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Basiskonzepte im GSP-Unterricht

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Basiskonzepte im GSP-Unterricht

Unter einem „Konzept“ versteht man eine geistige Verknüpfung, die maßgebend für die Erklärung und das Verständnis von Sachverhalten ist. Konzeptuelles Wissen ist nicht mit Faktenwissen gleichzusetzen. Konzepte sind nämlich keine Träger von Informationen, sondern Erzeuger von Sinn und dadurch eine Grundform des Denkens.[1]

Definition Basiskonzepte

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Die Geschichtswissenschaft besteht aus Unmengen an Konzepten. Meist sind sie nur punktuell auf ein bestimmtes Fallbeispiel anwendbar, weshalb es wenig Sinn machen würde, all diese Konzepte für das historische Denken und Lernen heranzuziehen. Für den Geschichtsunterricht werden daher nur die grundlegenden, von Fallbeispielen unabhängigen (Basis-)Konzepte verwendet, die für historisches Denken prägend und strukturbildend sind. Der Begriff „Basiskonzepte“ umfasst den konzeptionellen Kern einer Domäne, der einen unveränderten Wissensbestand darstellt. Dadurch sind sie grundsätzlich auf alle historischen Fallbeispiele anwendbar.[2] Jeder Lernende und jede Lernende baut im Laufe seines Lebens selbst Basiskonzepte über die Wirklichkeit auf, mit denen er oder sie versucht, sich die Wirklichkeit zu erklären, und die in Lernprozessen immer wieder neu entstehen, verändert oder erweitert werden.[1]

Somit dienen Basiskonzepte einem systematischen Wissensaufbau, durch den historisches Denken erreicht werden kann. Dies erreicht man, indem von dem oben erwähnten Kern ausgehend, die Basiskonzepte immer wieder veranschaulicht und dadurch erweitert oder vertieft werden.[2]

Bei der theoretischen Herleitung der Basiskonzepte gibt es noch keine Übereinstimmung, auch weil es unterschiedliche geschichtstheoretische Zugangsweisen (Sozialgeschichte, Gesellschaftsgeschichte, Kulturgeschichte etc.) gibt. Eine mögliche, sehr allgemeine bzw. abstrake Ableitung von fachspezifischen Basiskonzepten kann auf drei Ebenen erfolgen: historische, epistemische und gesellschaftliche Basiskonzepte.[3] Zudem gibt es einen Versuch, Basiskonzepte ("Mensch", "Lebenswelt", "Nicht-/Handeln" und "Neben-/Folgen") - aus der Kulturgeschichte abzuleiten und auf Grundlage dieser Konzepte eine Planungsmatrix für den Unterricht zu entwickeln.[4]


Die Verwendung von Basiskonzepten im Unterricht

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Durch die Kompetenzorientierung verändert sich in Bezug auf die Politische Bildung der Weg zum Wissenserwerb in den Schulen. Diese stellt einen erweiterten Bereich zum ohnehin bereits existierenden Grundlagenwissen in der Geschichte dar und soll Schülerinnen und Schüler dazu befähigen, Fragestellungen für spezielle Fachgebiete zu lösen und Wissen auch anwenden zu können. Im Zusammenhang mit der Politischen Bildung ist hierbei die politische Urteilskompetenz und Handlungskompetenz gemeint, in der die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten außerhalb der Schule anwenden können. Außerdem können diese als Knotenpunkte in Wissensnetzen verstanden werden.[5]

Schülerinnen und Schüler lernen oft das, was bis zum nächsten Test gekonnt werden muss. Einige Jahre später können sie jedoch nicht mehr auf dieses Wissen zurückgreifen. Lernen ist mehr als reine Wissensvermittlung. Kompetenzen sind notwendig, um das bereits Erlernte auch anwenden zu können. Phänomene in der Politischen Bildung sind meist auf Grundkonzepte zurückzuführen und diese sollen daher erlernt werden. Wichtig ist hierbei, dass der Aufbau vom Einfachen zum Komplexen führt und die Wissensstruktur gekannt wird. Nur so ist es möglich, Wissen längerfristig zu behalten. Es braucht Rückbezüge zur Unterrichtsstunde davor und logische Verknüpfungen. Grundlagenwissen ist die Prämisse, damit komplexe Zusammenhänge verstanden werden können. Der Aufbau der Wissensstruktur wird als kumulatives Lernen bezeichnet. Um dies zu erreichen, muss die Unterrichtsplanung über die einzelnen Unterrichtseinheiten hinausgehen und es müssen zentrale Lernlinien entwickelt werden, da Basiskonzepte vernetzt sind. Hauptproblem bei der Arbeit mit Lernlinien stellt der große zeitliche Abstand zwischen den einzelnen Unterrichtsthemen dar, was vor allem bei den unteren Schulstufen der Fall ist, weil noch keine Wissensstruktur besteht.[6]

Für die Arbeit mit Basiskonzepten ist eine Unterscheidung zwischen Objekt- und Subjektebene notwendig. Die Objektebene bezieht sich auf die „Sachlogik“ und umfasst fachspezifische Inhalte, Fakten und Begriffe sowie die im Unterricht anzuwendenden Methoden und Medien. Die „Subjektebene“ beruht dagegen auf der „Lernlogik“, unter der Rationalität, Emotionen und Aktivität subsumiert werden. Für die Lernenden ist die Vergangenheit und (politische) Gegenwart auf der Objektebene inhaltlich – freilich nicht vollständig – über Quellen und bereits vorhandene Darstellungen zugänglich. Allerdings graben die Lernenden aus der „Schutthalde“ der Vergangenheit und der Gegenwart nur jene „Steine“ aus, die für sie brauchbar bzw. sinnstiftend sind. Sie fügen diese aneinander und schaffen – mit Hilfe von Basiskonzepten, die eine Möglichkeit der Strukturierung bieten können – ein ständig erweiterbares „Wissensgebäude“.[7]

