Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2022-2023)/Teil I/Vorlesung A/Referenzsuche

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Wir geben eine Einführung in typische Fragestellungen, wie sie in diesem Kurs im Mittelpunkt stehen.

  1. Welche Rechengesetze für natürliche Zahlen kennen Sie?
  2. Was bedeuten sie, sind sie inhaltlich einsichtig? Gibt es geeignete Illustrationen, Visualisierungen, Veranschaulichungen?
  3. Gibt es Anwendungen?
  4. Gelten die Gesetzmäßigkeiten auch für andere Zahlbereiche, wie für die ganzen, die rationalen, die reellen Zahlen? Für Polynome?
  5. Warum gelten sie?
  6. Gibt es innerhalb dieser Rechengesetze logische Abhängigkeiten, d.h. kann man die Gültigkeit des einen Gesetzes auf die Gültigkeit eines anderen Gesetzes logisch zurückführen?
  7. Gibt es innerhalb dieser Rechengesetze entwicklungspsychologische, lernpsychologische, didaktische Abhängigkeiten? Gibt es im Lernen und im Lehren der Gesetze eine natürliche Reihenfolge?

Als Rechengesetze wurden genannt (nicht unbedingt in dieser Reihenfolge):

    • Das Kommutativgesetz, und zwar für die Addition und die Multiplikation. Also die Identitäten
    und (hier und im Folgenden für beliebige ).
    • Das Assoziativgesetz, ebenfalls für diese beiden Verknüpfungen, also
    und
    • Die binomischen Formeln, siehe unten.
    • Das Distributivgesetz, also die Beziehung
    Auf der rechten Seite verwenden wir die Konvention Punktrechnung vor Strichrechnung, um Klammern zu sparen.
    d.h. ist das neutrale Element der Addition.
    d.h. ist das neutrale Element der Multiplikation.
    • Die Potenzgesetze, also
    wobei gleichzeitig bemerkt wurde, dass dies nicht gleich ist, es gilt also kein Assoziativgesetz für das Potenzieren (beispielsweise ist aber).

In diesem Kurs stehen die Fragen von Typ (5) und (6) an erster Stelle, das Warum[1]. Die Frage nach der logischen Abhängigkeit ist eine Frage nach dem Warum, da man versucht, Gesetzmäßigkeiten auf grundlegendere Gesetzmäßigkeiten zurückzuführen. Das Zurückführen auf fundamentalere Sachverhalte nennt man argumentieren, begründen, zeigen, ableiten, beweisen. Da man irgendwo anfangen muss, spielen in der Mathematik die Logik, Axiome und Definitionen eine fundamentale Rolle. Die Frage nach dem Warum soll zu einem vertieften Verständnis der Mathematik führen.

(2) ist auch ein wichtiger Punkt, die inhaltliche Bedeutung der Zahlen und die damit ermöglichten Anwendungen sind letztlich der Grund, sich mit Mathematik zu beschäftigen, Rechengesetze vereinfachen Rechnungen, Anwendungen der elementaren Mathematik sind allgegenwärtig.[2] Die logische Abhängigkeit ist zwar in den Einzelschritten unmittelbar einleuchtend, da aber häufig eine Vielzahl an solchen Einzelschritten aufgetürmt werden muss, um zu einer prägnanten Aussage zu kommen, sieht man manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht. In Interpretationen, Veranschaulichungen, Visualisierungen tritt die inhaltliche Bedeutung einer Formel deutlich hervor, zugleich ist es nicht die Formel selbst. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Argumentationsebenen auseinander zu halten. Diese reflexive Fähigkeit zu entwickeln ist ein wesentliches Lernziel. Beispielsweise sind manche Visualisierungen auf den ersten Blick sehr einsichtig, bei genauerem Hinsehen muss man sich aber eingestehen, wie viel an Vorwissen und Vorannahmen eingehen.[3]

Die Fragestellungen (1) und (4) sind auch wichtig, sie stellen aber kein ernstes Problem dar, da die Rechengesetze und sonstige Formeln aus der Schule bekannt sind (sein sollten) und da es letztlich auch nicht so viele gibt. Auch die Formulierungen sind eher einfach, zumindest, wenn man sich auf algebraische Eigenschaften konzentriert, wie sie im ersten Semester im Mittelpunkt stehen (bei der Einführung der reellen Zahlen sieht dies etwas anders aus). Zur Kenntnis der Gesetzmäßigkeiten gehört das korrekte algorithmische Anwenden (rechnen) in passenden Situationen (3).

Die Fragestellungen in (7) sind auch sehr wichtig, insbesondere in Hinblick auf den angestrebten Beruf. Für die didaktischen Aspekte gibt es einen eigenen einjährigen Kurs (Grundkurs Mathematikdidaktik (BEU)). Mit etwas Wohlwollen - insbesondere, wenn man Begrifflichkeiten, Formulierungen nicht überbewertet und und sich auf das Verständnis konzentriert - erkennt man große Parallelen zwischen der Lern- und Lehrreihenfolge und dem logischen Aufbau der Mathematik.[4] In den Aufgaben werden gelegentlich gewisse didaktische Szenarien angesprochen. Eine gewisse Gefahr liegt darin, die Didaktik bzw. die angebliche berufliche Situation gegen eine fundierte mathematische Ausbildung vorzubringen. Ein Ziel der angestrebten Reflexionsstufe ist es, dies als ein oberflächliches Ausweichmanöver zu durchschauen.

Die Herausstellung der beiden Punkte (5) und (6) gilt für diesen Kurs, ist aber keine Gesamtbewertung über verschiedene Aspekte der Mathematik. Die Mitberücksichtigung der anderen Aspekte schlägt sich an vielen Stellen nieder, ist aber auch eine Aufgabe für die Studierenden.


Als Beispiel betrachten wir die binomischen Formeln genauer.

Aus der Schule sind sicherlich die bekannt, also die Beziehungen


und

Wir stellen uns die folgenden Fragen.

  1. Für welche gelten diese Formeln?
  2. Gibt es eine Beziehung zwischen ihnen?
  3. Wie wichtig bzw. wie grundlegend sind sie?
  4. Welche Anwendungen haben diese Formeln?
  5. Wie intuitiv sind diese Formeln?
  6. Warum gelten diese Formeln, worauf beruhen sie, wie kann man sie begründen?
  7. Kann man die Gültigkeit der Formeln in einem bestimmten Zahlbereich auf die Gültigkeit der Formeln in einem kleineren Zahlbereich zurückführen?

Was fällt uns dazu ein?

  1. Vermutlich kann man sich an keine Einschränkung erinnern, die Formeln gelten für alle also für natürliche Zahlen, ganze Zahlen, rationale Zahlen, reelle Zahlen.[5] Dennoch kann es große Unterschiede geben, wie man jeweils die Gültigkeit der Formeln beweist. Etwas sonderbar ist allerdings schon, dass man die zweite binomische Formel explizit formuliert, wenn die erste für beliebige ganze Zahlen gilt.
  2. Denn dann kann man ja das in der zweiten binomischen Formel als schreiben und erhält unter Verwendung von einfachen Rechengesetzen für
    und so ergibt sich die zweite binomische Formel unmittelbar aus der ersten. Die zweite ist also als eigene Regel überflüssig, wenn man negative Zahlen zur Verfügung hat und mit ihnen umgehen kann. Wenn man hingegen nur mit den natürlichen Zahlen arbeitet, so kann man den Trick von eben nicht anwenden und die zweite binomische Formel braucht die zusätzliche Voraussetzung, dass ist, da sonst (in) nicht definiert ist. Aber auch im Fall von natürlichen Zahlen kann man die zweite Formel auf die erste zurückführen. Dazu berechnen wir
    Dabei haben wir im ersten Schritt einfach das kompliziert geschrieben, im zweiten Schritt die erste binomische Formel angewendet, dann (distributiv) ausmultipliziert und zusammengefasst. Eine einfache Umstellung (siehe die Abziehregel) ergibt nun
  3. Sie kommen häufig in der Schule vor, doch welche Schlussfolgerung kann man daraus ziehen? Vielleicht sind ja eigentlich wichtigere Sachen für die Schüler und Schülerinnnen (oder die Lehrer und Lehrerinnen) zu schwierig? Keine Panik, so ist es nicht, man kann viel über die Gewichtung von Schulstoff diskutieren, aber völlig abwegig ist die Stoffauswahl nicht. Eine andere Frage ist die nach grundlegend. Wir haben gerade gesehen, dass man die zweite binomische Formel auf die erste binomische Formel zurückführen kann. Vielleicht stecken grundlegendere Sachverhalte hinter diesen Formeln? (Siehe 6.)
  4. Die binomischen Formeln haben eine Vielzahl von Anwendungen. Da ist zunächst die Anwendung bei der Multiplikation von natürlichen Zahlen und speziell beim Quadrieren. Beispielsweise berechnet man oder Weiterhin spielt es beim quadratischen Ergänzen bzw. dem Lösen quadratischer Gleichungen eine herausragende Rolle. Es verallgemeinert sich auf allgemeinere algebraische Strukturen (kommutative Halbringe) und auf höhere Potenzen, also Ausdrücke der Form siehe die allgemeine binomische Formel.
  5. Die erste binomische Formel kann man sich einfach durch Flächeninhalte wie im Bild veranschaulichen. Dies erfordert natürlich Grundkenntnisse über Flächeninhalte von Rechtecken, was letztlich mathematisch ein deutlich schwierigeres Konzept als das rein arithmetisch-algebraische Konzept der binomischen Formel ist. Es ist eine wichtige Bemerkung und ein Lernziel im Mathematikstudium, dass man das Intuitiv-anschauliche vom Logisch-mathematischen trennen und ihre jeweilige Bedeutung einordnen kann. Beides ist wichtig. Für das mathematische Argumentieren ist aber das zweite das entscheidende.
  6. Die binomischen Formeln (und zwar alle drei) sind in allen Rechenbereichen, in denen sie gelten, Spezialfälle des und des für die Multiplikation. Ersteres besagt für beliebige Zahlen die Gleichheit und letzteres besagt Unter Verwendung dieser beiden Regeln kann man die erste binomische Formel durch (wir verwenden schon die Regel Punktrechnung vor Strichrechnung, um Klammern zu sparen)
    erhalten. Es ist eine wichtige Zielsetzung des Mathematikstudiums, die Abhängigkeiten und Hierarchien zwischen mathematischen Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und zu klären. Für die natürlichen Zahlen gelten die binomischen Formeln genauso wie das Distributivgesetz und das Kommutativgesetz. Letztere sind aber grundlegender, da man aus ihnen die binomischen Formeln ableiten kann. Ein tiefes Verständnis für die Hierarchien zwischen mathematischen Sachverhalten wird erst im begriffsorientierten axiomatischen Aufbau der Mathematik möglich. Diese logischen Hierarchien haben auch einen großen Einfluss auf die Didaktik der Mathematik: das Distributivgesetz ist wichtiger als die binomischen Formeln und es sollte im Schulunterricht mindestens so breit behandelt werden wie diese (Schlüsse von der logischen Hierarchie auf die didaktische Gewichtung sind nie zwingend; es kann auch Gründe geben, didaktisch anders zu verfahren, und das Distributivgesetz durch die binomischen Formeln zu motivieren, etc.).
  7. Über die Beziehung zwischen natürlichen und ganzen Zahlen haben wir schon gesprochen. Gehen wir davon aus, dass die binomischen Formeln für die ganzen Zahlen schon bekannt sind. Wir hätten die binomischen Formeln gern für die Brüche, also für rationale Zahlen. Wir schreiben die beteiligten rationalen Zahlen als und erhalten, unter Verwendung von grundlegenden Rechenregeln für Brüche, die Gleichheiten
    also die erste binomische Formel. Der Übergang von nach ist deutlich schwieriger.


