{ =} { P (E) - P (E \cap F) }
{ =} { P (E) - P (E) \cdot P (F) }
{ =} { P (E) (1 - P(F)) }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { P (E) P ( M \setminus F) }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{,} was die behauptete Unabhängigkeit bedeutet. }{Die Unabhängigkeit von $E$ mit sich selbst bedeutet
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{P (E) }
{ =} {P (E \cap E) }
{ =} {P (E) \cdot P(E) }
{ =} { P(E)^2 }
{ } { }
} {}{}{,} diese Gleichung erfüllen nur die Zahlen \mathkor {} {0} {und} {1} {.} }

}





\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten einen Würfelwurf mit dem \definitionsverweis {Laplace-Raum}{}{}
\mathl{\{1,2,3,4,5,6\}}{} und dabei die Ereignisse
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{G }
{ =} {\{2,4,6\} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{U }
{ =} {\{1,3,5\} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{E }
{ =} {\{1,2\} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Die Ereignisse \mathkor {} {E} {und} {G} {} sind \definitionsverweis {unabhängig}{}{,} da
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{E \cap G }
{ =} { \{2\} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und somit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P (E \cap G) }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 6 } } }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 3 } } \cdot { \frac{ 1 }{ 2 } } }
{ =} { P (E) \cdot P (G) }
{ } { }
} {}{}{.} Ebenso sind \mathkor {} {E} {und} {U} {} unabhängig \zusatzklammer {dies folgt auch aus Lemma 57.2  (2)} {} {.} Dagegen sind \mathkor {} {G} {und} {U} {} nicht unabhängig, da
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{G \cap U }
{ =} { \emptyset }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist, aber beide Ereignisse eine positive Wahrscheinlichkeit haben.


}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Ara macao, Ara ararauna and Ara militaris.jpg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Ara macao, Ara ararauna and Ara militaris.jpg } {} {Commons Shaped Box} {Commons} {CC-by-sa 2.0} {}




\inputbeispiel{}
{

In einem Papageienhaus sind die beiden Geschlechter gleichmäßig verteilt und ebenso sind die Farben rot, gelb und grün gleichmäßig und unabhängig vom Geschlecht verteilt. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig ausgewählter Papagei ein rotes Weibchen ist, gleich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ 1 }{ 2 } } \cdot { \frac{ 1 }{ 3 } } }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 6 } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}


}




\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die Ziehung der Lottozahlen. Sind die Ereignisse, dass zwei bestimmte Zahlen gezogen werden, unabhängig voneinander? Dazu müssen wir die relevanten Wahrscheinlichkeiten berechnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Zahl, sagen wir die $17$ gezogen wird, ist, wie in Beispiel 55.12 berechnet, gleich
\mathl{{ \frac{ 6 }{ 49 } }}{.} Diese Wahrscheinlichkeit ist für jede Zahl gleich. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Zahlen gezogen werden, sagen wir die \mathkor {} {17} {und die} {31} {,} ist, ebenfalls wie in Beispiel 55.12 berechnet, gleich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ 5 }{ 392 } } }
{ =} { 0,012755102 ... }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{}{.} Die Produktwahrscheinlichkeit der beiden einzelnen Ereignisse ist hingegen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ 6 }{ 49 } } \cdot { \frac{ 6 }{ 49 } } }
{ =} { { \frac{ 36 }{ 2401 } } }
{ =} { 0,014993753... }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Die Ereignisse sind also nicht unabhängig.


