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Kurs:Riemannsche Flächen (Osnabrück 2022)/Vorlesung 1/latex

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\setcounter{section}{1}

Riemannsche Flächen sind Flächen, die \anfuehrung{lokal}{} so \anfuehrung{aussehen}{} wie eine offene Kreisscheibe innerhalb der komplexen Zahlen ${\mathbb C}$. Deshalb nimmt die Theorie der riemannschen Flächen immer wieder Bezug auf Eigenschaften von Teilmengen der komplexen Zahlen und von darauf definierten Funktionen. Letzteres ist der Gegenstand der \zusatzklammer {komplexen} {} {} Funktionentheorie, die das lokale Fundament für die riemannschen Flächen bildet.






\zwischenueberschrift{Holomorphe Funktionen}

Wir fassen einige wichtige Ergebnisse der komplexen Funktionentheorie zusammen. In den Anfängervorlesungen werden differenzierbare Funktionen von $\R$ nach $\R$ bzw. von ${\mathbb C}$ nach ${\mathbb C}$ \zusatzklammer {und höherdimensionale Varianten in Analysis II} {} {} in der Regel parallel behandelt, wir verwenden ${\mathbb K}$ als gemeinsames Symbol für \mathkor {} {\R} {oder} {{\mathbb C}} {.} Beispielsweise ist die Definition der Differenzierbarkeit \zusatzklammer {und zwar egal, ob man mit dem \definitionsverweis {Limes}{}{} im Sinne von Definition 18.2 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) oder mit linearer Approximierbarkeit im Sinne von Satz 18.5 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) arbeitet} {} {} unabhängig vom Grundkörper - im reellen Fall ist der Limes über einem Intervall zu nehmen, im komplexen Fall über einer offenen Kreisumgebung. Bei wichtigen Gesetzmäßigkeiten wie der Produktregel, der Quotientenregel, der Kettenregel, der Ableitung der Umkehrfunktion etc. gibt es weder in der Formulierung noch im Beweis einen Unterschied. Es gibt aber auch Aspekte der Differentialrechnung, wo sich die reelle von der komplexen Situation unterscheidet. Die Besonderheiten in der komplexen Situation werden in der \zusatzklammer {komplexen} {} {} Funktionentheorie behandelt. Grundsätzlich kann man sagen, dass die komplexe Differenzierbarkeit sehr viel stärkere Implikationen mit sich führt als die reelle Differenzierbarkeit. Wir erwähnen ohne Beweis einige Hauptresultate der Funktionentheorie, im Reellen ist es sehr einfach, Gegenbeispiele zu diesen Aussagen anzugeben.




\inputdefinition
{}
{

Eine auf einer \definitionsverweis {offenen Menge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definierte \definitionsverweis {Funktion}{}{} \maabbdisp {f} {U} { {\mathbb C} } {} heißt \definitionswort {holomorph}{,} wenn sie \definitionsverweis {komplex differenzierbar}{}{} ist.

}

Polynome, rationale Funktionen, die Exponentialfunktion, die trigonometrischen Funktionen sind komplex differenzierbar, also holomorph. Warum ein neuer Begriff? Von holomorph spricht man eigentlich nur dann, wenn der folgende Satz schon bekannt ist und man dann beliebig zwischen den verschiedenen Konzepten hin- und herwechseln kann.


\inputfakt{Holomorphe Funktion/Charakterisierung/Fakt}{Satz}{} {

\faktsituation {Für eine auf einer \definitionsverweis {offenen Menge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definierte \definitionsverweis {Funktion}{}{} \maabbdisp {f} {U} { {\mathbb C} } {} sind folgende Aussagen äquivalent.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungdrei{$f$ ist \definitionsverweis {komplex differenzierbar}{}{.} }{$f$ ist unendlich oft \zusatzklammer {stetig} {} {} komplex differenzierbar. }{$f$ lässt sich in jedem Punkt in eine Potenzreihe entwickeln, d.h. $f$ ist \definitionsverweis {komplex-analytisch}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}