Wir haben gesehen, dass das Distributivgesetz grundsätzlicher als die binomischen Formeln sind. Werden wir noch grundsätzlicher: Was ist eigentlich die Addition und was ist die Multiplikation auf den natürlichen Zahlen? Was ist für Sie die Addition, wie ist sie definiert? An was denken Sie zuerst? Welche Zugänge zu diesen Operationen kennen Sie, wie ist Ihr Verhältnis zueinander? Worin unterscheiden sich die Zugänge, welche sind besonders intuitiv, welche sind einfach begründbar, kommunizierbar, dokumentierbar?

  1. Im didaktischen Kontext beschreibt man solche unterschiedlichen Aspekte gerne als (1) und (4) repräsentieren in diesem Sinne die inhaltliche Kompetenz, die Aspekte (5) und (6) laufen unter Argumentations- und Kommunikationskompetenz, wobei auch die Problemlösekompetenz mit eingeht, da es eben oft schwierig ist, aus einer Gegebenheit etwas anderes herzuleiten. In (2) findet sich die Darstellungskompetenz und die Modellierungskompetenz wieder.
  2. Und banal. Auch die historischen Anfangsgründe der Mathematik in den frühen Hochkulturen sind eher banal, sie liegen wie für die Schrift in der Bürokratie für eine wachsende Stadtbevölkerung begründet.
  3. Man betrachte beispielsweise das Rechteck zur Erläuterung der ersten binomischen Formel weiter unten.
  4. Konkret: Das Wort Halbgruppe hat in der Schule nichts verloren. Dennoch erfasst es sehr genau ein Bündel an Rechenkompetenzen, das in einem bestimmten mathematischen Entwicklungsstadium vorliegt.
  5. Man spricht auch vom Eine wichtige Fragestellung beim Übergang von kleineren Zahlbereichen zu größeren Zahlbereichen ist, ob dabei Gesetzmäßigkeiten erhalten bleiben. Insbesondere werden Regeln, die gelten, besonders herausgestellt, bekommen einen eigenen Namen, werden zu einem Axiom, u.s.w..




In einer Argumentation versucht man, eine Behauptung mittels allgemein anerkannter Prinzipien zu begründen, als wahr (oder gültig) zu erweisen. Grundsätzlich kann man mit sich selbst argumentieren, typischerweise gibt es ein Publikum, das man von der Behauptung überzeugen möchte. Argumentationen gibt es in den unterschiedlichsten Kontexten, in der Wissenschaft, in der Politik, in Beziehungen. Dabei gibt es kontextspezifische Prinzipien und Argumentationsmuster, im politischen Kontext beruft man sich gerne auf weitgehend anerkannte Grundsätze wie Menschenrechte, Grundgesetz, den Willen des Volkes, um daraus unter Berücksichtigung von Daten und Fakten eine politische Entscheidung herzuleiten. Die Erfahrung lehrt, dass dort die Argumente nicht so gut sind, um alle überzeugen zu können, und dass dort auch die Interessen von spezifischen Gruppen vertreten werden.

Auch in der mathematischen Argumentation versucht man, die Wahrheit von Behauptungen (oder die Korrektheit eines Rechenweges oder die Angemessenheit einer Modellierung) zu begründen. Die eingesetzten Mittel, die Argumentationsstrenge hängen auch da von der Zielgruppe, ihrem Vorwissen und ihrer Motivation, der Beziehung (Bindung, Vertrauen) zwischen der Person, die die Behauptung vertritt, und den Personen, die überzeugt werden sollen (beispielsweise Lehrer und Schüler), ab.

Die mathematische Argumentation im wissenschaftlichen Kontext verfügt in mehrfacher Hinsicht über gewisse Argumentationsstandards. Eine wissenschaftliche Argumentation zeichnet sich durch (insbesondere im mathematisch-naturwissenschaftlichen Kontext) folgende Punkte aus.

    • Die starke Präsenz von Fachbegriffen, die definiert werden müssen und gemäß ihrer Definition eingesetzt werden.
    • Die Existenz weniger benennbarer Grundprinzipien.[1]
    • Der Einsatz von Logik zum Erschließen neuer Erkenntnisse.
    • Die freie Verwendung von in der Wissenschaft bereits etabliertem Wissen.
    • Die freie Zugänglichkeit und Überprüfbarkeit der Ergebnisse.[2]
    • Der Anspruch, dass die (Gültigkeit der) Erkenntnisse unabhängig von subjektiven Wünschen und Empfindungen[3] sind, dass sie zeitlos und kulturunabhängig sind.[4]

In der mathematischen Argumentation im wissenschaftlichen Kontext treten diese Punkte besonders deutlich hervor,[5] was sich insbesondere schon darin niederschlägt, dass es einen eigenen Begriff für das mathematische Argumentieren gibt: Eine bewiesene mathematische Behauptung nennt man einen (oder Theorem oder Lemma oder Korollar).

    • Die mathematischen Begriffe werden alle exakt und nur unter Verwendung von anderen mathematischen Begriffen definiert. Die Definitionen sind so angelegt, dass jedes sinnvolle mathematische Objekt entweder unter den Begriff fällt oder nicht, und zwar unabhängig davon, ob man das immer entscheiden kann.[6]
    • Die Mathematik wird heute (seit ca. 130 Jahren) auf Mengen aufgebaut. Sie ist axiomatisch-logisch organisiert, aber realweltlich-anschaulich motiviert.
    • Die Logik ist das Handwerkszeug der Mathematik. Es gibt (im Prinzip) eine vollständige Liste von erlaubten Schlussweisen der Aussagenlogik und der Prädikatenlogik.[7]
    • Bewiesene mathematische Aussagen, also Sätze, werden weiterverwendet.[8] Für eine systematische Darstellung eines Teilgebietes der Mathematik (wie einer Vorlesung oder einem Buch) bedeutet dies, dass man die grundlegenden Sachen zuerst darstellt und darauf zunehmend komplexere Sachen aufbaut. Wenn ein zuvor bewiesener Satz dann irgendwo eingesetzt wird, wird über diesen Satz nicht nachgedacht, sondern nur, ob in der jetzigen Situation alle Voraussetzungen erfüllt sind, damit man den Satz anwenden kann.
    • Mathematik wird in Zeitschriften und Büchern veröffentlicht, in Vorlesungen gelehrt, ist im Internet und in Bibliotheken zugänglich.[9]
    • Die Mathematik wird heute in einer erdumspannenden Gemeinschaft entwickelt.[10]


Wir möchten an einem alltäglichen Beispiel typische Argumentationsmuster der Mathematik vorstellen. Grundlegende Eigenschaften der natürlichen Zahlen setzen wir hierfür voraus.

Wir betrachten die Euromünzen und Euroscheine (Bargeldmittel), die bekanntlich die Werte

haben (um nicht immer von Münzen bzw. Scheinen sprechen zu müssen, nennen wir diese Zahlen schlicht Eurozahlen). Einen zu zahlenden vollen Betrag, beispielsweise Euro, kann man auf viele verschiedene Weisen (ohne Rückgeld) begleichen, etwa durch Euro Münzen oder durch

oder durch

Wir fragen uns, ob es stets eine Art gibt, einen gegebenen Betrag zu begleichen, ob sie eindeutig ist und wie man sie finden kann. Ein naheliegender Ansatz ist es, diejenige Bezahlung als optimal anzusehen, bei der die wenigsten Münzen bzw. Scheine verwendet werden. Im Beispiel kommt die zuletzt genannte Möglichkeit mit vier Münzen/Scheinen aus. Gibt es eine bessere Möglichkeit? Wie kann man an eine solche Frage herangehen? Wenn jemand eine Darstellung mit nur zwei oder drei Münzen/Scheinen finden würde, wäre die Frage direkt negativ entschieden, denn dann gäbe es eine bessere Möglichkeit. Wenn man ein bisschen rumprobiert und keine bessere Möglichkeit findet, so sagt das relativ wenig, wenn man sich nicht sicher sein kann, dass man alle Möglichkeiten systematisch überprüft hat. Ein solches systematisches und nachvollziehbares Überprüfen ist eine Wenn die mathematische Argumentation eine präzise formulierte Aussage begründet, so spricht man von einem (für diese Aussage). Unsere Aussage ist also


Wie kann man das systematisch begründen? Grundsätzlich könnte man alle Summen mit einer Eurozahl, alle Summen mit zwei Eurozahlen und alle Summen mit drei Eurozahlen ausrechnen und dann feststellen, dass nie rauskommt. Das ist durchführbar, aber sehr aufwändig. Zu einer guten mathematischen Argumentation gehört auch, dass sie geschickt und ökonomisch ist, dass sie abwegige Situationen schnell ausschließt und sich auf wesentliche Gesichtspunkte konzentriert. Im Beispiel heißt das, dass man Summen, in denen ein Schein mit einem Wert von mindestens vorkommt, gar nicht betrachten muss, da eine solche Summe immer größergleich und somit größer als der Zielbetrag sein wird. Hier fällt sofort eine typische Eigenschaft einer mathematischen Argumentation auf: Sie nimmt Bezug auf schon etablierte oder bekannte oder allgemein anerkannte Eigenschaften, hier nämlich die Eigenschaft, dass eine Summe von natürlichen Zahlen größergleich jedem Summanden der Summe ist. In einer mathematischen Argumentation geht man nicht immer sondern man verwendet Bekanntes, das seinerseits irgendwann durch eine mathematische Argumentation begründet worden ist.