}




\inputbeispiel{}
{

Es sei ein \definitionsverweis {Laplace-Raum}{}{} $M$ gegeben, dessen Anzahl eine \definitionsverweis {Primzahl}{}{} $p$ ist. Dann sind zwei Ereignisse
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{E,F }
{ \subseteq }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nur dann \definitionsverweis {unabhängig}{}{,} wenn eines von ihnen leer oder gleich $M$ ist. Die Unabhängigkeitsbedingung bedeutet ja für einen Laplaceraum
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ { \# \left( E \cap F \right) } }{ p } } }
{ =} { { \frac{ { \# \left( E \right) } }{ p } } \cdot { \frac{ { \# \left( F \right) } }{ p } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dies bedeutet
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{p \cdot { \# \left( E \cap F \right) } }
{ =} { { \# \left( E \right) } \cdot { \# \left( F \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Somit teilt die Primzahl $p$ das Produkt
\mathl{{ \# \left( E \right) } \cdot { \# \left( F \right) }}{.} Nach dem Lemma von Euklid kann das nur sein, wenn $p$ einen der Faktoren teilt. Dann muss aber die Anzahl eines Faktors, sagen wir von
\mathl{{ \# \left( E \right) }}{,} gleich \mathkor {} {0} {oder} {p} {} sein, was
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{E }
{ = }{ \emptyset }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} oder
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{E }
{ = }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} bedeutet.


}

Zu einer Produktmenge
\mathl{M_1 \times \cdots \times M_n}{} und zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ \in }{{ \{ 1 , \ldots , n \} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt die Abbildung \maabbeledisp {q_i} { M_1 \times \cdots \times M_n } { M_i } { \left( x_1 , \, \ldots , \, x_n \right) } {x_i } {,} die $i$-te \stichwort {Projektion} {.} Zu einer Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T }
{ \subseteq }{M_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nennen wir das Urbild
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{q_i^{-1}(T) }
{ =} { M_1 \times \cdots \times M_{i-1} \times T \times M_{i+1} \times \cdots \times M_n }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} auch den \stichwort {Zylinder} {} über $T$.





\inputfaktbeweis
{Endlicher Wahrscheinlichkeitsraum/Produkt/Unabhängigkeit/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es seien
\mathl{(M_1, P_1) , \ldots , (M_n, P_n)}{} \definitionsverweis {endliche Wahrscheinlichkeitsräume}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { M_1 \times \cdots \times M_n }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} der \definitionsverweis {Produktraum}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann sind zu Ereignissen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{E_i }
{ \subseteq }{M_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{E_j }
{ \subseteq }{M_j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ \neq }{j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Zylindermengen \mathkor {} {q_i^{-1} (E_i)} {und} {q_j^{-1} (E_j)} {} \definitionsverweis {unabhängig}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es ist \zusatzklammer {sagen wir \mathlk{i<j}{}} {} {}
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{ q_i^{-1} (E_i) \cap q_j^{-1} (E_j) }
{ =} { { \left( M_1 \times \cdots \times M_{i-1} \times E_i \times M_{i+1} \times \cdots \times M_n \right) } \cap { \left( M_1 \times \cdots \times M_{j-1} \times E_j \times M_{j+1} \times \cdots \times M_n \right) } }
{ =} {M_1 \times \cdots \times M_{i-1} \times E_i \times M_{i+1} \times \cdots \times M_{j-1} \times E_j \times M_{j+1} \times \cdots \times M_n }
{ } { }
{ } { }
} {} {}{,} somit folgt die Aussage aus Lemma 56.4  (2).

}


Diese Aussage bedeutet beispielsweise, dass bei der Hintereinanderausführung von Münzwürfen der $i$-te Münzwurf vom $j$-ten Münzwurf \zusatzklammer {
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ i }
{ \neq }{ j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} unabhängig ist. Dies ist natürlich intuitiv klar, die vorstehende Aussage ist eine Bestätigung dafür, dass die Modellierung eines wiederholten Experimentes durch einen Produktraum und das oben formulierte Konzept der Unabhängigkeit sinnvoll sind.




\inputdefinition
{}
{

Es sei ein \definitionsverweis {endlicher Wahrscheinlichkeitsraum}{}{}
\mathl{(M, P)}{} gegeben. Die Ereignisse
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{E_1 , \ldots , E_k }
{ \subseteq} { M }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} heißen \definitionswort {paarweise unabhängig}{,} wenn
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{P (E_i \cap E_j) }
{ =} { P (E_i) \cdot P (E_j) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ \neq }{j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist.