Eine \definitionsverweis {diskrete Teilmenge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ D }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist eine Teilmenge mit der Eigenschaft, dass es zu jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ D }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine Kreisumgebung
\mathl{U { \left( P,r \right) }}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U { \left( P,r \right) } \cap D }
{ = }{ \{P\} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt. Polynome $\neq 0$ besitzen nach Korollar 11.7 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) nur endlich viele Nullstellen und endliche Teilmengen sind diskret. Aber auch die trigonometrischen Funktionen und die komplexe Exponentialfunktion besitzen eine diskrete \zusatzklammer {aber nicht endliche} {} {} Nullstellenmenge. Dies gilt für beliebige holomorphe Funktionen.


\inputfakt{Holomorphe Funktion/Nullstellen/Diskret/Fakt}{Satz}{} {

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{} und \maabb {f} {U} { {\mathbb C} } {} eine von der Nullfunktion verschiedene \definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist die Nullstellenmenge von $f$ \definitionsverweis {diskret}{}{} und \definitionsverweis {abgeschlossen}{}{} \zusatzklammer {in $U$} {} {.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}

Eine zusammenhängende offene Teilmenge in ${\mathbb C}$ nennt man auch ein \stichwort {Gebiet} {.} Die beiden folgenden Aussagen \zusatzklammer {die zweite heißt \stichwort {Identitätssatz} {}} {} {} folgen daraus unmittelbar.




\inputfaktbeweis
{Holomorphe Funktionen/C/Häufungspunkt/Nullfunktion/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{} und \maabb {f} {U} { {\mathbb C} } {} eine \definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{.}}
\faktfolgerung {Wenn die Nullstellenmenge von $f$ einen \definitionsverweis {Häufungspunkt}{}{} in $U$ besitzt, so ist $f$ die Nullfunktion.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies ist eine Umformulierung von Satz 1.3.

}

Es kann dabei aber durchaus sein, dass die Nullstellenmenge einen Häufungspunkt in ${\mathbb C}$ besitzt.





\inputfaktbeweis
{Holomorphe Funktionen/C/Identitätssatz/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{} und seien \maabb {f, g} {U} { {\mathbb C} } {} \definitionsverweis {holomorphe Funktionen}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Die Übereinstimmungsmenge von \mathkor {} {f} {und} {g} {,} also
\mathl{{ \left\{ z \in U \mid f(z) = g(z) \right\} }}{} besitze einen \definitionsverweis {Häufungspunkt}{}{} in $U$.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ = }{ g }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt direkt aus Korollar 1.4, wenn man die Differenz $f-g$ betrachtet.

}


Die beiden folgenden Sätze heißen \stichwort {Maximumsprinzip} {} und \stichwort {Satz von Liouville} {.}


\inputfakt{Gebiet/Holomorphe Funktion/Maximumsprinzip/Fakt}{Satz}{} {

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Gebiet}{}{} und sei \maabb {f} {G} { {\mathbb C} } {} eine \definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{} mit der Eigenschaft:}
\faktvoraussetzung {Es gebe einen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \betrag { f(z) } }
{ \leq} { \betrag { f(a) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $f$ konstant.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}





\inputfaktbeweis
{Holomorphe Funktion/Liouville/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei \maabb {f} { {\mathbb C} } { {\mathbb C} } {} eine \definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{,}}
\faktvoraussetzung {die \definitionsverweis {beschränkt}{}{} sei.}
\faktfolgerung {Dann ist $f$ konstant.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { f(z) } }
{ \leq }{ B }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ z }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Man kann dann Lemma 15.1 (Funktionentheorie (Osnabrück 2023-2024)) für die Potenzreihe $\sum_{n = 0}^\infty c_n(z-a)^n$ \zusatzklammer {für einen beliebigen Entwicklungspunkt $a$} {} {} für jeden Radius $r$ anwenden und erhält
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \betrag { c_n } }
{ \leq} { { \frac{ B }{ r^n } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} woraus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c_n }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n }
{ \geq }{ 1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt.