Eine weitere Beobachtung, die das rechnerische Überprüfen von sehr vielen Summen erübrigt, geht folgendermaßen: Man betrachtet den Euro-Schein. Das ist der größte Schein, von dem man noch nicht weiß, ob und wie oft er verwendet wird. Wie oft kann/könnte er verwendet werden? Zunächst darf er höchstens einmal verwendet werden, da ja

schon zu groß ist. Muss er in einer minimalen Darstellung verwendet werden? Hier begegnen wir einer typischen Denkfigur im Rahmen einer mathematischen Argumentation: Wir zeigen, dass in einer minimalen Darstellung der mit Eurozahlen die vorkommen muss, indem wir zeigen, dass eine Darstellung ohne den Schein nicht minimal sein kann. Man spricht von einem Dabei formuliert man eine Annahme, die dann durch die mathematische Argumentation als unhaltbar erwiesen wird, also als widersprüchlich zu den gegebenen Voraussetzungen der Aussage. Wir machen also die Annahme:

Es ist möglich, die als eine Summe mit maximal drei Summanden aus den Zahlen (also ohne die!) darzustellen.

Durch die Abschätzung, die ihrerseits auf Rechengesetze der natürlichen Zahlen Bezug nimmt,

sieht man aber schnell, dass dies nicht möglich ist. Die Annahme ist also falsch und eine jede Darstellung der mit maximal drei Eurozahlen muss die verwenden, und zwar genau einmal.

An dieser Stelle tritt eine weitere wichtige Strategie bei einer mathematischen Argumentation auf, die Vereinfachung der Situation unter Verwendung des schon Gezeigten. Wir wissen bereits, dass genau einmal vorkommt. Wir ziehen daher ab und gelangen zur Fragestellung, ob es möglich ist, die als Summe von maximal zwei der Zahlen darzustellen. In einem gewissen Sinn sind wir jetzt wieder in der Ausgangssituation, wobei allerdings die Zahlen einfacher (geworden) sind. Mit der schon verwendeten Strategie kann man hier weiterargumentieren: Man zeigt, dass die genau einmal in einer solchen minimalen Darstellung vorkommen muss, zieht es wieder ab und gelangt zur Frage, ob man die als Summe von Eurozahlen mit nur einem Summanden[11] darstellen kann, was offenbar nicht möglich ist.

Hier, wie häufig in der Mathematik, hängt also die Gültigkeit einer mathematischen Aussage mit der Gültigkeit einer anderen mathematischen Aussage von gleichem oder ähnlichem Typ zusammen. Von daher ist es sinnvoll, eine möglichst allgemeine mathematische Aussage zu formulieren und diese zu beweisen, wobei man im Beweis zeigt, dass man kompliziertere (größere Zahlen) auf einfachere Situationen (kleinere Zahlen) zurückführen kann. Ein wichtiges Beweisprinzip entlang dieses Schemas ist der

Wir haben also gezeigt (bewiesen, durch eine mathematische Argumentation begründet), dass man mindestens vier Eurozahlen braucht, um die als Summe darzustellen: Mit weniger als vier ist es nicht möglich, und die eingangs beschriebene Zerlegung

zeigt, dass es mit vier Eurozahlen möglich ist.

Die ist eine Zahl unter vielen, wir hätten gerne zu einer jeden natürlichen Zahl eine entsprechende Aussage. Zunächst gibt es zu jedem vollen Eurobetrag eine minimale Anzahl an Eurozahlen, mit der man den Betrag als Summe erhalten kann, aus den drei einfachen Gründen, dass (1) überhaupt jeder Betrag darstellbar ist (beispielsweise als hinreichend große Summe der mit sich selbst), dass (2) es zu jeder Anzahl an Summanden grundsätzlich die beiden Möglichkeiten gibt, dass der Betrag durch eine Summe aus Eurozahlen mit Summanden darstellbar ist oder nicht, und dass (3) das Minimum einer nichtleeren Menge aus natürlichen Zahlen existiert.[12] Wenn wir den Betrag mit bezeichnen, so kann man die minimale Summandenanzahl als

schreiben. Wir fragen uns:

  1. Ist die minimale Darstellung eines Betrages eindeutig?
  2. Wie kann man sie charakterisieren?
  3. Wie kann man sie finden?

Dabei suchen wir nicht nur nach einer Antwort, sondern diese Fragen sind stets so zu verstehen, wie man mathematisch begründen kann, dass die Antwort auch richtig ist. Solche mathematischen Fragen können im Allgemeinen sehr schwierig sein, und es ist von vornherein nicht klar, ob man eine Lösung finden wird. Wir listen einige Herangehensweisen auf.

  1. Probieren.
  2. Systematischer Probieren.
  3. Extremfälle betrachten.
  4. Hypothese formulieren.
  5. Voraussetzungen leicht abändern, um mögliche Gründe und Schwierigkeiten zu erkennen.
  6. Hypothese präziser formulieren.
  7. Hypothese unter stärkeren zusätzlichen Voraussetzungen beweisen.
  8. Die Perspektive ändern.
  9. Reduktionsmöglichkeiten erkennen.
  10. Hypothese beweisen.

Wir erläutern dies an der ersten Frage, ob es eine eindeutig bestimmte minimale Darstellung gibt.

  1. Nehmen wir die Es fällt uns keine weitere Darstellung mit vier Eurozahlen ein. Man kann die obige Argumentation, bei der wir gezeigt haben, dass es keine Darstellung mit drei Eurozahlen gibt, etwas abwandeln, und erhält so eine Begründung, dass die minimale Darstellung für die eindeutig ist. Welche Zahl probieren wir als nächstes? Die
  2. Es ist systematischer, erstmal die kleinsten Zahlen durchzugehen, die bei denen man recht schnell erkennen kann, dass die optimalen Darstellungen eindeutig sind.
  3. Extremfälle sind beispielsweise die einzelnen Eurozahlen selbst, diese sind offenbar durch sich selbst eindeutig minimal darstellbar. Wie sieht es mit der Summe von zwei Eurozahlen aus, kann es für sie eine weitere Darstellung als Summe von zwei Eurozahlen geben? Warum nicht?
  4. Nach diesen Beobachtungen bzw. Überlegungen formulieren wir die optimistische Hypothese, dass die minimale Darstellung eindeutig ist.
  5. Wie allgemein könnte eine solche Aussage stimmen? Betrachten wir die gleiche Fragestellung für eine Währung,[13] für die die Bargeldmittel gleich sind. Das sieht auf den ersten Blick nicht so anders aus. Allerdings gibt es hier die beiden verschiedenen Darstellungsmöglichkeiten die beide minimal sind, da man die sicher nicht mit einer Münze darstellen kann. Die Hypothese kann also nur stimmen aufgrund spezifischer Eigenschaften der Eurozahlen, eine grobe Argumentation wird man somit wohl nicht erwarten und eine Argumentation, die nicht direkt auf die Eurozahlen Bezug nimmt, kann nicht funktionieren. Auch wenn man die Rückgabe von Geld erlaubt, geht die Eindeutigkeit verloren, beispielsweise ist bei beiden Darstellung werden zwei Scheine bewegt.
  6. Wir meinen natürlich bei eindeutig natürlich ist Es könnte sich als sinnvoll erweisen, immer mit einer bestimmten Reihenfolge der Summanden zu arbeiten, beispielsweise in absteigender Größe.
  7. Wir beweisen die Aussage zuerst nur für alle Beträge oder oder nur für alle Beträge, die als Summe von drei Summanden darstellbar sind.
  8. Wir wollen etwas über Zerlegungen aussagen. Das kann man von links, also von aus betrachten, aber auch von der rechten Seite aus. Kann man einer Darstellung ohne Bezug auf den dargestellten Wert ansehen, ob sie minimal ist? Hier gibt es viele Gesetzmäßigkeiten, z.B. kann nicht sein, da man andernfalls die beiden Euromünzen sofort durch eine Euromünze ersetzen und so mit einer kleineren Anzahl von Eurozahlen auskommen würde.
  9. Hängt die eindeutige Zerlegung für große Zahlen irgendwie mit der eindeutigen Zerlegung für kleinere Zahlen zusammen? Eine zweite Darstellung für führt zu einer Gleichheit Hier kann man links und rechts, falls eine Eurozahl auf beiden Seiten positiv vorkommt, diese Eurozahl abziehen, und erhält so eine Gleichheit für einen kleineren Ausdruck.
  10. Siehe unten.

In einem mathematischen Buch (bzw. in der Vorlesung) werden mathematische Aussagen häufig direkt bewiesen, ohne dass die Vorüberlegungen erläutert werden, die zu dem Beweis geführt haben. Dies ist von der Ökonomie her begründet, man möchte einen Beweis haben, und nicht Überlegungen dokumentieren, die für sich allein genommen ziemlich aussagelos (wie das Durchrechnen von einigen Beispielen) sind und von denen ein Großteil auch in eine falsche Richtung geht. Beim Auffinden von Beweisen und beim Lösen von Aufgaben (zwischen diesen beiden Aspekten gibt es keinen grundsätzlichen Unterschied) ist der Weg dorthin sehr wichtig, und es sollte viel probiert, Strategien entwickelt und diskutiert werden, auch wenn sich das nicht in der Dokumentation der letztlich gefundenen überprüfbaren Argumentation niederschlägt.[14]

Nach all diesen Vorüberlegungen können wir den folgenden Satz beweisen.


Satz  

Es gelten die folgenden Aussagen.

  1. Jede natürliche Zahl besitzt eine eindeutige Summendarstellung (mit ) mit der Eigenschaft, dass die Gesamtanzahl der Summanden (also ) unter allen Darstellungen minimal ist.
  2. Eine solche Darstellung ist genau dann minimal, wenn die folgenden Koeffizientenbedingungen erfüllt sind.
    a) Die Koeffizienten die sich auf beziehen, sind
    b) Die Koeffizienten die sich auf beziehen, sind
    c) Falls der Koeffizient, der sich auf (bzw. bzw.) bezieht, gleich ist, so ist der vorhergehende Koeffizient (der sich also auf bzw. bzw. bezieht) gleich
  3. Die eindeutige Darstellung findet man, indem man sukzessive absteigend bestimmt, wobei man folgendermaßen[15] vorgeht definiere definiere etc.

