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Reelle Zahlen/Stetige Funktionen/Motivation/Einführung/Textabschnitt

Aus Wikiversity

Den Abstand zwischen zwei reellen Zahlen und bezeichnen wir mit .

Bei einer Funktion

kann man sich fragen, inwiefern der Abstand in der Wertemenge durch den Abstand in der Definitionsmenge kontrollierbar ist. Sei und der Bildpunkt. Man möchte, dass für Punkte , die „nahe“ an sind, auch die Bildpunkte „nahe“ an sind. Schon lineare Funktionen mit unterschiedlichen Steigungen zeigen, dass die „Nähe“ im Bildbereich nicht mit der „Nähe“ im Definitionsbereich direkt verglichen weden kann. Die Zielsetzung ist vielmehr (im Sinne des in der siebten Vorlesung erwähnten Approximationsprinzip), dass zu einer gewünschten Genauigkeit im Bildbereich überhaupt eine Ausgangsgenauigkeit gefunden werden kann, die sichert, dass die Funktionswerte innerhalb der gewünschten Genauigkeit beieinander liegen.

Um diese intuitive Vorstellung zu präzisieren, sei ein vorgegeben. Dieses repräsentiert eine „gewünschte Zielgenauigkeit“. Die Frage ist dann, ob man ein finden kann (eine „Startgenauigkeit“) mit der Eigenschaft, dass für alle mit die Beziehung gilt. Dies führt zum Begriff der stetigen Abbildung.


Es sei eine Teilmenge,

eine Funktion und . Man sagt, dass stetig im Punkt ist, wenn es zu jedem ein derart gibt, dass für alle mit die Abschätzung gilt. Man sagt, dass stetig ist, wenn sie in jedem Punkt stetig ist.

Bei sollte man an den Definitionsbereich der Funktion denken. Typische Situationen sind, dass ganz ist, oder ein Intervall, oder ohne endlich viele Punkte und Ähnliches. Statt mit den reellen Zahlen und kann man genauso gut mit Stammbrüchen und arbeiten.


Eine konstante Funktion

ist stetig. Zu jedem vorgegebenen kann man hier ein beliebiges wählen, da ja ohnehin

gilt.

Die Identität

ist ebenfalls stetig. Zu jedem vorgegebenen kann man hier wählen, was zu der Tautologie führt: Wenn , so ist



Wir betrachten die Funktion

mit

Diese Funktion ist im Nullpunkt nicht stetig. Für und jedes beliebige positive gibt es nämlich negative Zahlen mit . Für diese ist aber .


Nicht jede stetige Funktion kann man zeichnen, auch nicht nach beliebiger Vergrößerung. Gezeigt wird eine Approximation einer Weierstraß-Funktion, die stetig ist, aber nirgendwo differenzierbar. Bei einer stetigen Funktion kann man zwar die Größe der Schwankungen im Bildbereich durch Einschränkungen im Definitionsbereich kontrollieren, die Anzahl der Schwankungen (die Anzahl der Richtungswechsel des Graphen) kann man aber nicht kontrollieren.

Die folgende Aussage bringt die Stetigkeit mit konvergenten Folgen in Verbindung.


Es sei eine Teilmenge,

eine Funktion und . Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist stetig im Punkt .
  2. Für jede konvergente Folge in mit ist auch die Bildfolge konvergent mit dem Grenzwert .

Es sei (1) erfüllt und sei eine Folge in , die gegen konvergiert. Wir müssen zeigen, dass

ist. Dazu sei vorgegeben. Wegen (1) gibt es ein mit der angegebenen Abschätzungseigenschaft und wegen der Konvergenz von gegen gibt es eine natürliche Zahl derart, dass für alle die Abschätzung

gilt. Nach der Wahl von ist dann

sodass die Bildfolge gegen konvergiert.
Es sei (2) erfüllt.  Wir nehmen an, dass nicht stetig ist. Dann gibt es ein derart, dass es für alle Elemente gibt, deren Abstand zu maximal gleich ist, deren Wert unter der Abbildung aber zu einen Abstand besitzt, der größer als ist. Dies gilt dann insbesondere für die Stammbrüche , . D.h. für jede natürliche Zahl gibt es ein mit

Diese so konstruierte Folge konvergiert gegen , aber die Bildfolge konvergiert nicht gegen , da der Abstand der Bildfolgenglieder zu zumindest ist. Dies ist ein Widerspruch zu (2).