}






\zwischenueberschrift{Die Cauchy-Riemannsche Differentialgleichung}

Die komplexen Zahlen bilden einen zweidimensionalen reellen Vektorraum mit der reellen Basis \mathkor {} {1} {und} {{ \mathrm i}} {.} Entsprechend kann man eine auf einer \zusatzklammer {zumeist offenen} {} {} Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definerte Funktion \maabb {f} { G } { {\mathbb C} } {} auch als eine Abbildung \maabb {} {G} { \R^2 } {} auffassen und die komplexe Differenzierbarkeit in der einen Variablen $z$ mit der reellen partiellen Differenzierbarkeit der beiden Komponentenfunktionen bezüglich den reellen Koordinaten \mathkor {} {x} {und} {y} {} in Beziehung setzen. Die Bedingungen in der folgenden Aussage heißen die \stichwort {Cauchy-Riemannsche Differentialgleichungen} {.}





\inputfaktbeweis
{Differenzierbarkeit/C nach C/Cauchy-Riemann Differentialgleichung/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{} und \maabb {f} {G} {{\mathbb C} } {} eine im Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} reell \definitionsverweis {total differenzierbare}{}{} Abbildung. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ = }{ g + { \mathrm i} h }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit reellwertigen Funktionen \maabb {g,h} {G } { \R } {.} Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ z }
{ = }{ x + { \mathrm i} y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $f$ genau dann in $P$ \definitionsverweis {komplex differenzierbar}{}{,} wenn für die reellen \definitionsverweis {partiellen Ableitungen}{}{} die Beziehungen
\mathdisp {{ \frac{ \partial g }{ \partial y } } (P) = - { \frac{ \partial h }{ \partial x } } (P) \text{ und } { \frac{ \partial h }{ \partial y } } (P) = { \frac{ \partial g }{ \partial x } } (P)} { }
gelten.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die reelle \definitionsverweis {Jacobi-Matrix}{}{} von
\mathl{(x,y) \mapsto (g(x,y), h(x,y))}{} im Punkt $P$ ist
\mathdisp {\begin{pmatrix} { \frac{ \partial g }{ \partial x } } (P) & { \frac{ \partial g }{ \partial y } } (P) \\ { \frac{ \partial h }{ \partial x } } (P) & { \frac{ \partial h }{ \partial y } } (P) \end{pmatrix}} { . }
Diese beschreibt eine reell-lineare Abbildung \maabbdisp {} {\R^2} { \R^2 } {} bezüglich der reellen Basis \mathkor {} {1} {und} {{ \mathrm i}} {} und die komplexe Differenzierbarkeit bedeutet, dass sie auch komplex-linear ist. Die Multiplikation mit einer komplexen Zahl
\mathl{a+b { \mathrm i}}{} wird reell durch die Matrix
\mathdisp {\begin{pmatrix} a & -b \\ b & a \end{pmatrix}} { }
beschrieben, und die Bedingungen im Satz beschreiben genau diese Beziehungen.

}


Bei einer reell differenzierbaren Abbildung \maabbdisp {f} { {\mathbb C} } { {\mathbb C} } {} ist das \definitionsverweis {totale Differential}{}{} in einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine reell-lineare Abbildung \maabbdisp {\left(Df\right)_{P}} { {\mathbb C} } { {\mathbb C} } {.} Diese wird zumeist durch eine Matrix bezüglich der reellen Standardbasis \mathkor {} {1} {und} {{ \mathrm i}} {} beschrieben. Nach Lemma Anhang 1.2 kann man jede reell-lineare Abbildung zwischen komplexen Vektorräumen in eindeutiger Weise als eine Summe einer komplex-linearen und einer \definitionsverweis {komplex-antilinearen}{}{} Abbildung schreiben. Im Fall der reellen Differenzierbarkeit setzt man daher
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial z } } }
{ \defeq} { { \frac{ 1 }{ 2 } } \cdot { \frac{ \partial f }{ \partial x } } - { \frac{ { \mathrm i} }{ 2 } } \cdot { \frac{ \partial f }{ \partial y } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial \overline{ z } } } }
{ \defeq} { { \frac{ 1 }{ 2 } } \cdot { \frac{ \partial f }{ \partial x } } + { \frac{ { \mathrm i} }{ 2 } } \cdot { \frac{ \partial f }{ \partial y } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Es gilt dann umgekehrt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial x } } }
{ =} { { \frac{ \partial f }{ \partial z } } + { \frac{ \partial f }{ \partial \overline{ z } } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial y } } }
{ =} { { \mathrm i} { \left( { \frac{ \partial f }{ \partial z } } - { \frac{ \partial f }{ \partial \overline{ z } } } \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}