Beweis  

Wir zeigen zuerst, dass jede minimale Darstellung von die in (2) angegebenen Koeffizientenbedingungen erfüllt. Es sei also

eine minimale Darstellung. Wenn der Koeffizient vor (also) größer als wäre, also mindestens so könnte man zwei Euromünzen durch eine Euromünze ersetzen und hätte eine Darstellung mit weniger Summanden im Widerspruch zur Minimalität (ebenso für den Koeffizienten vor und vor). Wenn der Koeffizient vor größer als wäre, also mindestens so könnte man zwei Euroscheine durch einen Euroschein ersetzen und hätte eine Darstellung mit weniger Summanden im Widerspruch zur Minimalität (ebenso für den Koeffizient vor). Wenn der Koeffizient vor größer als wäre, also mindestens so könnte man drei Euromünzen durch eine Euromünze und einen Euroschein ersetzen und hätte eine Darstellung mit weniger Summanden im Widerspruch zur Minimalität (ebenso für den Koeffizienten vor und vor). Wenn eine Euromünze doppelt und eine Euromünze einfach vorkommt, so kann man dies durch einen Euroschein ersetzen im Widerspruch zur Minimalität der Darstellung, ebenso bei einem doppelten Vorkommen von oder

Wir zeigen nun die Eindeutigkeit der minimalen Darstellung und nehmen an, dass zwei Zerlegungen

vorliegen. Da beide Darstellungen minimal sind, müssen nach der bisherigen Überlegung die Koeffizienten jeweils die Koeffizientenbedingungen erfüllen. Wir werden zeigen, dass es überhaupt nur eine Darstellung gibt, die die Koeffizientenbedingungen erfüllt. Wir müssen also zeigen, dass

für alle

gilt. Wenn für ein bestimmtes die Koeffizienten

beide sind, so kann man beidseitig die zugehörige Eurozahl (eventuell zweimal) abziehen und erhält dann eine kleinere Zahl für die zwei Darstellungen vorliegen, die ebenfalls die Koeffizientenbedingungen erfüllen. Da man diese Überlegung für jedes durchführen kann, gelangt man zu einer Gleichheit, bei der jeweils mindestens einer der Koeffizienten gleich ist. Es ist dann zu zeigen, dass auch der andere Koeffizient gleich ist. Dies zeigen wir absteigend, beginnend mit bzw. Da die Situation symmetrisch[16] ist, können wir annehmen, dass

ist. Aufgrund der Koeffizientenbedingungen ist (die Klammern sind suggestiv und sollen die verwendeten Abschätzungen verdeutlichen, die erste ist echt)

Daher kann nicht größergleich sein und ist ebenfalls So zeigt man absteigend, dass alle Koeffizienten sind und dass die Darstellung also eindeutig ist.

Wir zeigen nun die andere Richtung aus Teil (2), dass eine Darstellung mit den gegebenen Koeffizientenbedingungen die eindeutige Darstellung sein muss. Mit der gleichen Argumentation wie eben, angewendet auf eine solche Darstellung und die minimale Darstellung, ergibt sich, dass die Darstellungen übereinstimmen.

Der dritte Teil ergibt sich daraus, dass die entstehende Darstellung die in (2) formulierten Koeffizientenbedingungen erfüllen muss.


Die Aufgabe 2.25 zeigt, dass das Verfahren aus Satz 2.1  (3) nicht bei jeder Bargeldverteilung zur minimalen Darstellung führt.

  1. Über die selbst wiederum reflektiert wird und wo die Grenze zwischen Wissenschaft und Philosophie verläuft.
  2. Dies ist ein großer Unterschied zur Esoterik, wo das nur unter ganz speziellen Bedingungen (Verschwiegenheit, Würdigkeit, ...) von Eingeweihten weitergegeben wird.
  3. Das heißt keineswegs, dass die Erkenntnisse und ihre Entdeckungen nicht von Gefühlen begleitet würden. Im Gegenteil, Wissenschaft macht denen, die sie betreiben, ziemlich viel Spaß.
  4. Die Generierung von Wissen ist sehr stark zeit- und kulturabhängig.
  5. Dafür fehlt der Mathematik ein entscheidender Punkt der Naturwissenschaften, die Beobachtung, die Empirie, das Experiment. Deshalb wird die Mathematik oft nicht zu den Naturwissenschaften gerechnet. Aber auch die Zuordnung zu den Geisteswissenschaften ist schwierig, so spricht man von.
  6. Insbesondere sind beispielhafte Definitionen vom Typ etwas wie ... nicht zulässig.
  7. Dies ist Gegenstand der mathematischen Logik.
  8. Sie sind auch nicht patentierbar.
  9. Einschränkung: Dies gilt nicht unbedingt für sicherheitsrelevante kryptologische Forschung, die zum Teil an regierungsnahen Forschungsinstituten durchgeführt wird.
  10. Wobei das Hauptgewicht nach wie vor auf den Industrieländern liegt. Die anderen Länder holen aber schnell auf. Die wichtigste mathematische Auszeichnung, die Fields-Medaille, ging 2014 an eine Iranerin, einen Brasilianer, einen Kanadier indischer Herkunft und einen Österreicher.
  11. Eine Summe mit nur einem Summanden mag sich sonderbar anhören. In der Mathematik sind aber solche Grenzfälle wichtig und stets mitzubetrachten, da man bei einer Situationsvereinfachung häufig - wie hier - bei einer solchen Extremsituation ankommt.
  12. Dies ist unmittelbar klar (?). Wir werden in Lemma 10.11 diese Aussage aus dem Induktionsprinzip herleiten.
  13. Hier werden also die Voraussetzungen kurz abgeändert, um sie besser verstehen zu können.
  14. Das gilt auch für die abzugebenden Aufgaben. Geben Sie ein überzeugendes Endprodukt der Überlegungen ab, keine Dokumentation der Überlegungen.
  15. Dies ist ein sogenannter da er sich bei jedem Einzelschritt daran orientiert, wie man möglichst viel von dem (verbleibenden) Geldbetrag abzahlen kann.
  16. Die Situation ist symmetrisch, da die beiden Darstellungen gleichberechtigt sind. In einer solchen Situation bedeutet es keine Einschränkung der Aussagekraft der Argumentation, wenn man eine Umbenennung vornimmt bzw. eine Eigenschaft, die eines der beteiligten Objekte hat, dem ersten zuweist. In einer solchen Situation finden sich häufig Formulierungen wie





Eine ist ein sprachliches Gebilde, das oder sein kann.[1] Es ist durchaus erlaubt, dass man nicht entscheiden kann, ob die Aussage wahr oder falsch ist, weil man dazu Zusatzinformationen benötigt. Wichtig ist allein, dass die Prädikate wahr und falsch sinnvolle Prädikate des Gebildes aufgrund seiner syntaktischen und semantischen Gestalt sind.

Die Bedingung der Bedeutungsklarheit wird von natürlich-sprachlichen Aussagen selten erfüllt. Nehmen wir z.B. den Satz
Dieses Pferd ist schnell.
Einerseits haben wir keine Information, um welches Pferd es sich handelt, von dem da die Rede ist, und die Gültigkeit der Aussage hängt vermutlich davon ab, welches Pferd gemeint ist. Andererseits ist die Bedeutung von nicht so fest umrissen, dass, selbst wenn es klar wäre, um welches Pferd es sich handelt, vermutlich Uneinigkeit herrscht, ob es als schnell gelten soll oder nicht. Weitere alltagssprachliche Aussagen sind
Marsmenschen sind grün.
Ich fresse einen Besen.
Heinz Ngolo und Mustafa Müller sind Freunde.

In der natürlichen Sprache besteht die Möglichkeit, durch Zusatzinformationen, Kontextbezug, intersubjektive Vereinbarungen und kommunikative Bedeutungsangleichungen eine Gesprächssituation zu erzeugen, in der man über die Gültigkeit von solchen nicht scharf definierten Aussagen weitgehende Einigkeit erzielen kann. In der Logik und in der Mathematik hingegen sind diese praktischen Notlösungen nicht erlaubt, sondern die Bedeutung einer Aussage soll allein aus der Bedeutung der in ihr verwendeten Begriffe erschließbar sein, wobei diese Begriffe zuvor klar und unmissverständlich definiert worden sein müssen. Einige mathematische Aussagen (egal ob wahr oder falsch) sind

5 ist eine natürliche Zahl.
Es ist
Primzahlen sind ungerade.
Die minimale Darstellung eines Geldbetrages durch die Eurozahlen ist eindeutig.

Wenn man diese Aussagen versteht, und insbesondere die in ihnen verwendeten Begriffe und Symbole kennt, so sieht man, dass es sich um Aussagen handelt, die entweder wahr oder falsch sind, und zwar unabhängig davon, ob der Leser weiß, ob sie wahr oder falsch sind. Ob ein sprachliches Gebilde eine Aussage ist hängt nicht vom Wissen, ob sie wahr oder falsch ist, oder vom Aufwand ab, mit dem man durch zusätzliches Nachforschen, durch Experimente oder durch logisch-mathematisches Überlegen entscheiden könnte, ob sie wahr oder falsch ist. Bei den folgenden Beispielen handelt es sich zwar um mathematische Objekte, aber nicht um Aussagen:

5
5+11
Die Menge der Primzahlen
Eine Summe von fünf Quadraten

Statt uns jetzt mit konkreten Aussagen auseinander zu setzen, nehmen wir im Folgenden den strukturellen Standpunkt ein, dass eine Aussage eine Aussagenvariable ist, die einen der beiden wahr oder falsch annehmen kann. Zunächst interessiert uns dann, wie sich diese Wahrheitsbelegungen bei einer Konstruktion von neuen Aussagen aus alten Aussagen verhalten.


Man kann aus verschiedenen Aussagen neue Aussagen bilden. Aus der Aussage

Ich fresse einen Besen

kann man die

Ich fresse nicht einen Besen[2]

machen, und aus den beiden Aussagen

Marsmenschen sind grün
und
Ich fresse einen Besen

kann man beispielsweise die folgenden neuen Aussagen basteln.