Conceptual Change

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Grundlegend für Basiskonzepte im Unterricht ist die Conceptual Change Theorie, die erstmals von Jean Piaget vorgeschlagen wurde. Diese Theorie ist eng mit der konstruktivistischen Didaktik verknüpft. In der Conceptual Change Theorie wird davon ausgegangen, dass jeder Mensch aufgrund seiner individuellen Erziehung, subjektiver Theorien und Alltagsvorstellungen schon Präkonzepte besitzt, die im Lernprozess berücksichtigt werden sollten. Im Lernprozess gilt es diese schon vorherrschenden subjektiven Konzepte an fachwissenschaftliche Konzepte anzunähern. Man kann diese Entwicklung mit einer Mind-Map verdeutlichen, die sich mit dem Verlauf des Lernens immer weiter ausbreitet, differenziert und die im Konzept vorherrschenden Prozesse miteinander verknüpft.

Es gibt zwei verschiedene Arten des Conceptual Change:

a. Cold Conceptual Change:

Der Vorstellungswandel einer Person löst eine gewisse Unzufriedenheit bzw. Verlangen nach Verständlichkeit aus. Ergänzt wird dies durch affektive, motivationale sowie emotionale Filter bzw. Auslöser. Diese Variante kann als kognitiv geprägt angesehen werden.

b. Warm Conceptual Change:

Bei dieser Variante wird das kognitiv erarbeitete Basiskonzept durch eine praxisnahe Situation angepasst. Es erfolgt eine soziale Kontextualisierung: Eigene Erfahrungen und Erlebnisse werden mithilfe von Sachwissen miteinander verknüpft.

Im Unterricht sollte die Lehrperson den Plan verfolgen, die bereits zur Verfügung stehenden Erfahrungen und Informationen der Schüler und Schülerinnen aufzugreifen und auf diesen das fachwissenschaftliche Wissen aufzubauen. Das subjektive Konzept der Schüler und Schülerinnen sollte hierbei ständig erweitert werden, sowohl im Volumen als auch in der Komplexität und Vernetzung der verschiedenen konzeptionellen Themen.

Fazit

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Wie man sieht, stehen die Lehrpersonen vor einer neuen, spannenden und abwechslungsreichen Herausforderung. Sie sind gefordert, im Unterricht einen fächerübergreifenden Kontext herzustellen, mit dem Ziel, den Schülerinnen und Schülern das Verknüpfen von Theorie und Praxis näherzubringen. Sie sollten in der Lage sein, ihr zur Verfügung stehendes Wissen, in den verschiedensten Situationen variabel einsetzen zu können.[8] Damit dies den Schülerinnen und Schülern gelingt, muss die Lehrperson gewillt sein, die Basiskonzepte des Lehrplans 2016 in den Unterricht einfließen zu lassen. Der Lehrplan sieht vor, dass die Basiskonzepte im Sinn von Lernfortschritten ausgewogen einzubinden sind.[9] Um eine Hilfestellung über die Basiskonzepte und deren Funktion zu geben, wurde hier eine Zusammenfassung jedes einzelnen Konzeptes erarbeitet.

Verzeichnis der Basiskonzepte laut österreichischem Lehrplan Geschichte, Sozialkunde, Politische Bildung Unterstufe 2016

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Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b Dirk Lange: Konzepte als Grundlage der politischen Bildung. Lerntheoretische und fachdidaktische Überlegungen. In: Autorengruppe Fachdidaktik (Hrsg.): Konzepte der politischen Bildung. Eine Streitschrift. (= Reihe Politik und Bildung. Band 64). Wochenschau Verlag, Schwalbach/Ts 2011, ISBN 978-3-89974722-5, S. 95-110.
  2. a b Christoph Kühberger: Kompetenzorientiertes historisches und politisches Lernen. Methodische und didaktische Annäherungen für Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung. Studienverlag,Innsbruck 2015, ISBN 3706547023.
  3. Christoph Kühberger: Kompetenzorientiertes historisches und politisches Lernen. Methodische und didaktische Annäherungen für Geschichte, Sozialkunde und Politische Bildung (Österreichische Beträge zur Geschichtsdidaktik. Geschichte-Sozialkunde-Politische Bildung 2). Studienverlag, Innsbruck­–Wien­–Bozen 2009, ISBN 105.3706547023, S. 102-103.
  4. Isabella Schild: So viel Stoff…so wenig Zeit. Konzeptuelles Lernen im Geschichtsunterricht mit Konzeptbegriffen aus der Neuen Kulturgeschichte. Unveröffentliche Dissertation, Wien 2020.
  5. Wolfgang Sander: Wissen. in der politischen Bildung, Innsbruck-Bozen-Wien 2009, S. 57.
  6. Hans-Dieter Lichter: Zum Umgang mit Basiskonzepten im Unterricht (Schwerpunkt Sek 1), Bückeburg 2007, S. 1-6.
  7. Thomas Hellmuth: Eine liaison dangereuse? Der Unterricht in Geschichte und Politischer Bildung als historisch-politische Sinnbildung, in: Ders. (Hrsg.): Politische Bildung im Fächerverbund, Schwalbahc/Ts. 2017, S. 36-39
  8. Christoph Kühberger: Historisches Wissen. Geschichtsdidaktische Erkundungen über Art, Umfang und Tiefe für das historische Lernen. Wochenschau Verlag, Schwalbach/ts 2012, S. 38, 39.
  9. Bundesministerium für Bildung und Frauen, Beschlussreifer Lehrplanentwurf 2016, S. 5.