\inputfaktbeweis
{Komplexe Zahlen/Holomorphe Funktionen/Cauchy-Riemann Differentialgleichung/Ableitung und antiholomorphe Ableitung/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{} und \maabb {f} {G} {{\mathbb C} } {} eine reell \definitionsverweis {total differenzierbare}{}{} Abbildung.}
\faktfolgerung {Genau dann ist $f$ auf $G$ \definitionsverweis {komplex differenzierbar}{}{,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial \overline{ z } } } }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf $G$ gilt.}
\faktzusatz {In diesem Fall ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f' }
{ =} { { \frac{ \partial f }{ \partial z } } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}

}
{

Wir schreiben
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ = }{ g+h { \mathrm i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit reellwertigen Funktionen \maabb {g,h} {G} { \R } {.} Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial x } } }
{ = }{ { \frac{ \partial f }{ \partial z } } + { \frac{ \partial f }{ \partial \overline{ z } } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial y } } }
{ = }{ { \mathrm i} { \left( { \frac{ \partial f }{ \partial z } } - { \frac{ \partial f }{ \partial \overline{ z } } } \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Somit ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ { \frac{ \partial f }{ \partial \overline{ z } } } }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 2 } } { \left( { \frac{ \partial f }{ \partial x } } + { \mathrm i} { \frac{ \partial f }{ \partial y } } \right) } }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 2 } } { \left( { \frac{ \partial g }{ \partial x } } + { \mathrm i} { \frac{ \partial h }{ \partial x } } + { \mathrm i} { \left( { \frac{ \partial g }{ \partial y } } + { \mathrm i} { \frac{ \partial h }{ \partial y } } \right) } \right) } }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 2 } } { \left( { \frac{ \partial g }{ \partial x } } - { \frac{ \partial h }{ \partial y } } + { \mathrm i} { \left( { \frac{ \partial h }{ \partial x } } + { \frac{ \partial g }{ \partial y } } \right) } \right) } }
{ } { }
} {} {}{.} Die Bedingungen in Satz 1.8 für die komplexe Differenzierbarkeit besagen gerade, dass die beiden Komponentenfunktionen gleich $0$ sind. Es ist generell
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \partial f }{ \partial z } } + { \frac{ \partial f }{ \partial \overline{ z } } } }
{ =} { { \frac{ \partial f }{ \partial x } } }
{ =} { { \frac{ \partial g }{ \partial x } } + { \mathrm i} { \frac{ \partial h }{ \partial x } } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Unter der Voraussetzung verschwindet der vordere zweite Summand. Daher ist
\mathl{{ \frac{ \partial f }{ \partial z } } (P)}{} gleich der ersten Spalte der Jacobi-Matrix, und diese ist $f'(P)$.