Marsmenschen sind grün und ich fresse einen Besen
Marsmenschen sind grün oder ich fresse keinen Besen
Wenn Marsmenschen grün sind, dann fresse ich einen Besen
Wenn nicht gilt, dass Marsmenschen grün sind, dann fresse ich einen Besen
Wenn Marsmenschen grün sind, dann fresse ich keinen Besen
Wenn nicht gilt, dass Marsmenschen grün sind, dann fresse ich keinen Besen
Marsmenschen sind genau dann grün, wenn ich einen Besen fresse

Hierbei werden die einzelnen Aussagen für sich genommen nicht verändert (bis auf gewisse grammatische Anpassungen), sondern lediglich in einen logischen Zusammenhang zueinander gebracht. Eine solche logische Verknüpfung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich ihr Wahrheitsgehalt allein aus den Wahrheitsgehalten der beteiligten Aussagen und der Bedeutung der grammatischen Konjunktionen (aussagenlogisch spricht man von) ergibt und keine weitere Information dafür erforderlich ist. Die Aussage

Marsmenschen sind grün und ich fresse keinen Besen

ist beispielsweise genau dann wahr, wenn sowohl Marsmenschen grün sind und ich keinen Besen fresse. Das ist jedenfalls die Bedeutung der logischen „und“-Verknüpfung. Eine inhaltliche Beziehung zwischen den beiden Teilaussagen ist nicht nötig.

Betrachten wir zum Vergleich eine Aussage wie

Die grünen Marsmenschen fressen Besen

Hier entsteht eine völlig neue Aussage, die lediglich einzelne Vokabeln oder Prädikate der vorgegebenen Aussagen verwendet, ihr Wahrheitsgehalt lässt sich aber keineswegs aus den Wahrheitsgehalten der vorgegebenen Aussagen erschließen.

Eine logische Verknüpfung von Aussagen liegt vor, wenn sich der Wahrheitsgehalt der Gesamtaussage aus den Wahrheitsgehalten der Teilaussagen ergibt. Die beteiligten Verknüpfungen legen dabei fest, wie sich die Wahrheitswerte der Gesamtaussage bestimmen lassen.


Um sich die Abhängigkeiten von zusammengesetzten Aussagen allein von den einzelnen Wahrheitsgehalten der beteiligten Teilaussagen und den Junktoren, nicht aber von den konkreten Aussagen und ihren Bedeutungen klarer zu machen, ist es sinnvoll, mit zu arbeiten und die Junktoren durch Symbole zu repräsentieren. Für Aussagen schreiben wir jetzt

und wir interessieren und also nicht für den Gehalt von sondern lediglich für die möglichen Wahrheitswerte (oder) von die wir mit (wahr) oder (falsch) bezeichnen (gelegentlich verwendet man auch die Wahrheitswerte und ). Bei der werden einfach die Wahrheitswerte vertauscht, was man mit einer einfachen ausdrückt:

Negation
w f
f w

Bei einer konkreten Aussage gibt es in der Regel mehrere sprachliche Möglichkeiten, die Negation zu formulieren. Um die Aussage zu negieren, ist es egal, ob man sagt:

Ich fresse nicht einen Besen.
Ich fresse keinen Besen.
Es ist nicht der Fall, dass ich einen Besen fresse.
Es trifft nicht zu, dass ich einen Besen fresse.

Die Negation wirkt auf eine einzelne Aussage, man spricht von einem Kommen wir nun zu die von mindestens zwei Aussagen abhängen. Bei der Verknüpfung von zwei Aussagen gibt es insgesamt vier mögliche Kombinationen der Wahrheitswerte, so dass jede logische Verknüpfung dadurch festgelegt ist, wie sie diesen vier Kombinationen einen Wahrheitswert zuordnet. Daher gibt es insgesamt logische Verknüpfungen, die wichtigsten sind die folgenden vier.

Die ist die Sie ist genau dann wahr, wenn beide Teilaussagen wahr sind; sie ist also falsch, sobald nur eine der beteiligten Aussagen falsch ist. Die der Konjunktion sieht so aus.

Konjunktion
w w w
w f f
f w f
f f f

Die (oder) ist die einschließende Sie ist wahr sobald mindestens eine der Teilaussagen wahr ist, und insbesondere auch dann wahr, wenn beide Aussagen zugleich wahr sind. Sie ist nur in dem einzigen Fall falsch, dass beide Teilaussagen falsch sind. Offensichtlich sind bei einer Konjunktion und einer Disjunktion die beteiligten Teilaussagen gleichberechtigt.

Disjunktion
w w w
w f w
f w w
f f f

Die ist die in der Mathematik wichtigste Verknüpfung. Mathematische Sätze haben fast immer die Gestalt einer (verschachtelten) Implikation. Der logische Gehalt einer Implikation ist, dass aus der Gültigkeit einer die Gültigkeit einer folgt.[3] Sie wird meistens durch (oder kurz: Wenn dann) ausgedrückt. Ihre Wahrheitsbedingung ist daher, dass wenn mit wahr belegt ist, dann muss auch mit wahr belegt sein. Dies ist erfüllt, wenn falsch ist oder wenn wahr ist.[4] Ihre Wahrheitstabelle ist daher

Implikation
w w w
w f f
f w w
f f w

Bei einer Implikation sind die beiden beteiligten Teilaussagen nicht gleichberechtigt, die Implikationen

sind verschiedene Aussagen. Eine Implikation hat also eine „Richtung“.[5] Im allgemeinen Gebrauch und auch in der Mathematik werden Implikationen zumeist dann verwendet, wenn der Vordersatz der für die Konklusion ist, wenn die Implikation also einen kausalen Zusammenhang ausdrückt. Diese Interpretation spielt aber im aussagenlogischen Kontext keine Rolle.

Wenn die beiden Implikationen

zugleich gelten, so wird das durch ausgedrückt. Man spricht von einer der beiden Aussagen, die Wahrheitstabelle ist

Äquivalenz
w w w
w f f
f w f
f f w

Beispiele für eine mathematische Äquivalenzaussage sind:

Eine natürliche Zahl ist genau dann gerade, wenn sie im Zehnersystem auf oder endet.
Ein Dreieck ist genau dann rechtwinklig, wenn es eine Seite gibt, deren Quadrat gleich der Summe der beiden anderen Seitenquadrate ist.

Die Hinrichtung im zweiten Beispielsatz ist dabei der Satz des Pythagoras, die Rückrichtung gilt aber auch. Achtung: In gewissen Kontexten werden Äquivalenzen als Implikationen formuliert. Dies gilt beispielsweise für Belohnungen, Bestrafungen und auch in mathematische Definitionen. Wenn man sagt: so meint man in aller Regel, dass man auch nur dann eines bekommt, aber nicht, wenn man durch teilt. Mathematische Definitionen wie sind als genau dann, wenn zu verstehen.

Unter Verwendung der Negation kann man jede logische Verknüpfung durch die angeführten Verknüpfungen ausdrücken, wobei man noch nicht mal alle braucht. Z.B. kann man die Konjunktion (und ebenso die Implikation und die Äquivalenz) auf die Disjunktion zurückführen, die Wahrheitstabelle[6]

Konjunktion als Disjunktion
w w w
w f f
f w f
f f f

zeigt nämlich, dass die Wahrheitsfunktion von mit der Wahrheitsfunktion von übereinstimmt. Daher sind die beiden Ausdrücke logisch gleichwertig. Bei einem solchen nur leicht verschachtelten Ausdruck kann man die Wahrheitswerte noch einfach berechnen und damit die Wahrheitsgleichheit mit der Konjunktion feststellen. Bei komplizierteren (tiefer verschachtelten) Ausdrücken ist es sinnvoll, abhängig von den Belegungen der beteiligten Aussagenvariablen die Wahrheitswerte der Zwischenausdrücke zu berechnen. Im angegebenen Beispiel würde dies zur Tabelle

Konjunktion als Disjunktion
w w f f f w
w f f w w f
f w w f w f
f f w w w f

führen. Natürlich kann man statt zwei auch beliebig viele Aussagenvariablen verwenden und daraus mit den Verknüpfungen neue Aussagen konstruieren. Die Wahrheitsbelegung der zusammengesetzten Aussagen lassen sich dann ebenfalls in entsprechend größeren Wahrheitstabellen darstellen.


Bei Einzelaussagen und zusammengesetzten Aussagen ist jeder Wahrheitswert erlaubt, und die Wahrheitswerte bei den verknüpften Aussagen ergeben sich aus den Einzelbelegungen über die Wahrheitsregeln, die die Junktoren auszeichnen. Abhängig von den Belegungen können somit alle Aussagen wahr oder falsch sein. Besonders interessant sind aber solche Aussagen, die unabhängig von den Einzelbelegungen stets wahr sind. Solche Aussagen nennt man (oder). Sie sind für die Mathematik vor allem deshalb wichtig, weil sie erlaubten Schlussweisen entsprechen, wie sie in Beweisen häufig vorkommen. Wenn man beispielsweise schon die beiden Aussagen

bewiesen hat, wobei hier

für konkrete Aussagen stehen, so kann man daraus auf die Gültigkeit von schließen. Die zugrunde liegende aussagenlogische Tautologie ist

Wie gesagt, eine Tautologie ist durch den konstanten Wahrheitswert wahr gekennzeichnet. Der Nachweis, dass eine gegebene Aussage eine Tautologie ist, verläuft am einfachsten über eine Wahrheitstabelle.


 ()
w w w w w
w f f f w
f w w f w
f f w f w


Doppelnegation
w f w w
f w f w


Tertium non datur
w f w
f w w

Die Regel geht auf Aristoteles zurück und besagt, dass eine Aussage (entweder) wahr oder falsch ist und es keine dritte Möglichkeit gibt. Die obige Regel drückt formal gesehen nur aus, dass mindestens ein Wahrheitswert gelten muss, die Regel davor sagt, dass wahr zugleich wahr ausschließt, was man auch den nennt (zusammenfassend spricht man auch vom). Die Gültigkeit dieser Regeln ist bei vielen umgangssprachlichen Aussagen fragwürdig, im Rahmen der Aussagenlogik und der Mathematik haben sie aber uneingeschränkt Gültigkeit, was wiederum damit zusammenhängt, dass in diesen Gebieten nur solche Aussagen erlaubt sind, denen ein eindeutiger Wahrheitswert zukommt. Als Beweisprinzip schlägt sich dieses logische Prinzip als nieder, wobei die folgende Tautologie dieses Beweisprinzip noch deutlicher ausdrückt.

Fallunterscheidung
w w w f w w w
w f f f w f w
f w w w w w w
f f w w f f w

Bei der Fallunterscheidung will man beweisen, und man beweist es dann einerseits (Fall 1) unter der zusätzlichen Annahme und andererseits (Fall 2) unter der zusätzlichen Annahme Man muss dabei zweimal was machen, der Vorteil ist aber, dass die zusätzlichen Annahmen zusätzliche Methoden und Techniken erlauben.