}

Das bedeutet einfach, dass je zwei Mengen der $E_i$ unabhängig sind.




\inputdefinition
{}
{

Es sei ein \definitionsverweis {endlicher Wahrscheinlichkeitsraum}{}{}
\mathl{(M, P)}{} gegeben. Die Ereignisse
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{E_1 , \ldots , E_k }
{ \subseteq }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißen \definitionswort {vollständig unabhängig}{,} wenn für jedes
\mathbed {r} {}
{2 \leq r \leq k} {}
{} {} {} {,} und jede $r$-elementige Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{ \{ 1 , \ldots , k \} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Gleichheit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P { \left( \bigcap_{i \in I} E_i \right) } }
{ =} { \prod_{i \in I} P (E_i) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt.

}

Da insbesondere für zweielementige Teilmengen diese Gleichung gelten muss, impliziert die vollständige Unabhängigkeit die paarweise Unabhängigkeit. Wenn $I$ die Form
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{I }
{ =} { \{i_1 , \ldots , i_r\} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} hat, so bedeutet die Unabhängigkeit einfach
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P { \left( E_{i_1} \cap \ldots \cap E_{i_r} \right) } }
{ =} { P { \left( E_{i_1} \right) } \cdots P { \left( E_{i_r} \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Das folgende Beispiel zeigt, dass die vollständige Unabhängigkeit echt stärker als die paarweise Unabhängigkeit ist.


\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten einen dreifachen Münzwurf, also den Wahrscheinlichkeitsraum
\mathl{\{Z, K\}^3}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{p }
{ = }{ { \frac{ 1 }{ 2 } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Das Ereignis, dass bei den ersten beiden Würfen das gleiche Ergebnis herauskommt \zusatzklammer {also beide Mal Kopf oder beidemal Zahl} {} {,} sei mit $E$ bezeichnet, das Ereignis, dass beim ersten und beim dritten Wurf das gleiche Ergebnis herauskommt, sei mit $F$ bezeichnet, und das Ereignis, dass beim zweiten und beim dritten Wurf das gleiche Ergebnis herauskommt, sei mit $G$ bezeichnet. Wir behaupten, dass diese Ereignisse \definitionsverweis {paarweise unabhängig}{}{} sind, aber nicht \definitionsverweis {vollständig unabhängig}{}{.} Zu $E$ gehören genau die Elementarereignisse der Form
\mathl{(K,K,X)}{} und
\mathl{(Z,Z,X)}{,} das sind vier Stück. Somit ist die Wahrscheinlichkeit der Einzelereignisse $E,F,G$ stets ${ \frac{ 1 }{ 2 } }$. Das Ereignis \mathkor {} {E} {und} {F} {} tritt genau dann ein, wenn alle drei Münzwürfe das gleiche Ergebnis haben, also nur bei \mathkor {} {(K,K,K)} {oder} {(Z,Z,Z)} {.} Die Wahrscheinlichkeit davon ist also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P (E \cap F) }
{ =} { { \frac{ 2 }{ 8 } } }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 4 } } }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 2 } } \cdot { \frac{ 1 }{ 2 } } }
{ =} { P (E) \cdot P (F) }
} {}{}{.} Entsprechendes gilt für die Paare \mathkor {} {E} {und} {G} {} und \mathkor {} {F} {und} {G} {.} Wenn man dagegen alle drei Ereignisse miteinander schneidet, so ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{E \cap F \cap G }
{ =} { \{ (K,K,K), (Z,Z,Z) \} }
{ =} { E \cap F }
{ =} { E \cap G }
{ =} { F \cap G }
} {}{}{.} Die Wahrscheinlichkeit davon ist nach wie vor ${ \frac{ 1 }{ 4 } }$, aber das Produkt der drei Einzelwahrscheinlichkeiten ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( { \frac{ 1 }{ 2 } } \right) }^3 }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 8 } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}