}


Wenn man für eine reell-differenzierbare Funktion
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ = }{ g+ { \mathrm i} h }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} zerlegt, so ist
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{ \left(Df\right)_{P} }
{ =} { \left( { \frac{ \partial f }{ \partial x } } (P) , \, { \frac{ \partial f }{ \partial y } } (P) \right) }
{ =} { \begin{pmatrix} { \frac{ \partial g }{ \partial x } } (P) & { \frac{ \partial g }{ \partial y } } (P) \\ { \frac{ \partial h }{ \partial x } } (P) & { \frac{ \partial h }{ \partial y } } (P) \end{pmatrix} }
{ =} { { \frac{ 1 }{ 2 } } \begin{pmatrix} { \frac{ \partial g }{ \partial x } } (P) + { \frac{ \partial h }{ \partial y } } (P) & - { \frac{ \partial h }{ \partial x } } (P) + { \frac{ \partial g }{ \partial y } } (P) \\ { \frac{ \partial h }{ \partial x } } (P) - { \frac{ \partial g }{ \partial y } } (P) & { \frac{ \partial g }{ \partial x } } (P) + { \frac{ \partial h }{ \partial y } } (P) \end{pmatrix} + { \frac{ 1 }{ 2 } } \begin{pmatrix} { \frac{ \partial g }{ \partial x } } (P) - { \frac{ \partial h }{ \partial y } } (P) & { \frac{ \partial h }{ \partial x } } (P) + { \frac{ \partial g }{ \partial y } } (P) \\ { \frac{ \partial h }{ \partial x } } (P) + { \frac{ \partial g }{ \partial y } } (P) & - { \frac{ \partial g }{ \partial x } } (P) + { \frac{ \partial h }{ \partial y } } (P) \end{pmatrix} }
{ } {}
} {} {}{} die Zerlegung des totales Differentials bzw. der Jacobi-Matrix in ${\mathbb C}$-lineare und antilineare Matrizen. Dabei ist $f$ genau dann holomorph, wenn die zweite Matrix zur Nullmatrix wird.






\zwischenueberschrift{Umkehrabbildung und implizite Abbildungen}

Zu den wichtigsten Sätzen aus der Analysis 2 gehören der Satz über die Umkehrabbildung und der Satz über implizite Abbildungen, an deren komplexe Versionen wir erinnern.




\inputfakt{Satz über die Umkehrabbildung/C/Stetig differenzierbar/Fakt}{Satz}{} {

\faktsituation {Es seien \mathkor {} {V_1} {und} {V_2} {} \definitionsverweis {endlichdimensionale}{}{} ${\mathbb C}$-\definitionsverweis {Vektorräume}{}{,} sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G }
{ \subseteq }{ V_1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{} und es sei \maabbdisp {\varphi} {G} {V_2 } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Abbildung}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt derart, dass das \definitionsverweis {totale Differential}{}{}
\mathdisp {\left(D\varphi\right)_{P}} { }
\definitionsverweis {bijektiv}{}{} ist.}
\faktfolgerung {Dann gibt es eine offene Menge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U_1 }
{ \subseteq }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und eine offene Menge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U_2 }
{ \subseteq }{ V_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{U_1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi (P) }
{ \in }{ U_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} derart, dass $\varphi$ eine \definitionsverweis {Bijektion}{}{} \maabbdisp {\varphi {{|}}_{ U_1 }} {U_1} {U_2} {} induziert, und dass die Umkehrabbildung \maabbdisp {( \varphi {{|}}_{ U_1 } )^{-1}} {U_2} {U_1 } {} ebenfalls stetig differenzierbar ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Conformal map.svg} }
\end{center}
\bildtext {Eine biholomorphe Abbildung besitzt eine weitere starke Eigenschaft, sie ist winkeltreu.} }

\bildlizenz { Conformal map.svg } {} {Oleg Alexandrov} {Commons} {gemeinfrei} {}

Wir nennen eine bijektive holomorphe Abbildung zwischen offenen Mengen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U,V }
{ \subseteq }{ {\mathbb C}^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \stichwort {biholomorph} {,} der Satz behauptet also, dass eine komplex-differenzierbare Abbildung, wenn das totale Differential in einem Punkt bijektiv ist, dort auf einer offenen Umgebung bereits eine biholomorphe Abbildung induziert. Schon die eindimensionale Situation von diesem Satz ist eine starke Aussage. Wir formulieren sie direkt für holomorphe Funktionen.




\inputfaktbeweis
{Satz über die Umkehrabbildung/C/Eindimensional/Holomorph/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Teilmenge}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ U }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt und \maabb {f} {U} { {\mathbb C} } {} eine \definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f'(P) }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es eine offene Umgebung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{V }
{ \subseteq }{U }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und eine offene Umgebung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(P) }
{ \in }{ W }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} derart, dass die Einschränkung von $f$ auf $V$ \definitionsverweis {biholomorph}{}{} zu $W$ ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies ist der eindimensionale Spezialfall von Satz 1.10.