Die wird häufig in Beweisen verwendet, ohne dass dies immer explizit gemacht wird. In einem Beweis nimmt man einen pragmatischen Standpunkt ein, und manchmal ist es einfacher, von nach zu gelangen als von nach

Kontraposition
w w w f f w w
w f f f w f w
f w w w f w w
f f w w w w w

Die ist auch ein häufiges Argumentationsmuster. Man zeigt, dass aus einer Aussage ein Widerspruch, oft von der Form folgt, und schließt daraus, dass nicht gelten kann, also gelten muss.

Widerspruchsregel
w w w f f f w
w f f w f f w
f w w w w w w
f f w w w w w
  1. Statt sagt man auch, dass die Aussage oder dass sie ist, statt auch, dass sie nicht gilt.
  2. Die sicherste Art, zur zu kommen, ist eine Konstruktion wie zu verwenden. Dies ist insbesondere beim anderen Beispielsatz zu bedenken, die Aussage kann man so verstehen, dass alle Marsmenschen nicht-grün sind, oder, dass eben nicht alle Marsmenschen grün sind, es also Ausnahmen gibt. Siehe auch den Abschnitt über Quantoren weiter unten.
  3. Genauer gesagt haben mathematische Sätze fast immer die Gestalt
  4. An die Wahrheitsbelegung einer Implikation für den Fall, wo der Vordersatz falsch ist, muss man sich etwas gewöhnen. Der Punkt ist, dass wenn man eine Implikation beweist, dass man dann als wahr annimmt und davon ausgehend zeigen muss, dass auch wahr ist. Der Fall, dass falsch ist, kommt also in einem Implikationsbeweis gar nicht explizit vor. In diesem Fall gilt die Implikation, obwohl sie keine besitzt. Nehmen wir als Beispiel die mathematische Aussage, dass wenn eine natürliche Zahl durch vier teilbar ist, sie dann gerade ist. Dies ist eine wahre Aussage für alle natürlichen Zahlen, sie gilt insbesondere auch für alle Zahlen, die nicht durch vier teilbar sind. Es gibt auch jeweils für alle drei Wahrheitsbelegungen, die eine Implikation wahr machen, Beispiele von natürlichen Zahlen, die genau diese Wahrheitsbelegung repräsentieren, nicht aber für die vierte.
  5. Bei einer Implikation sagt man auch, dass eine für und dass eine für ist. Siehe dazu auch die Wahrheitstabelle zur Kontraposition weiter unten.
  6. Im Folgenden verwenden wir, um Klammern zu sparen, die Konvention, dass die Negation stärker bindet als alle mehrstelligen Junktoren, und dass die Konjunktion stärker bindet als die anderen zweistelligen Junktoren.





Betrachten wir nochmal die beiden Beispielaussagen

Marsmenschen sind grün
und
Ich fresse einen Besen,

und schauen uns die innere Struktur genauer an. In der ersten Aussage wird einer gewissen Art von Lebewesen eine Eigenschaft zugesprochen, so wie wenn man sagt, dass Geparden schnell sind oder dass Faultiere faul sind. Damit kann man meinen, dass Marsmenschen oder grün sind, oder aber im strengeren Sinn, dass wirklich alle Marsmenschen grün sind. In der Mathematik interessiert man sich für Aussagen, die ohne Ausnahmen gelten (wobei man allerdings in einer mathematischen Aussage die Ausnahmen auch explizit machen kann), so dass wir die Aussage im strengen Sinn verstehen wollen. Es handelt sich um eine sogenannte In ihr kommen zwei (Eigenschaften, Attribute) vor, nämlich einerseits, ein Marsmensch zu sein, andererseits, grün zu sein. Ein Prädikat ist etwas, was einem Objekt (grammatisch spricht man von einem Subjekt), einem Gegenstand, einem Element zukommen oder nicht zukommen kann. Ein Prädikat ist für sich genommen keine Aussage; aus einem Prädikat kann man aber grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten eine Aussage machen, indem man nämlich einerseits (durch) für ein konkretes Objekt die Aussage

bildet, die bedeutet, dass das Objekt die Eigenschaft besitzt, was wahr sein kann oder eben auch nicht. Andererseits kann man daraus durch eine Aussage gewinnen. So kann man die Aussage bilden, dass alle[1] Objekte (typischerweise aus einer bestimmten Grundmenge) die Eigenschaft haben, was wiederum wahr oder falsch sein kann. Das drückt man formallogisch durch

aus. Das Symbol ist eine abkürzende Schreibweise für „für alle“[2], und besitzt ansonsten keine tiefere Bedeutung. Es wird genannt. Die obige Marsmenschenaussage kann man als

schreiben. Das bedeutet, dass für alle Objekte ohne weitere Einschränkung gilt: wenn es sich um einen Marsmenschen handelt (wenn also zutrifft), dann ist er auch grün. Für jedes steht in der großen Klammer eine Aussage in der Form einer Implikation, die eben besagt, dass wenn der Vordersatz wahr ist, dann auch der Nachsatz wahr sein muss.

Die zweite Beispielaussage kann bedeuten, dass ich genau einen Besen fresse oder aber mindestens einen Besen. Die Wortbedeutung des unbestimmten Artikels ist nicht eindeutig, in einer Aussage wie bedeutet „eine“ sogar „alle“. In der Mathematik bedeutet es fast immer „mindestens einen“. Die Besenaussage kann man also paraphrasieren als

Es gibt einen Besen, den ich fresse.

Dies ist eine Eine formallogische Repräsentierung ist

wobei bedeutet, dass das Objekt ein Besen ist und wobei bedeutet, dass ich dieses fresse. Man könnte genauso gut

schreiben. Das Zeichen wird oder gesprochen und wird der (oder) genannt.

Eine Allaussage behauptet, dass ein gewisses Prädikat allen Objekten (aus einer gewissen Grundmenge) zukommt. Wie alle Aussagen kann dies wahr oder falsch sein. Eine Allaussage ist genau dann falsch, wenn es mindestens ein Objekt (aus der Grundmenge) gibt, dem das Prädikat nicht zukommt. Daher sind die beiden Quantoren, also der Allquantor und der Existenzquantor, über die Negation eng miteinander verknüpft und lassen sich gegenseitig ersetzen, und zwar gelten die Regeln


und

Neben einstelligen Prädikaten wie gibt es auch mehrstellige Prädikate der Form

die eine Beziehung zwischen mehreren Objekten ausdrücken, wie z.B. u.s.w. Entsprechend kann dann über die verschiedenen Variablen quantifiziert werden, d.h. man hat mit Ausdrücken der Form

zu tun.

Die Variablenbezeichnung in einer quantifizierten Aussage ist grundsätzlich unwichtig, d.h. es ist egal, ob man oder schreibt. Man darf dabei aber nur Variablennamen (also Buchstaben) verwenden, die im gegenwärtigen Kontext nicht schon anderweitig verwendet sind.

Die Logik, die sich mit quantifizierten Aussagen auseinandersetzt, heißt oder Wir werden sie nicht systematisch entwickeln, da sie in der Mathematik als Mengentheorie auftritt. Statt dass also ein Prädikat einem Objekt zukommt, schreiben wir wobei dann die Menge aller Objekte bezeichnet, die diese Eigenschaft haben. Mehrstellige Prädikate treten in der Mathematik als Relationen auf.


Die Sprache der Mathematik wird in der Sprache der Mengen formuliert, die eng mit der Quantorenlogik verwandt ist.

Eine ist eine Ansammlung von wohlunterschiedenen Objekten, die die der Menge heißen. Mit „wohlunterschieden“ meint man, dass es klar ist, welche Objekte als gleich und welche als verschieden angesehen werden. Die eines Elementes zu einer Menge wird durch

ausgedrückt, die Nichtzugehörigkeit durch

Für jedes Element(symbol) gilt stets genau eine dieser zwei Möglichkeiten. Die wichtigste mathematische Menge ist im Moment für uns die Menge der natürlichen Zahlen


Für Mengen gilt das d.h. eine Menge ist durch die in ihr enthaltenen Elemente eindeutig bestimmt, darüber hinaus bietet sie keine Information. Insbesondere stimmen zwei Mengen überein, wenn beide die gleichen Elemente enthalten.


Definition  

Unter der leeren Menge versteht man diejenige Menge, die kein Element besitzt. Sie wird mit

bezeichnet.

Eine Menge heißt einer Menge wenn jedes Element aus auch zu gehört. Man schreibt dafür

(manche schreiben dafür). Beispielsweise ist die Menge aller durch teilbaren natürlichen Zahlen eine Teilmenge der Menge aller geraden Zahlen. Bei einer Teilmengenbeziehung sagt man auch, dass eine

vorliegt. Im Nachweis, dass

ist, muss man zeigen, dass für ein beliebiges Element

ebenfalls die Beziehung

gilt.[3] Dabei darf man lediglich die Eigenschaft

verwenden. Im Beispiel würde man so argumentieren: ist eine durch teilbare Zahl. Daher kann man

mit einer gewissen natürlichen Zahl schreiben. Dies kann man als

schreiben, was eben bedeutet, dass gerade ist.

Aufgrund des Extensionalitätsprinzips hat man das folgende wichtige dass

gilt. In der mathematischen Praxis bedeutet dies, dass man die Gleichheit von zwei Mengen dadurch nachweist, dass man (in zwei voneinander unabhängigen Teilargumentationen) die beiden Inklusionen zeigt. Dies hat auch den kognitiven Vorteil, dass das Denken eine Zielrichtung bekommt, dass klar die Voraussetzung, die man verwenden darf, von der gewünschten Schlussfolgerung, die man aufzeigen muss, getrennt wird. Hier wiederholt sich das Prinzip, dass die Äquivalenz von zwei Aussagen die wechselseitige Implikation bedeutet, und durch den Beweis der beiden einzelnen Implikationen bewiesen wird.


Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Menge anzugeben. Die einfachste ist wohl, die zu der Menge gehörenden Elemente aufzulisten, wobei es auf die Reihenfolge der Elemente nicht ankommt. In der Abgabegruppe sind die Personen Dies sind genau die Personen, die Sonntags im Schwimmbad morgens um Uhr am Tisch unter der Ulme sitzen. Es handelt sich dann um zwei verschiedene Beschreibungen für die gleiche Menge.