}




\inputbeispiel{}
{

Es werde eine Münze $n$-mal hintereinander geworfen. Wir interessieren uns für die Ereignisse $E_i$, dass sich das Ergebnis vom $i-1$-ten zum $i$-ten Wurf ändert \zusatzklammer {\mathlk{i=2 , \ldots , n}{}} {} {.} Sind diese Ereignisse vollständig unabhängig? Das ist nicht so unmittelbar klar, da ja $E_i$ und $E_{i+1}$ beide auf den $i$-ten Wurf Bezug nehmen. Trotzdem sind diese Ereignisse vollständig unabhängig. Es sei dazu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{2 }
{ \leq }{ i_1 }
{ < }{ i_2 }
{ < \ldots < }{ i_r }
{ \leq }{n }
} {}{}{} fixiert. Ein Wechsel an der $i$-ten Stelle \zusatzklammer {verglichen zum Vorgängerwurf} {} {} hat die Wahrscheinlichkeit
\mathl{{ \frac{ 1 }{ 2 } }}{.} Wenn $E_i$ gelten soll, so ist der $i$-te Würfelwurf durch das Ergebnis des $(i-1)$-ten Würfelwurfs festgelegt. Wenn das Ereignis
\mathl{E_{i_1} \cap E_{i_2} \cap \ldots \cap E_{i_r}}{} gelten soll, so gibt es keinerlei Bedingung an den Stellen $i$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ \neq }{i_j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle $j$, während dadurch an den Stellen $i_j$ alles fixiert ist. Somit gibt es
\mathl{2^{n-r}}{} günstige Kombinationen für dieses Durchschnittsereignis. Seine Wahrscheinlichkeit ist somit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ 2^{n-r} }{ 2^n } } }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 2^r } } }
{ =} { { \left( { \frac{ 1 }{ 2 } } \right) }^r }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} was mit dem Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten übereinstimmt.


}





\inputfaktbeweis
{Endlicher Wahrscheinlichkeitsraum/Produkt/Vollständige Unabhängigkeit/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es seien
\mathl{(M_1, P_1) , \ldots , (M_n, P_n)}{} \definitionsverweis {endliche Wahrscheinlichkeitsräume}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { M_1 \times \cdots \times M_n }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} der \definitionsverweis {Produktraum}{}{.} Es seien Ereignisse
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ E_1 }
{ \subseteq }{ M_1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ E_2 }
{ \subseteq }{ M_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,...,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ E_n }
{ \subseteq }{ M_n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gegeben und es seien
\mathl{\tilde{E_i}}{} die zugehörigen Zylindermengen im Produktraum, also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\tilde{E_i} }
{ =} { M_1 \times \cdots \times M_{i-1} \times E_i \times M_{i+1} \times \cdots \times M_n }
{ =} { q_i^{-1} (E_i) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann sind die Ereignisse
\mathl{\tilde{E_1} , \ldots , \tilde{E_n}}{} \definitionsverweis {vollständig unabhängig}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{ { \{ 1 , \ldots , n \} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \bigcap_{i \in I} \tilde{E_i} }
{ =} {F_1 \times F_2 \times \cdots \times F_n }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {} {}{,} wobei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{F_j }
{ =} {E_j }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist, falls
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{j }
{ \in }{ I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, und andernfalls
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{F_j }
{ =} {M_j }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Nach Lemma 56.4  (2) ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P { \left( \bigcap_{i \in I} \tilde{E_i} \right) } }
{ =} { \prod_{j = 1}^n P_j (F_j) }
{ =} { \prod_{i \in I} P_i (E_i) }
{ =} { \prod_{i \in I} P (\tilde{E_i}) }
{ } { }
} {}{}{,} was die vollständige Unabhängigkeit bedeutet.

}