}





\inputfakt{Satz über implizite Abbildungen/C/Fakt}{Satz}{} {

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G }
{ \subseteq }{ {\mathbb C}^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {offen}{}{} und sei \maabbdisp {\varphi} {G} {{\mathbb C}^m } {} eine \definitionsverweis {stetig differenzierbare Abbildung}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Z }
{ = }{ \varphi^{-1}(\varphi( P)) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Faser durch}{}{} $P$.}
\faktvoraussetzung {Das \definitionsverweis {totale Differential}{}{}
\mathl{\left(D\varphi\right)_{P }}{} sei \definitionsverweis {surjektiv}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es eine offene Menge
\mathbed {P \in W} {}
{W \subseteq G} {}
{} {} {} {,} eine offene Menge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V }
{ \subseteq }{ {\mathbb C}^{n-m} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und eine stetig differenzierbare Abbildung \maabbdisp {\psi} {V} {W } {} derart, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \psi(V) }
{ \subseteq }{ Z \cap W }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist und $\psi$ eine \definitionsverweis {Bijektion}{}{} \maabbdisp {\psi} {V} {Z \cap W } {} induziert.}
\faktzusatz {Die Abbildung $\psi$ ist in jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {regulär}{}{} und für das \definitionsverweis {totale Differential}{}{} von $\psi$ gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \left(D\varphi\right)_{ \psi(Q)} \circ \left(D\psi\right)_{Q} }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}

}

Der Satz behauptet insbesondere, dass die Faser lokal in Bijektion zu einer offenen Menge des ${\mathbb C}^{n-m}$ steht. Man kann aber im Moment noch nicht sagen, dass die Faser lokal biholomorph zum ${\mathbb C}^{n-m}$ ist, da wir noch keine holomorphe Struktur auf der Faser erklärt haben. Dies ist eben eine der Aufgaben der komplexen Analysis, wozu die riemannschen Flächen gehören. Für die Theorie der riemannschen Flächen ist bereits der Fall
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n }
{ = }{ 2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ m }
{ = }{ 1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} entscheidend. Die Stärke der Aussage zeigt sich in der folgenden Anwendung über die Existenz von Wurzeln aus Funktionen.





\inputfaktbeweis
{Holomorphe Funktion/Wert nicht 0/Wurzeln/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {offene Menge}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ U }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt und \maabb {f} {U} { {\mathbb C} } {} eine \definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(P) }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ k }
{ \in }{ \N_+ }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es eine \definitionsverweis {offene Umgebung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ V }
{ \subseteq }{U }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und eine holomorphe Funktion \maabb {h} {V} { {\mathbb C} } {} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ = }{ h^k }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir betrachten die holomorphe Funktion \maabbeledisp {\varphi} {U \times {\mathbb C} } { {\mathbb C} } {(z,w)} { f(z)-w^k } {,} in zwei Variablen, es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Q }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Q^k }
{ = }{ f(P) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(P,Q) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Die Abbildung $\varphi$ besitzt die partiellen Ableitungen \mathkor {} {f'(z)} {und} {k w^{k-1}} {.} Im Punkt
\mathl{(P,Q)}{} ist definitiv die zweite partielle Ableitung $\neq 0$, daher ist das totale Differential in diesem Punkt surjektiv und man kann \zusatzklammer {eine explizite Version von} {} {} Satz 1.12 anwenden. D.h. es gibt eine auf einer offenen Menge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definierte holomorphe Funktion \maabbeledisp {} {V} { {\mathbb C}^2 } {z} { (z,h(z)) } {,} die auf der Faser von $\varphi$ über $0$ liegt und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ h(P) }
{ = }{ Q }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} erfüllt. Damit ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi( z, h(z)) }
{ =} { f(z)- h(z)^n }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ h(z)^n }
{ = }{ f(z) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ z }
{ \in }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}