Die wichtigste Beschreibung einer Menge ist die durch eine Eigenschaft. Es sei eine Grundmenge gegeben (wie die Menge der natürlichen Zahlen, die Leute im Kurs) und ferner eine gewisse Eigenschaft (Prädikat), die man auf alle Elemente der Grundmenge sinnvoll anwenden kann und die auf manche Elemente zutrifft, auf manche nicht (wie gerade zu sein oder sich auf die Weihnachtsferien zu freuen). Zu der Eigenschaft gehört innerhalb von die Teilmenge bestehend aus allen Elementen aus die diese Eigenschaft, diese Bedingung, erfüllen. Man beschreibt eine durch eine Eigenschaft definierte Teilmenge meist als

Dies geht natürlich nur mit solchen Eigenschaften, für die die Aussage eine wohldefinierte Bedeutung hat. Wenn man eine solche Teilmenge einführt, so gibt man ihr häufig sofort einen Namen (in dem auf die Eigenschaft Bezug genommen werden kann, aber nicht muss). Z.B. kann man einführen



Für die Mengen in der Mathematik sind meist eine Vielzahl an mathematischen Eigenschaften relevant und daher gibt es meist auch eine Vielzahl an relevanten Teilmengen. Aber auch bei alltäglichen Mengen, wie etwa die Menge der Studierenden in einem Kurs, gibt es viele wichtige Eigenschaften, die gewisse Teilmengen festlegen, wie etwa


Die Menge ist dabei selbst durch eine Eigenschaft festgelegt, es ist ja



So, wie man Aussagen zu neuen Aussagen verknüpfen kann, gibt es Operationen, mit denen aus Mengen neue Mengen entstehen.[4]


Definition  

Zu Mengen

heißt

der Durchschnitt (oder die Schnittmenge) der beiden Mengen.


Definition  

Zu zwei Mengen

heißt

die Vereinigung der beiden Mengen.


Definition  

Zu Mengen nennt man

die Differenzmenge

Diese Operationen ergeben nur dann einen Sinn, wenn die beteiligten Mengen als Teilmengen in einer gemeinsamen Grundmenge gegeben sind. Dies sichert, dass man über die gleichen Elemente spricht. Häufig wird diese Grundmenge nicht explizit angegeben, dann muss man sie aus dem Kontext erschließen. Ein Spezialfall der Differenzmenge bei einer gegebenen Grundmenge ist das einer Teilmenge



Definition  

Zu einer Teilmenge

in einer Menge heißt

das Komplement von (in).

Dafür schreibt man auch Es gilt

und

Beispielsweise ist das Komplement der Menge der geraden Zahlen die Menge der ungeraden Zahlen. Die Eigenschaft, dass der Durchschnitt von zwei Mengen leer ist, bekommt einen eigenen Namen.


Definition  

Zwei Mengen

heißen disjunkt wenn ihr Durchschnitt

ist.

Wenn Teilmengen durch geeignete Prädikate definiert sind, so stehen die Mengenoperationen unmittelbar in Zusammenhang mit den logischen Operationen für die Prädikate. Wenn (in einer gewissen Grundmenge)

und

vorliegt, so ist




Eine Möglichkeit, Mengen oder vielmehr die zwischen verschiedenen Mengen möglichen oder existierenden Verhältnisse zueinander abzubilden, liefern (oder). In ihnen werden Mengen durch gewisse Flächenstücke in der Ebene repräsentiert. Die Flächenstücke sollten eine möglichst einfache Form besitzen. Sie sind zumeist „zusammenhängend“ (d.h. je zwei Punkte des Stückes sind durch einen „stetigen Weg“ miteinander verbindbar). Die Flächenstücke können sich überlappen, und der Überlappungsbereich repräsentiert die Schnittmenge. Idealerweise sind die auftretenden Überlappungsbereiche selbst wieder zusammenhängend. Die verschiedenen Flächenstücke werden häufig in unterschiedlichen Farben oder Schraffuren gezeichnet, wobei dann die Überlappungsbereiche durch die zugehörigen Farbmischungen bzw. Mischschraffuren wiedergegeben werden.

Einige Beispiele für abstrakte Mengendiagramme










Diese Diagramme sind vollständig in dem Sinne, dass sie alle möglichen Schnitteigenschaften der beteiligten Mengen repräsentieren. In den folgenden Diagrammen wird nicht jede mögliche Schnitteigenschaft repräsentiert.








Einige Beispiele für konkrete Mengen-Diagramme

In diesem Fall repräsentieren die beteiligten Mengen einen bestimmten Begriff, das Schnittverhalten hängt dann von inhaltlichen Überlegungen ab. Solche Diagramme spielen in der Mathematik keine große Rolle. Wenn man allerdings z. B. verschiedene algebraische Begriffe wie Gruppe, Ring, kommutativer Ring, Divisionsbereich, Körper in ihrer Hierarchie veranschaulichen möchte, so ist ein solches Diagramm durchaus sinnvoll.

  1. Andere Formulierungen sind: jedes, ein beliebiges, irgendein Objekt/Element aus der Grundmenge. Wenn die Grundmenge räumlich ist, so spricht man auch von überall, wenn sie zeitlich ist, so spricht man von immer, stets, ....
  2. Man kann mit einiger Berechtigung sagen, dass die Vokabeln „für alle“ und „es gibt“ die wichtigsten Formulierungen der Mathematik sind.
  3. In der Sprache der Quantorenlogik kann man eine Inklusion verstehen als die Aussage
  4. Man beachte, dass sich die ähnlich geformten Symbole und und und entsprechen.





Unter Zählen verstehen wir die geordnete, systematische, prinzipiell unendliche Abfolge von wohlbestimmten, wohlunterschiedenen (insbesondere wiederholungsfreien) (sprachlichen oder schriftlichen) Symbolen. Wir erwähnen einige Möglichkeiten von solchen Abfolgen.

  1. Dies ist die Strichabfolge. Es wird einfach bei jedem Schritt ein zusätzlicher Strich hinzugefügt. Die Symbole sind die einzelnen Strichfolgen. Der Übergang zum nächsten Symbol ist besonders einfach, die einzelnen Symbole werden aber sehr schnell unhandlich.
  2. Hier hat man den Nachfolger der den Nachfolger des Nachfolgers der den Nachfolger des Nachfolgers des Nachfolgers der u.s.w.
  3. Die Lautfolge Dies ist zwar sehr vertraut und man weiß, wie es weiter geht, das sprachliche Bildungsgesetz ist aber keineswegs trivial, und bei sehr großen Zahlen kommt man doch ins Schwitzen. Was kommt beispielsweise nach Es gibt keine allgemein anerkannte sprachliche Festlegung für beliebig weites Zählen. Jede sprachliche Festlegung, die jede beliebig große natürliche Zahl ausdrücken möchte, muss früher oder später auf eine Vervielfachung von Wörtern zurückgreifen, wie das im Fall der Strichfolge von Anfang an geschieht. Die Wörter werden jedenfalls auch beliebig lang, siehe w:Zahlennamen.
  4. Hier weiß man, wie die Folge ins Unendliche weitergeht. Statt bei zehn kann man mit der systematischen Vervielfachung auch deutlich später anfangen.
  5. Diese Art zu zählen (bzw. ohne das) wird von einigen Leuten vorgeschlagen, um die verkehrte Aussprache von Einer- und Zehnerstellen und damit Zahlendreher zu vermeiden. Siehe den Verein w:Zwanzigeins (an der Namensgebung und auch auf der Seite des Vereins fällt auf, dass das Verhältnis zu den Zahlen von bis unklar ist).
  6. Was steht dazwischen und wie geht das weiter?
  7. Man kann das Alphabet natürlich auch auf andere Weisen zu einer unendlichen Folge fortsetzen.
  8. Hier ist das Bildungsgesetz bekannt und ziemlich einfach. Wenn die letzte Ziffer nicht ist, so wird sie um erhöht, für die nachfolgende Zahl muss man also in diesem System nur die letzte Ziffer durch den Nachfolger ersetzen. Wenn die letzte Ziffer eine ist, muss man sämtliche hinten aneinander liegende en durch en ersetzen und die unmittelbar davor liegende Ziffer durch ihren Nachfolger ersetzen (wie ist das zu verstehen, wenn die Zahl ausschließlich aus en besteht?).

Entscheidend ist, dass jeweils festgelegt ist, welches Symbol/Objekt als Nächstes kommt. Dies wird in der Regel durch eine mehr oder weniger komplexe Bildungsvorschrift beschrieben, die sagt, wie man aus einem Symbol das Nachfolgersymbol erhält.

Wir halten die folgenden Eigenschaften eines sinnvollen Zählens fest.

  1. Es gibt ein Startelement, mit dem man das Zählen anfängt.
  2. Zu jeder Zahl gibt es eine eindeutig bestimme Nachfolgerzahl.
  3. Das Startelement ist selbst kein Nachfolger.
  4. Jede Zahl, die nicht das Startelement ist, besitzt einen eindeutig bestimmten Vorgänger.
  5. Durch Zählen erhält man ausgehend vom Startelement früher oder später alle Zahlen.


Damit schließen wir insbesondere aus, dass man im Kreis zählt, wie beispielsweise mit den Wochentagen Montag, Dienstag, ..., Sonntag, Montag. Da hat jeder Tag einen eindeutig bestimmten Vorgängertag und es gibt kein Startelement ohne Vorgänger. Die letzte Eigenschaft stellt sicher, dass man keine unnötigen Zahlen mitschleppt, die für das Zählen nicht gebraucht werden. Eine solche Zählmenge nennen wir ein Modell der natürlichen Zahlen oder schlicht natürliche Zahlen. Unabhängig vom Modell bezeichnen wir zu den Nachfolger als (später auch mit im Moment haben wir aber die Addition noch nicht eingeführt).

Wir treffen noch eine wichtige Vereinbarung über das Startelement. In den Beispielen oben hatten wir das Zählen mit einem ähnlichen Symbol begonnen. Von den soeben fixierten Eigenschaften ist die Bezeichnung des Startelements unerheblich. Im Folgenden werden wir allerdings die Zahlen dazu verwenden, Anzahlen von endlichen Mengen auszudrücken, also zu zählen in einem weiteren Sinne. Da es auch die leere Menge gibt, werden wir daher das Startelement nennen und den Nachfolger davon

Für uns ist also eine natürliche Zahl. Gründe dafür werden wir schon heute kennen lernen. Die natürlichen Zahlen werden mit bezeichnet, die Menge der positiven natürlichen Zahlen bezeichnen wir mit da gehört die nicht dazu.

Mit dem Abbildungsbegriff werden wir die bisherigen Beobachtungen in der übernächsten Vorlesung im Rahmen der Dedekind-Peano-Axiome präzisieren und insbesondere beweisen, dass je zwei Modelle der natürlichen Zahlen übereinstimmen.



Bevor wir Mengen mit Hilfe der natürlichen Zahlen abzählen, betrachten wir kurz eine noch fundamentalere Idee, wie man Mengen auch ohne Zählkenntnisse untereinander vergleichen kann.


Beispiel  

Die beiden Freunde Mustafa Müller und Heinz Ngolo sitzen im Sandkasten und wollen wissen, wer von ihnen mehr Buddelsachen dabei hat. Sie sind noch klein und können noch nicht zählen. Sie lösen das Problem, indem beide gleichzeitig je eine Sache aus ihrem Besitz aus dem Sandkasten hinauswerfen, und dies so lange wiederholen, bis ein Kind keine Sachen mehr im Sandkasten hat. Wenn das andere Kind noch Sachen übrig hat, so hat dieses insgesamt mehr Buddelsachen, andernfalls haben sie gleichviel.



Die vielleicht wichtigste Funktion der natürlichen Zahlen ist es, zu einer gegebenen endlichen Menge zu beschreiben, wie viele Elemente sich in ihr befinden, was ihre Anzahl ist. Man möchte beispielsweise wissen, wie viele Äpfel in einem Korb drin sind oder wie viele Schüler im Bus sind. Das übliche praktische Verfahren, die Anzahl einer endlichen Menge zu bestimmen, ist, die Elemente mit durchzuzählen (die Elemente durchzunummerieren), wobei jedes Element[1] genau eine Nummer bekommt. Die letzte benötigte Zahl ist dann die Anzahl der Menge. Um sich die Richtigkeit und Sinnhaftigkeit dieses Verfahrens klar zu machen, es ist hilfreich, mögliche Fehlerquellen, die auch praktisch häufig auftreten, zu erkennen.

  1. Man beherrscht das Zählen der natürlichen Zahlen nicht. Dann zählt man die Äpfel nacheinander als
  2. Man beherrscht zwar das Zählen der natürlichen Zahlen, kommt aber im Zählvorgang durcheinander, etwa wenn die Schüler sich bewegen oder wenn man unterbrochen wird. Dann zählt man
  3. Man zählt die Zahlen ohne Lücken und ohne Wiederholungen richtig ab, aber man übersieht Elemente.
  4. Man zählt die Zahlen ohne Lücken und ohne Wiederholungen richtig ab, aber man zählt gewisse Elemente mehrfach.

Zu einer natürlichen Zahl bezeichnen wir mit diejenige Teilmenge der natürlichen Zahlen, die aus genau den Zahlen besteht, die man von ausgehend durch sukzessives Nachfolgernehmen erhält, bis man bei anlangt und dann aufhört. Die Elemente

gehören also insbesondere dazu. Diese Mengen sind für uns die Standardmengen (oder Referenzmengen) mit genau Elementen. Wir werden beliebige endliche Mengen dadurch abzählen, dass wir sie mit solchen Standardmengen in Beziehung setzen (die leere Menge betrachten wir auch als eine Standardmenge). Zu zwei natürlichen Zahlen

wobei im Zählprozess nach kommt, bezeichnen wir mit die Menge aller Zahlen, die man von ausgehend durch sukzessives Zählen erreicht, bis man schließlich bei anlangt und dann aufhört.

Wenn man richtig zählt, erhält man eine Zuordnung zwischen den beiden Mengen

bei der jeder natürlichen Zahl zwischen

genau einem Element der Menge und umgekehrt entspricht. Intuitiv (oder nur im Sinne einer Gewohnheit) ist es klar, dass beim richtigen Zählen der Menge stets die gleiche Zahl als Anzahl herauskommt, dass also die Anzahl unabhängig von der Zählreihenfolge ist. Kann man das genauer begründen? Sowohl diese Frage als auch die oben erwähnten Fehlerquellen können mit dem Abbildungsbegriff beantwortet bzw. analysiert werden.


Definition  

Seien

Mengen. Eine Abbildung von nach ist dadurch gegeben, dass jedem Element der Menge genau ein Element der Menge zugeordnet wird. Das zu

eindeutig bestimmte Element wird mit bezeichnet. Die Abbildung drückt man als Ganzes häufig durch

aus.

Bei einer Abbildung

heißt die (oder Definitionsbereich) der Abbildung und die (oder oder) der Abbildung. Zu einem Element

heißt das Element

der von an der Statt Stelle sagt man auch häufig Zwei Abbildungen

sind gleich, wenn die Definitionsmengen und die Wertemengen übereinstimmen und wenn für alle

die Gleichheit

in

gilt. Die Gleichheit von Abbildungen wird also zurückgeführt auf die Gleichheit von Elementen in einer Menge. Abbildungen werden häufig auch genannt.

Der Abbildungsbegriff ist fundamental für die Mathematik, es gibt eine Vielzahl an verschiedenen Abbildungen und an Darstellungsmöglichkeiten von Abbildungen. Im jetzigen Kontext interessieren wir uns nur für Abbildungen zwischen endlichen Mengen, die stets durch eine vollständige Wertetabelle angegeben werden können. Für die Mengen

und

ist beispielsweise

eine vollständige Wertetabelle. Aus ihr kann man unmittelbar den Wert als ablesen. Es handelt sich aber offenbar nicht um eine korrekte Abzählung der Menge da und mehrfach im Bild auftauchen (mehrfach gezählt werden) und überhaupt nicht im Bild auftaucht (übersehen wird).

Wenn die obigen Fehlerquellen (1) und (2) ausgeschlossen sind, so ist das (versuchsweise) Abzählen einer Menge eine Abbildung

Jeder natürlichen Zahl wird also ein eindeutiges Element der Menge zugeordnet. Die beiden Fehlerquellen (3) und (4) sind durch den Abbildungsbegriff nicht ausgeschlossen. Eine Abbildung kann für verschiedene Definitionsstellen, also beispielsweise Zahlen

den gleichen Wert, also

haben und sie muss nicht jedes Element der Menge erfassen (treffen). Es kann also Elemente

mit der Eigenschaft geben, dass für jedes aus dem Definitionsbereich stets

gilt.

Diese beiden Fehlerquellen erfassen wir mit den folgenden Begriffen.


Definition  

Es seien

Mengen und es sei

eine Abbildung. Dann heißt

    • injektiv wenn für je zwei verschiedene Elemente
    auch verschieden sind.
    • surjektiv wenn es für jedes mindestens ein Element mit gibt.
    • bijektiv wenn sowohl injektiv als auch surjektiv ist.





Diese Begriffe sind fundamental! Beispielsweise ist die Nachfolgerabbildung

auf der Menge der natürlichen Zahlen wegen der oben angeführten Eigenschaft (4) injektiv, aber wegen der Eigenschaft (3) nicht surjektiv, da das Startelement nicht der Nachfolger einer Zahl ist.

Die Frage, ob eine Abbildung diese Eigenschaften besitzt, kann man anhand der Gleichung[2]

(in den beiden Variablen) erläutern. Die Surjektivität bedeutet, dass es zu jedem

mindestens eine Lösung

für diese Gleichung gibt, die Injektivität bedeutet, dass es zu jedem

maximal eine Lösung

für diese Gleichung gibt, und die Bijektivität bedeutet, dass es zu jedem

genau eine Lösung

für diese Gleichung gibt. Die Surjektivität entspricht also der Existenz von Lösungen, die Injektivität der Eindeutigkeit von Lösungen. Beide Fragestellungen durchziehen die Mathematik und können selbst wiederum häufig als die Surjektivität oder die Injektivität einer geeigneten Abbildung interpretiert werden.

Beim Nachweis der Injektivität einer Abbildung geht man häufig so vor, dass man zu zwei gegebenen Elementen

aus der Voraussetzung

erschließt, dass

ist. Dies ist oft einfacher zu zeigen, als aus

auf

zu schließen.



Definition  

Eine Menge heißt endlich mit Elementen, wenn es eine Bijektion

gibt.

Unser erstes Hauptanliegen ist es zu begründen, dass die natürliche Zahl dabei eindeutig bestimmt ist. Wir werden nach einigen Vorbereitungen zeigen, dass wenn

und

bijektive Abbildungen sind, dass dann

ist. Diese Zahl heißt die (oder die) der Menge. Sie wird mit oder mit bezeichnet. Die bijektive Abbildung

kann man eine der Menge nennen. Eine Menge besitzt also Elemente, wenn man sie mit den natürlichen Zahlen von bis durchnummerieren kann. Zwei endliche Mengen

für die es eine Bijektion

gibt, besitzen die gleiche Anzahl. Dies beruht einfach darauf, dass diese Bijektion verknüpft mit der bijektiven Nummerierung wieder eine Bijektion ist. Eine Menge, die nicht endlich ist, für die es also keine Bijektion mit für irgendein gibt, heißt

Bemerkung  

Unter versteht man in der Mathematik den Vorgang, realweltliche Phänomene mathematisch zu erfassen, zu verstehen und zu beeinflussen. Das Zählen ist ein allgegenwärtiger Vorgang, mit dem die Anzahl von Mengen bestimmt werden, um deren Größenordnung einordnen zu können, um sicherzustellen, dass alle Schüler da sind, um den Preis der Gesamtmenge zu bestimmen, u.s.w. Dieser alltägliche Vorgang wird mit dem Begriff einer bijektiven Abbildung erfasst bzw. modelliert. Als Gewinn dieses Modellierungsvorgangs kann man nennen: Fehlerquellen erkennen, durch Rechnungen Zählvorgänge abkürzen, die prinzipielle Korrektheit der Zählidee begründen.

Mathematisch modelliert werden physikalische Prozesse, Wetterphänomene, Finanzaktionen, etc. Die Prozesse können dabei beliebig komplex sein und die adäquaten mathematischen Mittel sind dann in der Regel entsprechend komplex. In diesen komplexeren Situationen liegt ein wichtiger Gewinn darin, Aussagen über den Verlauf der Prozesse in der Zukunft mathematisch vorherzusagen.

Eine typische, in der Schule auftretende Form der Modellierung ist die Aus einem mehr oder weniger langen Text muss der mathematische Gehalt herausgelesen und für eine Frage die Antwort gefunden werden. Allerdings ist hier typischerweise klar, mit welchen mathematischen Methoden an die Aufgabe herangegangen werden soll.

  1. Man beachte, dass hier die in der letzten Vorlesung eingeführten Konzepte und eine entscheidende Rolle spielen.
  2. Über Gleichungen und Variablen werden wir später ausführlicher sprechen.